Geschrieben am 31.01.2021 2021-01-31| Aktualisiert am
01.02.2021
Besucht am 07.10.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 163 EUR
Nach dem wunderschönen Abend zu viert in Sven Niederbremers Altem Engel in Speyer, (MarcO berichtete so engagiert, dass er glatt vergaß, das wichtigste Detail-Foto zu veröffentlichen; ich warte, werter Herr!), sollte es am Folgetag in Mainz bodenständig, aber doch anspruchsvoll sein. Ein zum Gähnen langweiliger Stadtrundgang ließ Zeit, ein wenig nach GG-Empfehlungen zu suchen und förderte sehr schnell Gebert‘s Weinstuben zutage. (Zum Plural siehe in den Vor-Berichten.) In der mit hohem Lob von MarcO und besonders Nolux - Mr Wine himself - ausgestatteten Lokalität erreichte ich telefonisch einen freundlichen jungen Mann, der uns einen Zweiertisch in Aussicht stellte. Wie sich zeigte, war die Reservierung auch am Mittwochabend nötig, denn die Corona-Regeln hatten die Plätze in der zum Restaurant umfunktionierten Wohnung noch einmal deutlich reduziert. Uns haben die Abstände in der guten Stube sehr gefallen, deren absolut unveränderte Wohnzimmer-Atmosphäre (bewusst ohne „...“) von den beiden geschätzten Kollegen bereits hinreichend detailliert beschrieben ist. Der Stil ist sicher Geschmacksache, aber lieber eigenwillig und authentisch, als eine nur noch auf Touristen ausgerichtete Weinstuben-Romantik, die uns in der Altstadt auf Schritt und Tritt begegnete. Die Touris - also wir, Schock! - waren aber hier wenige Schritte von Vater Rhein entfernt eindeutig in der Unterzahl gegen das dem Dialekt nach einheimische Publikum. Im Service wurde die bestimmt, aber nicht unfreundlich auftretende Frau Widdin (oder ist das schon zu hessisch?) zum einen von einer weiteren lebenserfahrenen Dame unterstützt. Und zum anderen vom Inhaber der freundlichen Telefonstimme, der uns trotz gerade abgeschlossener oder gar noch anhaltender Ausbildungszeit mit soviel Begeisterung und Fachkunde bediente, dass hier mal die volle Punktzahl verdient ist. Auch das nervige Insistieren des Bremer Sturkopps auf Angebote aus der noch im Netz ausgestellten, aber offenbar im Post-Lockdown eingedampften Getränkekarte wurde nicht etwa genervt quittiert, sondern mit mehrfacher, letztlich erfolglose Suche im Keller.
Nun denn, also Riesling Winzersekt (4,7€) und eine Traubensaft-Schorle (3,8€) zur Einstimmung, während wir knusprige Baguettescheiben in eine wunderbare Forellen-Crème stippten, die neben Butter und einem kräftigen Olivenöl den ersten Hunger wirksam bekämpfte. Gefolgt von Gerolsteiner Wasser (6,8€/0,75) und einer ganz, ganz feinen Flasche, wie ja hier nicht anders zu erwarten.
Den dafür aufgerufenen Preis von 55€ mag, wer will, online vergleichen. Und damit auch gleich einen Grund für die Spitzenbewertung in der Kategorie PLV finden, trotz weniger Ausreißer.
Mangels eines Menüs hangelte sich unsere Bestellung durch die Speisekarte und die Tagesangebote, die beide eine deutliche französische Note aufwiesen.
Mit meinem Kalbskopf (11€) war ich mehr als zufrieden, denn die nur dezente Säure ließ dem Fleisch viel Raum. Den collagenreichen Genuss konterten ein frisches Salatbouquet und fein-knusprige Croûtons.
Auch meine Begleiterin hatte wider Erwarten auf fleischliche Genüsse gesetzt. Aber einer hausgemachten Schweine-Sülze (9,5€) mit einer ebensolchen Remoulade (und etwas Kürbis) ist dann und wann nur schwer zu widerstehen. Ich durfte probieren und konnte die schwelgerischen „Mmmmmhs“ völlig nachvollziehen, zartes Fleisch in würzigem Aspik - mir läuft schon wieder das Wasser im Munde zusammen. Hausmacher-Sülze
Die Portionsgröße ließ jedoch bei meiner Gattin ein wenig Panik aufkommen, so dass ich bei der Suppe alleine blieb. Verständlich und doch schade, denn die Consommée (6,5€) überzeugte nicht nur mit ihrer ausgekochten Geschmackstiefe, sondern auch der reichlichen Einlage von Pilzen und Gemüsestreifen mit genügend Biss.
Beim Hauptgang dann gegenüber wieder bewährt Vegetarisches. Das Kürbis-Risotto, pochierte Eier und knackiges Gemüse (etwas überraschende 18,5€) ließen geschmacklich und auch handwerklich keine Wünsche offen.
