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Seit November 2018 hat nun auch die Fächerstadt Karlsruhe ihren Sausalitos-Ableger und nach zugekifften Hippies sieht es in der farbenfroh gestalteten Cocktailbar nicht wirklich aus. Die Erfolgsgeschichte dieser kalifornisch-mexikanisch angehauchten Gastroholding, die vor 25 Jahren in Ingolstadt begann, lässt sich heute an über 40 deutschlandweit operierenden Filialen ablesen. Der trendige Mix aus Cocktails, Feierlaune und Tex-Mex-Küche scheint besonders beim jungen Publikum gut anzukommen.
Die Gründe hierfür können nicht am Essen liegen, soviel sei an dieser Stelle schonmal verraten. Vielleicht ist es ja das entspannte kalifornisch-mexikanische Lebensgefühl, das die Gastrokette seiner auf Afterwork, Happy Hour und Urban Streetfood gepolten Klientel verspricht. Der Zweck heiligt ja so ziemlich jeden Lifestyle und da wundert es auch nicht, dass nun auch in der Erbprinzenstraße, in direkter Nachbarschaft zum quirligen Ludwigsplatz, ein trendiger Schuppen mehr am Start ist.
GG-Kollege Simba berichtete vor gut einem halben Jahr vom Sausalitos in Saarbrücken, dessen guter Standort am St. Johanner Markt genau wie in Karlsruhe jede Menge Laufkundschaft ins Lokal zu locken scheint. So war es auch bei uns. Nichts macht ja bekanntlich hungriger als ein ausgedehnter Einkaufsbummel. Um nicht mit leerem Magen dem Karlsruher Einzelhandel anheimzufallen, entschieden wir uns zu einer Spontaneinkehr in der Burrito-Bude.
Es geschah an einem Freitagmittag. Ein paar wenige Tische im bereits geöffneten, aber zu windigen Außenbereich waren besetzt. Im Inneren des Sausalitos herrschte dagegen gähnende Leere. Und eine erstaunliche Ruhe (!). Keine laute Musik drang penetrant aus den Boxen. Es war wie ein kurzes Innehalten vor dem abendlichen Ansturm. Es herrschte eine angenehm entspannte Kneipenatmosphäre, wie man sie von Läden kennt, die bereits am Mittag ihre wenigen Stammkunden mit Bourbon, Tequila und Co. versorgen.
Ähnlich gedämpft – heute würde man eher sagen „gechillt“ – agierten die jungen Servicekräfte, die allem Anschein nach den Status von Aushilfen hatten. Das ist bei Gastroketten keine Seltenheit und in vielen Fällen auch kein wirklicher Nachteil für den Gast, da die Erwartungshaltung von vornherein eine ganz andere ist. Unsere Bedienung war präsent und machte ihre Sache gut. Eine übertriebene Freundlichkeit konnten wir an ihr genauso wenig ausmachen wie eine besondere Hingabe bei der Ausübung ihres (Neben?)-Jobs. Vielleicht hätte sie ihr Outfit vor Dienstantritt überdenken können, aber da man sich im Sausalitos betont unerwachsen gibt, passten die Hotpants zur jungen Dame wie die kitschigen Graffitis an der Wand zum Rest des deutlich „überstylten“ Ladens.
Womit ich schon beim Interieur angelangt wäre. Nun, abends wirkt das alles bei entsprechender Be- bzw. Entleuchtung sicherlich viel heimeliger. Und wenn die ersten hochprozentigen Mischgetränke durch die durstigen Kehlen geflossen sind, wird man sich in der auf „urbanchic“ getrimmten Trink- und Feierhalle bestimmt gut aufgehoben fühlen. Der mächtige Thekenbereich beeindruckt jedenfalls mit einer großen Ansammlung an Spirituellem in Flaschenform.
