Besucht am 21.12.2016Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 278 EUR
Unser erstes Menü 2016 hatten wir bei Tim Raue in Berlin und das (nahezu) letzte soll auch dort sein. Ein Lunch bei Raue ist eigentlich immer gesetzt, denn ich mag die Atmosphäre dort, das helle Restaurant mit den meterhohen Fenstern, dem lockeren Service und dem großartigen Essen, das es mittags nach wie vor zu verhältnismäßig günstigem Kurs gibt, für ein Zweisternerestaurant allemal. Andere Häuser dieser Klasse würden was um dessen Auslastung zur Mittagszeit geben. Alle Tische sind an diesem Mittwoch besetzt.
Das Schöne ist, dass die Karte neben einigen Klassikern immer auch genug Abwechslung bietet, dass es einem nicht langweilig wird. Im Rahmen unseres Berlin-Trips hatten wir bei fünf Restaurants drei für uns neue Adressen, die zum Teil durchaus experimentell und fordernd waren. Da ist es beruhigend, sich bedenkenlos fünf Gänge (68,--€) auszuwählen und zu wissen, dass es gut werden wird.
Zum Apéritif gibt es wie gewohnt einige kleine prägnante Knabbereien, den bekannten marinierten Schweinebauch, die japanische Gurke, die würzigen Cashews und etwas vorzügliche Salami. All dies bereitet den Gaumen mit der prägnanten Schärfe auf die folgenden Gänge vor. Denn eins ist klar: Tim Raue würzt mutig und eher mit dem Gong als mit dem Glöckchen.
Deutlich wird das zum Beispiel beim Sashimi von der Makrele mit Shiso und einem Sud aus Ponzu. Wie bereits bei früheren Gerichten, und da auch gerne bei den fischigen Vorspeisen, wird der Schärfegrad bis an die Grenze ausgereizt, aber eben nicht überschritten. Toll und auch optisch ein echter Hingucker.
Dem steht auch die Gänseleber (8,--€ Zuschlag) , eines der zahlreichen Signature-Dishes, in nichts nach. Mit Matcha-Tee marmoriert, einigen getrockneten Trauben, etwas säuerlichem Gel, einem leicht scharfen Püree und einigen Blättern Jiaogulan, dem Unsterblichkeitskraut, garniert, ist auch dieses Gericht einfach erst mal super schön anzuschauen. Je nachdem, in welcher Dosierung die unterschiedlichen Komponenten mit der schmelzigen Leber kombiniert werden, ergeben sich sehr abwechslungsreiche Nuancen. Zu Recht ein Klassiker.
Zum festen Repertoire bei Raue gehören immer einige Dim Sums, die auch häufiger wechseln, so dass man sich überraschen lassen kann, welche Gerichte oder Zutaten er in Dim Sum-Form interpretiert. Bei mir ist es ein Klassiker der französischen Küche, die Ente à l'Orange mit Chicorée und in der Tat schwebt, vor allem durch die ausgezeichnete Sauce, ein ganz klares vertrautes Aroma über dem Teller. Der Teig perfekt, die Füllung elegant - sehr gelungen.
Die Version mit Hühnerbrühe, Jakobsmuschel und Bambuspilzen ist mir zu dezent. Klar ist die Brühe gut, aber weder das luftige Teiggebilde noch das Muschelfleisch können markante Gegenpunkte setzen. Gut, aber nicht überragend.
Ein weiterer Klassiker dann der Zander im Sud aus 10-jähriger Sojasauce (8,--€ Zuschlag), den mein Mann wählt. Auch über diesen Teller ist bereits so häufig berichtet worden, dass ich nicht viel hinzufügen muss. Der Zander ist von hervorragender Qualität und der Sud in seiner unglaublichen Tiefe einfach zum Hineinlegen. Ich hatte das Gericht im Januar und erinnere beim Querprobieren sofort wieder alle Details.
Ich selbst probiere dieses Mal den Hamachi in Jade Sauce und Sansho Pfeffer. Das gefällt mir auch sehr gut, lässt eine dezente Schärfe erkennen, bleibt aber unterm Strich sehr elegant.
Beim Hauptgang entscheide ich mich für das im Lotusblatt gegarte Bettlerhuhn, einem Stück aus der Perlhuhnkeule, mit Feldsalat. Das Fleisch schmeckt würzig und leicht scharf, ist aber grenzwertig portioniert. Gefühlt (oder tatsächlich) sind wir hier bei nicht mehr als 70-80g, so dass das Querprobieren dieses Mal nur in homöpathischen Mengen passiert.
