Wir schreiben das Jahr 2016. Es ist ein für sonnenverwöhnte Pfälzer etwas zu kühler Sonntagabend im März – von Frühlingsanfang im schattigen Bremen keine Spur. Doch anstatt sich der hier scheinbar üblichen norddeutschen Wetter-Tristesse zu ergeben, stehe ich mit meiner charmanten Begleitung fast auf Tuchfühlung mit einer etwas Wärme spendenden Gas- bzw. Terrassenfackel vor einem sehr einladend beleuchteten Eckristorante im Bremer Zonenrandgebiet, das sie hier „Östliche Vorstadt“ nennen. In Erwartung eines Pärchens, dessen männlicher Part sich als aktives Mitglied unserer GG-Community auszeichnet und der sich bereits durch mehrfach prämierte bzw. gemochte (sorry, Til S., aber ge“like“te ist mir an dieser Stelle echt zu neudeutsch!!!!!!!) Essensgeschichten auf dieser Plattform einen Namen gemacht hat. Nicht nur im Borgfeld scheint dieser eloquente Genussrebell einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben zu haben. Auch seine wortgewaltig dokumentierten Ausflüge in lukullische Pläsierregionen, wie beispielsweise der Südpfalz, gehören mittlerweile zum GG-Kulturerbe.
Mittlerweile hatte sich der Service-Chef des Lokals (einer der beiden „fratelli“)zu uns nach draußen gesellt und fragte uns, warum wir nicht im Warmen auf die noch fehlenden Ergänzungen unseres Gastro-Vierers warten wollten. Doch da kamen die beiden schon angeradelt. Vorbildlich behelmt, das Erkennungswort („Ischhabfottohendy“) laut ausrufend stiegen sie von ihren Drahteseln, um uns herzlich in Empfang zu nehmen. Meine vorsorglich vom St. Martiner Weingut „Vinification Ludwigshöhe“ vor Ort erworbene Flasche Rotweincuvée wechselte vorm Eingang des „Zwei-Bruder-Lokals“ seinen Besitzer. Ein vom Pfälzer Tourismusministerium als „trinkbar“ eingestufter Tropfen, der zur Not auch im Inneren der Gastwirtschaft in Ermangelung liquider Genussmittelkorrespondenz seinen Dienst (gegen entsprechendes Korkgeld versteht sich) hätte antreten können.
Über das Interieur des Italo-Tempels hat sich mein Bremer Gastrokollege im Vorbericht schon sehr detailversessen und mit der für ihn üblichen Sprachgewandtheit ausgelassen. Seinem geschärften Blick entging weder der leicht abgetretene Dielenboden, noch die hüfthohe Wandvertäfelung in dunklem Holzton. Die mit zarter Hand (Schwiegermutter oder Service-Dame?) beschriebenen Schiefertafeln waren knapp unterhalb der Decke angebracht und von einer vielarmigen „Lampenkrake“ ins rechte LED-Licht gesetzt. Hier war das Mittagsangebot (Penne, Gnocchi und Co.) nachzulesen. Bemerkenswert geradlinig eingedeckte Tische, die schlicht und edel zugleich wirkten. Insgesamt lässt sich der Gastraum als vornehm gemütlich bezeichnen, ohne zu dick auftragen zu wollen. Deshalb wahrscheinlich auch die inhomogene Bestuhlung und die stellenweise ins leicht Kitschige abdriftenden Accessoires an den Wänden. Auf einen Kommentar zu den silbernen Garderobehaken verzichte ich an dieser Stelle.
Die holzverkleidete Sitznische mit bequem gepolsterter Wandbank und Spiegel im Retro-Look war ein stilvoll illuminierter Hingucker. Welch Zufall, dass wir an jenem Abend genau dort Platz fanden. Kaum hatten wir es uns in unserer nostalgisch anmutenden Essecke gemütlich gemacht, begann eine unterhaltsame Tischkonversation, die nicht selten in herzliches Gelächter ausartete und die zunächst den Bestellvorgang etwas verschleppte. Vier Crodino-Secco (6,50 Euro für 0,2 l) ohne Eis (jahreszeitlich bedingt) trafen als Aperitif getarnt auf die durstigen Ankömmlinge. Sie wurden – wie die anderen Speisen und Getränke auch – vom bereits erwähnten Chef de Service und seiner weiblichen Verstärkung gereicht. Das Service-Duo machte seine Sache richtig gut. Der Hausherr gab sich locker, erteilte bereitwillig Auskunft (Lokalhistorie, Wurzeln, Background usw.) ohne zu langweilen, lehnte sich bei der Weinempfehlung bisweilen etwas zu weit aus der Loggia, konnte aber nonchalant parlieren und sich auf seine Gäste gut einstellen. Besonders begeistert waren wir aber von der reizenden Signorina. Ihre zurückhaltende und doch zugleich sehr aufmerksame Art wusste zu gefallen. Sie fasste uns – genau wie das Besteck – nur mit (verbalen) Samthandschuhen an. Sicherlich ein Gewinn für das Restaurant.
