Geschrieben am 13.10.2015 2015-10-13| Aktualisiert am
14.10.2015
Besucht am 09.10.2015
Es ist mal wieder so weit. Jedes Jahr im Oktober oder November trifft sich eine ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde in Walsum. Genauer gesagt: In Alt-Walsum im Walsumer Hof zum Fisch- und Muschelessen. Ich bin seit vielen Jahren auch dabei.
Nicht ohne Grund treffen wir Mannsbilder uns im Walsumer Hof, bewirtet hier doch der Nachfolger einer Gastronomen-Dynastie mit Herzlichkeit und bodenständigen, aber auch ausgefallen Muschel- und Fischgerichten seine Gäste. Matthias Langhoff heißt der Wirt, der seine Gäste – wie auch uns wieder dieses Mal – stets im Pütt-Hemd, dem friesischen Fischerhemd sehr ähnlich, mit einem "Moin" und Handschlag begrüßt. Nicht nur begrüßt, sondern auch verabschiedet. Überregional ist er nach einer Reportage der WAZ vom 18. August 2011 als "Asterix vom Niederrhein" bekannt. Das hat Gründe.
Das Ambiente ****
Der Walsumer Hof, ein zweistöckiges weiß-bräunliches Bürgerhaus trotzt wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Industriebauten. Die sind im Laufe der Jahre, besonders in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts dem Walsumer Hof bedrohlich nahe auf die Pelle gerückt.
Das Walsumer Oberdorf, von dem der Walsumer Hof ein letzter trotzender Rest ist, wurde mit dem Niedergang der Zeche Walsum und der zeitgleichen Erweiterung des existierenden Kohlekraftwerkes durch die Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag) dem Boden gleichgemacht. Ein riesiger Kühlturm wuchs aus dem plattgemachten Dorf in den Himmel, 181 Meter hoch, vom Walsumer Hof einen Steinwurf entfernt.
Die Geschichte um die Erweiterung des Walsumer Kohlekraftwerkes ging damals durch die Presse. Von undichten Schweißnähten, von Undichtigkeiten im Verdampferteil des Kessels berichtete die WAZ im Mai 2011. Maßgeblich in der Verantwortung für die Ver- und Bearbeitung des verwendeten Spezialstahls war der japanische Konzern Hitachi. Diesen Namen muß man sich jetzt merken, denn er spielt auf der Speisekarte des Walsumer Hofs eine Rolle.
So wie der Walsumer Hof verloren in der Industrielandschaft steht, nannte ihn Spiegel-Online in einem Bericht vom August 2011 "einen der bizarresten Orte der Republik". Und tatsächlich: Als Gast, der sich dem Eingang des Walsumer Hofs nähert, fühlt man sich in eine Fotomontage versetzt, bei der die falsche Hintergrundkulisse aufgebaut worden ist.
Im Innern des Restaurants mit mehreren Gasträumen sind die Industriemonster endlich aus dem Sichtfeld verschwunden. Jetzt fühlt man sich in einer Hafengaststätte, Fischernetze an der Decke, ein gewaltiges Steuerrad und alte Schiffslampen von der Decke hängend, geschmackvoll eingedeckte Tische mit umstehenden braunen, rustikalen Stühlen, Schwarz-Weiß-Bilder, die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten festhalten, an den Wänden, Schiffchen und Hafenkneipen-Accessoires auf braunen Anrichten. Hier sitzt man gemütlich und heimelig.
So gemütlich das Restaurant im Innern wirkt, so bizarr ist die äußere Umgebung, in der es übrigens an Parkplätzen nicht mangelt. Einen Biergarten gibt es auch noch neben dem Haus. Der davidsche Walsumer Hof und seine goliathschen Industrietürme geben eine Kulisse, die das äußere Ambiente schon wieder sehenswert machen. Deshalb lasse ich die vier Sterne für das Ambiente im Innern des Gasthofs auch für die äußere Umgebung gelten.
Der Service *****
Wir sind zu acht Mannsbildern und haben bereits im Frühjahr reserviert, um am 9. Oktober in der ersten Essensschicht von 18.00 h bis 20.00 h einen Tisch zu erhalten. Ja, es wird zumindest für größere Gruppen in zwei Schichten gegessen, die erste bis 20.00 h, die zweite ab 20.00 h bis Schließung. Eine Reservierung empfiehlt sich für einen Besuch während der "Muschelmonate" auf jeden Fall.
Kaum haben wir Platz genommen, werden wir von einem jungen Mann mit den "Walsumer Hofnachrichten", einer nachempfundenen Zeitung mit Geschichten über den Walsumer Hof und einer Auflistung der angebotenen Speisen versorgt. Es ist ein Ritual, daß der Gast mit der Speisekarte nicht alleingelassen wird, sondern daß eine Servicekraft zusätzlich angebotene Tagesgerichte mit außergewöhnlicher Präzision und ruhrpöttischen Humor deklamiert. Da fallen auch Sätze wie "Wir haben da noch Muscheln, die weg müssen" oder "Wir haben da noch alten Fisch", die Verständnis für die Ruhrpott-Mentalität verlangen.
Der junge Mann wird im Laufe des Abends von einer jungen Dame unterstützt. Beide machen einen guten Job, sind jovial und aufmerksam. Sie fragen, ob das Essen schmecke, und lassen keinen Zweifel daran, daß sie für die Servicearbeit bestens trainiert sind.
So nimmt die junge Dame unverzüglich unsere ersten Getränke auf. Was wird schon in einer Männerrunde in Duisburg-Walsum getrunken? Klar, Köpi! Für die Ruhrpottfernen: König-Pilsener, das auch meine Essensbegleitung sein soll.
Der Service verdient voll und ganz seine fünf Sterne. Wir haben uns sehr gut versorgt gefühlt.
Das Essen *****
Kaum hat die junge Servicedame unsere Getränke aufgenommen, stehen sie auch schon auf dem Tisch. Wir haben derweil die "Walsumer Hofnachrichten" studiert.
