Geschrieben am 28.05.2022 2022-05-28| Aktualisiert am
29.05.2022
Besucht am 14.03.2022Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 119 EUR
Dort wo früher eine Filiale der Nordsee („Wir sind Fisch!“) die vorbeischlendernden Passanten der Neustadter Fußgängerzone mit Paniertem und Frittiertem vom tiefgekühlten Schuppentier anlockte, hat am 1.August 2020 ein vietnamesisches Lokal mit ausgeprägter Sushi-Affinität eröffnet. Spötter meinen, dass es nun endlich mal frischen Fisch in der Marktstraße 34 gebe. Vielleicht liegen sie damit gar nicht so falsch.
Nach dem Commami ist dies bereits der zweite Panasiate, der sich in der Pfälzer Weinhochburg am Haardtrand niedergelassen hat. Die Nachfrage nach trendigem Asia-Food frei von regionaler Identität und kulinarischer Authentizität scheint ungebrochen. Um die vorwiegend jüngere Klientel zu ködern, reichen schicke Food-Fotos auf Insta und Co. sowie ein ansprechend designter Internetauftritt, der die Neugier zu wecken vermag, wohl aus.
Wir wollten herausfinden, ob bei so viel Fusion im asiatischen Angebot nicht am Ende die Konfusion auf dem Teller regieren würde. Und so ging unser Wörther Gaumenvierer an einem Montagabend Mitte März auf panasiatische Entdeckungsreise. Wir hatten vorsorglich reserviert und obwohl unser präsidiales Oberhaupt kein wirklicher Fan der Asiaküche ist (und wohl auch nie werden wird) schlenderten wir nach erfolgreicher Parkplatzsuche gut gelaunt in Richtung Stadtzentrum.
Von außen machte der Laden einen gefälligen Eindruck. Die Beliebtheit der Farbe Grau scheint bei solchen Gemischt-Asien-Gastros auch weiterhin ungebrochen zu sein. Hier fasste sie nicht nur die Fensterfront der Außenfassade auf nüchtern-moderne Weise ein, sondern fand sich auch drinnen – jedoch in wesentlich dunklerem Ton – an den Wänden wieder. Außenfassade
Ein lässig-lockeres, gewollt schummriges Ambiente empfing uns im Inneren des Ikigai, dessen namentliche Bedeutung sich salopp mit dem Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen, übersetzen lässt. Wer für solch einen Lebenssinn eine vietnamesische Nudelsuppe oder lauwarme Reisnudeln mit Topping nach Wahl benötigt, der kann hier – nach erfolgreicher Bettflucht – täglich ab 11.30 Uhr aufschlagen und sich nebenbei noch diverse Rohfischpreziosen einverleiben.
Ganz schön viel Philosophie (oder Marketing…?) für uns gestandene Kulinaristen, die ihre lebenswerten Genussmomente auch ohne zeitgeistiges „Stäbchenfutter“ gerne miteinander teilen. An diesem Abend begrüßte uns ein leicht konfus wirkender Servicemitarbeiter und führte uns nach Durchsicht seines Reservierungsbuchs in die hintere Abteilung des dunkel gestrichenen Etablissements. Industriell angehauchte Gemütlichkeit
Dort machten wir es uns an einem der blanken Holztische so gemütlich es eben ging, denn unsere gut gepolsterten Sitzbänke luden aufgrund ihrer fehlenden Rückenlehnen nur bedingt zu einer entspannten Sitzhaltung bei. Darkroom mit Stil
Egal, wir hatten schließlich kein Wellness-Wochenende im Onsen-Spa gebucht, sondern hatten ausreichend Hunger im Gepäck um die munter bebilderte Speisenkarte des Asiatempels auf Nem, Tempura und „fliegende Nudeln“ zu prüfen.
Die von der Decke baumelnden Hängelampen tauchten unseren Tisch in gelbes Licht, was den gemachten Bildern wenig zuträglich war. Da ich zwei Tage zuvor mein Smartphone geschrottet hatte, half mir einer der Kollegen aus und stellte sein Handy bereitwillig in den Dienst des Chronisten. Ein Dankeschön an dieser Stelle an ihn, denn eine Rezi ohne Bilder ist wie Schampus ohne Blubber (wie man nicht nur an der Weser zu sagen pflegt).
Unsere durstigen Kehlen verlangten nach Flüssigem, das wir bei einer der emsig agierenden Servicekräfte nach Durchsicht des überschaubaren Angebots postwendend in Auftrag gaben. Wenig später landeten eine tiefblaue Flasche Mineralwasser der Marke Aqua Morelli (0,75l für urbane 5,90 Euro), ein halber Liter Warsteiner Pilsener vom Fass (4 Euro) und ein Ginger Ale (0,2l für 2,90 Euro) als liquide Vertreter ihrer Art auf unserer Tischplatte. Wasser und Bier wurden später noch nachgeordert. Unsere Drinks
Bei der Auswahl der Gerichte taten wir uns wesentlich schwerer, denn allein die mannigfaltigen Kombinationsmöglichkeiten bei den warmen Vor- und Hauptspeisen waren nichts für Entscheidungsneurotiker. Curry, Bun, Udon und Co. wurden dabei nach Lust und Laune mit den üblichen Fleisch- und Krustentieringredienzien durchdekliniert, was ja bei den allermeisten Asialäden gängige Praxis ist.
Nach dem Motto „sharing is caring“ bestellten wir munter drauflos. In Reispapier gewickelte vietnamesische Frühlingsrollen („Nems“) mit Morcheln und Schweinefleischfüllung (4,90 Euro), mit Tempuragarnelen, Reisnudeln, Salat und Erdnüssen gefüllte Sommerrollen („Goi Cuon“, 5,90 Euro) sowie die in der Pfanne gebratenen Gyoza-Teigtaschen (5,90 Euro) brachten ausreichend Futter für die Finger unters vorspeisende Volk.
Ein Kollege traute sich sogar die Kokossuppe („Coco Love Soup“) zu. Diese war mit Hühnerbrust, Champignons, Cherrytomaten und Okraschoten verfeinert und duftete schwer nach Thailand. Um das „Rollenverhalten“ des Ikigai besser kennenzulernen, ergänzten wir den Vorspeisenreigen durch ein paar Tempura Mini Rolls, die mit ihrer scharfen Thunfisch- und Schnittlauchausstattung auf den putzigen Namen „Spicy Tekka“ (8,50 Euro) hörte.
Die Nems gerieten wirklich knusprig. Ob sie tatsächlich hausgemacht waren, wie in der Karte angepriesen, war infolge ihres Fritteusenkontakts nicht wirklich zu schmecken, lag aber bei genauerer Inspektion ihres von Glasnudeln, Karotten, Schweinehack, Morcheln und Strohpilzen dominierten Innenlebens ziemlich nahe. In die klare, süß-säuerliche Sauce gedippt ein durchaus schmackiger Auftakt. Da "Nem" ich mir eins...
Zu den frisch gerollten Reispapierzylindern namens „Goi Cuon“ wurde ein von geröstetem Sesam betreuter Hoisin-Kokos-Dip gereicht, der zumindest einen der Kollegen am Tisch in Sommerlaune versetzte. Mir waren die hierbei verwendeten Salatblätter (Rauke/Rucola) etwas zu welk, um die mit Minze, Erdnüssen, Reisnudeln und Knuspergarnele gefüllten Rollen über den grünen Klee zu loben. Da rollte er schon auf uns zu...der Sommer
Die Kokossuppe schien ihrem Vertilger zu munden, Coco loves soup, loves Huhn, loves...
während wir unter viel zu dick aufgetragener „Snow-Sauce“ (wahrscheinlich eine Miso-Mayo) die in acht Häppchen zerteilte Tempura-Rolle vermuteten. Where's the fish???
Warum muss der gemeine Panasiate sein Sushi immer so zukleistern? Eine Frage, die uns auch der Besuch im Ikigai nicht beantworten konnte. Mir hätte zu der scharf angemachten Thunfischfüllung etwas Sojasauce mit untergerührtem Wasabi vollends gereicht, um die Papillen in Wallung zu bringen.
Die kurz in der Pfanne geschwenkten, mit einem Schälchen Sweet-Chili-Sauce servierten Hot Gyoza entschädigten dann wieder für den zuvor erlebten Saucen-Overkill beim Fritteusen-Sushi. Aber auch hier ließ sich nicht definitiv klären, ob die Teigtaschen wirklich hausgemacht waren. Geschmeckt haben sie uns jedoch um einiges besser. Mauldäschle Asia-Style
Zwei der Kollegen ließen sich bei den Hauptgängen auf die „Flugnudeln“ ein. Da musste man beim Servieren derselben ordentlich in Deckung gehen. Spaß beiseite, die sogenannten „Flying Noodles“ waren in Wirklichkeit eher „Hanging Noodles“, die man auf einen dünnen Holzstab gesteckt hatte, damit die gelockte Mie-Nudel-Frisur in das dafür vorgesehene Schälchen wallen konnte (und den darunter befindlichen „Wildkräutersalat“ nahezu komplett verdeckte). Die hängende Pastalocken von Neustadt mit Mango-Ente
Der kulinarische Sinn hinter dieser panasiatischen Pasta-Inszenierung wollte sich mir nicht so recht erschließen, aber lustig sah das Ganze natürlich schon aus. Flugnudeln mit Jakobsmuscheln
Der gegenübersitzende Foodfella hatte sich sein Nudeltoupet von einer stattlichen Portion Jakobsmuscheln (17,50 Euro) begleiten lassen, während mein flugvieh-affiner Nebenmann auf saftige Tranchen von der Ente (15,90 Euro) setzte. Saftige Tranchen von der Entenbrust
Beide Gerichte einte eine cremige Mango-Sauce mit gewokter Gemüseeinlage. Die exotische Fruchttunke wäre mir zu viel des Süßen gewesen, aber der Entenbrustvernichter konnte gar nicht genug davon bekommen. Immer wieder beruhigend, dass die Geschmäcker so unterschiedlich sind.
Der dritte Kostgänger in unserer Runde hatte sich für die gewokten Udonnudeln mit Rindfleisch, Paprika, Zucchini, Zwiebeln und Karotten (15,50 Euro) entschieden. Das als „Udon im Schwarzwald“ (??) in der Karte betitelte Pfannengericht wurde von einer Soja-Balsamico-Reduktion süffig unterfüttert und machte vom Aussehen her einen properen Eindruck. Wie man auf diesen ungewöhnlichen Namen kam, war nicht nachzuvollziehen, zumal weder Schinken noch Kirschtorte darin Verwendung fanden. Udo(n) im Schwarzwald
Meinem Kollegen missfiel die Konsistenz seiner „Glottertal-Spaghetti“. Für den Al-Dente-Aficionado aus der Pfalz war es nämlich die erste Udon-Erfahrung und wahrscheinlich auch die letzte, denn die weichen japanischen Nudeln waren überhaupt nicht so sein Ding. Vom Geschmack her ging der Teller für ihn jedoch in Ordnung.
Auch eher semi-zufrieden war ich mit der dünnen Scheibe vom Thunfisch (14,90 Euro), die von reichlich Wokgemüse und der „Ikigai Deluxe Sauce“ – als besondere Empfehlung des Küchenchefs in der Karte angepriesen – flankiert wurde. Der Thunfisch auf Wokgemüse
Gargrad und Qualität des Meeresräubers ließen doch etwas zu wünschen übrig. Ich mag ein Thunfischsteak jedenfalls lieber, wenn es nicht komplett durchgebraten ist. Der Gemüseanteil meines Tellers hatte hingegen noch ordentlich Biss, aber was an der auf Sojabasis gründenden „Deluxe Sauce“ so luxuriös sein sollte, war für meine Papillen nicht nachzuschmecken.
Zum Dessert gönnte ich mir noch eine leider viel zu süß geratene, hausgemachte Passionsfrucht-Limonade (5,90 Euro). Wenigstens die darin enthaltene Minze sorgte für ein wenig Erfrischung.
Insgesamt war dies aus meiner Sicht ein eher durchwachsener Besuch ohne große kulinarische Highlights, geschweige denn Überraschungen. Gut, die Mango-Sauce begeisterte meinen Kollegen und auch die Hoisin-Kokos-Sauce zu den frisch gewickelten Sommerrollen hatte was. Die Pastaperücken sahen witzig aus und auch die Wokgerichte waren beileibe keine geschmacklichen Totalausfälle. Aber der Kick am Gaumen blieb leider aus.
Bleibt als Fazit nur anzumerken, dass man auch im Ikigai – wie bei nahezu allen panasiatischen Läden – ein viel zu großes kulinarisches Feld beackert. Die eierlegende Wollmilchpasta reicht da nicht aus, um gustatorisch für Furore zu sorgen. Und so bleibt mir nur das abschließende Urteil: klingt alles gut, sieht auch ganz hübsch aus, ist aber geschmacklich austausch- und somit eigentlich auch verzichtbar.
Dort wo früher eine Filiale der Nordsee („Wir sind Fisch!“) die vorbeischlendernden Passanten der Neustadter Fußgängerzone mit Paniertem und Frittiertem vom tiefgekühlten Schuppentier anlockte, hat am 1.August 2020 ein vietnamesisches Lokal mit ausgeprägter Sushi-Affinität eröffnet. Spötter meinen, dass es nun endlich mal frischen Fisch in der Marktstraße 34 gebe. Vielleicht liegen sie damit gar nicht so falsch.
Nach dem Commami ist dies bereits der zweite Panasiate, der sich in der Pfälzer Weinhochburg am Haardtrand niedergelassen hat. Die Nachfrage nach trendigem... mehr lesen
IKIGAI Restaurant
IKIGAI Restaurant€-€€€Restaurant06321 4847777Hauptstraße 34, 67433 Neustadt an der Weinstraße
3.0 stars -
"Neustadts neuer Panasiate bietet - trotz einiger gut gemeinter Ansätze - die üblichen Verdächtigen aus Fernkost und scheint sich damit in seiner kulinarischen Austauschbarkeit selbst zu genügen" Ehemalige UserDort wo früher eine Filiale der Nordsee („Wir sind Fisch!“) die vorbeischlendernden Passanten der Neustadter Fußgängerzone mit Paniertem und Frittiertem vom tiefgekühlten Schuppentier anlockte, hat am 1.August 2020 ein vietnamesisches Lokal mit ausgeprägter Sushi-Affinität eröffnet. Spötter meinen, dass es nun endlich mal frischen Fisch in der Marktstraße 34 gebe. Vielleicht liegen sie damit gar nicht so falsch.
Nach dem Commami ist dies bereits der zweite Panasiate, der sich in der Pfälzer Weinhochburg am Haardtrand niedergelassen hat. Die Nachfrage nach trendigem
Besucht am 23.03.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 46 EUR
Dieses Jahr machte – zumindest phasenweise – bereits der März einen auf Wonnemonat. Deshalb zog es mich etwas früher wie gewohnt an die formschönen Sandsteinfelsen des Pfälzerwaldes, um meinem Lieblingshobby, dem Felsklettern, zu frönen.
Unter der Woche hat man an den gängigen Kletterfelsen rund um Annweiler meist seine Ruhe. Zusammen mit meinem langjährigen Kletterpartner und befreundeten Schulkollegen ging es an diesem Mittwochnachmittag an die Mittlere Deichenwand bei Wilgartswiesen, wo uns einige Routen im 6. bzw. 7.Schwierigkeitsgrad gelangen.
