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Also hinein in den schmucklosen Küchen-, Bestell- und Verkaufsraum. Ein junger Mann ist für die Bestellannahme, auch per Telefon zuständig und die Herausgabe an die zahlreichen Abholer. Später serviert er auch mit; hat gut zu tun, der Junge. Vielleicht hängt deshalb die Maske unter der Nase (immerhin nicht mehr, als er an den Tisch kommt). Als er hört, dass wir bleiben wollen, lässt er sich den Impfstatus zeigen, allerdings ohne dazu unsere Ausweise zu verlangen. Ansonsten war das in vier Tagen Heidelberg überall, ob Gastro, Einzelhandel oder Museum, völlige Selbstverständlichkeit.
Hinter ihm wuseln an den Woks insgesamt vier Menschen, darunter auch die Mitinhaberin, wie ein Blick auf die vorbildliche Homepage verrät, deren Angebot dem Realitäts-Check locker stand hält.
Denn wir hielten uns nicht zurück!
Vegetarische Frühlingsrollen für die Dame und solche mit Hühnerfleisch für den Herrn, eine Hühnersuppe in Vorspeisengröße mit Wan Tan aber ohne zusätzliches Fleisch, ein Gurkensalat mit Erdnüssen und Reisbeilage, als Hauptspeisen würziges Chili mit Tintenfisch natürlich auch mit Reisbeilage sowie Bratreis mit Gemüse und Ei. Die Schärfegrade von Null (auf Wunsch der Dame) bis zu zwei von drei. Mit eins konnte ich gut umgehen, bei zwei lief nicht nur der Kreislauf so richtig... Die Schärfe für mich noch gerade erträglich, letztlich auch gut, da noch alles wunderbar zu schmecken war. Dazu ein Chang-Bier und eine Bionade - dafür durften wir per Karte 38,50 Euro plus Pfand berappen. Ich greife vor: Angesichts des Gebotenen sind 5 Sterne noch zu wenig.
Frohgemut wechselten wir schon mit unseren Getränken in der Hand die Räume in die von Maja angedeutete eigentümliche Melange aus Hafenkantine, Wohnzimmer, Bar und Billardhalle.
Meine Liebste enterte einen der blanken Holztische (nebst ebensolchen Sitzmöbeln, immerhin mit Alibi-Polstern) am Fenster, aber wir rückten angesichts der empfindlich gefallenen Temperaturen schnell von der Glasscheibe ab. Zumal das von der Vorkritikerin beschriebene fröhliche Treiben auf dem Parkplatz nicht zu entdecken war; vielleicht verbarg es die hereingebrochene Dunkelheit;-)
Auf dem Tisch gab es dagegen im Abstand von jeweils einigen Minuten die von verschiedenen Angestellten eher schweigsam servierten Leckereien zu entdecken. Dabei regierte das Streetfood-Prinzip: Was fertig ist, wird geschickt! Auf diese Weise kamen erst die beiden Hauptspeisen, dann die zweierlei Rollen, sodann die Suppe und schließlich der Salat.
Was für ein Glück(sfall), denn so war alles frisch, sehr lecker und (bis auf den Salat natürlich) heiß!
Mein Tintenfisch war zart-fleischig gegart und in einer würzigen Sauce auf Sojabasis nicht nur von auf den Punkt gerührtem Gemüse begleitet, sondern eben auch von Kräutern, besonders Thai-Basilikum sowie grünem Pfeffer. So gab es bei aller (natürlichen) umami-Schmackigkeit eben immer wieder würzige und blumige Geschmacksmomente. Ein Zitronenachtel lässt auch auf eine anderes Küchenphilosophie schließen, als ein Tütchen Saft... Das Gericht sieht viel profaner aus, als es schmeckte. Ein deutlicher Unterschied zum Allerwelts-Asiaten mit Glutamat-Einheitsgeschmack.
Meine Frau war mit ihrem vegetarischen Teller ebenfalls zufrieden, für sie hätte das Gemüse einen Tick weicher sein dürfen.
Umgekehrt war’s beim Reis, keine Kritik auf der anderen Tischseite. Bei mir war es wohl der Rest aus dem Kocher - nicht mehr heiß und zumindest ein Teil war schon angetrocknet. Mit dem Salat kam später auch für mich ein dampfender Nachschlag.
Die folgenden Frühlingsrollen - beide Arten frittiert - unterschieden sich nicht nur von der Füllung, sondern auch äußerlich. Die drei vegetarischen meiner Frau klein, meine beiden mit Hühnerfleisch eine Kategorie größer. Alle zweifelsohne selbstgemacht, was nicht nur die unterschiedlichen Formen verrieten, sondern vor allem die nicht ganz gleichmäßige Teigdicke. Bei einer meiner Rollen war wohl ein Endstück eingeschlagen, da kam‘s etwas dicke. Ansonsten aber purer knuspriger Genuss und die Füllung nicht nur optisch vorhanden, sondern eben auch nach Fleisch, Pilzen und Gemüsen schmeckend mit einer leicht duftigen Note.
Die Sauce war eher süß als scharf und kam sicher aus der Flasche. Aber bei 3,7€ für handgemachte Rollen haben wir auch keine Eigenkreation erwartet.
Noch 20 Cent günstiger war die Wan Tan Suppe. Eine Brühe mit feinem Huhngeschmack war mit viel Koriander und Basilikum aromatisiert. Darin Pakchoi, Mungbohnensprossen, Frühlingszwiebel und als Morcheln bezeichnete Mu-Err. Und eben Wan Tans aus phänomenal dünnem Teig. Jenem, aus dem auch Glasnudeln gemacht werden, dafür sprach dieses leicht glitschige Mundgefühl; ich mag das! In der würzigen Füllung dominierten ebenfalls die Wolkenohr-Pilze.
Zum Abschluss gab’s dann noch ordentlich auf die Wärmerezeptoren, aber die Chilli-Schärfe im Gurken-Erdnuss-Salat wurde durch viel Zitronensäure aufgefangen - Erfrischung und „Qual“ in einem.
Den Reis dazu hab ich dann tatsächlich nicht mehr ganz geschafft, verrückt.
Alles in allem verhindern ein paar Schwächen, allen voran der erste Reis, zwar die Bestnote, mehr aber auch nicht, dafür waren die positiven Geschmacks-Erlebnisse, die ich in diesem Ambiente vorurteilshaft nicht erwartet hätte, zu überzeugend.
Bemerkens- und ganz sicher empfehlenswertes thailändisches Bistro am Fuße der Montpellier-Brücke. Bravo!