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Allgemein:
Tief in Hastedt, zwischen Autobahnzubringer, Auto- und Dachdeckerbuden und schmucklosen Reihenhauszeilen liegt das Mostar, in dem schon seit 40 Jahren Balkanküche gepflegt wird. Da "Jugos" selten geworden sind und wir den Norden und Westen Bremens abgegrast haben, stießen wir auf den Mostar Grill und waren nicht zuletzt aufgrund der Kritiken von Bernie-Bo neugierig geworden und haben uns in den industriell-proletarisch geprägten Bremer Osten nach Sebaldsbrück und Hemelingen aufgemacht. Dass es Bernie-Bo dahin verschlagen hat, dürfte nur durch den nahe am Mostar Grill vorbeiführenden Autobahnzubringer erklärlich sein.
Im Mostar Grill erlebten wir am besuchten Samstagabend das erwartbare Publikum: Paare, Familien mit Kindern und eine größere Gruppe, wohl aus der Umgebung. Besetzt waren vielleicht dreiviertel der Tische.
Ist der Mostar Grill nun einen Ausflug wert? Im Mostar Grill erwarten einen alle Grillklassiker des Balkans in solider Zubereitung. Besondere Highlights (unser Bediener verdient ein Extrakapitel) darf man nicht erwarten.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich im Niemandsland zwischen drei und vier RK-Sternen und belasse es bei 3,49 Sternen.
Über einen Internetauftritt verfügt der Mostar Grill nicht.
Und nun an alle Leser aus NRW: Ja, in Bremen und Niedersachsen darf ein Wirt seinen Gästen das Rauchen in einem Nebenraum (eines Restaurants) oder seiner Eckkneipe ohne Speisenzubereitung erlauben. Wir begrüßen diesen liberalen Ansatz und preisen deswegen den Föderalismus in Deutschland. Da ich in NRW arbeite, weiß ich, dass viele Raucher neidvoll gen Norden blicken!
Und nun ein besonderer Service für alle Balkanfreunde in Bremen und umzu (und natürlich auch Besucher und Durchreisende). Hier meine Rangfolge der "Jugos" (mit meinen RK-Bewertungszwischenstufen, Essen zweifach, PLV einfach gewichtet, Plätze werden bei gleichem Punktestand mehrfach vergeben):
1. Dubrovnik, Bremen-Walle: 4,0
2. Europa, Bremen-Burgdamm: 3,83
3. Melissa, Bremen-Walle: 3,75
3. Lukullus, Bremen-Steintor: 3,75
4. Mediterrano, Bremen-Aumund: 3,67
4. Mostar Grill, Bremen-Hastedt: 3,67
5. Pola Pola, OHZ: 3,33
6. Steakhaus Gröpelingen, Bremen-Gröpelingen: 3,08
Service:
Nichts für den eiligen Leser.
Ein älterer Kroate von der Halbinsel Istrien erledigte routiniert und freundlich den Dienst hinter der Theke und am Tisch. Er erinnerte uns gleich an Radi, den Wirt vom Europa (siehe meine Kritik). Wie das Gespräch am Tisch dann am Ende ergab, kannten wir uns aus einem anderen Restaurant.
Unser Bediener mit dem Namen Drago ist seit Ende der achtziger Jahre in der Bremer Jugoszene aktiv. Als Wirt betrieb er In Oslebshausen den "Balkangrill bei Drago" (in dem urigen, reetdachgedeckten Fachwerkhaus), dann das "Steakhaus bei Drago" in Gröpelingen. Er stammt aus demselben Dorf wie Radi vom Europa und war bekannt mit der Wirtin des von uns vermissten früheren Donau in Lesum. Den Lukulluswirt im Steintor kennt er auch. Nun ist er nicht mehr als Wirt aktiv, sondern hilft im Service bei seinen Wirtsfreunden vom Balkan aus. Das tut oder tat er zumindest auch im Dubrovnik, wo wir uns vor einem Jahr begegnet sind (siehe mein Kritik). Und das Schönste zuletzt: Er erinnerte sich sogar an ein Detail aus meiner Kritik, nämlich das die Suppe nicht heiß genug war!
Ich gebe nun zu, nicht mehr ganz objektiv zu schreiben, denn einem solchen, nett erzählenden Zeitzeugen der Geschichte der Balkanrestaurants in Bremen gebührt unsere uneingeschränkte Sympathie. Er war auch sichtlich erfreut über die gemeinsamen Berührungspunkte und unser Interesse. Außer den Erzählungen gab er denn auch für jeden von uns drei doppelte Julischka aus, der im Mostar Grill in einem ausgewogenen Mischungsverhältnis aus Sliwowitz und Birnenlikör auf den Tisch kommt.
Also fünf Sympathiesterne.
Auch fachlich hatte er im gut besuchten Mostar Grill (auch der Raucherraum füllte sich gegen 20 Uhr) alles flott im Griff. Unseren Pausenwunsch zwischen Vor- und Hauptspeisen nahm er gerne als von uns gesondert zu erteilende Order auf.