Bis in die Abendstunden hingen wir an schmalen Leisten und standen dabei auf noch kleineren Tritten in den mehr oder weniger geneigten Sandsteinwänden. Natürlich machte das hungrig. Als erfahrener Felsgänger weiß man ja, dass nicht nur das Kaffeetrinken ein integraler Bestandteil des Kletterns darstellt – „Man geht nicht nach dem Klettern einen Kaffee trinken, sondern Kaffeetrinken ist Teil des Kletterns.“ (Zitat Wolfgang Güllich, deutsche Kletter-Ikone der 80er Jahre) – sondern auch das gemeinsame Abendessen mit dem oder den Seilgefährten einen Klettertag perfekt abzurunden vermag.
Der Alte Nußbaum in Schwanheim hatte an diesem Mittwoch aus mir nicht mehr geläufigen Gründen geschlossen. Plan B sah eine Lokalität in Annweiler vor. Das Umoya, eine meiner Lieblingsadressen in der Stauferstadt am Trifels, hatte Ruhetag. Die Alte Gerberei fiel mir irgendwie nicht ein und ein Schnitzel im Goldenen Löwen erschien mir zur späteren Stunde dann doch etwas zu mächtig.
Ich erinnerte mich an den Besuch im Da Angelo vor vielen Jahren. Das muss auch nach einer Klettertour gewesen sein. Das urige Ambiente atmete damals den sympathisch zeitlosen Charme der 80er Jahre und auch die Pizzen waren von anständiger Qualität. Ein kurzer Anruf bei Familie Vangelista sicherte uns zwei Plätze in dem seit 1983 (!) in der Annweiler Hauptstraße ansässigen Familienbetrieb. Empfehlungstafeln "uff de Gass"
Mit den beiden Brüdern Claudio und Giuseppe Vangelista hat seit ein paar Jahren die 2.Generation das Sagen. Sie sind das gastronomische Erbe ihrer Eltern, Rosel und Angelo, angetreten und haben der in die Jahre gekommenen Pizzeria ein komplett neues Erscheinungsbild verpasst. Außenansicht 1
Ich traute meinen Augen kaum, als wir den zeitgemäß umgestalteten Gastraum betraten. Im Vergleich zu früher war das alteingesessene Traditionslokal kaum wiederzuerkennen. Gastraumimpression 1
Hell, offen, freundlich und großformatig ging es in dem geschmackvoll renovierten Ristorante zu. Zu den hellen Wandfliesen in unverputzter Kalksteinoptik passten die crèmefarbenen Kunstlederüberzüge der Stühle und Wandbänke. Freigelegte Holzbalken fügten sich zeitlos-rustikal in das ansonsten eher modern wirkende Ambiente ein. Großformatige Impressionen aus dem Heimatland brachten etwas Farbe in den von Strahlern und Hängeleuchten hell illuminierten Gastraum, in dem etwa 60 Personen Platz fanden. Gastraumimpression 2
Beim Gang zu den Nassräumen landete ich auf einer idyllischen Terrasse, die jedem lauen Sommerabend zur Ehre gereichen würde. Über die Terrasse zu den Toiletten
Zusätzlich stand rechterhand noch ein Nebenzimmer für Gesellschaften und/oder Feierlichkeiten zur Verfügung. Blick ins Nebenzimmer
Für den Durst orderten wir einen Liter gefiltertes und mit Kohlensäure versetztes Annweiler Wasser (5 Euro) aus der Quelle hinterm Haus (oder dem Wasserhahn). Das Blubberwasser nannte man hier „Trifelsperle“ und es machte seinem Namen alle Ehre, denn es perlte wenig später ganz gehörig in unseren Gläsern und die Reichsburg war ja auch nicht weit. Mein Kollege linderte seinen Bierdurst ganz unkonventionell mit einer Flasche vom herb-frischen Karlsberg Urpils (0,33l für 3,30 Euro), der berühmten FCK-Brauerei aus Homburg im Saarland.
Es waren zwei Suppen im übersichtlichen Vorspeisenangebot gelistet. Beide sagten uns zu. Mein Kollege entschied sich für die Minestrone, während es mich mal wieder nach einer Tomatensuppe (beide für jeweils 6,50 Euro) gelüstete. Die Portionen waren für den abgerufenen Preis absolut in Ordnung. Bald löffelten wir aus den Tiefen unserer Teller ungeniert aus dem Vollen, denn der Hunger hatte sich zuvor vehement und unnachgiebig zu Wort gemeldet.
Meine Tomatensuppe war mit einem gehörigen Schuss Sahne „nachgesämt“ worden. Hätte es meiner Meinung nach gar nicht gebraucht, denn geschmacklich brachte der Flüssigrahmeinsatz der ansonsten tadellos zubereiteten Zuppa di Pomodoro keinen Zugewinn. Aber da bin ich vielleicht zu sehr Purist, der das lactosefrei pürierte Rote ehrt. Zu den Suppen reichte man ein wenig Körbchen mit hellem Brot, wahrscheinlich aus dem gleichen Teig geknetet wie unsere beiden Pizzen, die wir als Hauptgerichte bald zu uns nehmen sollten. Meine Zuppa di Pomodoro
Mein Kollege lobte seine angemessen tomatisierte Gemüsesuppe, die mit ordentlicher, nicht komplett weich gekochter Genesungseinlage punktete. Die gehaltvolle Italo-Terrine zeugte von bewährtem Handwerk, das auf einfacher, aber schmackhafter Trattoria-Tradition basierte. Ein vollmundiger Appell an die vorher in der Wand gelassenen Lebensgeister, die Löffel um Löffel in dem müden Felskameraden wieder erwachten. Die Minestrone
Nach angenehmer Wartezeit wurden unsere leeren Suppenteller von zwei herzhaft belegten Hefeerzeugnissen aus dem Pizzaofen ersetzt. Mich zog es dabei in Richtung „Calabria“, die als mittelgroßes Wagenrad mit 29 cm Durchmesser und diversen Schweinereien für mittlerweile „normale“ 12,50 Euro geliefert wurde. Zwei Sorten Salami (scharf und normal) sowie kleine, gebratene Hackfleischkleckse wurden von frischen Champignons komplettiert. Pizza Calabria
Definitiv kein Belag für Verfechter der reinen Rundbackwarenlehre, aber ein handfest gesetztes Fanal gegen den gesunden Volkshunger. Warum man mir allerdings noch 0,50 Euro Extra für die Paprikasalami berechnete (diese war in der Karte als serienmäßiger Belag ausgewiesen…) entzieht sich meiner Kenntnis. Bemerkt habe ich den kleinen pekuniären „Unterjubler“ erst bei der genaueren Inspektion der Rechnung hinsichtlich dieses Berichts. Sicherlich ein Versehen, das sich vor Ort hätte problemlos klären lassen. Meine Calabria im Detail
Mein Kollege ließ es noch eine Spur pikanter angehen. Seine große Pizza „Diavola“ (12 Euro) war nicht minder zutatenreich bestückt. Peperoni, Kapern, Oliven, Paprika und auch ein wenig gebratenes Hack befanden sich in gefälliger Anordnung auf der appetitlich aussehenden Deftscheibe. Neben der saftigen Auflage war es vor allem der nicht zu dünn geratene Boden, der mit seiner angenehm fluffigen Textur zu gefallen wusste. Kein durchgeweichter, pappiger Fladen, sondern eher eine Art idealisiertes Hefebrot, das seine Funktion als luftig-lockere Unterlage mit Bravour erfüllte. Pizza Diavola
Nachdem wir beide Teigfladen - ohne uns wirklich anstrengen zu müssen – verspachtelt hatten, waren wir uns schnell einig: Pizzen können sie im Da Angelo – und das mit Sicherheit seit vielen Jahren. Über das neue Design kann man geteilter Meinung sein. Ewiggestrige und Berufsnostalgiker sehnen sich vielleicht nach dem Beizambiente vergangener Tage zurück. Ich finde die Verjüngungskur hat dem Traditionslokal gutgetan. Auch ein moderneres Interieur kann seine gemütlichen Ecken haben.
Natürlich merken wir uns diesen sympathischen Familienbetrieb für kommende Kalorienkompensationen nach anstrengenden Klettertouren rund um Annweiler, was wohl einer Empfehlung gleichkommt.
Dieses Jahr machte – zumindest phasenweise – bereits der März einen auf Wonnemonat. Deshalb zog es mich etwas früher wie gewohnt an die formschönen Sandsteinfelsen des Pfälzerwaldes, um meinem Lieblingshobby, dem Felsklettern, zu frönen.
Unter der Woche hat man an den gängigen Kletterfelsen rund um Annweiler meist seine Ruhe. Zusammen mit meinem langjährigen Kletterpartner und befreundeten Schulkollegen ging es an diesem Mittwochnachmittag an die Mittlere Deichenwand bei Wilgartswiesen, wo uns einige Routen im 6. bzw. 7.Schwierigkeitsgrad gelangen.
Bis in die Abendstunden... mehr lesen
Da Angelo
Da Angelo€-€€€Restaurant, Pizzeria6346.86 04Hauptstr. 58, 76855 Annweiler am Trifels
4.0 stars -
"Nach dem Motto „Das Kreisrunde muss ins Hungrige“ ließen wir hier den Klettertag deftig ausklingen" Ehemalige UserDieses Jahr machte – zumindest phasenweise – bereits der März einen auf Wonnemonat. Deshalb zog es mich etwas früher wie gewohnt an die formschönen Sandsteinfelsen des Pfälzerwaldes, um meinem Lieblingshobby, dem Felsklettern, zu frönen.
Unter der Woche hat man an den gängigen Kletterfelsen rund um Annweiler meist seine Ruhe. Zusammen mit meinem langjährigen Kletterpartner und befreundeten Schulkollegen ging es an diesem Mittwochnachmittag an die Mittlere Deichenwand bei Wilgartswiesen, wo uns einige Routen im 6. bzw. 7.Schwierigkeitsgrad gelangen.
Bis in die Abendstunden
Geschrieben am 15.05.2022 2022-05-15| Aktualisiert am
15.05.2022
Besucht am 18.03.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 35 EUR
Seit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen Kleinod einen lang gehegten Traum erfüllt hat. Er wollte schon immer sein eigenes Restaurant betreiben und das obwohl der 47-jährige, aus Sizilien stammende Padrone hauptberuflich einen ganz anderen Weg geht.
Die andere Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er nämlich als selbstständiger Bauunternehmer mit der Sanierung von Bädern bzw. dem Verlegen von Fliesen und Laminatböden. Der 1992 nach Deutschland gekommene, gelernte Bootsbauer ist ein wahrer Tausendsassa, dessen beruflicher Werdegang gehörigen Respekt abnötigt.
Seinen Weg vom Tellerwäscher in einem Karlsruher Restaurant zum passionierten Wirt mit Trockenbau-Hintergrund hat er beeindruckend absolviert. Ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse, der kräftig anpacken kann, aber auch im Umgang mit Menschen seine Stärken voll ausspielt. Man merkt ihm an, wie er sein gastronomisches „Hobby“ genießt und dabei stets als charmanter Gastgeber fungiert.
Wie er beispielsweise bei unserer allerersten Einkehr spontan unser kleines Töchterchen auf dem Arm durchs Restaurant trug, damit Mama und Papa in Ruhe ihre Pastateller leer essen konnten, war eine ausgesprochen freundliche Geste, die uns in dem Moment sehr willkommen war.
Bereits an diesem ersten Abend im „Oro“ war uns klar, dass hier einer mit Leidenschaft und viel Herzblut agiert. Einer, der als „Nebenerwerbsgastronom“ deutlich mehr ehrlich vorgetragene Gastfreundschaft in seiner Handwerkerseele trägt als so mancher alteingesessene Restaurantbetreiber im langjährigen Routinemodus.
Auch die Tatsache, dass er zu unsicheren Pandemiezeiten sein Ristorante eröffnete, sagt über den in der Nähe von Catania aufgewachsenen Sizilianer einiges aus. Mit großem Arbeitsaufwand hat er das Gebäude, in dem früher ein Tennisladen untergebracht war, saniert und umgebaut. Aus dem ehemaligen Sportgeschäft wurde eine wertig eingerichtete Einkehradresse mit ca. 30 Sitzplätzen. Im Sommer erlaubt ihm die Stadt Wörth den direkt gegenüberliegenden Karl-Josef-Stöffler-Platz zusätzlich als Außenbereich zu nutzen.
Unterstützt wird Filippo La Mastra von seinem Freund Gaspare Cappitelli, der sich für die Zubereitung der Speisen verantwortlich zeichnet. Dieser war schon früher als Koch tätig und betreibt heute hauptberuflich eine Spedition im rechtsrheinischen Eggenstein (nördlich von Karlsruhe). So ganz hat ihn das Herdgeschehen aber nie losgelassen, weshalb er von Donnerstag bis Sonntag seiner Vorliebe fürs Zubereiten schmackhafter Italo-Kost freien Lauf lässt. Zwei Typen also mit ähnlicher Arbeitsauffassung – das scheint zu funktionieren.
An der ansonsten recht schmucklos wirkenden Außenfassade weckt der in goldener Schrift auf noblem Schwarz gedruckte Name des Lokals das Interesse der Einkehraspiranten. Von außen eher unscheinbar...
Der goldgelb leuchtende Olivenöltropfen fungiert dabei als Markenzeichen der als Feinkostladen getarnten Pizzeria. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch schnell heraus, dass hier deutlich mehr geboten wird als „nur“ italienische Rundbackwaren.
Der gegenüber der Theke auf mehrere Regale und Anrichten verteilte Feinkostbereich wartet mit einer erklecklichen Auswahl italienischer Weine, sizilianischem Olivenöl (natürlich kaltgepresst), feinem Balsamico-Essig und diversen anderen Köstlichkeiten, die einem, mit gutem Brot genossen, kulinarisch den Tag retten können, auf. Salami, Käse und Co. können übrigens – falls nicht vorrätig – auch geordert werden.
Das Interieur des sehr gepflegt anmutenden Lokals wird von verschiedenen Grautönen (Wände, Boden, Tischdecken) dominiert. Ein heller, aufgeräumt wirkender Gastraum mit einem sinnig platzierten Thekenbereich in der Mitte. Blick zur Theke
Dieser teilt die schlauchartig angelegte Räumlichkeit in einen vorderen und einen hinteren Bewirtungsbereich ein. Rückseitig gelangt man zu den Toiletten, die – wie sich das für einen gestandenen Sanitärfachmann auch gehört – einen äußerst adretten Eindruck machen.
Zusätzlich steht noch ein kleinerer Nebenraum zur Verfügung. Genug Platz also, um nicht zu eng beieinander zu sitzen. Besonders in Hochinzidenzphasen ein nicht unbedeutender Faktor, der zum Wohlfühlen beiträgt.
Man sitzt auf bequem gepolsterten Stühlen an schlicht eingedeckten Tischen, die von weißem und grauem Leinen überzogen sind. Bereits die gediegene Tischkultur und die komfortablen Sitzverhältnisse sind deutliche Indizien für den Anspruch des Inhabers, hier keine 08/15-Trattoria betreiben zu wollen. Aber entscheidend ist ja nicht das Drumherum, sondern was am Ende auf dem Teller landet.