Im Vertrauen auf die Kritikerkollegen und somit darauf, dass Patron Gebert sein Geschäft versteht, hatte ich Flugentenbrust (24€) bestellt. „Und ich wurde nicht enttäuscht.“ Rosa gebraten und mit knuspriger Haut war das ein selten gutes Geflügelvergnügen, zu dem die kräftige Jus bestens beitrug. Auch die Beilagen alle 1a, wirklich sehr schön die auch von Nolux gelobten Mandel-Kartoffel-Krusteln.
Ob der Käsewagen verfügbar gewesen wäre, konnte ich im speziellen Gastro-Sommer 2020 nicht klären. Denn der Süße Fan an meiner Seite wollte unbedingt beide Desserts probieren aber natürlich nicht zwei ganze Portionen essen. Ein Ehemann tut, was ein Ehemann (gern) tun muss! Und besonders schwer fiel der Verzicht auf die abschließenden Milchprodukte nicht. Denn sowohl die Crème brûlée mit Mangosorbet und Karamell-Blatt (8€) als auch die beschwipsten Rheingau-Pflaumen mit cremigen Joghurteis (9€) waren ein blitzsauberer Abschluss.
Gebert‘s Weinstuben hat unsere Erwartungen an eine gehobene, im Kern bürgerliche Küche mit französischen Wurzeln vollständig erfüllt. Gemessen am Anspruch des Hauses kann es daher nur die Maximalbewertung geben. Ich schließe mich natürlich der wunderbaren Empfehlung unserer GG-Kollegen aus vollem Herzen und Magen an! Aber war das wirklich fraglich? Anklicken!
Nach dem wunderschönen Abend zu viert in Sven Niederbremers Altem Engel in Speyer, (MarcO berichtete so engagiert, dass er glatt vergaß, das wichtigste Detail-Foto zu veröffentlichen; ich warte, werter Herr!), sollte es am Folgetag in Mainz bodenständig, aber doch anspruchsvoll sein. Ein zum Gähnen langweiliger Stadtrundgang ließ Zeit, ein wenig nach GG-Empfehlungen zu suchen und förderte sehr schnell Gebert‘s Weinstuben zutage. (Zum Plural siehe in den Vor-Berichten.) In der mit hohem Lob von MarcO und besonders Nolux - Mr Wine... mehr lesen
Besucht am 01.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 87 EUR
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche der „Guide“ ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis attestierte. Seit 2012 lacht hier dem einkehrenden Gourmand ein keckes Michelin-Männchen, das für „sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten“ steht, entgegen.
Die Rede ist vom Restaurant Geberts Weinstuben, dessen beeindruckende Historie bis ins Jahr 1887 zurückreicht. Ihr Namensgeber Johann Gebert war Bäcker und zudem mit einer Winzertochter verheiratet. Klar, dass der Backstube irgendwann eine Weinstube angegliedert wurde, was auch den Plural im Namen erklärt. Vor 45 Jahren war es Wolfgang Gebert, der Vater des heutigen Küchenchefs und Inhabers Frank, der aus der Weinstube eine Anlaufstelle für Feinschmecker und Genießer machte. Frank Gebert führt seit 2007 zusammen mit seiner Frau Dagmar das alteingesessene Lokal in der Mainzer Neustadt und setzt dabei auf deutsche Klassik mit klar erkennbarem französischem Akzent. Und dieser Küchenmix scheint richtig gut anzukommen.
Wir waren recht früh dran an jenem kalten Freitagmittag. Die Frage nach unserer Reservierung verneinten wir mit der gleichen Spontanität, die schon unserer Einkehr zugrunde lag. „Wolle mern roilosse?“ Beim Anblick der blau-gelb-roten Faschingsdekoration, welche die Fenstersimse bevölkerte, lag mir schon die Suggestivfrage aus „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“ auf der Zunge, aber die junge Dame vom Service hielt anscheinend noch ein paar Kapazitäten für Laufkundschaft bereit. Sie bot uns einen zentral gelegenen Tisch inmitten des vorfastnachtlich geschmückten „Wohnzimmers“ der Geberts an. Tanzende Harlekins und bunte Narrenkappen kündeten von der fünften Jahreszeit. An der Decke befestigte Farbbänder schwebten girlandenartig über den Dingen.
Doch auch ohne die zurückhaltend arrangierte Fassenachtsdeko hatte der Gastraum einige Hingucker in Sachen ungewöhnlicher Einrichtung zu bieten. Allein die kleinteilig gläsernen Retro-Kristallleuchter, die pompös von der Decke baumelten, sorgten für Aufsehen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Eine mit allen erdenklichen spirituellen Wassern ausstaffierte Anrichte entstammte wohl dem vorigen Jahrhundert. Ein Querspiegel mit breitem Silberrahmen hing raumvergrößernd über einer langen Couch, die mit ihren samtbezogenen Kissen im Schnörkellook den Vintage-Gedanken aufrechterhielt.
Bei den übrigen, sehr bequem gepolsterten Sitzmöbeln regierte die Farbe Violett, die sich auch bei den Vorhängen fortsetzte. Sie passte sowohl zur güldenen Wandtapete als auch zum rustikalen Holzdielenboden ganz prima. In stilvolles Weiß gehüllte Tische, auf Hochglanz polierte Weingläser, kleine Brottellerchen, Zweifachbesteck aus Silber und hübsch gefaltete Stoffservietten zeugten von klassischer Tafelkultur ohne jeglichen Muff. Ein rundum würdiger Rahmen für ein hoffentlich ebenso genussvolles Mahl war gegeben.