Schon nach den ersten 10 Minuten im Lokal war jedem am Tisch klar, dass das Thema „Essen“ heute nur eine untergeordnete, vielleicht sogar nebensächliche Rolle spielen wird. Es hat uns zwar zusammengeführt, dominierte jedoch nie unsere Gesprächsrunde. Dennoch kam der Hunger auf leisen Sohlen angeschlichen und musste fachgerecht überführt werden.
Wir studierten die recht übersichtlich angelegte Speisen- und Getränkekarte, während uns eine Art Fischcrème als Amuse gereicht wurde. Das dazugehörige Weißbrot war weder besonders knusprig, noch hatte es Geschmack. Die Variante mit Oliven auch nicht wirklich frisch. Das geht besser, Brüder Italiens!
Meine Wahl fiel auf die Fischsuppe (9 Euro) vorneweg, die gratinierten Jakobsmuscheln als Zwischengang (14 Euro) und die Spaghetti con Gamberi mit argentinischen Wildgarnelen, Olivenöl und Knoblauch (15,50 Euro) zum Hauptgang. Die Dame an meiner Seite entschied sich für das hauchdünn aufgeschnittene Zucchini-Carpaccio mit überbackenem Ziegenkäse, Pinienkernen und wildem Honig (9,50 Euro) sowie die mit Parmaschinken und Mortadella gefüllten Ravioli unter einer Bergkäse-Mascarponecreme (14,50 Euro). Das Pärchen, das uns freundlich gegenüber saß, hatte sich für die cremige Burrata aus dem Tagesangebot (12,50 Euro), das frisch gesammelte Waldpilz-Trio mit Kräuter-Polenta und Parmesancreme (11,50 Euro), die bereits erwähnten Ravioli (jedoch nur als kleiner Zwischengang, 8 Euro), das Wildlachsfilet auf Weißwein-Risotto an Grappasauce (21,50 Euro) sowie den Kalbsfilet-Turm auf Maisgries-Sockel mit Pistazienkuppel und umgebenden Jus-Graben (26,50 Euro) entschieden. Vorher sollte es aber noch eine kleine Antipasti-Platte (13,50 Euro) sein, die wir uns zu viert teilten. Würzige Grana Padano-Stücke eiferten mit aromatischem Parmaschinken um die Gunst unserer Geschmackspapillen. Verstreute Feldsalatsprengsel sorgten für grüne Tupfer, während die Kleckse vom Feigenchutney eine scharfe Wasabi-Note hatten.
Es war nun an der Zeit, den passenden Wein auszusuchen. Mein GG-Kollege reichte diesen Kelch an mich weiter, nicht ohne auf meine pfälzischen Rebwurzeln hinzuweisen. Derlei übertriebener vinophiler Fremdfederschmuck war mir fast schon unangenehm. Ich legte mich in Anbetracht der mehrheitlich gewählten Fisch-Preziosen mächtig ins Zeug und wählte einen Weißwein aus der Langhe (Region Piemont, Norditalien), einen Arneis DOC „Cristina Ascheri“ von der Cantine Giacomo Ascheri aus Bra (Provinz Cuneo). 26 Euro geteilt durch 13 Volumenprozent ergab als Quotient 2 Gläser im Gambero Rosso. So einfach kann eine Weinrechnung sein. So einfach, dass wir im Laufe des Abends gleich noch eine zweite Bouteille nachorderten (der vom Tischkollegen präferierte friaulische Sauvignon Blanc war wohl gerade aus…). Der strohgelbe Arneis war ein frischfröhlicher Essensbegleiter, dessen dezente Apfelnoten (laut Internet-Recherche) keiner am Tisch so richtig herausschmecken konnte. Ergänzend sei an dieser Stelle angemerkt, dass sich unser Wasserverbrauch am Tisch in Grenzen hielt. Nicht wegen den 5,50 Euro für die Flasche San Pellegrino bzw. Acqua Panna, sondern eher aufgrund unseres gewählten Weißweinschwerpunktes.
