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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Sokrates in 76137 Karlsruhe bewertet.
vor 9 Jahren
"Untypischer Grieche, der mit ausgefallenen Kreationen fernab des üblichen Mainstreams auf sich aufmerksam macht."

Geschrieben am 20.01.2015 | Aktualisiert am 07.02.2015
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Besucht am 23.12.2014
Ich habe in den letzten Wochen das "Sokrates" zweimal besucht. Einmal zur Mittagszeit kurz vor Weihnachten und einmal am Abend ganz spontan nach dem Schwimmen im Europabad. Zugegeben, die recht große Auswahl an qualitativ guten griechischen Lokalen in der Pfalz lässt den Weg über den Rhein weiter erscheinen als er tatsächlich ist. Und so kommt es, dass ich bei meinem Karlsruher Lieblingsgriechen nicht allzu oft vorbei komme, was eigentlich schade ist. Mein Kollege – auch im Februar 2014 beim "Erstbesuch" schon mit von der Partie – ist ein regelrechter Kenner und Fachmann, was die griechische Küche angeht. Seine Urteile und Einschätzungen haben Gewicht. Viele „Olympia-Teilnahmen“ zu Landau haben ihn „gastro-hellenistisch“ sozialisiert, auch wenn er den Ouzo immer noch mir überlässt, da er Alkohol im Allgemeinen nichts abgewinnen kann.

Schon beim Eintritt in den großzügig angelegten Gastraum registriert man eine angenehme Behaglichkeit und fühlt sich sofort angekommen. Man verzichtet im Sokrates ganz bewusst auf die üblichen Klischees griechischer Gastro-Innenarchitektur, sprich: keine Pappmaché-Säulen, keine überdimensionierte Wandtapete mit Pseudo-Hafen-Romantik und auch keine antiken Figuren, die das alte Hellas heraufbeschwören. Dies wirkt sich sehr positiv auf das Ambiente aus. Die Gestaltung der stilvoll dekorierten Räumlichkeiten wirkt edel und gemütlich zugleich. Das dunkle Holz der etwas verwinkelt angeordneten Tische, die bequem gepolsterten Stühle, die bunte Uhrensammlung an den weißverputzten Wänden sowie die unaufdringliche Beleuchtung sind alles Argumente sich in diesem Lokal pudelwohl zu fühlen. Besonders am Abend verwandelt die warme Beleuchtung das holzvertäfelte Innere des Restaurants in ein gemütliches Kleinod legerer Gastlichkeit. Der Service strahlt eine gewisse Gelassenheit aus und trägt zusätzlich zu einer entspannten Atmosphäre bei. Die clevere Raumaufteilung schafft genug Ruhe-Inseln. Gut, dass man hier nicht so gedrängt sitzt wie das oft in anderen Gasthäusern der Fall ist. Man kann im "Sokrates" gut dem Alltagsstress entfliehen, um sich dort eine kleine kulinarische Auszeit zu gönnen.
 
Zusätzlich zur normalen Speisekarte wird eine Auswahl an Gerichten zum Mittagstisch vergünstigt angeboten. Teilweise sind das Standards aus der Karte, aber auch spezielle Wochen- bzw. Tagesempfehlungen. Preislich liegen die Speisen so um die 7 bis 9 Euro. Mein Kollege wählte die Hackfleischröllchen („Sutzuki“) mit Pommes und kleiner Salat-Deko aufm Teller (7 Euro). Ich hatte Lust auf Gyros, den ich diesmal überbacken bestellte. Für 6,90 Euro mit einer Handvoll Pommes auf einem Extra-Teller kam dieser Klassiker im feuerfesten Schälchen brutzelnd auf den Tisch. Der Gratin-Käse schön würzig, das Gyros nicht zu fettig und delikat zubereitet. So schmeckt das richtig lecker! Dazu ein 0,5er Pils von Radeberger für 3,10 Euro. Den Ouzo zur Begrüßung habe ich mir für danach aufgehoben. Mein Kollege war sehr zufrieden mit seinen drei Hackröllchen, es hätten für ihn auch ein paar mehr auf dem Teller liegen dürfen.

