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Denn obwohl schon die ersten Veranstaltungen abgesagt wurden, konnten wir Anfang März noch unseren Sohn bei einem sportlichen Kräftemessen beklatschen. Klar, dass man dafür gern einen one-night-Trip nach Nürnberg und ein paar Stunden in einer dieser typischen Mehrzweckhallen der 80er in Kauf nimmt.
Naja gut, dass sich neben dem Hotel ein Pfandhaus mit Designer-Handtaschen befindet, rechtfertigte die Fahrt im Nachhinein natürlich zusätzlich...
Nun, das Ergebnis des Turniers war nicht mehr als ganz o.k., die Leistung des Juniors wurde von ihm selbst sehr kritisch gesehen und somit war anfangs die Laune eher „schwierig“.
Was war ich froh, nicht in einem vielleicht etwas anstrengenden 2-Sterner mit vegetarischem Schwerpunkt reserviert zu haben, sondern im zugänglichen Ambiente des Wonka.
Wir hatten einen einzelnen Tisch im Eingangsbereich am Fenster, so dass es zwar zu etwas „Durchgangsverkehr“ kam, aber immerhin saßen wir „für uns“ abseits des trubeligen Geschehens im hinteren Bereich. Was ja auch ganz nett ist, wenn man sich als Kernfamilie nur alle paar Monate in persona sieht und spricht.
Trotz des etwas verspäteten Erscheinens wurden wir von einer jungen Dame sehr freundlich begrüßt und auch in unserer " Randlage" teilweise durch den Abend begleitet. Der Chef erschien gegen Schluss auch ein- oder zweimal und war durchaus interessiert am Feedback. Die Gastgeberin dagegen eher nicht, insbesondere eine kritische Rückmeldung wurde recht kühl aufgenommen. Alles zusammengenommen keine Schwächen, aufgrund der reizenden Bedienung leicht überdurchschnittlich. Und weil noch ein für mich neuer, „besonderer“ Wein aus dem Keller gezaubert wurde, einen halben Bonuspunkt on-top.
Das stylische, farbenfrohe Ambiente hatte ich in meiner ersten Kritik gewürdigt, keine Änderungen.
Bei einem Gin Tonic (happige 9€) bzw. Prisecco (7,5€) entspannte sich die Laune schnell. Die glasweise genossenen Weine schlugen mit 5€ bis 8,5€ pro 0,1l zu Buche, die Flasche Mineralwasser kostete 6€. Angemessene 87€ wurden für 5 Gänge (6 für 97€) aufgerufen, die aus den beiden Menüs des Abends frei zusammen gestellt werden konnten.
Für mich hieß das
LACHS - BROKKOLI - SANDDORN
HEILBUTT - EIGELB - BUCHWEIZEN
BORRETANE-ZWIEBEL - KRÄUTER - OLIVEN
FRÜHLING - CHILI - SESAM
ZIEGENKÄSE-NOUGAT FEIGE
Vorneweg gab es zweierlei Brot vom Haus; das Ciabatta mit Tomate und Fenchelsamen schmeckte mir besser als das unauffällige Sauerteigbrot. Dazu süße karamellisierte Butter mit Zitronenabrieb, der leider sehr hart geworden war.
Viel besser der kräftig gewürzte, fein-knusprige Filo-Teig-Cornetto mit Auberginen-Curry-Füllung.
Ich meine, dass es noch einen zweiten Happen in Form von Artischocken mit Lauch und gepufftem Dinkel gab, aber ein Foto findet sich nicht.
Beides süffiges kleines Fingerfood mit etwas Crunch und Mut zur Würze. Die Zeit im Essigbrätlein lässt eben doch grüßen...
Bei der Durchsicht der Fotos fiel mir optisch zweierlei auf: Zum einen, wie sehr manche Gerichte der Präsentation von Mai ähnelten. Zum anderen die Vielfalt der Teller etc., von weißem und farbigem Porzellan über Glas bis zu schwarzem Schiefer.
Entscheidend ist aber ja bekanntlich, was draufliegt:
Der sous-vide gegarte Lachs zum Auftakt natürlich saftig, aber nicht schon matschig.
Farbenfroh mit Texturen von Brokkoli und einem Sanddorn-Gelee kombiniert, das weder zu sauer, noch zu bitter war.
Eine harmonische Komposition mit etwas Knusper von Amaranth(?). Schmeckte - ohne jede Meta-Bedeutung - gut.
Recht ähnlich ging es mit einem gedämpften weißen Heilbutt weiter.
Der Fisch war mir persönlich einen Tick zu durch. Auch hier überzeugten die vegetarischen Beilagen in Form von Fenchel und geflämmten Romanasalat auf einem Buchweizen-Blini, ebenso so das Kräuteröl. Das konnte sich mit ätherische Würzigkeit und einer leichten Bitternote eigenständig gegen den Fisch behaupten. Ein hübsches Stundeneigelb sorgte zusätzlich für ein weiches Mundgefühl.
Ich wechselte jetzt für zwei Gänge gleich ganz auf die fleischfreie Seite der Macht und war zunächst hellauf begeistert.
Die Süße der venezianischen Zwiebel (frittiert, gebacken und als Crème) war ein noch besser Mitspieler für das Bouquet ungeheuer intensiver Wildkräuter und die salzigen Taggiasca-Oliven. Ganz einfache Zutaten und ein beglückendes Geschmackserlebnis. Bravo!
Und was für eine Fallhöhe zum zweiten vegetarischen Teller, der völlig missglückten Frühlingsrolle!
Asiatisches Gemüse in einer viel zu süßen, kaum scharfen Chili(sic!)-Sesam-Vinaigrette und umhüllt von einer Reispapier-Rolle, die stellenweise ausgetrocknet und damit hart geworden war. Aus Rücksicht auf meine Begleitung aß ich lustlos um den harten Teig herum; die Kritik beim Abräumen wurde, ich sag mal, zur Kenntnis genommen.
Letzter Gang Ziegenkäse mit Nüssen und Pistazien hübsch in das äußere Erscheinungsbild eines Nougat gebracht.
Ich hätte mir noch einen kräftigeren Geschmack gewünscht, aber auch so war es mit Feigen natur und als fruchtig-pikantes Chutney ein solider Abschluss.
Zu Petit four und Praline
hätte natürlich ein süßer P.X. perfekt gepasst. Da musste Christian Wonka leider passen. Aber, ob ich einen reinen P.X. schon mal als Cream getrunken hätte; ohne Trocknung der Trauben. Das Ergebnis war verblüffend (oder auch nicht), viel heller, viel dünnflüssiger, andere Aromen. Würde ich in dieser Qualität gern öfter trinken. Kein Wunder, kam das Stöffchen doch von Toro Albala, einer der besten Bodegas des Montilla-Moriles-Gebiets, die seit einem legendären Abend im Canova auch in der Pfalz einen gewissen Ruf genießt.
Fazit:
Ein Ausreißer nach oben, einer nach unten. Ansonsten in netter Atmosphäre sehr gut gegessen zu einem angemessenen Preis. Man kann’s schlechter treffen.
Wenn Nürnberg nicht so viele interessante Alternativen hätte, würde ich noch öfter im Wonka einkehren.