Geschrieben am 18.04.2019 2019-04-18| Aktualisiert am
18.04.2019
Besucht am 23.10.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 133 EUR
An das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern weitere Farbe ins Spiel.
Noch recht in bekannten Gefilden die Rinderleber
die mit leichter Röstung, aber noch deutlich blutig bestimmt nicht überall Begeisterung hervor gerufen hätte. Mir gefällt das allemal besser als durchgebraten; aber sollte der Service da nicht vorsorglich warnen? Unkritisch dagegen das Leber-Paté in Begleitung vom Grafensteiner Apfel in Texturen.
Wunderbar die badische Riesling-Spätlese 2012 von Fendt.
Der nächste Teller hatte Licht und Schatten. Die Kalbskutteln zart, noch besser die famose gekräuterte Hechtfarce, in Form und Farbe an eine Weißwurst erinnernd.
Frittierte Kräuter waren nett, aber die sehr bissfeste rote Bete traf gar nicht meinen Geschmack. Überdies war die Riesling(?)-Sauce sehr salzig geraten.
Untadelig der zweite Riesling des Abends, 2016 von Beurer aus Württemberg.
Dann ging es tatsächlich erstmals in unbekannte Weiten. Nicht mit dem großartigen Chardonnay von Bietighöfer. Den hab ich auf Vermittlung eines geschätzten Pfälzer Schluckspechts selbst im Keller. Auch nicht der zarten Nierchen wegen, bei denen leider das Salz fehlte, das die Kalbskutteln zu viel hatten. Aber Kalbshoden „natur“ (also nicht paniert und gebraten) hatte ich noch nicht probiert.
In Textur und Geschmack den Nieren sehr ähnlich, eher noch zurückhaltender. Dazu im tiefen Teller noch gelierte Rinderconsommé, die am Tisch mit heißem Wasser wieder aufgelöst wurde. Der Sinn erschloss sich mir nicht, allerdings war der Geschmack klasse. Schon fast zu intensiv für die zarten Innereien. Zumal es auch kräftig geröstetes Gemüse mit einem betörenden Duft gab. Eine Erfahrung.
Ebenso wie bei der zweiten Premiere des Abends, Kuheuter.
Geschmacklich ebenfalls dezent, hatte das blättrige Gewebe eine Konsistenz wie ein gekochtes Haschee.
Ein nicht zu kräftiger Petersiliensud gab dem Gericht eine schöne „grüne“ Note und Sellerie in verschiedenen Zubereitungen sorgte für eine schöne Einbindung. Einerseits. Andererseits war eine dicke, kurz angebratene Scheibe kaum zu zerschneiden, geschweige denn mit Genuss zu essen. Zudem noch viel zu penetrant für den feinen Fleischgeschmack. Sehr schade, zumindest teilweise misslungen.
Immerhin konnte der zweite Riesling von Fendt (2012 Neuweierer Altenberg) ordentlich punkten.
Fast perfekt präsentierte sich dagegen das Duo von Lungenragout vom Rind nebst Blutwurst mit schöner Rosmarinnote (leider ohne Foto). Die begleitende Schwarzwurzel war nicht so brutal naturbelassen und daher ebenso passend, wie das gelungene Püree. Dass sich erneut ein Stück (immerhin weicherer) Sellerie auf den Teller gemogelt hatte, nahm ich als Versehen und nicht als Trotzreaktion.
Den angebotenen Grauburgunder von Salwey verschmähte ich und kam so in den Genuss einer Reserve des dänischen Kirschweins, von dem Tischnotizen unlängst berichtete. Mit einer schweren, herben Süße eine wirkliche Entdeckung und mehr als gut zum Gericht passend. Bravo!