Unser kulinarischer Kreuzzug durch die brüderliche Speisenkarte war eröffnet. Eine aromatisch nach hoher See duftende Fischsuppe, in deren Tellermitte eine noch komplett beschalte, gegrillte Garnele prangte, wurde vor mir aufgetischt. Mit einem ordentlichen Tomaten-Sugo als Basis, hatte sie eine feine Frucht und war von der Würze her delikat abgeschmeckt. Die darin schwimmenden Fischstücke waren von auffällig guter Qualität und Gott sei Dank nicht totgegart. Nichts für Bouillabaisse-Fundis, aber für Freunde mediterraner Fischküche wie mich völlig ausreichend. Auf der Zucchini-Ziegenkäse-Landschaft meiner Begleitung dominierten die Farben Grün und Weiß. Die Kombi Ziegenkäse-Honig funktioniert ja eigentlich immer. Die Burrata von der (zweiten) Frau aus Bremen am Tisch sah richtig klasse aus. Auf einem Tomatenbett, das von etwas Grünzeug (Feldsalat und Rauke schienen an diesem Abend wie eine Art Leit-Beiwerk die Gerichte auszuschmücken) und Olivenöl-Schmiere flankiert wurde, befand sich die etwa faustgroße, recht unförmige Sonderform des Mozzarellas, deren Kuhmilchanteil für die nötige cremige Konsistenz sorgte. Von der Optik her etwas abgeschlagen fand die Trilogie von Waldpilzen ihren Adressaten. Die Parmesancreme begrub die Funghi-Variation (wahrscheinlich auch geschmacklich) mit ihrer schlonzigen Textur, die mir etwas zu fettig erschien.
Doch es blieb wenig Zeit verdauungstechnisch durchzuatmen (ich meine das jetzt nicht wörtlich, denn wir befinden uns im kultivierten Bremen und nicht im Schankhaus Anno Domini zu Klotzsche), denn zwei Zwischengänge harrten ihrer Vertilgung. Die hausgemachten Ravioli des Borgfeld-Gourmets sahen lecker aus. Aber auch sie schienen mir von etwas zu viel Mascarponecreme ummantelt. Den neuschlanken Hedonisten schien dies aber wenig zu stören, hatte er doch scheinbar schon das spirituelle Nachbeben (das gemeinhin unter dem Namen Digestif fungiert) auf seiner kulinarischen Richterskala miteinkalkuliert. Die beiden Coquilles Saint Jacques kamen klassisch in ihrer Behausung mit leicht würzigen Semmelbröseln gratiniert auf den Teller und waren von subtil-glasiger Konsistenz (Nuss und Rogen). Mit etwas Zitronensaft ein frischer Zwischengang, der den Appetit auf die garnelisierten Spaghetti im Hauptgang stringent zu fördern vermochte. Die Schnurnudeln waren etwas dünner wie gewohnt und hatten noch leichten Biss. Mit ein paar Cocktailtomaten , etwas Olivenöl und Knoblauch sowie einer leichten (Chili)Schärfe ausgestattet, war das ein 1-A-Pasta-Gericht, wie ich es schon oft beim Italiener genießen durfte. Warum auch immer das kulinarische Rad neu erfinden, wenn die Klassiker funktionieren?
Die Piatti meiner Tischgenossen sahen ebenfalls verlockend aus. Die Ravioli vom Zwischengang kamen im üppigeren Urformat und schmeckten meiner Begleitung hervorragend. Besonders die Füllung aus Parmaschinken und Mortadella war äußerst köstlich geraten. Eine ansehnliche Scheibe auf der Haut gebratenes Wildlachsfilet lag meiner gegenüber sitzenden Gesprächspartnerin aromenreich zu Gaumen. Auch sie lobte ihre Kombi, deren Risotto überraschend leicht daher kam. Vom Guide mit Heimrecht war angesichts seines perfekt rosa gebratenen Kalbsfilets nur noch ein fleischseliges „Muh“ zu vernehmen. Wahnsinn, dass dieser Mann nach den bereits verzehrten Gängen mit einem Käseteller den finalen Abschluss suchte. Aber auch hierbei gab er sich in Sachen genussvoller Ingestion keine Blöße.
