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In Konstanz jedoch findet man die Tolle Knolle in sehr prominenter und überaus beliebter Lage am Bodanplatz. Vielleicht zehn Schritte vom stark frequentierten Shoppingcenter Lago entfernt, dazu nicht weit vom See und vom Bahnhof – und weniger als 200 Meter von der Schweizer Grenze gelegen. In dem imposanten, rot getünchten Haus im hinteren Bereich des Bodanplatzes residiert das Speiselokal im Erdgeschoss, während in den darüber liegenden Etagen das Hotel Hirschen untergebracht ist, das jedoch unter anderer Leitung steht. Zu früheren Zeiten (wohl zu Beginn des letzten Jahrhunderts) firmierte das gesamte Haus als „Gasthof Helvetia“, wie ich einer alten, stimmungsvollen Fotografie entnehmen kann.
Mein Spontanbesuch in der Tollen Knolle ist eher dem Zufall und den Umständen geschuldet als extra eingeplant. Nach einem Verwandtengeburtstag mit herzhafter Völlerei am Mittag und zu viel Kuchen am Nachmittag bin ich für eine Nacht im Hotel Hirschen einquartiert. Es regnet zum Abend hin, ich habe Durst und könnte auch noch eine Kleinigkeit essen. Schon beim Gang zu meiner Unterkunft entdecke ich das hell beleuchtete Lokal, das offenbar schon am frühen Abend sehr gut besucht ist. Vor dem Haus laden am nächsten Tag, bei besserem Wetter, auch schon einige Tische und Stühle mit warmen Kuschelbezügen und Decken zum Draussensitzen ein.
Drinnen herrscht tatsächlich Hochbetrieb. Es ist laut, warm, umtriebig. Ein freundlicher Kellner empfängt mich gleich am Eingang und weist mir einen der letzten freien Tischchen zu. Bald darauf werden direkt links von mir zwei Schweizer Damen von der Hugo-Fraktion platziert, die signalisieren, dass sie offen für Kontaktaufnahmen sind. Sehr schnell wird es recht eng, vor allem für Gäste mit feuchten Wintermänteln, vollen Einkaufstüten und aufgeweckten Hunden. Der Geräuschpegel erinnert an eine Firmenkantine zur besten Mittagsessenszeit. Aus den Lautsprechern erschallen italienische Klassiker (Volare, oho, cantare, ohoho…), zu denen die Kellner apart hüfteschwingend durchs Lokal tänzeln. Vielleicht war dies hier früher mal eine Pizzeria?
Die Karte weist – wen hätte es erstaunt – hauptsächlich Kartoffelgerichte in allen Variationen auf: Reibekuchen, Rösti, Ofenkartoffeln, Tortilla, Kartoffelgratin, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln, Fritten und etwas, das sich Kartoffelpizza nennt (davon allein 10 verschiedene Variationen). Ein wahres Eldorado für alle Knollenfreunde. Der Spätzlefreund in mir hat hier leider das Nachsehen. Oje. Notgedrungen wähle ich einen Salat mit Thunfisch und Ei (11,80 Euro) und erwarte eher leichte Kost für den Abend. Was man mir dann nach bereits 5 Minuten auf den Tisch stellt, halte ich erst mal für ein Versehen. Ertränkt in Unmengen einer sahnigen Cremesoße gesellen sich der Inhalt einer Thunfischdose zu einem geviertelten Ei, einigen geschmacklosen, ungewürzten Tomatenscheiben, Kidneybohnen und Mais aus der Dose. Wirklich frisch sind nur der grüne Salat und reichlich Zwiebelscheiben. Eine eigentlich ungeniessbare, nur nach Dressing schmeckende Portion. Doch ich schwenke sie mit reichlich Weissweinschorle (3,80 Euro für das Glas) hinunter. Sehr gut ist hier das Weinangebot der örtlichen Spitalkellerei; mein Müller-Thurgau- Bürgertröpfle ist herrlich erfrischend.
Alles in allem verläuft mein Besuch eher unerspriesslich. Die meisten Gäste sind offenbar Touristen und Shoppinggäste (viele aus der nahen Schweiz). Die nahe Shoppingmall Lago spült vermutlich genügend Menschen herüber. Dass ich zum Besuch dieses Lokals gar keinen Nachweis vorzeigen muss, dass der Barkeeper keinen Mundschutz trägt und die meisten Kellner den ihrigen (vermutlich aufgrund der Hitze und der körperlichen Anstrengung) eher am Kinn tragen, ist nicht sehr vertrauenerweckend. Auf den Besuch der Toilette verzichte ich.
Fazit: für Kartoffel-Fans und Gäste, die schnell mal was essen wollen, könnte das Lokal die richtige Wahl sein. Die günstige Lage ist sehr verlockend. Mir persönlich war zu viel Betrieb und Remmidemmi.