1 Bewertung
"Stadtteilversorgungsitaliener mit Defiziten"
Geschrieben am 14.01.2017 2017-01-14 | Aktualisiert am 14.01.2017
"Kleiner Stadteilitaliener, ganz und gar ohne Chichi. Einfach ehrlich und aufrichtig."
Geschrieben am 24.01.2015 2015-01-24 | Aktualisiert am 24.01.2015
"Leider von einem Einbruch betroffen"
Geschrieben am 15.03.2022 2022-03-15
Das Restaurant bei Tag
Das Restaurant ist eher nüchtern eingerichtet mit schwarz lackierten Tischen und Holzstühlen. Die Stühle haben eine mittige cremefarbene Polsterung und eine verdammt harte Kante vorn, die z.T. recht angeschlagenen Tische tragen ein eierschalfarbenes über Eck ausgebreitetes Tischtuch. An den Wänden sind Leuchter mit Teelichten untergebracht. Von oben strahlen gelbliche Downlights, nur nicht über uns. Die Fotos sind also verrauscht. Blitzen im Restaurant will ich nicht. Die Seite zur Veranda hin ist großflächig verglast.
und in der Dunkelheit
Zum Öffnungszeitpunkt, 18:00 Uhr, wurden wir am Eingang freundlich empfangen von einem akzentfrei deutsch sprechenden jungen Italiener, der uns dann den reservierten Zweiertisch zeigte, die Kerze darauf entzündete und uns auf das Tagesangebot an einer Wand hinwies. Er erkannte uns auch wieder, weil wir hier schon mehrfach Pizza geholt hatten. Dabei werden wir es auch in Zukunft belassen. Der Tisch war eingedeckt mit roten Vliesservietten, einem Veranstaltungshinweis und einer Menagerie mit Balsamico, Olivenöl, Pfeffer- und Salzmühlen. Dazu gesellte sich alsbald eine kleine Tafel mit der Weinempfehlung, die Karten in welliger Klarsichtfolie, die nur Pizza und Pasta enthalten, und eine Flasche San Pellegrino (5,50), das nun einmalig eingeschenkt wurde. Wir nahmen beide je ein Glas Rotwein von der Empfehlungstafel, einen Salice Salentino Riserva zu 9.00 Euro/0,2 l, der uns recht gut schmeckte. Ein Brotkorb kam mit fünf ausgezeichneten Weißbrotscheiben und einem Schälchen gemahlenen Parmesankäses darin. Nun saßen wir da und sahen uns fragend an. Kein Teller, kein Tuning für das Weißbrot? Man verdrückt also das Weißbrot trocken und mit etwas Rotwein im Mund. Geht ja irgendwie. Versuchsweise streute ich etwas Parmesan auf eine Scheibe, stellte aber fest, dass dies keinen Gewinn darstellte. Öl und Balsamico durch die Poren des Weißbrotes auf die Tischdecke zu tropfen, traute ich mich nicht, obwohl ich es gern getan hätte. So muss man die Menagerie sicher sehr selten auffüllen.
Unser Tisch
Ein Amuse gueule wäre nett gewesen, war aber nicht vorgesehen. Somit bestellten wir einmal Tortellini in Schinken-Sahne-Soße und ein Carpaccio mit Rucola. Als Hauptgericht sollte es für uns beide argentinisches Rinderfilet mit Spinat sein. Eigentlich gehörte Gorgonzolasoße dazu, die meine Frau aber für sich abbestellte.
Schnell kamen die Tortellini (ganz ordentlich, aber nicht hausgemacht zu 7,50) und mein nicht bestelltes Vitello tonnato zu € 11.-. Ich bedauerte das Fehlen meines Carpaccio di manzo , wollte aber nicht so viel Aufhebens machen und aß, was auf den Tisch kam (blöde Erziehung). Zubereitet war es so, wie ich es gar nicht schätze, Fleisch grau, komplett bedeckt mit der Soße und mit fünf eingeschrumpelten Kapernäpfeln. Verwundert stelle ich fest, dass die Thunfischsoße genau schmeckte wie der Mais-Thunfisch-Salat in meiner Studentenzeit mit Mayonnaise, Ketchup und Senf. Nettes Retro-Erlebnis.
Vitello tonnato
Es wurde mehrfach nach unserer Zufriedenheit gefragt und natürlich auch angeboten, mein Vitello tonnato gegen Carpaccio zu tauschen.
Schnell kamen dann unsere Filets (28.-). Da wir nicht nach dem Garungsgrad gefragt worden waren, für uns beide medium rare, was für meine Frau eher grenzwertig ist. Der Spinat schmeckt, als habe man ihn aus dem Toten Meer gezogen und war sehr bissfest. Leider war auch das Rind ein wenig überwürzt. Ich habe die Röstschicht schließlich abgeschnitten und beiseite gelegt, weil hier großzügig grobes Salz und grober Pfeffer anhafteten. Meine Gorgonzola-Soße minderte die Salzigkeit ein wenig und schmeckte recht gut. Da war meine Frau mit dem nackten Fleisch und dem versalzenen Spinat schlechter dran, so dass sie nur die Hälfte ihrer Portion aufaß. Hätten sich ein paar Kartoffeln oder anderes Gemüse auf die Teller verirrt, wäre alles nicht so schlimm gewesen. Eine Soße ganz ohne Ersatz einfach wegzulassen, ist uns auch bisher noch nicht passiert. Selbst ein Fixprodukt aus Tüte oder Tetrapack wäre besser gewesen. Da wir mit Karte nur an der Bar hätten zahlen können und viel lärmende Kinder inzwischen das Restaurant bevölkerten, zahlten wir bar unsere 98 Euro+9.- und suchten das Weite, bzw. die Ruhe. Wir fühlten uns ein wenig wie in der Mercedes-Werbung, wo jemand auf einem lärmerfüllten orientalischen Marktplatz einsteigt, die Tür schließt, der Lärm weg ist und ein leises „zu Hause“ seufzt. Wir mögen keine Kleinkinder am Abend beim Essen, deren einzige Verständigungsmöglichkeit in Schreien und Quietschen besteht. Spanische Kinder im Tiefschlaf gegen Mitternacht stören uns nicht.
Rinderfilet/Spinat/Gorgonzola
Rinderfilet medium rare
Wir fragten uns, was es wohl ausgemacht hat, dass die Zufriedenheit und das kleine Glücksgefühl fehlte, mit dem wir sonst immer ein Restaurant verlassen. Es waren wohl die vielen unstimmigen Kleinigkeiten und das Gefühl, zu viel bezahlt zu haben.
Später zu Hause aß meine Frau dann noch eine Scheibe Brot. Schade! Ein nettes Restaurant, nur 500m von unserem Haus entfernt, wäre himmlisch.
Nach Küchenreise die 2 (kaum wieder)