„Die Wurzel aller Vergnügen ist die Zufriedenheit des Magens“. Dieses Zitat des griechischen Philosophen Epikur (um die 300 vor Christus) ziert die umfangreiche Speisekarte, in der noch so manch anderer (handgeschriebener) Sinnspruch zu finden war. Es sagt viel über die Qualität und den Stil des dargebotenen Speiseangebots aus und hebt paradigmatisch die kulinarische Gesinnung und Ausrichtung  dieses Gasthauses hervor, nämlich weg vom üblichen Grilladen-Mainstream, hin zu einer auf den vier Säulen der antiken Esskunst („Frische, Vitaminreichtum, Simplizität und Vielfalt“, Anm.) basierenden kulinarischen Entdeckungsreise quer durch die Levante. Dementsprechend eine reiche Auswahl verschiedener kalter und warmer Vorspeisen, die kaum auf den stromlinienförmigen Speisekarten der „Standard-Griechen“ zu finden sind: überbackene Muscheln oder Scampi, gefüllte Teigtaschen, schmackhafte Käsegerichte („Manouri“ und „Haloumi“), gegrillte Austernpilze, Fischrogenpaste oder "Gemista", eine traditionelle vegetarische Mahlzeit, bestehend aus mit Reis gefüllten Paprikaschoten, Schafskäse und in Zitronensaft eingelegten „sauren Kartoffeln“ (für 10,80 €). Das meisten Gerichte sind mit griechischen Originalnamen versehen, alles wird jedoch auf Deutsch nochmals erklärt. Für Neulinge gut: den kalten oder warmen Vorspeisenteller für jeweils faire 9,80 € probieren und sich so einen gewissen Überblick verschaffen. Da lässt es sich prima in die Vielfalt dieser vielfältigen Mittelmeerküche reinschnuppern.

Daneben bietet das Sokrates am Abend eine Art Spezialitätenkarte an. Darauf befanden sich - neben einigem Unbekannten aus der griechischen Hausmannskost - vor allem viele leckere vegetarische Gerichte, wodurch auch die "fleischvermeidenden Fluchtergreifer" keinen Grund haben zu "fluchtergreifenden Fleischvermeidern" zu mutieren. Ganz im Gegenteil: auch ein reiner Veggie-Abend lässt sich hier genüsslich schlemmend verbringen und als Fleischesser ist man nicht ersucht, gleich eine "Vermisstenanzeige" nach fehlendem Tierprotein zu schalten. Als Vorspeise orderten wir 3 kleine Pitta-Brote, die mit geschmortem Gemüse und etwas Käse (knapp 5€) überbacken an den Tisch kamen und liebevoll auf einem Holzbrett serviert wurden. Dem Schafskäse stand der Mohn-Sesam-Mantel hervorragend. Er wurde mit fruchtig leckerer Tomatenmarmelade kombiniert. Auch die hausgemachten Zucchinibällchen mit Quarkdip wussten mit feiner Dill-Note zu gefallen (beide Gerichte um die 7 €). Bei beiden vegetarischen Speisen stand die Kombination verschiedener Gewürze im Mittelpunkt und schaffte neuartige Geschmackserlebnisse, wie ich sie beim Griechen in der Form noch nicht wahrgenommen habe.

Zum Dessert noch etwas Traditionelles, das sagenhafte „Galaktobureko“ (3,90 Euro). Dieser von Filo-Teig umhüllte Grießpudding schmeckt lauwarm einfach am besten! Ein Gedicht auch hier im „Sokrates“. Mein Kollege wandelte dagegen mit seinem gemischten Eis auf bereits bekannten Pfaden, die ihm verlässlicher erschienen. Er bereute und gelobte Besserung beim nächsten Besuch, der sicherlich nicht lange auf sich warten lässt.
 
Noch ein Wörtchen zur netten Bedienung: ich war noch nicht an der Ausgangstür, wurde mir mein auf dem Platz vergessener Schal freundlich "nachgereicht". Soviel Aufmerksamkeit verdient ein dickes Lob und ein herzliches „Dankeschön“.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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