Geschrieben am 16.11.2016 2016-11-16| Aktualisiert am
25.12.2016
Besucht am 30.08.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Mein erster Besuch im kleinsten 5-Sterne-Hotel Deutschlands war wie ein Ausflug in 1000 und eine Oligarchen-Nacht. Siehe meine erste märchenhafte Geschichte, aka Kritik. Inzwischen haben aber wohl doch betriebswirtschaftliche Grundsätze Einzug gehalten. Weniger Personal, aber immer noch reichlich für den einzigen "echten" Gast (die Inhaber hatten privaten Besuch). Freundlich, engagiert, aber ein Kaffee ans Bett wurde nicht mehr angeboten. Dafür ist der Küchenchef am nächsten Morgen extra früher gekommen, um eine (vorzügliche) Sauce Hollandaise für meine geliebten Eggs Benedict aufzuschlagen. Beim Frühstück entdeckte ich eine Marmelade aus Kornelkirschen. Diese Frucht hatte ich überhaupt erst einige Tage vorher kennenlernt, als ich meinen Nachbarn beim Beeren pflücken im Park antraf. Seines Zeichens Apotheker lobte er den Vitamin C-Gehalt der Frucht. Als ich die kleine Geschichte erzählte, erhielt ich ein Glas von der Leckerei als Reisegeschenk. Großzügig. Dafür sind Obstteller und Drinks for free auf dem Zimmer verschwunden, diese aber immer noch mit viel Liebe zum Detail eingerichtet
Fußläufig zum kleinen Bahnhof von St. Ingbert gelegen, ist man in weniger als 20 Minuten am Hauptbahnhof in Saarbrücken. Ich würde und werde stets wiederkommen.
Was auch an der erneut sehr guten Leistung der ebenfalls neuen Restaurantcrew lag.
Beeindruckend von Statur und Auftreten Nicola Cupelli, der seine Rolle als charmanter italienischer Gastgeber ("Dottore! Cavaliere!! Condottiere!!!") mit Herzlichkeit und angenehmer Selbstironie gab, vor allem aber mit absoluter Aufmerksamkeit. Als der vom Haus spendierte Prosecco nicht konvenierte, wurde sogleich eine Flasche Cava geöffnet (die mich, nach einer Nacht unter Gasverschluss, noch durch den Vormittag im Gartenstuhl begleitete). Neues Brot, aber sicher. Und als ich ob des noch sehr jungen, mIlden Pecorino nur die Stirn runzelte, eilte Nico schon in die Küche für gut gereifte Ware. Ein beeindruckender Beobachter und unterhaltsamer, gesprächiger Gastgeber, mit dem Gefühl für das richtige Timing. Am Ende des Abends suchten und fanden wir auf den Satellitenbildern der großen elektronischen Mappe seine Grundschule in Cosenza. Dazu rauschten zwar nicht die Busentowogen, aber die Pumpe des kleinen Gartenteichs (schlafen Goldfische eigentlich immer mit dem Bauch nach oben?). Ein jüngere Kollege, der mich schon an der Rezeption begrüßt hatte, war noch etwas unsicher, aber extrem bemüht. Volle Punktzahl.
Zur Einrichtung des Hauses und des Salons habe ich schon berichtet. Diesen Sommerabend konnte ich komplett auf der Terrasse verbringen. Dunkelgraues Gartenmobiliar aus durablem Kunststoff und Metall. Die Mittellehner mit Plastikgewebe bespannt. Mit meinem "üblichen" Kissen wurde für mehrstündige Bequemlichkeit gesorgt. Auf dem großen, farblich passenden Platzset war zurückhaltender eingedeckt, als im Inneren des Restaurant. Für den eher kleinen Tisch vorteilhaft, erst recht mit den großen Menuekarten. Spielereien, wie Gläser mit rundem Boden sind verschwunden, leider auch die durchaus beeindruckende Wasserkarte, mit mehr als 10 Varietäten. So kam statt Perrier zunächst nur Aqua panna ins Glas.
Dazu der besagte, bernsteinfarbene Rabetllat i Vidal aus dem Penedes, eher ein süffiger Cava für alle Tage. Gleichwohl eine Einladung, die ich gerne angenommen habe.
Während ich noch die Karte durchstöberte, wurden vier Scheiben zugekauftes Brot
gereicht, das erst trocken, nach erfolgtem Ersatz immer noch kein großer Genuss war. Wehmütig dachte ich das pan carasau des ersten Besuches. Immer noch im Angebot war die schön kräftige Trüffelbutter
Wie schon beim letztlich traumatischen Vorabend im Essener La Grappa wollte ich mich nicht von der Karte gängeln lassen und bestellte "freihändig" auch ein paar Klassiker:
Gemischter Aufschnitt mit Käse
Carpaccio von der Jakobsmuschel
Carne cruda
Gebratene Steinpilze
Tortelli mit Wolfsbarschfüllung in Safransauce
Seezungenröllchen mit Wildreis und Sauce cardinal
Gebratenes Kalbsfilet
Durch dieses Menue der eher feinen Aromen sollte mich einer meiner italienischen Lieblingsweine begleiten, ein Vermentino aus der sardischen Gallura. Soweit ich weiß, die einzige DOC-Appellation dieser Traubensorte. Eine Fruchtbombe in der Nase, und es machte mich fast wahnsinnig, bis ich endlich das intensive Bukett reifen Galiamelonen zuordnen konnte.
Die Entscheidung über Dessert oder Käse (es sollte anders kommen...) wollte ich noch etwas verschieben und wartete gespannt der Genüsse aus dem Land der blühenden Zitronen.
Die Küche schickte mir zunächst als Appetithappen Thunfisch mit Pistazienkruste sowie Gurken- und Radieschenmus Amuse Thunfisch mit Pistazienkruste
Das schön farbenfrohe, auch kreative Amuse enttäuschte mich mit recht wenig geschmacklicher Kontur. Vom Fisch war gar nichts zu merken, auch Würze Fehlanzeige. Am ehesten kam eine Assoziation von Gemüse-Smoothie mit Nüssen auf. Gegenüber dem Allerweltsbrot immerhin ein kleiner Fortschritt.
Aber schon legte die Küche mit dem italienischsten aller Menue-Eröffner los, gemischter Aufschnitt und Käse Salami, Schinken, Speck und toller Pecorino
Der San Daniele sehr gut, der Tiroler Speck noch besser. Keine Mortadella, aber die Salami Milanese nur einen Tick talglastig, um Längen besser als am Vortag in der Essener Promi-Geisterbahn. Der Pecorino erst völlig geschmacklos, aber da zauberte der gute Nicola ja schon die gelagerte Ware hervor: Andere Welt, intensives Schafmilcharoma. Gerade die richtige Härte zum Knabbern. Clou des Tellers indes die gerollten Streifen von eingelegter Paprika und Aubergine, die einen Hauch von Balsamico mitbrachten und ein paar Tropfen Olivenöl. Von allem jeweils zwei, drei Scheiben, so kann das weiter gehen.
