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Es war ein herrlicher Tag und ich nutzte den frühen Nachmittag um eine ausgedehnte Runde mit meinem offenen Veteranen Jeep zu drehen. Die Batterie brauchte dringend etwas Liebe seitens der Lichtmaschine, der unrasierte Heini hinter dem Volant freute sich über milde Temperaturen, viel Sonne, den ein oder anderen lieb gemeinten Daumen nach oben und staunende Kinderaugen - wer heutzutage einen CJ7 fährt sollte nicht unbedingt unter Sozialer Phobie leiden.
Und während ich gerade die Ohligser Heide auf der Langhansstraße durchquerte, kam mir endlich die rettende Idee für den Abend: der mir aus seiner Zeit als Küchenchef im Pfaffenberg Gourmet Restaurant gut bekannte Dominic Gerberding und seine liebenswürdige Partnerin Janine Heinrichs in ihrem zusammen mit der Familie Jordan betriebenen, stationären „Speiselastwagen“ (aka Foodtruck) in Landwehr, der mich in der Vergangenheit eigentlich immer überzeugt und positiv überrascht hat und in der Nähe lag.
Die Vielfalt der kleinen, wöchentlich wechselnden Karte, die sich stets wohlausbalanciert zwischen Hausmanns-Klassikern, internationalem Streetfood und moderner - gerne auch veganer -urbaner Küche präsentiert, überzeugte mich dabei immer zusätzlich.
Da steht das Hirschragout neben einem veganen grünen Thai Curry, das Hühnerfrikassee neben „Pastasotto Indian Style“ und die Hipster-Fraktion freut sich über diverse liebevoll zusammengestellte Bowls, die selbstredend ausnahmslos – kenne deine Zielgruppe! – in Englisch an Mann und Frau gebracht werden: how about a „Healthy Power Bowl“ folks?
Die Speisen werden teilweise entweder zum direkten Verzehr angeboten oder eben abgepackt zum Erwärmen am heimischen Herd, zu Festtagen bietet man durchaus anspruchsvolle Boxen mit ganzen Menüs.
Was alle Gerichte dabei stets zu etwas Besonderem macht, ist der Anspruch von Dominic Gerberding, beste Produkte mit Herz und Leidenschaft in kleine Köstlichkeiten zu verwandeln, was einem gelernten Koch seines Formates mit entsprechendem Werdegang offenkundig spielend von der Hand geht.
Vor etwa einem Jahr hatte ich hier bereits ausgiebig über den Truck und die Vorgeschichte berichtet und ich freue mich rückblickend sehr darüber, dass das Angebot so gut ankommt und die Gäste bereit sind, u.a. für regionales Fleisch aus artgerechter Haltung und bestes ehrliches Küchenhandwerk auch mal einen Euro mehr auszugeben, als sie es in einer schnöden Fastfood-Bude tun würden.
Daher hat man vor dem zweiten Lockdown noch das Vorzelt erheblich erweitert und „angebaut“ und gezeigt, wie man mit einfachsten Mitteln eine behagliche Atmosphäre schaffen kann.
Licht- und luftdurchflutet ist es dort, die kleinen, aus Paletten gezimmerten Tische sind weit auseinander gestellt, innerlich immer mehr kopfschüttelnd dachte ich daran, das selbst hier wohl auf absehbare Zeit keine Gäste vor Ort ihre Mittagspause verbringen dürfen, der in Teilen hilflosen, ungerechten Lockdown-Symbolpolitik unserer sich darin verrennenden Regierung sei Dank.
Man erlaube mir eine persönliche Anmerkung: Heute habe ich im ARD Presseclub Bilder aus Bergamo gesehen, Läden und Gastronomie sind in Italien schon seit einiger Zeit wieder mit Auflagen geöffnet, weil man eingesehen hat, dass die gesellschaftlichen Kollateralschäden eines Dauerlockdowns weitaus größer sein dürften als die direkten gesundheitlichen der Pandemie (die Zahlen sind dort vergleichbar mit unseren), was auch das anwesende Journalisten-Panel zum Teil exakt so bewertete.
Der einzige Herr, der sich zeitweise anhörte wie eine Sprechpuppe Karl Lauterbachs, kam – oh Wunder – vom WDR. Ich glaube mittlerweile, selbst wenn spontan entschieden würde, dass wir nun alle in unseren Kellern für drei Monate in Ketten gelegt werden, hätte WDR2 sicher vorab keine Mühe, wie seit nun fast einem Jahr reihenweise „O-Töne“ von ausnahmslos begeisterten Passanten zu senden, die diesen Zustand als paradiesisch wie notwendig beschreiben; derart primitiv-einseitig ist die dortige Berichterstattung, es hat schon cartoonhafte Züge.
