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GastroGuide-User: stekis
stekis hat Köhlichs Paradeismühle in 63911 Klingenberg am Main bewertet.
vor 4 Jahren
"Ausgezeichnete Küche in der alten Mühle"
Verifiziert

Geschrieben am 04.11.2019 | Aktualisiert am 04.11.2019
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Besucht am 20.10.2019 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Erst kurz vor unserer Anreise nach Klingenberg habe ich die Bewertung des Kollegen Lodda gelesen. Daher war ich etwas skeptisch bezüglich der Küchenleistung des Hauses, war doch in unserem Arrangement ein 3-Gänge-Menu eingeschlossen.

Nach der deutlich langwierigen Anreise checkten wir im Hotel ein, dabei wurden wir gefragt, ob man gleich für den Abend einen Tisch im Restaurant reservieren solle. Ja, das sollten sie gerne, aber erst mal wollten wir aufs Zimmer, die Taschen auspacken und uns etwas ausruhen.

Etwa eine Stunde später waren wir etwas restauriert und gingen ins Restaurant. Die Einrichtung stammt wahrscheinlich aus den siebziger oder achtziger Jahren, hatte aber dennoch nicht den Anklang des Altbackenen, und es war alles peinlich sauber.





 Dort angekommen wurden wir gleich an den reservierten Tisch gewiesen. Wir hatten kaum Platz genommen, als uns auch schon die Speisekarten gereicht wurden, um die Getränke auszuwählen. Ein Zettel mit dem vorgesehenen Menü wurde in einem Klappumschlag auf den Tisch gelegt:

-          Hausgebeizter Lachs an Honig-Senf-Dill-Sauce mit kleinem Salatbukett
-          Schweinerückensteak „Caprese“ – mit Tomate und Mozzarella überbacken, dazu Kroketten
-          Apfeltiramisu

Ebenfalls zu unserem Arrangement gehörten zwei Gläser Wein vom Haus. Auf der Theke stand eine Tafel mit Angeboten von Weinen des Hauses, zwei Rotweine und ein Weißwein. Madame fragte die Bedienung nach einem kräftigen, trockenen Rotwein, daraufhin wurde uns der Portugieser des Hauses empfohlen: „2014 Klingenberger Schlossberg Portugieser“.



Wir bestätigten den Vorschlag und bestellten dazu noch eine Flasche Mineralwasser (0,75l für 4,90 €). Die reichlich gefüllten Weingläser und das gut gekühlte Wasser wurden nach kurzer Zeit serviert. Der erste Schluck des Weines zeigte aber nicht die erwartete geschmackliche Fülle, der Portugieser kam eher flach daher.



Dann wurden die Vorspeisenteller serviert, drei Tranchen Lachs mit der Honig-Senf-Dill-Sauce. Das Salatbukett erwies sich als einige Blätter Salat, die geschickt zusammengedreht waren. Der Lachs war ausgezeichnet, die Sauce eher etwas zurückhaltender abgeschmeckt als sonst meist üblich, aber gerade dadurch etwas besser. Mit den frischen Salatblättern ein schöner Auftakt.



Nach dem Abräumen der Vorspeisenteller dauerte es nicht lange, bis das Hauptgericht serviert wurde. Ein unpaniertes Schweinesteak, überbacken mit Tomatenscheiben und Mozzarella, lag auf einem Spiegel aus Bratensauce, umrahmt von sechs Kroketten in Zweiergruppen. Ein wenig überflüssig die Cocktailtomate in der Mitte des Tellers, ohne sie wäre aber das Petersilienzweiglein zu allein gewesen. Erfreulich aber, dass hier nicht die sonst weitverbreitete Balsamico-Malerei den Teller zierte, sondern eine Spur von grob gemahlenen bunten Pfeffer.



Die Kroketten waren, wie kaum anders zu erwarten, Convenience-Ware, aber deutlich von der besseren Art. Die Bratensauce hingegen kam erkennbar nicht aus der Tüte, sie hatte einen deutlich angenehmen Geschmack von selbst gezogen.

Last but not least das Schweinesteak konnte wirklich überzeugen. Unpaniertes Schweinefleisch gerät schnell zur Schuhsohle, doch dieses Stück war zart und saftig und die Auflage aus Tomaten und Käse passte. Auch geschmacklich war es gut, die Größe der Portion war absolut ausreichend.

Schließlich bekamen wir noch das Dessert, eine delikate Komposition aus Apfelstückchen und mit Calvados eingeweichten Gebäckstücken,  serviert in einem Wasserglas auf einem mit Puderzucker beschneiten Teller mit einem Früchtearrangement am Rand. Eine sehr freie Interpretation von Tiramisu, aber sehr lecker.