Doch auch da gab man sich beim Wörther Pizza- und Pastabaron keine Blöße. Bei unserem ersten Besuch Mitte März hatten wir es nämlich mit zwei rundum gelungenen Pastagerichten zu tun. Ich wählte die Spaghetti ai Gamberoni (20,50 Euro) von der 15 Zusatzgerichte umfassenden Empfehlungskarte. Meine Frau begnügte sich mit den Spaghetti Carbonara (9,50 Euro) vom Standardprogramm. Dazu gesellte sich eine Flasche Mineralwasser der Marke Levico aus den Höhenlagen des Trentino (0,75l für 5,50 Euro). Sprudelwasser aus dem Trentino
Mein mit einer völlig ausreichenden Menge an Garnelen ordentlicher Sortierung bestückter Pastateller sah nicht nur ansprechend angerichtet aus, er mundete mit auch ganz ausgezeichnet. Schuld daran war in erster Linie die fruchtig-würzige Tomatensauce, die mir ein vollmundiges Gaumenerlebnis bescherte. Die Nudeln hätten vielleicht etwas mehr Biss haben können, aber der mit mediterranen Kräutern und etwas Knoblauch verfeinerte Sugo glich dies mehr als aus. Spaghetti ai Gamberoni
Küchenchef Cappitelli wusste anscheinend wie man eine tadellos abgeschmeckte Tomatenbasis auf das Porzellan zaubert. Sein tomatisiertes Meeresrauschen erzählte von der Leichtigkeit des Weins und machte deshalb auch in Sachen Säure eine vorzügliche Figur. Zweifellos ein einwandfreies Einköchelerzeugnis, das auch in jeder süditalienischen Hafentaverne für zufriedene Gesichter gesorgt hätte. Garnelen an Spaghetti
Total begeistert zeigte sich meine Gattin von ihren Schnürchennudeln nach Köhlerart. Das war keine mit Sahne aufmontierte heilige Dreimächtigkeit, sondern eine recht leichte, hauptsächlich aus Speck (vermutlich Pancetta), Ei und Käse (Parmesan und/oder Pecorino) bestehende Sauce, die auch nicht allzu salzig ausfiel. Leicht schaumig in der Konsistenz und mit einem dezent rauchigen Geschmack daherkommend, war sie ebenfalls ein Beispiel für fachmännisches Saucenhandwerk. Spaghetti Carbonara
Ein Pastateller, der einem auch von der Menge her keine Backsteine in die Verdauungsregion legte, und somit alle Kriterien eines klassischen Wohlfühlgerichts locker erfüllte. Wenn Carbonara, dann bitte genau so. Von mir aus dann sogar mit „una Coca Cola“ (aber nur eiskalt, liebe Spliffies ;-)…).
Nach diesem wirklich beeindruckenden Erstkontakt beim Ölbaron, tauchten wir dort ein paar Wochen später mit Freunden auf. Diesmal sollten mich die Spaghetti Marinara (13,50 Euro) ähnlich begeistern wie zuvor die Garnelen-Variante. Die zarte, meilenweit von Gummiware entfernte Textur des Meeresgetiers ließ nicht nur auf die Verwendung qualitativ hochwertiger Ware schließen, sondern unterstrich auch die exakte Handhabe des Herdmeisters in puncto Garzeit. Spaghetti Marinara
Meine Frau war indes hin und weg von ihrer gut durchgebackenen Pizza Siciliana (10 Euro), die mit grünen Oliven, würzigen Sardellen, eingelegten Kapern und einer „duften“ Portion Knoblauch gesegnet war. Ihr etwas dickerer Boden überzeugte durch eine angenehm weiche Beschaffenheit. Ordentlich belegte, ofenfrische Hefeerzeugnisse konnte man hier also auch. Pizza Siciliana
Die Frau meines besten Freundes und Schulleitungskollegen – er hatte sich ebenfalls für die sizilianische Rundbackware entschieden – lobte ihre Tortellini alla primavera (9,50 Euro), deren Tomaten-Sahne-Sauce ganz klassisch mit Schinken, Champignons und Erbsen veredelt war. Der süffige Nudelteller ließ sich ungeniert aus dem Vollen löffeln und hätte – so jedenfalls meine Einschätzung – vielleicht sogar noch ein wenig üppiger ausfallen dürfen. Tortellini alla Primavera
Dass sich meine Gattin zum süßen Finale noch ein stattliches Tiramisu (7,50 Euro) einverleibte, war kein Fehler. Ein Probierhappen bestätigte meinen Verdacht: auch das aus Venetien stammende „Zieh-mich-hoch-Dessert“ war jede zusätzliche Kalorie wert. Natürlich kann man Löffelbiskuits auch ohne Mascarpone-Crème genießen, aber macht das Sinn? Zumal sie gerade in ihrer von Espresso und Amaretto getränkten Süffigkeit zu einer unverschämt leckeren Nachtischnummer avancieren. Tiramisu zum "Hochziehen"
Gerne hätte ich bei meiner letzten Einkehr vor ein paar Tagen die Tiramisu-Option zum Abschluss gezogen. Aber eine aromatische Tomatensuppe (5,50 Euro) vorweg sowie eine vorzügliche Pizza Marinara (12,50 Euro) verhinderten aus Sättigungsgründen die quaderförmige Kalorienaufnahme in Cremig-süß. Bei meiner Zuppa di Pomodoro kamen neben der feinpürierten, roten Frucht auch Basilikum und Olivenöl geschmacklich zum Vorschein. Zuppa di Pomodoro famosa
Zusammen mit der untergerührten Sahnehaube ein schlichter, aber sehr delikater Genuss, dem eine fundierte Pürierleistung vorausging. Mit Hilfe der dazu gereichten, wohl aus Pizzateig hergestellten Kleinbackwaren wurde auch der letzte Tropfen der roten Wonnetunke seiner finalen Bestimmung zugeführt. Selbstgebackenes
Meine Meeresfrüchtepizza durfte ich selbst mit kleingehäckselten, in Olivenöl eingelegten Peperoni-Stücken auf den gewünschten Schärfegrad bringen. Pizza Marinara
Mein Kollege, der sich auf mein Anraten hin die Spaghetti Marinara schmecken ließ, Spaghetti mit Meeresfrüchten
profitierte ebenfalls von der kleinen Aufpeppung. Er hatte sich vorweg für einen Insalata mista (6,80 Euro) entschieden, was er keine Sekunde bereute. Insalata Mista
Übrigens gönnte ich mir zum Meeresfladen ein kühles Gläschen Pinot Grigio (6,50 Euro). Ein leicht zu trinkender, recht säurearmer Frischling, der die Kollateralschäden am Gaumen, welche von der selbstgeschärften Deftscheibe herrührten, gekonnte ausbügelte.
Besonders erwähnenswert finde ich die Tatsache, dass man mit dem stets freundlichen Maestro La Mastra immer leicht ins Gespräch kommt. Seine angenehme Art trägt viel zum insgesamt sehr stimmigen Gesamtpaket dieses kulinarischen Kleinods in Altrheinnähe bei. Warum so ein Laden nicht jeden Abend aus allen Nähten platzt, ist mir ein Rätsel.
Vielleicht sind es die etwas höheren Preise, die so manchen Kostgänger abschrecken. Schade, denn hier verpasst er die mit Abstand beste italienische Küche in Wörth und Umgebung. Und auf das Wort „Umgebung“ reimt sich ja bekanntlich Empfehlung. Womit ich dann auch wieder bei der Überschrift angelangt wäre.
Seit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen... mehr lesen
Oro di Barone
Oro di Barone€-€€€Restaurant07271 9335800Altrheinstraße 3, 76744 Wörth am Rhein
4.5 stars -
"Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah…" Ehemalige UserSeit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen
Geschrieben am 04.05.2022 2022-05-04| Aktualisiert am
04.05.2022
Besucht am 28.04.2022Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 351 EUR
Vor einigen Wochen regte Ryanair an, gemeinsam essen zu gehen in Schuberts Brasserie. Dabei sollten wir zum einen das Restaurant, zum anderen seine neue Partnerin kennen lernen. Wir machten eine haustierfreundliche Zeit, nämlich 18:30 Uhr aus. Unser Raubtier will erfahrungsgemäß ins Freie, wenn es dunkel wird. Ryanair hat nur zwei winzige Katzen (etwa halb so ausladend wie unsere Kampfmaschine), die reine Wohnungskatzen sind. Wie immer ließen wir uns von einem Taxi in die Südstadt bringen. Schuberst Brasserie liegt in unserer früheren Wohngegend. Wir kennen die Lokalität noch als Gastwirtschaft „Fuchsbau“, die Stammkneipe der SPD dieses Stadtteils. Danach wurde sie ja unter der Regie von Roderick von Berlepsch zum Zauberlehrling, den wir mehrfach besucht hatten. Sehr viel musste wohl nicht umgebaut werden.
Unser Taxifahrer benötigte eine komplette Einweisung. Er war wohl noch nicht lange im Geschäft.
Wir trafen vor unseren beiden Tischgenossen ein und wurden sehr freundlich empfangen und zum reservierten Tisch geleitet. Covid-Kontrollen gab es nicht.
Wenig später kamen unsere beiden Freunde. Anders als wir wurden sie mit Küsschen links, Küsschen rechts begrüßt. Wie sich heraus stellte, hatten die beiden hier Sylvester gefeiert. Da kommt man sich näher.
Alle Tische tragen hier ein verchromtes Gestell für einen Eiseimer. Die Getränke sind hier gut gewählt. Als Standardchampagner dient hier Bollinger, den wir sehr schätzen. Das Wasser ist Pyrmonter Gourmet. Auch dies mögen wir sehr gern. Die Weinkarte ist recht gut sortiert, so dass ich gleich einen Geheimrat J von Wegeler fand. Das gesamte Servicepersonal ist jung und sehr zuvorkommend. Bevor der Eiseimer mit der Riesling Spätlese kam, wurde ich sogar gefragt, ob der 2017er Jahrgang recht sei. Die Wasserflaschen kommen leider nur mit Kellertemperatur auf den Tisch. Das sollte man ändern. Die Tische waren stilvoll eingedeckt, das Besteck war gut poliert. Unser Tisch
Wir alle vier beschlossen, al la carte zu essen, obwohl die rechte Seite der Klemmbrett-Speisekarten verschiedene Menüs vorschlug. Bei den Getränken schlossen unsere beiden Mitstreiter sich kommentarlos an.
Je ein kleines rundes Brot für zwei Personen fand den Weg auf unseren Tisch. Es war vorgeschnitten in handliche Spelten. Geschmacklich war es ein wenig belanglos. Wenn man so viele Gaues-Läden in der näheren Umgebung hat, wäre ein Fremdbezug sicher sinnvoller. Das Brot
Als Amuse brachte man drei kleine Näpfe auf einem Holzbrett, einmal harmloses Kimchi, einmal Kräutercreme, einmal Chimichurri. Gedippt schmeckte das Brot wenigstens nach etwas.
Die Vorspeisen:
Meine Frau wählte die Pissaladière mit Jahrgangssardinen, ich nahm das Kalbstatar mit zwei Sorten Spargel. Der Teigfladen meiner Frau war ein wenig dick und weich, die Sardinen waren nicht gut geputzt und leider von Oliven und Tomaten begleitet. Gut die Hälfte landete schließlich auf meinem Teller, zu wenig Sardinen, zuviel Beiwerk. Für 16 Euro hätte meine Frau etwas mehr von den im Einkauf ca. fünf Euro/100 g kostenden Sardinen erwartet. Pissaladiere
Mein Tatar schmeckte ausgezeichnet, war allerdings recht knapp bemessen. Weißer und grüner Spargel bildeten das Beiwerk. Der weiße war eindeutig der Star auf dem Teller. Er war wesentlich definierter gewürzt. In der Konsistenz war der Spargel ungefähr wie ein Apfel. Die Nocke Kerbeleis auf meinem Teller war entbehrlich, die Scheibe Pumpernickel, auf dem das Tatar ruhte, weniger. Die Bearnaise-Mayonnaise war sehr schmackhaft. Kalbstatar/Spargel
Nach angemessener Zeit kamen unsere Hauptgerichte. Das Lamm Carre gefiel vielen. Das Tellerbild war sehr gefällig, der Gargrad des Lammes war perfekt. Besonders dekorativ waren die beiden Kartoffelcroissants, die das Lamm einrahmten. Die angekündigten zweierlei Bohnen bestanden aus zwei Klecksen Cassoulet und einer zur Spirale gewickelten Bohnenschale. Alles ruhte auf einem kleinen Spiegel Rosmarienjus mit gutem Glanz. Lammcarree
Obwohl die Hauptdarsteller aller Gerichte (2 X Lamm, einmal Kalb, einmal Loup de Mer) eher homöopathisch bemessen waren, waren wir am Schluss alle hinreichend gesättigt und verzichtetet auf ein Dessert. Im Interesse unserer Katzen verzichtete meine Frau sogar auf ihr so geliebtes Glas Dessertchampagner.
Ich bezahlte per Karte und legte ein angemessenes Trinkgeld in bar dazu.
Unser Taxifahrer für den Rückweg war routiniert und schnell. Ryanair und seine Partnerin machten sich zu Fuß auf den nicht sehr weiten Weg zu ihrem Domizil in der Nähe meiner ehemaligen Praxis.
Vor einigen Wochen regte Ryanair an, gemeinsam essen zu gehen in Schuberts Brasserie. Dabei sollten wir zum einen das Restaurant, zum anderen seine neue Partnerin kennen lernen. Wir machten eine haustierfreundliche Zeit, nämlich 18:30 Uhr aus. Unser Raubtier will erfahrungsgemäß ins Freie, wenn es dunkel wird. Ryanair hat nur zwei winzige Katzen (etwa halb so ausladend wie unsere Kampfmaschine), die reine Wohnungskatzen sind. Wie immer ließen wir uns von einem Taxi in die Südstadt bringen. Schuberst Brasserie liegt in unserer... mehr lesen
4.0 stars -
"Erster Besuch in einer altbekannten Stätte" Ehemalige UserVor einigen Wochen regte Ryanair an, gemeinsam essen zu gehen in Schuberts Brasserie. Dabei sollten wir zum einen das Restaurant, zum anderen seine neue Partnerin kennen lernen. Wir machten eine haustierfreundliche Zeit, nämlich 18:30 Uhr aus. Unser Raubtier will erfahrungsgemäß ins Freie, wenn es dunkel wird. Ryanair hat nur zwei winzige Katzen (etwa halb so ausladend wie unsere Kampfmaschine), die reine Wohnungskatzen sind. Wie immer ließen wir uns von einem Taxi in die Südstadt bringen. Schuberst Brasserie liegt in unserer
Geschrieben am 03.05.2022 2022-05-03| Aktualisiert am
03.05.2022
Besucht am 06.03.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 48 EUR
Schon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann – 1961 das Goldene Lamm und führte es zusammen mit seiner Frau Auguste bis ins Jahr 1989. Trotz der auffallenden Fassadenfarbe in Terrakotta sind die grau angestrichenen Fachwerkbalken noch gut zu erkennen. Außenansicht
Neben dem gepflegt wirkenden Gastraum stehen ein zusätzlicher Veranstaltungsraum, ein begrünter Sommergarten und ein lauschiger Innenhof als Räumlichkeiten zur Verfügung. Der Innenhof
Genügend Platz also, um auch größere Gruppen und Gesellschaften zu beherbergen. Für die richtig großen Events steht außerdem das Bürgerhaus in Jockgrim zur Verfügung, das Küchenchef Hermann Gilb und sein Team noch „nebenbei“ betreiben. An solchen „Großkampftagen“ bleibt dann das Goldene Lamm zwangsläufig geschlossen, was auf der Homepage des Lokals frühzeitig bekanntgegeben wird.