Schon beim Aufklappen der Speisenkarte jauchzte ich innerlich vor Freude. Großes Format – kleine Auswahl. Genauso mag ich es am liebsten. Bei den Aperitif-Empfehlungen fiel mir sofort der „Quitten Royal“, ein mit hausgemachtem Quittenlikör aufgefüllter Riesling-Sekt, ins Auge. Nicht die 7,80 Euro für das Gläschen (0,1l), sondern die Aussicht auf einen guten Rotwein zum Essen und die bevorstehende Rückfahrt in die Pfalz verwehrten mir den Trinkspaß vorweg. Klar hätte es auch eine mit Ingwer, Kurkuma und Zimt verfeinerte Quitten-Limonade (0,1 l für 4 Euro) sein können, aber in Anbetracht der überaus verlockend klingenden Vorspeisen, wurde jene schnell überlesen. Stattdessen sollte eine Flasche Gerolsteiner (0,75l für 6,50 Euro) unserem Durst Einhalt gebieten.
In Zitronenpfeffer geräucherter Label-Rouge-Lachs mit frischem Apfelmeerrettich (12,80 Euro), hausgemachte Geflügelterrine mit Quittenchutney (10 Euro) und französische, in Geberts Kräuterbutter gefallene Weinbergschnecken (das halbe Dutzend für 9,50 Euro) ließen mich gedanklich ins benachbarte Elsass abdriften. Klare Entenessenz mit Käsegebäck (7,80 Euro) und Hamburger Krebssüppchen mit Cognac (7,50 Euro) ließen schon den Suppenkasper in mir schlürfen, ehe eine dreigängige Menüempfehlung die à-la-Carte-Träume eines gestandenen Kulinaristen mühelos unter sich begrub.
Zum Preis von 36 Euro hatte Frank Gebert ein appetitlich klingendes Dreigang-Menü zusammengestellt. Es bestand aus der schon erwähnten Geflügelterrine, geschmorten Kalbsbäckchen auf Kartoffelpüree, glaciertem Marktgemüse und sautierten Pilzen sowie einem zartbitteren Schokomousse mit Pommeranzen-Sorbet und frischen Beeren. Selbst die verführerisch klingenden Hauptspeisen, unter denen sich so reizvolle Leib- und Magengerichte wie Züricher Kalbsgeschnetzeltes oder rosa gebratener Rehrücken an Wacholderrahmsauce tummelten, ließen uns nicht von dem Menügedanken abrücken. Zweimal drei Gänge wurden in Auftrag gegeben.
Beim Blick in die großzügige Flaschenweinkarte wurde die frühere Bestimmung dieses Anwesens mehr als deutlich in Erinnerung gebracht. Nach Rebsorten bzw. Weinbauregionen sortiert, waren es vor allem die viele Großen Gewächse aus der Riesling-Traube, die für Aufsehen sorgten. Rheinhessen, Rheingau, Mosel, Nahe, Saar und auch die Pfalz bestimmten das mit Bedacht zusammengestellte Angebot. Namhafte Pfälzer Winzer wie der Laumersheimer Philipp Kuhn oder Friedrich Becker aus Schweigen durften da nicht fehlen. Aber auch ein paar rote Trouvaillen aus dem Burgund und dem Rhônetal waren vertreten.
Mehr wie ein Viertel sollte es an diesem Tag allerdings nicht werden. Die Entscheidung fiel auf die saftig-fruchtige Rotweincuvée „Villa Bürklin“ vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf aus Wachenheim an der Weinstraße. Das aus den Rebsorten Spätburgunder, Dornfelder und Sangiovese (!) verschnittene Trinkvergnügen zeichnete sich durch eine zugängliche Struktur und einen kraftvollen Körper aus. Die 8,50 Euro für den leckeren Roten aus der heimischen Pfalz waren definitiv gut angelegt.
Langsam füllte sich der Gastraum. Geschäftsleute, eine Gruppe von Pensionären, die anscheinend etwas zu feiern hatten und juvenile Mittvierziger bevölkerten die gute Stube der Geberts. Doch bevor das andächtige Schweigen der Schlemmer so richtig einsetzte, grüßte die Küche mit frischem Baguette und Gänseschmalz. Mit etwas Salz und Pfeffer verfeinert ein durchaus wohlschmeckender Appetitanreger, der als kulinarische Vorhut getarnt dem ersten Hunger trotzig die fettige Stirn bot.
