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GastroGuide-User: Oparazzo
Oparazzo hat Gasthof Kapellenhof in 90574 Roßtal bewertet.
vor 2 Jahren
"Und jetzt alle! Schäu-fee-lee, ich bin von dir begeistert! (Melodie: Schland o Schland)"
Verifiziert

Geschrieben am 14.05.2022 | Aktualisiert am 14.05.2022
Besucht am 07.05.2022 Besuchszeit: Mittagessen 5 Personen Rechnungsbetrag: 72 EUR
Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Evolution nicht mehr viel zu sagen hat, seitdem der Mensch sein Schicksal selbst in die Hand genommen hat, ist das Phänomen, dass uns das meiste umso besser schmeckt, je ungesünder es ist. Ein Paradebeispiel ist das Schäufele (fränggisch: Schäuferla): Fett, viel, und furchtbar lecker. 
 
Es wäre jetzt übertrieben zu behaupten, dass das dieses der Grund für unsere Reise ins Fränkische war - das war nämlich ein kürzlich geborenes fünftes Enkelkind -, aber ich will nicht verhehlen, dass die Aussicht auf eine knusprig-saftige halbe Schweineschulter mich im Vorfeld durchaus euphorisch gestimmt hatte.
 

Es war deshalb selbstverständlich, dass wir auch diesen Familienbesuch mit einer Einkehr in unserem Schäufele-Referenzlokal verbanden, dem Rosstaler Kapellenhof. Ein Haus, das übrigens auch einen respektablen Karpfen aus der Fritteuse hebt, aber dessen Saison war gerade zu Ende gegangen.
 
Wir, das waren meine Frau, meine Tochter, ihre drei Kinder (8, 5, 0), unsere vierbeinige Wollwurst und ich, der Schwiegersohn war leider beruflich unterwegs. Alle bestens gelaunt und hungrig, bis auf die Wollwurst, die ihr Mittagessen schon hinter sich hatte.
 
Die beiden Männer entschieden sich am schnellsten. Ich sowieso schon vorher (13,90), und dass der große Enkel im Restaurant etwas anderes isst als Pommes mit Mayo und/oder Ketchup (3,50), das gilt es noch zu erleben. 
 
Meine Frau tat sich etwas schwerer, da sie ihren geliebten Karpfen nicht haben konnte und anderer Fisch nicht auf der Karte stand. Sie landete schließlich bei einem Hähnchenschnitzel mit Pommes (12,90). Meine Tochter tat es ihr fast gleich, mit dem Putenschnitzel „Wiener Art“ mit Kartoffelsalat (12,90). Die Enkelin entschied sich für Käsespätzle bzw. -spätzla (9,90), und der Jüngste schließlich hing in seiner Trage und schlief den Schlaf des frisch Gestillten (0,00).
 
Nach einer angemessenen Zeit erschien die Kellnerin mit allem.
 
Außer dem Schäufele.
 
Die noch neu wirkende junge Dame murmelte etwas von Problem in der Küche, dann erschien der Chef, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte leise: „Ich hab das Schäufele verkackt.“ Es stellte sich heraus, dass das gute Schulterstück im Ofen vergessen und schwarz geworden war. Ich durfte mir aussuchen, entweder noch mal 15 Minuten zu warten oder etwas zu bestellen, was schneller geht; dreimal darf der geschätzte Leser raten, wofür ich mich entschied. So weit, so ok, ich hätte mich aber auch gefreut, wenn man sich am Ende zu einem Kaffee oder Schnaps aufs Haus hätte hinreißen lassen.
 
Nun denn, Frauen und Kinder zuerst!
 

Wir haben nicht hinterfragt, warum das Putenschnitzel „Wiener Art“ hieß und das Hähnchenschnitzel nicht. Vielleicht gilt die Pute als das Schwein unter den Geflügeln.
 
Meine Frau fand das ihr Schnitzel zart und saftig, allerdings etwas unspannend gewürzt. Die Pommes waren zu Anfang noch knusprig, wurden aber ziemlich schnell weich und hätten wohl ein weiteres Minütchen in der Fritteuse gut vertragen, um die Restfeuchte zu minimieren.
 

Der dazugehörige Beilagensalat wurde an mich abgetreten, nicht etwa weil er nur aus Tomaten, Gurken und Flaschendressing bestand, sondern um mir das Warten zu erleichtern.
 

Meine Tochter lobte sowohl ihr Putenschnitzel als auch den Kartoffelsalat, und das nicht nur, weil sie ein höflicher Mensch ist. Meine Frau durfte probieren und meinte auch, dass die Pute besser gewürzt war. Am Ende war jedenfalls alles verschwunden und der Nährstoffnachschub des kleinen Schläfers gesichert.
 
Gotcha, cheese sparrows!
Die Enkelin sah sich einer stattlichen Käsespätzlepfanne gegenüber, die sie zwar mutig in Angriff nahm und in hohem Maße genoss, aber am Ende doch nicht ganz bewältigte. Helfen tat ihr niemand, meine Tochter verträgt keine Milchprodukte, der Enkel wollte nicht, und der Rest konnte nicht mehr.
 
Take that, fränggsch fries!
Die Enkelpommes sahen ziemlich ähnlich aus wie die zum Schnitzel, wurden im Unterschied zu jenen allerdings anstandslos verzehrt. Dem eenen sin Uhl...
 

Und dann hatte auch der Hauptdarsteller seinen Auftritt. Ich mach’s kurz: Es war genauso, wie ich es mir erträumt hatte. Das Fleisch zart, das Fett schlotzig, die Haut bröckelig, bis zum letzten Quadrätchen. Die Sauce hätte etwas dicker sein können, ließ sich vom zerdrückten Knödel aber gut aufnehmen. Konveniente Saucenzutaten schienen auch hier verwendet worden zu sein, bei diesem Preisniveau aber vertretbar.
 

Dazu einen halben Liter vom guten Zirndorfer Kellerbier (3,80), Mensch, was willst du mehr... 
 

Eines hat sich seit unserem letzten Besuch geändert, und das nicht zum Vorteil: Die Wand an Wand angrenzende Tankstelle hat ihre Waschanlage aufgerüstet und mit so viel Waschkraft ausgestattet, dass sie das ganze Gebäude in niederfrequente, knapp über der Hörbarkeitsgrenze liegende Vibrationen versetzt. 
 

Ich fand das ziemlich unangenehm, und auf der Terrasse ist es vermutlich noch schlimmer. Das Ambiente leidet darunter, und ich wundere, dass man sich das gefallen lassen muss, die Chefin jedenfalls schien resigniert zu haben.
 
Es bleibt dabei: Schäufele und Karpfen sind der Grund dafür, weswegen wir immer wieder im Kapellenhof einkehren. Alles andere ist Beiwerk, das aber dafür sorgt, dass der Rest der Familie gerne mitkommt. Und sonntags ist die Waschanlage geschlossen.
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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