Den Erstkontakt stellte ich telefonisch während einer kleinen Wanderung auf dem zwischen Rheinzabern und Jockgrim angelegten Otterbachbruchweg her. Während der hübschen Familientour in der als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Burchbach-Otterbachniederung (nordöstlicher Ausläufer des Bienwaldes) kam Hunger auf.
In Gehrlein’s Alter Mühle – unserem kulinarischen Favoriten vor den Toren von Rheinzabern – war an diesem frühen Sonntagabend kein Platz mehr zu bekommen. Ihre Wiedereröffnung lockte anscheinend viele regionale Genussspechte mit gehörigem Nachholbedarf in das geschmackvoll renovierte Anwesen.
Wirklich viele Alternativen zu Martin Gehrleins Zweitlokal gibt es in und um Rheinzabern ja nicht. Auch im benachbarten Jockgrim sieht es gastronomisch eher düster aus. Durch die guten Rezensionen auf „Tante Google“ hatte ich das Goldene Lamm schon länger auf dem Schirm, war aber noch nie vor Ort gewesen. Das sollte sich an diesem Sonntagabend ändern.
Und so kam es mehr oder minder spontan zur ersten Einkehr in der Pfälzer Heimat mit unserem kleinen Töchterchen. Wir waren recht früh dran (ca. 17 Uhr), aber das war auch gut so, denn dann würden wir mit der jungen Dame auch wieder beizeiten daheim sein. Die Einhaltung des Schlafrhythmus hat da Priorität.
Außer dem unseren war nur noch ein weiterer Tisch besetzt. Später gesellte sich eine Familie mit drei Kerlen im Grundschulalter am Nebentisch dazu. Da hatte unsere Kleine ordentlich was zu gucken. Ich schaute mich derweil um und fand die wohltuend zeitlose Einrichtung des Gasthofs irgendwie beruhigend. Hell und freundlich wirkte das schnörkellose Interieur des Goldenen Lamms. Der Gastraum
Schön, dass es solche, ein wenig aus der Zeit gefallenen Gasträume noch gibt. Erinnerungen an die ersten bewusst erlebten Gasthausbesuche in den 80er Jahren kamen mal wieder hoch. Wahrlich nicht die schlechtesten Assoziationen.
Die Tische waren gleich zweifach in Leinen gehüllt. Sie passten zu den crèmefarben gestrichenen Wänden. Einfache, aber nicht unbequeme Sitzmöbel aus hellem Holz gruppierten sich um die gepflegt wirkende Tischkultur. Gemütliches Eck
Der dunkle Fliesenboden kontrastierte zur hellen Einrichtung des Raumes. Auf der Holztheke ging es hochgeistig zu. Als würde man das komplette Digestiv-Angebot des Hauses zur Schau stellen wollen. Blick zur "geistreichen" Theke
Ansonsten hielt man sich mit dekorativen Elementen vornehm zurück. Ein Aufsteller auf der Fensterbank zu meiner Linken warb für preisgünstigen Ingwer- und Topinamburschnaps. Exotische Schnapsempfehlungen
Daneben sorgten Teile eines alten Kaffeeservices für ein paar wohldosierte Nostalgiemomente. Deko auf der Fensterbank
Meine Frau und ich blieben an diesem Abend ganz brav beim Mineralwasser, das in Form einer Flasche Gerolsteiner Classic (0,75l für 4,40 Euro) geliefert wurde. Bei meiner Einkehr Ende April mit dem Präsidenten unseres vierköpfigen Gourmand-Clubs war ich dagegen in regelrechter Bierlaune. Eine Flasche Tegernseer Hell (0,5l für 3,90 Euro) und ein frisch gezapftes Paulaner-Pils (0,5l für 3,90 Euro) ließ ich mir an jenem frühsommerlichen Donnerstagabend im Innenhof des Goldenen Lamms schmecken. Zur deftigen Hausmannskost von Hermann Gilb genau das Richtige. Das Helle Hopfengold vom Tegernsee
Doch zurück zum Erstbesuch Anfang März. Mich gelüstete es an diesem Abend nach einem gemeinen Rumpsteak, das mit Pfefferrahmsauce, Pommes frites und einem kleinen Beilagensalat für faire 22,90 Euro zu haben war. Meine Gattin wollte es mal wieder fleischlos und bestellte einen im Ofen gebackenen Schafskäse (10,90 Euro), zu dem sie sich noch ein kleines Salätchen (3,90 Euro) extra gönnte.
Das mit etwas Rucolagestrüpp, Radieschenscheiben, leicht angerösteten Sonnenblumenkernen, Petersilie und Tomatenschnitzen angereicherte Grünzeug war mit einem leckeren Sauerrahmdressing mit leichter Dillnote angemacht. Der kleine Beilagensalat
Den größten Teil davon bildete frische Ware, teilweise wurde aber auch auf gute Convenience (z.B. der Karotten-Krautsalat) gesetzt. Da kann man für den Preis eigentlich nicht meckern. Nochmal der Beilagensalat
Auch auf dem gratinierten Schafskäse meiner Frau lauerte die grüne Rauke. Dieser war großzügig mit weichgegrillten Tomaten, noch leicht knackigen grünen Peperoni-Schoten, Streifen von frischer Paprika und der obligatorischen Knoblauchnote ausgestattet. Der gebackene Schafskäse (nah)
Der griechische Weißkäse war von guter Qualität, verlor er doch beim Abkühlen nichts von seiner Cremigkeit. Erkalteter, bröckeliger Schafskäse schmälert nämlich deutlich den Genuss dieses mediterranen All-Time-Favoriten. Der gebackene Schafskäse in der Totalen
Dazu reichte man zwei Sorten Weißbrot. Solide Aufbackware der gewöhnlichen Art, die man besonders an einem Sonntagabend zu würdigen weiß. Brotkörbchen zum Schafskäse
Mein Rumpteak kam im gewünschten Gargrad (medium) aufs Porzellan. Rumpsteak im Anschnitt
Ich schätzte seine Masse auf 180 bis 200 Gramm, was einem gestandenen Karnivoren vielleicht zu wenig gewesen wäre, mir aber in Anbetracht der à part in einer kleinen Schüssel servierten Pommes-Beilage allemal ausreichte. Umgeben war der längliche Rindfleischquader von einer aromatischen Pfeffersauce, die mit reichlich Körnern gesegnet war. Rumpsteak mit Pfefferrahmsauce
Dieser auf ehrlicher Jusbasis gründende Genuss-Guss war der eigentliche Star auf dem Teller. Schön, dass an ihm nicht gespart wurde, denn auch die Pommes frites sollten kurz vor ihrem Verzehr noch das würzige Bad in der feinabgeschmeckten Pfeffersauce genießen dürfen. Pommes zum Rumpsteak
Dass der Küchenchef etwas vom Saucenmachen verstand, war nach dem ersten Bissen schon klar.
Dass sich meine Frau nach absolvierter Schafskäsestärkung noch einen Apfelstrudel mit Vanilleeis und Sahne (5,90 Euro) einverleibte, darf nicht unerwähnt bleiben. Der Apfelstrudel
Mein selbstauferlegter Verzicht auf Süßes verbot natürlich eine solche Nachspeise, die laut ihrem Gesichtsausdruck zur vollsten Zufriedenheit führte.
Beim der Wiederholungstat vor ein paar Tagen entschieden wir uns beide für die Spargelcrème-Suppe (3,90 Euro) vom „Rheinzawwremer Spargel“ von der Tageskarte. Das mit ordentlich Königsgemüse-Einlage versehene Süppchen kam mit gerösteten Mandelblättchen und ein kleinen Bärlauchschnipseln in die Tasse.
Im Gegensatz zur Einkehr im März war an diesem Abend eine wesentlich jüngere Servicekraft am Start. Auch sie machte ihre Sache richtig gut. Freundlich, zügig und charmant wurden wir von ihr bedient. Auf Nachfragen hatte sie stets eine Antwort parat. Ein gewisses Händchen fürs Bewirten war bei ihr deutlich zu erkennen.
Es war mein erstes Spargelerlebnis in diesem Jahr und es fiel anständig aus. Gut, etwas mehr Geschmackstiefe hätte der Frühlingsterrine sicher nicht geschadet, aber so oder so mundeten mir die noch leicht bissfest gegarten Stücke vom Königsgemüse, das in ausreichender Menge vorhanden waren. Das Spargelcrèmesüppchen
Mein Gaumenfreund, der mich an jenem Abend begleitete, fand für das Süppchen nur lobende Worte und das soll was heißen.
Mit seinen Schweinemedaillons, die mit Rahmchampignons, Spätzle und einem vorweg gereichten Beilagensalat (17,90 Euro) serviert wurden, war er nämlich weitaus weniger d’accord. Schweinemedaillons mit Rahmchampignons
Die vom Schweinefilet geschnittenen Tranchen fielen schlichtweg zu dünn aus. Vier furztrockene Medaillons waren die logische Konsequenz. Schade, das hätte man besser hinkriegen können. An der Rahmsauce gab es dagegen nichts auszusetzen. Zusammen mit den Spätzle (gute Bürger-Qualität) als Soßenschwamm rettete sie ihm wahrscheinlich den Teller. Spätzle zu den Schweinemedaillons
Ich hatte mich diesmal für das Schnitzel Wiener Art (13,90 Euro) entschieden, das ich mir mit der bekannten Pfefferrahmsauce noch zusätzlich grundieren ließ. Schnitzel Wiener Art mit Pep!
Knusprige Panade hin oder her, ich brauchte einfach etwas Süffiges, um damit meine krossen Pommes frites ausreichend zu benetzen. Pommes zum Schnitzel
Mit den beiden wohlpanierten Folklorestücken aus dem Schweinerücken war ich wesentlich zufriedener als der Medaillon-Kamerad gegenüber. Da schien sich jemand im Pfannenmetier gut auszukennen. Das Fleisch nicht zu trocken, außen schön rösch gebraten und – soweit mir die pikante Pfeffertunke dieses Urteil gustatorisch überhaupt erlaubte – auch von einer angenehmen Pfeffer-Salz-Würze kündend. Eine gelungene Portion Gutbürgerlichkeit für eingefleischte Redundanzesser eben. Schnitzel in Pfeffertunke
Die beiden schweinernen Panierlappen ergaben zusammen eine ordentliche Portion, die aber nichts mit den über den Tellerrand hinausreichenden XXL-Schnitzeln aus den übriggebliebenen Vielfraßtempeln der 90er Jahre gemein hatte. Zum Sattwerden reichte der Hausmannsteller jedoch allemal, der kleine Beilagensalat hatte da als Zwischengang bereits gute Dienste geleistet.
Auf den Nachtisch verzichteten wir dann gesättigter Weise. Mein Kollege orderte noch seinen obligatorischen Kaffee (2,10 Euro), mit dem er für gewöhnlich jede Mahlzeit im Gasthaus beschließt. Hermann Gilb kam noch zu einem kleinen Plausch aus seiner Küche. Meine Fragen zur Historie und zur kulinarischen Ausrichtung des Lokals beantwortete er mir gerne.
Ein grundehrlicher Küchenhandwerker und dazu noch ein äußerst sympathischer Zeitgenosse, der hier seit 30 Jahren über Töpfe und Pfannen regiert und der auch ganz gut ohne modische Manierismen auskommt. Man darf gespannt sein, wie lange er diesen liebenswürdigen Landgasthof noch führt. Viele davon gibt es ja leider nicht mehr…
Schon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann –... mehr lesen
4.0 stars -
"Sympathischer Landgasthof, der mit solidem Saucenhandwerk punktete" Ehemalige UserSchon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann –
Geschrieben am 20.04.2022 2022-04-20| Aktualisiert am
20.04.2022
Besucht am 28.02.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 27 EUR
„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von Bremen für eine Nacht haltmachten. Genauer gesagt befanden wir uns im rund 200 Einwohner zählenden Kleinvach, einem direkt an einer Werraschleife gelegenen, ungemein idyllischen Ortsteil von Bad Sooden-Allendorf und damit in unmittelbarer Nähe zur hessisch-thüringischen Grenze.
Aus dem eigentlichen Plan, dem ersten Haus des Kurorts, dem beliebten Restaurant „Quitte“, einen Besuch abzustatten, wurde von vornherein nichts, da man dort nur von Mittwoch bis Sonntag Gäste empfängt. Unser Hunger war nach einer kleinen Wanderung auf dem Premiumweg P16 im hessisch-thüringischen Grenzgebiet bei Asbach-Sickenberg nicht gerade trivial, aber auch unser zweites Einkehrass im Ärmel, die Klosterschänke in Bad-Sooden, hatte an diesem Montag geschlossen, sprich ihren Ruhetag.
Nach McDöner und Co. war uns nicht, nach gutbürgerlicher deutscher Küche schon eher. Ich googelte die Gegend nach Essbarem ab und wurde auf der rechten Werraseite fündig. Im von Fachwerkhäusern und reichlich alter Bausubstanz dominierten, schmucken Ortsteil Allendorf hatte das Deutsche Haus geöffnet. Nach einem kurzen Telefonat und dem Hinweis auf ein Erscheinen mit Kleinkind machten wir uns auf den Weg dorthin.
Das Deutsche Haus befindet sich in der zentrumsnahen Ackerstraße, was die Suche nach einem geeigneten Parkplatz für des Volkes Wagen selbst an einem Montagabend nicht gerade leicht machte. Auch unser kleiner Wonneproppen war vom langen Aufenthalt im Maxi-Cosi nicht in allerbester Stimmung. Hungrige, von der anstrengenden Fahrt gestresste Eltern trafen auf ein quengeliges Töchterchen, die zwar müde der Fahrt, aber nicht müde genug zum Schlafen war. Keine guten Voraussetzungen für eine entspannte Einkehr, die es dann auch nicht wurde.
Das von Gisela Kienzl in vierter Generation geführte Traditionshaus, dem auch das außerhalb im Grünen gelegene Ausflugslokal Wilhelms-Höhe (nur in den wärmeren Monaten geöffnet) angehört, machte nicht nur von außen einen gepflegten Eindruck. Außenansicht
Im Inneren herrschte eine aus dunklem Holz geschnitzte deutsche Gutbürgerlichkeit wie man sie in den 70er oder 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in nahezu jeder Dorfwirtschaft antraf. Ein Gastraum wie vor 40 Jahren
Viel Stammtisch- und Tresenklientel tummelte sich in dem liebevoll anachronistisch eingerichteten Gastraum. Steingut, Zinnkrüge und Eingerahmtes mit Lokalbezug beherrschten den zwischen derbem Fliesenboden und schwerer Holzbalkendecke eingefangenen Gastrokosmos. Unser Tisch - wahres Glück is(s)t hausgemacht!
Auf die Anwesenheit eines Babys hatte man sich eingestellt. Der fehlende Wickeltisch wurde durch zwei zusammengeschobene Tische im Nebenraum kompensiert. Kaum hatten wir uns hingesetzt, wurden wir umgehend darüber in Kenntnis gesetzt. Ehrlich gesagt hätte ich viel erwartet, aber dass man uns extra einen Wickelraum herrichtet, das war schon ein feiner Zug unserer Gastgeber.
Die freundlich-fürsorgliche Art, mit der man hier seine Gäste bedient, war für uns eine sehr positive Überraschung. Ja, auch die bürgerlichen Deftigkeiten aus der Küche gingen voll in Ordnung und waren dazu noch äußerst preisgünstig kalkuliert. Aber sie allein wären für mich kein Anlass gewesen, einen Bericht über dieses in der Tat sehr ehrenwerte Deutsche Haus zu verfassen.
