Geschrieben am 01.03.2023 2023-03-01| Aktualisiert am
01.03.2023
Besucht am 13.09.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Die östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer eröffnete „unhold“ (Ausgesprochen nicht anhoald, sondern Unhold, aber Rechtschreibung ist so lame…) liegt in einer ruhigen Wohngegend an der zwar breiteren, aber inzwischen verkehrsberuhigten Humboldtstraße, schräg gegenüber der neugotischen Friedenskirche. An der Straße steht eine hohe Platane, die das angerostete Klappgestühl fein beschattet.
Ein schönes Ambiente, das ein wenig im Gegensatz zu den Innenräumen steht. Als ich nach zwei hohen Stufen den verwinkelten Eingang zur ehemaligen Eckkneipe erklommen hatte, entfuhr mir ein spontanes „Wie ungemütlich!“, was der junge Mann hinter der Theke eher überrascht als verärgert entgegen nahm. Nun ja, „nacktes“ Holzmobiliar, minimalistische Lampen, weiße Wände und grau gestrichener Estrich wirkten nicht sehr einladend, zumal die durchmischte Gästeschar komplett einen (Spät-)Sommer auf dem Trottoir genoß. Nur die Säulen, die den Gastraum eher ungünstig teilen, waren mit irritierenden Strickmanschetten ummantelt.
Der Herr am Tresen erklärte die recht kahlen Wände mit Kunstausstellungen, die geplant seien. In der Tat hing bei einem späteren Besuch Kunst an den Wänden, im auf den letzten Platz gefüllten Raum herrschte ein recht lautes Stimmengewirr und viele Teelichter spendeten ihr heimeliges Licht (und ließen das Angebot auf der sehr hübschen, handgeschriebenen Speisekarte so im Dunkeln, dass ich kurz in den Eingangsbereich wechselte, um den dortigen Aushang zu studieren..). Anklicken Anklicken Anklicken
Den Service versah ein freundlicher, leicht vergesslicher junger Mann. Sicher nur angelernt, aber engagiert und vor allem nicht so verpeilt, wie das in einer gewissen Art von Gastronomie scheinbar Einstellungsvoraussetzung zu sein scheint…).
Warum auch immer bestellte ich keinen Wein, sondern eine selbst gemachte Zitronenlimonade, die mit angenehm ausgewogenem Süße-Säure-Spiel gefiel. Im Dezember wählten wir aus der Weinkarte, die überwiegend französische Gewächse aus der „Kann-man-mal-machen“-Kategorie enthält.
Der geografische Schwerpunkt der Weine verweist auf die Küchenrichtung. Hier wird à la France profonde gekocht. Erst dachte ich an Brasserie, aber Landhausküche trifft es wohl eher, wobei solche Zuschreibungen ja nirgendwo mehr sklavisch durchgehalten werden, sondern eher eine grundsätzliche Ausrichtung beschreiben.
Um gleich mal einzuordnen, was ich meine: Rognons blancs d‘agneau (Lammhoden) habe ich in Deutschland nur selten bekommen, rustikal in Panko paniert und ausgebacken schon gleich gar nicht. Von festerer Textur als in meiner Erinnerung war das vor allem ein super-knuspriger Genuss, der mich begeistert hat. Dazu erfrischend krachiger Spitzkohl, nur leicht angezogen in Salz und Olivenöl. Selbst gebratene Rosmarinzweige machten als Aromengeber durchaus Sinn. Zum Aufnehmen der zurückhaltenden PortweinJus eignete sich das leider etwas weiche Baguette natürlich perfekt. Nur die Petersilienstreifen hab ich nicht verstanden - War der Estragon etwa aus? Für 12,9€ zudem ein echter Schnäppchenpreis.
