Geschrieben am 08.10.2018 2018-10-08| Aktualisiert am
09.10.2018
Besucht am 30.07.2018Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 198 EUR
Seit marcO74 furioser Erstkritik war für mich klar:
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über die Rheinebene bis Mannheim und bei klarer Sicht weiter bis an die Hänge des Odenwaldes erlaubt. Mit Mandelbäumen und Rebstöcken in der Nachbarschaft blieben wir durch die Höhen vor dem Wind geschützt lange (sehr lange, dazu später mehr) hier draußen sitzen. Derweil funkelten die Lichter der BASF aus der Ferne wie Edelsteine und ein roter Mond stieg vor uns am Himmel auf. Ein wunderbarer Ort, wie geschaffen zum Genießen. Zu später Stunde wurden „Grablichter“ entzündet, was die letzten Fotos auch nicht mehr wirklich retten konnte. Sehr gut gefiel mir die Gestaltung des Grundstücks unterhalb der Terrasse mit Rosengarten, Spielmöglichkeiten für Kinder und Loungemöbeln unter einem Pavillon. Wenn es nicht so spät geworden wäre, hätten wir dort unten gern noch einen Kaffee und vielleicht einen Absacker getrunken. Alles sehr gepflegt, bestimmt toll für einen Sektempfang etc. Auch den von marcO beschriebenen Innenbereich fand ich ansprechend; modern und klar, aber seine Herkunft als Weinstube nicht verleugnend.
Der Service konnte zumindest an diesem Abend leider nicht mit dem zauberhaften Ambiente mithalten. Eine junge Dame agierte sehr unpersönlich und absolut humorlos; das erste Lächeln sahen wir nach drei Stunden. Kommuniziert wurde nur sehr knapp und so schaukelte sich die beiderseitig fehlende Sympathie auch auf. Ganz das Gegenteil war der zuvor gelobte Serviceleiter Herr Kuld, dessen Freundlichkeit zumindest mir so aufgesetzt schien, dass ich mir mehr als einmal „verar...“ vorkam. Vielleicht lag es daran, dass der Service auf der weitgehend belegten Terrasse, darunter mehrere größere Gruppen, unterbesetzt war. Oder ich war einfach noch durch eine vorher im Hotel erfahrene, wirklich schlechte Behandlung so genervt, dass ich den Abend mit einem zu kritischen Spruch zur Aperitif-Frage noch vor dem Hinsetzen schlecht eröffnete.
Hoffentlich haben meine gutherzigen Begleitungen den Service positiver in Erinnerung; dann lasse ich mich gern berichtigen.
Gegen schlechte Laune hilft gutes Essen und Trinken!
Aus der angenehm übersichtlichen Karte entschied sich ein Vielfraß für das 6-Gang-Menü für 65€, während der heimische Genießer mit dem Sommer Special „Rundum sorglos“ für 59€ schlemmen wollte. Nur die Dritte im Bunde beschied sich für den Dreiklang aus Salat, Hauptgang und Kaffee für sage und schreibe nur 22€. Alles sehr günstig! Zudem leistete Madame klaglos Fahrdienst, so dass die beiden Herren fleißig die offenen Weine verkosten konnten. Die ausschließlich regionalen Gewächse waren zwischen 4,2€ und 5,6€ je 0,1l-Fingerhut für eine Weingegend doch überraschend stramm bepreist. Der halbe Liter Saftschorle schlug mit 4,2€ zu Buche, 0,75l Fachinger mit 6€.
Nach der Bestellung bekamen wir reichlich Zeit zum Quatschen und Aussicht bewundern. Irgendwann forschte ich im Inneren nach einem Menschen, um meinen Wunsch nach einem Gläschen Winzersekt kund zu tun. Neben einer genervten Antwort bekam ich einen mustergültig gekühlten Riesing serviert, der mit 6,5€ auf der Rechnung erschien.
Nach einer halben Stunde Wartezeit gab’s dann auch die erste feste Kost in Form von vier Scheiben labberigem (= lätschigem) Weißbrot. Als wir später am Abend um etwas Nachschub baten, wurden wir immerhin mit knusprig aufgebackener Ware
belohnt. Kurz nach dem Brot kamen dann auch Küchengrüße in Form eines pikanten Dips à la Frankfurter Sauce sowie eines dagegen recht flach geratenen Gurkensüppchens
Mein Menü startete nach 45 Minuten mit einer kaum pikanten Gazpacho, die vor allem süß war. Mir fehlten am Gaumen deutlich Tomatenfrucht und grüne Paprika. Dazu ein gewohnt bukettreicher Sauvignon Blanc von Oliver Zeter.
Weiter ging’s dann mit wunderbar saftigem, gezupftem Teryaki-Lachs auf Gurken-Ingwer-Salat
von dem ich mir etwas mehr Schärfe versprochen hatte. Dafür waren die geflämmten Apfelwürfel und die Punkte sehr salziger Sojasauce gute Mitspieler, die ich nach eigenem Gusto portionieren konnte. Eine gelungene Anleihe aus Fernost, die für die Küchen der Moro-Gruppe typisch ist. Nur schade, dass bei dem ansonsten seit März 2017 unverändert gebliebenen Teller das Segel aus Nori-Alge fehlte, wie der Gedächtniskünstler aus Steinweiler sogleich konstatierte.