Abschließend geschmortes Lammherz
eigentlich mein hiesiges Lieblingsstück. Die reichlichen, rosa geschmorten Tranchen versprachen leckersten Muskelfleisch-Genuss. Aber, was für eine Enttäuschung: Hart und überraschend trocken. An der Zubereitung lag es sicher nicht, aber ein Naturprodukt kann eben auch mal seine Tücken haben. Da ich die Innereien-Möglichkeiten der Küche vollständig ausgereizt hatte, wurden mir sofort nochmals Nierchen als Ersatz für den natürlich nicht berechneten Gang angeboten. Ich tröstete mich derweil mit geschmacklich überzeugenden Kräuterseitlingen, Möhren und Kürbis in einer tiefen Bratensoße.
Das 6-Gang-Menü mit 74€ preiswert kalkuliert, dazu 7,5€ für den Aufschnitt. Die Weinbegleitung schlug mit 42,50€ zu Buche und der Aperitif kostete 9,50€
Fazit: Schade, schade. Bei diesem Besuch gab es neben Highlights und neuen Erfahrungen leider auch ungewohnte Missgriffe der Küche. Das passiert halt mal. Meiner Begeisterung für dieses besondere Restaurant tut das aber keinen Abbruch; ich komme wieder. Es muss ja nicht immer Euter sein...
An das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern... mehr lesen
Herz & Niere
Herz & Niere€-€€€Restaurant03069001522Fichtestr. 31, 10967 Berlin
3.5 stars -
"To boldly go where no man has gone before!" DerBorgfelderAn das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern
Geschrieben am 15.07.2015 2015-07-15| Aktualisiert am
12.08.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu
Herz & Niere
Besucht am 01.07.2015
"Nein, wir sind kein reines Innereien-Restaurant!" Nun, wer mit dem Namen Herz&Niere sein Projekt nicht ungeschickt in diese Nische steuert, muss mit der zunächst leicht enttäuschten Erwartungshaltung mancher Gäste leben. Gastgeber Michael Köhle, aus schwäbischer Gastronomenfamilie stammend und schon mit einem hervorragenden Werdegang als Sommelier versehen, ist das sehr bewusst, wie er am Ende des Abends engagiert erläutert. "From nose to tail", also die Verwertung möglichst aller essbaren Teile des Tieres, ist das Konzept, das er gemeinsam mit Küchenchef und Mit-Gesellschafter Christoph Hauser in der ruhigen Kreuzberger Seitenstraße verwirklicht. Dazu Produkte aus sehr regionalem Anbau, z. B. Fingermöhren, Erbsen, weiße Rübchen und diverse Kräuter aus dem eigenem Garten in Rudow. Oder wie die selbstgepflückten Kirschen von freilebenden Bäumen aus dem Berliner Stadtgebiet. Auch das Entsteinen war offensichtlich nicht Aufgabe von Azubis, wie die verfärbten Finger verrieten. War ihm etwas peinlich. Muss es aber nicht. Authentisch, natürlich und mit hoher Sachkunde, so ist die Stimmung. Spannend, aber entspannt. Dazu trugen die hohen, aber angenehm trockenen Temperaturen bei, die die mit Natursteinen schön gepflasterte und vom Trottoir durch hüfthohe Lorbeersträucher getrennte Terrasse im Laufe des Abends nach und nach füllten. Kräuter auf den Tischen, Efeuranken und historische Holzschnitzereien tun ein Übriges. Und ganz sicher die ebenso professionelle und aufmerksame Betreuung durch Viktoria Kniely, die bereits am Telefon mit charmantem steirischen Akzent glaubhaft machen konnte, dass man sich auf meinen Besuch freut. (Möge es nach diesem immer noch so sein...). Allerdings ließ die Warnung, dass keine Kreditkarten akzeptiert werden, schon auf kein ganz preiswertes Vergnügen schließen. Als ich wegen mangelnder Mitgenießer um nicht zu lange Pausen bat, wurde mir prompt Lesestoff angeboten und später am Abend ein zweites Licht für den Tisch. Ich werte das als Angebot im Hinblick auf meine beklagenswerten Fotoergebnisse. Selbst als ich bat, in die präsentierte Holzschachtel mit Pralinen knipsen zu dürfen, hielt Frau Kniely still. Die Basics waren sowieso alle selbstverständlich. Vielleicht hätte ich mir etwas mehr Führung gewünscht, die Empfehlungen waren doch mehr nach dem "Alles geht - Sie entscheiden"-Motto. Tue ich, aber ein guter Rat hat noch nie geschadet. Vielleicht kannte sie meinen damaligen etwas martialischen Avatar?