Da schienen 7,5€ für einen Tomatensalat schon teurer, aber Kerl! Was war der gut! Zwei Sorten reife, geschmacksvolle Cherries, kombiniert mit Granatapfelkernen(!), Minze(!!) und Salzzitrone(!!!). Alles einzeln schmeckbar, alles fügte sich zu einem frischen, vollmundigen Sommergenuss! Begleitet wurde der Salat von kalten Polenta-Talern. Nun ist der Maisgries nicht mein Favorit, schon zu oft zu trocken bekommen. Aber nicht hier! Locker, mit eingearbeiteten Stückchen roter Paprika und nach längerem Kauen leicht süß werdend, gingen die sattgelben Maisbrei-Knödel eine wunderbare Liaison mit dem tiefroten Granatapfelsaft ein.
Beim Hauptgang galt das Adenauer-Motto „Keine Experimente!“: Schon auf der Tafel mit dem Tagesmenü klangen Lammkoteletts vom Suffolk-Schaf verlockend, erst recht von einem regionalen Erzeuger.
Auch die Belana kamen nicht von Vulkan, sondern von einem nahegelegenen Hof (Also relativ gesehen - wir sind einen Kilometer vom Weserstadion entfernt…) und Kartoffelkrossis klingen für mich Knusper-Junkie höchst verlockend. Auf den Sellerie-Dip war ich ebenfalls gespannt. Da ich Spitzkohl schon in der Vorspeise hatte, fragte ich nach einer anderen Beilage, was kein Problem war. Im Gegenteil: Das mediterrane Grillgemüse mit Biss und eher süß als sauer eingelegt stand dem Lamm bestens zu Gesicht. Apropos Sicht: Als der Teller kam, hatte ich keine Fragen mehr: DAS wird ein Hochgenuss. Und er wurde es!
Zum Hauptdarsteller: Statt zwei kleinen dünnen Koteletts à la Marathon-Platte ein dicker Schnitt, voller Lammgeschmack. Anständig, doch nicht zu dunkel gebräunt, saftig und fest, aber nie zäh. Ein wirklich gutes Stück Fleisch.
Fast ebenso so gut die Knusperkartoffeln: Inder Schale noch fest gekocht, angequetscht, im Ofen gebacken, zuletzt noch einmal durch die Pfanne gezogen und kräftig gewürzt. Dazu der nicht zu Sellerie-lastige Frischkäse-Dip: Ein knuspriges Festmahl, das ich beim zweiten Besuch sofort wieder orderte, mit gleichem, begeisterndem Ergebnis.
Unter dem Grillgemüse versteckte sich sogar noch ein Süßkartoffel-Püree, das ich nicht gebraucht hätte. Aber die Beilage gehörte ja auch nicht zu diesem Teller und geschmeckt hat es tadellos.
Man merkt es deutlich: Ich war begeistert und hab das unhold sogleich einem Kollegen empfohlen. Der war nicht völlig zufrieden, so dass ich etwas sorgenvoll dem Zweitbesuch entgegenblickte. Unnötig! Ein sehr saftiges, angenehm geschärftes Piri-Piri Hähnchen überzeugte völlig. Den Service versah eine erfahrene Dame mit echtem Interesse an unserem Wohlergehen, aufmerksam und trotz ausgebuchtem Laden entspannt. Die Service-Note ist der Mittelwert. Beim Essen gibt es eh kein Vertun: Ich wüsste nicht, was hier einen Abzug von der Höchstnote ernsthaft begründen sollte. Bravo, holdes unhold-Team!
Die östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer... mehr lesen
4.0 stars -
"Rundum überzeugende Neueröffnung" DerBorgfelderDie östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Datenschutz-Einstellungen
Hier können Sie festlegen, wie wir Ihre Daten verwenden dürfen. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Unbedingt erforderliche Technologien
Um Sicherheit gewährleisten, Missbrauch verhindern und Inhalte und Anzeigen technisch sowie unsere Services wie von Ihnen gewünscht bereitstellen zu können, sind folgende Technologien erforderlich.
Produkte oder Inhalte technisch bereitstellen
z.B. Session für Warenkorb, Favoriten, letzte Bestellungen ...
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie im internen Bereich an erforderlichen Stellen.
Google Anzeigen
z.B. die kostenlose Nutzung unserer Website ist nur mit Google Adsense Werbeanzeigen möglich.