Angeboten werden vorwiegend Fischgerichte, Geräuchertes aus dem hauseigenen Rauch wie geräucherte Heringsfilets, geräucherte Blaufelchen oder eine Portion geräucherten Flußaal, alles mit Bratkartoffeln und Salat. Mit Röstkartoffeln und Salat werden auch Schollenfilets, Wels-, Zander- und Nilbarschfilets angeboten. Unter der Überschrift "Bergmanns Austern" gibt es eine Reihe von Muschelgerichten. Und zu den "Spezialitäten à la carte" zählen beispielsweise "Heringe in der Pfanne gebraten" oder Butterfisch-, Heilbutt- oder Seeteufelfilets. Einige wenige Fleischgerichte, Schnitzel und Rumpsteaks, werden auch angeboten.
Die meisten aus unserer Runde brauchen die "Walsumer Hofnachrichten" überhaupt nicht zu lesen, um ihre Wahl zu treffen. Für sie wie auch für mich steht ohnehin fest:
– Muscheln “Rheinische Art” bis der Arzt kommt! mit Schwarzbrot zu 20,95 €.
Das ist die Muschel-Flatrate des Hauses. Gute Esser unter uns haben es in der Vergangenheit auf fünf gutgefüllte Muschelteller gebracht. Voriges Jahr habe ich die auch vertilgt, war aber auch zwei Tage satt von dem Meeresgetier. Dieses Mal waren es vier Teller, aber danach ging auch nichts mehr. Aber der Reihe nach.
Einige wenige aus unserer Runde bestellen Fischgerichte, die ich mir nicht gemerkt habe und somit darüber nichts Näheres berichten kann.
Unsere Bestellungen sind mittlerweile in den elektronischen Butler unseres jungen Servicemanns getippt, als auch schon kurze Zeit später der Gruß aus der Küche wie am Fließband auf unserem Tisch landet. Die Servicekräfte servieren auf einstöckigen Etageren Teller mit Muscheln, Muscheln nach rheinischer Art und (Achtung!) "Muscheln Hitachi". Die Hitachi-Muscheln sind teuflisch scharf. Rote Chilischotenscheiben und Sambal Oelek dominieren den knoblauchlastigen Sud. Hitachi, da war doch was!
Kleine Schälchen mit sauereingelegten Gurken und Zwiebeln komplettieren den ohnehin schon großzügigen Gruß aus der Küche. Das sauer Eingelegte schmeckt ausgezeichnet, feine Würze und angenehme Säure.
Es dauert nicht lange, bis uns die Servicedame und der Herr die Salate zu den Fischgerichten und Schwarzbrotschnitten für die Muschelgerichte bringen. Wie die anderen Muschelesser bestelle ich auf die Nachfrage des Services hin, ob es Muscheln nach rheinischer Art oder nach Hitachi-Art sein sollen, Muscheln nach rheinischer Art.
Die kommen dann auch schnell, heiß und dampfend und abgedeckt von zwei umgekehrten, übereinandergelegten Tellern für die Schalen.
Die Muscheln sind einwandfrei zubereitet. Der typisch rheinische Sud mit Gemüsen wie Möhren, Lauch, Sellerie, Zwiebeln und Ähnlichem ist bestens mit Salz und Pfeffer gewürzt, so daß der Pfeffer für eine angenehme, weil mittlere Schärfe sorgt. Nur ein oder zwei Muscheln sind auf diesem und den folgenden Tellern nicht geöffnet, so daß man sie besser auf den Abfallschalenteller legt. Und bei allenfalls einer oder zwei merkt man noch Spuren vom sandigen Untergrund der Muschelzucht. Bestens zu den Muscheln passen die gebutterten Schwarzbrotschnitten, frisches Schwarzbrot, die Scheiben zusammengeklappt und Butter dazwischen.
Nach drei Tellern Muscheln nach rheinischer Art habe ich mich als "Nachtisch" für einen Teller "Hitachi-Muscheln" entschieden. Auch hier die gewohnte Muschelqualität, aber ein deutlicher Unterschied im Sud. Rote Pepperoni-Scheibchen drängeln sich im Sud, verleihen eine Schärfe mit Nachbrenneffekt. Kurkuma und Sambal Oelek meine ich aufgrund der Schärfe und Farbe des Suds auch zu identifizieren. Diese Hitachi-Muscheln haben es tatsächlich vom Schärfegrad her in sich, selbst mir, der ich an hohe Scoville-Werte gewohnt bin, fällt die Schärfe merkbar auf.
Nach soviel verinnerlichtem, eiweißhaltigem Muskelfleisch darf ein Digestivum nicht fehlen. Es soll diesmal eine typisch niederrheinische Spezialität sein, ein Fisternölleken. Das ist kein geheimes Liebesverhältnis, so wie Kölner das Fisternöllchen verstehen, sondern ein Kornbrand mit einem Stück Würfelzucker. Zucker im Klaren? Ich habe nicht nur einen genommen, sondern zwei: Das schmeckt!
Der Arzt muß dann letztlich doch nicht kommen. Nach vier gutgefüllten Tellern mit Muscheln ist bei allen Mannsbildern und auch bei mir Schluß. Zufrieden sind die Muschelesser alle wie auch die Fischesser. Zufrieden, ja sehr zufrieden bin auch ich, wie auch in den Vorjahren. Für die Muschelgerichte bekommt der Walsumer Hof von mir fünf Sterne.
