Geschrieben am 20.03.2016 2016-03-20| Aktualisiert am
25.03.2016
Besucht am 16.03.2016
Prolog
Heute freue ich mich ganz besonders, denn die geschätzten Vor-Rezensenten sind mir alle persönlich - auch außerhalb der virtuellen Weiten des WWW – bekannt, wir pflegen seit einigen Jahren einen freundschaftlichen Kontakt und alle scheinen diesem Restaurant durchaus nostalgisch-wehmütig wohlgesonnen zu sein, liest man die wunderbaren, persönlich geprägten Rückblicke auf „Glory days“ im bergischen Lokalkolorit.
So war es auch Springsteen Fan First, mit dem ich seit langem einen „bilateralen“ Besuch bei unseren seit Jahrzehnten geschätzten, persönlichen Traditions-Italienern geplant hatte.
In der mintgrünen Ambiente-Hölle des Solinger Bellanova waren wir bereits zu Gast, nun bot sich die Gelegenheit zu einer Einkehr im sagenumwobenen Pizza Pazza, das offenkundig seit den frühen 20er Jahren die Gaumen von Generationen geneigter Wuppertaler prägt.
Zunächst einmal galt es jedoch, den berufsverkehrlichen Tücken der A46 ausweichen, einer Autobahn, die einst nur dafür entworfen und mit Langzeitbaustellen übersäht wird, um Menschen zu quälen und deren Belastungsgrenzen auszutesten. Eine Straße als psychologisches Massen-Experiment? Ja, in diesem Fall bin ich davon überzeugt.
Ich fuhr also entspannt parallel der Autobahn und genoss dabei eine schöne Aussicht, dem Verlauf der Straße Mollenkotten sei Dank - jetzt noch einen guten Parkplatz am Restaurant, und die Welt ist in Ordnung.
Noch 900 Meter bis zum Ziel, Anruf von First „Wo bist Du? Zwei super Plätze direkt frei vorm Lokal, musst nur 300 Meter weiter wenden und zurück fahren, vorher geht das nicht!“
Hmm, „vorher geht das nicht“ klang nach baulichen Hindernissen in der Fahrbahnmitte, dem war nicht so - sieht man von dem wartenden dicken Mann auf dem Bordstein vor dem Lokal ab - und schon stand der andere Vorbild-Athlet nach einem souverän-dynamisch-illegalen Wendemanöver in einer generösen Lücke direkt vor dem Eingang.
Herzliche Begrüßung, kurzer Aufriss der Lokalgeschichte der ehemaligen Kneipenmeile aus Vaters besten Jahren und nichts wie rein in die gastronomische Zeitkapsel. Hier hat sich erfreulich wenig getan in Sachen Zeitgeist, sieht man von dem zwischenzeitlichen Verzicht auf rot-weiß karierte Tischdecken und Lambrusco Flaschen mit Tropfkerzen ab, was laut First in den frühen Jahren noch klischee-erfüllend Usus war.
Kritik
Zum Ambiente und zur Außendarstellung ist in den Vorkritiken mehr als erschöpfend geschrieben worden, wem meine Fotos hier nicht reichen möge hier nachlesen, die Farbtöne und Materialien einzelner Sitzkissen zu beschreiben ist nicht gerade mein persönliches Steckenpferd.
Wunderschön, edel und zeitgeistig geht sicher anders. Für mich aber ist entscheidend, ob ich mich wohlfühle, und das habe ich mich durchaus sehr, was aber auch an unserem lebhaften Gespräch, gegenseitigen Frotzeleien, einem aufmerksamen Service und dem Wissen um die jahrzehntelange Historie dieses Lokals lag – mir allemal lieber als seelenlose Retorten-Höhlen, die mit großformatigen, „ikeaesquen“ Foto-Prints an der Wand glänzen.
Wobei, wenn ich schreibe „zeizgeistig geht sicher anders“ muss man hier sicher relativieren, in Zeiten von Shabby Chic und ungebrochener Vintage-Begeisterung wird es sicher viele geben, die eine authentische, rustikale Atmosphäre zu vielen Gelegenheiten eher schätzen als High-Gloss und das im letzten Absatz erwähnte „Ambiente-Genre“.
Signore Cameriere in den besten Jahren machte einen guten Eindruck, im positiven Sinne wie das Ambiente einen Hauch aus der Zeit gefallen mit den nach hinten gegelten Haaren, dem makellosen weißen Hemd und der schwarzen Hose, Kellnertracht wie vor 40 Jahren eben.
Den Tisch durften wir uns aussuchen, ein netter Ecktisch war schnell gefunden, ah die Karten, grazie, Getränke? Si, bitte ein kleines Pils, ein viertel vom offenen Weißen und eine Flasche Wasser.
Das 0,25l Brinkhoffs zu moderaten 1,90€ stand bald auf dem Tisch, ebenfalls 0,75l SP zu 4,40€, dazu Firsts Chardonnay in der Karaffe zu ebenfalls freundlichen 4€.
Die Bestellung an Problemlosigkeit nicht zu überbieten: Pasta-Gerichte auch in Primi Piatti Portionen? Si! Kleine Belagsänderung bei der von Carlo empfohlenen Quattro Stagioni? Kein Problem! Ein Glas Rotwein statt einer Karaffe, der aber erst zur Pizza? Naturalmente!
Bruschetta classica – 2,20€
Auf den Punkt geröstetes Weizenbrot, reife Tomaten, Basilikum, Knoblauch, etwas Salz, fertig.
Großartig, keine schrecklichen rohen Zwiebeln und bei diesem Häppchen ist sogar die Crema di Balsamico auf dem Rucola nebenan mal keine überkommene, überflüssige Kunst am Bau sondern macht auch geschmacklich Sinn zur Abrundung einzelner Bissen. Erwähnenswert auch die gute Verarbeitung der Tomaten, kein Strunkansatz, keine hellen, wässrigen Stückchen aus dem Kerngehäuse trübten das Vergnügen, einfach vorbildlich filetiert, sieht man von der hier natürlich nicht entfernten Haut ab.
Ich finde, 2,20€ sind angesichts dessen, dass für Ähnliches bei Mitbewerbern gerne 4 bis 7 Euro aufgerufen werden, ein mehr als fairer Preis für das Gebotene.