Performance Cookies
Mithilfe dieser Cookies können wir Besuche und Traffic-Quellen zählen, damit wir die Leistung unserer Website messen und verbessern können. Sie geben uns Aufschluss darüber, welche Seiten beliebt und weniger beliebt sind und wie sich Besucher auf der Website bewegen.
Google Analytics
z.B. Erfassung der Seitenaufrufe, Verweildauer usw.
Google Tag Manager
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Facebook Pixel
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Multimediale Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, die Funktionalität und individuelle Gestaltung zu verbessern, beispielsweise von integrierten Videos und virtuellen 360° Rundgängen. Ohne diese Cookies können einige oder alle dieser Funktionen nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Youtube Videos
z.B. Integration von Youtube Videos über iFrame Technologie.
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie.
Google Maps 360° Rundgänge
z.B. Integration von Google Maps 360° Rundgängen per Javascript
Marketing Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, auf die Benutzerinteressen abgestimmte Werbung einzublenden.
Das im letzten Sommer eröffnete „unhold“ (Ausgesprochen nicht anhoald, sondern Unhold, aber Rechtschreibung ist so lame…) liegt in einer ruhigen Wohngegend an der zwar breiteren, aber inzwischen verkehrsberuhigten Humboldtstraße, schräg gegenüber der neugotischen Friedenskirche. An der Straße steht eine hohe Platane, die das angerostete Klappgestühl fein beschattet.
Ein schönes Ambiente, das ein wenig im Gegensatz zu den Innenräumen steht. Als ich nach zwei hohen Stufen den verwinkelten Eingang zur ehemaligen Eckkneipe erklommen hatte, entfuhr mir ein spontanes „Wie ungemütlich!“, was der junge Mann hinter der Theke eher überrascht als verärgert entgegen nahm. Nun ja, „nacktes“ Holzmobiliar, minimalistische Lampen, weiße Wände und grau gestrichener Estrich wirkten nicht sehr einladend, zumal die durchmischte Gästeschar komplett einen (Spät-)Sommer auf dem Trottoir genoß. Nur die Säulen, die den Gastraum eher ungünstig teilen, waren mit irritierenden Strickmanschetten ummantelt.
Der Herr am Tresen erklärte die recht kahlen Wände mit Kunstausstellungen, die geplant seien. In der Tat hing bei einem späteren Besuch Kunst an den Wänden, im auf den letzten Platz gefüllten Raum herrschte ein recht lautes Stimmengewirr und viele Teelichter spendeten ihr heimeliges Licht (und ließen das Angebot auf der sehr hübschen, handgeschriebenen Speisekarte so im Dunkeln, dass ich kurz in den Eingangsbereich wechselte, um den dortigen Aushang zu studieren..).
Den Service versah ein freundlicher, leicht vergesslicher junger Mann. Sicher nur angelernt, aber engagiert und vor allem nicht so verpeilt, wie das in einer gewissen Art von Gastronomie scheinbar Einstellungsvoraussetzung zu sein scheint…).
Warum auch immer bestellte ich keinen Wein, sondern eine selbst gemachte Zitronenlimonade, die mit angenehm ausgewogenem Süße-Säure-Spiel gefiel. Im Dezember wählten wir aus der Weinkarte, die überwiegend französische Gewächse aus der „Kann-man-mal-machen“-Kategorie enthält.
Der geografische Schwerpunkt der Weine verweist auf die Küchenrichtung. Hier wird à la France profonde gekocht. Erst dachte ich an Brasserie, aber Landhausküche trifft es wohl eher, wobei solche Zuschreibungen ja nirgendwo mehr sklavisch durchgehalten werden, sondern eher eine grundsätzliche Ausrichtung beschreiben.