Und es ging!
Carpaccio di Noci de Capesante Carpaccio von der Jakobsmuschel
da fiel mir die Kinnlade runter. Rohe Ware von beeindruckender Qualität. Süßer Geschmack, trotz dünnster Scheiben. Wieder das Olivenöl in exakter Dosierung. Die Filetstücke von der süßen Orange nicht nur optisch eine perfekte Ergänzung, die Johannisbeeren erfreuten das Auge, an den Gaumen ließ ich sie vorsichtshalber nur in kleinsten Dosen. Perfekter Teller.
Jetzt wurde es mit dem rohen Carne Cruda vom Kalb etwas kerniger. Rohes Kalbsfilet in Scheiben (Carne cruda)
Frisch aufgeschnitten ging es mit dem gehobelten Trüffel und den fantastisch süßen roten Tropea-Zwiebeln eine wunderbare saftige Liason ein. Einziger Nachteil: Das Kalb war kaum dicker als für ein Carpaccio geschnitten und konnte meine erwachte Lust auf FLEISCH! nicht ausreichend stillen.
Was will ich Käse, will ich Nachtisch! Ein Tatar muss her!
Und es ist ja von Vorteil, wenn die Küche nur für dich tätig ist: Obwohl außer der Reihe bestellt, stand in Windeseile das Rindfleisch vor mir. Frisch mit dem Messer geschnitten. Saftig. Mit selbst gemischter Cocktailsauce schon leicht pikant angemacht und in runde Form gebracht serviert. Dazu getoastete, entrindete Weißbrot-Dreiecke
{Foto_179980
So einfach, so Fleisch, so gut.
Aber auch vegetarische Genüsse können glücklich machen und nicht immer ist Fleisch mein Gemüse: Also nach der insoweit eher mauen Vorstellung im bekannteren Revier - St. Ingbert hat übrigens einen Museumsstollen, der Steinkohlebergbau an der Saar wurde erst 2008 eingestellt - erneut mein Wunsch nach Fritto di Porcini Ausgebackene Steinpilze
Und dieses Mal ein Volltreffer bzw. auf gut monnemerisch: Toll, toll, toll! Dicke Scheiben von wunderschönen Exemplaren. Mehliert und in einer Butter-Öl-Mischung leicht knusprig angebraten. Dazu sanft gezogener schmelzender süßlich-würziger Knoblauch. Die italienische Küche ist eine der besten der Welt, wenn sie produktfokussiert bleibt!
Die Wolfsbarschfüllung war geschmacklich völlig präsent. So intensiv habe ich das selten erlebt. Im Gegenteil, schon in gefühlt Legionen fader Nudelfüllungen verzweifelnd nach einem Aroma gesucht. Mit dem Anschnitt
erhob sich zudem ein würziger Kräuterduft. Ist das Minze? Aber ja! Dazu Pecorino, Eier, Salz und fertig ist das perfekte Nudelgericht.
Als Fischgang Seezungenröllchen aufgestellt und mit Queller (Salicornes) als Füllung Seezungen auf Sauce Cardinal
Mit der leuchtend karmesinroten Sauce cardinal ein optisch überaus gelungener Teller in den italienischen Landesfarben (plus dunklen Wildreis, na gut). Das einzige Gericht, das mich nicht in allen Belangen überzeugte, ohne, dass hier von "schwächer" zu reden gewesen wäre. Die Filets waren nicht übergart, eines war etwas trockener als die anderen. Alle solo von typischem, feinem Geschmack. Der allerdings gegen die salzigen Algen unterging, von den schlicht zu viele eingerollt waren. Zu salzig für meinen insoweit zurückhaltenden Geschmack auch die samtige Sauce, der zudem die vermutlich verwendete Krebsbutter leider kein Krustentieraroma beigeben konnte. Auch eine pikantere Note wäre fein gewesen. Perfekt in allen Beziehungen dagegen der sehr heiß servierte Wildreis.
Vor dem Fleisch schickte die Küche zur Erfrischung des Geschmackssinns ein immens cremiges, etwas herberes Zitroneneis
Positiv überrascht war ich auch von der sehr milden Säure, so dass ich mal auf gut Glück Amalfizitronen vermutete. Tatsächlich war Limoncello verwendet worden; immerhin teilweise richtig geraten, das freut ja doch.
Als Höhepunkt stellte sich dann das Kalbsfilet heraus Kalbsfilet am Stück
Schon der Duft ließ mir das Wasser im Munde zusammen laufen. Perfektes Fleisch, schöne Röstnoten, im Anschnitt medium
wie ich Kalb mag. Sehr zart, aber auch sehr saftig mit einem nicht entfernten Fettrand, der auf der Zunge schmolz. Ein wenig toskanisches Olivenöl dazu angegossen, Salzflocken darauf und zurückhaltend gemahlener Pfeffer. Ich war im Paradies! Kräuter waren schon - sparsam - mit angebraten worden. Eine Auswahl lag auch auf dem Teller, zugleich Deko und DIY-Bausatz, den ich beim Rosmarin auch nutzte. Selbst das Gemüse war korrekt gegart, erfreulich anzusehen und jeweils mit Wiedererkennungswert am Gaumen.
Trotz wenig zartem Körper musste ich nach dieser Fleischeslust ein Dessert natürlich empört ablehnen.
Aber ersatzweise könnte doch ein Gläschen Passito für einen süßen Abschluss sorgen, so mein Plan. Nico bedauerte, nicht vorrätig. Schade. Aber ob es auch ein Sauternes
sein dürfe? Juhu! Und der war -Kunststück - gar nicht mal schlecht, mindestens gutes Mittelfeld. Und Cantucci gab es auch dazu. Beides auf Kosten des Hauses, wie ich später anhand der Rechnung bemerkte.
Zum abschließenden, in der heißen Tasse servierten und ansonsten nicht weiter erwähnenswerten Espresso Lungho wurde mir noch Schokolade angeboten. Aber man muss auch mal Nein! sagen können...
So endete ein überaus erfreulicher, netter Abend mit Köstlichkeiten aus der italienischen Küche.
Die gastronomische Leistung sehe ich wegen der genannten Kleinigkeiten zwischen 4,5 und 4,75. Aufzurunden fällt mir nicht schwer, gerade im direkten Vergleich zum Abend vorher.
