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Alle Jahre wieder, das trifft es ziemlich genau. Immer am ersten Advents-Samstag fahren Fräulein, meine Schwiegereltern und ich in die saarländische Landeshauptstadt. Gerade an diesem Samstag gibt es neben dem Christkindlmarkt den noch den interessanteren Adventsmarkt auf der anderen Seite der Saar, der sich zum Schloss hochzieht. Immer gut besucht und gerne von meinem Fräulein mitgenommen.
Früher fuhren wir als schon um acht mit der Bahn los um ausgiebig zu bummeln, gegessen wurde dann meist im Stiefel Brauhaus. Seit ein paar Jahren fahren wir nun mit dem Auto, bummeln nicht mehr so viel und gehen dafür zum Abschluss ins italienische Ristorante Michelangelo. Mein Schwiegervater schwört auf das Lokal und freut sich immer wie ein kleiner Bub, wenn er dort ist. Auch wenn er immer das gleiche Menü isst…
Natürlich hatte er für diesen Tag schon Wochen vorher reserviert. War zwar auch diesmal nicht nötig, bei den paar Mal, die ich nun dort war, war das Restaurant nie wirklich voll. Selten mehr als acht bis zehn Personen.
Eine viertel Stunde vor der Zeit traf ich mit den beiden Damen vor dem Lokal ein. Es ist nicht weit weg von der Fußgängerzone, direkt gegenüber von dem schönen Rathaus, welches eher an eine gotische Kirche erinnert inklusive Turm. Ein schönes Bauwerk. Da wirkt das Gebäude in dem das Michelangelo untergebracht ist eher nüchtern. Ein auch schon erhabenes Eckhaus, aber eher unscheinbar, genauso der Hinweis auf das Lokal selbst. Gerade im Dunkeln ist man schnell mal vorbeigelaufen, nur ein kleiner Schaukasten mit Speisekarte weist auf ein Restaurant hin. Gut, dass wir es schon kannten….
Der Schwiegervater saß schon drin, hatte sich in der Stadt noch Ringelnatz gekauft und bei einem Glas Wein gelesen. Er hat es nicht so mit ausgiebiger Weihnachtsmarktbummelei. Ich auch nicht, aber was tut man nicht alles als frisch Angetrauter…
Wir gehen also in das Lokal und können erst nach ein paar Stufen im Innern den Gastraum betreten. Da muss man beim ersten Besuch erst mal ordentlich schlucken und den Raum optisch sacken lassen. Hier wird versucht auf edel zu machen, viel Geschnörkel, Stuck, Gold und Prunk, man könnte meinen Harald Glööckler wäre Innenarchitekt gewesen. Alleine mit den Stühlen könnte man sich eine Stunde befassen um alles zu erfassen und zu bestaunen. Und so unbequem wie sie ausschauen sind sie nicht mal… Die Wände klassisch weiß bis auf die eine Stirnwand an der wir saßen, dort ziert ein Auszug des berühmten Deckenfreskos der sixtischen Kapelle – Die Erschaffung Adams detailgetreu (sogar mit Rissen) die Wand. Schon imposant…
Die Tische sind mit großen Decken behangen, weihnachtliche Deko „schmückt“ den Raum, ebenso wie die Kerzen, silberne Platzteller und schön gefaltete Stoffservietten. Dazu liegt schon schweres Silberbesteck für drei Gänge parat. Wasser- und Weinglas nicht zu vergessen, ebenso die Stabkerze.
Wie gesagt, der Schwiegervater saß schon, wir wurden trotzdem freundlich von einem italienischen Kellner, so um die sechzig, begrüßt und empfangen. Nach ein paar kurzen Sprüchen nahm er uns die Garderobe ab und wir gingen zu unserem Tisch. Die Karten wurden uns gleich gereicht und wir durften erst mal sehen.
Die Karte bietet fast alles was auch der durchschnittliche deutsche Italiener anbietet, absetzen will man sich aber wohl mit Angeboten wie Hummer und Austern.
Diverse Salate, typische Vorspeisen (aber kein Carpaccio), drei Suppen (Tomate, Hummer, Fisch) verschieden Pasta und auch ein paar Pizzen. Dazu verschiede Fleischgerichte (Steaks, Schweine- und Putenschnitzel, Lamm) und Fisch. Und natürlich Desserts. Und preislich alles recht human, was die Frage nach „wirklich frischer“ Küche aufwirft. So viel Auswahl kann nur über TK vorgehalten werden. Gerade wenn der Laden so selten voll ist…
Neben dem á la carte gibt es noch ein paar Menüs, eines unter anderem zum selbst zusammenstellen für um die 35€. Im Nachhinein ein wirkliches Schnäppchen! Was mir an der Karte aber nicht gefällt die mangelhafte Auswahl an offenen Weinen. Je einen Weißen, Roten, Rosé. Immerhin gibt es eine recht ansehnliche Weinkarte, doch heute war diese keine Alternative nach schon zwei Glühweinen, einem Fahrer und einer „Wenigtrinkerin“, ohnehin gab es für die Damen vorweg schon einen Prosecco… ich entschied mich dann für den offenen Weißen, einen Chardonnay ohne weitere Bezeichnung, und das auch nur auf Nachfrage erwähnt. Der wusste aber durchaus zu gefallen, ein leichter, gut trockener Weißwein mit frischen Zitrusnoten und keiner Spur von schwerem Holz. Ein zweiter sollte an dem Abend folgen. Fräulein blieb beim Prosecco, der Schwiegervater genehmigte sich zum Ende noch einen vollen, samtigen Nero D’Avola von den Hängen des Ätna, quasi auch ein Glühwein ;-) Das begleitende Wasser war jenes von San Pellegrino, was auch sonst. Preise für all das kann nicht leider nicht nennen, da ich eingeladen wurde, und mir die Preise auch nicht merken wollte / konnte.