Die Cuvée aus zwei Burgundertrauben und Scheurebe schmeckte mir dazu allerdings sehr gut, obwohl der Pälza Buu neben mir vom Weingut der drei Schwestern Weegmüller nicht so ganz überzeugt schien. Überhaupt hatte ich mit der wohl überlegten, bodenständigen Weinauswahl überhaupt keine Probleme.
Es folgte ein rustikales SurfˋnˋTurf
Eine wirklich wunderbar würzige, saftige, knusprig gebratene Scheibe Blutwurst auf einem dicken Apfelring. Dazu in einem kräftigen Muschelschaum kleine Kamm-Muscheln (die Bezeichnung Baby-Jakobsmuscheln scheint mir nach ausgiebiger Recherche im Netz sehr nah am, sorry, Beschiss zu liegen. Ponys sind auch keine Baby-Pferde...). Auch diese Kombination gab es schon Anfang 2017, wenn auch als Suppengang, und der Kollege war nicht recht überzeugt. Ging mir genauso. Die kräftige Wurst hätte zunächst mal einen ebensolchen Apfel verdient, der verwendete blieb dagegen schwach. Die reichlichen verwendeten Muscheln waren zwar schön angebraten, blieben aber geschmacklich um Längen hinter echten Jakobsmuscheln zurück. Zusätzlich waren sie durch die hohe Temperatur recht fest geworden, an (nicht: über) der Grenze zu einer gummi-artigen Konsistenz. Hier wurde wohl eine gute Idee dem Wareneinsatz geopfert, um den Teller preislich interessant anbieten zu können. Aber Abstriche bei den Produkten für niedrigere Preise haben mich noch nie überzeugen können.
Mit einem schönen Riesling von Alten Reben vom Weingut Ohler aus dem Gimmeldinger Mandelgarten wurde die Regionalität auch im Glas sehr hoch gehalten.
Gewarnt vom Suppenkaspar der Südpfalz hatte ich tunlichst vermieden, den signature-dish abzuwählen. Wie erwartet wurde das Onsen-Ei im Einmachglas in reichlich Buchenholzrauch
serviert und schmeckte wie stets süffig. Statt den aus Neustadt bekannten Haferflocken gab es in Gimmeldingen als Unterbau wohl mit Koriander gefärbte grüne Glasnudeln
die außer ihrer Farbe aber nur wenig beisteuern konnten.
Zudem etwas schwierig aus dem kleinen Weckglas zu löffeln. (Für den Daueresser und alle anderen 80er-Jahre-Filmjunkies: Wie sagte Julia Roberts so richtig - „Schlüpfrige kleine Schei...chen!“) Das ganze mit einem Orangenfond stark in die säuerliche Richtung verschoben. Pochiertes Ei und Säure sind für mich keine Traum-Kombi. Vielleicht hätten ja erdige Pfifferlinge hier eine Verbindung herstellen können. Taten sie leider nicht, die kleinen Exemplare waren geschmacksarm und sogar etwas wässrig. Ein enttäuschender Gang.
Auch hier konnte mich der Rosé von Philipp Kuhn trösten, eine fruchtige Mischung aus Merlot, Cabernet franc und Cabernet dorsa. Bei der letzten Traubensorte musste ich als Flachlandtiroler mehrmals nachfragen, war dem Rotwein-Aficionado natürlich peinlich vor seinen Pfälzer Kumpels!;-))
Dann war mal wieder Warten angesagt. Die Sonne verschwand, die Kerzen wurden entzündet, der Mond ging auf. Nach vielleicht weiteren 30 Minuten kam schließlich der Hauptgang. Der mich doch etwas versöhnte.
Die Perlhuhnbrust aus der Bresse war wunderbar saftig und aromatisch, zudem mit knuspriger Haut. „Er mag die Haut nur wenn sie kross ist, wenn sie zwischen den Zähnen kracht! Dann vergisst er, dass er voll ist. Ohohohoho!“ (Von Grönemeyer völlig zu Recht verworfener Text...)
Beilagen auch gelungen, rote Linsen und der an anderer Stelle unlängst arg gescholtene geschälte Weizen der Firma Egly - noch mit Biss. Der milde Curryschaum passte geschmacklich gut zum Geflügel und farblich zu ein paar Blättchen, vielleicht Spinat?
Das Fleisch war große Klasse und Graupen, Grieß, Haferflocken und sonstige Stärke abgebende Getreidespielarten mag ich eh ganz gerne.
Der begleitende Kalkmergel Spätburgunder von Pfaffmann wäre nicht meine erste Idee zum Perlhuhn gewesen, aber wenn es denn etwas Rotes sein soll, schon recht.
Den Abschluss bildeten für mich Camembert, Emmentaler und Blue dˋAuvergne mit verschiedenen Chutneys
Wie immer war der süße rote Sweetheart von Oliver Zeter (aus der Magnum ausgeschenkt!) ganz nach meiner Mütze.
Die Frage nach einem Kaffee verneinte das starke Geschlecht unisono; es war spät geworden. Dass wir damit offenbar auch gleich den fest zum Menü unserer Fahrerin gehörenden kleinen Schwarzen gecancelt hatten, fiel uns erst bei der Heimfahrt auf. Nach fast vier Stunden erinnert man sich halt nicht mehr so ganz an die Bestellung. Der Service wohl auch nicht. Passte irgendwie ins Bild.