Das PLV ist, wie beim Hotel, gigantisch. Alle Speisen summierten sich auf gerade 90€, der Vermentino kostete angemessene 49€ und nur über Espresso und Wasser will ich ausnahmsweise nicht lamentieren, Grund dafür wär vorhanden.
Ohne jede Einschränkung daher Ja!Ja!Ja! zur Villa Almarin. Möge ihr spendabler Inhaber dieses "Schmuckkästchen" noch lange pflegen!
Mein erster Besuch im kleinsten 5-Sterne-Hotel Deutschlands war wie ein Ausflug in 1000 und eine Oligarchen-Nacht. Siehe meine erste märchenhafte Geschichte, aka Kritik. Inzwischen haben aber wohl doch betriebswirtschaftliche Grundsätze Einzug gehalten. Weniger Personal, aber immer noch reichlich für den einzigen "echten" Gast (die Inhaber hatten privaten Besuch). Freundlich, engagiert, aber ein Kaffee ans Bett wurde nicht mehr angeboten. Dafür ist der Küchenchef am nächsten Morgen extra früher gekommen, um eine (vorzügliche) Sauce Hollandaise für meine geliebten Eggs Benedict aufzuschlagen.... mehr lesen
Geschrieben am 30.10.2015 2015-10-30| Aktualisiert am
04.11.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Restaurant Lea im Hotel Villa Almarin
Besucht am 15.09.2015
Was macht eigentlich ein 5 Sterne Hotel aus?
Die persönliche Abholung auf dem Parkplatz? Die vorgeschnittenen Ananas-Stücke auf dem opulenten Obstkorb im Zimmer? Die Fingerschale daneben? Eis und geviertelte frische Zitronenscheiben in der Zimmerbar? Die Wachteleier auf dem Frühstücksbuffet? Klar, alles das auch. Aber für mich war es der Anruf um 5:30 Uhr des Abreisetages: "Guten Morgen Herr Bo., Sie wollten geweckt werden. Dürfen wir Ihnen schon eine Tasse Kaffee auf das Zimmer bringen?" Dominic Strauß-Borgfelder wollte zwar lieber ungestört unter die Dusche, aber das Besondere des Hauses wurde sehr deutlich: Ein ausgeprägter Wille, dem Gast einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu bescheren. Das stete Vorausdenken, was für ihn hilfreich sein könnte. Die ungekünstelte, zugewandte Höflichkeit fernab von Marketingphrasen, die eine persönliche Nähe schafft.
Von der telefonischen Buchung, bei der man versicherte, selbstverständlich werde man auch eine Stunde vor der vorgesehenen Zeit ein Frühstück für mich zubereiten, bis zum vom Hotel organisierten Transfer zum Flughafen war es ein wunderbarer Aufenthalt!
Nachdem meine letzten Übernachtungen in Saarbrücken allesamt ganz oder teilweise unbefriedigend geblieben waren, reservierte ich auf eine Empfehlung im nach der Eigenwerbung kleinsten 5-Sterne-Hotel Deutschlands. 5 Zimmer und 2 Suiten lassen diesen "Supralativ" nicht unmöglich erscheinen. Die ehemalige Großbürgervilla in der Klein- Pardon! Kreisstadt zwischen Bad Homburg und der Kapitale wurde vor gut einem Jahr von einem privaten Investor erworben, der im unveränderten Zuschnitt des Inneren Zimmer, das zu besuchende Restaurant, einen Fitnessraum nebst Sauna und ein beeindruckendes Foyer einrichten ließ. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, zwischen Empire und "barock" im übertragenen Sinne, viel Gold und Weiß im Eingangsbereich, die Zimmer jeweils in einem Farbton gehalten. Statt des puristischen schwarzen erhielt ich ein kostenfreies Upgrade ins blaue. Hier mehr verspieltes Rokoko. Die Ausstattung ist keine Luxusware, das muss man deutlich sagen, im Gegenteil, plötzlich hielt ich den Schuhanzieher von IKEA in der Hand (Schau an, den gibt's auch in schwarz?). Entscheidend für mich ist bei Preisen, für die es in Berlin etc. die sterile "Gastlichkeit" eines Kettenhotels in Bahnhofnähe gäbe, aber eines: Alles ist neu, in angemessener Qualität und vor allem stimmig umgesetzt. Ein Ort zum Wohlfühlen. Das Innere wird durch eine Terrasse und einen gepflegten überschaubaren Garten ergänzt, der zu einem kleinen künstlichen Wasserlauf führt. Eine Brücke führt zu einer Miniatur-Insel einschl. Pavillon. Hier ist auf engstem Raum ein erstaunliches Programm verwirklicht. So eng, dass die Bar in einem weißen Extra-Türmchen an der Vorderseite des Grundstücks ausgelagert ist. Eine (gar gewollte?) ironische Referenz an die SkyBars dieser Welt?
Habe ich es schon geschrieben?
Der Besuch lohnt, für Geschäftsreisende, die der Plastik-Gastlichkeit entfliehen wollen, aber besonders für eine Auszeit zu zweit!
Genug der kurzen Vorrede.
Bei der Ankunft werde ich nochmals gefragt, ob ich im Restaurant speisen möchte. Bei der Buchung musste ich wegen der ungewissen Dauer der beruflichen Pflichten (lästig, lästig) noch verneinen. Umso lieber jetzt eine Zusage, hatte ich doch mit wachsender Vorfreude in der Internet-Karte gestöbert. Diese ließ eine ambitionierte, aber von der cucina povre inspirierte Küche erwarten, spannend. Beim Eintreffen wurde ich freundlich von Frau Jessica Schwarz begrüßt, die mich durch den Abend und erfreulicherweise auch wieder beim Frühstück begleitete. Ob Frau Schwarz in dem durchgängig jungen, bei meinem Aufenthalt komplett weiblichen Team schon als Chef de Rang fungiert, blieb offen. Das Zeug dazu hätte sie jedenfalls. Professionell tadellos bei allen Aufgaben am Tisch, sympathisch und trotz einer charmanten Aufgeregtheit mit klaren Empfehlungen. Allein bei den begleitenden Weinen wurde sie etwas durch das sehr beschränkte Angebot an offenen ausgebremst. Hier sollte das Almarin die Auswahl nachbessern, es standen durchaus geeignetere Flaschen auf der Karte. Wechselwünsche wurden indes nach Kräften erfüllt, was auch für das Menü - Bestandteile wie Reihenfolge - galt. Hier fungierte Frau Schwarz erfolgreich als "Dolmetscherin" der Gästewünsche; auch wörtlich, da in der Küche nur italienisch und englisch gesprochen wurde. Eine durchweg überzeugende Serviceleistung, die - soviel vorweg - der kulinarischen ebenbürtig war.