Nach einem bernsteinfarbenen, leicht sherryartigen Dessertwein namens „Ni'Mia Passito“ und einer grandios schmeckenden Zabaione (8,50 Euro) wurde die weiße Fahne der Sättigung geschwenkt. Berauscht von den guten Gesprächen, der entdeckten gleichen Wellenlänge und natürlich dem schmackhaften Weißwein aus der Langhe zogen wir wie junge Römer von dannen. Und so schließe ich diesen zugegebenermaßen etwas ausufernden „Bericht“ mit den Worten eines leider viel zu früh verstorbenen Künstlers aus Österreich: „Lass diese Reise niemals enden, das Tun kommt aus dem Sein allein….“ und sage „grazie mille per una serata magica“
Wir schreiben das Jahr 2016. Es ist ein für sonnenverwöhnte Pfälzer etwas zu kühler Sonntagabend im März – von Frühlingsanfang im schattigen Bremen keine Spur. Doch anstatt sich der hier scheinbar üblichen norddeutschen Wetter-Tristesse zu ergeben, stehe ich mit meiner charmanten Begleitung fast auf Tuchfühlung mit einer etwas Wärme spendenden Gas- bzw. Terrassenfackel vor einem sehr einladend beleuchteten Eckristorante im Bremer Zonenrandgebiet, das sie hier „Östliche Vorstadt“ nennen. In Erwartung eines Pärchens, dessen männlicher Part sich als aktives Mitglied unserer... mehr lesen
Ristorante Due Fratelli
Ristorante Due Fratelli€-€€€Restaurant042167352817Hamburger Straße 32, 28205 Bremen
4.0 stars -
"Schicker, von „ due fratelli“ geführter Eckitaliener, in dem auch kulinarische Blinddates gelingen" Ehemalige UserWir schreiben das Jahr 2016. Es ist ein für sonnenverwöhnte Pfälzer etwas zu kühler Sonntagabend im März – von Frühlingsanfang im schattigen Bremen keine Spur. Doch anstatt sich der hier scheinbar üblichen norddeutschen Wetter-Tristesse zu ergeben, stehe ich mit meiner charmanten Begleitung fast auf Tuchfühlung mit einer etwas Wärme spendenden Gas- bzw. Terrassenfackel vor einem sehr einladend beleuchteten Eckristorante im Bremer Zonenrandgebiet, das sie hier „Östliche Vorstadt“ nennen. In Erwartung eines Pärchens, dessen männlicher Part sich als aktives Mitglied unserer
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu spüren. Triste Reihenbebauung und gastronomisch dominieren Pizza- und andere Lieferdienste sowie etwas aufgehübschte Imbisse. Echte Restaurants sind an der langen Straße eher rar gesät. Umso erfreulicher, dass im größeren Teil der Enoteca (mit einem reichen Angebot italienischer, insbesondere Chiantiweine) seit 2013 auch das La Calma italienische Cucina anbietet. Von Ambiente, Service und Küchenleistung eine echte Bereicherung mit einem sensationellem PLV.
Die kleine, aufgebockte Holzveranda mit unbequem aussehendem Alurohrmobiliar wartet auf wärmere Tage. Ruhigere werden nicht kommen, aber Straßenlärm gehört ja zum mediterranen Stadtflair.
Der große viereckige Raum ist durch eine Bar mit vielen Koch- und Weinbüchern getrennt, links die Weinhandlung, rechts das Restaurant, das zunächst keine italienische Assoziationen weckt, außer vielleicht etlichen Geschirrhandtüchern, die von der Decke hängen. Die Hommage an Wäsche über engen Gassen des Mezzogiorno wird mir indes erst jetzt bewusst. Bei meinem Besuch fand ich es erst befremdlich, dann witzig. Denn, wie auf einem anderen Portal jemand schrieb: "Da hat sich ein Innenarchitekt ausgetobt." Mitteldunkler Holzfußboden und durable Vollholztische auf Chrommittelfuß. Man nimmt Platz auf angenehm zu besitzenden Holzstühlen mit entweder schwarzen Sitzflächen und Rückenlehnen oder Plastiksitzschalen in Quietschfarben, grasgrün ist vorherrschend. Auch einige Raumtrenner und ein breiter Streifen Wand leuchten ähnlich frühlingshaft. Dadurch wird der trotz großer Lampen mit Metallschirmen und einiger Strahler nach hinten doch recht dunkel wirkende Raum farblich sehr aufgehellt. An der Fensterfront fällt sowieso das Licht der tief stehenden Sonne schön ins Lokal. An den Wänden über einer umlaufenden Bank mit schwarzem Kunstleder Bilder mit unterschiedlichen Motiven, die mehr oder minder Bezug zu Italien haben und Regale mit italienischen Produkten, die noch nicht jeder Supermarkt führt. Die Hardware auf den Tischen einschließlich der festen Vliesservietten ist einfach, aber passend und, wie alles, sauber. Die Nassräume habe ich nicht besucht.
Ein ungewöhnliches Ambiente, das ich angenehm empfand und das dem Auge viele interessante Kleinigkeiten anbot.
Das Publikum um die Mittagsstunde gemischt, eine alte Dame, Vater und Sohn, ein Handwerker. Wie geschrieben, normal, angenehm.