Fazit:
Hatten wir einen schlechten Tag erwischt? Fakt ist, dass immer mal wieder das Können der Küche aufblitzte. Insgesamt aber waren es doch viel zu viele kleine Ungereimtheiten, die ich hier nicht erwartet hätte. Manchmal ist die Vorfreude eben doch die schönste Freude.
Nur gut, dass der phänomenale Ausblick und besonders die liebsten GG-Freunde alles Ungemach mehr als aufwogen.
Seit marcO74 furioser Erstkritik war für mich klar:
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über... mehr lesen
Geschrieben am 08.04.2017 2017-04-08| Aktualisiert am
08.04.2017
Besucht am 31.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 143 EUR
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer Sommerabend bei gutem Essen und leckerem Wein, der mir noch heute im Gedächtnis ist.
Zeitsprung. Das am Ortsrand des schmucken Weinörtchens Gimmeldingen, dem Mekka für Mandelblütenenthusiasten, am Hang gelegene Lokal hört seit Anfang März diesen Jahres auf den Namen Moro und wird nicht mehr von den Netts betrieben. Ein Grund für den gastronomischen Rückzug der Familie lag sicherlich in der Person ihrer früheren Restaurantleiterin, die aus Altersgründen aufhörte. Vielleicht ist ja auch der charmanten Fernsehköchin, Rezeptsammlerin und Mutter zweier Kinder Susanne Nett (Sendung „echt gut! Klink und Nett“ im SWR) die Küchenleitung in Gimmeldingen schlichtweg zu viel geworden. Mit dem angeschlossenen Landhaus-Hotel und weiteren Gästezimmern wird es ihr und ihrem Mann Daniel auch in Zukunft bestimmt nicht langweilig.
Mit den beiden Betreibern der Zwockelsbrück, Sven Niederbremer und Pierre Hartung, hat man zwei erfahrene Nachfolger gefunden, die nun mit neuem Namen und Konzept das idyllisch gelegene Anwesen in der Gimmeldinger Meerspinnstraße 46 kulinarisch weiterführen. Da beide weiterhin im Zentrum von Neustadt ihre Gäste verwöhnen, wurde für das Moro eine junge Crew zusammengestellt. Diese soll nach den Vorgaben des Neustadter Erfolgsduos Niederbremer/Hartung die schon im Stammhaus funktionierende kulinarische Marschroute auch im benachbarten Gimmeldingen erfolgreich umsetzen. Wenn auch mit ein paar beabsichtigten Abweichungen. Doch dazu später mehr.
Mit Küchenchef Tobias Gräf aus Saarbrücken, der im dortigen Gästehaus Erfort (3 Michelin-Sterne) seine Kochausbildung absolvierte und danach gastronomisch um die halbe Welt tingelte, und Restaurantleiter Tobias Kuld, der schon im Deidesheimer Bistro 1718 sowie im Weißen Bock zu Heidelberg tätig war, hat man eine gesunde Mischung aus jung, aber sehr erfahren an Bord geholt. Ergänzt wird die „Tobias-Fraktion“ von drei weiteren festangestellten Helfern in der Küche und im Service.
Den norwegischen Restaurantnamen hat übrigens Sven Niederbremer aus seiner Heimat, der Hansestadt an der Weser, mitgebracht. Dort betrieb er vor ein paar Jahren im Ortsteil Walle sein erstes „Moro“ und schaffte mit einer kreativen, nordisch geprägten Regionalküche auf Anhieb sechs Pfannen im Restaurantführer Gusto. Das „Moro“, was ins Deutsche übersetzt „Spaß“ bedeutet, begeisterte damals die Bremer Genuss-Etage und so manch nordische Gourmetzunge denkt sicherlich heute noch ganz verzückt an diese Zeit zurück.
Apropos Spaß. Spaß machte mir schon die Informationsentnahme aus der übersichtlich und einladend gestalteten Homepage. Dort erfährt man so einiges über die gastronomische Philosophie der Betreiber. Starke Begriffe wie „Liebe“, „Herzblut“ und „Überzeugung“ werden als Basiselemente der dort zu erwartenden Gastfreundschaft genannt und stimmten mich neugierig. Natürlich musste ich im Vorfeld in der aktuellen Speisenkarte online schmökern, was meine Vorfreude auf den Besuch noch steigerte.
Die Karte ist – ganz in Zwockelsbrück‘scher Manier – sehr ausgesucht und übersichtlich gehalten. Genau wie im traditionsreichen Mutterlokal decken auch hier fünf Vorspeisen, sechs Hauptgerichte und drei Desserts die kulinarische Bandbreite ab. Vieles davon könnte auch direkt aus der Küche von Sven Niederbremer stammen, wenngleich im Moro die asiatischen Akzente viel stärker hervortreten.
Zusätzlich wird ein Menü in 4 oder 5 Gängen (56 bzw. 68 Euro) angeboten. Hier lassen sich auch einzelne Gänge vom À-la-carte-Angebot problemlos austauschen, was gegebenenfalls zu kleineren Preisaufschlägen führen kann. Pfiffig anmutende Standards, wie das aus der Zwockelsbrück bekannte, kurz geräucherte Onsen-Ei (10 Euro), werden im Moro fernöstlich interpretiert. Und das oft mit relativ einfachen Zutaten. Koriander, Shiitake-Pilze und Mie-Nudeln – fertig ist das Einmachglas im Asia-Style. Bei den Hauptgängen liegt der Fokus klar auf der Verwendung ausgesuchter Edelprodukte. Bresse Perlhuhn, wilder Steinbutt und Entrecôte bzw. Filet vom US Rind findet man auch nicht auf jeder Speisenkarte. Dass da die 30-Euro-Grenze für ein Hauptgericht durchbrochen wird, versteht sich von selbst.
