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Keine 100 Meter vom Landgasthaus Jägerhof, dem ersten Haus im Dorfe, entfernt, befindet sich die urige Gaststätte „Zum Häädstorze“, die mit deftiger Weinstubenküche lockt. Nur am Wochenende öffnet das kleine, aber feine Restaurant „La Fleur“, von dem ich schon viel Positives gehört habe. Mal schauen, vielleicht schaffen wir es ja dieses Jahr dort einzukehren…
Noch ein paar Anmerkungen zur Örtlichkeit. Birkenhördt kenne ich ziemlich gut. Zumindest seine Hauptstraße. Denn auf dem Weg zum Lauterschwaner Rappenfelsen – einem meiner liebsten Kletterziele im Pfälzerwald – fuhr ich schon zigmal durch das kleine Dörfchen.
An dem von der Familie Mössinger seit 1998 geführten Jägerhof hielt ich aus unerfindlichen Gründen nie an. Ein Fehler, wie sich vor ein paar Wochen herausstellen sollte und der nun Gott sei Dank korrigiert wurde.
Auch diesmal waren wir wieder am „Lauterschwaner“ zugange und zogen uns an seinen Sandsteinwänden anständig die Finger lang. Nach dem Klettern wollten wir auf dem Rückweg noch irgendwo einkehren.
Ich schlug den Jägerhof vor, da dieser am schnellsten zu erreichen wäre. Meinem Kletterpartner und dessen Freundin sagte das auf der Webseite nachzulesende Speisenprogramm des im Slowfood-Genussführer gelisteten Landgasthofs zu, also machten wir in der Birkenhördter Hauptstraße halt.
Wir waren spät dran und die Servicechefin, Frau Dagmar Mössinger, musste zuerst bei ihrem Mann in der Küche nachfragen, ob dieser denn noch etwas zubereiten würde. Küchenchef Bernd Mössinger gab grünes Licht und wir taten gut daran, uns nach dem anstrengenden Klettertag in den lauschigen Innenhof zu setzen und zunächst mit drei großen Radlern (0,5l zu jeweils 4,40 Euro) unseren nicht unerheblichen Durst zu stillen.
Sämtliche Fassbiere stammten übrigens von der Karlsbergbrauerei aus dem saarländischen Homburg.
Frau Mössinger, die ihr Herz auf der Zunge trägt und um keinen Spruch verlegen ist, reichte uns die auf einem Klemmbrett befestigte Speisenkarte. Die Schiefertafel mit den „Außer-der-Reihe-Gerichten“ hatten wir da schon erspäht. Schade, dass die darauf vermerkte Provenzalische Fischsuppe bereits aus war. Ich hätte sie zu gerne probiert.
Mit dem Bauern-Omelette, dem Sauerbraten vom Rind mit hausgemachten Semmelknödeln oder der geschnetzelten Schweinelende „Züricher Art“ mit Spätzle vom Brett hätte ich mich auch anfreunden können, aber unter der Rubrik „Hähnchen, Hähnchen, Hähnchen…“ warb die Standardkarte mit Backhendl und Coq au Vin.
Meine beiden Begleiter einigten sich schnell auf das sowohl entbeinte als auch panierte Freilandhähnchen, das mit hausgemachtem Kartoffelsalat und grünem Salat geliefert wurde (18,80 Euro). Meine Wenigkeit kam schließlich zu der Überzeugung, sich an einem wohlgetränkten Coq au Vin – einem in Rotweinsauce geschmorten Freiland-Maishähnchen mit Nudeln und kleinem Beilagensalat (20,80 Euro) – zu laben.
Doch der Hunger am Tisch war groß genug, um den gemeinschaftlichen Geflügelgenuss mit einer eingeschobenen Vorspeise noch etwas auf die lange Hühnerleiter zu schieben. Vom wirklich beeindruckenden Sortiment an Vorweggerichten suchte ich mir das Bergkäsecarpaccio mit Apfelvinaigrette und Baguette (7,80 Euro) aus, während sich meine beiden Tischgenossen für den Blattsalat mit Tomaten, Buttercroutons und zupackendem Joghurt-Knoblauchdressing (8,80 Euro) entschieden.
Manche der im Speisenprogramm gelisteten Gerichte hätte ich so nicht unbedingt in einem auf deutscher Küchentradition gründenden Landgasthof im Pfälzerwald erwartet. Neben der schon erwähnten Provenzalischen Fischsuppe waren dies beispielsweise die Pimientos de Padron, das panierte Lammzüngerl auf Wirsing-Kartoffelstampf oder das in Kräuter-Korianderbutter gebratene Doradenfilet mit grünen Bohnen und Kartoffelpüree „Elsässer Art“.
Traditionelle Rustikal-Leckereien, wie etwa die Rinderkraftbrühe mit Flädle, das Dreierlei vom hausgeräucherten Schinken, der herzhafte Rindfleischsalat oder die gebratene Rinderleber mit Kräuterbutter, grünen Bohnen und Bratkartoffeln, hat man hier aber auch parat. Auffallend oft las ich im Kleingedruckten die Begriffe „hausgemacht“ und „frisch“. Dass hier auf Qualität und Frische bei den verwendeten, häufig regional bezogenen Zutaten wertgelegt wird, lässt sich nicht nur auf der Webseite nachlesen. Man schmeckte es auch.