Der Service wird durch einen schon lebenserfahrenen Herrn erledigt, der das Klischee des nicht eben hünenhaft gewachsenen Italieners, in diesem Fall wohl Sarden, voll erfüllt. Die Deutschkenntnisse sind für das Übliche hinreichend, aber für fachliche Fragen zum Wein holte er den Betreiber, der sich als sein Sohn herausstellte und mehr als kompetent ist. Beide waren ehrlich an der Zufriedenheit des Gastes interessiert, freundlich, zuvorkommend, zu Auskünften gern bereit. Auch ein Probeschluck eines anderen Weines wurde angeboten. In diesem Ambiente sehr, sehr gut.
Die Speisekarte ist klein, aber eigenständig. Klasse statt Masse.
Mein Mahl beginnt mit einem Coperto - natürlich nicht die eigentümliche italienische Gepflogenheit, schon das nackte Gedeck, manchmal mit langweiligem Brot, gesondert zu berechnen. Hier gab es dagegen ein Tellerchen mit je zwei Scheiben/Stücken Salami, Pecorino, gegrillte Zucchini mit Olivenöl, große grüne Oliven und Ruccola. Dazu scharfe Paprika-Tapenade und etwas (langweiliges;-)) Brot. Ein sehr leckerer Auftakt, der einen gleich auf den Stiefel versetzte. Dafür zahlte ich gern schmale 3€, statt einen fehlenden Appetithappen auf Kosten des Hauses zu beklagen, den ich hier so oder so nicht erwartet hatte.
Wer mehr anlegen will, ordert das Tagliere, also ein "Brettl" mit gemischten Aufschnitt, Käse und toskanischem Honig.
Die weitere Wartezeit verkürzte mir eine 11Freunde-Ausgabe über deutsche "Legionäre" in der Seria A. Auf dem Cover der damals in erster Ehe verheiratete Lothar Matthäus, im Inter-Dress ins noch unbedachte San Siro einlaufend. Etliche Jahre später durfte ich mit meinem Sohn in ebenjenem Stadion jubeln, als mein Heimatverein noch einen Pausenrückstand (gegen die Rosso-Neri) egalisierte. Tempi passati, Werder-Erfolge wie Matthäus-Ehen, nur der Torschütze von damals, ein gewisser Claudio P. spielt, trifft und grinst wie damals.
Als primo piatto kommen Tagliatelle mit Fenchel-Salsiccia von der Tageskarte. Für die kleine Portion werden 4,5€ berechnet, ebenfalls sehr kundenfreundlich kalkuliert.
Was gemessen an Bremer Gastronomiepreisen auch absolut für die 5,8€ gilt, die auf der Rechnung für ein Viertel(!) Cannonau erscheinen. Mal abgesehen, dass fast nur noch 0,2l, teilweise schon 0,15l Fingerhüte ausgeschenkt werden, sind da Preise jenseits der 7€ für ordentliche Standardware keine Seltenheit. Der sardische Rote aus der Grenachetraube hatte einiges an Sangiovese mitbekommen, was mir als Tanninverschmäher nicht so recht war.
Die Teigwaren dagegen nach meinem Geschmack leicht über al dente. In einem kräftigen Sugo, das gut an den Nudeln haftete, mit reichlich Wurstscheiben durchmischt und etwas Olivenöl beträufelt. Gewürzt mit groben Pfeffer, Salzkristallen, Petersilie und reichlich Thymianzweiglein, die sich malerisch in der Wintersonne räkelten. Wunderbar kräftiges, klassisches Pastagericht in exzellenter Ausführung.
Ebenfalls von der Tageskarte ganz gegen meine üblichen Vorliebe als Hauptgang ein Burger. Aber die Kombination BBQ-Rindfleisch, Kalbsbraten, Grillgemüse und Guacamole versprach einiges. Und hielt viel mehr. In einem Sesambun, vorbildlich gehalten von einem Holzstäbchen, wurde der Burger auf einem reichlichen, hochwertigen Salatbett und begleitet von gebräunten Kartoffelspalten mit gebratenen Rosmarinzweigen präsentiert. Nachdem ich die obere Brötchenhälfte abgenommen hatte, ließ sich das Gericht problemlos mit Messer und Gabel essen. Das Rindfleisch war kräftig gebräunt, aber im Kern noch schön rosa. Sehr saftig. Was ebenso für die drei Scheiben Kalbsbraten galt. Zusammen mit gegrillter Aubergine, Zucchino, Champgignon und Tomate sowie natürlich der Avocadocreme war dies ein kräftig-harmonisches Meisterwerk. Der helle Industrie-Bun hat nicht gestört, die Kartoffeln waren tadellos, wurden aber von mir nicht sehr beachtet. Ich war im Hackfleisch-Himmel. Der beste Burger, den ich je gegessen habe? Das hieße zwar nicht viel, da ich dieser Fleischzubereitung eigentlich eher wenig abgewinnen kann. Für mich allerdings ein Aha-Erlebnis,nach dem ich den Fleischklops zukünftig wieder etwas freundlicher betrachten werde. Allemal, wenn das PLV so positiv ist, wie im La Calma mit aufgerufenen 10 Euro.