Den ersten Gang hätte ich so auch in einem gehobenen Elsässer Landgasthof erwartet. Zwei veritable Scheiben von der hausgemachten Geflügelterrine wurden von einem schön sauer angemachten Salatbouquet und einem à part im Schälchen gereichten Quittenchutney kongenial begleitet. Die würzige Terrine, die von einem weißen Speckrand umgeben war, hatte zwischen der pürierten Grundmasse viele Fleischstücke zu bieten. Zu den obligatorischen Pistazien gesellten sich noch eingeweichte Rosinen und rosa Pfefferkörner. Säure und Frische kam vom herzhaften Salattürmchen. Für ausgleichende Süße sorgte das geleeartige Quittenchutney. Besser hätte man die deftige Geflügelpaté nicht einrahmen können. Einziger kleiner Schwachpunkt war die Portionsgröße. Als Vorspeise eines dreigängigen Menüs hätte sie meiner Meinung nach etwas schmaler ausfallen dürfen. Ansonsten war das vom Geschmack ein sehr überzeugender Auftakt.
Maître Geberts unverkennbarer Hang zu ambitionierter Hausmutterküche im Sonntagskleid kam spätestens bei den geschmorten Kalbsbäckchen voll zum Tragen. „So und nicht anders müssen die gemacht werden!“ hätte der Bäckchen-Fachmann unseres Wörther Schlemmerclubs über die herrlich mürben Fleischhügel geurteilt. Langfaserig und kollagenhaltig präsentierte sich das saftige Schmorfleisch, das auf einem fein abgeschmeckten, dicken Klacks Kartoffelpüree thronte und von knackigem Wurzelgemüse begleitet wurde. Höhepunkt dieser Gaumenorgie war jedoch der dunkle Beiguss zu den beiden prächtigen Schmorbacken. Die beeindruckend tiefgründige Jus verriet den Aufwand und das Können, das in Frank Geberts Zubereitungen steckt. Und das ganz ohne kraftmeierische Attitüde, sondern mit sicherer Hand beim Ansetzen und Abschmecken. Süßlich-herbe Röstaromen ließen auf eine erfolgreiche Maillard-Reaktion schließen, die ein kräftiger Rotwein beim Ablöschvorgang zur richtigen Zeit unterband. So einen ehrlich gekochten, aromatisch-dichten Soßenfond hätte selbst der legendäre Haynaer Saucengott Karl-Emil Kuntz nicht besser hinbekommen. Großes Kompliment, das wir auch gegenüber der jungen Servicekraft äußerten und das bis in Frank Geberts Küche drang.
Dieser ließ sich nicht lumpen und schickte eine Extraladung des betörend leckeren Elixiers an unseren Tisch. Bis auf den letzten Tropfen leerten wir die silberne Sauciere und hätte es die gute Erziehung nicht verboten, ich hätte sie sogar vor Ort noch ausgeschleckt.
Auch hier war das einzige kleine Manko die Größe der Portion. Ein Bäckchen hätte locker gereicht, zumal auch das Pürée kein Kind von Spärlichkeit war. Sei es drum. Wir schafften den Hauptgang gerade so und wollten schon den Dessertverzicht signalisieren, da beschlich uns dann doch die Lust auf einen süßen Abschluss.
Der wurde uns nach angenehmer Wartezeit in Form zweier fluffiger Nocken Schokomousse, ein paar aufrechten Waldbeeren sowie einer Kugel vom säuerlich-frischen Pommeranzen-Sorbet serviert. Auf dem mit Schoko-Nuss-Lackierung versehenen, länglichen Porzellan steuerten rote Fruchttupfer und gelbe Mangowürfel weitere Farb- und Geschmacksakzente bei. Irgendwie passte der Teller farblich zur Fastnachtsdeko, so mein erster Eindruck. Damit es zwischen den Zähnen auch ein wenig kracht, fungierte eine Mandelhippe als Knuspersegel zwischen den beiden weichen Schokokissen. Dieser süß-herben Versuchung konnte selbst das fortgeschrittene Stadium der Sättigung wenig anhaben. Nur die durch den Pacojet gejagte Pommeranzenkugel war mir schlichtweg zu sauer.
Pappsatt und hochzufrieden machten wir uns wieder auf den Heimweg in Richtung Pfalz. Die nicht minder enthusiastische Rezension von GG-Kollege Nolux aus dem Jahr 2014 habe ich erst nach meinem Besuch bei den Geberts gelesen. Seine Empfehlung teile ich zu 100 Prozent. Essen, Service, Ambiente und PLV passen hier einfach. Seiner Schreibe nach zu urteilen dürfte der werte Herr Nolux immer noch von seiner Perlhuhnbrust mit Mandelbällchen träumen. Die würde ich dort auch nicht ausschlagen.
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche... mehr lesen
Geschrieben am 26.11.2014 2014-11-26| Aktualisiert am
26.11.2014
Besucht am 28.06.2014
Leider gibt es diese Momente nicht oft. Umso schöner wenn man sie erfährt.
So wie gestern. Der Tag begann (für einen Samstag) schon früh, neun Uhr Treffpunkt in Bingen am Rhein. Vor uns lagen 144 km Genuss an neun markanten Punkten quer durch Rheinhessen. Und als Abschluss sollte uns Familie Gebert in ihren Weinstuben verwöhnen. Was dann auch getan wurde…
Obwohl ich das Lokal im letzten Oktober erst bewertet habe, war und ist es der gestrige Abend wert, den Genießern hier eine lange Nase zu machen und meine Kritik von damals zu unterstreichen, bzw. stellenweise nach oben zu korrigieren.