Die Sauberkeit ****
An der Sauberkeit habe ich nichts zu bemängeln. Man sieht den Toilettenräumen die Jahre an, aber sauber sind sie. Auch an der Sauberkeit im Gastraum und auf den Tischen habe ich nichts auszusetzen. Vier Sterne sind angebracht.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ****
Nehme ich mein Muschelgericht zum Maßstab, so ergibt sich natürlich ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungsverhältnis, denn in welchem Restaurant gibt es schon vier Teller lecker zubereitete Muscheln für zusammen knapp 21.- Euro, kostet doch schon eine Portion so um die 15.- Euro. Der Haken bei dieser Art der Betrachtung ist natürlich, daß der Gast, je mehr er ißt, das Preisleistungsverhältnis günstiger werden lassen kann. Deshalb will ich nicht nur meine Muschel-Flatrate zum Maßstab nehmen, sondern beziehe auch die Fischgerichte ein, die von anderen in unserer Runde verzehrt wurden. "Gut", "kannste nix gegen sagen", "lecker" höre ich aus deren Mündern. Mir scheint angesichts der Preise für die Gerichte, die an unserem Tisch verzehrt wurden, ein "gut" für das Preis-/Leistungsverhältnis angebracht zu sein.
Das Fazit ****/*****
Eins steht fest wie das Amen in der Kirche: Unsere Männerrunde geht wieder in das gallische Dorf, das von Asterix, dem Wirt, gegen die angreifenden Industriegiganten verteidigt wird. Im nächsten Frühjahr wird der Termin für den Herbst 2016 gemacht. Also viereinhalb Sterne als Fazit und nach "Küchenreise" mindestens ein "Gerne wieder!".
Es ist mal wieder so weit. Jedes Jahr im Oktober oder November trifft sich eine ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde in Walsum. Genauer gesagt: In Alt-Walsum im Walsumer Hof zum Fisch- und Muschelessen. Ich bin seit vielen Jahren auch dabei.
Nicht ohne Grund treffen wir Mannsbilder uns im Walsumer Hof, bewirtet hier doch der Nachfolger einer Gastronomen-Dynastie mit Herzlichkeit und bodenständigen, aber auch ausgefallen Muschel- und Fischgerichten seine Gäste. Matthias Langhoff heißt der Wirt, der seine Gäste – wie auch uns wieder dieses Mal... mehr lesen
Wie oft haben mir schon meine Ruhrgebiets-Freunde vom Walsumer Hof vorgeschwärmt? Von der spektakulären Lage, dem riesigen Angebot an frischem Fisch, der wundervollen Gartenwirtschaft? Endlich konnte ich es selbst einmal antesten (während mich Familienangelegenheiten in die Gegend führten) – und kann schon vorneweg konstatieren: ganz grosse Klasse und wirklich erste Sahne!
Der Walsumer Hof liegt ganz in der Nähe des Rheins und wir sind mit der Fähre übergesetzt, was schon ein Erlebnis für sich ist. Das Lokal ist schon seit –zig Generationen in Familienhand, was man sehr deutlich beim Traditionsgefühl und der Verbundenheit der Wirtsleute Langhoff spürt, übrigens auch beim Stammpublikum! Mit einer Gruppe von Freunden waren wir an einem wirklich heissen Tag zu Besuch, was den herrlich gelegenen Gastgarten besonders geniessen liess. Hier kann man leider nicht reservieren, aber wir hatten Glück und kamen alle sofort unter. Wer es nicht gewohnt ist, mag die Nähe des örtlichen Kraftwerks als bedrohlich empfinden, aber man kann es auch einfach als zum Lokalkolorit gehörend akzeptieren.
Der Service ist direkt und sehr ruhrpottlerisch, aber insgeheim freundlich und warmherzig. Hier begrüsst einen der Patron noch persönlich und mit Handschlag. Der Walsumer Hof verfügt über eine beeindruckende Fischkarte und eine Karte mit lokalen Spezialitäten (z.B. Speckpfannekuchen). Meine mich begleitenden Freunde schworen auf die Bratheringe mit Bratkartoffeln (die mir jedoch zu fett erschienen – war jedoch eine reichliche Portion!), sowie auf das Zanderfilet (sehr fein, sehr zart!). Beides wurde von einem tagesfrischem Beilagensalat begleitet. Mich beeindruckten die frischen Muscheln, obwohl im August eigentlich noch nicht die Saison angebrochen war (= in Monaten mir r drin…). Trotz anfänglicher bedenken war sie erstklassig, in einem Sud aus klein gestifteltem Gemüste (Karotten, Zwiebeln, Lauch) gekocht und so gross, wie man sie in Süddeutschlang in keinem Lokal zu Gesicht bekommt. Dazu wird traditionell Schwarzbrot gereicht,
das eine leicht süssliche Note hat. Hier ist einfach die Nähe nach Holland und zum Meer ausschlaggebend. In offenbar werden im Walsumer Hof die Miesmuscheln ab Mitte August schon ausgegeben. Der befürchtete Eiweiss-Schock blieb aus und ich habe die Riesenmenge sehr gut vertragen. Etwa 10 Euro für die Portion ist geradezu geschenkt! Und der Slogan: Muscheln bis der Arzt kommt, muss nicht wortwörtlich genommen werden. Beim nächsten Mal versuche ich übrigens das Moorbauerfrühstück (Muscheln mit Röstkartoffeln und Gewürzgurke)
Was mich vollkommen überrascht hat, ist der hiesige Brauch, dass, wenn man einen Teller leer gegessen hat, kostenlos und ungefragt nachgereicht wird. Da muss man sich schon sehr disziplinieren, um sich nicht zu überessen. Zum Fisch passt hervorragend das frisch König Pils, alternativ ein alkoholfreies Franziskaner. Nur einer von uns musste sein Heil bei einem Genever suchen, der gut gekühlt und grosszügig eingegossen war.
Das Lokal ist leider erst abends ab halb fünf geöffnet. Aber dann ist die Atmosphäre vor Ort einfach am schönsten und am entspannsten. Das Gebäude sieht nach altem, sehr gepflegtem Gutshof aus, mit rustikaler, dunkler, leicht maritimer Inneneinrichtung und lichter Gartenwirtschaft, umgeben von spriessendem Grün. Parken kann man ganz angenehm direkt vor Ort. Mein Besuch hat mich sehr überzeugt und ich werde die Herzlichkeit der Wirtsleute sowie die absolut hohe Qualität und Frische der Fischspeisen nicht vergessen. Übrigens ein guter Ort, um mit Freunden oder der Familie einzukehren. Ich freue mich schon aufs nächste Mal!