Aber gegessen und getrunken haben wir natürlich auch. Zur Entspannung musste eine regional gebraute Hopfenkaltschale herhalten. Das Eschweger Klosterbräu (0,4l für 2,50 Euro) aus der nahegelegenen Kreisstadt kam mir da sehr gelegen. Meine Frau löschte den Durst dagegen mit einem kleinen Mineralwasser (0,2l für 1,70 Euro). Später bestellte sie noch einen warmen, selbstfabrizierten Apfelsaft (2,50 Euro), den sie über die grüne Streuobstwiese hinweg lobte.
Trotz der unfassbar günstigen Steak-Preise – die Rumpsteaks lagen inkl. Beilagen bei gerade mal 18,50 Euro – war mir an diesem Abend nach Schnitzel zumute. Ich studierte die reichhaltige Schnitzelkarte, die vor herzhaften Panadebeispielen nur so strotzte. Hier mal ein kleiner Streifzug durch die Paniermeile.
Unter dem Begriff „Hausschnitzel“ firmierte hier die mit Käse und Schinken gefüllte Variante. Mit glasierten Zwiebeln und Speck stattete man hingegen das „Bauernschnitzel“ aus. Das „Helvetia Schnitzel“ grüßte mit Spargel und Schinken und war dazu noch mit Käse überbacken. Das „Jägerschnitzel“ wurde hier nicht mit dunkler Bratensoße, sondern mit Champignonrahmsauce kredenzt, während beim „Pfefferschnitzel“ eine entsprechende Soße angegossen wurde.
Der namentliche Sinn des „Schweizer Schnitzels“, das ebenfalls gratiniert, aber mit Champignons und Ananas (!) verfremdet wurde, erschloss sich mir nicht. Das mit weißen Bohnen, Schmorpaprika und reichlich Zwiebeln gesegnete „Serbische Schnitzel“ klang zwar nicht minder skurril, aber in meiner Vorstellung auch irgendwie interessant.
Dass es dann letztlich das „Serbische“ wurde, war wohl dem Umstand geschuldet, dass die Grenze nach Thüringen nur einen Katzensprung entfernt lag und ich ein mit Letscho angereichertes Folklorestück bis dato noch nie auf dem Teller liegen hatte.
Die frisch der Pfanne enthobenen Bratkartoffeln waren mir den 1 Euro Aufpreis wert. Für insgesamt 12,50 Euro war das aber immer noch ein sehr günstiges Abendmahl und – wie sich bald herausstellen sollte – auch ein sehr sättigendes dazu.
Meine Gattin mochte es dagegen lieber vegetarisch. Ihre Wahl fiel auf die frittierten Champignons an üppiger Salatgarnitur, die mit 8 Euro zu Buch schlugen. Da uns die Laune der Jüngsten am Tisch gehörig in Wallung versetzte, vergaß ich während meiner Beruhigungs- und Bespaßungsversuche – auch auf Papas Arm wird es irgendwann langweilig – ein Bild vom ansehnlichen Pilzteller meiner Frau zu schießen. Man möge es dem zu diesem Zeitpunkt „leicht“ genervten Vater am Tisch verzeihen.
Dabei hatte der Service auf die sich anbahnende „Schlechte-Laune-Phase“ unserer Tochter toll reagiert und das Essen meiner Frau etwas vorgezogen serviert. So konnten wir wenigstens in Etappen unsere beiden Abendessen einnehmen. Der eine aß, der andere trug. Später dann umgekehrt.
Als das frisch der Pfanne entstiegene, unter einem dicken Letscho-Teppich versteckte Schnitzel dann vor mir landete, war meine bessere Hälfte nicht mehr zugegen. Sie hatte sich mit unserer kleinen „Beutelratte“ zu einem abendlichen Spaziergang durch das idyllische Allendorf aufgemacht. In der Trage findet unser Mädel nämlich so gut wie immer in den Schlaf.
Der „Novak Djokovic“ unter den Schnitzeln fiel angenehm saftig aus. Das Fleisch schön mürbe geklopft und sicherlich auch gut gewürzt, was man jedoch aufgrund der geschmacklichen Dominanz des süß-säuerlichen Bohnen-Paprika-Allerleis kaum herausschmecken konnte. Letschoschnitzel mit Bratkartoffeln
Die Bratkartoffeln waren sehr gut gewürzt. Etwas weniger Zwiebeln hätten es meiner Meinung nach ruhig sein dürfen. Und etwas weniger Fett, denn meine „Gebreedelden“ troffen doch arg. Das "Serbische Schnitzel"
Keine Ahnung, wie vieler Schnäpse es bedurft hätte, um diesen Rustikalteller in verdaulichere Magensaftbahnen zu katapultieren. Die Fahrt zurück zum Hotel nach Kleinvach verbot jedoch dergleichen, was mir für den Rest des Abends ein hartnäckiges Völlegefühl bescherte.
PS.: Übrigens fiel am nächsten Tag die Schlussetappe auf dem Weg zurück in die Heimat dank schlafendem Baby und einer gut gewählten Pause in einer sehr kinderfreundlichen Shopping-Mall (bei Weiterstadt) recht entspannt aus.
„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von... mehr lesen
Deutsches Haus
Deutsches Haus€-€€€Gaststätte05652 2481Ackerstr. 56, 37242 Bad Sooden-Allendorf
4.0 stars -
"Deftiges Schnitzelglück und herzliche Gastgeber ließen uns einen echten Stresstest überstehen" Ehemalige User„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von
Geschrieben am 18.04.2022 2022-04-18| Aktualisiert am
18.04.2022
Besucht am 27.02.2022Besuchszeit: Mittagessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 52 EUR
Den Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu besuchen. Zur Mittagszeit meldete sich dann ad hoc ein alter Weggefährte, der Hunger. Nach absichtlich ausgelassenem Frühstück kam sein Besuch aber nicht wirklich überraschend.
Da auch meine Frau Einkehrbereitschaft signalisierte und das in Lesum sehr beliebte griechische Restaurant Sparta – ich berichtete vor ein paar Jahren – fußläufig zu erreichen war, ließen wir es auf einen Spontanbesuch ankommen. Doch so schnell wir drinnen waren und einen Tisch im Gewühl ergattert hatten, strichen wir auch wieder die Segel. Zu laut, zu voll und mit dem Baby an Bord keine besonders gute Idee!
Nun war guter Rat teuer. Gut, dass da meine Schwiegereltern einen ihrer Meinung nach einfachen, aber recht passablen Italiener – in diesem Fall würde Italienerin tatsächlich besser passen – noch „aus Jugendzeiten“ kannten. Also griffen wir zur zweiten Option und steuerten das an der Stader Landstraße gelegene Mama Leone an.
Und so kam es schließlich zum allerersten Restaurantbesuch mit unserem kleinen, zu diesem Zeitpunkt knapp fünf Monate alten Töchterchen. Um es mit den abgewandelten Worten von 80er Ikone Nena zu sagen: Irgendwie fängt irgendwann, irgendwo das gemeinsame Auswärtsessen an!
Und warum nicht in einem italienischen Ristorante, das seit Jahren für anständige Pizzen und Pastagerichte steht, den Anfang machen? Seit 1977 (!) existiert die von außen etwas schmucklos wirkende Teigfladenschmiede der Familie Leone an Ort und Stelle. Außenansicht
Meine Recherchen ergaben, dass Tochter Susan Leone in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten ist – was heute ja eher die Ausnahme, denn die Regel darstellt – und das Ristorante im Jahr 2017 übernommen hat.
So manche, die heute noch hier einkehren, waren schon bei Maria und Pino, den Eltern von Susan, zu Gast und sind ihrer Lieblingspizzeria über die Jahre hinweg treu geblieben, wie ich zahlreichen FB-Kommentaren entnehmen konnte. Vielleicht nicht die aussagekräftigste, aber sicher nicht die schlechteste Referenz für einen Traditionsbetrieb.
Wir wurden von einer jungen Bedienung freundlich in Empfang genommen und zu einem Tisch im hinteren, etwas kleineren Gastraum geführt. Das Lokal war gut besucht an diesem Sonntagmittag. Aber für vier Erwachsene und ein Baby hatte man noch Plätze frei.
Nachdem die Impfformalitäten geklärt waren, erhielten wir das in diversen Klarsichtfolien steckende Speisenprogramm, das eine beeindruckende Auswahl mehr oder weniger gängiger Italokost listete. Neben Pizza und Pasta in den üblichen Deklinationen, wurden auch Fleisch- und vor allem Fischgerichte offeriert. Mit Gamberoni, Calamari und Cozze huldigte man hier vor allem den Früchten des Meeres.
Was den Alkoholkonsum betraf, übte ich mich in Zurückhaltung. Der Abend zuvor steckte mir noch in der Leber und so verzichtete ich auf Valpolicella, Frascati & Konsorten. Stattdessen labte ich mich bald an klassisch vor sich hin sprudelndem Blubberwasser der Marke „San Pellegrino“ (0,7l für 5 Euro). Schwiegermutti gönnte sich ein Alster (0,3l für 2,50 Euro), während sich ihr Gatte ein Viertel Bardolino (4 Euro) reinpfiff.
Die Pizzen werden im Mama Leone in drei verschiedenen Größen angeboten. Neben einer Kinderportion – schätze mal etwas größer wie eine Vinyl-Single früher – gab es sie in „Normal“ und „Groß“. Wie groß „Normal“ ist oder ob „Groß“ hier eher normal ist, war der Karte nicht wirklich zu entnehmen, da keine Durchmesser angegeben waren. Laut meinem Schwiegervater wäre die normale Größe aber völlig ausreichend, da es sich um Teigfladen mit etwas dickerem, weicherem Boden handeln würde.
Aha, also eher eine „Napoletana“ mit schönem „bordo alto“, denn eine knusprig dünne „Romana“. Den Rat des Schwiegervaters überhörte ich geflissentlich und entschied mich für die große Pizza „Sophia Loren“ (14,50 Euro) mit Salami, Schinken und zwei Spiegeleiern. Ich spekulierte da schon auf den Verzehr ihres erkalteten Rests am nächsten Tag.
Meine Frau hatte dagegen so richtig Lust auf eine Portion Spaghetti Aglio e Olio (7,30 Euro), während die Schwiegereltern auch die Rundbackwaren favorisierten, was ihnen jeweils eine „Funghi“ (5,50 Euro) und eine „Napoli“ (6 Euro) in Normalgröße einbrachte. Ein Tomatensalat (5 Euro) und ein grüner Salat (3 Euro) für die Vorabgelüste komplettierten unsere Order.
Ein an der Decke angebrachtes Netz ließ den gestrandeten Caprifischer in mir jauchzen. Wir saßen bequem auf Polsterstühlen mit Kunstlederüberzug und auch der Jüngsten am Tisch gefiel es hier deutlich besser als im trubeligen Sparta, aus dem wir kurz zuvor entflohen waren. Unser Tisch (Holzfurnier) befand sich in einer gemütlichen Ecke. Eine Umgebung, die sich allein schon deshalb als babyfreundlich erwies, da wir so ziemlich unter uns waren. Der hintere Gastraum
Wie schön, dass es diese einfachen Traditionsgasthäuser des kulinarischen Südens noch gibt, in denen man freundlich bedient wird und auch die Kleinigkeiten noch stimmen. In unserem Fall war es das zu den beiden Salaten gereichte Pizzabrot. Pizzabrot
Das kam in seiner gesalzenen Fluffigkeit aber auch sowas von „oldschool“ rüber, dass es die reinste Wonne war. Eines wusste ich also bereits vor dem Rendezvous mit Sophia Loren: der Teig – das geschmeidige Fundament von allem Runden hier – würde mir schmecken und das bedeutete ja schon mal was.
Über den mit ordentlichem Zwiebelanteil versehenen, gut gepfefferten Tomatensalat kann ich nichts sagen. Aber in Anbetracht der Jahreszeit durfte man bei der erklecklichen Ansammlung blassroter Schnitze auf dem Teller meines Schwiegervaters von einem nicht allzu intensiven Aromenspektakel ausgehen. Tomatensalat
Der grüne Salat meiner Gattin kam mit einfachem Essig-Öl-Dressing aus und fuhr damit ganz gut. Kleiner grüner Salat
Bald dufteten uns die üppig gratinierten Teigfladen entgegen. Zu meiner Verwunderung schlummerte mein aus Schinken und Salami bestehender Rustikalbelag unter einer geschmolzenen Käseschicht. Sollte das nicht umgekehrt sein? Setzte man sich hier etwa absichtlich über die gängigen Konventionen hinweg und schloss den ritualisierten Bestückungsvorgang mit Käse ab?
Bei der „Napoli“ des Schwiegervaters das gleiche Bild. Ein mächtiger Schmelzkäseteppich begrub seine pikanten Komplizen, in diesem Fall Sardellen und Kapern, unter sich. Pizza Napoli (Normalgröße)
Nur die frischen Pilze auf Schwiegermuttis Funghi-Fladen lagen obenauf und grinsten frech zu mir rüber. Pizza Funghi (Normalgröße)
Nicht frech, dafür aber mit einer gehörigen Portion skurrilem Zubereitungshumor gesegnet, schauten mich die aus einem doppelten Spiegelei mit zwei schwarzen Olivenpupillen bestehenden „Augen“ meiner Sophia-Loren-Pizza an. Pizza Sophia Loren
Das mondgesichtige Hefeerzeugnis schien mir augenzwinkernd klarmachen zu wollen, dass mein Magen eh nicht dafür ausgelegt sei, es hier und heute komplett zu vertilgen. Da schaut sie mich an, die Sophia...
Es sollte von Anfang an Recht behalten. Zwar kämpfte ich wie Charlton Heston 1961 in der Historienschmonzette „El Cid“, fühlte mich aber eher wie ein neapolitanischer Don Quixote beim Kampf gegen ein teiggewordenes Wagenrad.
Meine Frau nudelte sich währenddessen durch ihre beiden siamesischen Pastazwillinge namens Aglio und Olio. Nicht zu fettig, aber auch nicht allzu bissfest gerieten ihre Spaghetti, denen es meiner Meinung nach etwas an „Wumms“ fehlte. Gut, für sie war es der erste Auswärtsteller nach vielen Monaten und von daher ihre Anspruchshaltung auch nicht sonderlich hoch. Spaghetti Aglio e Olio
Meiner deftigen Italo-Scheibe mangelte es dagegen wahrlich nicht an Würze, was mir später noch einen ausgewachsenen Nachdurst einbrachte. Aber egal, der Zweck heiligt bekanntlich so manchen Pizzabelag und niemand von uns bereute den kleinen Abstecher in den leicht anachronistisch anmutenden Gastrokosmos der Familie Leone.
Vieles, was Vorrezensent Hanseat1957 vor rund 7 Jahren über das Mama Leone geschrieben hat, gilt auch heute noch. Das in die Jahre gekommene Innenleben, die etwas angestaubt wirkende Deko, die vielfältige Speisenauswahl und das gut gesalzene, leicht fettige Pizzabrot haben die Zeit überdauert.
Ob es sich bei diesem familiär geführten Ristorante tatsächlich um ein „Gesamtkunstwerk“ handelt, muss jeder für sich selbst beurteilen. Von zu langer Wartezeit aufs Essen kann ich jedoch nicht berichten. Vielleicht hat sich das ja im Zuge des Verjüngungsprozesses etwas gebessert.