Also, nach der erfolgreichen Spontan-Reservierung flotten Schrittes vom Ostbahnhof losmarschiert. Am Kotti einen tiefen Zug wildes Kreuzberg genommen, um dann etwas erschöpft im intellektuellen 61 in das im Souterrain befindliche Restaurant zu lugen. Schöne schlichte dunkle Holzmöblierung, die erkennen lässt, dass der Raum seit vielen Jahren gastronomisch genutzt wird. Eine klare Atmosphäre, die vermittelt, dass hier etwas nicht so Alltägliches passiert. Vielleicht die gute Stube meiner Großmutter, die auf sonntäglichen Enkelbesuch wartet. Die vielen kleinen, kubischen Beleuchtungselemente kontrastieren und sind doch harmonisch. Sie bilden über dem Mittelgang hängend einen klaren Weg durch den Raum und führen auch optisch in den hinteren Bereich, an den sich ein sehr gemütlicher Gesellschaftsraum anschließt. Die dahinter liegenden Toiletten sind recht klein und man sieht den gesprungenen Bodenfliesen die Jahre an. Aber das ist leicht zu verschmerzen, denn die Ausstattung ist neuwertig, ebenso geschmackssicher ausgewählt, wie überhaupt das wenige Interieur im Lokal und alles ist äußerst sauber und frisch.
Auf der Terrasse leider nur Metall-Klappmobiliar aus dem Biergarten mit dünnen Sitzauflagen. Das ist für Menü-Aufenthalte zu wenig. Bei aller Liebe fürs Authentische, der Gast hat schon das Recht, ohne Rückenschmerzen zu genießen. Mit zweifach Kissen hinter Rücken und unter dem Allerwertesten ging's dann einigermaßen. Eingedeckt war auch zurückhaltend. Keine Decke oder Set, aber Stoffserviette. Solides Besteck, ein Wasserglas in Kristall-geschliffen Optik. Das Buttermesser auf einer kleinen Astscheibe abgelegt. Hier halte ich ein Eigenprodukt für denkbar, das Holz war nicht lackiert und roch natürlich.
Ich hatte die Wahl zwischen zwei guten Tischen und entschied mich für die (zunächst) noch ruhige Ecke. Einige, eher zufällig wirkende internationale Gäste, ansonsten viele deutsche Dialekte; berlinerisch war nicht darunter. Die schwäbisch-bayerische Patchwork-Familie am Nebentisch entsprach dem einen oder anderen Klischee und widerlegte es doch: Ganz reizende Leute.
Gegessen und getrunken hab ich auch:
Als Aperitif wurde neben Winzersekten ein zur Temperatur passender White Port auf Eis angeboten. Mit frischer Minze und Scheiben von in Zucker getrockneter Zitrone, dann mit Tonicwater aufgegossen. Hier war bereits zu erkennen, dass Könner am Werk sind. Leichte Bitternote, Frucht, etwas Süße - ein wunderbar erfrischender Auftakt, für 6,5€ sehr freundlich bepreist. Dazu auf Wunsch Leitungswasser in der Karaffe. Mineralwasser wäre mit hochgerechnet 8,7€ zu bekommen gewesen, allerdings nur bei Bestellung von 0,33l-Fläschchen; 0,75l wäre teurer... Immerhin ein selten gesehener MWI von 1,46.