First bekam derweil einen äußerst „filigranen“ Salat mit dem mondänen Titel "Monte Carlo" serviert, der mich auf den ersten Blick an eine XXL Müslischüssel auf einer Almhütte erinnerte, wohl aber zu seinen absoluten Evergreens zählt.
Spaghetti Frutti di Mare (Vorspeisen Portion) – 8,50€
Ich hatte mir die drei Kritiken vorab nochmal gut durchgelesen, dieses Gericht hatte mich dabei sehr angesprochen, visuell auf dem Foto, wie auch in der nicht minder bildhaften Schilderung von Carlo.
Die just aus der Pfanne kommende Pasta duftete herrlich, Tomaten, Basilikum, ein Hauch Knoblauch und eine appetitliche Brise Meer erfreuten den Geruchssinn und machten Appetit.
Etwas frisch gemahlenen Pfeffer aus der Mühle gab ich obenauf, das gerne angeführte Dogma, bei Pasta mit Fisch niemals Parmesan nehmen zu dürfen, wird zwar selbst in Italien sehr individuell gehandhabt, ich persönlich finde aber auch, dass gereifter Parmesan maritime Note eher überlagert und verzichte in dem meisten Fällen darauf.
Was die Nase schon vorfreudig vernommen hatte, kam auch weitestgehend auf dem Gaumen an, ein wunderbares, dezent aber vollkommen ausreichend abgeschmecktes à la minute Sugo aus der Pfanne: Kirschtomaten, ein gutes Olivenöl, Pfeffer, Salz, etwas Knoblauch – wenn die Zutaten stimmen, kommt der Geschmack fast ganz von alleine und hier zeigt sich, wie authentisch süd-italienisch hier gekocht wird, ein überwürztes Sugo hätte die Meeresfrüchte kaum zur Geltung kommen lassen.
Die Pasta war angenehm al dente gegart und zeichnete sich durch eine hohe Sugo-Aufnahmefähigkeit aus, was in der Regel für gute Qualität steht.
Auch die Meeresfrüchte waren nicht überwürzt oder eigentlich zum Kaltverzehr mutig mariniert und trotzdem in die Pfanne geworfen, was geschmacklich und in Sachen Konsistenz meiner Meinung nach ein Graus ist, aber in einfachen Pizzerien manchmal so gehandhabt wird.
So aber gingen das Sugo und die Frutti di Mare eine wunderbare Symbiose ein und letztere waren butterweich und dabei geschmacklich differenzierbar.
Pizza Quattro Stagioni (klein) – 6€
Primitivo – 0,2l 3.20€
Now let´s talk Pizza! Die Tatsache, dass ich die Champignons durch Spinat ersetzt hatte, schien den Pizzaiolo dermaßen erzürnt zu haben, dass er die Artischocken tendenziell wenig liebevoll arrangierte, so waren es eher tre stagioni mit einer Zentral-Saison in der Mitte, naja aber die Jahreszeiten vermischen sich ja ohnehin immer mehr, vielleicht ein stiller Protest gegen den Klimawandel.
Das war es aber auch schon mit der Kritik, der dampfende Rundling vor mir (nein, nicht First) verströmte wie schon die Pasta sehr ansprechende Aromen, eine neapolitanische Pizza wie sie im Buche steht, kochend heiß direkt aus dem Ofen, das ist für mich dolce vita pur.
Der Boden war geschmacklich ebenfalls aus der Zeit gefallen, wenn ein simpler Pizza Teig mich beim ersten Bissen in die Kindheit versetzt, Erinnerungen an Italien-Urlaube und erste Pizza-Erfahrungen um 1980 wieder präsent werden, dann sagt das für mich ganz persönlich viel.
Gehaltvoll, ehrlich, man schmeckt das besondere Mehl, die Hefe, das Olivenöl; der Boden nicht hauchdünn zersplitternd sondern vielleicht etwa 2mm dick und dabei angenehm knusprig und stabil genug, um ein Pizza-Achtel nur am Rand halten zu müssen, hätte man mit den Händen essen wollen – die Temperatur im Ofen hat gestimmt, soviel steht fest.
Ansonsten eine schöne, fruchtig runde Pizzaiola, Sugo, Sauce, was man auch immer persönlich zu ihr sagen möge, auch diese nicht überwürzt oder mit Knoblauch erschlagend (mein worst case).
Der Mozzarella herrlich verlaufen, Salami und Schinken von durchschnittlicher aber sehr akzeptabler Qualität, die von mir erbetenen Peperoni auf der Salami Ecke ließen auch mich als Chili Fan einmal herzhaft nießen, Scoville Jüngern sei die Peperoni Salami Pizza wärmstens empfohlen.
Für 3,20 bekommt man in einfachen Pizzerien in der Regel keine großen Tropfen, leider aber auch viel Schreckliches, der Primitivo hier war mehr als gut trinkbar, ein solider, sauberer Primitivo, der in seiner einfachen, unverstellten Natur absolut hervorragend zum Essen passte.
Mascarpone alla Grappa (kleine Portion) – 3,50€
Ich bemerkte eigentlich, pappsatt zu sein und kein Dessert mehr zu schaffen. Kollegin Obacht! schaffte es aber aus dem fernen Garmisch (oder „Yetis Gefilden“, wie Herr Beermann diesen Landstrich gerne nennt), First zu einem opulenten Nachtisch zu überreden, als ich für eine Minute nicht am Tisch war.
Der kam dann auch prompt mit zwei Löffeln und naja, hilf ja nix, probieren muss man ja mal…
Zwei ordentliche Kleckse einer alkoholgeschwängerten Mascarpone-Masse, oben auf zerbröselte Amarettini, mittig ein auch nicht gerade nüchterner, hübsch verzierter kleiner Spiegel von Vanille und Schokosauce, dazu Kiwi Scheiben.
Das fügte sich in der Präsentation wie auch geschmacklich hervorragend in die kleine Menüfolge ein: ehrliches, gutes Essen, wie man es sich für den alltäglichen Besuch in einem familiär geführten, einfachen italienischen Restaurant nur wünschen kann.
Einen Grappa aufs Haus lehnte ich aus automobilen Gründen ab, dieser wird aber angeboten und ist laut Grappa Connaisseur First sehr akzeptabel.
