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Da traf es sich doch gut, dass drei Wörther Schlemmerkollegen dem Ruf des Vierten im Bunde folgten und sich auf den Weg ins etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade befindliche Örtchen Altdorf (östlich von Edenkoben) machten, um dort in der alteingesessenen Weinstube Spelzenhof nach langer Zeit mal wieder eine offizielle „Clubsitzung“ – die letzte Zusammenkunft war Ende Mai in der Essinger Golfclub-Gastro „El Toro“ – abzuhalten.
Der werte Gaumenfreund, der den Spelzenhof als Einkehradresse ausgesucht hatte, wohnt nicht weit von diesem entfernt im Nachbarort Böbingen. Er kennt und schätzt die von Ursula „Uschi“ Hitschler (Küche) und ihrem Ehemann Hermann Hitschler (Weinbau) seit weit über 30 Jahren geführte Anlaufstelle für Freunde bodenständiger Pfalzkost und kehrt hier regelmäßig ein. Ich selbst hatte bis dahin nur in meinem Pfälzer Weinstubenführer vom Spelzenhof gelesen und freute mich auf gutbürgerliches Neuland aus der Heimat.
Wir schritten durch den von Topfpflanzen begrünten Innenhof.
Ein lauschiges Fleckchen heile Pfalzwelt, dessen mediterraner Touch besonders in der warmen Jahreszeit voll zur Geltung kommen dürfte. Zu unserer Rechten konnten wir durch die Fensterscheiben einen ersten Eindruck vom gemütlichen Innenleben der Weinstube gewinnen. Geradeaus ging es schnurstracks in die von einem uralten Holzofen beheizte, zu einer behaglichen Gaststube ausgebauten Scheune, wo zwischen Sandsteinwänden, Fachwerk und antikem Mobiliar unser reservierter Vierertisch auf uns wartete.
Auf einer Anrichte hatte man ein paar Flaschen von den gutseigenen Weinen platziert. Dabei weckte die nach der Tochter benannte Rotweincuvée „Laura“ mein Interesse. Nach kurzer Beratung mit dem freundlichen jungen Mann vom Service wurde mir ein Probierglas mit diesem durchaus gut trinkbaren Roten kredenzt. Er gefiel und sollte wenig später meinen Hauptgang begleiten (0,1l für 3 Euro).
Zwei Kollegen gerieten gleich in obligatorische Aperitif-Lage. Mit Aperol und Hugo (beide jeweils 6,90 Euro) wurde diese prickelnd behoben. Als veritable Durstlöscher fungierten dagegen Traubensaft- und Johannisbeerschorle für 5 bzw. 6 Euro pro Schoppen und eine kleine Flasche Mineralwasser der Marke „Schwarzwald-Sprudel“ (3,60 Euro). Später traute sich unser Lokalmatador noch ein Viertel Weißburgunder (4,90 Euro) zu, ehe wir zum Abschluss mit zwei Mirabellenbränden (jeweils 3,80 Euro) den Verdauungsvorgang unterstützen mussten.
Soweit ein paar Anmerkungen zur abendlichen Situation in Sachen Flüssigkeitsaufnahme. Mittlerweile stöberten wir in der gar nicht mal so kleinen Speisenpalette und durften unsere Wünsche dann auch zügig loswerden. Der Kollege gegenüber von mir wollte sich zuerst an einer Suppe vom Hokkaido-Kürbis (6,90 Euro) erwärmen, ehe er – wie so oft – beim Schnitzel Wiener Art (16,90 Euro) landete.
Bei diesem war zwar der Beilagensalat inkludiert, aber die Pommes-Beilage musste der diplomierte Schnitzeljäger gegen einen Aufpreis von 3,90 Euro hinzuordern. Schni-Sa mit allem Pi, Pa und vor allem Po sollte es für ihn sein, weshalb er seinen gutbürgerlichen Redundanzteller mit einem zusätzlichen Pfefferrahmsoßen-Upgrade (2,80 Euro) adelte.
Der Mann neben ihm – nicht gerade bekannt für ein ausgedehntes Magenvolumen – riskierte aus der allein sechs Varianten umfassenden Hackbratenrubrik den mit Limburger-Käse überbackenen Falschhasen. Bei ihm oder besser gesagt: bei ihnen – es landeten später nämlich zwei stattliche Exemplare auf seinem Teller – waren ein kleiner grüner Beilagensalat und Pommes frites als Beilagen im Preis von 19,80 Euro inbegriffen. Schon da war ich gespannt, wie er das alles gefuttert bekommen sollte.
Unser Spelzenhof-Spezi aus Böbingen setzte an jenem Abend auf ein medium gebratenes Rumpsteak mit Pfeffer-Rahmsauce und kleinem Beilagensalat (29,80 Euro). Um einen Sättigungs-Gau von vornherein auszuschließen, erweiterte er seine Bestellung noch um eine Portion Bratkartoffeln (3,90 Euro).
Beeindruckt von der heiligen Dreifleischigkeit meiner Fressbegleiter, reihte ich mich in die Phalanx des eingefleischten Karnivorentrios mit einem wohl der Jahreszeit geschuldeten Kastanien-Schnitzel (19,90 Euro) nahtlos ein.
Genau genommen waren es zwei panierte Schweineschnitzel, die unter einem Berg von glasierten Kastanien, gebratenen Apfelringen, Preiselbeeren und knusprigen Baconwürfeln auf ihren Anschnitt warteten. Dass man dieser großzügig belegten, geradezu pittoresk anmutenden Paniermeile noch eine Kelle Sauce Béarnaise spendiert hatte, ließ die Chancen auf ihren Komplettverzehr nicht gerade steigen.