Als Amuse gueule servierte Frau Kniely vier Scheiben Brot: Einfaches Weizen, Lauge, Dinkel-Roggen-Schrot und Malz. Wenn ich richtig verstanden habe, selbst gebacken, jedoch in Kruste und Krume sehr frisch und mit jeweils eigenem, gutem Geschmack. Dazu eine Butter, aufgeschlagen mit "Kürbiskernöl aus der Steiermark. Von der Mama." Von der Mama! - Das Herz welches älteren Herrn schmilzt nicht, wenn eine nette junge Frau so reizend natürlich vom Hof ihrer Eltern spricht? Abgesehen davon gab der steirische Exportschlager der Butter nicht nur Geschmeidigkeit und eine schöne grüne Farbe, sondern auch den richtigen Grad des typischen Ölgeschmacks.
Statt von der bewusst reduziert gehaltenen Karte wählte ich das Menue, das nach Wahl des Gastes zwischen 3 und 8 Gänge umfasst. Möglich ist eine vegetarische Variante (5 Gänge), nur Innereien, ganz ohne oder gemischt mit Fisch und Fleisch. Drei Gänge beginnen bei 38 Euro, für jeden weiteren kommen 9€ Euro hinzu. Ich wählte zunächst 5 Gänge und bezeichnete mich als "experimentierfreudig". (Das hab ich mal in so Kleinanzeigen gelesen.) Zudem bat ich um ein Sorbet vor dem Hauptgang, was grundsätzlich nicht vorgesehen, aber möglich war. Die Annahme war, mit dem Hinweis auf meine "Abenteuerlust" (in Foren gelesen...) mind. drei Innereien-Gänge zu erhalten. Die Küche sah das anders, so dass ich später einen weiteren Gang orderte. Auf der Rechnung fand sich dann etwas überraschend noch einer.
Die gewünschte Weinbegleitung schlug mit 56€ zu Buche, auch hier habe ich nachträglich noch aufgestockt. Die Weinkarte ist von einem Meister-Sommelier zusammen gestellt. Schwerpunkt deutsche und österreichische Weiße. Es bleibt kein Wunsch offen. Die Bouteillen beginnen bei 30€, nach oben ist der Himmel die Grenze. Der Preis für die Einzelflasche 1964er Bernkasteler Doctor Spätlese wird auf Anfrage genannt. Nur mal so, für die Freunde eines gepflegten Mosel-Rieslings...
Während ich nach dem Brot noch auf einen Gruß wartete, mit dem die Küche ihr Können demonstriert, kam der erste Gang. Und zunächst leider eine kleine Enttäuschung. Aber wenn man als Bremer in Berlin in ein Restaurant namens Herz&Niere geht und dann einen Matjes bekommt, ist die Begeisterung nun nicht soooo groß. Zumal wenige Tage nach der Saisoneröffnung und schon etlichen genossenen Exemplaren. Aber natürlich war das schon eine andere Sache, als - Kopf im Nacken - den Fisch am Schwanz gehalten aus der Hand zu verspeisen: Ein mild gesalzenes kleines Filet, festes Fleisch, wenig Fett. Und die Begleiter ließen sich sehen: Mangomus für Frucht und Farbe, Mangold, die ersten Rübchen und als Kräuter Purpurmelde und gebackener (oder frittierter?) Löwenzahn sowie Sonnenblumenkerne, beides für den Biss. Das waren schon ein ordentlicher Auftakt. Der Fisch wurde von einem Weißburgunder von Ziereisen begleitet. Das Markgräflerland hätte ich bisher eher mit Spätburgunder verbunden, aber der spontan vergorene Weiße hat sich gut gegen die kräftigen Aromen behauptet.
