Geschrieben am 20.04.2020 2020-04-20| Aktualisiert am
20.04.2020
Besucht am 27.01.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 716 EUR
Bereits dreimal hatte ich versucht, spontan einen Platz in dem seit 2016 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetem Lokal zu bekommen, immer erfolglos. Was an der einfallsreichen, französisch geprägten Küche von Patron Andreas Saul und der extrem entspannten Location gelegen haben dürfte, und wohl auch daran, dass im ehemaligen Döner-Grill auf der angesagten Torstraße bei üblicher Bestuhlung gerade 18 Plätze zur Verfügung stehen.
Ok, manchmal lernt selbst ein alter Borgfelder noch neue Tricks bzw. den Umgang mit dem Reservierungssystem.
Beim Eintreten (eine niedrige Stufe) durch den schweren, windabhaltenden Vorhang ist die vergangene Nutzung noch deutlich zu erkennen. Die linke Seite des Raums beherbergt in zwei Zeilen die offene Küche, und wo jetzt Chef Saul mit einem Kollegen seine Sterneküche anrichtet
wurden sicher früher die Teigfladen „mit allem“ gefüllt. Im Gastraum mittig eine kleine Reihe von Zweier-Tischen mit harter Bistromöblierung, rechts davon auf einer Mini-Empore eine gepolsterte Wandbank, die in kleinen Ecken mündet. Auf der großen Tafel darüber werden die bis zu acht Gänge des Abends für die internationalen Gästeschar auch in englisch mitgeteilt.
Gut für das etwas exaltierte Pärchen in der Ecke, das sich nicht nur intensiv über die Speisen austauschte, sondern auch fotografierte und sogar Notizen machte. Sachen gibt’s...
Von unserem Tisch hatten wir einen guten Blick durch den ganzen Raum und konnten so die ungewöhnliche Ausstattung entdecken und bewundern, die aus dem abgerissenen Palast der untergegangenen Republik stammt und auch ganz ohne Ostalgie für Technik- wie Designfreaks einige Schmankerl bereit hält. Dazu spielte unerwartet melancholischer Rhythm’n’Blues. Das ebenso ausgefallene wie stimmige (weil eben gar nicht aufgesetzt „konzeptlastige“) Gesamtpaket hat mich trotz oder auch wegen einer gewissen Geschäftigkeit in den engen Gängen völlig überzeugt, ja begeistert. Beim nächstenmal würde ich allerdings lieber auf der hoffentlich weicheren Bank sitzen.
(Derzeit kein echtes Außer-Haus-Geschäft. Allerdings wird ein „Weinpakt“ angeboten:
5 ausgesuchte Wein-Entdeckungen zzgl. einem Liter Garnelenfrikassée oder Wildschweinragout aus der Sterneküche für 200€ deutschlandweit frei Haus)
Der Blick in die noch nicht allzu lange von Gastgeber Alexander Seiser verantwortete Weinkarte lässt für meine Vorlieben wenig Wünsche offen, Frankreich und Riesling satt, da vergeht schon mal ein Viertelstündchen mit der Auswahl. Wie gut, dass man digital vorab ja nicht nur Unverträglichkeiten mitteilen kann, sondern auch Vorlieben. Und so atmete kurz nach der Begrüßung ein feiner Chardonnay auf
und ich den (erwartbaren) Preis-Schock weg... Was übertrieben ist, denn die Weinkalkulation scheint mir angesichts der durchweg hohen Qualität sehr fair zu sein, allemal bei den Flaschen.
Erfreulicherweise leistete mir ein Kollege kurzfristig Gesellschaft, der auf die Frage nach dem Wein meist „Rot, Cuvée“ antwortet. Da bot sich ein Chateauneuf-du-Pape an. Champagne und Elsass (Vin de Voile!) besuchten wir bei unserer flüssigen Frankreich-Reise glasweise, nur Madeira fiel aus dem geografischen Rahmen.