Reserviert hatte ich für diesen Abend schon sechs Wochen zuvor, war der Tag schon fast ein Jahr im Voraus geplant. Auf meine Email hin rief mich Frau Gebert Tage später an um den Termin zu bestätigen. Damit war ein Teil des Glücks gebucht.
Um kurz nach 19:00 Uhr betraten wir, vorbei an einer Kneipe, die zeigte wie Brasilien gerade im Achtelfinale ins schwimmen kam, durch das große Tor und schließlich drei Stufen das Lokal. Das liegt in der Mainzer Neustadt, eine Minute vom Rheinufer entfernt.
Weinstube, wie es selbst genannt wird, trifft es nur bedingt. Gesehen an einer der besten Weinkarten in Mainz und den idyllischen Innenhof, in dem man unter einem Dach aus Rebblättern sitzt, könnte man zustimmen. Speiseangebot und Innenausstattung weisen doch eher auf ein Restaurant mit hohen Ansprüchen. Das Ambiente ist dann auch schon mein einziger Kritikpunkt. Man muss es wirklich mögen, dieses schwerfällige Raumgefühl aus Omas guter Stube und schwerem Barock. An den Fenstern lange, violette Vorhänge, von der Decke, zwar nicht kitschig oder dekadent wirkend, aber mächtig hängende Kristallleuchter. Kaum zu glauben, dass der Innenraum vor sieben Jahren so gestaltet wurde. Die Tische klassisch in weiß eingedeckt, schwere Stoffservietten, edles Besteck. Wein- und Wassergläser stehen schon bereit, ein Teelicht schimmert in einem unauffälligen Glas. Dazu frische Blumen. Die gut gepolsterten Stühle (auch in Violett) sind äußerst bequem.
Wir fünf saßen mitten im Raum, vor und hinter uns riesige Spiegel. Neben uns waren noch zwei weiter Tische besetzt mit fünf, bzw. sieben Gästen. Mehr kamen an diesem Abend auch nicht. Durch das Fenster kann man auf die Straße sehen und die Raucher einer gegenüberliegenden Kneipe, die draußen das Fußballspiel verfolgten. Nebenbei konnten wir auch ein bisschen mitgucken ;-)
Frau Gebert wurde an diesem Abend von einer weiblichen, jungen blonden Dame unterstützt, die uns zum Tisch geleitete und uns die Karte überreichte. Diese ist klein vom Inhalt, aber groß und schwer in der Aufmachung. Die separate Getränke- bzw. Weinkarte ist ein Segen für jeden Weinfreund. Da wird so einiges geboten was Weinland Rheinlandpfalz zu bieten hat, und das zu teilweise sehr fairen Preisen. Hauptsächlich Weingüter aus Rheinhessen (Manz, Werner, Keller, Wittmann, Wagner-Stempel, Bettenheimer) und Pfalz, dazu einige Weine von der Nahe, Ahr und Rheingau. Daneben Spezialitäten aus den „Great Wine Capitals“ (ein Zusammenschluss der exklusivsten und bekanntesten Weinbaustädte weltweit.)
Während wir also über der Speisekarte grübeln, wird uns ein Aperitif angeboten. Wir entscheiden uns dreimal für den Pinot-Rosé-Sekt (€ 4,80) und einmal für einen alkoholfreien Rhabarbermix (€3,80). Zum Spülen gab es zwei Flaschen Gerolsteiner stille Quelle (€6,00, naja…).
Zuvor gab es schon mal ein Körbchen mit frischem Baguette und leckerem, cremigen Kräuterquark, sehr frisch und auf Wunsch wäre auch noch mehr gekommen. Nach langem Überlegen konnten wir dann endlich die Bestellung aufgeben und anschließend über die Weinbegleitung philosophieren. Letzen Endes konnten wir uns aufgrund verschiedenster Gerichte nicht einigen und so orderte jeder dann ein Viertel (wird in einer Glaskaraffe serviert) nach persönlichem Gusto. Der jüngste der Runde gönnte sich ein dunkles Hefeweizen von den Kapuzinern (0,5 für €3,20).
Ludi incipiant!
Was nun folgt ist so mit das Beste was ich die letzten Jahre auf einem Teller vor mir liegen hatte.
Lauwarmes Carpaccio vom norwegischen Lachs mit Limonen & Honig-Kresse (€11,00)
Es war leider wirklich so gut wie es auf dem Bild ausschaut. Der Lachs nur so weit erwärmt, dass er angegart war, ohne das Eiweiß ausgetreten ist. Wunderbar aromatisch, das Beste allerdings die Vinaigrette drumherum. Schöne Säure, leicht süß, schmeichelte sie dem Lachs und gab dabei dem trockenen Weißburgunder vom Wgt. Manz (0,25 für €5,20) auch noch die Chance sein Können zu zeigen. On Top die Kresse und das kleine Salatbouquet vom „Gonsenheimer Acker“ nebst Blüte. Mehr als gut ausschauen tut die aber nicht. Mir ist diese Vorspeise trotz der Einfachheit, aber wegen des Geschmackerlebnisses 4,5* wert!