Etliche, von leidlich bequemen Barhockern umstellte Tresentische bevölkern den von dunklem Holzlaminat bedeckten Boden. Natürlich gehört zu zeitgemäßer Industrieromantik auch eine dunkelgrau gestrichene Decke, von der klobige Hängeleuchten im Vintagelook baumeln. Ein paar Sitzecken mit gepolsterten Wandbänken erschienen mir noch die komfortabelsten Gelegenheiten um sich niederzulassen. Der Rest bestand aus einfachem Holzmobiliar ohne großen Wiedererkennungswert. Zusammen mit den bunt bemalten Wänden wirkte das ansonsten recht sparsam dekorierte Innere des Lokals gewollt cool. Besucher von Freizeitparks werden sich hier wohlfühlen, wirkt doch vieles, was allgemein unter dem Begriff „casual“ grasiert, wie aus der Retorte. Kein abgef*** „Titty-Twister“ wie im eingangs erwähnten Tarantino-Movie. Eher eine Lightversion fürs studierende oder in der Ausbildung steckende Volk, das keinen Hype auslässt.
Auf unserem Tisch lag jede Menge laminiertes bzw. auf Hochglanz bedrucktes „Lesegut“, das uns mit aktuellen Events vertraut machen sollte. Für die Happy Hour (ab 17 Uhr) waren wir zu früh dran. Auch mussten wir ja noch per Kraftfahrzeug der badischen Baustellenmetropole entfliehen. Also nix wars mit Cocktails im Jumboformat für 6,95 Euro.
Viel Werbung um nichts, so könnte man die angepriesenen Tagesaktionen auf eine einfache Formel bringen. Für sparsame Freunde der gefüllten Maistortilla wurde der „Taco-Tuesday“ ins Leben gerufen. Am „Secret Wednesday“ lässt sich für 10 Euronen eine Bremer Konzernpils-Flat erstehen, die man am nächsten Tag bitterlich bereuen wird. Donnerstags dürfen sich dann die „Girls“ preisgünstig unter die Tresentische saufen. Ach Gott, ich wäre als Student hier bestimmt Stammgast gewesen, zumal ein veritabler Burger-Laden („Bratar“) und der schon früher sehr beliebte Krokokeller zum Abhotten gleich nebenan lauern.
Nachdem wir uns durch den Aktions-Dschungel gelesen hatten, ging es ans Bestellen. Dabei ging es mir genauso wie der guten Obacht!, deren Eindrücke vom Sausalitos in Garmisch-Partenkirchen vor ein paar Jahren sich im allgemeinen mit unseren deckten. Ich erspare mir die detaillierte Aufzählung der hier zubereiteten bzw. heiß gemachten Speisen, da sie doch in jeder Filiale gleich sind und beim Besuch der Webseite recht übersichtlich (inkl. Preise, lieber Simba…) gelistet erscheinen. Nur so viel dazu: die Auswahl ist riesig – dementsprechend groß muss das Kühlhaus für deren Aufbewahrung sein.
Den Durst sollte ein hundsgewöhnliches Mineralwasser löschen. Kein rumgeschwängerter Longdrink, kein mit Tequila oder Wodka gemixter Mule und schon gar keiner von den viel zu süß anmutenden Crèmecocktails à la Piña Colada bzw. Private Kowalski. Für den Dreiviertelliter Feinperliges mussten 4,90 Euro entrichtet werden. Karlruhe-Mitte halt.
Dem ersten Hunger wollten wir mit einer pragmatischen Lösung begegnen. Ein 5er Bundle „Streettacos“ (12,90 Euro), die es in Mexiko an jeder Ecke zu erstehen gibt, sollte uns einen ersten Überblick über das Schaffenswerk in Sachen reich garnierter Maisfladen geben. Dabei teilten wir uns die Varianten „Verdura“ (mit gegrilltem Gemüse), „Pulled“ (mit gezupftem Rindfleisch), „Hongo“ (mit Käse, Rinderhack und Champignons), „Cajun“ (mit ähnlichem Belag nur etwas schärfer) und „Cilantro“ (mit Tomaten, Frühlingszwiebeln, Koriander und Limette).
Bis auf die Tatsache, dass die üppig belegten Maisrundlinge eine recht süffige Angelegenheit darstellten und dementsprechend schwierig aus der Hand zu vertilgen waren, waren die auf einem großen Holzbrett mit ein paar Dipsaucen servierten Tacos kein kulinarischer Offenbarungseid und durchaus essbar. Aber ehrlich gesagt hätte dieses Arrangement jeder Hauswirtschaftskurs aus der Mittelstufe ansprechender aufs Holz gelegt bekommen.