Wie oft haben mir schon meine Ruhrgebiets-Freunde vom Walsumer Hof vorgeschwärmt? Von der spektakulären Lage, dem riesigen Angebot an frischem Fisch, der wundervollen Gartenwirtschaft? Endlich konnte ich es selbst einmal antesten (während mich Familienangelegenheiten in die Gegend führten) – und kann schon vorneweg konstatieren: ganz grosse Klasse und wirklich erste Sahne!
Der Walsumer Hof liegt ganz in der Nähe des Rheins und wir sind mit der Fähre übergesetzt, was schon ein Erlebnis für sich ist. Das Lokal ist schon seit –zig... mehr lesen
Geschrieben am 10.11.2019 2019-11-10| Aktualisiert am
10.11.2019
Und wieder trifft sich unsere ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“. „Asterix vom Niederrhein“, weil Matthias Langhoff mit seinem Walsumer Hof seit vielen Jahren den gigantischen Kühltürmen der Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag) trotzt.
Dreimal hab ich schon über den Walsumer Hof geschrieben (13.10. 2015, 5.11.2016 und 4.11.2018). Geändert hat sich in diesen Jahren praktisch nichts. Ritualisiert gibt es den Handschlag vom Wirt bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung, ritualisiert deklamieren die Damen und Herren vom Service die Gerichte und geben Erläuterungen dazu. Ritualisiert werden Beilagen wie Bratkartoffeln zu den Fisch- und Muschelgerichten nachgereicht, bis der Gast die Nahrungsaufnahme nachdrücklich verweigert.
Diesmal bedienen uns eine Dame und zwei Herren, die allesamt zum Inventar zu gehören scheinen. Die drei Servicekräfte versorgen uns den Abend über aufmerksam, humorvoll, freundlich, professionell, kurzum: vorbildlich.
Die Dame händigt uns die „Walsumer Hofnachrichten“ aus, die „Zeitung“ des Walsumer Hofs mit einer Auflistung der Gerichte. Zur Wahl stehen eine erkleckliche Anzahl an Fisch- und Muschelgerichten, wenige Fleischgerichte.
Wie gewohnt gibt es mehrere Grüße aus der Küche: Garnelen, sauer eingelegtes Gemüse. Ungeschälte Erdnüsse stehen zum Knabbern auf dem Tisch.
Für mich steht die Wahl von vornherein fest. Ich wähle die Austern des Bergmanns: – Muscheln „Rheinische Art“ bis der Arzt kommt! mit Schwarzbrot (22,45 €).
Den Durst lösche ich mit – „Köpi“ (König Pilsener), 0,3 l (3,15 €).
Die Muscheln kommen schnell, heiß und dampfend und abgedeckt mit einem umgekehrt aufgelegten Teller für die Schalen auf den Tisch. Das Schwarzbrot wird auf einem separaten Teller dazugereicht – gebutterte frische Schwarzbrotschnitten, die Scheiben zusammengeklappt. Muscheln „Rheinische Art“ Schwarzbrot
Die Muscheln sind wieder sehr gut zubereitet. Im Sud finde ich reichlich Gemüse wie Lauch und Sellerie, und er ist reichlich mit Salz und Pfeffer gewürzt, mit Pfeffer sogar sehr reichlich. Legitim: Der Wirt denkt auch an den Getränkekonsum!
Das Schwarzbrot ist frisch und gut gebuttert. Richtig lecker!
Viereinhalb Teller Muscheln schaffe ich, einen halben Teller spendiere ich einem Tischkumpanen, der ein Fischgericht geordert hat und die Muscheln probieren möchte. Auch das kein Problem: Die Muschelesser können die Fischesser am Tisch mit Muscheln mitversorgen. Einem Muschelteller folgt der nächste, egal wo die Muscheln landen. Eben – bis der Arzt kommt!
Zusätzlich zum Schwarzbrot bekomme ich mit dem vierten Teller Muscheln auch noch einen Teller Bratkartoffeln, obwohl ich den nicht bestellt habe. Er findet bei den Tischkumpanen Zuspruch. Der Herr vom Service stellt ob meiner Bratkartoffelablehnung ruhrpöttisch humorvoll fest: Ein Gast verweigert die Nahrungsaufnahme!
Nach dem Muschel-Eiweiß-Schock darf der – Wacholder (0,02 l zu 1,80 €)
nicht fehlen, den ich mir gut gekühlt als Remedium peroral zuführe.
Bie zum nächsten Jahr, Asterix vom Niederrhein! Gerne wieder!
Und wieder trifft sich unsere ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“. „Asterix vom Niederrhein“, weil Matthias Langhoff mit seinem Walsumer Hof seit vielen Jahren den gigantischen Kühltürmen der Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag) trotzt.
Dreimal hab ich schon über den Walsumer Hof geschrieben (13.10. 2015, 5.11.2016 und 4.11.2018). Geändert hat sich in diesen Jahren praktisch nichts. Ritualisiert gibt es den Handschlag vom Wirt bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung, ritualisiert deklamieren die Damen und Herren vom... mehr lesen
Geschrieben am 04.11.2018 2018-11-04| Aktualisiert am
04.11.2018
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Walsumer Hof
So gewiss wie am Silvesterabend der Sketch "Dinner for One" in den dritten Programmen der ARD (wieder) läuft, so gewiss trifft sich unsere achtköpfige ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde in Walsum im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“, wie er mal in der Presse tituliert wurde. So verlässlich wie Butler James elfmal über den Kopf des ausgelegten Tigerfells stolpert, so verlässlich trotzt der Walsumer Hof wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Kühltürmen der Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag), die das einzige übriggebliebene Gebäude des Duisburger Ortsteils Walsum seit Jahren bedroht.
