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„Gote geht essen“ war lange Jahre für mich der Ausgangspunkt einiger Gastro-Besuche in Köln. Aber er schreibt keine aktuellen Beiträge mehr. Sein Buch über seine Lieblingslokale erschien 2013 und ist daher nicht mehr ganz taufrisch.
Doch der Stadtanzeiger hat die Berichterstattung nicht eingestellt. Es gibt einen kompetenten Nachfolger. Seit einiger Zeit hat Carsten Henn die Rubrik in der Zeitung übernommen: „Henns Geschmackssache“.
Zehn Tipps für französisch essen gehen, stellte er vor kurzem vor. Überraschend war auch ein vietnamesisches Restaurant dabei, das aber auch klassische europäische Elemente berücksichtig. Beim zweiten Blick ist es aber auch wiederum nachvollziehbar.
Denn im 19. Jahrhundert kam das Gebiet nach und nach als Teil von Französisch-Indochina unter französische Kolonialherrschaft. Ich will das jetzt nicht politisch bewerten.
Der Bericht des Journalisten machte Appetit und das Lokal macht auch mittags auf.
Das waren zwei Hinweise darauf (Achte immer auf die Zeichen!), dass wir dieses Restaurant besuchen sollten.
Ambiente
Außen stehen einige Tische und Stühle für Gäste, die gerne an der Luft sitzen bereit. Es gibt dann zwei Zugänge in das Innere. Wir sahen sofort die Theke beim Eintritt und die Vielgliedrigkeit des Raumes bzw. der Räume, die verschachtelt durch Durchgänge zu erreichen sind. Wir setzten uns an einen Fensterplatz an einen Vierertisch. Das passte, denn wir waren drei Personen.
Die Einrichtung ist zweckmäßig (im Bistrostil) aber nicht besonders ansprechend, denn die Wände sind in einem gelblich-bräunlichen Farbton gehalten, der nicht frisch wirkt. Die Tische stehen eng, aber am Mittag waren nicht viele Gäste im Raum und daher war für uns die Lautstärke angenehm.
Die Deckenbeleuchtung besteht aus „nackten“ hellen Glühlampen, die vielleicht eine Fabrikatmosphäre verbreiten sollen.
Im ebenfalls verwinkelten Kellerbereich ist auch die Küche untergebracht. Ich hoffe für den Service, dass sie nicht alles über die Treppen transportieren müssen, sondern vielleicht ein Aufzug zur Verfügung steht. Sonst ist das recht sportlich.
Sauberkeit
Alles wirkte soweit gepflegt und ordentlich.
Sanitär
Der Bereich ist über Treppen im Keller zu erreichen. Der Weg ist relativ lang dorthin. Die Anlage selbst ist gut gepflegt. Nach dem Händewaschen steht ein Turbotrockner (10 Sekunden und das Wasser ist weg) bereit.
Service
Ein junger Mann und eine junge Frau erledigten die Aufgaben der Bedienung. Dabei stellte sich der Kellner als äußerst freundlich und kompetent heraus. Alle Speisen wurden uns erklärt und beschrieben. Auch bei den Getränken war er bestens informiert.
Die junge Dame war ebenfalls freundlich, wirkte aber auf uns schüchtern oder gehemmt; vielleicht lag das an einer Unsicherheit mit der Sprache. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich nicht richtig verstand und von den Fragen überfordert wurde. Aber der Kollege war ja auch noch da und der war richtig gut drauf.
Die Karte(n)
Es gibt eine Lunchkarte mit günstigen Mittagsgerichten und die klassische À la carte Liste nach Vorspeisen, Suppen, Hauptgängen und Nachtisch.
Die verkosteten Speisen
Nach der Beratung durch den Kellner haben wir insgesamt neun Speisen bestellt. Und wir haben natürlich von allen Tellern gegenseitig probiert.
Vorspeisen
Bò lá lốt
Fein geschnittenes US Beef mit 5 Gewürzen, eingerollt in Betelblättern und gegrillt
6,90 €
Eine köstliche Vorspeise: mageres fein gewürztes Rind mit einer sanften Schärfe der Betelblättern (eine Pflanzenart aus der Gattung Pfeffer) kongenial ergänzt. Entweder war hier noch Soja- oder Fischsauce im Spiel und gab eine Bindung zu den anderen Zutaten ab. Das Gericht sieht unscheinbar aus, war aber sofort mein Favorit.
Bò tái chanh
Halb rohes US Beef mit frischen Kokosraspeln, Erdnüssen und Kräutern
10,90 €
Das Fleisch wiederum köstlich und diesmal mit Kokos, Erdnüssen und einer Crème verfeinert.
Cá tái chanh
Roh mariniertes Wolfsbarschfilet mit frischer Ananas, Kräutern & Passionsfrucht
10,90 €
Der Fisch war dünn aufgeschnitten und mit Obst und Gewürzen verfeinert. Auch sehr schmackhaft.