Was auch für die 6 Scheibchen Bauch des Dong Po-Schweins gilt. Akkurat aufgestellt und mit sehr feiner Galgantsauce und Wassermelone versehen, ist auch dies ein Fleischgang eher am unteren Gewichtsniveau. Geschmacklich aber dafür weit oben.
Zum Abschluss gehe ich auf die süße Seite und bekomme mit einer knusprigen Rolle aus Quitte, Macadamia Nougat und Passionsfrucht eine fast schon klassisch anmutende Komposition. Ist erneut auf sehr gutem, aber nicht überragendem Level.
Dafür überrascht mich der Käsegang meines Gatten umso mehr. Was mit Brie de Meaux, schwarzem Trüffel und Haselnuss eher belanglos klingt, entpuppt sich als cremig, knuspriges Vergnügen, das absolut überrascht. Natürlich probieren wir auch hier quer und ich muss mich zügeln, den Teller überhaupt wieder herzugeben.
Tim Raue ist und bleibt eine sichere Bank. Seine Handschrift ist unverkennbar und in dieser Form in Deutschland vermutlich einmalig. Das ist asiatische Küche modern und reduziert interpretiert, aber außerordentlich fokussiert und geschmacklich tiefgründig. Schärfe, mal mehr, mal weniger prägnant, aber immer dezent vorhanden, ist ein vorherrschendes Thema. Aber es ist ja auch spannend zu erfahren, dass es Schärfe nicht nur in unterschiedliche Graden, sondern auch in unterschiedlichen Geschmacksformen gibt. Die Portionsgröße bei den Hauptgängen fand ich etwas unbefriedigend, aber mit fünf oder sechs Gängen ist man gut bedient und darf sich auf ein höchst erfreuliches Mittagserlebnis einstellen.
Dazu trägt auch der unkomplizierte Service und André Macionga als Sommelier bei, der aus einer umfangreichen Weinkarte nicht nur kostspieliges empfiehlt. Wir hatten beim letzten Besuch großen Spaß mit dem Chardonnay Rosengarten vom Weingut Uexkuellhof aus Bechthofen, das von Georg Fischer, einem Starfotografen bewirtschaftet wird und bestellen ihn erneut. Der Wein ist kraftvoll, mit gut eingebundenem Holz und hält ausreichend mit der Schärfe der Gerichte mit. Zudem ist er mit 48 Euro mehr als fair bepreist.
Als wir zwei Stunden später im Zug nach Hause sitzen, ist eins schon jetzt klar. Wenn Berlin, dann auf jeden Fall wieder Tim Raue. Gesetzt ist eben gesetzt.
Unser erstes Menü 2016 hatten wir bei Tim Raue in Berlin und das (nahezu) letzte soll auch dort sein. Ein Lunch bei Raue ist eigentlich immer gesetzt, denn ich mag die Atmosphäre dort, das helle Restaurant mit den meterhohen Fenstern, dem lockeren Service und dem großartigen Essen, das es mittags nach wie vor zu verhältnismäßig günstigem Kurs gibt, für ein Zweisternerestaurant allemal. Andere Häuser dieser Klasse würden was um dessen Auslastung zur Mittagszeit geben. Alle Tische sind an diesem Mittwoch... mehr lesen
Geschrieben am 20.06.2018 2018-06-20| Aktualisiert am
20.06.2018
The World's 50 Best Restaurants-Liste wurde wieder für 2018 verkündet. Ein großes Fest in Bilbao am 19. Juni gab den Rahmen ab. Fast alle Spitzenköche waren persönlich anwesend.
Die Entscheidungen der Jury sind immer wieder umstritten, aber die Ergebnisse werden weltweit beachtet.
Deutschland ist dabei jedoch stark zurückgefallen.
Das beste und einzige deutsche Restaurant ist dabei das Berliner Tim Raue, das sich um elf Plätze auf den 38. verbessert.
„Wir sind unglaublich stolz und dankbar, das dritte Jahr in Folge als eines der 50 besten Restaurants der Welt gelistet zu sein und uns sogar noch so deutlich verbessert zu haben. Der absolute Wahnsinn! Unser Dank gilt unserem grandiosen Team, das tagtäglich gemeinsam mit uns Gäste aus aller Welt begeistert. Aber natürlich auch unseren Gästen und Partnern, die uns seit vielen Jahren begleiten ", so die beiden Eigentümer, Tim Raue und Marie-Anne Raue.
