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Die Oberländer Weinstube ist seit einem Jahrhundert eine Karlsruher Institution. 1918 gegründet und vom 2. Weltkrieg weitgehend verschont, befindet sie sich für nun schon drei Generationen im Besitz der Familie Rinderspacher. Anfang der 90er verlieh Michelin einen Stern, der war später für einige Jahre noch mal weg, bis 2010 der heute noch junge, damals sehr junge Sören Anders die Küche übernahm. Mit dessen Wechsel auf den Turmberg im Jahr 2013 und der Übernahme durch Jörg Hammer war die Sternezeit dann zunächst mal vorbei; ein Bib Gourmand ziert aber weiterhin die gute Stube.
Auf unserer kulinarischen To-do-Liste hatte sie schon länger ziemlich weit oben firmiert; ein geeigneter Anlass, aus dem “to do“ ein “done“ zu machen, war der Besuch zweier junger Damen von jener Insel, die weniger für ihre erlesene Küche als für ihre suizidale Politik bekannt ist. Netterweise wurden wir noch aufgenommen, obwohl es bereits eine halbe Stunde nach Küchenschluss um 13:30 Uhr war.
Drinnen ist es gutbürgerlich-gemütlich, vor allem in dem kleinen Nebenraum, den wir für uns alleine hatten. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass dort die Luft irgendwann recht dick wird, wenn er voll besetzt ist, jedenfalls im Winter, wenn man die Fenster nicht aufmachen kann.
Da wir für den Rest des Tages noch einiges an Sightseeing geplant hatten, verzichteten wir auf den Wein. Der kam übrigens in den Anfängen des Restaurants vorwiegend aus dem Markgräfler Land, im damaligen Volksmund Oberland genannt.
Die Mittagskarte war kurz, aber recht fein sortiert. Man erkennt eine solides deutsches Fundament mit internationalen Auf- und Anbauten. Vegetarische Gerichte suchten wir vergebens, was heutzutage schon mehr als erstaunlich ist.
Allerdings gab es für die Vegetarierin, die wir dabeihatten, auf unsere Nachfrage hin je eine Vorspeise (Feldsalat mit Croutons)
und ein Hauptgericht (Sauerrahmstrudel mit Waldpilzen), beides von der Abendkarte; das könnte man durchaus auch auf der Mittagskarte vermerken, damit sich die Veggies nicht so als Außenseiter fühlen. Und die freuen sich natürlich auch über ein wenig Auswahl - Fleisch ist zwar mein, aber durchaus nicht jedermanns Gemüse -, aber für die steht bis heute nur ein Gericht zur Auswahl.
Für ein Menü in dieser Preislage (damals knapp unter 30, heute 33,80 €) ist die Küche ausgesprochen raffiniert. Man gibt sich mit der Präsentation viel Mühe, wie es sich für ein Restaurant dieser Kategorie aber auch gehört.
Ein paar Überraschungen waren auch dabei: Der Fenchel zum Beispiel, der in der Vorspeise zur gebeizten Garnele gereicht wurde, war so entfenchelt, dass wir ihn zunächst für Spitzkohl gehalten hatten,
und die schwarzen Nüsse (unreif geerntete, süß eingelegte Walnüsse), die es zum argentinischen Rinderrücken gab, waren für uns eine ganz neue Erfahrung. Mein ansonsten gelungenes Rind war leider von einer mächtigen Sehne durchzogen, die mir einige Sezier- und fallweise, mit Rücksicht auf die Mitessenden, auch Schluckakrobatik abverlangte; meine Frau war mit ihrem Stück dagegen sehr zufrieden.
So auch unsere Nichte mit ihrem Heilbutt mit seinen gefüllten Artischockenböden, und schließlich auch ihre vegetarische Freundin mit bereits erwähnten Sauerrahmstrudel mit Waldpilzen.
Mit dem sehr saisonalen Nachtisch, bestehend aus Bratapfelvariationen mit Spekulatiuseis, schien die Küche anzudeuten, dass durchaus noch Ambitionen auf Höheres bestehen. Richtig gut gefallen hatte uns auch der Service: Freundlich, hervorragend informiert und schnell, sonst wären wir als Spätankömmlinge auch nicht bis 15 Uhr fertig gewesen, wenn das Restaurant in die verdiente Mittagsruhe geht.
Und schließlich die Herrentoilette, die wunderbar zum angejahrten Ambiente des Restaurants passt. Dort gab es nämlich ein echtes Museumsstück in Gestalt eines antiken Wandurinals mit Spülkasten unter der Decke und Kettenzug, wie ich es seit meiner längst vergangenen Jugendzeit nicht mehr gesehen habe. Dass ich das noch mal erleben durfte...
Derart gestärkt begaben wir uns auf einen ausgiebigen Verdauungsspaziergang durch den Schlosspark.