Eine EC Zahlung kann trotz aller Nostalgik übrigens bequem am Tisch erledigt werden, ein Trinkgeld haben wir natürlich auch gerne gegeben.
Fazit
Ohne Frage questa emozione für alle Wuppertaler, die dieses Lokal aus der Kindheit kennen und zum generationsübergreifenden Wohlfühl-Dinner nutzen, oder mit den Kumpels oder Mädels gute Pizza, Pasta, Steaks, Bier und Wein genießen wollen, ohne hierfür einen Kredit aufnehmen zu müssen.
Aber auch ohne zu viel Emotionen ein sehr anständiger Traditionsladen, gut geführte, authentische Küche, höflicher und präsenter Service und ein exzellentes PLV.
Das Ambiente gewinnt sicher keinen Preis für moderne Innenarchitektur, mir gefiel es gut, alles war sauber und gepflegt, nur die Stühle vielleicht einen Hauch unbequem.
Meiner Madame haben die Fotos derart gut gefallen, dass ich wohl nächste Woche mal mit ihr hier hin muss, und das werde ich gerne tun – a presto, cara Pizza Pazza!
Prolog
Heute freue ich mich ganz besonders, denn die geschätzten Vor-Rezensenten sind mir alle persönlich - auch außerhalb der virtuellen Weiten des WWW – bekannt, wir pflegen seit einigen Jahren einen freundschaftlichen Kontakt und alle scheinen diesem Restaurant durchaus nostalgisch-wehmütig wohlgesonnen zu sein, liest man die wunderbaren, persönlich geprägten Rückblicke auf „Glory days“ im bergischen Lokalkolorit.
So war es auch Springsteen Fan First, mit dem ich seit langem einen „bilateralen“ Besuch bei unseren seit Jahrzehnten geschätzten, persönlichen Traditions-Italienern geplant hatte.
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Was bewegt einen am Abend eines der bisher wenigen schönen Tage des Jahres in Wuppertal ein Lokal in der Gathe aufzusuchen?
Die Gathe, vor etlichen Jahren die Kneipenzeile der Stadt, erweckt inzwischen den Eindruck, als durchquere man die Abstiegsmeile Wuppertals. Sicherlich, idyllisch, gepflegt oder gar vornehm ging es in dieser Ausfallstraße Richtung Autobahn noch nie zu. Aber inzwischen freut man sich, wenn man zu später Stunde nicht allein durch die Gathe gehen muss.
Unser Ziel ist die Nr. 59. Äußerlich unterscheidet sich diese Adresse von der einen oder anderen dadurch, dass sie keinen billig Modernisierungen unterworfen worden ist. Die Fassade zeigt Beständigkeit seit 50 Jahren und mehr! Beständigkeit ist auch ein Kernmerkmal des hier angesiedelten Lokals. Zerberuz kennt es aus der Studentenzeit und unsere in Wuppertal geborenen Freunde ebenfalls.
Damit deutet alles darauf hin, dass es Nostalgie ist, was uns dazu bewegt die Gathe 59 aufzusuchen.
Der erste Schritt ins Pizza Pazza scheint das zu bestätigen. Man betritt einen Raum mit schlichten Holztischen und -stühlen. Eine dunkle Holzverkleidung entlang der Wände und Säulen, die das ohne hin spärliche Licht noch etwas mindert, erinnert an die 60er und 70er Jahre. Lediglich aus den hinteren geduckten Gewölbenischen steigt nicht mehr der Zigarettenqualm auf wie damals.
Hier ist das Reich von Salvatore Pepe, der seit 1998 im Pizza Pazza den Ton angibt. Seine rau-rauchige Stimme erinnert an Paolo Conte. Zusammen mit dem gewinnenden Lächeln des Hausherrn ergibt das eine sehr charakteristische, angenehme Art der Begrüßung des Gastes.
Zusammen mit einer Servicekraft hat Salvatore Pepe alles im Griff. Die etwa 30 anwesenden Gäste werden zügig bedient und, wie sich noch zeigen wird, bringen selbst kurzfristig auftretende Ausnahmen den Ablauf nicht durcheinander. Dieser Service ist wirklich souverän.
Wir haben einen Tisch reserviert. Er ist etwas abweichend von der Mittelachse des Raumes positioniert. Die Stühle erweisen sich aber als so niedrig, dass der Wunsch aufkommt sie auszuwechseln. Kein Problem für Salvatore Pepe. Vier andere Stühle stehen schnell bereit.
Die Speisekarte hat eine ansprechende Aufmachung und ist übersichtlich gestaltet. Daneben weisen an den Wänden Tafeln auf zusätzliche Gerichte hin wie Lammrücken oder Dorade mit Beilage, also auf Angebote außer Pizzen.
Unsere Bestellung setzt sich wie folgt zusammen:
1x Insalata Primavera (4,00 €), 1x Insalata di Pomodore con Cipolle (Tomaten u. Zwiebeln - 4,00 €),
1x Pizza 4 Stagioni - Vier Jahreszeiten (7,50 €),
1x Pizza Salami e Tonno (7,00 €),
1x Spaghetti con Frutti di Mare (10,00 €) und
1x Agnello al Ferri (Gegrillte Lammkoteletts m. Pommes - 13,00 €)
Die Salate munden, d.h. nicht sofort, denn zunächst stelle ich mit Entsetzen fest, dass sich frische Gurgenscheiben auf dem Teller befinden, was bedingt durch eine Allergie das Vergnügen des Abends sehr verkürzen könnte. Obwohl schon von mir abgewandt, bemerkt der Kellner meine Reaktion. Ich erkläre ihm mein Problem und obwohl es im Grunde ja meine Sache ist, sagt er nur: „Kein Problem!“, nimmt meinen Salat mit und serviert nach kurzer Zeit neu.
Die Zutaten der Salate sind ausgezeichnet frisch, mein Dressing angenehm, die Portion gut bemessen. Unser Freund zeigt sich ebenfalls rundum zufrieden.
Der Duft der Pizzen macht hungrig. Sie duften einfach köstlich und sehen auch einladend aus. Es folgen rasch die Lammkoteletts als auch auf die Spaghetti mit Meeresfrüchten. Die Speisen zum Hauptgang werden zeitgleich serviert.