Zweimal hab ich schon über den Walsumer Hof geschrieben (13.10. 2015 und 5.11.16). So beständig, wie sich im "Dinner for One" nichts ändert, so beständig ändert sich nichts im Walsumer Hof – auch diesmal nicht.
So ritualisiert wie Butler James Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom, die vier Freunde von Miss Sophie, begrüßt und bedient, so ritualisiert gibt es den Handschlag vom Wirt im Pütt-Hemd bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung und so ritualisiert deklamieren die Damen und Herren vom Service schnellfeuergewehrähnlich die angebotenen Tagesgerichte und geben auch noch Erläuterungen dazu. Diesmal bedient uns ein junger Mann, der zum Inventar zu gehören scheint – solange ist er schon dabei. Er händigt uns die „Walsumer Hofnachrichten“, eine nachempfundene Zeitung mit Geschichten über den Walsumer Hof und einer Auflistung der angebotenen Speisen aus. So qualitätstreu James verspricht "I'll do my very best", so qualitätstreu gut arbeitet der Service, allerdings mit ruhrpöttischem Humor, den man zu nehmen wissen muss. Alles in allem: Die fünf Sterne für den Service bleiben.
Essen und Getränke ****/*****
So konstant wie Miss Sophie ihr Menü – Mulligatawny-Suppe, Schellfisch, Hühnchen und Obst – serviert haben will, so konstant möchte ich im Walsumer Hof "meine" Muscheln. Diesmal mische ich aus – Muscheln „Rheinische Art“ bis der Arzt kommt! mit Schwarzbrot (22,45 €) und – Muscheln „Hitachi“ mit Schwarzbrot (28,90 €).
Die Hitachi-Muscheln stehen nicht in der Karte. Sie sind eine Spezialität des Hauses, sind scharf gewürzt und erinnern an das Desaster bei der Erweiterung des damaligen Walsumer Kohlekraftwerkes. Von undichten Schweißnähten, von Undichtigkeiten im Verdampferteil des Kessels berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) im Mai 2011. Maßgeblich in der Verantwortung für die Ver- und Bearbeitung des verwendeten Spezialstahls war der japanische Konzern Hitachi.
Der Service überlässt das Muschel-Wechselspiel dem Gast. So kann man wählen, in welcher Reihenfolge man die "Rheinischen" und die "Japanischen" haben möchte. Der Service empfiehlt dabei, mit den "Rheinischen" anzufangen, bei umgekehrter Reihenfolge schmeckten die "Rheinischen" laff.
Und so konstant wie es bei Miss Sophie Sherry, Weißwein, Champagner und Portwein gibt, so konstant labt sich unsere Männerunde am "Köpi", dem König-Pilsener. Ich lösche mit mehreren – „Köpi“, 0,3 l zu stolzen 3,15 €
den Muschelbrand.
Und so ehern wie Butler James die Mulligatawny-Vorspeisensuppe serviert, so ehern gibt es mehrere Grüße aus der Küche: Garnelen, Muscheln in Currysauce, sauer eingelegtes Gemüse. Ungeschälte Erdnüsse stehen zum Knabbern auch auf dem Tisch.
Ich fange mit den Muscheln „Rheinische Art“ an. Sie kommen schnell, heiß und dampfend und abgedeckt mit zwei umgekehrten, übereinandergelegten Tellern für die Schalen auf den Tisch. Das Schwarzbrot wird auf einem separaten Teller dazugereicht – gebutterte frische Schwarzbrotschnitten, die Scheiben zusammengeklappt. Muscheln „Rheinische Art“
Nach dem dritten Teller der "Rheinischen" wechsele ich zu den Hitachi-Muscheln. Muscheln „Hitachi“
Die Muscheln sind wieder gut zubereitet. Im Sud der "Rheinischen" liegen Möhren-, Lauch-, Sellerie-, Zwiebelstückchen. Der Sud ist bestens mit Salz und Pfeffer gewürzt, mit Pfeffer sogar so gut, dass mir die Rheinischen schärfer scheinen als das Hitachi-Meeresgetier. Diese kommen meinem Geschmack nach würzig, aber nicht scharf daher, was zugegebenermaßen aber auch an meinem hochskalierten Scoville-Geschmack liegen mag.
Zwei Teller von den Japan-Konzern-Muscheln zieh ich mir noch rein. Für die fünf Teller Muscheln wird letztlich der Preis der teuereren Hitachi-Zubereitung berechnet, also 28,90 €.
Nach diesem Eiweiß-Schock darf das – "Körnchen" (0,02 l zu 1,80 €)
nicht fehlen. Da man auf einem Bein nicht stehen kann, müssen es schon zwei sein.
Ein Arzt muß nicht kommen. Pappsatt bin ich schon. Ich gebe diesmal nicht wie in den Vorjahren fünf Sterne für die Muscheln, sondern viereinhalb, da die Hitachi-Muscheln für den ausgelobten Preis meine Erwartung an Schärfe, begründet aus den Vorjahren, nicht erfüllt haben.
Dementsprechend mache ich bezüglich meiner Gesamturteile aus den Vorjahren einen geringfügigen Abstrich: Diesmal "nur" vier Sterne als Fazit.
So gewiss wie Miss Sophie zum Schluss des "Dinner for One" von James mit den Worten “Well, I’ll do my very best” die Treppe hinaufbegleitet wird, so gewiss sagt unsere Kerle-Runde: We'll come back." Gerne wieder!
So gewiss wie am Silvesterabend der Sketch "Dinner for One" in den dritten Programmen der ARD (wieder) läuft, so gewiss trifft sich unsere achtköpfige ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde in Walsum im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“, wie er mal in der Presse tituliert wurde. So verlässlich wie Butler James elfmal über den Kopf des ausgelegten Tigerfells stolpert, so verlässlich trotzt der Walsumer Hof wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Kühltürmen der Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag), die... mehr lesen
Geschrieben am 05.11.2016 2016-11-05| Aktualisiert am
05.11.2016
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Walsumer Hof
Unsere achtköpfige ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde ist wieder in Walsum im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“, wie er mal in der Presse tituliert wurde. Er trotzt nämlich nach wie vor wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Industriebauten der Steag, die dem Walsumer Hof im Laufe der Jahre bedrohlich nahe auf die Pelle gerückt sind.