Weiter ging's mit einer Holunderessenz, am Tisch angegossen aus der Blümchen-Kaffeekanne. Nein, die war nicht von der Mama, aber von der Tante des Kochs, wenn ich richtig verstanden habe. Eine sehr dunkle, kräftige Brühe, die nicht nur mit Holunder sehr passend fruchtig aromatisiert war. Am Tellerrand auch kandierte Blüten des Hollerbuschs. Als Einlage frische eigene Erbsen, sehr lecker und ein kleines Röschen Brokkoli, nicht mein Favorit. Hauptspieler war aber eine sehr gelungene Maultasche gefüllt mit einer kräftigen Rindfleischfarce von der Claudi, einer 14jährigen Mutterkuh, die vom Herz&Niere im Ganzen gekauft und nun nach und nach verarbeitet wird. Als Begleitung erneut ein badischer Tropfen, ein kräftiger Riesling von Fendt aus der Ortenau. Schön für den Gast, dass die Verbindung zu Jürgen Fendt auch nach der gemeinsamen Zeit im Bareiss offenbar nicht abgebrochen ist.
Ich hatte mangels Begleitung um nicht zu lange Pausen gebeten, das hat die Küche eingehalten.
Als Zwischengang wurde eine Scheibe Zunge auf einem Lunge-Blutwurst-Ragout serviert, begleitet von gegrilltem Romanesco und Scheiben von letztjährigen schwarzen Walnüssen. Dazu (zwei) angebratene Schupfnudeln. Die Zunge war exzellent, das Foto zeigt es wohl. Auch die kleinen Würfel von der Lunge gelungen, durch die Wurst würzig und in einer fein-säuerlichen Sauce. Leider wurde dadurch (?) der südafrikanische Chenin blanc, der mir solo noch sehr geschmeckt hatte, spritig und etwas spitz. Habe ich - auf Nachfrage - auch bemerkt. Der Meister war beleidigt und strafte mich mit zwischenzeitlicher Nichtbeachtung. Aber: Jede Wahrheit braucht einen Mutigen...
Das eingeschobene Sorbet war von Rhabarber, von dezenter Säure und Farbe. Dazu wurde ein Wodka angeboten. Eine gute Idee, die ich gleichwohl verweigerte, da hochwertiges Hochprozentiges bei mir eher vergeudet ist. Mein Zögern auf die Frage wurde dann auch gleich richtig interpretiert und die Flasche kam gar nicht erst bis an den Tisch.
Überraschend folgte eine Einstimmung auf den Hauptgang in Form einer kleinen Blutwurst mit Herz (wörtlich, natürlich), angerichtet auf einem Bett aus Graupen und von Mangold begleitet. Netter Zug der Küche (dachte ich). Ein kräftiger runder Gang, zu dem erneut ein Weißburgunder gereicht wurde, jedoch aus dem Burgenland, der nach 12 Monaten auf altem und neuem Holz kräftig genug war.
Der Hauptgang war ein Medaillon vom Rehbock auf einer Scheibe einer (anderen) angebratenen Blutwurst. Das Fleisch war ein Gedicht. Dazu Fingermöhren aus dem Garten, sehr leckerer Süßkartoffelstampf und insbesondere die selbst gesammelten Süßkirschen, deren süße Frucht wie erwartet ausgezeichnet mit dem Wild harmonierte. Genauso, wie die in der Karaffe dekantierte italienische 2012er Cuvée, die als cabernet-lästig angekündigt wurde. Leider konnte ich mir weitere Details nicht merken. Ein wirklich gelungener Gang.
