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Auch wenn ich „astrein“ als Name für ein Restaurant zunächst etwas ungewöhnlich und sperrig fand, finde ich heute, dass es durchaus passend ist für das, was Eric Werner seit gut anderthalb Jahren der Selbstständigkeit auszeichnet.
Mit ihm ist eine sehr klassische Küchenlinie in die Spitzengastronomie der Domstadt gekommen, die aber nicht altbacken wirkt, sondern ausreichend zeitgemäß, um Traditionalisten wie Modernisten zu befriedigen. Da sind auch die klassischen hohen Kochmützen ein fast schon so charmanter Anachronismus wie ein Wort, das halt kaum jemand benutzt, aber trotzdem seine Bedeutung hat.
Dies ist mein dritter Besuch im „astrein“ und auch die sehr lohnenden Take Away-Angebote während des Lockdowns haben wir wahrgenommen. Viel geändert hat sich nicht im Angebot. Weiterhin gibt es ein Fleisch-/Fisch-Menü sowie ein vegetarisches Menü in vier bis sieben Gängen (99,-- - 129,--€), wobei die einzelnen Gänge auch à la Carte bestellt werden können. Auch der Tausch einzelner Gänge ist kein Problem.
Wir entscheiden uns heute für sechs Gänge, wobei ich zwei Gänge aus dem vegetarischen Menü einbaue.
Traditionell werden zum Start einige Apéros serviert, diesmal ein recht würziger Windbeutel mit Frischkäse und Apfel, ein verhältnismäßig mildes Cornet mit Paprika sowie ein mit Kräutern abgestäubter Filoteig mit einer Mousse mit deutlicher Estragonnote.
Das Menü startet mit spanischem Thunfischbauch, der mit Soja und Muscovadozucker mariniert ist. Dazu gibt es zweierlei Papaya, süß und grün sowie ein ausgebackenes Shisoblatt. All das ist in sich sehr harmonisch und subtil abgeschmeckt, aber leider schmälern Sehnen im Thunfisch, die das Schneiden schwierig machen, den Genuss ein wenig. Wir essen den Teller natürlich trotzdem auf, geben dies aber als Feedback an den Service. Die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten, da steht Eric Werner mit zwei neuen Tellern am Tisch und serviert uns das Gericht erneut. Diesmal ist die Qualität des Thunfischs deutlich besser und wir genießen die ohnehin schon gute Kombination erneut. Auch wenn wir dies beileibe nicht erwartet oder verlangt hätten, ist alleine für den souveränen Umgang mit unserer Rückmeldung Respekt zu zollen.
Das Tatar vom australischen Weiderind, schön in Quaderform gebracht, lebt vor allem von seinen markanten Mitspielern, einer Essig-Makrele im Geleemantel sowie einem Sorbet von Rucola, was eine tolle kräutrige Note beisteuert. Natürlich verfehlt auch der großzügig bemessene Kaviar seine Wirkung nicht. Ein in Summe sehr leckerer Gang.
Den folgenden Kaisergranat habe ich getauscht, darf aber natürlich auf der Gegenseite probieren. Das Exemplar ist beachtlich fleischig und ist eingefasst von einem sehr fruchtigen Melonensud, einem Salat von kleingeschnittenen Wachsbohnen und einem Eis von Heilkräutern, was eine unerwartet herbe Note in das Gericht bringt. Was widersprüchlich klingt, entpuppt sich als ganz ausgezeichnete Kombination.
Ich habe mich für die Kartoffel-Lauch-Suppe aus dem vegetarischen Menü entschieden. Angesichts der Tatsache, dass es einige Tage zuvor noch deutlich wärmer war und die Suppe da noch im Menü als geeist ausgewiesen wurde, habe ich einfach nicht genau genug gelesen. Die „Vichyssoise“, eine klassische kalte Suppe aus eben diesen Zutaten, war in den letzten Wochen eine unserer Lieblingssuppen und ich war schlichtweg neugierig auf den direkten Vergleich. Diese hier ist nun allerdings heiß und hat damit einen ganz anderen Charakter, ist aber nicht minder geschmackvoll. Als Einlage dienen Kartoffelscheiben mit deutlichen Brataromen, tournierte Champignons und eine sehr schöne Royale vom Trüffel.
Wenn auch nicht die kalte klassische „Vichyssoise“, so ist auch diese hier sehr gut.
Mit einem fabelhaften Stück Wolfsbarsch geht es weiter, auf den Punkt gebraten und mit knuspriger Haut. Sowohl das mit Sepiatinte gefärbte Risotto als auch das knackige Gemüse aus Zucchini und Fenchel, bei dem der Safran deutlich schmeckbar ist, machen sich in diesem mediterran anmutenden Gang ganz außergewöhnlich gut, der eindeutig zu den Highlights an diesem Abend gehört.
Sehr gut auch das Bisonfilet auf einem Maisrelish, das eine Textur ähnlich eines Risottos liefert. Mit Mirabellen und Steinpilzen kommen weitere herbstliche Komponenten ins Spiel, die sich harmonisch einfügen. Die wunderbar glänzende und geschmacksintensive Cassisjus bezeugt erneut das ausgezeichnete Handwerk, das sich hier durch alle Gänge zieht.
Von den beiden Desserts im Menü wählt mein Mann das Tartelette von der Zartbitterschokolade. Eric Werner umgeht die Gefahr, dass es zu eindimensional oder mächtig werden könnte, mit einem frisch säuerlichen Sorbet von Orange und Buddhas Hand. Im „astrein“ muss niemand erwarten, mit avantgardistischen Dessertkreationen verwirrt zu werden. Auch die Süßspeisen folgen hier einer sehr klassischen Basis, sind dabei aber nie zu süß. Traditionell und gut.
Mir ist heute nach einem herzhaften Abschluss und daher wähle ich aus der vegetarischen Alternative den warmen, geschmolzenen Epoisse mit einem Schaum vom Blumenkohl, der sich eher dezent im Hintergrund hält. Deutlicher dafür die Zwiebelmarmelade und die Wasserkastanien, die vor allem eine knackige Textur beisteuern. Als Freund zubereiteter Käsegänge bin ich mit dieser Wahl sehr zufrieden.
Aber auch ich komme noch in den Genuss von einigen Süßigkeiten, denn es folgt mit dem gelierten Champagnersüppchen mit Himbeersorbet und Beeren noch ein kleines Nach-Dessert. Sehr fein auch die Praline mit Bergamotte und das Gelee mit Joghurt. Sehr saisonal und auch erfreulich rustikal wird es zum finalen Abschluss noch mit einem Stück sehr guten Zwetschgenkuchens.
Eric Werner hat mit dem „astrein“ offenbar einen Nerv getroffen. Sein Restaurant ist gut gebucht, die Gerichte sind von handwerklich makelloser Qualität, was sicherlich auch mit seinem Anspruch an beste Produkte zu tun hat.
Im Service scheint es Wechsel gegeben zu haben. Freundlich und aufmerksam war er immer, aber bei den ersten Besuchen agierte er doch recht burschikos. Diesmal jedoch machte alles einen viel passenderen und dem Anspruch des Restaurants angemesseneren Eindruck.
So ist die Gesamtleistung, auf und neben dem Teller, tatsächlich astrein.
Bericht wie immer auch auf meinem Blog: http://tischnotizen.de/astrein-koeln-2/