Ein Gruß aus der Küche gibt es hier nicht, wäre bei den günstigen Menüpreisen auch noch schöner. Nur ein Korb mit Brot wurde gereicht, welcher im Laufe des Abends auch nochmal erneuert wurde. Da ich an dem Abend wenig bis Garnichts von den anderen Gerichten probiert habe, gehe ich nur ganz kurz auf die Wahl meiner Lieben ein.
Die Schwiegereltern wählten (wie immer) das Menü Michelangelo (68€???), fünf Gänge, als da wären:
Fräulein wählte (mal wieder…) das vegetarische Menü (25€???), vier Gänge:
Ich stellte mir mein Menü aus verschiedenen Möglichkeiten selbst zusammen, insgesamt vier Gänge für um die 35€. Es sollte aber noch etwas dauern, bis es losging, da eine Gesellschaft von zehn Personen erst mit der Bestellung dran war, und der lustige Kellner mit jedem seine Späßchen machen musste. Der zweite, etwas jüngere Herr, erbarmte sich dann und brachte uns die Vorspeisen.
Salat mit Frutti di Mare
Für den Anfang schon mal eine ordentliche Portion. Ein großer viereckiger Teller (natürlich mit Goldrand) in dessen Mitte gemischter grüner Salat lag, übrigens gut angemacht, darauf lagen dann verschiedenst marinierte Stücke vom Tintenfisch und Pulpo. Im Cocktailglas Flusskrebse (die aus der Packung) mit einem sehr guten, fruchtigen Olivenöl beträufelt. Auf einem Gourmetlöffel lagen noch zwei geschälte (juhu) Garnelenschwänze in einem Kräuterdip. Dazu gab es noch ein Stück mild geräucherter Lachs, der mir gut gefiel. Die Würze der einzelnen Komponenten war in Ordnung, geschmacklich auch nicht zu verachten, das Krebsfleisch brauche ich so auch nicht wieder. Was nicht so toll war, das eine Haar welches ich im Salat fand. Bin da zwar nicht so empfindlich, auch wenn es trotzdem nicht passieren darf! 3*
Es dauerte etwas bis die beiden ihre Vorspeisenplatte verputzt hatten, daher wurde auch in Etappen abgeräumt und nach der Zufriedenheit gefragt. Gleichzeitig kam der erste Rosenverkäufer des Abends an unseren Tisch, durfte aber ohne Umsatz wieder raus gehen. Der zweite Gang:
Spaghetti mit Meeresfrüchten
Auch hier wieder eine ordentliche Portion. Die Nudel vom Biss und der Salzung her akzeptabel, die Tomatensoße fruchtig würzig mit frischen Kräutern, dazu Meeresgetier wie Mies- und Venusmuscheln, Tintenfisch und Garnelen. Hier und da eine Cocktailtomate. Ein gutes Gericht, so gerne wieder. 4*
Fräulein hatte die Steinpilznudeln, für meinen Geschmack waren das auch gefrorene Pilze, dennoch akzeptabel, die Soße hatte mir eindeutig zu viel Steinpilzaroma, ich vermute den Einsatz von parfümiertem Steinpilz Öl. Dagegen sahen die offenen Ravioli des Zwei-Personen-Menüs richtig gut aus!
Eigentlich sollten wir danach erst mal aussetzen, da das Sorbet nur für das zwei-Gang-Menü vorgesehen ist, aber wie auch schon in der Vergangenheit bekamen auch ich und Fräulein das leckere Sorbet von der Williams Birne mit einem guten Schuss Williams-Birnen-Brand. Der hatte es echt in sich und das Eis schmeckte auch sehr gut. Lecker! 4*
Dann kam erst mal der zweite Rosenverkäufer. Ich dachte immer die sehen alle gleich aus, aber wenn an einem Abend innerhalb von vier Stunden drei solcher Gesellen neben einem am Tisch stehen, kann man die feinen Unterschiede ausmachen…
Die Hauptgänge machten dann beim Anblick schon satt. Das Rinderfilet Chateaubriand wurde zum Beispiel in einer großen Panne serviert, in dem auch die Beilagen serviert wurden. Das Fleisch sah für meinen Geschmack zu weit gegart aus, nur in der Mitte war noch etwas rosa zu sehen. Der durchgebratene Rand war doch sehr breit. Geschmacklich aber okay.