Die Getränkepreise bewegen sich im mittleren Band: 0,3 l Köpi 2,50 €, Wasser gibt es für 2,00 € nur in kleinen 0,25-l-Flaschen, die wenigen offenen Weine beginnen bei 4,50 € für das Viertel. Der getrunkene rote Vranac war keine Offenbarung und mir zu sauer im Abgang.
Essen:
Die Karte ist vielfältig. 15 Balkan-Spezialitäten vom Grill und aus der Pfanne bilden das Herzstück (Preise zwischen 10,50 und 13,50 €). Dazu gesellen sich diverse Steak- und Schnitzelgerichte, teilweise mit Bratkartoffeln serviert (12,50 bis 19,00 €). Balkantypisch dürftig fällt die Vorspeisenauswahl aus (von 3,50 bis 7,50 €). Hirtenkäse, Tsatsiki, fünf Suppen (leider keine "serbische" Bohnensuppe darunter) und Debreziner.
Wir entschieden uns für die Ungarische Gulaschsuppe (3,50 €), die Französische Zwiebelsuppe (4,00 €) und die Debreziner (7,50 €). Zu den Vorspeisen gibt es einen Metallkorb mit vier halben Scheiben eines hellen Graubrots; so ungewohnt bieder, dass es schon fast wieder originell ist!
Meine Gulaschsuppe kam in einer kleinen Suppentasse heiß auf den Tisch. Geschmacklich gelungen (leicht Richtung Mockturtle), aber viel zu stark gebunden. Das war eher eine sämige Soße, denn eine Suppe. Es waren auch nur ein paar Löffel. Sehr klein und gleichmäßig die Rindfleischwürfelchen mit einer Kantenlänge von maximal 10 mm, deren Zuschnitt ich nicht in der Küche des Mostar Grills vermute. Die Zwiebelsuppe meiner Begleiterin auch sehr heiß und durch das vollgesogene Brot auch keine richtiggehende Suppe mehr. Das war lauer Dreisternestandard.
Nach oben ging es mit den gegrillten Debrezinern. Kräftig gewürzt und fest im Biss. Dazu passte der weiche und milde Kuhkäse ganz gut. Für die Würstl gerne vier Sterne.
Dann Cevapcici (10,50 €) und Halb und Halb (10,50 €). Dazu jeweils Pommes, Djuwetschreis, gehackte rote Zwiebeln, ein Beilagensalat vorwiegend mit Weißkohl und eine fruchtige, scharfe rote Soße.
Auf meinem Teller sieben beachtlich große Cevapcici, die gut gewürzt und gegrillt waren. Leider nicht so stark geknobt, wie die Referenzcevapcici im Europa. Auch der Spieß als Hälfte vom H&H wurde gelobt. Der Weißkohl war gut zurückhaltend angemacht und erfrischend. Merklich scharf auch für meinen chiligewohnten Geschmacksknospen die rote Soße.
Also rundherum ordentliche Grillgerichte und in anständigen Portionsgrößen. Das gesondert georderte Tsatsiki (3,50 €) war gut gurkig und geknobt und hier nicht aus Magerquark gefertigt.
Eine Pfeffermühle (die einzige) wurde uns auf unsere Bitte gebracht (vorher vergewisserte sich unser Bediener über Füllstand und Funktion).
In toto dann 3,75 Sterne für die Küchenleistung.
Ambiente:
Man kann in einigen der "ausländischen" Restaurants der ersten Generation, die dreißig bis vierzig Jahre alt sind, die Einrichtungsstile dieser Zeit studieren. Man müsste den Wirten dieser Restaurants eine Art Erhaltungsgebot für die Innengestaltung auferlegen. Auch im Mostar Grill geht es sehr bieder zu. Der melierte Schlingteppich könnte aus neuerer Zeit stammen. Die Stühle mit Kunstlederpolster, die Tische, Lampen und die Deckentäfelung dürften aber den historischen Gründungsstand abbilden. Wohlgemerkt: Nichts ist zerschlissen oder durch unzumutbare Gebrauchsspuren gezeichnet. Auf der großzügigen Herrentoilette erwarten einen die in den Siebzigern beliebten warmen Fliesenfarben.
Auf den Tischen zwei Lagen Tischdecken und ein Läufer.
Die vielleicht zehn Tische im Hauptraum mit Theke sind unterschiedlich dimensioniert. Zwei stehen in der Mitte des Raumes, die größeren an den Rändern. Es wirkt etwas eng. Störend ist der mangelnde Windfang im Eingangsbereich. Hier kommt in der kalten Jahreszeit mit jeder Türöffnung ein kalter Hauch in die Gaststube (gut, dass die Raucher nicht vor die Tür müssen ...).
Also ein wenig denkmalschützende Anerkennung für die Innengestaltung.
Sauberkeit:
Es gab nichts zu bemängeln.