Auf den Rängen 51 bis 100 ist Deutschland mit vier Restaurants vertreten. Das sind drei mehr als im vergangenen Jahr. Neu dabei sind „das Atelier“ in München auf dem 97. Platz von Küchenchef Jan Hartwig und das Berliner „Nobelhart & Schmutzig“ auf dem 88. Rang. Das Wolfsburger "Aqua" verliert gegenüber dem Vorjahr drei Plätze und liegt nun auf dem 77. Rang. Das Venôme von Joahchim Wissler in Bergisch-Galdbach erhält den 66. Platz und ist damit definitiv nicht mehr das beste Restaurant in Deutschland.
The World's 50 Best Restaurants-Liste wurde wieder für 2018 verkündet. Ein großes Fest in Bilbao am 19. Juni gab den Rahmen ab. Fast alle Spitzenköche waren persönlich anwesend.
Die Entscheidungen der Jury sind immer wieder umstritten, aber die Ergebnisse werden weltweit beachtet.
Deutschland ist dabei jedoch stark zurückgefallen.
Das beste und einzige deutsche Restaurant ist dabei das Berliner Tim Raue, das sich um elf Plätze auf den 38. verbessert.
„Wir sind unglaublich stolz und dankbar, das dritte Jahr in Folge als eines der... mehr lesen
Geschrieben am 14.06.2016 2016-06-14| Aktualisiert am
14.06.2016
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Tim Raue
In den frühen Morgenstunden nach deutscher Zeitrechnung (Dienstag, 14. Juni 2016) wurden wieder einmal die jährlichen Preise der „World’s 50 Best Restaurants“ in New York überreicht.
Ob das die wirklich "Die Besten" sind, wird immer wieder heiß diskutiert.
Nichts desto trotz schmückt sich eigentlich jedes Restaurant gerne mit einer Erfolgsmeldung aus diesem Ranking.
Die Plätze 51 bis 100 waren schon vor ein paar Tagen verkündet worden.
Zur Preisverleihung werden die Küchenchefs zu einer Gala eingeladen.
Dieses Jahr konnten sich aus Deutschland wieder zwei Köche auf die Reise machen:
Joachim Wissler und Tim Raue.
Das Vendome gehört seit Jahren zur Spitze; Tim Raue war zum ersten Male nominiert; er war 2015 aber schon auf Rang 52 vorgedrungen.
Und nun die Überraschung:
Tim Raue zieht an Joachim Wissler vorbei!
34 Tim Raue
35 Joachim Wissler
Nun, kann wieder einige Wochen über den Wert und die Wichtigkeit dieser Platzierung diskutiert werden.
Aber ich gratuliere beiden herzlich: Herrn Wissler zum langjährigen Erfolg und Tim Raue zum Vordringen in die Weltspitze.
Wer alle Listen sehen möchte, kann hier nachsehen:
Andere sehen sich die Oscar-Verleihung nachts an, mir ist die Köche-Variante wichtiger.
Die Liste wird anhand der Stimmen einer "Academy" vergleichbar mit der der Filmbranche aufgestellt. Die Jury besteht hier aus über 970 Fachleuten der Gastronomie.
In den frühen Morgenstunden nach deutscher Zeitrechnung (Dienstag, 14. Juni 2016) wurden wieder einmal die jährlichen Preise der „World’s 50 Best Restaurants“ in New York überreicht.
Ob das die wirklich "Die Besten" sind, wird immer wieder heiß diskutiert.
Nichts desto trotz schmückt sich eigentlich jedes Restaurant gerne mit einer Erfolgsmeldung aus diesem Ranking.
Die Plätze 51 bis 100 waren schon vor ein paar Tagen verkündet worden.
Zur Preisverleihung werden die Küchenchefs zu einer Gala eingeladen.
Dieses Jahr konnten sich aus Deutschland wieder zwei Köche auf... mehr lesen
Geschrieben am 26.05.2015 2015-05-26| Aktualisiert am
29.05.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Tim Raue
Erst am 1. Juni 2015 gibt es die Bekanntgabe der Spitzenplätze der World’s 50 Best Restaurant in London. Dieser Wettbewerb hat auch den Namen Pellegrino-Liste. In der Jury sitzen fast 1000 Mitglieder.
Natürlich bleiben die Ergebnisse trotzdem jedes Jahr umstritten.
Es fällt auf, dass deutsche Spitzenhäuser nur dünn vertreten sind.
Trotzdem ist es - wie auch bei anderen Preisen - eine tolle Sache unter den Besten genannt zu werden.