Der Küchenchef grüßte mit einem lauwarmen Artischockenherz, das mit einer kräftigen Aioli die Geschmacksnerven vom Ruhezustand in Betriebsbereitschaft versetzte.
Auch die Vorspeisen ließen nicht lange auf sich warten. Frau Mössinger hatte ja mitbekommen, was für drei ausgehungerte Kletterwölfe da im idyllisch begrünten Innenhof lauerten.
An Kleinigkeiten war zu erkennen, dass hier mit dem Attribut „hausgemacht“ kein Schindluder getrieben wurde. Allein die in der Butterpfanne angerösteten Croutons machten den mit deftigem Knoblauchdressing versehenen Salat meiner Kletterkollegen zum knusprig-knackigen Sommergenuss.
Auch meine Vorspeise erfüllte die gehegten Erwartungen. Die dünnen Bergkäsescheiben stammten von einem gut gereiften Vertreter seiner Art. Die leicht nach Olivenöl duftende, wunderbar runde Apfelvinaigrette konterte die Würze des gereiften Milcherzeugnisses mit ausreichend Süße und Säure.
Kleine Apfelstücke, grob gemahlener Pfeffer und ein paar Kapern komplettierten diesen schlichten, aber äußerst geschmacksintensiven Käseteller, dessen einziges „Manko“ die Portionsgröße war. Diese vermochte selbst den hungrigsten Kraxler ohne Umwege auf den Pfad der Saturiertheit zu führen.
Der kleine, nur scheinbar profane Beilagensalat war mit einer wirklich hervorragend ausbalancierten Essig-Öl-Tunke angemacht. Ein grünes Ausrufezeichen in Sachen Salatfrische, das ganz unaufgeregt die Zeit bis zur Landung meines Weingockels überbrückte.
Die beiden Backhendl-Portionen hatte man auf einer Servierplatte aus Edelstahl vereint. Zugegeben, das sah auf den ersten Blick etwas „kantinesk“ aus, aber die mehr als reichlich vorhandenen Hendl-Happen punkteten mit krosser Bröselhülle und saftigem Inneren.
Mit etwas Zitrone genossen, waren es gelungene Panadebeispiele, die für unkomplizierten Wohlgeschmack bei ihrem Verzehrduo sorgten. Auch der dazu gereichte Kartoffelsalat wurde sehr gelobt.
Dann duftete mir das in Rotwein ersoffene Maishuhn entgegen.
Herr Mössinger hatte bei Ansetzen der Sauce nicht mit rotem Rebsaft gespart. Ein grundsolider, tiefdunkler Beiguss, den auch die untergemengten Champignons nicht verwässern konnten.
Das Fleisch meines zerteilten, halben Hahns hatte die typisch gelbliche Färbung, die das Geflügel beim Füttern mit Mais erhält.
Es war wirklich ein ganz großes Vergnügen, das zarte Hähnchenfleisch von den Knochen zu nagen und zusammen mit der aromatischen Weinsauce zu genießen. Die nicht übertrieben portionierte Nudelbeilage (mit Semmebrösel oben drauf) stellte sich als Tunkmasse in den Dienst der Sauce.
Ich schaffte trotz fortgeschrittener Sättigung die komplette Portion, denn bei diesem Huhn gab’s kein Vertun! Das nachträglich georderte, trübe Kellerbier von Karlsberg (0,5l für 4,60 Euro) passte übrigens erstaunlich gut zum herzhaften Hühnerteller. Für einen Rotwein war es mir an diesem Abend einfach zu sommerlich mild. Aber bei dem respektablen Angebot an offen ausgeschenkten Weinen aus der Region (Heuchelheim-Klingen, Schweigen, Kapellen-Drusweiler und Landau-Mörzheim) würde ich zu kühleren Zeiten beherzt zugreifen.
Auf einen Nachtisch verzichteten wir dankend, obwohl mich der Affogato al caffè „espressiv“ anlachte. Egal, wir waren pappsatt und verließen rundum zufrieden das sympathische Familienlokal im Ortskern von Birkenhördt. Zu einem kleinen Schwätzchen mit dem Küchenchef, der nach getaner Arbeit einen verdienten Drink mit ein paar rüstigen Rentnern zu sich nahm, ließ ich mich beim Verabschieden gerne hinreißen. Meine Kenntnis von den nahegelegenen, klettertechnisch eher unrelevanten (da sehr bröckligen) Birkenhördter Ruschelfelsen, verblüffte die einheimische Tischgesellschaft.
Auch wir waren verblüfft von der souverän aufgetischten Frischeküche der Familie Mössinger, die man zwar als gutbürgerlich, aber eben nicht als alltäglich bezeichnen kann. Schön, dass es solche grundehrlichen Landrestaurants noch gibt. Wenn sie dann auch noch mit solch klaren geschmacklichen Aussagen überzeugen wie der Jägerhof, kann der Kalorienausgleich nach dem Sandsteinklettern gerne öfter hier stattfinden.