Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Spontan also zu einem gemeinsamen Essen verabredet und für halb zwei einen schönen Tisch reserviert, die Vorfreude stieg und schon hatte das Wochenende einen schön gestalteten frühen Start.
Man warnte mich noch vor einer etwas schwierigen Parkplatzsituation und das zeigte sich am - in einem dichtbesiedelten, zentrumnahen Wohngebiet liegenden - Restaurant als durchaus berechtigt, jedoch hatte ich großes Glück und ergatterte etwas in unmittelbarer Nähe.
Die wie immer pünktlichen Herrschaften Kritikerkollegen hatten schon (Schaufenster-)Platz genommen und machten durch die große Scheibe durch freudiges Winken unübersehbar auf sich aufmerksam - da ich mich an der Kreuzung noch etwas umsah befürchtete man anscheinend ich könne die Lokalität übersehen.
Das äußere Erscheinungsbild teilt das Restaurant mit dem benachbarten „Store“ einer Lifestyle-Modemarke, deren Name („Sylt affin“) und Ausrichtung mir leichtes Unbehagen bereitete, sollte es auch einen gemeinsamen Betreiber geben und diese Attitüde womöglich auch inhaltlich in das Restaurant-Konzept abstrahlen.
Ein Check der Karte verhieß jedoch vorsichtige Entwarnung, die Preise zwar nicht unbedingt volkstümlich aber mitnichten vom Mond, die Ausrichtung eine schön ausbalancierte „kreative Klassik“ ohne zweifelhafte Experimente die einen nach der Hälfte der Lektüre vergessen lassen, dass man in einem italienischen Restaurant weilt.
Einmal das recht kleine Restaurant betreten und durch den mit einem schönen Vorhang konstruierten Windfang gekämpft wird einem jedoch schnell klar, dass das Thema Design bei der Renovierung des einstigen Ladenlokales eine nicht gerade untergeordnete Rolle gespielt hat.
Klare Linien, dezente Beleuchtung, dominante dunkle Töne an Wänden und Boden, schöne Materialien, Stoffservietten etc. etc. - die Vorkritik hat hier schon viel zu Tage gefördert und meine Fotos sind sicher aussagekräftiger als meine bescheidenen Schilderungen. Ich habe mich wohl gefühlt, obwohl dem Ganzen zugegeben eine leicht kühle Reißbrett-Note innewohnt und dies für mich meist sehr negativ besetzt ist.
Die Begrüßung durch den Service in Person eines mit Krawatte agierenden Herrn in den besten Jahren freundlich und ohne gemurmeltes Restaurant-Italienisch, der Mantel wurde entgegengenommen und es folgten die freudigen gegenseitigen Begrüßungen an unserem Tisch.
Stammgast Siebecko erklärte mir sogleich überaus fürsorglich das selbsterklärende Konzept eines zweigängigen Mittagsmenüs, man hat die Wahl aus zwei Vorspeisen, drei Hauptgerichten und erhält zu sehr überschaubaren 11,90 tatsächlich noch einen Espresso.
Auch uteester empfand dieses Angebot als unschlagbar, war alsbald mit der Auswahl der Speisen fertig und widmete sich flugs begeistert der Weinauswahl.
Da mir die Hauptgerichte nicht zusagten, erwog ich eine Option aus der Abendkarte, was nach dem generösen Angebot von Siebecko, die Vorspeise seines Menüs verschlingen zu dürfen auch in Form eines verheißungsvollen Klassikers aus der Abteilung „Carne“ in die Tat umgesetzt wurde.
Eine erste Flasche Pellegrino, 0,75l zu akzeptablen 5 €, hatten wir zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Tisch, das Einschenken wurde mit Routine und Geschick erledigt, leider blieb die Flasche ohne Tischkühler.
| Amuse |
Ofenfrische, duftende kleine Baguettes und Brötchen aus Pizzateig in einem schönen Körbchen, dazu Oliven und getrüffelte Butter.
Das Brot war wunderbar gebacken, der Teig saftig und mit Geschmack, mit den krümeligen, trockenen und lauwarmen Exemplaren die man gerne in negativer Erinnerung hat, gab es keine Gemeinsamkeiten.
Die Oliven gefielen mit viel Geschmack und das man in der köstlichen, luftig aufgeschlagenen Butter kein penetrant vorschmeckendes, meist notorisch überdosiertes aromatisiertes Öl, sondern echte Ware verwendete ist sehr positiv zu bewerten.
Auf dem Tisch finden sich zudem Olivenöl und Balsamico, sowie vergleichsweise hochwertige Pfeffer- und Salzmühlen, die man zusätzlich zur Variation mit dem Brot hätte einsetzen können.
| Vorspeise |
Zwiebelsuppe mit Thymian
Die großzügige Spende von Siebecko wurde serviert und überzeugte zunächst mit einem appetitlichen thymianlastigen Wohlgeruch.
Über Geschmack lässt sich streiten: Während die Speerspitze der Garmisch-Partenkirchener Kritikerszene, Kollegin Obacht!, im Verlauf des Essens – dank der unermüdlichen „Live Berichterstattung“ von uteester bei Whatsapp… - ausdrücklich das „hübsche Geschirr“ lobte, empfand ich das dunkle, unruhige Design zwar ohne Frage stimmig im Kontext des restlichen Interieurs, aber nicht sehr ästhetisch im Sinne von appetitanregend – ich mag es eher schlicht in Weiß.
Da ich, wie der Zufall so will, genau vor einer Woche beim Essen mit First ebenfalls eine thymianbewehrte Zwiebelsuppe im Zaunkönig hatte, war der Vergleich spannend.