In meiner Kritik vom 13. Oktober 2015 habe ich ausführlich über den davidschen Walsumer Hof und die goliathschen Industrietürme geschrieben. Es hat sich nichts geändert, deshalb gerät meine Kritik diesmal wesentlich kürzer.
Nach wie vor gibt es den Handschlag vom Wirt im Pütt-Hemd bei der Begrüßung und Verabschiedung. Nach wie vor hat man ohne Reservierung besonders während der Muschelzeit kaum eine Chance auf einen Tisch. Und nach wie vor steigen einen Steinwurf vom Walsumer Hof entfernt Wolken aus dem 181 Meter hohen Kühlturm der Steag. Und auch drinnen in den Gasträumen ist noch alles so wie im Vorjahr. Hier ist eine Zeitkonstante eingebettet in die sterbende Industrieumgebung kohleverarbeitender Kraftwerke.
Die Sauberkeit im Lokal ist auch eine Zeitkonstante. Auch diesmal habe ich nichts zu Bemängelndes gesehen.
Und auch beim Service laufen noch die alten Rituale ab. Mit außergewöhnlicher Präzision und ruhrpöttischem Humor deklamiert unsere Servicedame die angebotenen Tagesgerichte und gibt auch noch Erläuterungen dazu. Die „Walsumer Hofnachrichten“, eine nachempfundene Zeitung mit Geschichten über den Walsumer Hof und einer Auflistung der angebotenen Speisen, wird dem Gast nach wie vor ausgehändigt. Es ist einfach erstklassig, wie der Service die Gäste umsorgt, zum Beispiel Bratkartoffeln beim Gast nachlegt, wenn sie auf dem Teller zur Neige gehen. Ein Quentchen Verständnis für die Ruhrpott-Mentalität muß man allerdings haben, wenn der Service agiert. Alles in allem: Die fünf Sterne für den Service bleiben.
Essen und Getränke *****
Ich brauche die „Walsumer Hofnachrichten“ überhaupt nicht zu lesen, um eine Wahl zu treffen. Same procedure as every year:
– Muscheln „Rheinische Art“ bis der Arzt kommt! mit Schwarzbrot, jetzt zu 21,95 € und ein
– „Köpi“, 0,3 l zu stolzen 3,10 €. „Köpi“ ist der liebevolle Name für das König Pilsener.
Wie immer gibt es mehrere Grüße aus der Küche: Garnelen, Muscheln in Currysauce, sauer eingelegtes Gemüse. Ungeschälte Erdnüsse stehen zum Knabbern auch auf dem Tisch.
Trotz vollem Lokal kommen meine Muscheln schnell, heiß und dampfend und abgedeckt mit zwei umgekehrten, übereinandergelegten Tellern für die Schalen auf den Tisch. Die Fischgerichte der Kumpels werden zeitgleich serviert. Muscheln „Rheinische Art“ bis der Arzt kommt!
Die Muscheln sind wieder einwandfrei zubereitet: Typisch rheinischer Sud mit Gemüsen wie Möhren, Lauch, Sellerie, Zwiebeln und Ähnlichem bestens mit Salz und Pfeffer gewürzt. Schwarzbrot
Die gebutterten Schwarzbrotschnitten, frisches Schwarzbrot, die Scheiben zusammengeklappt und Butter dazwischen passen hervorragend zu dem Meeresgetier.
Fast vier Teller zieh ich mir rein, ein Rest wird unter den Kumpels verteilt. Dann kommt das Körnchen (2 cl zu 1,75 €), und nicht nur eins.
Der Arzt muß dann doch nicht kommen. Pappsatt lehne ich mich auf dem Holzstuhl zurück und überlege, ob ich wieder fünf Sterne für die Muscheln geben soll. Ja, klar, ich gebe sie.
Das im Grunde doch gute Preis-/Leistungsverhältnis, der Service und die Zubereitung der Speisen lassen auch mein Gesamturteil aus dem Vorjahr unverändert.
So fest wie das Amen in der Kirche steht, so gewiß geht unsere Männerrunde nächstes Jahr wieder in das gallische Dorf. Im nächsten Frühjahr wird der Termin für den Herbst 2017 gemacht. Viereinhalb Sterne als Fazit und ein „Gerne wieder!“.
Unsere achtköpfige ruhrpöttisch-rheinische Männerrunde ist wieder in Walsum im Walsumer Hof bei Matthias Langhoff, dem „Asterix vom Niederrhein“, wie er mal in der Presse tituliert wurde. Er trotzt nämlich nach wie vor wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Industriebauten der Steag, die dem Walsumer Hof im Laufe der Jahre bedrohlich nahe auf die Pelle gerückt sind.
In meiner Kritik vom 13. Oktober 2015 habe ich ausführlich über den davidschen Walsumer Hof und die goliathschen Industrietürme geschrieben. Es hat... mehr lesen
Nicht ohne Grund treffen wir Mannsbilder uns im Walsumer Hof, bewirtet hier doch der Nachfolger einer Gastronomen-Dynastie mit Herzlichkeit und bodenständigen, aber auch ausgefallen Muschel- und Fischgerichten seine Gäste. Matthias Langhoff heißt der Wirt, der seine Gäste – wie auch uns wieder dieses Mal – stets im Pütt-Hemd, dem friesischen Fischerhemd sehr ähnlich, mit einem "Moin" und Handschlag begrüßt. Nicht nur begrüßt, sondern auch verabschiedet. Überregional ist er nach einer Reportage der WAZ vom 18. August 2011 als "Asterix vom Niederrhein" bekannt. Das hat Gründe.