Nicht nur als Sommelier machte Herr Seiser eine gute Figur. Stets aufmerksam, flott, zugänglich und bereit für einige informative Worten wuppte er den Service unter nur gelegentlicher Hilfe der Küche sehr souverän und schuf eine schöne, gastfreundliche Atmosphäre. Meine Vermutung, dass kleinere Sternerestaurants die Reservierung von Einzelessern aus wirtschaftlichen Gründen beschränken müssten, wollte er nicht bestätigen. Erst recht nicht den auch schon gehörten Vorwurf, dass einzelne Gäste für müde Stimmung sorgten. Im Gegenteil hätten im Bandol durch geschickte Platzierung schon spontane Gruppen zusammen gefunden. Kann ich mir gut vorstellen. Am Service gab es nullkommanichts auszusetzen, daher auch mal von mir die seltenen 5 Sterne.
Die bestellten sechs Gänge waren mit 109€ angesichts von Produkten und Mengen durchschnittlich kalkuliert. Die Karte versprach einige Abwechslung:
Hier nimmt jemand Region und Saison ernst, ohne daraus eine anstrengende Weltanschauung zu machen.
Als Tagesangebot Gänseleber, Umami-Sauce & Holzkohleapfel für zusätzliche 24€.
Auch die notgedrungen spontane Bitte meines Begleiters nach möglichst glutenfreien Speisen wurde ohne Gemaule von der Küche gut umgesetzt. Man scheint darauf vorbereitet zu sein, Respekt.
Mit einer cremigen karamellisierten Butter (Suchtgefahr!) gab es ein Kartoffel(misch)brot mit toller Kruste.
Der Teig war deutlich kartoffelig, aber recht schwer und für mich etwas zu salzarm. Als glutenfreie Variante wurden Chips von Garnele, Sellerie und Kartoffel gereicht.
Den Aufschlag machte ein Champignon-Chip mit frischen Blättern und sehr präsentem Estragonstaub, etwas Kaviar steuerte eine Spur Salz bei.
Mutige Kräuter und Crunch, schon knuspere ich dahin...
Deutlich anders angelegt ein vermutlich sehr lange im Ofen bis zu einer weingummiartigen Konsistenz gegarter Streifen Schwarzwurzel mit einer Crème aus XO-Sauce, dazu getrockneter Ingwer und Liebstöckel.
Irgendwo kam Säure her. Mutig, sehr eindeutig, der Chef hat mehrere Jahre im Rutz bei Marco Müller gekocht.
Die zweite Runde war erneut ein Fingerhappen, aber deutlich komplexer:
Tartelette von Sonnenblumenkernen, darauf eine Schicht Rote Bete, darüber ein Marshmallow eindeutig mit dem Geschmack von Rindermark. Bestrichen mit einem Hauch von Bierbalsam, der an alten Essig erinnerte. Schließlich Tupfen von Pflaume, die würzige Süße mitbrachten. Sehr, sehr süffig. Alter Falter, da weiß jemand, was er tut.
Zum Start ins Menü die inzwischen häufig erlebte gebeizte Makrele, deren Fett den Hintergrund bildete für so kräftige Geschmäcker wie salziges Seegras, saure grüne Erdbeeren, eine kräuterig-scharfen Mayo mit Kapuzinerwurzel und einen nachträglich angegossenen Dashi von Hühnerknochen, Muschel und Shitakepilzen.
Herausfordernd, genau mein Ding.
Kaum leiser der folgende Gang, der sich leider als vegetarisch herausstellte. Leider, denn auf Ziegenfleisch war ich sehr gespannt gewesen. So war es dann „nur“ Quark, der die mexikanisch scharf eingelegte Gurke, schön herausgearbeiteten Grünkohl in verschiedenen Texturen und Teltower Rübchen verband, die zu malzig schmeckenden Chips verarbeitet waren. Das hatte zwar viel Biss, aber auch viel Säure, die hier zwar unterschiedlich, aber letztlich ohne interessanten Konterpart inszeniert wurde. Ein Foto ist nicht auffindbar, so sad...