Dieses Exemplar im Rossini hatte weniger Wucht im Fond, weniger Süße und Konzentration und für meine Begriffe einen Hauch zu viel herbe Säure, dafür aber schmeckte man den herrlichen Thymian gut heraus und die fein gearbeiteten Zwiebeln hatten noch etwas angenehmen Biss.
Die Croutons hatten bereits jegliche Rösteffekte verloren und sich komplett mit der Suppe vollgesogen, das fand ich etwas schade.
Bevor aber jemand denkt sie habe nicht geschmeckt gebe ich volle Entwarnung, an sich eine sehr wohlschmeckende Suppe, die lediglich im direkten Vergleich zu letzter Woche etwas den Kürzeren zieht.
Zu der Suppe gesellte sich eine weitere Spende meiner gönnerhaften Tischgesellschaft, ein Glas von der Flasche des gut gekühlten Lugana wurde mir verordnet, anfängliche Bedenken ob der frühen Stunde verloren sich beim Anblick meines traurigen, einsamen Wasserglases sehr schnell.
Der Wein überzeugte im Glas mit einer strahlenden, strohgelben Farbe, auf der Zunge u.a. mit kräftiger Zitrusfrucht und Honigmelone, ein schöner Begleiter mit einem vernünftigen Preis-Leistung-Verhältnis angesichts eines Flaschenpreises von ca. 24 Euro.
| Hauptgericht |
Kalbs-Paillard auf Rucola, Parmesan und Kirschtomaten – 21,90 €
Angesichts des Settings und der Preisgestaltung des Gerichtes empfand ich die Anrichtung als etwas rustikal. Zudem erschien die Menge des plattierten und nach dem Garen zerteilten Stücks vom Kalbsrücken einen Hauch überschaubar (hier mag das Foto ggf. etwas täuschen) und die halbierten Kirschtomaten wurden leider nicht in der Pfanne geschwenkt.
Geschmacklich gab es jedoch nichts auszusetzen, der generös verwendete Käse und Balsamico schmeckten jeweils nach Qualität und der knackige Rucola überzeugte mit Frische und Aroma.
Das Paillard überraschte geschmacklich eher nicht und hielt sich im Hintergrund. Da das Fleisch durch das extreme Plattieren in diesem Fall etwas zur Trockenheit neigte, hätte man durch die Dominanz von Essig und Parmesan durchaus auch andere, banalere Fleischsorten wählen können ohne dem Gericht zu schaden - rückblickend ist mir da eine klassische Tagliata di Manzo aus einem schönen Rumpsteak doch wesentlich lieber.
Ich würzte noch etwas mit Pfeffer und Salz nach und hatte ein schönes, rundes Gericht mit qualitativ hochwertigen Komponenten, allerdings beschlich mich etwas das Gefühl, für 22 Euro hier doch etwas mehr erwartet zu haben und damit meine ich ganz sicher nicht in erster Linie die Menge des Fleischanteiles.
| Dessert |
Hausgemachtes Tiramisu – 6,90 €
Das Tiramisu auf der Karte ließ vor meinem unterzuckerten geistigen Auge ein monströses, backsteingroßes Exemplar derselben erscheinen und ich bestellte mir eine Portion (ich gebe gerne zu, ich war noch leicht hungrig nach dem Hauptgericht und das obwohl ich das letzte Panini gierig in die Balsamico Pfützen auf meinem Teller tunkte).
Nachdem ich durchgefroren aus der Kälte zurückkehrte – mein Chef läutete vor dem Servieren durch – erwartete mich kein Backstein, dafür aber ein sehr ansehnlich arrangiertes Tortenstück mit Physalis-Hütchen und beeriger Begleitung als Frucht und Mousse, sowie etwas zierende Schokolade.
Ich war begeistert, eine grandiose Tiramisu, die cremige Mascarpone hatte noch leichte Zitrusnoten, das Ganze war wunderbar füllig und saftig aber noch luftig genug um einem nicht das Gefühl zu geben, mit jedem Löffel 50 Gramm reines Fett und 800 Kalorien zu sich zu nehmen.
Alleine wenn ich an den Teig denke wird mir warm ums Herz, ein absolut krisensicherer Nachtisch, die frischen Früchte und die Mousse naturgemäß eine bewährte Kombination zum Dolce Vita Schichtkuchen #1.
Würde ich hier jederzeit wieder bestellen und dies sei hiermit zur Nachahmung nachdrücklich empfohlen!
Obwohl ich das Mittags-Menü nicht gewählt hatte, gönnte man auch mir danach einen Espresso aufs Haus und dieser war auch zur Freude des Verkosters geraten, ein sehr aromatisches Tässchen mit schöner Crema!
Fazit
Posh but tasty! :-) Hier stimmen Ware und Küchenleistung, ob einem das Ambiente gefällt muss jeder für sich selbst entscheiden. Oft bestätigte Vorurteile der – zumeist nach eigener Darstellung – leicht „gehobenen“ italienischen Gastronomie trafen hier nicht zu.
Der Service aufmerksam und stets präsent, dabei charmant und nicht aufgesetzt- fünf Sterne!
Die Küche gut mit etwas Luft nach oben, hier bin ich bei vier Sternen.
Das Ambiente vielleicht einen Hauch kühl für manche Geschmäcker, trotzdem durch die überschaubare Größe des Ganzen behaglich und stimmig, auch vier Sterne.
Beim PLV bin ich heute bei drei Sternen, hätte ich das Menü gewählt wäre ich sicher bei vier oder fünf Sternen gelandet.
Das Restaurant ist sicher eine interessante Empfehlung für Dortmund und Umland, wenn es sich ergibt werde ich sicher noch einmal reinschauen.