Und nein, ich nutze kein Telegram, finde selbsternannte Querdenker und Corona-Leugner zum Kotzen, allein wie hier mit Blick auf einzelne Branchen mit Willkür und oft nur auf reiner Vermutungsbasis (um einen seriösen Journalisten aus dem Presseclub zu zitieren) tausende Existenzen vernichtet werden halte ich für katastrophal. Das kleine inhabergeführte Textilgeschäft muss geschlossen bleiben und sorgt für schlaflose Nächte während – gestern erlebt – sich bei Lidl die Kunden dicht an dicht um die Non-Food Angebote drängeln; Corona Logik 2021, in Teilen ein Skandal in meinen Augen.
So, sorry dafür, jetzt bin ich auch fertig, es hatte sich angestaut und musste einmalig raus, Willkür und Ungerechtigkeiten treffen bei mir einen gewissen Nerv, zumal in der unfassbaren Dimension, in der viele Branchen sie momentan erleben…
Meine in dieser Hinsicht kurz leicht gedämpfte gute Laune besserte sich schlagartig wieder, als ich das Vorzelt betrat und auf ein gut aufgelegtes Betreiberpärchen traf, das mich derart freundlich und herzlich begrüßte, dass jede schlechte Stimmung im nu verflog.
Meine Auswahl hatte ich weitestgehend bereits vorab online getroffen und wir mussten nur in Sachen Vorspeise und Dessert gemeinsam kurz überlegen was hier möglich sei und fanden mit den Maultaschen und den Zimtschnecken sehr erfreuliche Möglichkeiten.
Danach plauderten wir noch geraume Zeit, durch die beneidenswerte Work & Travel Weltreise der beiden könnte ich mich mit ihnen alleine stundenlang über asiatisches Streetfood unterhalten und sie sind mir als begeisterte Foodies derart sympathisch, dass ich mir nach dem Lockdown durchaus vorstellen könnte, mal nett mit ihnen essen zu gehen, denn Dominic Gerberding hat in dieser Hinsicht gerne mal schöne Tipps in der Region parat.
„Tütenfutter“ nennen sie leicht augenzwinkernd ihr Take-Away Angebot zum selber Erwärmen und schon in den Beuteln machte das ein oder andere bereits einen sehr appetitlichen Eindruck, der sich am Abend auf den Tellern und dem Gaumen fortsetzen sollte.
Und dorthin geht es nun auch ohne weitere Umschweife…
| Vorspeise |
Schwäbische Maultaschen mit Rinderkraftbrühe – 10,50€
2019 Schwedhelm Wotanfels Riesling, Weingut Schwedhelm, Zellertal, Pfalz (aus eigenem Bestand)
Ich liebe gute, ehrliche Brühen und alleine beim Wort „Rinderkraftbrühe“ bekam ich Appetit, der alleine durch ihre Farbe im Beutel noch vorab befeuert wurde.
Wir entschieden uns dazu, die Maultaschen in der Brühe zu erwärmen anstatt sie anzubraten, was natürlich auch eine gesteigert leckere Option darstellt.
In einem kleinen Behälter gab man noch hausgemachte Röstzwiebeln dazu, die wir zusammen mit frischem Schnittlauch aus eigenem Bestand auf die Maultaschen gaben, wir teilten uns diese Portion als Vorspeise was in der Menge absolut ideal war.
Bei Brühen bin ich ungnädig, zu versaut im positiven Sinne bin ich u.a. durch meine kulinarischen Erlebnisse in Franken und Oberbayern. Und auch hier kam man nicht ganz an die dortigen Referenzklassen heran, dennoch war es eine köstliche, intensive, kreuzehrliche Brühe, die hervorragend schmecken sollte. Und sollte man einem Audi R8 böse dafür sein, dass er kein Pagani ist? Ich glaube eher nicht….
Optisch gottseidank – ansonsten hätte ich mir Sorgen um die Intensität der Brühe gemacht…. - auf dem Bild nicht gut zu erkennen: die überfein gearbeiteten Brunoise vom Suppengemüse als kleine Einlage, das war schon mehr Kunsthandwerk als Schneidetechnik, große Klasse im kleinen Detail.
Die Maultaschen wurden klassisch gefüllt mit gemischtem Hack und wie ich glaube einem Anteil Kalbs-Brät, die bietet man hier übrigens auch saisonal mit Gemüse- oder Wildfüllung.