Wir waren jedenfalls mit dem Verlauf dieser ersten Einkehr mit Baby sehr zufrieden. Die Kleine hielt gut durch und da uns auch die Schwiegereltern unterstützten, war das ein recht entspanntes Gastro-Debüt mit ihr. Wir genossen die sympathische Zeitreise back to the roots mit ordentlichen Pizzen, die trotz ihres nicht sonderlich großen Durchmessers gut sättigten.
Die drei Ramazotti zum Digestif gingen freundlicherweise aufs Haus und die Rechnung übernahm der spendable Herr Schwiegerpapa. Alles in allem also eine nicht unerfreuliche Stippvisite in diesem alteingesessenen Bremer Pizza-Tempel. Zwar kontrastierte der Besuch zu dem abends zuvor im Topaz Erlebten ganz gehörig, aber nur wer die einfachen Dinge der Kulinarik zu schätzen weiß, kann auch die Highlights in vollen Zügen genießen. Das reimt sich nicht – aber es erdet zumindest.
Oder um es mit den Worten eines großen Entertainers zu sagen: „You gotta get high before you taste the lows!“ (Robert Peter, genannt „Robbie“, Williams, 1997)
Den Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu... mehr lesen
Ristorante Mama Leone
Ristorante Mama Leone€-€€€Restaurant, Pizzeria0421633195Stader Landstraße 17, 28719 Bremen
3.5 stars -
"Wenn dir Sophia Loren als Pizza getarnt tief in die Augen schaut, dann sitzt du vermutlich bei einem alteingesessenen Italiener in Bremen-Lesum…" Ehemalige UserDen Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu
Besucht am 23.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Dass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem Entzug befindliche Karnivoren.
Mein Favorit und sicherlich der Geheimtipp für BBQ-Freunde in dieser Gegend, das Cutter‘s Ribhouse im ehemaligen Laubenpieper in Bremerhaven, hat derzeit nur samstagabends (und das auch nur alle 14 Tage) geöffnet. Ein überaus freundlicher Pitmaster erklärte mir die eingeschränkten Öffnungszeiten am Telefon. Die unsichere Coronalage, eine selbstauferlegte Kurskorrektur beim gastronomischen Konzept sowie die begrenzten personellen Kapazitäten würden eine Öffnung unter „Normalbedingungen“ derzeit nicht erlauben.
Gut, dann musste eben Plan B greifen und ich folglich wieder zum Smartphone. Der „Nyce Guy“ am anderen Ende der Leitung sicherte mir einen Platz in Langens neuer Burger-Bowl-Bar zu. Diese existiert seit dem 9.September 2021 in den ehemaligen Räumlichkeiten des „Kaliméra“, einem griechischen Lokal im Langener Lindenhof-Center. Nichts in dem verklinkerten, von coolem Industriedesign geprägten Anwesen erinnert mehr an eine griechische Ouzo-Taverne. Außenansicht
Da ließ man scheinbar gehörig den Presslufthammer kreisen, um das Innere des Lokals komplett umzukrempeln.
Drinnen empfing mich eine lange nicht mehr erlebte Betriebsamkeit. Ja, es war richtig was los bei den netten Burgerbuddies aus Langen. Und das unter der Woche. Studenten/Innen, Best Ager, Familien und Touristen bildeten einen bunten Querschnitt, der sich durch unterschiedlichste Gesellschaftsschichten zog. Bereits am Eingang wurde der erforderliche Impfnachweis kontrolliert. Ein Zweiertisch vor der Fensterfront war dann ebenso schnell eingenommen.
Da saß ich nun und genoss – und das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – den Trubel um mich herum. Ich saugte das an die Zeit vor Corona erinnernde Gastro-Gewimmel förmlich in mir auf, denn es fühlte sich so verdammt „normal“ an. Spätestens beim Schoppen „Nyce Guys Pale“ vom Fass (0,5l für 4,50 Euro) waren die letzten pandemischen Umstände aus dem Kurzzeitgedächtnis gespült. Außerdem bewirkte die gut ge“lager“te Hopfenkaltschale das, was sie bei mir immer bewirkt: mein Appetit verwandelte sich in handfesten Hunger. Das Nyce Guys Pale (Hausbier)
Ich durchstöberte die vorbildlich laminierten Seiten der Speisenkarte, die allesamt in einem zum Ringbuch umfunktionierten Klemmbrett steckten. Erstmal einlesen...
“Zeitgeist meets Hygienevorschriften!“ Andere Zeiten, andere Meriten. Egal, ich blätterte mich mit „högschder“ Konzentration durch das „nice“ (neudeutsch) gestaltete Kompendium an Burgern, Bowls, Salaten und Fingerfood.
Nebenbei staunte ich als bekennender „Juncker der Provinz“ nicht schlecht über so viel gelebte Urbanität in dem von der Geest geformten Land. Graue Betonwände, klobige Industrielampen und jede Menge Bistromobiliar im „Used-Look“ hätte ich eher im benachbarten Bremerhaven erwartet. Der Gastraum im Industrial-Shabby-Look Die Leseecke ohne Bücher
Der schummrig beleuchtete Barbereich wurde von einer raumtrennenden Grasbüschelbarriere separiert. Schummrige Barkulisse
Das üppige Grün stand der ansonsten recht puristisch eingerichteten Burgerbutze gut zu Interieur und ließ den Gastraum etwas lebendiger wirken. Blick auf die "grünen" Raumtrenner
Statt mich über das Fehlen von frischfrittiertem Stint zu echauffieren, beschied ich mich vorweg mit einer Portion Chicken Wings (8,50 Euro), um mich dann ganz auf meine selbstauferlegte Hot’n’Cheese-Burger-Experience (damals noch 9,90 Euro) zu konzentrieren. Zu dem Geflügel-Sixpack gab es noch eine cremig-rauchige Chipotle-Sauce gratis dazu. Die knusprigen Sechs
Dann bediente sich Häuptling „Fettiger Finger“ ungeniert an dem knusprigen Frittiergut, das schnell als gewöhnliche Convenience-Ware enttarnt war. Die Chicken Wings im Detail
Dazu passte irgendwie das gut „reinlaufende“ Helle (übersetzt wohl eher „Bleiche“), das sich viel zu schnell leerte.
Dann folgte das mit einem medium gegrillten 200g-Patty ausgestattete „Scharf-und-Käse-Fleischbrötchen“. Was auf Deutsch klingt wie ein Sehnsuchtsgericht aus ostalgischen HO-Gaststätten, war in Wirklichkeit ein äußerst stattliches Exemplar niedersächsischen Bulettenbaus. Das „Scharf-und-Käse-Fleischbrötchen“
Zwischen den leicht angegrillten Buns lauerten neben der saftigen Fleischeinlage scharfe Jalapeños, würziger Cheddar und ein dicker Klecks hausgemachter Chili-Cheese-Sauce. Als vegetabiles Alibi fungierten krause Blätter vom Lollo rosso. The first cut is the deepest...mein Burger im Anschnitt
Keine Frage, das war keine Diätkost für Kalorienzähler, sondern eine zünftige Stärkung nach den getätigten 20000 Schritten (gefühlt) auf dem Deich. Auf die obligatorische Pommes-Beilage hatte ich leider verzichtet. Leider, weil mir beim Anblick der „Classic fries“ am Nachbartisch dann doch der Zahn tropfte. Egal, manchmal ist ja weniger mehr, was sich in meinem Fall als grober Unfug herausstellen sollte. Denn an jenem Abend (und auch an dem bald folgenden in Bremen…) war nämlich „mehr“ mehr.
Deshalb sah ich mich dazu veranlasst, meinem zuvor bestellten IPA von Maisel & Friends (0,33l-Flasche für 3,30 Euro) mit ein paar Onion Rings (4,90 Euro) kulinarisch Gesellschaft zu leisten. Hausgemachte Onion Rings mit Feuersauce
Die waren dann definitiv selbstgemacht, was mir die unterschiedliche Größe der in Bierteig ausgebackenen Zwiebelringe verriet und später beim netten Plausch mit dem Geschäftsführer bestätigt wurde. Die dazu bestellte Hot-Fire-Sauce machte ihrem Namen alle Ehre und heizte mir zum Schluss nochmal so richtig ein. Die Onion Rings aus der Nähe
Mit gut gemachten Burgern liegt der gemeine Fleischesser ja nie falsch. Kulinarisch betrachtet war der letzte Abend meines Solo-Trips vielleicht kein besonders wertvoller, aber einer mit hohem Wohlfühlcharakter. Und das reicht ja manchmal auch.
Liebe „Nyce Guys“ aus Langen, ihr macht mit eurem Laden ganz viel richtig, denn ihr füllt eure Gläser mit anständigem Bier und verköstigt eure Klientel mit schmackigen, teilweise sehr einfallsreich kreierten Burgern. Da ihr auch Schüsseln mit gesundem Powerfood in petto habt, wird auch der ein oder andere Gesundheitsapostel eure Wege kreuzen. Die Preise, die ihr dafür abruft, sind für das Gebotene absolut im Normbereich. Auch euer Servicepersonal ist schwer auf Zack und weiß, wie man mit seinen Gästen umgeht. Hipsterallüren sucht man hier jedenfalls vergeblich und das ist auch gut so.
Nun war ich gespannt, auf den bevorstehenden Väterabend in der „Hansestadt mit Herz“. Das dortige Treffen mit einem guten Futterfreund würde sicherlich in eine ganz andere Richtung gehen.
Wein oder nicht Wein? – Welch‘ überflüssige Frage!
Dass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem... mehr lesen
Nyce Guys
Nyce Guys€-€€€Restaurant, Bar04743 9498552Debstedter Straße 5, 27607 Geestland
4.0 stars -
"A burger a day keeps the hunger away!" Ehemalige UserDass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem
Geschrieben am 02.04.2022 2022-04-02| Aktualisiert am
02.04.2022
Besucht am 22.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 30 EUR
Der auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in der Wremer Fischerstube an und erfragte einen Tisch. Frau Wolters, die Chefin vom Gasthaus Wolters – Zur Börse hatte mir tags zuvor den Tipp gegeben. Eine solide Fischküche bei freundlichen Gastgebern würde mich dort erwarten. Bereits das Telefonat bestätigte mir letzteres. Ich machte mich also erneut auf den Weg nach Wremen. Diesmal ging es aber näher an die Küste.
Die Wremer Fischerstube befindet sich nämlich direkt hinter dem Deich, keine 200 Meter vom Wremer Kutterhafen entfernt. Hier auf der windgeschützten Lee-Seite des „Wremer Tiefs“ steht der schmucke Klinkerbau, der seit dem Frühjahr 2021 von neuen Betreibern geführt wird.
Sein neuer Inhaber ist der Bosnier Sakib Hasanspahic, der zuvor 20 Jahre auf dem Restaurant-Schiff „Seute Deern“ tätig war. Die ab dem Jahre 2005 als Bestandteil der Gesamtanlage Deutsches Schifffahrtsmuseum unter Denkmalschutz stehende hölzerne Bark sank im August 2019 infolge eines Schiffsbrands im Alten Hafen von Bremerhaven. Im letzten Jahr wurde der geschichtsträchtige Dreimaster dann kostenintensiv abgewrackt. Für Herrn Hasanspahic war der Abschied von „seinem Schiff“ kein leichter, wie aus den Berichten der Regionalpresse zu entnehmen war.
Umso erfreulicher, dass ihm und seiner Mannschaft in der Wremer Fischerstube ein Neuanfang gelungen ist. In Zeiten von Corona sicherlich keine Selbstverständlichkeit. An der kulinarischen Ausrichtung des Lokals hat man ganz bewusst nicht viel geändert. Nach wie vor wird hier in erster Linie auf eine gutbürgerliche Fischküche gesetzt.
Jedoch finden sich auch ein paar Fleischklassiker sowie einige wenige vegetarische Gerichte im überschaubar gehaltenen Speiseangebot wieder. Ergänzt wurde das Standardprogramm von vier Tagesempfehlungen. Darunter auch der fangfrische Stint, der hier scheinbar als saisonale Delikatesse gilt.
In der geräumigen Fischerstube fühlte ich mich sofort gut aufgehoben. Auf dem gut gepolsterten Holzstuhl saß es sich recht bequem. Ausreichend Platz zu den Nachbartischen war ebenfalls vorhanden. An diesen war man bereits mit den Hauptgängen beschäftigt. Ein gemischtes Publikum, das sich zum Großteil aus Paaren mittleren und höheren Alters zusammensetzte, ließ sich handfeste Deftspeisen in üppigen Portionen servieren. Gastraumimpression 1
Mein Blick richtete sich auf den Ausschanktresen, überflog die dezente Küstenfolklore sowie die gerahmten nautischen Karten an den Wänden ehe er an einem beeindruckenden Modell eines Segelschiffs – hätte auch eine Miniatur der „Seute Deern“ sein können – hängenblieb. Das Schiffsmodell als Blickfang
Dieses war direkt neben dem Eingang platziert und mir bereits beim Betreten der Gaststube aufgefallen. Das Lokal machte jedoch nicht den Eindruck einer von Dekokitsch überladenen Seemannsklause. Gastraumimpression 2
Ganz im Gegenteil. Alles wirkte sehr sauber und aufgeräumt. Der über mir an der Wand angebrachte Flachbildschirm lieferte grelle Live-Bilder vom benachbarten Kutterhafen. Von der Decke baumelnde Hängeleuchten spendeten angenehm helle Lichtverhältnisse. Gastraumimpression 3
Keine Frage, der mit rustikalem Holzmobiliar ausgestattete Gastraum hatte seine gemütlichen Ecken. Und das trotz seines etwas nüchtern wirkenden Fliesenbodens. Gastraumimpression 4
Gleich zu Beginn prüfte einer der beiden äußerst beflissen agierenden Kellner meinen Impfstatus. Er bediente mich in der Folgezeit ohne Fehl und Tadel. Die Freundlichkeit von Herrn Kulic schien echt, was ein netter Plausch an der Theke kurz vor Feierabend – ich blieb mal wieder bis zum Schluss – noch bestätigen sollte.
Auf die Kartenlektüre folgte eine kleine Flasche Mineralwasser der Marke „Magnus“ (0,25l für 2,30 Euro) sowie ein frisch gezapftes Haake-Beck Kräusen (0,4l für 4,20 Euro). Kein Wässerchen konnte mein Kräusen trüben
Nach dem opulenten Mahl am Vorabend wollte ich es diesmal etwas ruhiger angehen lassen. Aber eine Wremer Krabbensuppe (6,20 Euro) durfte es in Anbetracht der unmittelbaren Nachbarschaft zum Kutterhafen vorweg schon sein.
Auch wollte ich es an diesem Abend auf eine ordentliche Miesmuschelei ankommen lassen. Die - laut Karte - nach mediterraner Art zubereiteten Schalentiere (15,50 Euro) waren zusätzlich mit Aioli und Baguette ausgestattet. Auf die Knoblauchtunke verzichtete ich dankend, würde sie mir doch nur unnötig im Magen liegen.
Das Krabbensüppchen hatte neben einer ordentlichen Granateinlage auch in Rädchen geschnittenen Frühlingslauch zu bieten. Das Wremer Krabbensüppchen
Mit etwas Sahne hatte man die Küstenterrine auf Geschmackskurs gebracht ohne dabei ein allzu erschlagendes Argument aus ihr zu machen. Das war zwar keine filigrane Bisque für Feingaumen, aber eine solide abgeschmeckte Offensive gegen den angestauten Hunger vom Tage. Insofern bereute ich meine Vorspeisenwahl zu keiner Sekunde und freute mich auf den zweiten Teil des Meerestiermedleys.