Fräulein bekam diverses gebratenes Gemüse wie Fenchel, gefüllte Tomaten, Brokkoli, Auberginen und Zucchini, wobei man hier ja nicht viel falsch machen konnte, Salz und Pfeffer waren ausreichend vorhanden. Mein Hauptgang…
Edelfischvariationen
Habe mich erst gar nicht getraut zu fragen was Edelfische sind, hatte auch die Vermutung, dass hier TK-Fisch auf den Tisch kommt, aber mir war einfach nicht nach Fleisch. Und so schlimm kam es dann ja auch nicht. Gut. Saftig und zart gebraten war keiner, aber auch nicht staubig, totgebraten. Es war überall noch leben und auch Geschmack in dem zarten Fischfleisch. Um das Gemüseensemble von Blumenkohl, Brokkoli, Möhren und Kaiserschote (alles knackig arm und gut gewürzt) lagen dann verschiedene gebratene Fischfilets. Wolfsbarsch, auf der Haut gebraten, die aber dann nach unten gelegt :-(, Dorade, Seeteufel, der sogar noch etwas saftig war, dazu etwas Lachs und zwei Stück welche ich nicht wirklich definieren konnte. Geschmeckt hat es aber allemal… 4*
Wäre das Dessert nicht schon im Menü enthalten, ich glaube wir hätten keines mehr bestellt. So kam dann für jeden der gleiche Teller…
Dessert nach Art des Hauses
Eine sehr luftige Nocke eines schokoladigen Schokomousse, war schon sehr fein. Dazu ein Stück Tiramisu mit echtem Biskuitteig und nicht mit besoffenen Babyplätzchen zubereitet. Die Mascarponecreme seeehr cremig, der Kaffeeanteil für meinen Geschmack erstaunlich gering, dafür der Marsala gut schmeckbar. Des Weiteren ein Stück Panna Cotta, nicht zu süß, gerade recht, napiert mit roter Grütze, deren Herkunft ich nicht in dem Lokal vermute. Als frische Komponenten gefielen eine Scheibe Kiwi, eine halbe Erdbeere (ohne Geschmack, welch Wunder), Trauben, eine Scheibe Mango und nicht filetierte Mandarinenscheiben, die aber immerhin ohne Kern aber arg sauer. In Anbetracht dessen, dass wir ja satt waren, war es in Ordnung und dem Menü entsprechend. Mehr als 3,5* kann ich aber nicht geben. Das Tiramisu reist es raus!
Es wurden am Tisch zum Schluss noch zwei Espressi geordert, wobei ich mir dann noch den Cookie schnappte, den ich erst heute Morgen wieder in meiner Jackentasche fand. Zum Glück war der eingepackt. Und auch der dritte Rosenverkäufer ließ sich nochmal blicken. Auch er erfolglos…
Der Bezahlvorgang ging problemlos, die extra Sorbets natürlich nicht berechnet und der Abschied sehr persönlich und mit Handschlag. Da kommt man doch gerne wieder!
Fazit:
Irgendwie hab ich den Eindruck man will in einer anderen Liga spielen, scheitert aber am eigenen Anspruch. Was nicht heißen soll, dass es hier nicht schmeckt oder man nicht viel für sein Geld bekommt. Gerade letzteres ist deutlich widerlegt. Das Essen ist reichlich, schmeckt auch vernünftig und gerade die Menüs sind unverschämt billig gemessen an den Portionen! Ich schwanke zwischen 3,5 und 4 Sternen für das Essen, die Qualität der Produkte dann doch eher die einfache, sprich TK-Variante, der Einsatz von Duftölen und die Convenience-Krebse lassen mich nach unten tendieren. Mit frischen Produkten schmeckt‘s dann doch ne Spur besser! 3,5*
Der Service ist freundlich, schenkt auch mal Wasser nach, fragt zur rechten Zeit nach der Zufriedenheit und hier und da wird auch mal ein Späßchen gemacht. Das wirkt ehrlich und professionell zugleich. Gute 4*
Das Ambiente habe ich oben ja schon ausführlich beschrieben. Man muss es mögen. Mich erschlägt das alles ein bisschen. Immerhin kann man in Ruhe auch mal einen schönen Abend zu zweit verbringen. 3,5*
Die Sauberkeit ist auf den ersten Blick tadellos. Nur unter der hohen Decke sollte man mal die Spinnweben entfernen, dafür sind die ganzen verzierten Stühle und anderen Gegenstände größtenteils frei von Staub und Dreck. Selbst die Toiletten im Keller sind gut gepflegt. Auch wenn nur ein Wasserhahn läuft, gibt es warmes Wasser, Zahnstocher und Mundspülung. Und wenn’s unten länger dauert gibt’s sogar einen Stuhl (zum Sitzen) 4*
Das PLV müsste ich eigentlich ganz oben ansetzen, selbst für den vielen TK-Fisch sind die Preise sehr human. Trotzdem kann und will ich nicht mehr als 4* geben. Wir kommen trotzdem, schon aus Tradition, alle Jahre wieder…
4 – gerne wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder - nach "Küchenreise")