Quiche von Mangold & Schafskäse mit buntem Salat (€8,00)
Auch hier unglaublich, was die einfachen Dingen Spaß machen können. Die Quiche, serviert wie ein Stück Torte, war ein vegetarischer Traum aus Mürbteig, mildem Schafskäse, der präsent aber nicht dominant war, und feinem Mangold. Dieser war kurz angebraten und dann mit dem Käse und der ‚Royal‘ (Sahne-Ei-Mischung) vermischt und lecker mit ein wenig Muskat abgeschmeckt. Der Salat, auch hier vom „Gonsenheimer Acker“, bestand aus Senfblättern, Frisee, rote Beeteblättern und ein wenig Rucola. Auch hier eine Blüte, diesmal in Rot. Dazu ein klecks angemachter Schmand, der wohl der Quiche etwas frische bringen sollte, was aber eigentlich nicht nötig war. Dazu gab es einen trockenen Rheingauer Riesling vom Wgt. Freiherr von Langwerth Simmern (0,25 für 5,40): Auch hier 4,5*
Gepökelte Schweinebäckchen in Gelee auf Radieschenvinaigrette (€9,80)
Auf dem ersten Blick sah es nicht anders aus als eine dicke Scheibe Schwartenmagen, schmeckte eigentlich auch so, das aber sehr gut. Darunter eine Art Carpaccio vom Radieschen, stimmig nappiert mit der gleichen genialen Vinaigrette wie beim Lachs. Die Idee nachahmenswert, lecker und gut umgesetzt, daher 4*. Der Grauburgunder trocken vom Wgt. Beck – Hedesheimer Hof auch hier kongenial! (0,25 für €5,00).
Ein halbes Duzend Weinbergschnecken in Kräuterbutter (€8,80)
- serviert im Schneckenhäuschen –
Man kann es mögen oder nicht, ich jedenfalls nicht. Daher ohne Wertung. Es hat aber wohl geschmeckt…
Hausgebeizter Saibling mit Gonsenheimer Ackersalat (Vorspeise des Drei-Gang-Menüs für €34,00)
Optisch erst mal eine Enttäuschung aufgrund der geringen Menge. Geschmacklich aber wunderbar. Fünf Tranchen vom besten Saibling, sternförmig um den Salat angerichtet. Daher nur 3,5*
Das war schon mal ein Auftakt nach Maß, zwischendurch wurde noch Brot aufgefüllt, beim Abräumen der leeren Teller nach der Zufriedenheit gefragt. Nebenbei wurden wir noch Zeuge der Entscheidung im Elfmeterschießen bei der Fußball-WM, gingen die Fans auf der Straße doch lautstark mit. Frau Gebert verkündete auch hin und wieder die Zwischenstände der Partie. Doch das war alles nicht so spannend wie unsere Hauptgänge…
Knusprige Brust vom Perlhuhn mit grünem Spargelbund und Mandelbällchen (€22,00)
Die Brust sehr saftig, am Flügel gebraten, nur die Haut nicht mehr sehr rösch, wie man in Bayern sagt. Geschmacklich nichts auszusetzen. Der Spargelbund, umwickelt von Schinken, war wunderbar im Biss und auch sehr aromatisch. Dazu gab es noch gedünstete Stäbchen von gelber und roter Möhre und Kohlrabi. Die kleinsten Pfifferlinge wunderbar, suhlten sich in einer dunklen Sauce zum reinsetzen! Die Mandelbällchen (sowas wie eine Spezialität des Hauses), eine Art Krokette umhüllt von Mandelsplittern, wunderbar cremig und „kartoffelig“. Die Angeschmorte Cherrytomate war da nicht mehr als Deko. Bei diesem Gericht kann ich ob der handwerklichen und geschmacklichen Leistung nichts anderes als 5* vergeben! Sehr zu empfehlen!!!
In Burgunder geschmorte Rinderschulter mit Sommerwirsing, sautierten Pfifferlingen &Kartoffelpüree (Hauptgang des Drei-Gang-Menüs für €34,00)
Was in der Vorspeise des Menüs mengenmäßig noch fehlte war hier ausreichend vorhanden. Das Fleisch so zart, das es sprichwörtlich auf der Zunge verging, und vom Aroma her unbeschreiblich lecker. Dazu die kräftige Sauce und die feinen Pfifferlinge die jeden Wert waren. Für mich das Beste aber der Wirsing. Das kann ein so geniales Gemüse sein, wenn es perfekt gemacht ist. Und hier war es das. Ich bräuchte nichts anderes. Das Püree geriet da zur Nebensache. Auch hier 5*
Entrecôte Double (für zwei Personen á €23,00)
Doppeltes Rinderrippenstück mit Rotwein-Schalotten-Sauce, Schnippelbohnen und Kroketten
Das Entrecôte wurde im Ganzen am Tisch vorgelegt und nach der Fleischbeschau mit den Beilagen auf den beiden Tellern angerichtet. (auf dem Foto nur drei Scheiben, es wurden aber insgesamt jeweils sieben Scheiben verzehrt.) Das Fleisch butterzart, und so saftig das mir jetzt wieder das Wasser im Mund zusammen läuft. Die Sauce mit den Schalotten hät’s nicht gebraucht. Die Kroketten, natürlich handgemacht, waren wie sie sein sollten. Aber auch hier muss ich mich wieder für das Gemüse begeistern. Wo kriegt man heute noch so tolle Bohnen serviert, und nicht missbraucht als Füllung einer Speckscheibe. Die besten Bohnen seit Ewigkeiten. Dazu gab es noch frisch gebratene Champignons. Wäre das Fleisch jetzt noch besser gebraten gewesen, ohne diesen dicken grauen Rand, gäbe es auch hier die volle Punktzahl. Somit nur 4,5*. Dazu ein trockener Spätburgunder vom Wgt. Burggarten / Ahr (0,25 für €6,00). Feines Gerüst, nicht zu schwer, und passend zum Gericht.