Die Muscheln wurden in einem großen Emaille-Topf an den Tisch gebracht. Ein Topf voller Muscheln
Beim Lüpfen des Deckels entwich ein von Weißwein und Gewürzen kündender Meeresduft, dessen Aromenfülle mich leicht benebelte. So richtig mediterran roch das aber nicht. Mit Hilfe einer großen Schöpfkelle füllte ich mir den ersten Teller und war erstaunt über den – was ihre Zubereitungsart betraf – so nicht erwarteten Abstecher ins Rheinische. Nun mündet ja der Rhein bekanntlich in die Nordsee und deshalb beharrte ich auch nicht auf dem in der Karte angekündigten mediterranen Charakter des Muscheltopfs.
Ja es war ein Topf und keine Schüssel. Und dieser musste erst einmal geleert werden, was gar keine so leichte Aufgabe darstellte. Denn der Weißwein-Gemüse-Sud, in dem die in ihren Schalen versteckten Weichlinge badeten, hatte leider zu viel Salz abbekommen. Ich mag ja würzige Tunken sehr, aber hier hatte sich wohl der schwerverliebte Koch beim Abschmecken der Muschelbrühe etwas zu sehr am natürlichen Habitat der dunkelschaligen Protagonisten orientiert. Erste Portion
Mit Brotes Hilfe konnte ich die erste Attacke der „Meerestiersole“ auf meine Papillen noch kontern. Dann aber musste ich mich geschlagen geben und konzentrierte mich fortan ausschließlich auf den Verzehr des reichlich vorhandenen Muschelfleisches. Manchmal muss man eben Prioritäten setzen. Zweite Portion
Um die Würze komplett vom Gaumen zu wischen, orderte ich noch eine Crème brulée (1,80 Euro) im Miniaturformat. Diese kam mit karamellisierter Kruste und den typischen Vanille-Pünktchen in ihr putziges Weckgläschen, das schnell ausgelöffelt war. Crème brulée im Weckglas
30 Euro wechselten danach ihren Besitzer. Herr Kulic erklärte seinem interessierten Gast die bereits erwähnten Umstände der „freundlichen Übernahme“ der Wremer Fischerstube. Die Kritik bezüglich der salzlastigen Muscheltunke nahm er professionell entgegen und versprach deren Weiterleitung in Richtung Küche. Gerne durfte ich mich auch im zweiten großen Gastraum noch umsehen und ein paar Bilder schießen. Dieser schien komplett renoviert worden zu sein und wirkte sogar noch ein wenig gemütlicher. Der andere Gastraum
Draußen war es indes recht ungemütlich. Der „Hans“ zog blank und mich fast vom Deich. Gut gesättigt und um eine sehr würzige Geschichte aus dem Muscheltopf reicher ging es schließlich mit dem Auto wieder zurück nach Imsum zur Ferienwohnung.
Am nächsten Tag lief ich bei strahlendem Sonnenschein den von Radfahrern und Spaziergängen gerne genutzten Deichweg nach Wremen (und wieder zurück). So gesehen bescherte mir der auflandige Wind vom Vorabend einen echten Traumtag an der Wurster Nordseeküste. An der Fischerstube kam ich sogar nochmal vorbei. Blick vom Deich: vorne die Stube, dahinter Wremen! Außenansicht am Tag darauf Außenansicht am Tag darauf
Mein Bedarf an Fisch war zu diesem Zeitpunkt gut gedeckt, weshalb ich am Abend die „Burgernähe“ bei den Nyce Guys suchte. Wie es mir dort erging, davon wird der nächste Bericht erzählen.
Der auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in... mehr lesen
4.0 stars -
"Gutbürgerliche Geschichten aus dem Muscheltopf – nicht nur deftig, sondern auch ziemlich heftig!" Ehemalige UserDer auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in
Besucht am 21.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 45 EUR
Mit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an. Meine Frau blieb zusammen mit der Kleinen in Bremen bei ihren Eltern, die nicht nur ihr Enkelkind sehr vermisst hatten.
Natürlich hätten wir unsere Ferienwohnung in Imsum, einer rund 1000 Einwohner zählenden Ortschaft nördlich von Bremerhaven, auch absagen können. Da ich aber noch eine Menge Arbeiten zu korrigieren hatte, würde ich bei meinem dreitägigen Solo-Trip keinen rechten Grund zur Langeweile haben. Außerdem hielt nach den heftigen Stürmen wieder sonniges Wetter Einzug, was sicher den ein oder anderen Deichspaziergang ermöglichen würde.
Über die Verpflegung am Abend machte ich mir nach vollzogener Einquartierung Gedanken. Ein einziges Restaurant listete der Guide Rouge in meiner Nähe. Das mit einem Bib Gourmand ausgezeichnete Gasthaus „Zur Börse“ von Björn und Inge Wolters im rund 6 km entfernten Nachbarort Wremen. Und zufällig hatten die an jenem Dienstagabend auch noch geöffnet. Ein kurzer Anruf genügte und nach einem netten Plausch mit der Chefin war mein Abendessen gesichert. Abends vorm Gasthaus Wolters
Die Informationen auf deren Homepage steigerten meine Vorfreude auf die feine Fischküche, mit der sich Küchenchef Björn Wolters einen guten Ruf „erkocht“ hat. Viel Stammklientel konnte ich an den Nachbartischen ausmachen. Das wunderte mich nicht, denn die Art und Weise wie man hier seine Gäste umsorgt, ist von einer fürsorglichen Herzlichkeit geprägt, die man heute nicht mehr so häufig antrifft.
Frau Wolters empfing mich als einzigen Einzelgast des Abends und checkte verordnungskonform meine aktuelle Impflage. Dann bekam ich einen Platz vor der Theke zugewiesen. Ich hatte den letzten freien Tisch ergattert und freute mich einfach nur auf was Leckeres vom Flossentier.
In den beiden gemütlichen Gasträumen, die durch eine offene Glastür miteinander verbunden waren, war mächtig was los. Frau Wolters und zwei jüngere Mädels schmissen gutgelaunt den Service und was sie da so an die einzelnen Tische brachten, sah sehr verlockend aus. Mein zentraler Thekenplatz war also keineswegs ein zugiger „Katzentisch“ für misanthropische Alleinverzehrer, sondern eine Beobachtungswarte von Rang, die außerdem das Kommunizieren förderte. Tisch mit bester Aussicht
Ich genoss die interessanten Ein- und Ausblicke auf das gastronomische Geschehen um mich herum. Da waren zum Beispiel die beiden jungen Mädels, die Frau Wolters im Service unterstützten. Sie werkelten mal alleine, mal gemeinsam hinter dem Tresen. Eine von ihnen schien noch nicht so lange im Service zu arbeiten bzw. auszuhelfen. Sie wurde jedoch mit viel Verständnis von Frau Wolters und der anderen, erfahreneren Bedienung eingelernt.
Am Nachbartisch hatte gerade eine Familie den Geburtstag ihrer im Grundschulalter befindlichen Tochter gefeiert. Dies fiel mir allerdings erst auf als sie gegangen waren. Luftschlangen und andere bunte Deko lagen noch als Reste des Festes auf dem Tisch. Wer sich so viel Mühe mit den kleinen Gästen gibt, wird auch die großen nicht enttäuschen. Beruhigende Gedanken, die mir schon vor dem ersten Bissen versicherten, hier goldrichtig zu sein.
Zumal auch das gemütliche Ambiente zum Verweilen einlud. Jede Menge dunkles Holz umgab mich. Die Bistrotische, von in die Decke eingelassenen Spots ins rechte Licht gerückt, waren allesamt mit frischen Schnittblumen ausgestattet. Außer einem antik anmutenden Kerzenständer sowie den üblichen Salz- und Pfeffermühlen, wirkten sie recht puristisch eingedeckt. Ein übergeworfener Tischläufer aus Leinen hellte die hölzerne Tischplatte zusätzlich auf. Alles wirkte sehr sauber und es ließ sich auf den einfachen Holzstühlen mit bequem gepolsterter Unterlage gut aushalten. Der rechte Gastraum
Da saß ich nun inmitten des ehemals als Viehbörse – daher der Name des Lokals – dienenden Anwesens im Ortskern von Wremen und fühlte mich verdammt gut aufgehoben. Ich war zwar alleine bei den Wolters aufgeschlagen – das kennen und können andere GG-Genossen sicher besser als ich –, aber ich fühlte mich keineswegs allein. So oft es eben passte, tauschte ich mich mit der Chefin des Hauses aus, gab Feedback zu den Speisen und versuchte, ihr ein paar Ausgehtipps für die kommenden beiden Abende zu entlocken. Denn zu meinem großen Entsetzen musste ich feststellen, dass die „Börse“ an den beiden Folgetagen geschlossen hatte.
Aus dem kulinarischen Fortsetzungsklassiker „An drei Abenden durch die Karte!“ wurde leider nichts. Also musste es beim Erstversuch klappen. Apropos klappen, die Speisenkarte hielt ich mittlerweile in den Händen und klappte sie bedächtig auf. Die erste Seite erzählte von der 300 Jahre (!) alten Vergangenheit der Gastwirtschaft, die reich an Geschichte und Geschichten zu sein schien. Was hier einem französischen Marodeur Anfang des 19.Jahrhunderts aus reiner Notwehr passiert sein soll, beunruhigte mich nicht im Geringsten, hatte ich doch viel Friedlicheres als dieser im Sinn.
Eine Seite weiter folgte die komplette Aufschlüsselung der Lieferanten. Das Gemüse bezog man teilweise von Hobbygärtnern aus der Umgebung, Frischfisch und Krustentiere ließ man sich von Krabben Böger aus Wremen liefern. Das Fleisch von Wasserbüffel, Rind (Galloway und Schwarzbuntes Niederungsrind) und Färse stammte von Tieren, die auf den Salzwiesen der Region weideten.
Reh, Hase und Wildschwein sagten beim Anblick der hiesigen Jäger ein letztes Mal „Gute Nacht!“. Pilze, Beeren, Bärlauch, Hagebutten und Holunderblüten sammelte man weitgehend selbst. Der Verzicht auf Geschmacksverstärker passte in das von Regionalität und Komplettverwertung geprägte Küchencredo. Das las sich alles sehr vertrauenserweckend und machte mal Appetit.
Dieser wurde durch das Studium der Speisenlektüre noch verstärkt. Mein Hunger war groß. Drei Gänge durften es an diesem Abend schon sein. Die Entscheidung für das dreigängige Fischmenü (34,50 Euro), das aus einer Fischsuppe, auf der Haut gebratenem Wolfsbarschfilet und gratinierten Beeren zum Dessert bestand, fiel mir dementsprechend leicht. Auch Rumpsteak, Filet vom Weiderind und Rehragout in Waldpilzsauce konnten da mein Fischverständnis nicht erschüttern.
Bei den Getränken hielt ich mich an Wasser – kleine Flasche Tönissteiner (0,25l für 2,60 Euro) – und Wein. Erfreulicherweise wurde nahezu jeder Flaschenwein auch offen ausgeschenkt. Auf mein Bedauern, dass ausgerechnet der Sauvignon Blanc „Collage“ vom Weingut Hammel & Cie aus Kirchheim (nördlich von Bad Dürkheim) nicht glasweise zu haben war, reagierte man mit nordischer Nonchalance.
„Gerne machen wir Ihnen eine Flasche für ein Gläschen auf. Um den Rest kümmern wir uns dann morgen an unserem Ruhetag selbst.“ Frau Wolters erfüllte mir umgehend meinen fast schon asketisch anmutenden Weißweinwunsch. Die Chefin wusste halt, wie man Gäste verwöhnt.
Das Viertel Sauvignon Blanc (5,40 Euro) aus der heimischen Pfalz war ein besonders elegantes Tröpfchen, reifte doch der mit schönem Säurespiel und reichlich zartem Schmelz ausgestattete Weiße jeweils zur Hälfte im Holzfass und im Edelstahltank.
Bis zur Fischsuppe vertrieb ich das erste Magenknurren mit zwei vorweg gereichten Brotaufstrichen und einem kleinen Körbchen frischer Backwaren. Besonders das Griebenschmalz wirkte - mit ein wenig Pfeffer und Salz versehen - auf dem fluffigen Baguette wahre Wunder. Aber auch der Kräuterquark konnte was. Griebenschmalz und Kräuterquark zum Auftakt
Ich versuchte mich beim Stullenschmieren in Zurückhaltung zu üben, was jedoch spätestens beim danach servierten Amuse komplett misslang. Das in einer kleinen Terrine versteckte Grünkohlcrèmesüppchen war aber auch derart fein abgeschmeckt, dass die restlichen Brotscheiben für Stippdienste draufgingen. Grünkohlcrèmesüppchen als Amuse
Auf das Süppchen folgte der erste Gang des Menüs, die vor Schuppentiereinlage strotzende Meeresterrine. Ihre klare Brühe duftete mir wie eine würzig-frische Nordseebrise entgegen. In kleine Stücke geschnittene Wolfsbarsch-, Schollen- und Limandesfilets bekamen von ein paar Garnelen und ausgelösten Miesmuscheln Gesellschaft. Die Nordmann-Bouillabaisse
Sellerie, etwas Knoblauch, Zwiebel und Weißwein fungierten zwar dezent im Hintergrund, verliehen jedoch der gut ausbalancierten Bouillabaisse von Nordseefischen eine wunderbar aromatische Note. Mit ein paar Scheiben Knoblauchbaguette – ganz „oldschool“ mit selbstgemachter Knoblauchbutter bestrichen – war das ein Auftakt nach Maß. Oldschool Knobi-Brot
Die Fischsuppe löffelte sich wunderbar leicht aus der weißen Porzellantasse. Auch von der Portion her war sie perfekt bemessen. Sie erwies sich als gelungener Appetizer für die bald folgenden, saftigen Wolfsbarschfilets. Von ihnen lagen bald darauf drei schmalere Exemplare in gebratener Perfektion auf meinem Teller. Alle hatten sie eine herrlich krosse Haut, saftiges weißes und grätenfreies Fleisch sowie eine wohltuende Würze gemein. Nicht nur den Umgang mit Salz schien Küchenchef Björn Wolters zu beherrschen. Die drei Wolfsbarschfilets
Unter dem Bratfischhorizont lauerte ein mit Sahne verfeinertes Gemüse-Ragout, dessen Protagonisten noch reichlich Biss hatten. Es bestand im Wesentlichen aus Zuckerschoten, Lauchringen, Tomatenwürfeln und Erbsen. À part wurde mir noch ein Extraschälchen davon spendiert – getreu dem Motto „In der Börse ist noch kein Pfälzer verhungert!“. Die Gemüse-Beilage
Ebenfalls separat kam die Bandnudelbeilage auf den Tisch. Bandnudeln à part
Von dem behutsam zubereiteten Hauptgang ließ ich nichts, aber auch rein gar nichts zurückgehen. Ganz im Gegenteil, wären fünf Fischfilets auf dem Teller gelegen, hätte ich auch diese geschafft, so köstlich fielen die knusprigen Filetstücke vom Wolfsbarsch aus. Endlich fühlte ich mich so richtig an der Küste angekommen. Nochmal die Filets vom Wolfsbarsch
Nach meinem Hauptgericht trat es dann doch ein: das recht ungebeten daherkommende Sättigungsgefühl. Doch halt – der süße Abschluss stand ja noch bevor! Die überbackenen Beeren, die meine Mutter früher zu besonderen Anlässen mit einer Mascarponecreme, zu Pulver geriebenen Löffelbiskuits und etwas Kirschwasser kredenzte, hatten bei mir schon damals einen gewissen Lieblingsdessertstatus inne.