Um gleich mal einzuordnen, was ich meine: Rognons blancs d‘agneau (Lammhoden) habe ich in Deutschland nur selten bekommen, rustikal in Panko paniert und ausgebacken schon gleich gar nicht. Von festerer Textur als in meiner Erinnerung war das vor allem ein super-knuspriger Genuss, der mich begeistert hat. Dazu erfrischend krachiger Spitzkohl, nur leicht angezogen in Salz und Olivenöl. Selbst gebratene Rosmarinzweige machten als Aromengeber durchaus Sinn. Zum Aufnehmen der zurückhaltenden PortweinJus eignete sich das leider etwas weiche Baguette natürlich perfekt. Nur die Petersilienstreifen hab ich nicht verstanden - War der Estragon etwa aus? Für 12,9€ zudem ein echter Schnäppchenpreis.
Da schienen 7,5€ für einen Tomatensalat schon teurer, aber Kerl! Was war der gut! Zwei Sorten reife, geschmacksvolle Cherries, kombiniert mit Granatapfelkernen(!), Minze(!!) und Salzzitrone(!!!). Alles einzeln schmeckbar, alles fügte sich zu einem frischen, vollmundigen Sommergenuss! Begleitet wurde der Salat von kalten Polenta-Talern. Nun ist der Maisgries nicht mein Favorit, schon zu oft zu trocken bekommen. Aber nicht hier! Locker, mit eingearbeiteten Stückchen roter Paprika und nach längerem Kauen leicht süß werdend, gingen die sattgelben Maisbrei-Knödel eine wunderbare Liaison mit dem tiefroten Granatapfelsaft ein.
Beim Hauptgang galt das Adenauer-Motto „Keine Experimente!“: Schon auf der Tafel mit dem Tagesmenü klangen Lammkoteletts vom Suffolk-Schaf verlockend, erst recht von einem regionalen Erzeuger.
Auch die Belana kamen nicht von Vulkan, sondern von einem nahegelegenen Hof (Also relativ gesehen - wir sind einen Kilometer vom Weserstadion entfernt…) und Kartoffelkrossis klingen für mich Knusper-Junkie höchst verlockend. Auf den Sellerie-Dip war ich ebenfalls gespannt. Da ich Spitzkohl schon in der Vorspeise hatte, fragte ich nach einer anderen Beilage, was kein Problem war. Im Gegenteil: Das mediterrane Grillgemüse mit Biss und eher süß als sauer eingelegt stand dem Lamm bestens zu Gesicht. Apropos Sicht: Als der Teller kam, hatte ich keine Fragen mehr: DAS wird ein Hochgenuss. Und er wurde es!
Zum Hauptdarsteller: Statt zwei kleinen dünnen Koteletts à la Marathon-Platte ein dicker Schnitt, voller Lammgeschmack. Anständig, doch nicht zu dunkel gebräunt, saftig und fest, aber nie zäh. Ein wirklich gutes Stück Fleisch.
Fast ebenso so gut die Knusperkartoffeln: Inder Schale noch fest gekocht, angequetscht, im Ofen gebacken, zuletzt noch einmal durch die Pfanne gezogen und kräftig gewürzt. Dazu der nicht zu Sellerie-lastige Frischkäse-Dip: Ein knuspriges Festmahl, das ich beim zweiten Besuch sofort wieder orderte, mit gleichem, begeisterndem Ergebnis.
Unter dem Grillgemüse versteckte sich sogar noch ein Süßkartoffel-Püree, das ich nicht gebraucht hätte. Aber die Beilage gehörte ja auch nicht zu diesem Teller und geschmeckt hat es tadellos.
Man merkt es deutlich: Ich war begeistert und hab das unhold sogleich einem Kollegen empfohlen. Der war nicht völlig zufrieden, so dass ich etwas sorgenvoll dem Zweitbesuch entgegenblickte. Unnötig! Ein sehr saftiges, angenehm geschärftes Piri-Piri Hähnchen überzeugte völlig. Den Service versah eine erfahrene Dame mit echtem Interesse an unserem Wohlergehen, aufmerksam und trotz ausgebuchtem Laden entspannt. Die Service-Note ist der Mittelwert. Beim Essen gibt es eh kein Vertun: Ich wüsste nicht, was hier einen Abzug von der Höchstnote ernsthaft begründen sollte. Bravo, holdes unhold-Team!