Was schon fast selbstredend für den Espresso galt, der gerade mal 1,5€ kostete und natürlich in der vorgewärmten Tasse serviert wurde.
Ein vermeintlich einfacheres Lokal entpuppte sich als gastronomische (und optische) Überraschung. Man muss vielleicht keinen Umweg in Kauf nehmen, aber für Einheimische, die in der Nähe sind, durchaus einen Besuch wert. Wir werden sicher demnächst am Abend vorbeischauen.
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu... mehr lesen
Calma & Gusto
Calma & Gusto€-€€€Restaurant042147895665Bei den drei Pfählen 12, 28205 Bremen
4.5 stars -
"Einfach, gut, einfach gut!" DerBorgfelderDas Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu
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Mittlerweile hatte sich der Service-Chef des Lokals (einer der beiden „fratelli“)zu uns nach draußen gesellt und fragte uns, warum wir nicht im Warmen auf die noch fehlenden Ergänzungen unseres Gastro-Vierers warten wollten. Doch da kamen die beiden schon angeradelt. Vorbildlich behelmt, das Erkennungswort („Ischhabfottohendy“) laut ausrufend stiegen sie von ihren Drahteseln, um uns herzlich in Empfang zu nehmen. Meine vorsorglich vom St. Martiner Weingut „Vinification Ludwigshöhe“ vor Ort erworbene Flasche Rotweincuvée wechselte vorm Eingang des „Zwei-Bruder-Lokals“ seinen Besitzer. Ein vom Pfälzer Tourismusministerium als „trinkbar“ eingestufter Tropfen, der zur Not auch im Inneren der Gastwirtschaft in Ermangelung liquider Genussmittelkorrespondenz seinen Dienst (gegen entsprechendes Korkgeld versteht sich) hätte antreten können.
Über das Interieur des Italo-Tempels hat sich mein Bremer Gastrokollege im Vorbericht schon sehr detailversessen und mit der für ihn üblichen Sprachgewandtheit ausgelassen. Seinem geschärften Blick entging weder der leicht abgetretene Dielenboden, noch die hüfthohe Wandvertäfelung in dunklem Holzton. Die mit zarter Hand (Schwiegermutter oder Service-Dame?) beschriebenen Schiefertafeln waren knapp unterhalb der Decke angebracht und von einer vielarmigen „Lampenkrake“ ins rechte LED-Licht gesetzt. Hier war das Mittagsangebot (Penne, Gnocchi und Co.) nachzulesen. Bemerkenswert geradlinig eingedeckte Tische, die schlicht und edel zugleich wirkten. Insgesamt lässt sich der Gastraum als vornehm gemütlich bezeichnen, ohne zu dick auftragen zu wollen. Deshalb wahrscheinlich auch die inhomogene Bestuhlung und die stellenweise ins leicht Kitschige abdriftenden Accessoires an den Wänden. Auf einen Kommentar zu den silbernen Garderobehaken verzichte ich an dieser Stelle.
Die holzverkleidete Sitznische mit bequem gepolsterter Wandbank und Spiegel im Retro-Look war ein stilvoll illuminierter Hingucker. Welch Zufall, dass wir an jenem Abend genau dort Platz fanden. Kaum hatten wir es uns in unserer nostalgisch anmutenden Essecke gemütlich gemacht, begann eine unterhaltsame Tischkonversation, die nicht selten in herzliches Gelächter ausartete und die zunächst den Bestellvorgang etwas verschleppte. Vier Crodino-Secco (6,50 Euro für 0,2 l) ohne Eis (jahreszeitlich bedingt) trafen als Aperitif getarnt auf die durstigen Ankömmlinge. Sie wurden – wie die anderen Speisen und Getränke auch – vom bereits erwähnten Chef de Service und seiner weiblichen Verstärkung gereicht. Das Service-Duo machte seine Sache richtig gut. Der Hausherr gab sich locker, erteilte bereitwillig Auskunft (Lokalhistorie, Wurzeln, Background usw.) ohne zu langweilen, lehnte sich bei der Weinempfehlung bisweilen etwas zu weit aus der Loggia, konnte aber nonchalant parlieren und sich auf seine Gäste gut einstellen. Besonders begeistert waren wir aber von der reizenden Signorina. Ihre zurückhaltende und doch zugleich sehr aufmerksame Art wusste zu gefallen. Sie fasste uns – genau wie das Besteck – nur mit (verbalen) Samthandschuhen an. Sicherlich ein Gewinn für das Restaurant.