Der ehemalige Wintergarten der Villa mit großen Fensterfronten ist innenarchitektonisch zum Thema Wald und Jagd gestylt. Das eine Trockengeäst und das andere Geweih ward schon einmal gesehen, ebenso wie die sehr bequemen Sessel mit Wildlederbezug. Erfreulicherweise wurde aber ebenso auf volkstümelnde Jägerromantik verzichtet, wie auf selbstironische Plastikgeweihe in pink und lila oder Blingbling-Talmi-Hirsche. Der Holzfußboden hätte vielleicht etwas rustikaler ausfallen können. Zusammen mit dem angenehm warmen, aber ausreichend hellen Licht, entsteht eine Wohlfühlatmosphäre, in der ich mich vom Eintreten bis zum sorgfältig den gerade Gang vortäuschenden Verlassen "zuhause" gefühlt habe. Das ist zwar kein großes Design-Kino, aber ehrlich, mit Verstand ausgesucht und - wie das ganze Haus - stimmig. Alles andere ist Geschmacksache. In dem fast quadratischen Raum waren die Massivholztische mit einem breiten, etwas gröberen Läufer bedeckt und eingedeckt. Das schwere Besteck war mit den Initialen des Hauses graviert. Die weitere Tischdeko war sparsam, kein Overkill. Die Wassergläser mit rundem Boden, das ist Spielerei, kann man mögen. Der Abstand der Tische nicht riesig, er wäre aber auch bei größerer Auslastung noch angemessen gewesen. Tatsächlich speisten am Abend zum einen noch ein schwäbisches (Berufs?-)Paar, das ein Extralob verdient, da der Herr zum Telefonieren den Raum verließ. Das ist auch in gehobenen Häusern keineswegs mehr selbstverständlich, wie mir vor ein paar Wochen im Dortmunder Kikillus gleich zwei Herren vorführten. Und zum anderen ein russisch sprechendes Paar, das auf englisch bestellte. Der Herr mit den mittelasiatisch anmutenden Gesichtszügen wünschte mir beim Gehen noch einen guten Appetit, angenehm. Später verriet mir Frau Schwarz, dass es sich um den Inhaber gehandelt habe, der mich nicht ansprechen wollte. Freundlich, aber schade, denn ich hätte ihm gern zu seinem Haus gratuliert.
Als erster Gast konnte ich einen schönen Eckplatz wählen. Die Sessel waren für meine Größe zu niedrig, aber sofort wurde ein Kissen geholt. Muss man erwähnen, dass zum Frühstück genau dieser Platz für mich eingedeckt war und zwar einschließlich Kissen? Ich finde, ja.
War noch was? Das Essen? Perfekt.
Oder doch ein wenig ausführlicher:
Der Abend begann mit einem Schreckmoment, denn die Karte informierte, dass das große Menü nur mit zwei Tagen Vorbestellung verfügbar sei. Das Internet enthielt diese Information nicht, so dass beim ersten Besuch eigentlich das Menü wegfallen müsste. Vielleicht muss sich der Gast erst qualifizieren? ;-) Es stellte sich glücklicherweise heraus, dass die Vorankündigung nur für das marinierte Filetsteak notwendig war. Ein digitaler Hinweis wäre trotzdem nützlich.
Die hochwertigen Karten haben eine angenehme Größe und werden mit festem, farbigen Textileinband präsentiert. Einfach schön für Hand und Auge. Neben den drei Karten für Speisen, Wein und sonstige Getränke wurde schließlich in abweichender Aufmachung noch eine Wasserkarte vorgelegt, die nach meiner Erinnerung 12 oder mehr Positionen enthielt.
Die Auswahl nahm dann geraume Zeit in Anspruch. Auch wenn ich nicht zu den Champagner-aficionados/das gehöre, wie manche hier (Gruß u. a. an Leine und Spree!), kam hier doch nur ein Glas in Frage. Première Cuvée Brut von Bruno Paillard stand offen zur Verfügung
Los ging es jedoch mit der ersten kleinen Entdeckung, handgefertigtem pan carasau sardo. Dünner Hefeteig wird zu kleinen spitzen Röhrchen gerollt und knusprig im Ofen gebacken. Hübsch anzusehen, Handarbeit und mit einem gar nicht fadem Teig eine nette sardische Knabberei.
An diese Stelle erhielt ich auch die Information, dass der Koch Sarde sei und seine letzte berufliche Station vor dem Saarland am persischen Golf gewesen war. Ich verkneife mir saardistische Wortspiele. Ups...
Weiteres selbst gebackenes Ciabatta wurde gereicht, wovon mir insbesondere die Variante mit Basilikum und Speck gefiel. Dazu zweierlei Butter mit Trüffel und mit Rauchsalz.
Als nächstes Amuse kam ein Hummercappucino, der seinen Namen völlig zurecht trug, denn die italienische Spezialität bezeichnet ja genau genommen die Milchschaumhaube. So auch hier ein fester, bräunlicher, überraschend stark nach Milch schmeckender Schaum, der dann am Gaumen ein deutliches Hummeraroma preisgab. Abgerundet mit etwas grobem Pfeffer. Ich war so zufrieden, dass ich beinahe das Foto vergessen hätte. Die Präsentation war wesentlich gelungener als der abgelichtete kümmerliche Rest.
Das Menü begann mit Scheiben vom scheinbar doch vorbereiteten, in Rotwein marinierten Rinderfilet unter einem Wäldchen von Wildkräutern, begleitet von einer samtigen, nicht sandigen Parmesancreme. Darüber großzügig Pecorino gehobelt. Ein vollmundiger, schmalziger Auftakt. Das rosa Filet mit leicht süßlicher Note butterzart am Gaumen. Gelungenes Zusammenspiel mit den herberen Käsenoten und Geschmacksspitzen der Kräuter, auffällig der wilde Anis. Das Ganze angerichtet in einer asiatisch anmutenden, derzeit sehr angesagten schwarzen Schale.
Ein Poully fumé war hier ein ebenbürtiger Begleiter.
Nächster Gang bereits ein Highlight. Natürlich hausgemachte Culurgiones, eine sardische Spielart der Ravioli, in Form eines Blattes gestaltet und mit einer Kartoffelminzfarce gefüllt, die nicht nur von der Würze, sondern auch durch ihre Luftigkeit bestach. Die Nudeln saßen auf einem Bett eines intensiv fruchtigen Pürees von San Marzano-Tomaten. Die Parmesancreme, die ich nicht so schnell wieder erwartet hätte, setzte gelungene optische Akzente. Hier machte endlich einmal die Präsentation auf der Schiefertafel Sinn, denn der schwarze Untergrund hob die Speisen farblich auf das Beste hervor.