Das Ambiente ****
Der Walsumer Hof, ein zweistöckiges weiß-bräunliches Bürgerhaus trotzt wie ein Fels in der Meeresbrandung den umstehenden gigantischen Industriebauten. Die sind im Laufe der Jahre, besonders in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts dem Walsumer Hof bedrohlich nahe auf die Pelle gerückt.
Das Walsumer Oberdorf, von dem der Walsumer Hof ein letzter trotzender Rest ist, wurde mit dem Niedergang der Zeche Walsum und der zeitgleichen Erweiterung des existierenden Kohlekraftwerkes durch die Steinkohlen-Elektrizität AG (Steag) dem Boden gleichgemacht. Ein riesiger Kühlturm wuchs aus dem plattgemachten Dorf in den Himmel, 181 Meter hoch, vom Walsumer Hof einen Steinwurf entfernt.
Die Geschichte um die Erweiterung des Walsumer Kohlekraftwerkes ging damals durch die Presse. Von undichten Schweißnähten, von Undichtigkeiten im Verdampferteil des Kessels berichtete die WAZ im Mai 2011. Maßgeblich in der Verantwortung für die Ver- und Bearbeitung des verwendeten Spezialstahls war der japanische Konzern Hitachi. Diesen Namen muß man sich jetzt merken, denn er spielt auf der Speisekarte des Walsumer Hofs eine Rolle.
So wie der Walsumer Hof verloren in der Industrielandschaft steht, nannte ihn Spiegel-Online in einem Bericht vom August 2011 "einen der bizarresten Orte der Republik". Und tatsächlich: Als Gast, der sich dem Eingang des Walsumer Hofs nähert, fühlt man sich in eine Fotomontage versetzt, bei der die falsche Hintergrundkulisse aufgebaut worden ist.
Im Innern des Restaurants mit mehreren Gasträumen sind die Industriemonster endlich aus dem Sichtfeld verschwunden. Jetzt fühlt man sich in einer Hafengaststätte, Fischernetze an der Decke, ein gewaltiges Steuerrad und alte Schiffslampen von der Decke hängend, geschmackvoll eingedeckte Tische mit umstehenden braunen, rustikalen Stühlen, Schwarz-Weiß-Bilder, die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten festhalten, an den Wänden, Schiffchen und Hafenkneipen-Accessoires auf braunen Anrichten. Hier sitzt man gemütlich und heimelig.
So gemütlich das Restaurant im Innern wirkt, so bizarr ist die äußere Umgebung, in der es übrigens an Parkplätzen nicht mangelt. Einen Biergarten gibt es auch noch neben dem Haus. Der davidsche Walsumer Hof und seine goliathschen Industrietürme geben eine Kulisse, die das äußere Ambiente schon wieder sehenswert machen. Deshalb lasse ich die vier Sterne für das Ambiente im Innern des Gasthofs auch für die äußere Umgebung gelten.
Der Service *****
Wir sind zu acht Mannsbildern und haben bereits im Frühjahr reserviert, um am 9. Oktober in der ersten Essensschicht von 18.00 h bis 20.00 h einen Tisch zu erhalten. Ja, es wird zumindest für größere Gruppen in zwei Schichten gegessen, die erste bis 20.00 h, die zweite ab 20.00 h bis Schließung. Eine Reservierung empfiehlt sich für einen Besuch während der "Muschelmonate" auf jeden Fall.
Kaum haben wir Platz genommen, werden wir von einem jungen Mann mit den "Walsumer Hofnachrichten", einer nachempfundenen Zeitung mit Geschichten über den Walsumer Hof und einer Auflistung der angebotenen Speisen versorgt. Es ist ein Ritual, daß der Gast mit der Speisekarte nicht alleingelassen wird, sondern daß eine Servicekraft zusätzlich angebotene Tagesgerichte mit außergewöhnlicher Präzision und ruhrpöttischen Humor deklamiert. Da fallen auch Sätze wie "Wir haben da noch Muscheln, die weg müssen" oder "Wir haben da noch alten Fisch", die Verständnis für die Ruhrpott-Mentalität verlangen.
Der junge Mann wird im Laufe des Abends von einer jungen Dame unterstützt. Beide machen einen guten Job, sind jovial und aufmerksam. Sie fragen, ob das Essen schmecke, und lassen keinen Zweifel daran, daß sie für die Servicearbeit bestens trainiert sind.
So nimmt die junge Dame unverzüglich unsere ersten Getränke auf. Was wird schon in einer Männerrunde in Duisburg-Walsum getrunken? Klar, Köpi! Für die Ruhrpottfernen: König-Pilsener, das auch meine Essensbegleitung sein soll.
Der Service verdient voll und ganz seine fünf Sterne. Wir haben uns sehr gut versorgt gefühlt.
Das Essen *****
Kaum hat die junge Servicedame unsere Getränke aufgenommen, stehen sie auch schon auf dem Tisch. Wir haben derweil die "Walsumer Hofnachrichten" studiert.
Angeboten werden vorwiegend Fischgerichte, Geräuchertes aus dem hauseigenen Rauch wie geräucherte Heringsfilets, geräucherte Blaufelchen oder eine Portion geräucherten Flußaal, alles mit Bratkartoffeln und Salat. Mit Röstkartoffeln und Salat werden auch Schollenfilets, Wels-, Zander- und Nilbarschfilets angeboten. Unter der Überschrift "Bergmanns Austern" gibt es eine Reihe von Muschelgerichten. Und zu den "Spezialitäten à la carte" zählen beispielsweise "Heringe in der Pfanne gebraten" oder Butterfisch-, Heilbutt- oder Seeteufelfilets. Einige wenige Fleischgerichte, Schnitzel und Rumpsteaks, werden auch angeboten.
Die meisten aus unserer Runde brauchen die "Walsumer Hofnachrichten" überhaupt nicht zu lesen, um ihre Wahl zu treffen. Für sie wie auch für mich steht ohnehin fest:
– Muscheln “Rheinische Art” bis der Arzt kommt! mit Schwarzbrot zu 20,95 €.