Es beginnt ein fröhliches Schneiden, Drehen, Schnuppern und Kauen. Es macht Spaß zu sehen, wie das Messer Stück für Stück von dem knusprigen Rund der Pizzen abtrennt, das die Gabel übernimmt, um es zum Mund zu führen, wo die Zunge es sehnsüchtig empfängt. Ja, Zerberuz und unser Freund genießen ihre Pizzen..
Meine Spaghetti mit Meeresfrüchten sind gut gewürzt, selbstverständlich al dente, die Scampi und Muscheln haben eine angenehme Schärfe, die Scampi zudem einen festen Biss, und die Portion ist für einen ausgehungerten Studenten bemessen. Schade, aber für mich wäre es Völlerei die Portion aufzuessen.
Die gegrillten Lammkoteletts werden ebenfalls gelobt. Begleiter des Abends sind Rotwein, Bier und Wasser.
Ein Blick in die Runde der Gäste macht deutlich, dass dieses Lokal nicht in erster Linie vom Nostalgiebedürfnis alternder 68er existiert. Das Publikum ist gemischt. Hier essen Alter, Mittelalter, Jugend und Kinder, denn neben seinem speziellen Ambiente und Klima bietet Pizza Pazza Qualität! Und das seit über 40 Jahren. Das ist Beständigkeit!
Fazit: Wir kommen hier sehr gern wieder hin!!
Was bewegt einen am Abend eines der bisher wenigen schönen Tage des Jahres in Wuppertal ein Lokal in der Gathe aufzusuchen?
Die Gathe, vor etlichen Jahren die Kneipenzeile der Stadt, erweckt inzwischen den Eindruck, als durchquere man die Abstiegsmeile Wuppertals. Sicherlich, idyllisch, gepflegt oder gar vornehm ging es in dieser Ausfallstraße Richtung Autobahn noch nie zu. Aber inzwischen freut man sich, wenn man zu später Stunde nicht allein durch die Gathe gehen muss.
Unser Ziel ist die Nr. 59. Äußerlich unterscheidet sich... mehr lesen
Die Gathe in Wuppertal, früher tummelte sich hier die Nachtszene, hier war das Kneipenviertel von Wuppertal. Das war einmal, übrig geblieben ist eine Haupteinfallsstraße in die Elberfelder City, Spielhallen, Sexshops eine Handvoll Döner- und Pizza – Takeaways und Pizza Pazza. Pizza Pazza - eine Institution der Wuppertaler Gastronomie.
In den 70ern hieß der Inhaber Albertino, die Tische waren rotweiß kariert eingedeckt, man wurde mit Sprüchen begrüßt wie „lange nicht gesehen, du waren in Gefängnis? „ oder „wo du hast gelassen die Freundin, die mit Figur von Pininfarina?“ Sitzen bleib man nicht lange, kaum war man mit Essen fertig, lag schon die Rechnung auf dem Tisch, denn an der Tür standen die Leute Schlange. Später für lange Zeit hieß der Inhaber Detlef, die frühere rechte Hand von Albertino bis Ende der 90er Jahre der letzte Inhaberwechsel erfolgte. Seitdem wird der Laden von Salvatore betrieben, davor in der Küche und im Service tätig.
Seit kurzem gibt es noch Pizza Pazza Pronto an anderer Stelle, von hier aus wird Wuppertal mit Pizzen und Nudelgerichten außer Haus beliefert.
Die Karte ist seit den frühen Zeiten fast die gleiche geblieben. Natürlich sind Gerichte dazu gekommen, sind welche weggefallen. Aber die Klassiker sind geblieben. Die Qualität der Pizzen, der Salate und der Nudelgerichte ebenfalls. Früher beliebt in der Studentenszene wegen der preiswerten Gerichte sind es heute noch die gleichen Personen die hier speisen. Mittlerweile in die Jahre gekommen, mittlerweile mit ihren Kindern und Enkeln. Kontinuität nicht nur in der Speisekarte.
Was hat sich geändert? Nicht die Bahnhofsuhr die schon seit Urgedenken über dem Eingang hängt und die 2 x am Tag die richtige Zeit anzeigt, nicht das Ambiente, die bleiverglasten Scheiben die von außen ein schummriges Licht einfallen lassen, auch die Leute stehen noch im Eingangsbereich und warten darauf, dass Tische frei werden. Das passiert seltener als früher, mittlerweile kann man reservieren, was unbedingt geboten ist, nur zu zweit kann man mal Glück haben, es liegt auch daran, dass man heute sitzen bleiben kann und nicht die Rechnung präsentiert bekommt: "avanti avanti“ die nächsten Gäste warten schon.
Man merkt es, mein Lieblingslokal, hier fühle ich mich zu Hause, hier werden Familienangelegenheiten besprochen, hier wird Urlaubsbeginn gefeiert, Wiedersehen gefeiert, wurden Ferienbeginn und Zeugnisvergabe gefeiert und auch Jahrestage begangen.
Wer bis hierhin gelesen hat, jetzt wird es konkreter. Die Einrichtung nicht gerade wunderschön, Holzstühle und Tische, nett mit weißen Tischdecken eingedeckt, Kerzen dürfen nicht fehlen, halbhohe Wandverkleidungen in dunkelbraun gebeiztem Holz, die Wände ocker, rot und dunkelbraun gestrichen, der Boden Teppichfliesen von undefinierbarer Farbe. Das geht alles schöner und edler, aber ich fühle mich hier trotzdem wohl. Die Speisekarte enthält einen Querschnitt der italienischen Küche, verschiedene Vorspeisen, Salate, Pizzen, Pasta, Fleisch- und auch einige wenige Fischgerichte. In den letzten Jahren hoch und wieder runter gegessen. Dazu sind auf Wandtafeln noch zusätzliche Gerichte angeschlagen. Alles ist zu empfehlen, man wählt nicht falsch. Der Service immer freundlich auch in der größten Hektik und das liegt nicht nur daran, dass wir Stammgäste sind. Hier wird jeder herzlich begrüßt.