Besonders gut gefielt mir auch der Teig, herrlicher Schmelz ohne das Gefühl zu haben, nach drei Gabeln satt zu sein, was bei mir bei gefüllten Nudeln aller Art schnell der Fall ist.
Schön auch die Röstzwiebeln, die wir kurz erwärmten bevor sie auf den Maultaschen landeten, die sollten so einen gewissen „Wie bei Omma!“-Touch in das Gericht zaubern. Einige fielen in die Brühe was zur Folge hatte, das ich die letzten Löffel dieser wunderbaren Vorspeise besonders genoss, es passte einfach.
Dazu – und zum Hauptgericht – gab es einen gut durchgekühlten, gepflegten Pfalz Riesling aus dem Zellertal der eine gute Wahl darstellen sollte.
„Dieser spontan vergorene Riesling der Lage Wotanfels spiegelt das Zellertal besser wieder als kein anderer. Aus den selektierten Trauben dieser sehr kalkhaltigen Lage zaubern die Brüder Schwedhelm einen sehr kargen, aber straffen Riesling, der nur so vor Mineralität strotzt. Salzige Noten begleitet von einer knackigen Säure bringen das gewisse “Etwas” in die Flasche.“ urteilt Wein-Papst und –Händler Christian Fenske von weine-feinkost.de über diesen Wein und ich unterschreibe jeden Buchstaben, ein Parade-Riesling zu jedem gepflegten Essen.
| Hauptgerichte |
Indisches Butter Chicken – 12,50€
Rosa Sous Vide Kalbssteak – 18,50€
Das Butter Chicken war die Wahl der Dame am Tisch, schon im Sommer hatte sie mal ein Curry-Gericht aus Gerberding’schen Töpfen und war sehr angetan.
Ich mag die indischen Küchen und kann mit Fug und Recht behaupten, dass hier im Jordan Truck Solingens best-kochendster Curry-Koch nicht indischer Herkunft am Werk ist.
Den Reis und das Curry erwärmten wir sanft im Wasserbad, so wie es mir empfohlen wurde.
Butter Chicken Curry bzw. murgh makhani ist ein eher mildes Curry auf Basis einer Tomaten-Butter-Sahne-Sauce und erfreut sich aufgrund seiner Gefälligkeit großer Beliebtheit, ich glaube es ist neben Chicken Tikka Masala das beliebteste Gericht in britischen Curry-Houses wenn ich mich richtig an die Top 10 erinnere.
Beim Huhn hatte man französisches Maishähnchen verwendet und das Fleisch wurde wegen seines guten Eigengeschmacks und seiner Zartheit gelobt. Ich probierte und war von der Tiefe und Ausgewogenheit des Currys regelrecht begeistert: u.a. Garam Masala, Cardamom, Cumin und Bockshornklee, viel Indien traf die Zunge, die sich auch nicht über zu viel Schärfe beklagte, trotz leicht pikanter Grundnote. Auch, dass die Gewürze angeröstet wurden konnte man herausschmecken, anders ist die Intensität einzelner Noten nicht zu erreichen, sehr schön.
Der Duftreis trug seinen Namen nicht umsonst und wurde perfekt gegart, locker und mit leichtem Biss, weit entfernt vom pappigen Klebreis auf dem Asia-Buffet.
Ich hatte mich für das Sous Vide Kalbssteak entschieden, was im Sous Vide Beutel u.a. mit gutem Jordan Olivenöl und frischen Kräutern sanft vorgegart wurde.
Man musste es lediglich ordentlich trocken tupfen und beidseitig scharf in der Pfanne anbraten, was selbst ungeübte Küchenakrobaten vor keine allzu großen Herausforderungen stellen sollte, es sei denn, man lässt sogar gekochte Eier anbrennen.
Dazu gab es glasiertes, buntes Gemüse, das lediglich im Wasserbad erwärmt werden musste. Verglichen also mit den teilweise hochkomplexen Boxen aus der Sterne-Gastronomie, die hier mitunter vorgestellt werden eher ein Lego Duplo Baukasten für 4-jährige neben einem Metallbaukasten mit 2300 Einzelteilen.
Und eine herrliche Kräuterbutter gab es auch noch, und die solle man besser nicht vergessen mahnt der Kalbs-Beutel:
Das glasierte Gemüse war derart auf den Punkt, dass eine Freude war, bunte Frühlingsvielfalt die der Gerberding’schen Philosophie folgte, herausragend gute Produkte geschmacklich für sich stehen zu lassen, ohne dass sie dabei fade oder langweilig wirken.