Das ist die Muschel-Flatrate des Hauses. Gute Esser unter uns haben es in der Vergangenheit auf fünf gutgefüllte Muschelteller gebracht. Voriges Jahr habe ich die auch vertilgt, war aber auch zwei Tage satt von dem Meeresgetier. Dieses Mal waren es vier Teller, aber danach ging auch nichts mehr. Aber der Reihe nach.
Einige wenige aus unserer Runde bestellen Fischgerichte, die ich mir nicht gemerkt habe und somit darüber nichts Näheres berichten kann.
Unsere Bestellungen sind mittlerweile in den elektronischen Butler unseres jungen Servicemanns getippt, als auch schon kurze Zeit später der Gruß aus der Küche wie am Fließband auf unserem Tisch landet. Die Servicekräfte servieren auf einstöckigen Etageren Teller mit Muscheln, Muscheln nach rheinischer Art und (Achtung!) "Muscheln Hitachi". Die Hitachi-Muscheln sind teuflisch scharf. Rote Chilischotenscheiben und Sambal Oelek dominieren den knoblauchlastigen Sud. Hitachi, da war doch was!
Kleine Schälchen mit sauer eingelegten Gurken und Zwiebeln komplettieren den ohnehin schon großzügigen Gruß aus der Küche. Das sauer Eingelegte schmeckt ausgezeichnet, feine Würze und angenehme Säure.
Es dauert nicht lange, bis uns die Servicedame und der Herr die Salate zu den Fischgerichten und Schwarzbrotschnitten für die Muschelgerichte bringen. Wie die anderen Muschelesser bestelle ich auf die Nachfrage des Services hin, ob es Muscheln nach rheinischer Art oder nach Hitachi-Art sein sollen, Muscheln nach rheinischer Art.
Die kommen dann auch schnell, heiß und dampfend und abgedeckt von zwei umgekehrten, übereinandergelegten Tellern für die Schalen.
Die Muscheln sind einwandfrei zubereitet. Der typisch rheinische Sud mit Gemüsen wie Möhren, Lauch, Sellerie, Zwiebeln und Ähnlichem ist bestens mit Salz und Pfeffer gewürzt, so daß der Pfeffer für eine angenehme, weil mittlere Schärfe sorgt. Nur ein oder zwei Muscheln sind auf diesem und den folgenden Tellern nicht geöffnet, so daß man sie besser auf den Abfallschalenteller legt. Und bei allenfalls einer oder zwei merkt man noch Spuren vom sandigen Untergrund der Muschelzucht. Bestens zu den Muscheln passen die gebutterten Schwarzbrotschnitten, frisches Schwarzbrot, die Scheiben zusammengeklappt und Butter dazwischen.
Nach drei Tellern Muscheln nach rheinischer Art habe ich mich als "Nachtisch" für einen Teller "Hitachi-Muscheln" entschieden. Auch hier die gewohnte Muschelqualität, aber ein deutlicher Unterschied im Sud. Rote Pepperoni-Scheibchen drängeln sich im Sud, verleihen eine Schärfe mit Nachbrenneffekt. Kurkuma und Sambal Oelek meine ich aufgrund der Schärfe und Farbe des Suds auch zu identifizieren. Diese Hitachi-Muscheln haben es tatsächlich vom Schärfegrad her in sich, selbst mir, der ich an hohe Scoville-Werte gewohnt bin, fällt die Schärfe merkbar auf.
Nach soviel verinnerlichtem, eiweißhaltigem Muskelfleisch darf ein Digestivum nicht fehlen. Es soll diesmal eine typisch niederrheinische Spezialität sein, ein Fisternölleken. Das ist kein geheimes Liebesverhältnis, so wie Kölner das Fisternöllchen verstehen, sondern ein Kornbrand mit einem Stück Würfelzucker. Zucker im Klaren? Ich habe nicht nur einen genommen, sondern zwei: Das schmeckt!
Der Arzt muß dann letztlich doch nicht kommen. Nach vier gutgefüllten Tellern mit Muscheln ist bei allen Mannsbildern und auch bei mir Schluß. Zufrieden sind die Muschelesser alle wie auch die Fischesser. Zufrieden, ja sehr zufrieden bin auch ich, wie auch in den Vorjahren. Für die Muschelgerichte bekommt der Walsumer Hof von mir fünf Sterne.
Die Sauberkeit ****
An der Sauberkeit habe ich nichts zu bemängeln. Man sieht den Toilettenräumen die Jahre an, aber sauber sind sie. Auch an der Sauberkeit im Gastraum und auf den Tischen habe ich nichts auszusetzen. Vier Sterne sind angebracht.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ****
Nehme ich mein Muschelgericht zum Maßstab, so ergibt sich natürlich ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungsverhältnis, denn in welchem Restaurant gibt es schon vier Teller lecker zubereitete Muscheln für zusammen knapp 21.- Euro, kostet doch schon eine Portion so um die 15.- Euro. Der Haken bei dieser Art der Betrachtung ist natürlich, daß der Gast, je mehr er ißt, das Preisleistungsverhältnis günstiger werden lassen kann. Deshalb will ich nicht nur meine Muschel-Flatrate zum Maßstab nehmen, sondern beziehe auch die Fischgerichte ein, die von anderen in unserer Runde verzehrt wurden. "Gut", "kannste nix gegen sagen", "lecker" höre ich aus deren Mündern. Mir scheint angesichts der Preise für die Gerichte, die an unserem Tisch verzehrt wurden, ein "gut" für das Preis-/Leistungsverhältnis angebracht zu sein.
Das Fazit ****/*****
Eins steht fest wie das Amen in der Kirche: Unsere Männerrunde geht wieder in das gallische Dorf, das von Asterix, dem Wirt, gegen die angreifenden Industriegiganten verteidigt wird. Im nächsten Frühjahr wird der Termin für den Herbst 2016 gemacht. Also viereinhalb Sterne als Fazit und nach "Küchenreise" mindestens ein "Gerne wieder!".