Wir wählen heute eigentlich wie immer einen Salat als Vorspeise, heute Insalata Rodolfo (Tomaten, Eisbergsalat, Gurken, Eier, Schinken und Zwiebeln) mit Hausdressing € 6,50 dazu gibt es ein Pizzabrot (eine Pizza nur mit Knoblauchöl bestrichen) € 2,50, als Hauptgericht eine Pizza Spezial € 8 mit Salami, Schinken, Sardellen, Thunfisch, Artischocken und Kapern und eine Pizza Spinaci € 6,50 mit Blattspinat und Knoblauch. Dazu einen halben Liter offenen Pinot € 7,50 und eine Flasche Pellegrino € 4,40.
Die Getränke kommen schnell, auch der Salat lässt sich nicht lange auf sich warten. Der Eisbergsalat ist knackig und frisch, das Dressing wie immer so weit ich zurückdenken kann, schmackhaft, cremig, mit Joghurt und Mayonaise angemacht. Auf Wunsch gibt es auch Essig- und Öldressing oder Oliven zum Salat. Ich mag den Salat und egal wo ich hinkomme, das Dressing ist für mich ein Maßstab nachdem ich andere bewerte.
Die Pizzen kommen in gutem zeitlichen Abstand, nicht zu üppig belegt, die Zutaten schwimmen nicht im Käse, der Teig ist schön dünn und gut ausgebacken, der Käse schön verlaufen. Auch die Pizzen sind für mich der Maßstab an denen ich andere Lokale messe. Besser? Allenfalls in Italien. Im Gegensatz zu früher hat sich bei den Nachspeisen etwas getan, gab es früher nur Tartfo oder eine Zabaione ist hier Tiramisu dazu gekommen oder seit neuestem Mascarpone alla Grappa € 4,50 – köstlich. Beschlossen wird das Ganze mit 2 wunderbaren cremigen Espressi € 1,70. Dazu gibt es in de Regel noch einen Grappa.
Für das Essen – heute Pizza - dafür gibt es glatte 5 Sterne. Der Service, wir sind ja hier nicht in einem Nobelrestaurant bekommt diesmal auch 5. Das Ambiente hat natürlich Schwächen, da gibt es sicherlich was zu verbessern, drei Sterne vergebe ich aber trotzdem mit gutem Gewissen. Sauber ist es, auch wenn ich den Teppichboden nicht mit der Lupe betrachten würde.
Fazit: Ein Italiener zum Wohlfühlen, zumindest für uns, wie auch für alle anderen Stammgäste. Vielleicht habe ich auch eine rosa Brille auf, aber dann würde ich auch 5 für das Ambiente vergeben Wir fühlen uns hier wie zu Hause und wurden auch noch nie enttäuscht.
Die Gathe in Wuppertal, früher tummelte sich hier die Nachtszene, hier war das Kneipenviertel von Wuppertal. Das war einmal, übrig geblieben ist eine Haupteinfallsstraße in die Elberfelder City, Spielhallen, Sexshops eine Handvoll Döner- und Pizza – Takeaways und Pizza Pazza. Pizza Pazza - eine Institution der Wuppertaler Gastronomie.
In den 70ern hieß der Inhaber Albertino, die Tische waren rotweiß kariert eingedeckt, man wurde mit Sprüchen begrüßt wie „lange nicht gesehen, du waren in Gefängnis? „ oder „wo du hast gelassen... mehr lesen
Geschrieben am 04.03.2015 2015-03-04| Aktualisiert am
09.04.2015
Besucht am 12.01.2013
* Es ist etwa 40 Jahre her. Man war hier Stammgast. Ob mit Freunden, mit der neusten Flamme (Freundin), Kumpels oder wem auch immer. War man ein paar Wochen mal abwesend und schlug dann doch wieder bei Pizza Pazza auf, wurde man vom italienischen Padrone Albertino lautstark gegrüßt: "Allo meine Freund, wo warest Du soo lange, wieder inne Gefängnis.". Das alles hörbar für alle anwesenden Gäste. Einige blickten auf, schauten zum Eingang, zum Teil erstauntes Lächeln. Aber nach weniger als 1. Minute trat die hier herrschende Ramazotti und Grappa Normalität wieder ein. Heute würde man sich das Maul zerreißen oder die 110 Wählen. Ja so war das damals auf der Gathe. Eine 4-spurige Ausfallstraße nahe der City. Damals "die" Kneipenszene in Wuppertal. Dort verkehrte alles was gerne im "Nachtjacken-Viertel" unterwegs war. Selbst der damalige noch junge Johannes Rau war hier Nachts anzutreffen. Damals noch NRW Kultusminister, aber immer die "HB-Fluppe" dabei. - Und heute ? Die Kneipenszene hat sich gänzlich verlagert. Jetzt gibt es hier Spielhallen, zwielichte Eingänge, eine Moschee, dass Flair von damals ist völlig verschwunden. Nur einer hat immer noch erfolgreich überlebt - Pizza Pazza.
* Die Außendarstellung der Pizzeria-Trattoria ist so, dass man als ortsunkundiger sagen könnte, "nö da gehe ich bestimmt nicht rein". Einladend sieht anders aus. Man tritt trotzdem ein. "Man", das sind viele Stammgäste. Damals vor 40 Jahren Student, heute bereits Opa mit Enkel. Aber auch die heutigen Studenten schätzen diesen "Italiener" immer noch. Was hat sich seit damals geändert ? Nicht viel ! Es ist etwas heller geworden. In den 40 Jahren wurde das Mobiliar vielleicht ein-oder zweimal erneuert. Aber sonst - nö, wie damals. Damals wie heute fast immer voll. Man praktiziert Kontinuität. In über 40 Jahren nur 3 Inhaber. Erst der Gründer (Albertino), dann sein Schwager (Detlef) und seit über 15 Jahren der ehemalige Angestellte Salvatore.
* Die Karten werden gebracht, Salvatore serviert fast immer selber. Kein "Herzliches Willkommen", warum auch. Hier weiß jeder das er hier willkommen ist, seit Jahrzehnten. Salvatore kommt direkt zur Sache: "Zu trinken ?" Die Alternativen halten sich in Grenzen. Offener Roter, Weißer, Rose. Woher der Wein kommt, welcher Jahrgang, dazu nichts. Flaschenwein (kein plural) gibt es auch, 1x Rot, 1x Weiß. Wo kommt der Wein her etc., auch dazu nichts. Interessiert hier auch kaum einen Gast. Es muss schmecken, dass hat Priorität. Klar Bier gibts auch. Hier zwischen Essen, Düsseldorf und Köln natürlich Pils, Alt und Kölsch. Wer eine 0,75ltr. Flasche Pellegrino bestellt zahlt hier mindestens dafür 30% weniger wie in der Düsseldorfer Altstadt. Tja und die Cusina ? Antipasti, Pasta, Insalata, Pizze, Carne, Frutti de Mare. Wartezeit ? Unterschiedlich ! Ist es nicht voll (selten) gehts schnell, ist es voll (meistens) kann es auch mal länger dauern, piano, piano. Stört hier auch niemanden, nur Ersttäter. Wer hier die Wartezeit reklamiert, wird höchstens von anderen Gäste verständnislos angeschaut.
