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"Gehobener Italiener am Nauwieser Platz"
Geschrieben am 29.05.2015 2015-05-29 | Aktualisiert am 18.12.2020

"Wegen Trauerfall geschlossen"
Geschrieben am 14.01.2024 2024-01-14 | Aktualisiert am 14.01.2024

"Auch Pietro Angelini mischt beim SZ-Weihnachts-Menü mit .........."
Geschrieben am 18.12.2020 2020-12-18 | Aktualisiert am 18.12.2020

Ambiente: klassisch braun-weiss, sehr angenehm zu sitzen auf der ledergepolsterten Bestuhlung, auch für empfindlichere Hinterteile wie meines. Es gibt 52 Plätze drinnen und zwei oder drei Tische draussen; drinnen feine weisse Tischwäsche und Stoffservietten. An den Wänden etliche Schiefertafeln mit Angeboten ausserhalb der Normalkarte (teuer bis sehr teuer!). Sparsame Deko, da vor lauter Schiefertafeln kaum Platz dafür. Über der Theke ein Foto mit einer knienden Nonne plus Begleitperson auf dem Petersplatz, denen gerade vom vormaligen deutschen Papst der Segen gespendet wird. Verwandtschaft der Familie Angelini (die beiden Zivilisten, nicht der Ex-Papst !)? Einrichtung und Ambiente gefallen mir sehr gut; dafür viereinhalb Sterne.
Sauberkeit: sehr sauber, auch die Nassräume (ebenfalls im braun-weiss des Gastraumes gehalten); vier Sterne dafür.
Service: Hier wirken Teresa, die Frau von Padrone Pietro (Pepe), sein Sohn Nunzio und Herr Jörg Fromrey, der auch den Thekendienst versieht. Als ich kam, war nur Herr Fromrey zugegen; ich wurde sehr freundlich, zuvorkommend und flott bedient. Auch als sich Sohn Nunzio mit einschaltete, durfte ich mich noch als ein Gast unter mehreren "Gleichartigen" fühlen. Erst als Servicechefin Teresa das Ruder übernahm, änderte sich die Situation schlagartig. Sofort schied sich die Spreu vom Weizen und es wurde erkennbar, wer Stammgast war und wer nicht (z.B. ich). Stammgäste wurden umbalzt und umgluckt, dass es nur so krachte, Fotos auf Stammgäste-Smartphones wurden ausgiebigst bestaunt und gewürdigt, Urlaubserinnerungen wurden ausgetauscht. Da blieb natürlich für "Normalgäste" wie mich, eine ältere Dame am Nebentisch und ein Paar gegenüber kaum noch Zeit; wir wurden von "Mutter Teresa" so gut wie keines Blickes geschweigedenn einer Serviceleistung gewürdigt und mussten uns wie das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen fühlen. Dank Herrn Fromrey und Nunzio Angelini blieben wir aber doch nicht gänzlich unversorgt; deshalb auch noch zwei Sterne, obwohl ich eigentlich null Sterne hatte geben wollen,denn so wie hier habe ich Service nach Gutsherrenart noch nirgendwo erlebt. Frau Teresa wäre eine Benimmschule für Anfängerinnen sehr zu empfehlen; dort könnte sie unter anderem lernen, dass Ungleichbehandlung von Gästen in Service eine ausgesprochene Todsünde ist, die sich kein Gastronom erlauben sollte (es sei denn es handelt sich bei seinem bzw. ihrem Etablissement um einen ausgesprochenen Bussi-Bussi-Schuppen).
Essen: Laut der Homepage der "TrattoriaAngelini" kocht Padrone Pietro (Pepe) Angelini mit zwei Küchenhilfen in seiner klitzekleinen Cuccina "authentisch italienisch mit besten frischen Zutaten ohne Zusatzstoffe oder Industrieprodukte". Für meine Begriffe lässt er ein wenig zu sehr den ambitionierten und fast genialen Koch raushängen (ein grösserer Artikel über ihn aus einer kulinarischen Zeitschrift mit gegilbten für ihn besonders vorteilhaften Stellen an der Wand darf da natürlich nicht fehlen); dass er gut kochen kann, sei hier unbestritten, aber zum "Genialen" fehlt doch noch ein gutes Stück.
Da ich nicht bereit war für ein Gericht, das ich auch anderswo in Saarbrücken bekommen kann, den eineinhalbfachen bzw. einen noch höheren Preis zu zahlen, habe ich mich im Bereich "Pasta" umgesehen und mich schliesslich für "Papardelle Ragut" (EUR 12,50) entschieden; getrunken habe ich Schneiders Weizen vom Fass (0,5l, EUR 3,90) und einen Espresso (EUR 1,90), der leider ohne das in Italien übliche Glas Wasser serviert wurde. Die Papardelle (ich konnte nicht feststellen, ob sie hausgemacht waren; gemäss dem Anspruch, ohne Industrieprodukte zu kochen sollten sie es aber gewesen sein) waren sehr schmackhaft, das sehr feine Ragu bestand zu gleichen Teilen aus Rinderhack und gehackter Kaninchenleber), war sehr gut gewürzt und abgeschmeckt. Zuvor hatte es als Gruss aus der Küche ein Tellerchen mit grossen grünen mit sehr gutem Olivenöl übergossenen Oliven, zwei Scheibchen Knoblauch, zwei Scheibchen einer roten Chilischote und Weissbrot im Körbchen gegeben; sehr lecker. Das Rosmarinzweiglein im Schüsselchen darin sollte wohl eher Deko sein, zur Geschmacksverfeinerung konnte es jedenfalls nicht beitragen. Vier Sterne für "Essen"..
Preis-/Leistungsverhältnis: in den Abteilungen "Pasta" und "Nachtisch" ist es stimmig, im Bereich "Pizza" sind die Angebote doppelt so teuer wie in Pizzerien (die billigste Pizza kostet bereits EUR 14,50, die teuerster über EUR 20,00), bei "Fleisch", "Fisch" (beides aus der Normalkarte) sowie den Schiefertafel-Angeboten (außer der "Fischsuppe"(EUR 12,50) und den "Hausgemachte Ravioli" (EUR 14,50)) ist das Preis-/Leistungsverhältnis eindeutig "schief". Ich behaupte an dieser Stelle, dass es bei anderen ebenfalls ambitioniert kochenden Italienern im Stadtgebiet erheblich günstiger zugeht und dies bei gleicher gehobener Qualität. Deshalb hier auch nur zwei Sterne.
Gesamteindruck: Ein Restaurant, in dem es erst vieler Pflicht-Besuche bedarf, ich mich quasi "hochdienen" muss bevor ich möglicherweise den Stammgast-Status erlange und dann auch in den Genuss bevorzugter und aufmerksamer Behandlung durch die Chefin oder den Chef komme, kann mir schlichtweg gestohlen bleiben; so etwas habe ich einfach nicht nötig!