Mit meiner Bitte eines weiteren Gang mit Innereien wurde die Weinbegleitung etwas knifflig, denn Herr Köhle wollte zu den zweierlei Lebern (Rind und Zicklein) nicht mehr zurück in den weißen Bereich gehen. Die angebotene dekantierte Traube konnte ich nicht erschmecken, kein Wunder, Schwarzriesling (vom Württemberger VDP-Weingut Schnaitmann) hatte ich noch nicht oft im Glas. Beide Stücke Leber waren tadellos pariert und von eher fester Struktur, nicht schmelzend. Geschmacklich Rind sehr lecker, von der Ziege hatte ich mir mehr versprochen. Herr Köhle verwies darauf, dass es eben ein noch nicht mal einjähriges Tier gewesen sei, auch wenn man nur Böcke verwende. Beilage eine dicke Scheibe Kartoffel, ein frisches Rübchen und selbst fermentiertes Fasskraut mit einer ganz feinen Säure. Famos. Ebenfalls ein sehr zufrieden stellender Gang. Insbesondere bei Kartoffel und Gemüse stellte sich bei mir ein gustatorisches Wiedererkennen ein: Ja, so schmeckt ein frisches Rübchen, eine neue Kartoffel, die am selben Morgen aus der heimatlichen Erde gekommen ist.
Wie inzwischen vermutet, gab es kein Tralala wie Pre-Dessert. Schade, eigentlich.
Als Dessert ein Eis von Sauerteig mit Vanille-Brombeer-Biskuit und Brombeere. Tropfen und Kräuter habe ich leider ebenfalls vergessen. Kein herausragender, aber ein guter letzter Gang. Das Eis mit dem Geschmack von Brotteig hat überzeugt, auch die Früchte. Schade fand ich, dass die Komposition in der tiefen dunklen Schale optisch fast verschwand. Das Foto täuscht da nicht. Hier wäre ausnahmsweise mal die Schieferplatte die bessere Wahl für die Präsentation gewesen.
Obwohl ich insgeheim auf den Ruster Ausbruch gehofft hatte, war ich letztlich von der Weinauswahl begeistert: fruchtsüßer Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett von Molitor mit noch genügend Säure, zu kräftigem Teig-Eis und Beeren eine überzeugende Wahl.
Den angebotenen Kaffee lehnte ich zu fortgeschrittener Stunde ab. Aber die hausgemachten Pralinen hatten mich neugierig gemacht. In einer Holzkiste wurden sehr ansprechend drei Sorten präsentiert von denen ich braune Butter und - den Abend über Aperitif und Suppe rund abschließend - letztmalig Holunderblüte wählte. Beide Süßigkeiten schmackhaft ohne allzu große Begeisterung auszulösen.
Auch einen der angebotenen feinen Brände konnte ich leichten Herzens ablehnen. Statt dessen musste ich doch bei den Dessertweinen zuschlagen und gönnte mir noch ein Gläschen von Herrn Fendt, der neben dem Gut in Baden auch in Mosellagen erntet. In diesem Fall eine 2011 Riesling Auslese von der Klüsserather Bruderschaft. DAS war ein perfekter Abschluss!
Fazit zum Essen: Hier wird nicht viel rum gequatscht, sondern (überwiegend -Matjes!) regionale Spitzenprodukte ganz frisch und ohne Chichi auf den Teller gebracht. Gut so. Mir hat alles geschmeckt, aber im Gegensatz zu den Weinen persönlich bei den meisten Tellern der Kick, das Besondere gefehlt.
Insbesondere bei den aufgerufenen Preisen - und damit zum PLV, mit dem ich nicht ganz einverstanden war.