Unser Tisch war auf 19 Uhr reserviert. Mit etwa zehnminütiger Verspätung trafen wir im Moro ein. Schon beim Gang durch den Hof des stattlichen Anwesens wurden bei uns Erinnerungen an das am letzten Wochenende stattfindende Mandelblütenfest wach. Da waren wir auf selbiger Terrasse zugegen und nach einem kleinen Plausch mit Herrn Hartung, ließ ich mir eine Scheibe gebratenen Saumagen schmecken. Es war mächtig was los und die aufgestellten Bierbänke reichten bei dem enormen Andrang kaum aus.
Bei unserer Ankunft am Freitagabend saßen noch ein paar Gäste (Hotelgäste?) draußen und genossen bei einem guten Glas Wein den für Ende März doch ungewöhnlich lauen Abend. Wie gerne hätten wir uns draußen nieder gelassen, aber leider wurde die Terrassensaison erst ein paar Tage nach unserem Besuch offiziell eröffnet. Bei nächster Gelegenheit wird die Open-Air-Feinschmeckerei an Ort und Stelle nachgeholt, da waren wir uns einig.
Von Restaurantleiter Tobias Kuld wurden wir freundlich in Empfang genommen, um unsere Jacken erleichtert und zu unserem Tisch geführt. Leider nicht der erhoffte Platz am Fenster mit Panoramablick. Ein bisschen zu sehr in der Raummitte war uns der Platz schon gelegen, aber sein größter Nachteil war das Fehlen einer Lampe. Da half auch das frisch angezündete Grablicht recht wenig. Für taugliche Fotos zu schießen war es im Gastraum ganz allgemein zu schummrig. Ich fragte die junge Servicedame nach einem Platz an der Sonne bzw. unter einer der Hängeleuchten und erklärte ihr mein fotographisches Anliegen. Und siehe da: das erste Glas Teinacher medium (0,75l für 5,50 Euro) war gerade eingeschenkt, da durften wir an einen Tisch direkt neben dem Thekenbereich wechseln und waren mit dieser Ortsverlagerung mehr als einverstanden. Besseres Licht, bessere Lage und erheblich bessere Akustik. Das machte alles viel angenehmer.
Beim Inspizieren der Räumlichkeiten fielen mir im Vergleich zum früheren „Netts-Betrieb“ keinerlei Veränderungen auf. Auf Nachfrage wurde mir das vom Service weitgehend bestätigt. Lediglich ein paar Bilder und ein stolzer Bonsai wären hinzugekommen. Das Gastromobiliar, bestehend aus massiven Tischen aus hellem Holz und leicht gepolsterten Metallstühlen mit Armlehne und Kunstlederüberzug, wurde von den Vorgängern übernommen. Auch für die in verschiedenen Grautönen gestrichenen Wände (hellgrau bis anthrazit) und die beidseitig verlaufende, hängende Lichtleiste mit Spots und zylinderförmigen Designerleuchten zeichnet sich die Familie Nett verantwortlich. Übrigens, der Umbau der Räumlichkeiten ist noch keine zehn Jahre her - warum also alles erneuern?
Ein kleiner Nachteil der hohen Decken ist die bei starker Auslastung etwas zu laute Akustik im Raum. Trotz der den mittleren Teil des Gastraumes durchziehenden Decke mit Schalldämmung war der Geräuschpegel – auch wegen eines besonders unangenehm auffallenden 4er Tisches im hinteren Bereich – zu hoch. Die gedimmte, von einzelnen Strahlern dominierte Atmosphäre im Inneren des Moro gefiel uns dagegen schon besser. Auch die Tatsache, dass zwischen den Tischen genügend Abstand gelassen wurde, nahmen wir positiv auf. Die 2er- bzw. 4er-Tische gruppieren sich um zwei zentrale Raumelemente. Eine größere Tafel, an der bis zu 8 Personen Platz finden würden, und eine ebenfalls in hellem Holz gehaltene Anrichte mit spirituellem Depot, Gläservorrat und Speisenkartenfundus sorgten für eine angenehme Leere im Zentrum des Restaurants. Der an diesem Abend verwaiste „Chef’s Table“ diente als hervorragender Platz zum Abstellen der Weinkühler. Ansonsten wird er in erster Linie vom Personal oder für das Frühstücksbuffet genutzt, versicherte mir die Bedienung. Darüber befand sich eine originelle Lampenkonstruktion aus nach unten hin immer kleiner werdenden, goldfarbenen Schalen, die sich gegenseitig anstrahlten und dadurch ein angenehm indirektes Licht verbreiteten. Zur dezent asiatischen Ausrichtung der Speisen passte das schon irgendwie. Und zum güldenen Streifen, der die komplette Rückwand durchzog, natürlich auch. Dunkelgestrichene Stützpfeiler aus Holz fungierten raumteilend und komplettierten zusammen mit mehreren Weinkühlschränken und der langen Theke das zeitlos-moderne Ambiente.