Die beiden jungen Damen im Service erwiesen sich als freundlich und sehr gut geschult, sie fragten beim Abräumen nach jedem Gang, ob alles zu unserer Zufriedenheit gewesen sei. Auch ihre Aufmerksamkeit ließ nichts zu wünschen übrig, ein auch nur leichtes Handzeichen wurde im geschäftigen Vorbeieilen mit einem „ich bin gleich bei Ihnen“ quittiert.

Am zweiten Abend waren wir gespannt auf die Wildspezialitäten des Hauses. Für diesen Abend hatten wir nicht reserviert, doch da das Wochenende vorbei war, gab es keine Probleme mit einem Tisch für uns zwei. Wir wurden von einer anderen jungen Bedienung, die wir vom Vorabend her noch nicht kannten, an einen freien Tisch geführt.

Schnell bekamen wir die Speisekarten, aber noch ehe wir hineingeschaut hatten, war die Frage der Getränkeauswahl klar. Diesmal sollte es von Beginn an der Spätburgunder sein, von dem ich am Vorabend noch ein Glas probiert hatte: „Klingenberger Schloßberg Spätburgunder trocken“ von Köhlichs Weingut (0,25l für 5,90 €). Dazu wiederum wie am Vorabend eine Flasche Mineralwasser.

Die Getränke wurden sehr schnell serviert, wir hatten noch nicht unsere Auswahl der Speisen beendet. Der erste Schluck vom Spätburgunder zeigte dann mit seiner ganzen Fülle, dass wir hier richtig gewählt hatten.
Madame bestellte dann „Wildgulasch mit einem Pflaumenknödel“ (17,90 €), ich hatte mir den „Hirschkalbsbraten in Wacholderrahm mit Apfel Cranberry Relisch und hausgemachten Spätzle“ (19,50 €) ausgesucht. Die Bedienung bedankte sich für unsere Bestellung und verschwand in Richtung Küche.



Nach einer nicht übermäßig langen Wartezeit wurden die Teller serviert. Bei Madame ein enormer Knödel nicht ganz mittig auf dem runden Teller, bestreut mit reichlich kurz geschnittenem Schnittlauch, darum herum das recht dunkle Gulasch, an einer Stelle gekrönt mit einem Klecks frischer Schlagsahne. Halb darunter lag die offensichtlich unvermeidliche Cocktailtomate mit ihrem Begleiter, dem Petersiliensträußchen.



Mein Essen war auf einem quadratischen Teller arrangiert. Auf der einen Seite lagen drei Tranchen Fleisch in einer kräftigen dunklen Sauce. Die andere Hälfte des Tellers wurde von einer Portion Spätzle eingenommen, in einer Ausformung, die in Schwaben eher als „Knöpfle“ bezeichnet wird. Mittig auf Fleisch und Spätzle war das Relish platziert, in diesem Fall wohl der Grund für den Verzicht auf die Cocktailtomate, darauf ebenfalls ein Klecks frischer Schlagsahne.



Das Fleisch auf beiden Tellern war äußerst zart und geschmackvoll (ich durfte wie üblich probieren), die Saucen, obwohl deutlich unterschiedlich, doch kräftig und wohlschmeckend. Meine Spätzle harmonierten sehr gut damit, und auch der Knödel bei Madame, schön kartoffelig im Geschmack, war mit dem Gulasch eine Wucht.

Einzig als sie dann in der Mitte des Knödels die Pflaume fand, war die noch eiskalt gefroren. Just in diesem Moment kam eine Bedienung an den Tisch und erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei. Madame zeigte ihr die Pflaume, worauf sofort das Angebot kam, das Essen auszutauschen.

Das wollte Madame aber gar nicht, der Knödel sei eh so groß, dass sie davon gut satt werden könne. Sie bat lediglich um eine Information an die Küche, und die Bedienung verschwand sofort in die Richtung, um die Information weiter zu geben.

Noch ehe wir unsere Essen auch nur annähernd bewältigen konnten, kam die Bedienung wieder und bot uns als Kompensation einen Kaffee, Espresso oder auch einen Hausschnaps nach dem Essen an. Wir erkundigten uns nach den Details des Hausschnapses, und hier musste die Bedienung zunächst passen, damit hatte sie bisher auch noch keine Berührung gehabt.

Sie verschwand aber sofort wieder nach hinten, um sich zu erkundigen, und brachte uns dann die Information: Es handelt sich um einen bei einer benachbarten Destillerie im Auftrag gebrannten Tresterschnaps aus den Rückständen der hauseigenen Weinherstellung. Unerwartet weich, und doch so anders als ein Grappa…Prost!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


enjaunddusty und 14 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Carsten1972 und 14 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.