Bei den Weinen sind ca. 9€ für (stets großzügig eingeschenkte) 0,1l wahrlich kein Schnäppchen, aber angesichts der teilweise großartigen Qualitäten immerhin noch angemessen. Das 3-Gang-Menue für 38€ und jeder weitere Gang für 9€ klingen sehr günstig, aber das relativierte sich schon angesichts der Mengen. Man werfe mir bitte nicht vor, ich gehörte wohl zur Hauptsache viel!-Fraktion, aber teilweise waren es gerade zwei Löffel oder Gäbelchen. Letztlich ist das Preis-Empfinden ja auch immer eine Sache des Gesamtpakets. Hier gibt es einige Schnitzer, die ich sicher nicht mit dem klischeehaften Hinweis auf die schwäbische Herkunft kommentiere. Aber ein Amuse neben dem Brot darf man schon erwarten, vielleicht auch eine Kugel Sorbet, wenn dieses als Dessert sowieso vorrätig ist. Auf der Rechnung fand sich - kommentarlos - dann ein Gang mehr, als bestellt. Erst auf hartnäckiges Nachfragen kam heraus, dass das Sorbet nicht gesondert berechnet wurde, sondern zusammen mit der Herz-Blutwurst auf Graupen als ein weiterer Gang. Das mag im Ergebnis wirtschaftlich sogar fair sein. Wobei mir hinsichtlich der Erfrischung auch eine andere Lösung eingefallen wäre, s.o. So oder so, es stillschweigend auf die Rechnung zu setzen, ist aus meiner Sicht eine Unhöflichkeit. Und schließlich die beiden Pralinen mit je einem Euro zu berechnen, ist nach meinen Maßstäben bei einer Kasse von über 140€ für eine Person mehr als kleinlich. Solche Aufmerksamkeiten müssen in der Kalkulation drin sein, jedenfalls, wenn man dem Gast ein Gefühl von Wertschätzung vermitteln will. Muss man ja aber nicht wollen.
Trotz dieser Holperigkeiten hatte ich einen schönen, von Gesprächen und Kulinarik her interessanten Abend, so dass ich dem Herz&Niere einen anhaltenden Erfolg wünsche. Dann könnte wohl auch leichter eine gewisse wirtschaftliche Großzügigkeit eintreten.
"Nein, wir sind kein reines Innereien-Restaurant!" Nun, wer mit dem Namen Herz&Niere sein Projekt nicht ungeschickt in diese Nische steuert, muss mit der zunächst leicht enttäuschten Erwartungshaltung mancher Gäste leben. Gastgeber Michael Köhle, aus schwäbischer Gastronomenfamilie stammend und schon mit einem hervorragenden Werdegang als Sommelier versehen, ist das sehr bewusst, wie er am Ende des Abends engagiert erläutert. "From nose to tail", also die Verwertung möglichst aller essbaren Teile des Tieres, ist das Konzept, das er gemeinsam mit Küchenchef und... mehr lesen
Herz & Niere
Herz & Niere€-€€€Restaurant03069001522Fichtestr. 31, 10967 Berlin
4.0 stars -
"Herz und Leber geprüft: Empfehlung!" DerBorgfelder"Nein, wir sind kein reines Innereien-Restaurant!" Nun, wer mit dem Namen Herz&Niere sein Projekt nicht ungeschickt in diese Nische steuert, muss mit der zunächst leicht enttäuschten Erwartungshaltung mancher Gäste leben. Gastgeber Michael Köhle, aus schwäbischer Gastronomenfamilie stammend und schon mit einem hervorragenden Werdegang als Sommelier versehen, ist das sehr bewusst, wie er am Ende des Abends engagiert erläutert. "From nose to tail", also die Verwertung möglichst aller essbaren Teile des Tieres, ist das Konzept, das er gemeinsam mit Küchenchef und
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Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern weitere Farbe ins Spiel.
Noch recht in bekannten Gefilden die Rinderleber
die mit leichter Röstung, aber noch deutlich blutig bestimmt nicht überall Begeisterung hervor gerufen hätte. Mir gefällt das allemal besser als durchgebraten; aber sollte der Service da nicht vorsorglich warnen? Unkritisch dagegen das Leber-Paté in Begleitung vom Grafensteiner Apfel in Texturen.
Wunderbar die badische Riesling-Spätlese 2012 von Fendt.
Der nächste Teller hatte Licht und Schatten. Die Kalbskutteln zart, noch besser die famose gekräuterte Hechtfarce, in Form und Farbe an eine Weißwurst erinnernd.
Frittierte Kräuter waren nett, aber die sehr bissfeste rote Bete traf gar nicht meinen Geschmack. Überdies war die Riesling(?)-Sauce sehr salzig geraten.