* Also dann, die Bestellung, 1 x Antipasto all Italiano für 2 Personen, 2 x Tomatensalat, 1 x Pizza mit Gamberetti, 1 x Tagliatelle mit Lachs, frisches Kölsch und für meine Dame den offenen (unbekannten) Roten. Die Stimmung war gut, der Service arbeitet ordentlich, ohne Hetze. Wer Küche oder den Service hetzt, hat keinen Respekt vor der Küche. - Die Vorspreisen wurden serviert. Eingelegtes Gemüse, Pilze (alles gesunde für Hasimausi), Formaggi, Salami, Schinken (alles für mich). Sicherlich kein Grund überschwenglich kulinarisch zu jubeln, aber alles ordentlich und handwerklich gut zubereitet, so wie bei Mamma in Kalabrien. Hier in der Küche arbeiten weder Dekorateure noch Foodstylisten. Aber Menschen die italienisch kochen können. Hier bekommt man das was man hier erwartet. - Ähnlich der dann servierte Tomatensalat, hier ein Klassiker. Der Salat besteht zu 70% aus Tomaten und zu 30% aus (Achtung) Zwiebelringen, deren Durchmesser erstaunlich ist. Dazu ein Salatdressing das sicherlich aus einem guten Alimentari fertig bezogen wird. Besser von dort als mit Knorr angerührt und verfeinert. - Die Hauptgerichte folgten, Pizza mit Shrimps und Pasta mit Lachs. Der Pizzaboden "medium". Also nicht hauchdünn, aber auch nicht kräftig. Viele Gamberetti, guter Käse, klasse. Pizza Ideale ! Ein Blick auf das Pastagericht meiner Dame. Sie kämpfte mit ganz viel Tagliatelle. Selber Schuld, wer vorher bei der Vorspeise das ganze Gemüse verzehrt, kämpft eben anschließend mit der Pasta. Betriebswirtschflich betrachtet würde ich als Padrone die Hälfte davon servieren. Großes Lob von Hasimausi für den Lachs und ebenso für die Tomaten-Sahne-Sauce. Wenig Tomaten, aber ganz viel mächtige Sahne. Mamma aus Kalabrien kann nicht anders kochen. Leichte mediterrane Küche ? Wer das möchte kann ja auf die Pasta verzichten. Wer hier in eine Kalorientabelle schaut, sollte besser zu Hause gedünsteten Bio-Kohlrabi an Gemüsefound verzehren, maximal noch ergänzt mit einer halben, geraspelten Freiland-Möhre vom Demeterhof. Geht zwar auf's Gemüt, macht nicht lustig und keinen Spaß, hält aber schlank. - Dolci ? Nein Danke ! Digestivi ? Gerne, ja ! Ramazotti und Grappa ! Isch habbe fertisch !
* Mal Schick am Abend zum Italiener essen gehen, bitte hier nicht reservieren. Mal lecker Pasta, Pizza oder auch Filletto essen, sich in Jeans und T-Shirt pudelwohl fühlen, keine neue Deutsche Küche erleben müssen, bitte dann hier reservieren. Alles ohne Schnick-Schnack auf den Teller gebracht. Ehrlich, bodenständig, fertig. Oder wie der Italiener sagt, "Naturale". Dazu kommt noch eine sehr humane Preisstellung. Die Vorspeisen bewegen sich zwischen 4,- Euro und 10,- Euro, Pizza und Pasta irgendwo zwischen 5,- Euro und 10,- Euro, die Fleischgerichte etwa bei 15,- Euro, was aus dem Meer kommt nur leicht darüber. - Zu den Sternen. Beim Trendy-Italiener wären das kaum mehr als 3 Sterne, hier aber verdiente sehr gute 4 Sterne. Gleiches gilt für den Service. Und das Ambiente ? Nun sagen wir mal 3 Sterne. Wobei sicherlich einige Retrogäste alleine schon wegen der Atmosphäre hier für das Ambiente 6 Sterne ausschütten würden. Ich kann sie verstehen. Questa Emozione.
tante grazie
* Es ist etwa 40 Jahre her. Man war hier Stammgast. Ob mit Freunden, mit der neusten Flamme (Freundin), Kumpels oder wem auch immer. War man ein paar Wochen mal abwesend und schlug dann doch wieder bei Pizza Pazza auf, wurde man vom italienischen Padrone Albertino lautstark gegrüßt: "Allo meine Freund, wo warest Du soo lange, wieder inne Gefängnis.". Das alles hörbar für alle anwesenden Gäste. Einige blickten auf, schauten zum Eingang, zum Teil erstauntes Lächeln. Aber nach weniger als... mehr lesen
Heute freue ich mich ganz besonders, denn die geschätzten Vor-Rezensenten sind mir alle persönlich - auch außerhalb der virtuellen Weiten des WWW – bekannt, wir pflegen seit einigen Jahren einen freundschaftlichen Kontakt und alle scheinen diesem Restaurant durchaus nostalgisch-wehmütig wohlgesonnen zu sein, liest man die wunderbaren, persönlich geprägten Rückblicke auf „Glory days“ im bergischen Lokalkolorit.
So war es auch Springsteen Fan First, mit dem ich seit langem einen „bilateralen“ Besuch bei unseren seit Jahrzehnten geschätzten, persönlichen Traditions-Italienern geplant hatte.
In der mintgrünen Ambiente-Hölle des Solinger Bellanova waren wir bereits zu Gast, nun bot sich die Gelegenheit zu einer Einkehr im sagenumwobenen Pizza Pazza, das offenkundig seit den frühen 20er Jahren die Gaumen von Generationen geneigter Wuppertaler prägt.