Auch der nächste Teller kam ohne Fleisch aus. (Ich nehme an, dass Vegetarier aus dem Menü die fleischfreien Gänge wählen, die dann von der Portionsgröße angepasst werden.)
Die Küche richtete fermentierten Rotkohl und Rote Bete in verschiedenen Varianten (darunter intensiv dehydriert) zunächst „trocken“ mit Champignonsand und Saiblingskaviar an. Später wurde eine Austern-Velouté angegossen.
War wieder säuerlich, aber durch die weiteren Komponenten nicht mehr so extrem. Gut, aber vegetarisch begeistert mich eben selten.
Nach den jahreszeitlich bedingten Gemüsefermentationen freute ich mich auf ein schönes Stück Fisch. Für diesen Wunsch war der heimische Zander nicht umsonst gestorben.
Saftig, mit einer knusprigen Haut und etwas Roggensand bestreut war das schon solo 1a. Mit dem wiederum am Tisch beigefügten Waldpilztee ging’s aber nochmal eine Stufe höher, zumal ein Gel aus Pflaumensaft der umami-Bombe einen kleinen fruchtig-süßen Twist gab.
Elegant dazu ein kleiner Raviolo mit einer kühlen Roggencrème-Füllung. Schön, dass auch Temperatur eingesetzt wurde. Toller Teller.
Die folgende, kräftig angebratene Foie gras war vorzüglich und wurde durch eine Sauce aus Schweinefüßen noch vollmundiger.
Gut, dass ein knuspriger Kalbskopf-Chip der Cremigkeit ebenso Einhalt gebot, wie die geräucherten Apfel-Parisienne, die natürlich auch die notwendige Säure einbrachten. Ganz anders, aber nicht weniger süffig war ein mit Entenrilette gefüllter Dumpling, der mit heißem Bärlauch-Öl und Panko-Crumble aber überhaupt keine Wünsche offen ließ.
Genialer Begleiter das Gläschen vom Rebensaft aus deutschen Landen,
der auch nach über 40 Jahren mit einem Quäntchen Frische neben aller Süße erfreute. (Was würden Sie auf eine einsame—It’s SCHARZHOFBERGER, stupid!)
Taube polarisiert.
Ich mag den eigentümlichen, leicht metallischen Geschmack. Hier wären vermutlich viele Genießer ausgestiegen, denn es gab auch das Herz und in einer kleinen Galette
wurde die Leber mit Meerettich und Grünkohl gereicht. Die beiden Tranchen auf dem Teller waren sous-vide, aber noch mit Textur gegart und hatten dann das berühmte Röstaroma mitbekommen.
Zum Aufnehmen der vollmundigen Sauce auf der Basis von Schweinefüßen gab’s lockere Buchweizenbrötchen
extra! Mehr geht nicht - perfekter Fleischteller. Der Vollständigkeit halber seien eher geschmacksarmer Lauch und süß-saurer Rettich erwähnt.
Während sich mein Gegenüber die eingelegten Kirschen schmecken ließ, freute ich mich an verarbeitetem Stilton, der durchaus kräftiger hätte sein dürfen, da neben säuerlichem Cassis auch Rosmarin ätherisch hervor schmeckte.
Aber das war keine Unausgewogenheit, sondern betraf lediglich meine persönlichen Vorlieben.
Und die haben die Bandolisten aus der Torstraße wirklich fast perfekt getroffen. Küche, Service und Ambiente - hier hat mal wieder alles gestimmt und sich zu einem wundervollen Abend gefügt. Danke dafür!
Bereits dreimal hatte ich versucht, spontan einen Platz in dem seit 2016 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetem Lokal zu bekommen, immer erfolglos. Was an der einfallsreichen, französisch geprägten Küche von Patron Andreas Saul und der extrem entspannten Location gelegen haben dürfte, und wohl auch daran, dass im ehemaligen Döner-Grill auf der angesagten Torstraße bei üblicher Bestuhlung gerade 18 Plätze zur Verfügung stehen.