Das Berliner Restaurant „Tim Raue“ erreichte dort den 52. Platz und verpasst nur knapp den Einzug in die Top 50. Tim Raue ist sogar der einzige deutsche Vertreter auf den Plätzen 51 bis 100. Der Zweisterne-Koch war 2014 schon auf der Liste; sein Platz hatte damals die Nummer 78: Also eine große Steigerung. Und beinahe hätte es sogar für die Spitzengruppe gereicht.
Die Schwarzwaldstube war 2014 noch auf Rang 83 – und damit wahrscheinlich ganz heraus. Denn aus Deutschland waren im vergangenen Jahr nur noch das Aqua (Platz 28) in Wolfsburg und das Vendôme (Platz 12) in Bergisch-Gladbach geführt. Sie können weiter auf die neue Liste hoffen.
Die Bekanntgabe der Plätze 51 bis 100 vor der The World’s 50 Best Restaurants-Liste ist eine Neuheit. Damit sollen diese Restaurants mehr Beachtung erhalten. Bisher wurden hauptsächlich die Spitzenplätze beachtet.
Unter den Plätzen 51 bis 100 sind elf Neuzugänge.
Aber die Vor-Veröffentlichung der Liste macht auch einige Hoffnungen von Restaurants zunichte, die im vergangenen Jahr noch unter den Top 50 waren.
Weltweit werden also wahrscheinlich nur drei deutsche Restaurants unter den Top 100 sein; aber nur Tim Raue hat seinen Platz schon sicher.
Für ihn ist das sicher eine besondere Ehre und vielleicht sind auch drei Michelin-Sterne in Zukunft möglich; denn der Druck auf die Tester wird mit diesem Abschneiden steigen.
Erst am 1. Juni 2015 gibt es die Bekanntgabe der Spitzenplätze der World’s 50 Best Restaurant in London. Dieser Wettbewerb hat auch den Namen Pellegrino-Liste. In der Jury sitzen fast 1000 Mitglieder.
Natürlich bleiben die Ergebnisse trotzdem jedes Jahr umstritten.
Es fällt auf, dass deutsche Spitzenhäuser nur dünn vertreten sind.
Trotzdem ist es - wie auch bei anderen Preisen - eine tolle Sache unter den Besten genannt zu werden.
Heute am 26. Mai. 2015 wurden schon vorweg die Plätze 51 bis 100... mehr lesen
Das Schöne ist, dass die Karte neben einigen Klassikern immer auch genug Abwechslung bietet, dass es einem nicht langweilig wird. Im Rahmen unseres Berlin-Trips hatten wir bei fünf Restaurants drei für uns neue Adressen, die zum Teil durchaus experimentell und fordernd waren. Da ist es beruhigend, sich bedenkenlos fünf Gänge (68,--€) auszuwählen und zu wissen, dass es gut werden wird.
Zum Apéritif gibt es wie gewohnt einige kleine prägnante Knabbereien, den bekannten marinierten Schweinebauch, die japanische Gurke, die würzigen Cashews und etwas vorzügliche Salami. All dies bereitet den Gaumen mit der prägnanten Schärfe auf die folgenden Gänge vor. Denn eins ist klar: Tim Raue würzt mutig und eher mit dem Gong als mit dem Glöckchen.
Deutlich wird das zum Beispiel beim Sashimi von der Makrele mit Shiso und einem Sud aus Ponzu. Wie bereits bei früheren Gerichten, und da auch gerne bei den fischigen Vorspeisen, wird der Schärfegrad bis an die Grenze ausgereizt, aber eben nicht überschritten. Toll und auch optisch ein echter Hingucker.
Dem steht auch die Gänseleber (8,--€ Zuschlag) , eines der zahlreichen Signature-Dishes, in nichts nach. Mit Matcha-Tee marmoriert, einigen getrockneten Trauben, etwas säuerlichem Gel, einem leicht scharfen Püree und einigen Blättern Jiaogulan, dem Unsterblichkeitskraut, garniert, ist auch dieses Gericht einfach erst mal super schön anzuschauen. Je nachdem, in welcher Dosierung die unterschiedlichen Komponenten mit der schmelzigen Leber kombiniert werden, ergeben sich sehr abwechslungsreiche Nuancen. Zu Recht ein Klassiker.
