Zurück zu Weinstube Im Wengert
GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Weinstube Im Wengert in 70839 Gerlingen bewertet.
vor 8 Jahren
"Begrenztes Gelingen in Gerlingen"
Verifiziert

Geschrieben am 08.10.2016
Besucht am 06.10.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 25 EUR
Ein beruflicher Termin bringt mich nach Gerlingen. Nach vollbrachter Pflicht lockt die abendliche Kür – und reichlich Hunger ist auch schon vorhanden. Ein erster gastronomischer Orientierungsversuch per Spaziergang durch die Innenstadt zeigt mindestens ein halbes Dutzend Lokale auf nahem Raum: eine überraschend reichhaltige Ausbeute.
 
Am freundlichsten und individuellstem wirkt von aussen das „Im Wengert“, das als Weinstube firmiert, mir aufgrund der ausgehängten Speisekarte mit einer guten Auswahl an klassischen schwäbischen Gerichten jedoch ein sehr solides Speiserestaurant zu sein scheint. Das hübsch und aufwendig renovierte Fachwerkgebäude ist über leicht ansteigendes Kopfsteinpflaster (Vorsicht: bei Regen leicht rutschig) zu erreichen.  Auch im Innenraum ist das Haus sehr putzig und kreativ ausgestattet. Man passiert zunächst einen kleinen Vorraum, der abends stimmungsvoll mit Kerzlein und netten Accessoires ausgeleuchtet ist.
 
Um 17 Uhr 30 sind wir noch die ersten Gäste des Abends. Leider weist man uns ohne Umschweife den bedauerlicherweise etwas düsteren Katzentisch in der Ecke zu. Zwei Damen mit Hund, die direkt nach uns eintreffen und ebenfalls nicht reserviert haben, dürfen dafür sofort an einem großzügigen, ausladenden Tisch mit mindestens fünf Stühlen Platz nehmen. Recht rasch füllt sich das Lokal, das übrigens nur über fünf Tische im Gastraum verfügt (aber offenbar noch reichlich Platz im ausgebauten urigen Keller hat). Eine Stunde nach unserem Eintreffen ist das Lokal proppevoll – und das an einem x-beliebigen Wochentag. Das Publikum ist im Alter 50+, meist gediegen und offenbar mehr oder weniger aus der Region.
 
Auf der Speisekarte findet man neben einigen Salatvariationen und kleinen Vorspeisen hauptsächlich bodenständige und schwäbische Gerichte – sympathischerweise sind fast alle Speisen in zweierlei Portionsgrößen erhältlich. Das ist möglicherweise der hiesigen Klientel geschuldet, die in einem Alter ist, in dem man nicht mehr so reinhaut, aber auch noch keinen Seniorenteller ordern möchte. Vielleicht sind die Schwaben auch gerne sparsam: gehen essen, möchten sich aber doch nicht so viel gönnen. Ich nehme auf jeden Fall mit Interesse wahr, wie an den Nebentischen mehrfach eine kleine Portion bestellt wird.
 
Wir verkneifen uns einen Krustenbraten und nehmen nur geschmelzte Maultaschen mit Kartoffelsalat (9,50 Euro) und eine kleine Portion Käsespätzle (7,50 Euro), die es wahlweise mit oder ohne Speck zu bestellen gibt. Das übliche Trollingerschorle wird mir ohne Umstände auch mit einer anderen Weinsorte nach Wunsch zubereitet (3,00 Euro für ein Viertele) und wird in einer kleinen Karaffe ausgeschenkt.
 
So weit, so gut. Die kleine, gemütliche Gaststube wird von Rustikalität und einer niederen Decke dominiert. An einer Wand ein großes Weinregal aus Holz. Die Tische sind weiss eingedeckt, mit resedafarbenen Überdecken und weißen Stoffservietten, dazu farblich passende kleine Stilleben an der Wand. Direkt hinter dem Tresen erstreckt beginnt die winzige, zum Gastraum hin offene Küche. Hier kann man das Wirken des Kochs mitverfolgen. Leider ist man auf diese Weise auch allen Geräuschen und Gerüchen ungeschützt ausgeliefert. Unsere Beilagensalat werden fast umgehend ausgeliefert, waren möglicherweise schon vorbereitet. Doch während unsere warmen Speisen zubereitet werden, strömt ein beissender Geruch nach erhitztem Plastik durch den Raum. Ist versehentlich ein kunststoffummantelter Pfannengriff heiss geworden? Oder eine Plastiktüte an die Gasflamme gekommen? Uns schwant Schlimmes, doch wir fragen besser nicht nach.
 
Die Gerichte werden dann jedoch optisch tadellos serviert. Von den Maultaschen gibt es drei Stück bei der normal großen Portion, die „kleinen“ Kässpätzle sehen jedoch recht dürftig aus und sättigen letztendlich kaum. Die Konsistenz ist eher weich und soft. Von gleicher schlonziger Konsistenz hätten wir uns den Kartoffelsalat erhofft, doch der ist eher so geraten, wie man sich nicht ganz gar gekochte, in Scheiben geschnittene Pellkartoffeln vorstellt. Auch mit Zwiebeln wurde prinzipiell eher gegeizt. Dafür schmecken die Maultaschen solide, sind jedoch ohne besondere Eigenart oder Raffinesse. Um bei der kleinen Portion Käsespätzle einigermassen satt zu werden, muss man leider in den Brotkorb greifen (wozu werden hier eigentlich einige Scheiben Brot gereicht?). Sehr positiv nehmen wir die Möglichkeit auf, auch ein Achtele Weinschorle zu bestellen – ein Sonderwunsch, der andernorts gerne mal abgelehnt wird.
 
Der Service agiert (manchmal etwas zu) geübt, konzentriert und professionell, ohne Unsicherheiten. Ambiente, Mobiliar, Gläser und Geschirr entsprechen etwas gehobenen Anforderungen, allerdings vermissen wir bei der Zubereitung der Gerichte eine eigene Handschrift oder eine kreative Interpretation der üblichen Klassiker.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Lavandula und 2 andere finden diese Bewertung hilfreich.

simba47533 und 2 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.