Schon nach den ersten 10 Minuten im Lokal war jedem am Tisch klar, dass das Thema „Essen“ heute nur eine untergeordnete, vielleicht sogar nebensächliche Rolle spielen wird. Es hat uns zwar zusammengeführt, dominierte jedoch nie unsere Gesprächsrunde. Dennoch kam der Hunger auf leisen Sohlen angeschlichen und musste fachgerecht überführt werden.
Wir studierten die recht übersichtlich angelegte Speisen- und Getränkekarte, während uns eine Art Fischcrème als Amuse gereicht wurde. Das dazugehörige Weißbrot war weder besonders knusprig, noch hatte es Geschmack. Die Variante mit Oliven auch nicht wirklich frisch. Das geht besser, Brüder Italiens!
Meine Wahl fiel auf die Fischsuppe (9 Euro) vorneweg, die gratinierten Jakobsmuscheln als Zwischengang (14 Euro) und die Spaghetti con Gamberi mit argentinischen Wildgarnelen, Olivenöl und Knoblauch (15,50 Euro) zum Hauptgang. Die Dame an meiner Seite entschied sich für das hauchdünn aufgeschnittene Zucchini-Carpaccio mit überbackenem Ziegenkäse, Pinienkernen und wildem Honig (9,50 Euro) sowie die mit Parmaschinken und Mortadella gefüllten Ravioli unter einer Bergkäse-Mascarponecreme (14,50 Euro). Das Pärchen, das uns freundlich gegenüber saß, hatte sich für die cremige Burrata aus dem Tagesangebot (12,50 Euro), das frisch gesammelte Waldpilz-Trio mit Kräuter-Polenta und Parmesancreme (11,50 Euro), die bereits erwähnten Ravioli (jedoch nur als kleiner Zwischengang, 8 Euro), das Wildlachsfilet auf Weißwein-Risotto an Grappasauce (21,50 Euro) sowie den Kalbsfilet-Turm auf Maisgries-Sockel mit Pistazienkuppel und umgebenden Jus-Graben (26,50 Euro) entschieden. Vorher sollte es aber noch eine kleine Antipasti-Platte (13,50 Euro) sein, die wir uns zu viert teilten. Würzige Grana Padano-Stücke eiferten mit aromatischem Parmaschinken um die Gunst unserer Geschmackspapillen. Verstreute Feldsalatsprengsel sorgten für grüne Tupfer, während die Kleckse vom Feigenchutney eine scharfe Wasabi-Note hatten.
Es war nun an der Zeit, den passenden Wein auszusuchen. Mein GG-Kollege reichte diesen Kelch an mich weiter, nicht ohne auf meine pfälzischen Rebwurzeln hinzuweisen. Derlei übertriebener vinophiler Fremdfederschmuck war mir fast schon unangenehm. Ich legte mich in Anbetracht der mehrheitlich gewählten Fisch-Preziosen mächtig ins Zeug und wählte einen Weißwein aus der Langhe (Region Piemont, Norditalien), einen Arneis DOC „Cristina Ascheri“ von der Cantine Giacomo Ascheri aus Bra (Provinz Cuneo). 26 Euro geteilt durch 13 Volumenprozent ergab als Quotient 2 Gläser im Gambero Rosso. So einfach kann eine Weinrechnung sein. So einfach, dass wir im Laufe des Abends gleich noch eine zweite Bouteille nachorderten (der vom Tischkollegen präferierte friaulische Sauvignon Blanc war wohl gerade aus…). Der strohgelbe Arneis war ein frischfröhlicher Essensbegleiter, dessen dezente Apfelnoten (laut Internet-Recherche) keiner am Tisch so richtig herausschmecken konnte. Ergänzend sei an dieser Stelle angemerkt, dass sich unser Wasserverbrauch am Tisch in Grenzen hielt. Nicht wegen den 5,50 Euro für die Flasche San Pellegrino bzw. Acqua Panna, sondern eher aufgrund unseres gewählten Weißweinschwerpunktes.