Hier kamen sie mit einer schaumig-leichten, für meinen Geschmack etwas zu süßen Holunderblüten-Sabayone daher. In dieser tummelten sich jede Menge weiche Biskuitwürfel. Statt der gefrorenen Waldfrüchte von damals, schauten frische Blau- und Himbeeren unter der süffigen Masse hervor. Ein sicheres Indiz, dass man es mit der Regionalität hier auch nicht übertrieb. Zusammen mit der Kugel Vanille-Eis genossen, ergab das einen schönen Kalt-Warm-Kontrast. Die Fruchtsäure der reifen Beeren verlieh der warmen Süßspeise die nötige Frische. Kann denn Schaumcrème Sünde sein? Die gratinierten Beeren
Nach diesem „Beerendienst“, den ich mir selbst erwiesen hatte, erklärte ich meine Nahrungsaufnahme endgültig für beendet. Völlerei gilt ja bekanntlich als die süßeste Todsünde der Welt. Insofern nahm ich mir vor, am nächsten Abend Buße zu tun, was jedoch nur teilweise gelang.
Man empfahl mir die Wremer Fischerstube, ein gutbürgerliches Lokal direkt hinterm Deich und in unmittelbarer Nähe zum kleinen Wremer Fischereihafen. Von Frau Wolters verabschiedete ich mich mit einem herzlichen „Dankeschön!“ und auch ein wenig Wehmut, da ich gerne hier nochmal eingekehrt wäre. Beim nächsten Wremen-Besuch ist die „Börse“ der Wolters Pflicht. Dann natürlich mit meinen beiden Mädels im Schlepptau.
Mit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an.... mehr lesen
Gasthaus Wolters - Zur Börse
Gasthaus Wolters - Zur Börse€-€€€Restaurant, Partyservice047051277In der Langen Straße 22, 27639 Wurster Nordseeküste
5.0 stars -
"Wer eine feine Fischküche bei herzlichen Gastgebern sucht, ist hier genau richtig!" Ehemalige UserMit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an.
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Datenschutz-Einstellungen
Hier können Sie festlegen, wie wir Ihre Daten verwenden dürfen. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Unbedingt erforderliche Technologien
Um Sicherheit gewährleisten, Missbrauch verhindern und Inhalte und Anzeigen technisch sowie unsere Services wie von Ihnen gewünscht bereitstellen zu können, sind folgende Technologien erforderlich.
Produkte oder Inhalte technisch bereitstellen
z.B. Session für Warenkorb, Favoriten, letzte Bestellungen ...
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie im internen Bereich an erforderlichen Stellen.
Google Anzeigen
z.B. die kostenlose Nutzung unserer Website ist nur mit Google Adsense Werbeanzeigen möglich.
Performance Cookies
Mithilfe dieser Cookies können wir Besuche und Traffic-Quellen zählen, damit wir die Leistung unserer Website messen und verbessern können. Sie geben uns Aufschluss darüber, welche Seiten beliebt und weniger beliebt sind und wie sich Besucher auf der Website bewegen.
Google Analytics
z.B. Erfassung der Seitenaufrufe, Verweildauer usw.
Google Tag Manager
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Facebook Pixel
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Multimediale Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, die Funktionalität und individuelle Gestaltung zu verbessern, beispielsweise von integrierten Videos und virtuellen 360° Rundgängen. Ohne diese Cookies können einige oder alle dieser Funktionen nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Youtube Videos
z.B. Integration von Youtube Videos über iFrame Technologie.
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie.
Google Maps 360° Rundgänge
z.B. Integration von Google Maps 360° Rundgängen per Javascript
Marketing Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, auf die Benutzerinteressen abgestimmte Werbung einzublenden.
Nach dem Commami ist dies bereits der zweite Panasiate, der sich in der Pfälzer Weinhochburg am Haardtrand niedergelassen hat. Die Nachfrage nach trendigem Asia-Food frei von regionaler Identität und kulinarischer Authentizität scheint ungebrochen. Um die vorwiegend jüngere Klientel zu ködern, reichen schicke Food-Fotos auf Insta und Co. sowie ein ansprechend designter Internetauftritt, der die Neugier zu wecken vermag, wohl aus.
Wir wollten herausfinden, ob bei so viel Fusion im asiatischen Angebot nicht am Ende die Konfusion auf dem Teller regieren würde. Und so ging unser Wörther Gaumenvierer an einem Montagabend Mitte März auf panasiatische Entdeckungsreise. Wir hatten vorsorglich reserviert und obwohl unser präsidiales Oberhaupt kein wirklicher Fan der Asiaküche ist (und wohl auch nie werden wird) schlenderten wir nach erfolgreicher Parkplatzsuche gut gelaunt in Richtung Stadtzentrum.
Von außen machte der Laden einen gefälligen Eindruck. Die Beliebtheit der Farbe Grau scheint bei solchen Gemischt-Asien-Gastros auch weiterhin ungebrochen zu sein. Hier fasste sie nicht nur die Fensterfront der Außenfassade auf nüchtern-moderne Weise ein, sondern fand sich auch drinnen – jedoch in wesentlich dunklerem Ton – an den Wänden wieder.
Ein lässig-lockeres, gewollt schummriges Ambiente empfing uns im Inneren des Ikigai, dessen namentliche Bedeutung sich salopp mit dem Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen, übersetzen lässt. Wer für solch einen Lebenssinn eine vietnamesische Nudelsuppe oder lauwarme Reisnudeln mit Topping nach Wahl benötigt, der kann hier – nach erfolgreicher Bettflucht – täglich ab 11.30 Uhr aufschlagen und sich nebenbei noch diverse Rohfischpreziosen einverleiben.
Ganz schön viel Philosophie (oder Marketing…?) für uns gestandene Kulinaristen, die ihre lebenswerten Genussmomente auch ohne zeitgeistiges „Stäbchenfutter“ gerne miteinander teilen. An diesem Abend begrüßte uns ein leicht konfus wirkender Servicemitarbeiter und führte uns nach Durchsicht seines Reservierungsbuchs in die hintere Abteilung des dunkel gestrichenen Etablissements.
Dort machten wir es uns an einem der blanken Holztische so gemütlich es eben ging, denn unsere gut gepolsterten Sitzbänke luden aufgrund ihrer fehlenden Rückenlehnen nur bedingt zu einer entspannten Sitzhaltung bei.
Egal, wir hatten schließlich kein Wellness-Wochenende im Onsen-Spa gebucht, sondern hatten ausreichend Hunger im Gepäck um die munter bebilderte Speisenkarte des Asiatempels auf Nem, Tempura und „fliegende Nudeln“ zu prüfen.
Die von der Decke baumelnden Hängelampen tauchten unseren Tisch in gelbes Licht, was den gemachten Bildern wenig zuträglich war. Da ich zwei Tage zuvor mein Smartphone geschrottet hatte, half mir einer der Kollegen aus und stellte sein Handy bereitwillig in den Dienst des Chronisten. Ein Dankeschön an dieser Stelle an ihn, denn eine Rezi ohne Bilder ist wie Schampus ohne Blubber (wie man nicht nur an der Weser zu sagen pflegt).
Unsere durstigen Kehlen verlangten nach Flüssigem, das wir bei einer der emsig agierenden Servicekräfte nach Durchsicht des überschaubaren Angebots postwendend in Auftrag gaben. Wenig später landeten eine tiefblaue Flasche Mineralwasser der Marke Aqua Morelli (0,75l für urbane 5,90 Euro), ein halber Liter Warsteiner Pilsener vom Fass (4 Euro) und ein Ginger Ale (0,2l für 2,90 Euro) als liquide Vertreter ihrer Art auf unserer Tischplatte. Wasser und Bier wurden später noch nachgeordert.
Bei der Auswahl der Gerichte taten wir uns wesentlich schwerer, denn allein die mannigfaltigen Kombinationsmöglichkeiten bei den warmen Vor- und Hauptspeisen waren nichts für Entscheidungsneurotiker. Curry, Bun, Udon und Co. wurden dabei nach Lust und Laune mit den üblichen Fleisch- und Krustentieringredienzien durchdekliniert, was ja bei den allermeisten Asialäden gängige Praxis ist.
Nach dem Motto „sharing is caring“ bestellten wir munter drauflos. In Reispapier gewickelte vietnamesische Frühlingsrollen („Nems“) mit Morcheln und Schweinefleischfüllung (4,90 Euro), mit Tempuragarnelen, Reisnudeln, Salat und Erdnüssen gefüllte Sommerrollen („Goi Cuon“, 5,90 Euro) sowie die in der Pfanne gebratenen Gyoza-Teigtaschen (5,90 Euro) brachten ausreichend Futter für die Finger unters vorspeisende Volk.
Ein Kollege traute sich sogar die Kokossuppe („Coco Love Soup“) zu. Diese war mit Hühnerbrust, Champignons, Cherrytomaten und Okraschoten verfeinert und duftete schwer nach Thailand. Um das „Rollenverhalten“ des Ikigai besser kennenzulernen, ergänzten wir den Vorspeisenreigen durch ein paar Tempura Mini Rolls, die mit ihrer scharfen Thunfisch- und Schnittlauchausstattung auf den putzigen Namen „Spicy Tekka“ (8,50 Euro) hörte.
Die Nems gerieten wirklich knusprig. Ob sie tatsächlich hausgemacht waren, wie in der Karte angepriesen, war infolge ihres Fritteusenkontakts nicht wirklich zu schmecken, lag aber bei genauerer Inspektion ihres von Glasnudeln, Karotten, Schweinehack, Morcheln und Strohpilzen dominierten Innenlebens ziemlich nahe. In die klare, süß-säuerliche Sauce gedippt ein durchaus schmackiger Auftakt.
Zu den frisch gerollten Reispapierzylindern namens „Goi Cuon“ wurde ein von geröstetem Sesam betreuter Hoisin-Kokos-Dip gereicht, der zumindest einen der Kollegen am Tisch in Sommerlaune versetzte. Mir waren die hierbei verwendeten Salatblätter (Rauke/Rucola) etwas zu welk, um die mit Minze, Erdnüssen, Reisnudeln und Knuspergarnele gefüllten Rollen über den grünen Klee zu loben.
Die Kokossuppe schien ihrem Vertilger zu munden,
während wir unter viel zu dick aufgetragener „Snow-Sauce“ (wahrscheinlich eine Miso-Mayo) die in acht Häppchen zerteilte Tempura-Rolle vermuteten.
Warum muss der gemeine Panasiate sein Sushi immer so zukleistern? Eine Frage, die uns auch der Besuch im Ikigai nicht beantworten konnte. Mir hätte zu der scharf angemachten Thunfischfüllung etwas Sojasauce mit untergerührtem Wasabi vollends gereicht, um die Papillen in Wallung zu bringen.
Die kurz in der Pfanne geschwenkten, mit einem Schälchen Sweet-Chili-Sauce servierten Hot Gyoza entschädigten dann wieder für den zuvor erlebten Saucen-Overkill beim Fritteusen-Sushi. Aber auch hier ließ sich nicht definitiv klären, ob die Teigtaschen wirklich hausgemacht waren. Geschmeckt haben sie uns jedoch um einiges besser.
Zwei der Kollegen ließen sich bei den Hauptgängen auf die „Flugnudeln“ ein. Da musste man beim Servieren derselben ordentlich in Deckung gehen. Spaß beiseite, die sogenannten „Flying Noodles“ waren in Wirklichkeit eher „Hanging Noodles“, die man auf einen dünnen Holzstab gesteckt hatte, damit die gelockte Mie-Nudel-Frisur in das dafür vorgesehene Schälchen wallen konnte (und den darunter befindlichen „Wildkräutersalat“ nahezu komplett verdeckte).
Der kulinarische Sinn hinter dieser panasiatischen Pasta-Inszenierung wollte sich mir nicht so recht erschließen, aber lustig sah das Ganze natürlich schon aus.
Der gegenübersitzende Foodfella hatte sich sein Nudeltoupet von einer stattlichen Portion Jakobsmuscheln (17,50 Euro) begleiten lassen, während mein flugvieh-affiner Nebenmann auf saftige Tranchen von der Ente (15,90 Euro) setzte.
Beide Gerichte einte eine cremige Mango-Sauce mit gewokter Gemüseeinlage. Die exotische Fruchttunke wäre mir zu viel des Süßen gewesen, aber der Entenbrustvernichter konnte gar nicht genug davon bekommen. Immer wieder beruhigend, dass die Geschmäcker so unterschiedlich sind.
Der dritte Kostgänger in unserer Runde hatte sich für die gewokten Udonnudeln mit Rindfleisch, Paprika, Zucchini, Zwiebeln und Karotten (15,50 Euro) entschieden. Das als „Udon im Schwarzwald“ (??) in der Karte betitelte Pfannengericht wurde von einer Soja-Balsamico-Reduktion süffig unterfüttert und machte vom Aussehen her einen properen Eindruck. Wie man auf diesen ungewöhnlichen Namen kam, war nicht nachzuvollziehen, zumal weder Schinken noch Kirschtorte darin Verwendung fanden.
Meinem Kollegen missfiel die Konsistenz seiner „Glottertal-Spaghetti“. Für den Al-Dente-Aficionado aus der Pfalz war es nämlich die erste Udon-Erfahrung und wahrscheinlich auch die letzte, denn die weichen japanischen Nudeln waren überhaupt nicht so sein Ding. Vom Geschmack her ging der Teller für ihn jedoch in Ordnung.
Auch eher semi-zufrieden war ich mit der dünnen Scheibe vom Thunfisch (14,90 Euro), die von reichlich Wokgemüse und der „Ikigai Deluxe Sauce“ – als besondere Empfehlung des Küchenchefs in der Karte angepriesen – flankiert wurde.
Gargrad und Qualität des Meeresräubers ließen doch etwas zu wünschen übrig. Ich mag ein Thunfischsteak jedenfalls lieber, wenn es nicht komplett durchgebraten ist. Der Gemüseanteil meines Tellers hatte hingegen noch ordentlich Biss, aber was an der auf Sojabasis gründenden „Deluxe Sauce“ so luxuriös sein sollte, war für meine Papillen nicht nachzuschmecken.
Zum Dessert gönnte ich mir noch eine leider viel zu süß geratene, hausgemachte Passionsfrucht-Limonade (5,90 Euro). Wenigstens die darin enthaltene Minze sorgte für ein wenig Erfrischung.
Insgesamt war dies aus meiner Sicht ein eher durchwachsener Besuch ohne große kulinarische Highlights, geschweige denn Überraschungen. Gut, die Mango-Sauce begeisterte meinen Kollegen und auch die Hoisin-Kokos-Sauce zu den frisch gewickelten Sommerrollen hatte was. Die Pastaperücken sahen witzig aus und auch die Wokgerichte waren beileibe keine geschmacklichen Totalausfälle. Aber der Kick am Gaumen blieb leider aus.
Bleibt als Fazit nur anzumerken, dass man auch im Ikigai – wie bei nahezu allen panasiatischen Läden – ein viel zu großes kulinarisches Feld beackert. Die eierlegende Wollmilchpasta reicht da nicht aus, um gustatorisch für Furore zu sorgen. Und so bleibt mir nur das abschließende Urteil: klingt alles gut, sieht auch ganz hübsch aus, ist aber geschmacklich austausch- und somit eigentlich auch verzichtbar.