Zum festen Repertoire bei Raue gehören immer einige Dim Sums, die auch häufiger wechseln, so dass man sich überraschen lassen kann, welche Gerichte oder Zutaten er in Dim Sum-Form interpretiert. Bei mir ist es ein Klassiker der französischen Küche, die Ente à l'Orange mit Chicorée und in der Tat schwebt, vor allem durch die ausgezeichnete Sauce, ein ganz klares vertrautes Aroma über dem Teller. Der Teig perfekt, die Füllung elegant - sehr gelungen.
Die Version mit Hühnerbrühe, Jakobsmuschel und Bambuspilzen ist mir zu dezent. Klar ist die Brühe gut, aber weder das luftige Teiggebilde noch das Muschelfleisch können markante Gegenpunkte setzen. Gut, aber nicht überragend.
Ein weiterer Klassiker dann der Zander im Sud aus 10-jähriger Sojasauce (8,--€ Zuschlag), den mein Mann wählt. Auch über diesen Teller ist bereits so häufig berichtet worden, dass ich nicht viel hinzufügen muss. Der Zander ist von hervorragender Qualität und der Sud in seiner unglaublichen Tiefe einfach zum Hineinlegen. Ich hatte das Gericht im Januar und erinnere beim Querprobieren sofort wieder alle Details.
Ich selbst probiere dieses Mal den Hamachi in Jade Sauce und Sansho Pfeffer. Das gefällt mir auch sehr gut, lässt eine dezente Schärfe erkennen, bleibt aber unterm Strich sehr elegant.
Beim Hauptgang entscheide ich mich für das im Lotusblatt gegarte Bettlerhuhn, einem Stück aus der Perlhuhnkeule, mit Feldsalat. Das Fleisch schmeckt würzig und leicht scharf, ist aber grenzwertig portioniert. Gefühlt (oder tatsächlich) sind wir hier bei nicht mehr als 70-80g, so dass das Querprobieren dieses Mal nur in homöpathischen Mengen passiert.
Was auch für die 6 Scheibchen Bauch des Dong Po-Schweins gilt. Akkurat aufgestellt und mit sehr feiner Galgantsauce und Wassermelone versehen, ist auch dies ein Fleischgang eher am unteren Gewichtsniveau. Geschmacklich aber dafür weit oben.
Zum Abschluss gehe ich auf die süße Seite und bekomme mit einer knusprigen Rolle aus Quitte, Macadamia Nougat und Passionsfrucht eine fast schon klassisch anmutende Komposition. Ist erneut auf sehr gutem, aber nicht überragendem Level.
Dafür überrascht mich der Käsegang meines Gatten umso mehr. Was mit Brie de Meaux, schwarzem Trüffel und Haselnuss eher belanglos klingt, entpuppt sich als cremig, knuspriges Vergnügen, das absolut überrascht. Natürlich probieren wir auch hier quer und ich muss mich zügeln, den Teller überhaupt wieder herzugeben.
Zum Espresso gibt es dann noch einige leckere geeiste Pralinen.
Tim Raue ist und bleibt eine sichere Bank. Seine Handschrift ist unverkennbar und in dieser Form in Deutschland vermutlich einmalig. Das ist asiatische Küche modern und reduziert interpretiert, aber außerordentlich fokussiert und geschmacklich tiefgründig. Schärfe, mal mehr, mal weniger prägnant, aber immer dezent vorhanden, ist ein vorherrschendes Thema. Aber es ist ja auch spannend zu erfahren, dass es Schärfe nicht nur in unterschiedliche Graden, sondern auch in unterschiedlichen Geschmacksformen gibt. Die Portionsgröße bei den Hauptgängen fand ich etwas unbefriedigend, aber mit fünf oder sechs Gängen ist man gut bedient und darf sich auf ein höchst erfreuliches Mittagserlebnis einstellen.
Dazu trägt auch der unkomplizierte Service und André Macionga als Sommelier bei, der aus einer umfangreichen Weinkarte nicht nur kostspieliges empfiehlt. Wir hatten beim letzten Besuch großen Spaß mit dem Chardonnay Rosengarten vom Weingut Uexkuellhof aus Bechthofen, das von Georg Fischer, einem Starfotografen bewirtschaftet wird und bestellen ihn erneut. Der Wein ist kraftvoll, mit gut eingebundenem Holz und hält ausreichend mit der Schärfe der Gerichte mit. Zudem ist er mit 48 Euro mehr als fair bepreist.
Als wir zwei Stunden später im Zug nach Hause sitzen, ist eins schon jetzt klar. Wenn Berlin, dann auf jeden Fall wieder Tim Raue. Gesetzt ist eben gesetzt.