Nachdem wir uns auf eine annehmbare Qualität verständigt hatten, hat ein badischer Grauburgunder dazu gemundet.
Es folgte ein wunderschön komponierter Teller vom Hummerschwanz. Weißer Burrata-Schaum, rotes Kirschtomatenconfit, grünes Erbspüree nebst Kresse, schwarze Tinte, diverse Kräuter und mehr zauberten eine Farb- und Geschmacksexplosion, der der halbierte, sehr kleine Hummerschwanz nur mit etwas Mühe folgen konnte, ich hätte mir vor allem etwas mehr Biss gewünscht. Aber hier gilt: Das Beste ist der Feind des (sehr) Guten.
Beim Wein lassen mich meine Aufzeichnungen leider im Stich, ebenso mein älter werdendes Gedächtnis.
Das beim nächsten Gang keinerlei Stütze braucht. Zu präsent ist das unvorstellbar intensive Gelb des Safranrisottos, auf dem sich ein Oktopusarm - rot, lila, schwarz - unfassbar elegant räkelte. Natürlich (konnte ich inzwischen zu mir selbst sagen) war der Vialone-Reis in Konsistenz - all'onda - und Geschmack ebenso perfekt, wie der Meeresbewohner. Dessen Herkunft wurde unterstützt durch eine weitere rustikale Spezialität der Mittelmeerinseln, gehobelten und geriebenen Bottarga, das ist luftgetrockneter, gepresster Rogen der Meeräsche. Leichte (Meeres-)Salzigkeit. Verschiedenfarbige Kräuter, darunter Löwenzahn und erneut der Anis hoben die herb-süße Note. Bei der Annonce der angeträufelten Jus war ich unaufmerksam, galt es doch, ein spontanes Hineinspringen in dieses Wunderwerk zu verhindern. Einziger Kritikpunkt: Der Teller war für ein Menue viel zu reichlich.
Es wurde ein Moselriesling kredenzt.
Ein Sorbet von Limoncello, süß und säuerlich und etwas herb, erfrischte den Gaumen vor dem Hauptgang.
Dieser bestand aus perfekt rosa Lammcarree unter der Pistazienminzkruste. Begleitet von fluffigen angerösteten Gnocchi (in der Karte als "Bratkartoffeln" ironisiert), einer Stange Frühlingszwiebel und vor allem einer fantastischen, mit Amarenasaft beträufelten Jus. Was soll ich sagen? Erneut ein wunderbar "saftiges" Gericht, das mit kräftigen Aromen betörte. Die alliteratorische Kräuterkruste kennzeichnete ihr krasser Krunch. Hervorzuheben die Lockerheit der Kartoffelbällchen. Das Fleisch eh über jeden Makel erhaben. Dazu eine italienische Cuvée aus Cabernet ...?, Merlot und Sangiovese.
Als Dessert ein Zimtparfait mit flüssigem Kahluakern auf einer Englisch Crème mit Crumble. Gekrönt von einer halben Krokanthippe, in der Beeren einen fruchtig-säuerlichen Part beisteuerten. Ein rundum gelungener, ausgewogener Abschluss, den Dessertjunkies wohl noch mehr geschätzt hätten.
Der angebotene Gewürztraminer aus dem Elsass hatte für meinen Geschmack zuwenig Süße, die als Alternative angebotene Huxelrebe von der Nahe dagegen schon.
Auf einen Kaffee wollte ich verzichten, den unter drei Glashauben angebotenen süßen Kleinigkeiten konnte ich aber nicht widerstehen. Eine Vielfalt von Plätzchen, Pistazieneis, kandierten Mandeln, schokoliertem Popcorn, verschiedenen Pralinés, cigarre russe, alles ganz ausgezeichnet.
Für den Nachhauseweg, immerhin 15 Meter, gab es natürlich einige Betthupferl mit. Diesen konnte ich unter Aufbietung aller Konzentration würdevoll und unfallfrei absolvieren. Zuvor durfte ich eine selten so gern gezahlte Kasse von 168€ begleichen. Und dem Chef, der auf meine Bitte durch Vermittlung von Frau Schwarz an den Tisch gekommen war, mit ein paar Brocken Italienisch meine Hochachtung ausdrücken.
Die Küche, in ihrem Ursprung unverkennbar frugal, gibt Anlass, auf höhere Weihen zu hoffen.
Die Weinkarte ist ausbaufähig. Das Ambiente stimmig, aber natürlich Geschmacksache. Der Service - und das gilt für alle Mitarbeiterinnen, die ich kennenlernen durfte - schafft die schwierige Balance zwischen Professionalität und echter Herzlichkeit.
Nochmals: Bravo!
Was macht eigentlich ein 5 Sterne Hotel aus?
Die persönliche Abholung auf dem Parkplatz? Die vorgeschnittenen Ananas-Stücke auf dem opulenten Obstkorb im Zimmer? Die Fingerschale daneben? Eis und geviertelte frische Zitronenscheiben in der Zimmerbar? Die Wachteleier auf dem Frühstücksbuffet? Klar, alles das auch. Aber für mich war es der Anruf um 5:30 Uhr des Abreisetages: "Guten Morgen Herr Bo., Sie wollten geweckt werden. Dürfen wir Ihnen schon eine Tasse Kaffee auf das Zimmer bringen?" Dominic Strauß-Borgfelder wollte zwar lieber ungestört... mehr lesen
Geschrieben am 08.12.2017 2017-12-08| Aktualisiert am
08.12.2017
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind sondern ebenfalls alle Jahre wieder finden sich die Mitglieder zweier Bands (es gibt zwei personelle "Überlappungen", ich bin eine davon) mit Sitz in Sankt Ingbert zu einem vorweihnachtlichen Abendessen zusammen, wobei natürlich ihre Frauen nicht fehlen dürfen. Leider gab es diesmal gesundheitsbedingt Absagen, aber immerhin waren wir dann doch noch mit acht Personen am Tisch. War es die letzten beiden Jahre in die "Alte Brauerei" gegangen (siehe Bericht) so hatten wir diesmal in der "Villa Almarin", einem Fünf-Sterne-Hotel, beziehungsweise in dessen Restaurant "Il Giardino" reserviert. Eigentlich hatte der Betreiber des Hotels, ein russischer Oligarch, hier ein Sterne-Restaurant installieren wollen; woran dieses Vorhaben letztlich gescheitert ist, weiss ich nicht. Grundsätzlich ist das Saarland ja nicht gerade arm an Sternerestaurants. Egal; es gibt hier bei GG ja schon zwei sehr positive Kritiken und wir waren sehr gespannt, was der heutige Abend uns kulinarisch bescheren würde.
