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In Doc Beermanns liebstem Tagungshotel bietet das Mary’s eine zeitgemäß schlichte, aber nicht kühle Eleganz; das schöne Intarsien-Parkett sorgt für ein warmes Ambiente und die imposante Weinwand nebst Schiebeleiter macht Appetit auf ein gutes Schlückchen.
Den Gault&Millau-Testern gefiel der rote Kronleuchter; das Essen mit 13 Punkten jedoch nur bedingt.
Das Regiment des Abends führte Restaurantleiter Carsten Hohmann mit einer gelegentlich ins Lässige abgleitenden Freundlichkeit. Immerhin besser als allzu große Steifheit, doch bitte nicht auf Kosten der Leistung, insbesondere sitze ich nicht gern vor leerem Glas, wenn die Flasche außerhalb der Reichweite deponiert wird. Und wenn der Service im Übrigen fast gänzlich Auszubildenden überlassen wird, dann ist das zu Ausbildungszwecken zwar löblich. Es bedarf aber eines besonders aufmerksamen Auges, das an diesem Abend wohl schon im Halbschlaf war. So gab es dann weder Ansagen noch Nachfragen und die Suppe schwappte bedenklich. Na, Schwamm drüber, die Stimmung war entspannt wie die wabernde Sphärenmusik, und ich konnte mich mit dem oberbayerischen Gast vom Nebentisch gut austauschen, da wir fast identisch bestellt hatten.
Zum nicht berechneten Leitungswasser gab es wie häufig ein halbes Fläschchen französischen Sauvignon
hier mit 25€ für den aktuellen Jahrgang preisgünstig. Für Jakobsmuschel, Hummersuppe mit gebackener Auster, Pastrami (kleine Portion) und Käseauswahl wurden weitere 55€ berechnet. Das ergibt ein gutes PLV.
Auch die Küche hatte offenbar einen Sekundenschlaf eingelegt, denn trockenes Brot und steinharte Butter waren eine Zumutung.
Wenn das nicht besser geht (aber warum sollte es nicht?), dann doch lieber mit Bedauern auf einen solchen Auftakt verzichten.
Besser war da schon ein Couscous-Salat, hübsch serviert im Brickteig-Röllchen mit Avocadocreme, getrockneter Tomate und gebackenem Schinken.
Nichts Aufregendes zu später Stunde und die Balsamico-Kleckse vielleicht etwas hausbacken, aber doch ein Amuse, das seinem Namen gerecht wurde.
Wie auch alle weiteren Gänge, schickte die Küche den ersten Teller in einer der Uhrzeit angemessenen Taktung.
Die angekündigte Kombi von Jakobsmuschel und Frankfurter grüner Sauce hatte ich doch mit etwas Skepsis bestellt.
Hat aber ganz gut funktioniert. Einerseits waren die Mollusken kräftig angebraten, ohne fest zu werden. Andererseits und vor allem aber, weil die Kräuter als Granité verarbeitet waren und erst im Schmelzen peu à peu nach vorne traten. Etwas zu salzig für meinen Geschmack, was aber durch ein Blumenkohlpüree mit Sahne aufgefangen wurde. Damit wäre es für mich auch gut gewesen, die angebratenen Quader von Maniok „taten nichts für den Teller“ (wie Guido wohl sagen würde...). Und Kaviar in diesen „Mengen“ ist geschmacklich ohnehin nicht zu bemerken und reine Show, um die Speisekarte zu pimpen. Ein ambitionierter, gut ausgeführter Teller.
Vermeintlich luxuriös ging es mit Auster und Hummer weiter.
Wenn aber Produkt und Handwerk nicht stimmen, ist es mit dem Glamour nicht weit her. Die gebackene Auster litt unter einer zu dicken Panade, das Hummerfleisch war unangenehm zersetzt. Gebettet war das Ganze auf Wakame-Algen, wie sie in jedem Supermarkt mit Fertig-Sushi angeboten wird. Allein die recht sahnige Hummer-Velouté war am Gaumen o.k. Zwar wieder etwas zu salzig, aber das ist ja Geschmacksache. Schade, schade. Zumal der diesjährige Gault&Millau gerade das großzügige Hummerstück und den dünnen Teig der saftigen Auster lobt. Aber wer spät (nach Hannover) kommt...
Gut, dass der Hauptgang dann doch wieder punkten konnte.
Die hausgepökelte Pastrami war saftig und würzig gepökelt, aber - gerade hier überraschend - nicht zu salzig. Dazu gab’s kräftiges Pumpernickel mit „künstlerischen“ Butterfäden und eine weiße Barbecue-Sauce mit viel Raucharoma.
Dazu vom G&M-Tester verrissene eingelegte Essigkörner. Ich fand die säuerlichen Noten passend. Irgendeine Asche war noch verstreut, leider völlig neutral. Letztlich war es ein, nicht wirklich dekonstruiertes, eher auseinander genommenen Pastrami-Sandwich. Mir hat der rustikale Gang indes geschmeckt.
Der abschließende Käse bot eine großzügige Auswahl des Frühstücksbüffets, wie auch die informativen Schildchen zeigen.
Der Genuss war jedoch eingeschränkt durch die teilweise kaum gereifte Ware, an der mit Sicherheit kein Affineur veredelnd gewirkt hatte. Feigensenf, Aprikosenchutney und das reichhaltige, saftige Früchtebrot, hätten deutlich kräftigere Mitspieler vertragen.
So pendelte sich die Küchenleistung zumindest bei diesem Besuch im Mittelmaß ein, aber das ist für den späten Schlemmer ja auch schon was und so gibt es noch einen halben Wohlwollens-Punkt dazu.