Zunächst einmal galt es jedoch, den berufsverkehrlichen Tücken der A46 ausweichen, einer Autobahn, die einst nur dafür entworfen und mit Langzeitbaustellen übersäht wird, um Menschen zu quälen und deren Belastungsgrenzen auszutesten. Eine Straße als psychologisches Massen-Experiment? Ja, in diesem Fall bin ich davon überzeugt.
Ich fuhr also entspannt parallel der Autobahn und genoss dabei eine schöne Aussicht, dem Verlauf der Straße Mollenkotten sei Dank - jetzt noch einen guten Parkplatz am Restaurant, und die Welt ist in Ordnung.
Noch 900 Meter bis zum Ziel, Anruf von First „Wo bist Du? Zwei super Plätze direkt frei vorm Lokal, musst nur 300 Meter weiter wenden und zurück fahren, vorher geht das nicht!“
Hmm, „vorher geht das nicht“ klang nach baulichen Hindernissen in der Fahrbahnmitte, dem war nicht so - sieht man von dem wartenden dicken Mann auf dem Bordstein vor dem Lokal ab - und schon stand der andere Vorbild-Athlet nach einem souverän-dynamisch-illegalen Wendemanöver in einer generösen Lücke direkt vor dem Eingang.
Herzliche Begrüßung, kurzer Aufriss der Lokalgeschichte der ehemaligen Kneipenmeile aus Vaters besten Jahren und nichts wie rein in die gastronomische Zeitkapsel. Hier hat sich erfreulich wenig getan in Sachen Zeitgeist, sieht man von dem zwischenzeitlichen Verzicht auf rot-weiß karierte Tischdecken und Lambrusco Flaschen mit Tropfkerzen ab, was laut First in den frühen Jahren noch klischee-erfüllend Usus war.
Kritik
Zum Ambiente und zur Außendarstellung ist in den Vorkritiken mehr als erschöpfend geschrieben worden, wem meine Fotos hier nicht reichen möge hier nachlesen, die Farbtöne und Materialien einzelner Sitzkissen zu beschreiben ist nicht gerade mein persönliches Steckenpferd.
Wunderschön, edel und zeitgeistig geht sicher anders. Für mich aber ist entscheidend, ob ich mich wohlfühle, und das habe ich mich durchaus sehr, was aber auch an unserem lebhaften Gespräch, gegenseitigen Frotzeleien, einem aufmerksamen Service und dem Wissen um die jahrzehntelange Historie dieses Lokals lag – mir allemal lieber als seelenlose Retorten-Höhlen, die mit großformatigen, „ikeaesquen“ Foto-Prints an der Wand glänzen.
Wobei, wenn ich schreibe „zeizgeistig geht sicher anders“ muss man hier sicher relativieren, in Zeiten von Shabby Chic und ungebrochener Vintage-Begeisterung wird es sicher viele geben, die eine authentische, rustikale Atmosphäre zu vielen Gelegenheiten eher schätzen als High-Gloss und das im letzten Absatz erwähnte „Ambiente-Genre“.
Signore Cameriere in den besten Jahren machte einen guten Eindruck, im positiven Sinne wie das Ambiente einen Hauch aus der Zeit gefallen mit den nach hinten gegelten Haaren, dem makellosen weißen Hemd und der schwarzen Hose, Kellnertracht wie vor 40 Jahren eben.
Den Tisch durften wir uns aussuchen, ein netter Ecktisch war schnell gefunden, ah die Karten, grazie, Getränke? Si, bitte ein kleines Pils, ein viertel vom offenen Weißen und eine Flasche Wasser.
Das 0,25l Brinkhoffs zu moderaten 1,90€ stand bald auf dem Tisch, ebenfalls 0,75l SP zu 4,40€, dazu Firsts Chardonnay in der Karaffe zu ebenfalls freundlichen 4€.
Die Bestellung an Problemlosigkeit nicht zu überbieten: Pasta-Gerichte auch in Primi Piatti Portionen? Si! Kleine Belagsänderung bei der von Carlo empfohlenen Quattro Stagioni? Kein Problem! Ein Glas Rotwein statt einer Karaffe, der aber erst zur Pizza? Naturalmente!
Bruschetta classica – 2,20€
Auf den Punkt geröstetes Weizenbrot, reife Tomaten, Basilikum, Knoblauch, etwas Salz, fertig.
Großartig, keine schrecklichen rohen Zwiebeln und bei diesem Häppchen ist sogar die Crema di Balsamico auf dem Rucola nebenan mal keine überkommene, überflüssige Kunst am Bau sondern macht auch geschmacklich Sinn zur Abrundung einzelner Bissen. Erwähnenswert auch die gute Verarbeitung der Tomaten, kein Strunkansatz, keine hellen, wässrigen Stückchen aus dem Kerngehäuse trübten das Vergnügen, einfach vorbildlich filetiert, sieht man von der hier natürlich nicht entfernten Haut ab.
Ich finde, 2,20€ sind angesichts dessen, dass für Ähnliches bei Mitbewerbern gerne 4 bis 7 Euro aufgerufen werden, ein mehr als fairer Preis für das Gebotene.
First bekam derweil einen äußerst „filigranen“ Salat mit dem mondänen Titel "Monte Carlo" serviert, der mich auf den ersten Blick an eine XXL Müslischüssel auf einer Almhütte erinnerte, wohl aber zu seinen absoluten Evergreens zählt.
Spaghetti Frutti di Mare (Vorspeisen Portion) – 8,50€
Ich hatte mir die drei Kritiken vorab nochmal gut durchgelesen, dieses Gericht hatte mich dabei sehr angesprochen, visuell auf dem Foto, wie auch in der nicht minder bildhaften Schilderung von Carlo.
Die just aus der Pfanne kommende Pasta duftete herrlich, Tomaten, Basilikum, ein Hauch Knoblauch und eine appetitliche Brise Meer erfreuten den Geruchssinn und machten Appetit.
Etwas frisch gemahlenen Pfeffer aus der Mühle gab ich obenauf, das gerne angeführte Dogma, bei Pasta mit Fisch niemals Parmesan nehmen zu dürfen, wird zwar selbst in Italien sehr individuell gehandhabt, ich persönlich finde aber auch, dass gereifter Parmesan maritime Note eher überlagert und verzichte in dem meisten Fällen darauf.