Kotelett vom thüringischen Duroc-Schwein mit Kümmeljus, weißen Rübchen und Kartoffel-Blutwursttörtchen.
Da lob ich mir doch den Aufbau Ost! Qualitativ bestes Schweinefleisch, herrlich saftig und reichlich. Das Ding war bestimmt drei Zentimeter dick und lackiert mit der Kümmeljus. Das passte wunderbar. Das Törtchen von Kartoffel und Blutwurst ist auch wieder so ein Erlebnis, das zum Nachmachen animiert. Wunderbar das ausgehöhlte Mairübchen, gefühlt mit dem genialen Wirsing, on Top ein Köpfchen vom grünen Spargel. Hier gab es auch noch die Möhren- und Kohlrabistifte, ebenso die Pfifferlinge und die kräftige Sauce, die dem trockenen Ingelheimer Frühburgunder (leider weiß ich das Weingut nicht mehr, 0,25 für €7,60) beinahe die Grenzen aufzeigte. Als Gag gab es zwei knusprige Kartoffelchips auf dem Törtchen. Leider musste ich das Fleisch bis zum Knochen abnagen, es war einfach zu lecker… Da gibt es nur eines; 5*!
Was soll da noch kommen, fragt man sich. Wir hatten alle ein solches Grinsen im Gesicht, das selbst Frau Gebert mitgrinste und sich gerne unser Lob anhörte, als sie die leider leeren Teller abräumte. Da darf es auch gerne noch ein Dessert sein, dazu ein Schnäpschen. Die Auswahl hier ist ebenso gut, wie die des Weines. Viele Destillate aus Rheinhessen und ein paar internationale Klassiker. Wir gönnten uns zweimal einen Renekloden-Brand (€4,50) und einen Delamain XO (€5,80). Wir hatten schon schlechtere Digestifs ;-)
Aber selten so gute Nachspeisen..
Geeister Kaffee mit Praline(€4,50)
Der Klassiker des Hauses, ein Parfait vom Kaffee, mit selbst gemachter Praline. Hier keine Wertung, da nicht probiert. Kaffee ist nicht meins…
Kokosparfait auf Anananscarpaccio, Minzpesto und frischen Erdbeeren (€8,50)
Ein wunderbares Dessert, dem Parfait merkte man an, woraus es ist, wunderbare Kokosnote. Die Ananas etwas überrannt vom Minzpesto. War mir zu viel des Guten. Die Erdbeeren fachmännisch aufgeschnitten und wunderbar süß. Mir aber nicht mehr als 4* wert, auch wenn es das Fräulein anders sieht…
- Gartengelüste - Mousse von der Aprikose mit Beerengrütze (Nachspeise des Drei-Gang-Menüs für €34,00)
Auch wieder so was, was ich wahrscheinlich nie bestellt hätte. Aber es war einfach nur gut. Wunderbar cremig die Mousse und nach vollreifen Aprikosen schmeckend. Die Beerengrütze fein säuerlich, auch ohne Beanstandung. 4,5*
Kirschwasserbömbchen mit Schokoladenspänen und Ingelheimer Süßkirschen (€8,50)
Sehr leckeres Sahneparfait mit Kirschwassernote, nicht zu fest gefroren, war sehr angenehm zu essen. Dazu lauwarme, beschwipste Kirschen, die separat in einer Sauciere serviert wurden. Ein wunderbarer Abschluss des Menüs! 4,5*
Mittlerweile war es schon viertel vor zehn, am Nachbartisch schaute man Fußball auf dem Smartphone. Wir wollten nach Hause und so verlangte ich die Rechnung. Die kam auch kurze Zeit später, ich musste aber an die Theke (die es so dort eigentlich gar nicht gibt), eine kleine Nische auf dem Weg in die Küche, um per Pin-Code den Vorgang zu authentifizieren. Glücklich wie lange nicht mehr nach einem Restaurantbesuch gingen wir dann heim.
Fazit:
Selten so gut auswärts gegessen. Wir wurden freundlich und herzlich bedient, immer präsent aber nicht aufdringlich. Frau Gebert unterhält mit ihrem Meenzer Charme die Gäste und weiß immer ein paar Anekdoten. Service = 5*!