Ambiente: klein aber fein! Man sitzt auf einer Art von Ledersesseln sehr bequem, so ganz optimal ist das Verhältnis der Sitzmöbelsitzflächen zur Tischhöhe dabei allerdings nicht. Die Sessel haben Rollen; wem es also danach ist der kann sich gemütlich quasi in Trance schaukeln bzw. rollen. Alles macht einen wirklich soliden Eindruck bis auf die Lampen! Wer soviel Geld wie der Betreiber hat, der sollte, wenn er schon Wert auf jagdlichen Touch legt, Kronleuchter aus echten Abwurfstangen unter die Decke hängen. Dass die hier zum Einsatz gekommenen "Geweih-Leuchter" aus billigstem Plastik sind kann selbst ein Laie aus zwei Metern Entfernung als Schund erkennen. Mich als früheren Jäger hat der Anblick dieser Dinger richtig geschmerzt; hier wurde wirklich am faschen Ende gespart. Für den eklatanten Stilbruch muss ich zwei Sterne in Abzug bringen und der Betreiber sollte seinen Raumausstatter in die Wüste bzw. in die Verbannung nach Sibirien schicken, so daneben wir das hier ist. Ergibt in Summe für das vorgefundene Ambiente leider nur noch zweieinhalb Sterne.
Sauberkeit: alles gut gepflegt und sehr sauber, dafür gibt es von mir vier Sterne.
Service: Ein langaufgeschossener hagerer Herr mit russischem Akzent und eine junge Dame mit wohl gleichem Hintergrund haben uns freundlich, unaufgeregt, aufmerksam und unaufdringlich den Abend über umsorgt. Dafür allein hätte ich schon vier Sterne gegeben. Dass sich der Herr zu etwas vorgerückter Stunde ans Klavier setzte und uns mit seiner Kunst (ich tippe auf Konservatoriumsausbildung in seiner alten Heimat) erfreute, gekonnt zunächst klassisch, um dann musikalisch ins Caféhaus-Genre zu wechseln, ist mir einen weiteren halben Stern wert.
Essen und Trinken: Was insgesamt gegessen und getrunken wurde habe ich wirklich nicht komplett nachhalten können, auch ist es mir nicht gelungen alle Gerichte zu fotografieren; man möge es mir bitte nachsehen. Zum Einstieg war unserer Runde Prosecco offeriert worden; meine Frau wählte stattdessen ihren üblichen Averna und ich ein Karlsberg Pils. Da der Prosecco nicht berechnet wurde sind auch der Averna und das Pils nicht auf unserer Rechnung erschienen; das hat uns angenehm überrascht. Meine Frau trank den Abend über alkoholfreies Karlsberg-Weizen (0,5l EUR 4,00) und Gründels Fresh (0,33l EUR 2,30). Ich hatte keinen Fahrdienst und bin nach dem Entrée-Pils zu dunklem Karlsberg Weizen (0,5l EUR 4,00) übergegangen und habe mit Espresso (EUR 1,70) abgeschlossen . Auf der recht überschaubaren Weinkarte hatte ich für mich einfach nichts Passendes gefunden gehabt.
Bei den Vorspeisen waren wir beide absolut einer Meinung und bestellten "Geschmorter Reis mit hausgemachter traditioneller kalabresischer Wurst und Steinpilzen" (EUR 12,00). Genau die richtige Wahl; es schmeckte wirklich vorzüglich. Sehr gute Schärfe der Wurst (Salsicia), viele geschmacklich einwandfreie Steinpilzstücke im Reis verborgen; eine überaus gelungene Kombination. Soweit ich mich erinnere wurden weiterhin am Tisch"Fenchelsalat mit Ziegenfrischkäse, aromatischen Kräutern und Orangezesten" (EUR12,00), "Steinpilzcremesuppe verfeinert mit Schwarztrüffelöl" ((EUR 7,00) bzw. "Überbackene Auberginen" (der Preis ist mir nicht erinnerlich) als Starter geordert; es soll alles wirklich geschmeckt haben. Und ich gestehe freimütig, dass ich "Orangezesten" gockeln musste! Und Trüffelöl nicht mag.
Als Hauptgericht wählte meine Frau "Rumpsteak mit grünem Pfeffer" für EUR 22,00; ich bekam auf meine entsprechende Anfrage hin eine Komponente des Herbstmenüs, das insgesamt EUR 53,00 gekostet hätte (das Feinschmeckermenü hätte es für EUR 82,00 gegeben). Mit meiner Wahl, dem "Rehrücken Jäger mit Polenta" (EUR 30,00) war ich mehr als zufrieden. Das war meine Frau mit ihrem Rumpsteak auch, nur war ihre Gemüsebeilage stark zerkocht und die Sosse zum Rumpsteak beschrieb sie als "recht fade". Weitere Hauptgerichte am Tisch waren "Spaghettini mit Artischockenherzen, Knoblauchzehen und Pecorino" (EUR 12,00), "Kalbsfilet Rossini an Madeirasauce mit Gänseleber und Trüffeln" (EUR 32,00), "Gegrillte Dorade" (EUR 22,00) und "Lammfilet mit Pinienkernen und Heidelbeeren in Barolosauce" (EUR 35,00). Als Beilagen dazu gab es Wildreis, Gemüse, Spaghettini oder "Kartoffelspezialität" sprich überaus blasse Bratkartoffeln. Soweit wir hören konnten war die Qualität des Fleisches wie auch der Dorade jeweils hervorragend. Krosse Bratkartoffeln, bissfestes Gemüse und würzige Saucen hätten die Bewertung auf viereinhalb Sterne gehoben; so muss ich leider einen halben Stern in Abzug bringen. Als wir um die Rechnung baten wurde uns noch "aufs Haus" Limoncello bzw. Grappa angeboten; ohne vorherige Absprache ergab sich, dass die Damenriege sich geschlossen für Limoncello entschied und wir Herren uns zu Grappa bekannten.
Preis-/Leistungsverhältnis: Kalbs- und Lammfilet hätte man, ebenso wie den Rehrücken, vom Preis her etwas moderater anbieten können, zumal wir nun wirklich keine Riesenportionen vor uns hatten; es erinnerte mich alles irgendwie an Seniorenteller. Dreieinhalb Sterne.