Was die Nase schon vorfreudig vernommen hatte, kam auch weitestgehend auf dem Gaumen an, ein wunderbares, dezent aber vollkommen ausreichend abgeschmecktes à la minute Sugo aus der Pfanne: Kirschtomaten, ein gutes Olivenöl, Pfeffer, Salz, etwas Knoblauch – wenn die Zutaten stimmen, kommt der Geschmack fast ganz von alleine und hier zeigt sich, wie authentisch süd-italienisch hier gekocht wird, ein überwürztes Sugo hätte die Meeresfrüchte kaum zur Geltung kommen lassen.
Die Pasta war angenehm al dente gegart und zeichnete sich durch eine hohe Sugo-Aufnahmefähigkeit aus, was in der Regel für gute Qualität steht.
Auch die Meeresfrüchte waren nicht überwürzt oder eigentlich zum Kaltverzehr mutig mariniert und trotzdem in die Pfanne geworfen, was geschmacklich und in Sachen Konsistenz meiner Meinung nach ein Graus ist, aber in einfachen Pizzerien manchmal so gehandhabt wird.
So aber gingen das Sugo und die Frutti di Mare eine wunderbare Symbiose ein und letztere waren butterweich und dabei geschmacklich differenzierbar.
Pizza Quattro Stagioni (klein) – 6€
Primitivo – 0,2l 3.20€
Now let´s talk Pizza! Die Tatsache, dass ich die Champignons durch Spinat ersetzt hatte, schien den Pizzaiolo dermaßen erzürnt zu haben, dass er die Artischocken tendenziell wenig liebevoll arrangierte, so waren es eher tre stagioni mit einer Zentral-Saison in der Mitte, naja aber die Jahreszeiten vermischen sich ja ohnehin immer mehr, vielleicht ein stiller Protest gegen den Klimawandel.
Das war es aber auch schon mit der Kritik, der dampfende Rundling vor mir (nein, nicht First) verströmte wie schon die Pasta sehr ansprechende Aromen, eine neapolitanische Pizza wie sie im Buche steht, kochend heiß direkt aus dem Ofen, das ist für mich dolce vita pur.
Der Boden war geschmacklich ebenfalls aus der Zeit gefallen, wenn ein simpler Pizza Teig mich beim ersten Bissen in die Kindheit versetzt, Erinnerungen an Italien-Urlaube und erste Pizza-Erfahrungen um 1980 wieder präsent werden, dann sagt das für mich ganz persönlich viel.
Gehaltvoll, ehrlich, man schmeckt das besondere Mehl, die Hefe, das Olivenöl; der Boden nicht hauchdünn zersplitternd sondern vielleicht etwa 2mm dick und dabei angenehm knusprig und stabil genug, um ein Pizza-Achtel nur am Rand halten zu müssen, hätte man mit den Händen essen wollen – die Temperatur im Ofen hat gestimmt, soviel steht fest.
Ansonsten eine schöne, fruchtig runde Pizzaiola, Sugo, Sauce, was man auch immer persönlich zu ihr sagen möge, auch diese nicht überwürzt oder mit Knoblauch erschlagend (mein worst case).
Der Mozzarella herrlich verlaufen, Salami und Schinken von durchschnittlicher aber sehr akzeptabler Qualität, die von mir erbetenen Peperoni auf der Salami Ecke ließen auch mich als Chili Fan einmal herzhaft nießen, Scoville Jüngern sei die Peperoni Salami Pizza wärmstens empfohlen.
Für 3,20 bekommt man in einfachen Pizzerien in der Regel keine großen Tropfen, leider aber auch viel Schreckliches, der Primitivo hier war mehr als gut trinkbar, ein solider, sauberer Primitivo, der in seiner einfachen, unverstellten Natur absolut hervorragend zum Essen passte.
Mascarpone alla Grappa (kleine Portion) – 3,50€
Ich bemerkte eigentlich, pappsatt zu sein und kein Dessert mehr zu schaffen. Kollegin Obacht! schaffte es aber aus dem fernen Garmisch (oder „Yetis Gefilden“, wie Herr Beermann diesen Landstrich gerne nennt), First zu einem opulenten Nachtisch zu überreden, als ich für eine Minute nicht am Tisch war.
Der kam dann auch prompt mit zwei Löffeln und naja, hilf ja nix, probieren muss man ja mal…
Zwei ordentliche Kleckse einer alkoholgeschwängerten Mascarpone-Masse, oben auf zerbröselte Amarettini, mittig ein auch nicht gerade nüchterner, hübsch verzierter kleiner Spiegel von Vanille und Schokosauce, dazu Kiwi Scheiben.
Das fügte sich in der Präsentation wie auch geschmacklich hervorragend in die kleine Menüfolge ein: ehrliches, gutes Essen, wie man es sich für den alltäglichen Besuch in einem familiär geführten, einfachen italienischen Restaurant nur wünschen kann.
Einen Grappa aufs Haus lehnte ich aus automobilen Gründen ab, dieser wird aber angeboten und ist laut Grappa Connaisseur First sehr akzeptabel.
Eine EC Zahlung kann trotz aller Nostalgik übrigens bequem am Tisch erledigt werden, ein Trinkgeld haben wir natürlich auch gerne gegeben.
Fazit
Ohne Frage questa emozione für alle Wuppertaler, die dieses Lokal aus der Kindheit kennen und zum generationsübergreifenden Wohlfühl-Dinner nutzen, oder mit den Kumpels oder Mädels gute Pizza, Pasta, Steaks, Bier und Wein genießen wollen, ohne hierfür einen Kredit aufnehmen zu müssen.
Aber auch ohne zu viel Emotionen ein sehr anständiger Traditionsladen, gut geführte, authentische Küche, höflicher und präsenter Service und ein exzellentes PLV.
Das Ambiente gewinnt sicher keinen Preis für moderne Innenarchitektur, mir gefiel es gut, alles war sauber und gepflegt, nur die Stühle vielleicht einen Hauch unbequem.
Meiner Madame haben die Fotos derart gut gefallen, dass ich wohl nächste Woche mal mit ihr hier hin muss, und das werde ich gerne tun – a presto, cara Pizza Pazza!