An der Sauberkeit gibt es nichts zu beanstanden. Alles wie man es sich wünscht. Die Toiletten (ebenerdig) sauber und frisch. 5*
Dem Essen kann ich heute nur (aufgerundet) 5* geben. Drei fast perfekte Hauptgänge sprechen für sich. Gegenüber unserem letzten Besuch noch mal eine Steigerung.
Und dem PLV kann ich, auch wenn das Wasser vielleicht zu teuer ist und die Vorspeise mit dem Lachs evtl. einen Euro zu teuer, auch nur 5* geben. Die Speisen ausgezeichnet, manchmal mit Nachschlag, und die Weine mehr als preiswert!
Klare Empfehlung!
Leider gibt es diese Momente nicht oft. Umso schöner wenn man sie erfährt.
So wie gestern. Der Tag begann (für einen Samstag) schon früh, neun Uhr Treffpunkt in Bingen am Rhein. Vor uns lagen 144 km Genuss an neun markanten Punkten quer durch Rheinhessen. Und als Abschluss sollte uns Familie Gebert in ihren Weinstuben verwöhnen. Was dann auch getan wurde…
Obwohl ich das Lokal im letzten Oktober erst bewertet habe, war und ist es der gestrige Abend wert, den... mehr lesen
Nun denn, also Riesling Winzersekt (4,7€) und eine Traubensaft-Schorle (3,8€) zur Einstimmung, während wir knusprige Baguettescheiben in eine wunderbare Forellen-Crème stippten, die neben Butter und einem kräftigen Olivenöl den ersten Hunger wirksam bekämpfte. Gefolgt von Gerolsteiner Wasser (6,8€/0,75) und einer ganz, ganz feinen Flasche, wie ja hier nicht anders zu erwarten.
Den dafür aufgerufenen Preis von 55€ mag, wer will, online vergleichen. Und damit auch gleich einen Grund für die Spitzenbewertung in der Kategorie PLV finden, trotz weniger Ausreißer.
Mangels eines Menüs hangelte sich unsere Bestellung durch die Speisekarte und die Tagesangebote, die beide eine deutliche französische Note aufwiesen.
Mit meinem Kalbskopf (11€) war ich mehr als zufrieden, denn die nur dezente Säure ließ dem Fleisch viel Raum. Den collagenreichen Genuss konterten ein frisches Salatbouquet und fein-knusprige Croûtons.
Auch meine Begleiterin hatte wider Erwarten auf fleischliche Genüsse gesetzt. Aber einer hausgemachten Schweine-Sülze (9,5€) mit einer ebensolchen Remoulade (und etwas Kürbis) ist dann und wann nur schwer zu widerstehen. Ich durfte probieren und konnte die schwelgerischen „Mmmmmhs“ völlig nachvollziehen, zartes Fleisch in würzigem Aspik - mir läuft schon wieder das Wasser im Munde zusammen.
Die Portionsgröße ließ jedoch bei meiner Gattin ein wenig Panik aufkommen, so dass ich bei der Suppe alleine blieb. Verständlich und doch schade, denn die Consommée (6,5€) überzeugte nicht nur mit ihrer ausgekochten Geschmackstiefe, sondern auch der reichlichen Einlage von Pilzen und Gemüsestreifen mit genügend Biss.
Beim Hauptgang dann gegenüber wieder bewährt Vegetarisches. Das Kürbis-Risotto, pochierte Eier und knackiges Gemüse (etwas überraschende 18,5€) ließen geschmacklich und auch handwerklich keine Wünsche offen.
Im Vertrauen auf die Kritikerkollegen und somit darauf, dass Patron Gebert sein Geschäft versteht, hatte ich Flugentenbrust (24€) bestellt. „Und ich wurde nicht enttäuscht.“ Rosa gebraten und mit knuspriger Haut war das ein selten gutes Geflügelvergnügen, zu dem die kräftige Jus bestens beitrug. Auch die Beilagen alle 1a, wirklich sehr schön die auch von Nolux gelobten Mandel-Kartoffel-Krusteln.
Ob der Käsewagen verfügbar gewesen wäre, konnte ich im speziellen Gastro-Sommer 2020 nicht klären. Denn der Süße Fan an meiner Seite wollte unbedingt beide Desserts probieren aber natürlich nicht zwei ganze Portionen essen. Ein Ehemann tut, was ein Ehemann (gern) tun muss! Und besonders schwer fiel der Verzicht auf die abschließenden Milchprodukte nicht. Denn sowohl die Crème brûlée mit Mangosorbet und Karamell-Blatt (8€) als auch die beschwipsten Rheingau-Pflaumen mit cremigen Joghurteis (9€) waren ein blitzsauberer Abschluss.
Gebert‘s Weinstuben hat unsere Erwartungen an eine gehobene, im Kern bürgerliche Küche mit französischen Wurzeln vollständig erfüllt. Gemessen am Anspruch des Hauses kann es daher nur die Maximalbewertung geben. Ich schließe mich natürlich der wunderbaren Empfehlung unserer GG-Kollegen aus vollem Herzen und Magen an! Aber war das wirklich fraglich?