Hauptbestandteil waren gewürfelte Süßkartoffeln, dazu gesellten sich frische Erbsen, Brokkoli, Blumenkohl, Zuckerschoten, grüne Bohnen und etwas Paprika, ein schöner Mix.
Ich höre da eine Zwischenfrage: War das Steak aus dem Kalbsrücken zart und saftig?
Abermals im Kleinen zeigte sich dann wieder die besondere Klasse dieser Küche, die cremige Kräuterbutter war eher eine ultrafeine Kräuter-Farce, deren erfrischende Komplexität eine Hommage an die Jahreszeit darstellte. Das hatte durchaus unteres Sterne-Niveau als Einzelkomponente, ganz stark!
Ich habe diesen Teller sehr genossen und auch der Riesling war sehr zufrieden mit seiner Begleitung, ein Gericht wie gemacht für das schöne Wetter dieser Tage.
| Dessert |
Zimtschnecken – zwei Stück zu je 2€
Käsekuchen – 3€
Leider gab es kein Dessert im eigentlichen Sinne an diesem Tag aber die mir spontan angebotenen Zimtschnecken machten schon vor Ort optisch eine gute Figur auch wenn sie grundsätzlich sicher besser zum Kaffee gepasst hätten als hier als Nachtisch zu fungieren.
Wie empfohlen erwärmten wir die beiden Wonnespender leicht im Ofen, was eine gute Idee war, der Zimt kam so noch besser raus. Ein herrlich luftiger Hefeteig mit reichlich gutem Zimt versehen, der sich in Spiralen durch das Gebäck zog, eine klassische Zimtschnecke halt.
Auch das Frosting konnte überzeugen, der Hauptteil der Süße steuerte jenes bei, der Teig war erfreulicherweise nicht übersüßt, in Kombination ein herrliches Stück Gebäck, wobei ich zugebe auch ein Zimt-Fan zu sein, zumindest im Dessert.
Der Käsekuchen hat zum Teil schon echte Fans, was man auch immer wieder auf Facebook liest, wenn etwas zum Jordan Truck gepostet wird. An diesem Abend aber ging nach den Zimtschnecken nichts mehr, sodaß er am nächsten Tag ein willkommener süßer Abschluss für das Abendessen meiner Madame war und sehr zufrieden gelobt wurde. Backen kann er also auch noch, der Gerberding, was für ein Unsympath! ;-)))
Fazit
In der letzten Woche das Pfaffenberg, diesmal der Jordan-Truck; zweimal hintereinander gepflegte Küche auf einem sehr ansprechenden Niveau, die reine Leistung in Sachen Produkte, Umsetzung und Handwerk sehe ich auch hier bei 5 Sternen.
Service-Aspekte im Take-Away halte ich nicht für bewertbar und das mache ich auch nicht, aber für die gute Verpackung und den netten Plausch sind gedachte 5 Sterne fällig.
Auch das Ambiente kann ich ohne Aufenthalt nur schwer bewerten, wohl aber die Sauberkeit und die penible Einhaltung aller Covid Maßnahmen: 5 Sterne für die Hygiene.
Beim Preisleistungs-Verhältnis komme ich auf eine Schulnote 2 und damit zu vier Sternen, alles andere wäre etwas unfair der letzten Woche gegenüber, wobei es sich dort m.E. um leichte Kampfpreise handelt aber ich muss ja auch den lokalen Kontext sehen. Hier im Jordan Truck bekommt man sehr gutes Essen für sein Geld und damit einen mehr als fairen Gegenwert; und das ist mir unter dem Strich wesentlich wichtiger als 5 Sterne beim PLV bei gleichzeitigem Mittelmaß auf den Tellern, daher komme ich auch in der Gesamtwertung auf verdiente 5 Sterne.
P.S. Mir ist heute aufgefallen, dass man sich um 10 Euro zu meinen Gunsten verrechnet hat, das werde ich natürlich beim nächsten Besuch begleichen, der reguläre Betrag waren 48,50€ und diese stehen auch in der Info-Zeile über dem Text.
Gut war es, ich freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit den beiden Überzeugungstätern, die scheinbar ihren persönlichen Traum von Selbstverwirklichung in der Gastronomie nach ihren Vorstellungen leben und es scheint ihnen gut zu tun, was mich sehr freut.
Dominic Gerberding arbeitet übrigens auch im Bereich Private-Dining und was ich von dortigen Veranstaltungen im kleinen Familienkreis über eine oder zwei Ecken erzählt bekam, überschlug sich fast vor Begeisterung, was ich für mehr als nachvollziehbar halte…