Wir bekamen Speisen- und Weinkarte gereicht. Die Frage nach einem Aperitif war mit der Flasche Wasser schon hinreichend beantwortet. Aber ein Fläschchen Pfälzer Wein sollte es an diesem Abend schon sein. Bei den offenen Kreszenzen fand ich das Angebot im Low-Price-Segment etwas dürftig. Der günstigste Vertreter, die Riesling Exklusiv-Abfüllung „Zwockelsbrück“, checkte bei 6,20 Euro für das „falsche Viertel“ (=0,2 l) ein, während man für die Erste Lage vom Gimmeldinger Biengarten Riesling des ortsansässigen VDP-Weinguts Christmann 17 Euro berechnet. Schade, dass hier den jungen wilden Pfalzwinzern nicht noch mehr Spielraum gegeben wird. Hier sehe ich in der Weinkarte noch Entwicklungspotenzial, zumal es der jungen Crew des Moro gut zu Gesicht stehen würde, wenn man sich mit wechselnden Monatsweinen noch stärker am Puls der Zeit befände.
Ganz anders sieht es beim Flaschenweinangebot aus. Neben amtsbekannten Größen wie Reichsrat von Buhl, Bürklin-Wolf und Christmann finden sich in der mit viel Bedacht und Sachverstand zusammengestellten Auswahl auch einige regionale Entdeckungen. Das keine 50 Meter auf der anderen Straßenseite entfernt liegende Weingut Ohler oder der Neustadter Weinimpresario Oliver Zeter seien beispielhaft genannt. Freunde südafrikanischer Weine profitieren vom Faible des Herrn Niederbremer, das er sich während seiner Zeit als Küchenchef im Restaurant des 5-Sterne-Hotels „Westcliff“ in Johannesburg aneignete. Wo stehen schon südafrikanische Naturweine wie der „El Bandito“ (Chenin Blanc) von Testalonga oder der Fryer’s Cove Sauvignon blanc auf der Karte? Und das in einer Weißweinregion wie der Pfalz. Chapeau!
Unsere Entscheidung fiel aufgrund der Fischdominanz beim Essen auf einen Weißwein aus der Region. Die Cuvée „Blütenrausch“ von Johann Ohler aus Gimmeldingen (23 Euro die Flasche) schien uns in Anbetracht des rosa erblühten Örtchens die passende Weinbegleitung zu sein. Die unerwartet blumige Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée erwies sich als echter Volltreffer und wurde von uns bis auf den letzten Tropfen geleert. Ob sie jetzt eher nach Melone, Aprikose oder Zitrone geschmeckt hat, sollen Fachzungen entscheiden. Zu unseren Gerichten hat sie jedenfalls toll harmoniert.
Womit wir beim Essen angelangt wären. Bescheiden wie man mich kennt, orderte ich das 5-Gang-Menü (68 Euro) mit ein paar zusätzlichen „Schikanen“. Als Suppenkasper verzichtete ich auf das Stunden-Ei aus der Onsenquelle und wollte stattdessen die Schaumsuppe von der Frühlingszwiebel (hier Frühlingslauch genannt) als zweiten Suppengang nach dem Muschelschaumsüppchen mit Blutwurst und Mini-Jakobsmuscheln haben. Auch der eigentliche Hauptgang, das Bresse-Perlhuhn mit Topinambur, machte mich aufgrund seiner Trüffelsauce nicht so an. Gegen einen Aufpreis von 10 Euro ersetzte der wilde Steinbutt das Bresse-Huhn beim Hauptgang. Alles kein Problem im Moro. Meine Begleitung, die nur Vor- und Hauptspeise bestellte, unterstützte mich bei meiner Menü-Bewältigung und tauschte eifrig mit mir aus.
Nach ein paar Scheiben frischem Brot von einer regionalen Bäckerei im näheren Umfeld von Gimmeldingen und einem dazugehörigen frischen Zitronen-Schmand-Dip als Amuse wurden die ersten Speisen aufgetragen. In einer schwarzen Keramikschüssel wurde der Glasnudelsalat „Moro“ mit karamellisiertem Schinkenspeck und Tom Yum Garnele für meine Begleitung serviert. Zeitgleich der auf Gurken-Ingwer-Salat thronende Teriyaki-Lachs, der mein Menü eröffnete. Dieser lag auf einem rechteckigen, flachen, ganz in grau gehaltenen Tonteller, auf dessen spröder Oberfläche sich die kleine „Esslandschaft“ erstreckte. Neben verschiedenen kleinen Tupfern, die mit süßen bzw. sauren Aromen den hauchzarten, auf den Punkt gegarten Lachs ergänzten, befanden sich noch geflämmte Apfelquader auf der eher unorthodoxen Keramik. Asia meets Northern Europe. Der Gurken-Ingwer-Salat war wohl das beste Beispiel dafür. Schon hier offenbarte sich die kulinarische Philosophie des Moro mehr als deutlich. Der aromatische Spannungsbogen wurde primär von süßen, säuerlichen und pikanten Akzenten aufrechterhalten. Zusammen mit einer gehörigen Brise Umami – hier in Form einer selbstgebackenen Hippe aus Nori-Algenblättern – ergab das ein sehr abwechslungsreiches Geschmacksbild, bei dem belebende Frische auf anregende Würze traf.