Untadelig der zweite Riesling des Abends, 2016 von Beurer aus Württemberg.
Dann ging es tatsächlich erstmals in unbekannte Weiten. Nicht mit dem großartigen Chardonnay von Bietighöfer. Den hab ich auf Vermittlung eines geschätzten Pfälzer Schluckspechts selbst im Keller. Auch nicht der zarten Nierchen wegen, bei denen leider das Salz fehlte, das die Kalbskutteln zu viel hatten. Aber Kalbshoden „natur“ (also nicht paniert und gebraten) hatte ich noch nicht probiert.
In Textur und Geschmack den Nieren sehr ähnlich, eher noch zurückhaltender. Dazu im tiefen Teller noch gelierte Rinderconsommé, die am Tisch mit heißem Wasser wieder aufgelöst wurde. Der Sinn erschloss sich mir nicht, allerdings war der Geschmack klasse. Schon fast zu intensiv für die zarten Innereien. Zumal es auch kräftig geröstetes Gemüse mit einem betörenden Duft gab. Eine Erfahrung.
Ebenso wie bei der zweiten Premiere des Abends, Kuheuter.
Geschmacklich ebenfalls dezent, hatte das blättrige Gewebe eine Konsistenz wie ein gekochtes Haschee.
Ein nicht zu kräftiger Petersiliensud gab dem Gericht eine schöne „grüne“ Note und Sellerie in verschiedenen Zubereitungen sorgte für eine schöne Einbindung. Einerseits. Andererseits war eine dicke, kurz angebratene Scheibe kaum zu zerschneiden, geschweige denn mit Genuss zu essen. Zudem noch viel zu penetrant für den feinen Fleischgeschmack. Sehr schade, zumindest teilweise misslungen.
Immerhin konnte der zweite Riesling von Fendt (2012 Neuweierer Altenberg) ordentlich punkten.
Fast perfekt präsentierte sich dagegen das Duo von Lungenragout vom Rind nebst Blutwurst mit schöner Rosmarinnote (leider ohne Foto). Die begleitende Schwarzwurzel war nicht so brutal naturbelassen und daher ebenso passend, wie das gelungene Püree. Dass sich erneut ein Stück (immerhin weicherer) Sellerie auf den Teller gemogelt hatte, nahm ich als Versehen und nicht als Trotzreaktion.
Den angebotenen Grauburgunder von Salwey verschmähte ich und kam so in den Genuss einer Reserve des dänischen Kirschweins, von dem Tischnotizen unlängst berichtete. Mit einer schweren, herben Süße eine wirkliche Entdeckung und mehr als gut zum Gericht passend. Bravo!
Abschließend geschmortes Lammherz
eigentlich mein hiesiges Lieblingsstück. Die reichlichen, rosa geschmorten Tranchen versprachen leckersten Muskelfleisch-Genuss. Aber, was für eine Enttäuschung: Hart und überraschend trocken. An der Zubereitung lag es sicher nicht, aber ein Naturprodukt kann eben auch mal seine Tücken haben. Da ich die Innereien-Möglichkeiten der Küche vollständig ausgereizt hatte, wurden mir sofort nochmals Nierchen als Ersatz für den natürlich nicht berechneten Gang angeboten. Ich tröstete mich derweil mit geschmacklich überzeugenden Kräuterseitlingen, Möhren und Kürbis in einer tiefen Bratensoße.
Das 6-Gang-Menü mit 74€ preiswert kalkuliert, dazu 7,5€ für den Aufschnitt. Die Weinbegleitung schlug mit 42,50€ zu Buche und der Aperitif kostete 9,50€
Fazit: Schade, schade. Bei diesem Besuch gab es neben Highlights und neuen Erfahrungen leider auch ungewohnte Missgriffe der Küche. Das passiert halt mal. Meiner Begeisterung für dieses besondere Restaurant tut das aber keinen Abbruch; ich komme wieder. Es muss ja nicht immer Euter sein...