Fazit: Wir haben hier in angenehmer Atrmosphäre bei gutem Essen angenehme Stunden verbracht und kommen, sollte es sich ergeben, gerne mal wieder. Top ist aus meiner Sicht die Küche hier nicht, aber immerhin sehr gut. Die einzelnen Komponenten der Gerichte sind von ausgesucht guter Qualität, werden allerdings nicht in jedem Fall gekonnt verarbeitet. Schade! Die Sättigungsbeilagen Gemüse und "Kartoffelspezialität" taten mir schon fast ein bisschen leid ich war froh, dass sie zu meinem Hauptgericht nicht gehörten.
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind sondern ebenfalls alle Jahre wieder finden sich die Mitglieder zweier Bands (es gibt zwei personelle "Überlappungen", ich bin eine davon) mit Sitz in Sankt Ingbert zu einem vorweihnachtlichen Abendessen zusammen, wobei natürlich ihre Frauen nicht fehlen dürfen. Leider gab es diesmal gesundheitsbedingt Absagen, aber immerhin waren wir dann doch noch mit acht Personen am Tisch. War es die letzten beiden Jahre in die "Alte Brauerei" gegangen (siehe Bericht) so hatten wir diesmal... mehr lesen
Fußläufig zum kleinen Bahnhof von St. Ingbert gelegen, ist man in weniger als 20 Minuten am Hauptbahnhof in Saarbrücken. Ich würde und werde stets wiederkommen.
Was auch an der erneut sehr guten Leistung der ebenfalls neuen Restaurantcrew lag.
Beeindruckend von Statur und Auftreten Nicola Cupelli, der seine Rolle als charmanter italienischer Gastgeber ("Dottore! Cavaliere!! Condottiere!!!") mit Herzlichkeit und angenehmer Selbstironie gab, vor allem aber mit absoluter Aufmerksamkeit. Als der vom Haus spendierte Prosecco nicht konvenierte, wurde sogleich eine Flasche Cava geöffnet (die mich, nach einer Nacht unter Gasverschluss, noch durch den Vormittag im Gartenstuhl begleitete). Neues Brot, aber sicher. Und als ich ob des noch sehr jungen, mIlden Pecorino nur die Stirn runzelte, eilte Nico schon in die Küche für gut gereifte Ware. Ein beeindruckender Beobachter und unterhaltsamer, gesprächiger Gastgeber, mit dem Gefühl für das richtige Timing. Am Ende des Abends suchten und fanden wir auf den Satellitenbildern der großen elektronischen Mappe seine Grundschule in Cosenza. Dazu rauschten zwar nicht die Busentowogen, aber die Pumpe des kleinen Gartenteichs (schlafen Goldfische eigentlich immer mit dem Bauch nach oben?). Ein jüngere Kollege, der mich schon an der Rezeption begrüßt hatte, war noch etwas unsicher, aber extrem bemüht. Volle Punktzahl.
Zur Einrichtung des Hauses und des Salons habe ich schon berichtet. Diesen Sommerabend konnte ich komplett auf der Terrasse verbringen. Dunkelgraues Gartenmobiliar aus durablem Kunststoff und Metall. Die Mittellehner mit Plastikgewebe bespannt. Mit meinem "üblichen" Kissen wurde für mehrstündige Bequemlichkeit gesorgt. Auf dem großen, farblich passenden Platzset war zurückhaltender eingedeckt, als im Inneren des Restaurant. Für den eher kleinen Tisch vorteilhaft, erst recht mit den großen Menuekarten. Spielereien, wie Gläser mit rundem Boden sind verschwunden, leider auch die durchaus beeindruckende Wasserkarte, mit mehr als 10 Varietäten. So kam statt Perrier zunächst nur Aqua panna ins Glas.
Dazu der besagte, bernsteinfarbene Rabetllat i Vidal aus dem Penedes, eher ein süffiger Cava für alle Tage. Gleichwohl eine Einladung, die ich gerne angenommen habe.
Während ich noch die Karte durchstöberte, wurden vier Scheiben zugekauftes Brot
gereicht, das erst trocken, nach erfolgtem Ersatz immer noch kein großer Genuss war. Wehmütig dachte ich das pan carasau des ersten Besuches. Immer noch im Angebot war die schön kräftige Trüffelbutter
Wie schon beim letztlich traumatischen Vorabend im Essener La Grappa wollte ich mich nicht von der Karte gängeln lassen und bestellte "freihändig" auch ein paar Klassiker:
Gemischter Aufschnitt mit Käse
Carpaccio von der Jakobsmuschel
Carne cruda
Gebratene Steinpilze
Tortelli mit Wolfsbarschfüllung in Safransauce
Seezungenröllchen mit Wildreis und Sauce cardinal
Gebratenes Kalbsfilet
Durch dieses Menue der eher feinen Aromen sollte mich einer meiner italienischen Lieblingsweine begleiten, ein Vermentino aus der sardischen Gallura. Soweit ich weiß, die einzige DOC-Appellation dieser Traubensorte. Eine Fruchtbombe in der Nase, und es machte mich fast wahnsinnig, bis ich endlich das intensive Bukett reifen Galiamelonen zuordnen konnte.
Die Entscheidung über Dessert oder Käse (es sollte anders kommen...) wollte ich noch etwas verschieben und wartete gespannt der Genüsse aus dem Land der blühenden Zitronen.
Die Küche schickte mir zunächst als Appetithappen Thunfisch mit Pistazienkruste sowie Gurken- und Radieschenmus
Das schön farbenfrohe, auch kreative Amuse enttäuschte mich mit recht wenig geschmacklicher Kontur. Vom Fisch war gar nichts zu merken, auch Würze Fehlanzeige. Am ehesten kam eine Assoziation von Gemüse-Smoothie mit Nüssen auf. Gegenüber dem Allerweltsbrot immerhin ein kleiner Fortschritt.
Aber schon legte die Küche mit dem italienischsten aller Menue-Eröffner los, gemischter Aufschnitt und Käse
Der San Daniele sehr gut, der Tiroler Speck noch besser. Keine Mortadella, aber die Salami Milanese nur einen Tick talglastig, um Längen besser als am Vortag in der Essener Promi-Geisterbahn. Der Pecorino erst völlig geschmacklos, aber da zauberte der gute Nicola ja schon die gelagerte Ware hervor: Andere Welt, intensives Schafmilcharoma. Gerade die richtige Härte zum Knabbern. Clou des Tellers indes die gerollten Streifen von eingelegter Paprika und Aubergine, die einen Hauch von Balsamico mitbrachten und ein paar Tropfen Olivenöl. Von allem jeweils zwei, drei Scheiben, so kann das weiter gehen.
Und es ging!