Was mich Simbel dazu gebracht hatte, diesem nahrhaften Zwei-Personen-Teller noch eine Portion Bratkartoffeln als Beilage hinzuzufügen, kann ich rückblickend nicht mehr nachvollziehen. Besonders im Kontext eines als Vorspeise deklarierten, grünen Beilagensalates (3,60 Euro), den ich mir zum Einstieg schmecken ließ.
Auch die Zusatzorder einer Bratensoße (2,80 Euro) – von einer Béarnaise war in der Karte keine Rede – lässt rückblickend auf den Tatbestand der vorsätzlichen Völlerei schließen. Anscheinend hatte mein Hunger beim Bestellvorgang beachtliche Ausmaße angenommen.
Die Salatteller und die Kürbissuppe machten die Vorhut. Die leicht süßliche Vinaigrette fand bei den drei „Salatisten“ am Tisch großen Anklang.
Der Hokkaido-Hasardeur löffelte dagegen missmutig seine mit Kürbiskernöl und gerösteten Kernen ausgestattete, aber ansonsten recht fad schmeckende Herbstterrine aus.
Da war der Pürier-Profi aus Herxheim dann doch etwas enttäuscht über sein kraftloses Süpplein, das er sich eingebrockt hatte.
Doch die nach angenehmer Wartezeit vom tadellos agierenden Service herangeschafften Rustikalitäten zum Hauptgang beseitigten auch bei ihm die letzten Zweifel in Sachen nicht erbrachter Würzleistung.
Doch der Reihe nach. Das durchaus nicht triviale Handwerk des fachgerechten Fleischbratens beherrschte man im Spelzenhof sichtlich. Rumpsteak, Schnitzel und Hackbraten wurden in erstaunlich hoher Qualität und mit ausreichender Saftigkeit auf die Teller gebracht.
Auch an den beigegossenen bzw. separat gelieferten Saucen – die Extratunken kamen in einer kleinen, verschließbaren Thermo-Sauciere, damit diese auch warm blieben – gab es nicht das Geringste auszusetzen. Hausgemacht und ohne Helferlein angesetzt, waren es flüssig-cremige bzw. kräftig-gehaltvolle Ergänzungen unserer üppigen Fleischportionen.
Gut gewürzte Pommes frites im 10/10mm Normalschnitt
und knusprige, mit Kräutern verfeinerte Bratkartoffeln (Majoran!) trugen zusätzlich zur Widerspenstigen Sättigung bei.
Alle Gerichte kündeten von soliden Küchenhandwerk und waren geschmackvoll arrangierte Vertreter aus gutbürgerlichstem Milieu. Nur die Portionsgrößen waren völlig überdimensioniert.
Klar, soll man in einer Pfälzer Weinstube nicht hungrig von dannen ziehen. Eine deftige Mahlzeit ist und war schon immer eine gute Grundlage für den damit einhergehenden Weinkonsum. Aber an jenem Donnerstagabend Mitte Oktober wären an unserem Tisch auch locker zwei bis drei Personen mehr (bei gleicher Speisung) satt geworden.
Der Hackbraten-Held strich bereits nach einem, mit geschmolzenem Limburger Käse überbackenen Fleischstück die in erster Linie in seinem Béarnaise-See ertränkten Segel.
Auch unser Schnitzel-Präsident hatte mit seiner Wiener Spezies schwer zu kämpfen.
Meine nicht gerade hauchdünn geklopften, mit opulentem Keschde-Apfel-Preiselbeer-Topping ausgestatteten Panierstücke ergaben in der Summe wohl eines der mächtigsten Gerichte, an dem ich mich in den letzten Jahren versuchte.
Und um es auf den Punkt zu bringen: es blieb auch beim Versuch. Nach der Hälfte des Tellers musste auch ich übersättigt das Handtuch werfen und den zweiten Teil als „To-Go-Version“ mit nach Hause nehmen.
Nur der Rumpsteak-Rambo aus Böbingen machte aus seiner mit reichlich Pfefferrahmguss gesegneten Rinderportion regelrecht Kleinvieh. Dabei störten ihn weder die imposante Bratkartoffelbeilage noch die im krossen Speckmantel steckenden Datteln, mit denen sich seine gebratene Tranche vom Roastbeef den Teller teilte.
Nach überstandener Hauptgerichtsverhandlung verzichtete unser völlig übersättigtes Gaumenquartett auf jegliche finale Süßspeisung. Nur die obligatorische Tasse Kaffee (2,60 Euro) ließ sich unser präsidiales Oberhaupt nicht nehmen.
Fazit:
Die von uns genossenen Deftigkeiten waren zwar allesamt recht einfacher Natur, aber handwerklich ehrlich zubereitet. Bis auf die Kürbissuppe gab es - was den Geschmack der Speisen betraf - auch keinerlei Grund zur Beanstandung.
Die vornehmlich aus der Region stammenden Zutaten erfuhren in Frau Hitschlers Küche nicht nur eine sorgfältige Behandlung, sondern waren auch von ordentlicher Qualität. Mehr erwartet man bei gutbürgerlicher Deutschkost im Grunde nicht.
Apropos mehr. Der einzige echte Kritikpunkt des Abends waren die viel zu großzügig angelegten Portionen. Da wären wir mit weniger deutlich zufriedener gewesen, denn unser Sättigungsziel wurde hier prinzipiell übererfüllt.
Egal, wie sagte einst Gernesser und Lyriker William Shakespeare: „Satt essen kann sich jeglicher zu Hause, geselliges Vergnügen, munteres Gespräch muss einem Festmahl Würze geben.“ Unter diesem Aspekt lässt sich unsere Zusammenkunft im Herbst als durchweg gelungen bezeichnen