In Sachen Umami stand der reisessigsaure Glasnudelsalat meiner Begleitung dem Teriyaki-Lachs in nichts nach. Herausragend hier: der karamellisierte Bauchspeck. Selten so etwas Leckeres vom Schwein gegessen! Der Vorspeisentausch am Tisch hatte sich allein deshalb schon rentiert. Etwas Frühlingszwiebel gab dem Ganzen den frischen Dreh, die Tom Yum Garnelen brachten einen Hauch von Zitronengras in die Asia-Schüssel. Die leicht pikante Säure des Dressings ging mit den übrigen Ingredienzien eine vollaromatische Liaison ein, die uns begeisterte.
Mein zweiter Teller in der Menüfolge nannte sich Muschelschaum mit gegrillter Blutwurst und kleinen Jakobsmuscheln und hätte auch unter dem Titel Muschelsuppe mit gebratener Bluns (= Grieweworschd) firmieren können. Die maritime Suppe hatte viel frische Säure, die von der erdig-deftigen Blutwurst gut ausgeglichen wurde. Die Mini-Jakobsmuscheln gingen dabei leider geschmacklich komplett unter. Da half auch die kleine Wakame-Algen-Kolonie, die als Booster fürs Meeresaroma fungierte, recht wenig. Zu dominant war die salzig-säuerliche Muschelbrise, zu prägnant die kräftige Schwarzwurst. Dennoch ein Suppengang, der die Geschmacksrezeptoren neu justierte.
Hätte ich es doch beim Onsen-Ei belassen, dachte ich mir schon beim ersten Löffel von der Frühlingslauchschaumsuppe. Da war wohl beim Abschmecken etwas komplett schief gelaufen. Das Süppchen war brutal versalzen. Und auch von ihrer Konsistenz her war sie zu dickflüssig geraten. Mit der nordisch-asiatischen Leichtigkeit der vorherigen Gänge hatte dieser Teller wenig zu tun. Mir blieb nur die Flucht in die Reklamation. Die Dame vom Service reagierte verständnisvoll und nach ca. 5 Minuten brachte mir Chefkoch Tobias Gräf eine feinwürzig nach Frühlingszwiebeln duftende, mit geflämmten Saiblings-Stückchen garnierte, frisch aufgeschäumte Suppe, die tadellos mundete. Der sehr sympathische Küchenchef entschuldigte sich für den Würz-Fauxpas, erklärte mir kurz, wie es dazu gekommen war und ließ mich meinen dritten Gang vom Menü genießen. Ich war beeindruckt, wie konstruktiv und souverän man hier im Moro mit Kritik umging. Und das sowohl beim Service, als auch bei der Küchencrew. Kompliment, macht bitte weiter so!
Weiter ging es auch in der Menüfolge. Unsere beiden Hauptgänge standen ja noch aus. Umgeben von einem „Meer“ aus Zitronengrasschaum „trieb“ die Erbsenpüree-Insel inklusive ihrer „Bewohner“, den Zuckerschoten, den von ihren Hülsen befreiten jungen Erbsen, den dünn gehobelten Radieschenscheiben, der Algenschicht sowie dem wilden Steinbutt obenauf, einsam und allein auf meinem Teller. Der Edelfisch hatte genau den richtigen Gargrad erwischt. Die Frische vom Zitronengras und der leicht mehlige Geschmack des Erbsen-Trios ergänzten sich dabei gut. Die Tranche vom Plattfisch war bewusst zurückhaltend gewürzt, um das feine Aroma nicht zu erdrücken. Ein eher nordisch geprägter Hauptgang, dessen Portionsgröße passte und der eine in sich stimmige Komposition darstellte.
Der in Sesam gebratene Winterkabeljau mit Rote-Beete-Risotto und Wasabi-Schaum meiner Begleitung war nun wahrlich nichts für Rotgrünblinde. Der erdige, mit Spinatblättern verfeinerte Risotto leuchtete zwischen einem stattlichen Skreifilet, den crunchy Wasabicräckern und der ihn umgebenden grünen Gischt hervor. Optisch eine Augenweide und geschmacklich vom Allerfeinsten oder wie der Purist es nennt: einfach, aber wirkungsvoll.
Ähnliches galt auch für das abschließende Dessert, das wir zusammen aus dem Einmachglas löffelten. Klar erinnerten wir uns da sofort an jenes in der Zwockelsbrück. Hier war es die Kombi aus dunkler Schokocrème, Sauerrahmeis, geschmortem Rhabarber und Pistazienbrösel, die mit wohldosierter Süße und textureller Abwechslung zu gefallen wusste.
Nach diesem abwechslungsreichen Mahl, dessen kleinere Unwägbarkeiten von Service und Küche im Handumdrehen beseitigt wurden, entließ uns Restaurantleiter Tobias Kuld nach einem netten Plausch in die laue Gimmeldinger Nacht. Die hohe Qualität der verwendeten Produkte und ihre sorgfältige, schnörkellose Zubereitung machen das Moro zu einem Ort des guten Geschmacks. Der phänomenale Ausblick von der Außenterrasse zu einem Erlebnis.