Das macht eigentlich sofort Neugier auf die anderen Vorspeisen. Die raffinierte Kombination der Hauptprodukte Rind bzw. Barsch mit den Kräutern, Obst und Dressing begeisterte mich vor allem.
Hauptgerichte
Hải sản nướng
Grillplatte mit Oktopus, Jakobsmuschel, Garnelen, Calamaretti, Okraschoten und einem Wildkräutersalat mit Süßkartoffelcroutons
21,90 €
Der Tubus vom Tintenfisch und der kleine Calmar waren herrlich gedünstet. Die Teile waren weich und cremig ohne labbelig zu sein. Der Fangarm war wesentlich kompakter und fester in der Konsistenz. Die Garnelen waren im halboffenen Panzer gebraten worden und angenehm saftig. Die Muschelstücke waren noch glasig und mit einer Creme verfeinert. Auch die Okra waren kross und weich zugleich und schmeckten so recht gut. Die Süßkartoffelstücke waren ausgezeichnet gewürzt. Die Kräuterblätter wie Blutampfer zum Beispiel waren mit einem sanften Dressing umhüllt.
Die Glasnudeln waren Nudeln. Ich glaube, dass ich sie nicht unbedingt brauche und habe lieber von dem Reis probiert. Er war durchaus „klebrig“ aber nicht matschig, sondern hatte noch einen Rest von Biss.
Heo sữa quay
Knuspriger Spanferkelrücken mit Wassermimose & Karotte
17,90 €
Die Kruste war wirklich kross und daher gut gelungen. So wünsche ich mir eine Speckschicht immer. Das Schweinefleisch war als Kotelett geschnitten und mit drei Stücken vertreten. Das Fleisch war saftig geschmort. Das Gemüse dazu war ebenfalls perfekt gegart. Der dezente Einsatz von Koriander rundete wiederum alles ab.
Cá chiên rau xào
Kross gebratener Wolfsbarsch (als Filet) mit Orangen-Ingwer Sauce und Wassermimose
17,90 €
Aber mein Favorit bei den Hauptgängen war eindeutig der Fisch: der kross gebratene Wolfsbarsch mit einer Orangen-Ingwer-Sauce. Wiederum prächtig getroffen die süß-saueren und fruchtigen Note der Speise.
Dessert
Brûlee Viet
Creme Brûlee mit Zitronengras & Kaffirblättern
4,90 €
Die Creme brûlee bekommt durch die Zitrus-Aromen eine feine Variation des Klassikers.
Süßer Blumentopf
Schokolade und mehr (mit Rum und essbaren Blumen)
6,90 €
Im Mittelpunkt steht die dunkle Schokolade. Und damit ist mein Herz schon gewonnen. Die Kakaonoten wurden gut herausgearbeitet. Die Schokolade war so weich, dass ich sie gut löffeln konnte. Der Rum war nicht dominant. Die Blüten ergaben ein optisches Highlight, schmeckten aber auch noch. Eine helle Creme ergab zusammen mit den Blüten oder der Schokolade stets neue Aromen im Mund.
Damit war dieser Nachtisch für mich der Sieger des Tages.
A Vietnamese Flirt
Banane trifft Kokos & Passionsfrucht (mit hausgemachter Eiscreme)
7,90 €
Hier muss ich die Vielfalt loben. Neben der Banane, Kokos und Passionsfrucht gab es noch eine Art Milchreis in einem Schälchen. Für Freude dieser weichen und süßen Variante von Reis eine Wohltat. Die verschiedenen Fruchteiskompositionen erfrischten den Gaumen.
Getränke
Das Restaurant verfügt über eine umfangreiche Getränkekarte. Die große Auswahl an offenen Weinen und Flaschen besticht besonders. Namhafte deutsche Winzer bilden den Schwerpunkt. Zusätzlich werden die Weine vorgestellt und beschrieben.
Mineralwasser Medium 0,75 l – 6,50 €
2015 Johannishof Gutsriesling (0,15 l) - Weingut Knipser – Pfalz - 5,50 €
Wir hatten am Nachmittag noch etwas vor und haben schweren Herzens auf weitere Proben der ansprechenden Getränkeangebote verzichtet.
Fazit
5 – unbedingt wieder. Hier war alles perfekt gewürzt, nicht zu salzig, nicht zu scharf und eine angenehme Süße war teilweise spürbar. Der Küche gelangen herrliche und vielfältige Kombinationen aus den frischen Zutaten.
Der Name des Restaurants (ich bin kein Philologe) könnte ein Wortspiel sein. Joie vie heißt etwa Lebensfreude und viet ist ein Anklang an Vietnam sicherlich: also vietnamesische Freude – für mich war es Genuss pur.
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
Datum des Besuchs: 12. Mai 2017 – mittags – drei Personen