Unser kulinarischer Kreuzzug durch die brüderliche Speisenkarte war eröffnet. Eine aromatisch nach hoher See duftende Fischsuppe, in deren Tellermitte eine noch komplett beschalte, gegrillte Garnele prangte, wurde vor mir aufgetischt. Mit einem ordentlichen Tomaten-Sugo als Basis, hatte sie eine feine Frucht und war von der Würze her delikat abgeschmeckt. Die darin schwimmenden Fischstücke waren von auffällig guter Qualität und Gott sei Dank nicht totgegart. Nichts für Bouillabaisse-Fundis, aber für Freunde mediterraner Fischküche wie mich völlig ausreichend. Auf der Zucchini-Ziegenkäse-Landschaft meiner Begleitung dominierten die Farben Grün und Weiß. Die Kombi Ziegenkäse-Honig funktioniert ja eigentlich immer. Die Burrata von der (zweiten) Frau aus Bremen am Tisch sah richtig klasse aus. Auf einem Tomatenbett, das von etwas Grünzeug (Feldsalat und Rauke schienen an diesem Abend wie eine Art Leit-Beiwerk die Gerichte auszuschmücken) und Olivenöl-Schmiere flankiert wurde, befand sich die etwa faustgroße, recht unförmige Sonderform des Mozzarellas, deren Kuhmilchanteil für die nötige cremige Konsistenz sorgte. Von der Optik her etwas abgeschlagen fand die Trilogie von Waldpilzen ihren Adressaten. Die Parmesancreme begrub die Funghi-Variation (wahrscheinlich auch geschmacklich) mit ihrer schlonzigen Textur, die mir etwas zu fettig erschien.
Doch es blieb wenig Zeit verdauungstechnisch durchzuatmen (ich meine das jetzt nicht wörtlich, denn wir befinden uns im kultivierten Bremen und nicht im Schankhaus Anno Domini zu Klotzsche), denn zwei Zwischengänge harrten ihrer Vertilgung. Die hausgemachten Ravioli des Borgfeld-Gourmets sahen lecker aus. Aber auch sie schienen mir von etwas zu viel Mascarponecreme ummantelt. Den neuschlanken Hedonisten schien dies aber wenig zu stören, hatte er doch scheinbar schon das spirituelle Nachbeben (das gemeinhin unter dem Namen Digestif fungiert) auf seiner kulinarischen Richterskala miteinkalkuliert. Die beiden Coquilles Saint Jacques kamen klassisch in ihrer Behausung mit leicht würzigen Semmelbröseln gratiniert auf den Teller und waren von subtil-glasiger Konsistenz (Nuss und Rogen). Mit etwas Zitronensaft ein frischer Zwischengang, der den Appetit auf die garnelisierten Spaghetti im Hauptgang stringent zu fördern vermochte. Die Schnurnudeln waren etwas dünner wie gewohnt und hatten noch leichten Biss. Mit ein paar Cocktailtomaten , etwas Olivenöl und Knoblauch sowie einer leichten (Chili)Schärfe ausgestattet, war das ein 1-A-Pasta-Gericht, wie ich es schon oft beim Italiener genießen durfte. Warum auch immer das kulinarische Rad neu erfinden, wenn die Klassiker funktionieren?
Die Piatti meiner Tischgenossen sahen ebenfalls verlockend aus. Die Ravioli vom Zwischengang kamen im üppigeren Urformat und schmeckten meiner Begleitung hervorragend. Besonders die Füllung aus Parmaschinken und Mortadella war äußerst köstlich geraten. Eine ansehnliche Scheibe auf der Haut gebratenes Wildlachsfilet lag meiner gegenüber sitzenden Gesprächspartnerin aromenreich zu Gaumen. Auch sie lobte ihre Kombi, deren Risotto überraschend leicht daher kam. Vom Guide mit Heimrecht war angesichts seines perfekt rosa gebratenen Kalbsfilets nur noch ein fleischseliges „Muh“ zu vernehmen. Wahnsinn, dass dieser Mann nach den bereits verzehrten Gängen mit einem Käseteller den finalen Abschluss suchte. Aber auch hierbei gab er sich in Sachen genussvoller Ingestion keine Blöße.
Nach einem bernsteinfarbenen, leicht sherryartigen Dessertwein namens „Ni'Mia Passito“ und einer grandios schmeckenden Zabaione (8,50 Euro) wurde die weiße Fahne der Sättigung geschwenkt. Berauscht von den guten Gesprächen, der entdeckten gleichen Wellenlänge und natürlich dem schmackhaften Weißwein aus der Langhe zogen wir wie junge Römer von dannen. Und so schließe ich diesen zugegebenermaßen etwas ausufernden „Bericht“ mit den Worten eines leider viel zu früh verstorbenen Künstlers aus Österreich: „Lass diese Reise niemals enden, das Tun kommt aus dem Sein allein….“ und sage „grazie mille per una serata magica“