Carpaccio di Noci de Capesante
da fiel mir die Kinnlade runter. Rohe Ware von beeindruckender Qualität. Süßer Geschmack, trotz dünnster Scheiben. Wieder das Olivenöl in exakter Dosierung. Die Filetstücke von der süßen Orange nicht nur optisch eine perfekte Ergänzung, die Johannisbeeren erfreuten das Auge, an den Gaumen ließ ich sie vorsichtshalber nur in kleinsten Dosen. Perfekter Teller.
Jetzt wurde es mit dem rohen Carne Cruda vom Kalb etwas kerniger.
Frisch aufgeschnitten ging es mit dem gehobelten Trüffel und den fantastisch süßen roten Tropea-Zwiebeln eine wunderbare saftige Liason ein. Einziger Nachteil: Das Kalb war kaum dicker als für ein Carpaccio geschnitten und konnte meine erwachte Lust auf FLEISCH! nicht ausreichend stillen.
Was will ich Käse, will ich Nachtisch! Ein Tatar muss her!
Und es ist ja von Vorteil, wenn die Küche nur für dich tätig ist: Obwohl außer der Reihe bestellt, stand in Windeseile das Rindfleisch vor mir. Frisch mit dem Messer geschnitten. Saftig. Mit selbst gemischter Cocktailsauce schon leicht pikant angemacht und in runde Form gebracht serviert. Dazu getoastete, entrindete Weißbrot-Dreiecke
{Foto_179980
So einfach, so Fleisch, so gut.
Aber auch vegetarische Genüsse können glücklich machen und nicht immer ist Fleisch mein Gemüse: Also nach der insoweit eher mauen Vorstellung im bekannteren Revier - St. Ingbert hat übrigens einen Museumsstollen, der Steinkohlebergbau an der Saar wurde erst 2008 eingestellt - erneut mein Wunsch nach Fritto di Porcini
Und dieses Mal ein Volltreffer bzw. auf gut monnemerisch: Toll, toll, toll! Dicke Scheiben von wunderschönen Exemplaren. Mehliert und in einer Butter-Öl-Mischung leicht knusprig angebraten. Dazu sanft gezogener schmelzender süßlich-würziger Knoblauch. Die italienische Küche ist eine der besten der Welt, wenn sie produktfokussiert bleibt!
Und auch die folgende Pasta war makellos. Zwei Tortelli kamen al dente auf heißem Teller in üppig gelber Safransauce
Die Wolfsbarschfüllung war geschmacklich völlig präsent. So intensiv habe ich das selten erlebt. Im Gegenteil, schon in gefühlt Legionen fader Nudelfüllungen verzweifelnd nach einem Aroma gesucht. Mit dem Anschnitt
erhob sich zudem ein würziger Kräuterduft. Ist das Minze? Aber ja! Dazu Pecorino, Eier, Salz und fertig ist das perfekte Nudelgericht.
Als Fischgang Seezungenröllchen aufgestellt und mit Queller (Salicornes) als Füllung
Mit der leuchtend karmesinroten Sauce cardinal ein optisch überaus gelungener Teller in den italienischen Landesfarben (plus dunklen Wildreis, na gut). Das einzige Gericht, das mich nicht in allen Belangen überzeugte, ohne, dass hier von "schwächer" zu reden gewesen wäre. Die Filets waren nicht übergart, eines war etwas trockener als die anderen. Alle solo von typischem, feinem Geschmack. Der allerdings gegen die salzigen Algen unterging, von den schlicht zu viele eingerollt waren. Zu salzig für meinen insoweit zurückhaltenden Geschmack auch die samtige Sauce, der zudem die vermutlich verwendete Krebsbutter leider kein Krustentieraroma beigeben konnte. Auch eine pikantere Note wäre fein gewesen. Perfekt in allen Beziehungen dagegen der sehr heiß servierte Wildreis.
Vor dem Fleisch schickte die Küche zur Erfrischung des Geschmackssinns ein immens cremiges, etwas herberes Zitroneneis
Positiv überrascht war ich auch von der sehr milden Säure, so dass ich mal auf gut Glück Amalfizitronen vermutete. Tatsächlich war Limoncello verwendet worden; immerhin teilweise richtig geraten, das freut ja doch.
Als Höhepunkt stellte sich dann das Kalbsfilet heraus
Schon der Duft ließ mir das Wasser im Munde zusammen laufen. Perfektes Fleisch, schöne Röstnoten, im Anschnitt medium
wie ich Kalb mag. Sehr zart, aber auch sehr saftig mit einem nicht entfernten Fettrand, der auf der Zunge schmolz. Ein wenig toskanisches Olivenöl dazu angegossen, Salzflocken darauf und zurückhaltend gemahlener Pfeffer. Ich war im Paradies! Kräuter waren schon - sparsam - mit angebraten worden. Eine Auswahl lag auch auf dem Teller, zugleich Deko und DIY-Bausatz, den ich beim Rosmarin auch nutzte. Selbst das Gemüse war korrekt gegart, erfreulich anzusehen und jeweils mit Wiedererkennungswert am Gaumen.
Trotz wenig zartem Körper musste ich nach dieser Fleischeslust ein Dessert natürlich empört ablehnen.
Aber ersatzweise könnte doch ein Gläschen Passito für einen süßen Abschluss sorgen, so mein Plan. Nico bedauerte, nicht vorrätig. Schade. Aber ob es auch ein Sauternes
sein dürfe? Juhu! Und der war -Kunststück - gar nicht mal schlecht, mindestens gutes Mittelfeld. Und Cantucci gab es auch dazu. Beides auf Kosten des Hauses, wie ich später anhand der Rechnung bemerkte.
Zum abschließenden, in der heißen Tasse servierten und ansonsten nicht weiter erwähnenswerten Espresso Lungho wurde mir noch Schokolade angeboten. Aber man muss auch mal Nein! sagen können...
So endete ein überaus erfreulicher, netter Abend mit Köstlichkeiten aus der italienischen Küche.
Die gastronomische Leistung sehe ich wegen der genannten Kleinigkeiten zwischen 4,5 und 4,75. Aufzurunden fällt mir nicht schwer, gerade im direkten Vergleich zum Abend vorher.
Das PLV ist, wie beim Hotel, gigantisch. Alle Speisen summierten sich auf gerade 90€, der Vermentino kostete angemessene 49€ und nur über Espresso und Wasser will ich ausnahmsweise nicht lamentieren, Grund dafür wär vorhanden.
Ohne jede Einschränkung daher Ja!Ja!Ja! zur Villa Almarin. Möge ihr spendabler Inhaber dieses "Schmuckkästchen" noch lange pflegen!