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer... mehr lesen
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über die Rheinebene bis Mannheim und bei klarer Sicht weiter bis an die Hänge des Odenwaldes erlaubt. Mit Mandelbäumen und Rebstöcken in der Nachbarschaft blieben wir durch die Höhen vor dem Wind geschützt lange (sehr lange, dazu später mehr) hier draußen sitzen. Derweil funkelten die Lichter der BASF aus der Ferne wie Edelsteine und ein roter Mond stieg vor uns am Himmel auf. Ein wunderbarer Ort, wie geschaffen zum Genießen. Zu später Stunde wurden „Grablichter“ entzündet, was die letzten Fotos auch nicht mehr wirklich retten konnte. Sehr gut gefiel mir die Gestaltung des Grundstücks unterhalb der Terrasse mit Rosengarten, Spielmöglichkeiten für Kinder und Loungemöbeln unter einem Pavillon. Wenn es nicht so spät geworden wäre, hätten wir dort unten gern noch einen Kaffee und vielleicht einen Absacker getrunken. Alles sehr gepflegt, bestimmt toll für einen Sektempfang etc. Auch den von marcO beschriebenen Innenbereich fand ich ansprechend; modern und klar, aber seine Herkunft als Weinstube nicht verleugnend.
Der Service konnte zumindest an diesem Abend leider nicht mit dem zauberhaften Ambiente mithalten. Eine junge Dame agierte sehr unpersönlich und absolut humorlos; das erste Lächeln sahen wir nach drei Stunden. Kommuniziert wurde nur sehr knapp und so schaukelte sich die beiderseitig fehlende Sympathie auch auf. Ganz das Gegenteil war der zuvor gelobte Serviceleiter Herr Kuld, dessen Freundlichkeit zumindest mir so aufgesetzt schien, dass ich mir mehr als einmal „verar...“ vorkam. Vielleicht lag es daran, dass der Service auf der weitgehend belegten Terrasse, darunter mehrere größere Gruppen, unterbesetzt war. Oder ich war einfach noch durch eine vorher im Hotel erfahrene, wirklich schlechte Behandlung so genervt, dass ich den Abend mit einem zu kritischen Spruch zur Aperitif-Frage noch vor dem Hinsetzen schlecht eröffnete.
Hoffentlich haben meine gutherzigen Begleitungen den Service positiver in Erinnerung; dann lasse ich mich gern berichtigen.
Gegen schlechte Laune hilft gutes Essen und Trinken!
Aus der angenehm übersichtlichen Karte entschied sich ein Vielfraß für das 6-Gang-Menü für 65€, während der heimische Genießer mit dem Sommer Special „Rundum sorglos“ für 59€ schlemmen wollte. Nur die Dritte im Bunde beschied sich für den Dreiklang aus Salat, Hauptgang und Kaffee für sage und schreibe nur 22€. Alles sehr günstig! Zudem leistete Madame klaglos Fahrdienst, so dass die beiden Herren fleißig die offenen Weine verkosten konnten. Die ausschließlich regionalen Gewächse waren zwischen 4,2€ und 5,6€ je 0,1l-Fingerhut für eine Weingegend doch überraschend stramm bepreist. Der halbe Liter Saftschorle schlug mit 4,2€ zu Buche, 0,75l Fachinger mit 6€.
Nach der Bestellung bekamen wir reichlich Zeit zum Quatschen und Aussicht bewundern. Irgendwann forschte ich im Inneren nach einem Menschen, um meinen Wunsch nach einem Gläschen Winzersekt kund zu tun. Neben einer genervten Antwort bekam ich einen mustergültig gekühlten Riesing serviert, der mit 6,5€ auf der Rechnung erschien.
Nach einer halben Stunde Wartezeit gab’s dann auch die erste feste Kost in Form von vier Scheiben labberigem (= lätschigem) Weißbrot. Als wir später am Abend um etwas Nachschub baten, wurden wir immerhin mit knusprig aufgebackener Ware
belohnt. Kurz nach dem Brot kamen dann auch Küchengrüße in Form eines pikanten Dips à la Frankfurter Sauce sowie eines dagegen recht flach geratenen Gurkensüppchens
Mein Menü startete nach 45 Minuten mit einer kaum pikanten Gazpacho, die vor allem süß war. Mir fehlten am Gaumen deutlich Tomatenfrucht und grüne Paprika. Dazu ein gewohnt bukettreicher Sauvignon Blanc von Oliver Zeter.
Weiter ging’s dann mit wunderbar saftigem, gezupftem Teryaki-Lachs auf Gurken-Ingwer-Salat
von dem ich mir etwas mehr Schärfe versprochen hatte. Dafür waren die geflämmten Apfelwürfel und die Punkte sehr salziger Sojasauce gute Mitspieler, die ich nach eigenem Gusto portionieren konnte. Eine gelungene Anleihe aus Fernost, die für die Küchen der Moro-Gruppe typisch ist. Nur schade, dass bei dem ansonsten seit März 2017 unverändert gebliebenen Teller das Segel aus Nori-Alge fehlte, wie der Gedächtniskünstler aus Steinweiler sogleich konstatierte.
Die Cuvée aus zwei Burgundertrauben und Scheurebe schmeckte mir dazu allerdings sehr gut, obwohl der Pälza Buu neben mir vom Weingut der drei Schwestern Weegmüller nicht so ganz überzeugt schien. Überhaupt hatte ich mit der wohl überlegten, bodenständigen Weinauswahl überhaupt keine Probleme.