Feingeschnittene Zwiebeln bzw. Frühlingszwiebeln hätten die These einer handwerklichen Zubereitung gestützt, waren aber leider genauso lieblos darüber gestreut wie das welke Koriandergrün. Den Rest besorgten die Fertigsaucen aus der Quetschflasche. Eine banale Greenpepper-Sauce und ein opulenter Chili-Cheese-Dip „krönten“ die mit Hack und Pulled Beef getoppten Tortillas. Über die Fleischqualität kann ich nicht viel sagen. Dafür sorgte eine omnipräsente Würze, die geschmackliche Feinheiten herzhaft unter sich begrub.
Nach der geteilten Vorspeise waren wir schon leicht gesättigt und ahnten da bereits, dass das mutige Ordern zweier Hauptgerichte nicht zu unseren besten Ideen an diesem Tag zählen würde. Meine Verlobte hatte sich für die Burrito Bowl (9,90 Euro) entschieden und die kam gänzlich ohne Maistortilla-Verpackung aus. Die Ingredienzien des mexikanischen Fast-Food-Klassikers lagen mit reichlich Limonensauerrahm übergossen in einer Schüssel. Mais, Paprika, schwarze Bohnen, Karotten und rote Zwiebeln wurden hier mit Käse und tomatisiertem Reis kombiniert. So entstand eine stattliche Veggie-Bowl, die weder besonders appetitlich zubereitet war, noch geschmacklich überzeugte. Der Sauerrahmdip beschwor zwar frische Säure, sorgte aber aufgrund seiner zu dick aufgetragenen Darreichungsform für ein recht eintöniges Gaumenerlebnis.
Doch diese Burrito-Bowl konnte es in puncto Mächtigkeit noch nicht einmal ansatzweise mit meiner Quesadilla „Chicano“ (13,50 Euro) aufnehmen. Schon beim Anblick erschloss sich mir deren Name sofort. Man wollte meinen Magen mit Opulenz regelrecht „(s)chic(k)anieren“. Vier mit rotem Reis, Chili con Carne und Käse gefüllte Tortilla-Ecken lagen in den Tiefen des Tellers nebeneinander. Mittendrin im Glasschälchen befand sich mein mit Essig angemachtes Salat-Alibi. Frittierte Farmhouse Potatoes, Sauerrahm und eine rote Salsa ergänzten die zusammengeklappte Monumentalspeise.
Ich schaffte meinen Teller nicht. Und das war nicht allein der Tatsache geschuldet, dass hier weniger deutlich mehr gewesen wäre. Auch ödete mich die nur auf Sättigung ausgelegte Füllung der Tortillas mit jedem Bissen mehr an. „Viel zu trocken und zu fad im Geschmack“, so lautete das vernichtende Urteil meiner Verlobten. Und ich konnte ihr nur beipflichten. Die Farmhouse Kartoffeln waren zwar kross frittiert und nannten ein wenig Würze ihr Eigen, konnten aber ihre „convencience-tionelle“ Herkunft nicht verleugnen. Insgesamt ein Teller für ausgehungerte High-Carb-Junkies, die in möglichst kurzer Zeit viele Kohlenhydrate aufnehmen wollen und dabei auf Gaumenkitzel gerne verzichten.
Verzichten können auch wir. Und zwar auf solches Essen, das weder besonders schmeckte, noch von frischem Wareneinsatz kündete. Da bin ich ganz bei GG-Kollegin Obacht!, die das Ganze als „reine Nahrungsaufnahme ohne Glücksgefühle“ sehr treffend beschrieb. Einen kreidebleichen Burrito-Molch hatte ich zwar nicht auf dem Teller liegen, aber genauso leblos und langweilig fielen unsere Speisen aus. Klingt irgendwie entbehrlich? War es auch.
Ich musste ganz beiläufig an den bereits erwähnten Texas-Ranger Earl McGraw denken und stimmte ihm insgeheim zu.