Es folgte ein rustikales SurfˋnˋTurf
Eine wirklich wunderbar würzige, saftige, knusprig gebratene Scheibe Blutwurst auf einem dicken Apfelring. Dazu in einem kräftigen Muschelschaum kleine Kamm-Muscheln (die Bezeichnung Baby-Jakobsmuscheln scheint mir nach ausgiebiger Recherche im Netz sehr nah am, sorry, Beschiss zu liegen. Ponys sind auch keine Baby-Pferde...). Auch diese Kombination gab es schon Anfang 2017, wenn auch als Suppengang, und der Kollege war nicht recht überzeugt. Ging mir genauso. Die kräftige Wurst hätte zunächst mal einen ebensolchen Apfel verdient, der verwendete blieb dagegen schwach. Die reichlichen verwendeten Muscheln waren zwar schön angebraten, blieben aber geschmacklich um Längen hinter echten Jakobsmuscheln zurück. Zusätzlich waren sie durch die hohe Temperatur recht fest geworden, an (nicht: über) der Grenze zu einer gummi-artigen Konsistenz. Hier wurde wohl eine gute Idee dem Wareneinsatz geopfert, um den Teller preislich interessant anbieten zu können. Aber Abstriche bei den Produkten für niedrigere Preise haben mich noch nie überzeugen können.
Mit einem schönen Riesling von Alten Reben vom Weingut Ohler aus dem Gimmeldinger Mandelgarten wurde die Regionalität auch im Glas sehr hoch gehalten.
Gewarnt vom Suppenkaspar der Südpfalz hatte ich tunlichst vermieden, den signature-dish abzuwählen. Wie erwartet wurde das Onsen-Ei im Einmachglas in reichlich Buchenholzrauch
serviert und schmeckte wie stets süffig. Statt den aus Neustadt bekannten Haferflocken gab es in Gimmeldingen als Unterbau wohl mit Koriander gefärbte grüne Glasnudeln
die außer ihrer Farbe aber nur wenig beisteuern konnten.
Zudem etwas schwierig aus dem kleinen Weckglas zu löffeln. (Für den Daueresser und alle anderen 80er-Jahre-Filmjunkies: Wie sagte Julia Roberts so richtig - „Schlüpfrige kleine Schei...chen!“) Das ganze mit einem Orangenfond stark in die säuerliche Richtung verschoben. Pochiertes Ei und Säure sind für mich keine Traum-Kombi. Vielleicht hätten ja erdige Pfifferlinge hier eine Verbindung herstellen können. Taten sie leider nicht, die kleinen Exemplare waren geschmacksarm und sogar etwas wässrig. Ein enttäuschender Gang.
Auch hier konnte mich der Rosé von Philipp Kuhn trösten, eine fruchtige Mischung aus Merlot, Cabernet franc und Cabernet dorsa. Bei der letzten Traubensorte musste ich als Flachlandtiroler mehrmals nachfragen, war dem Rotwein-Aficionado natürlich peinlich vor seinen Pfälzer Kumpels!;-))
Dann war mal wieder Warten angesagt. Die Sonne verschwand, die Kerzen wurden entzündet, der Mond ging auf. Nach vielleicht weiteren 30 Minuten kam schließlich der Hauptgang. Der mich doch etwas versöhnte.
Die Perlhuhnbrust aus der Bresse war wunderbar saftig und aromatisch, zudem mit knuspriger Haut. „Er mag die Haut nur wenn sie kross ist, wenn sie zwischen den Zähnen kracht! Dann vergisst er, dass er voll ist. Ohohohoho!“ (Von Grönemeyer völlig zu Recht verworfener Text...)
Beilagen auch gelungen, rote Linsen und der an anderer Stelle unlängst arg gescholtene geschälte Weizen der Firma Egly - noch mit Biss. Der milde Curryschaum passte geschmacklich gut zum Geflügel und farblich zu ein paar Blättchen, vielleicht Spinat?
Das Fleisch war große Klasse und Graupen, Grieß, Haferflocken und sonstige Stärke abgebende Getreidespielarten mag ich eh ganz gerne.
Der begleitende Kalkmergel Spätburgunder von Pfaffmann wäre nicht meine erste Idee zum Perlhuhn gewesen, aber wenn es denn etwas Rotes sein soll, schon recht.
Den Abschluss bildeten für mich Camembert, Emmentaler und Blue dˋAuvergne mit verschiedenen Chutneys
Wie immer war der süße rote Sweetheart von Oliver Zeter (aus der Magnum ausgeschenkt!) ganz nach meiner Mütze.
Die Frage nach einem Kaffee verneinte das starke Geschlecht unisono; es war spät geworden. Dass wir damit offenbar auch gleich den fest zum Menü unserer Fahrerin gehörenden kleinen Schwarzen gecancelt hatten, fiel uns erst bei der Heimfahrt auf. Nach fast vier Stunden erinnert man sich halt nicht mehr so ganz an die Bestellung. Der Service wohl auch nicht. Passte irgendwie ins Bild.
Fazit:
Hatten wir einen schlechten Tag erwischt? Fakt ist, dass immer mal wieder das Können der Küche aufblitzte. Insgesamt aber waren es doch viel zu viele kleine Ungereimtheiten, die ich hier nicht erwartet hätte. Manchmal ist die Vorfreude eben doch die schönste Freude.
Nur gut, dass der phänomenale Ausblick und besonders die liebsten GG-Freunde alles Ungemach mehr als aufwogen.