Ok, manchmal lernt selbst ein alter Borgfelder noch neue Tricks bzw. den Umgang mit dem Reservierungssystem.
Beim Eintreten (eine niedrige... mehr lesen
Restaurant Bandol sur mer
Restaurant Bandol sur mer€-€€€Sternerestaurant03067302051Torstr. 167, 10115 Berlin
4.5 stars -
"Ganz starke Leistung" DerBorgfelderBereits dreimal hatte ich versucht, spontan einen Platz in dem seit 2016 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetem Lokal zu bekommen, immer erfolglos. Was an der einfallsreichen, französisch geprägten Küche von Patron Andreas Saul und der extrem entspannten Location gelegen haben dürfte, und wohl auch daran, dass im ehemaligen Döner-Grill auf der angesagten Torstraße bei üblicher Bestuhlung gerade 18 Plätze zur Verfügung stehen.
Ok, manchmal lernt selbst ein alter Borgfelder noch neue Tricks bzw. den Umgang mit dem Reservierungssystem.
Beim Eintreten (eine niedrige
Geschrieben am 15.04.2020 2020-04-15| Aktualisiert am
16.04.2020
Besucht am 20.01.2020Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 117 EUR
An der Brasserie Ganymed war ich schon häufiger vorbei gelaufen, wenn ich vom S-Bahnhof zu meinem derzeitigen Lieblings-Hotel an der Friedrichstraße lief. (Dabei besticht die Unterkunft weder durch besonders freundliches Personal, noch beeindruckende Zimmer. Aber bedingt durch die Terrassen-Architektur ergeben sich in den Eckzimmern große Außenflächen in meinem Fall nach Nordwesten und Nordosten. Ich liebe es, bei einer späten Anreise zu beobachten, wie die Sonne hinter der Charité untergeht, die Lichter der Stadt zu funkeln beginnen und auf der gigantischen Leinwand des Abendhimmels ein Flieger nach dem anderen zur Landung in Tegel einschwebt. Am frühen Morgen geht die Sonne hinter dem Fernsehturm auf und die goldene Kuppel der Neuen Synagoge funkelt atemberaubend. Big city lights.)
Das in Weinbar (mit kleiner Karte) und Restaurant räumlich unterteilte Ganymed war meist gut gefüllt, wenn ich schaute. Klar, Unmengen von Touristen hier am Schiffbauerdamm, aber auch Einheimische, die vor der Vorstellung im unmittelbar benachbarten Berliner Ensemble noch ein Abendessen einnehmen. Die Bewertungen im Netz schwanken zwischen authentischer Brasserie und unfreundlicher Abfertigung auf mittelmäßigem Niveau. Aber um 20.00 Uhr und bei strömendem Regen wollte ich es dann einfach mal wissen. Einen Platz zu bekommen und den auch gegen einen Tisch nach Wahl zu tauschen, waren kein Problem, denn ich erwischte gerade das Zeitfenster, als die Theaterbesucher schon gegangen und andere Gäste noch nicht gekommen waren. Später füllte es sich vielleicht zur Hälfte, großer Andrang scheint eher früher zu sein.
Dunkle Holzmöbel, gefliester Boden und gestärkte Tischdecken und Servietten sorgen zusammen mit einem angenehmen Licht für ein mir sympathisches Ambiente. Die Herren fortgeschrittenen Alters, die lautstark in ihr Telefon berlinerten, weniger.
Der Service wurde zunächst von zwei jüngeren Herrn gewuppt, die halt versuchten, das Selbstbewusstsein Pariser Garçons durch Hochnäsigkeit zu imitieren. Ich reagierte mürrisch, so dass wir gut miteinander auskamen. Zumal mit der Bitte um eine Weinberatung Oberkellner Monsieur Laurent Laurent (was sich manche Eltern so ausdenken...) erschien und mir ab dann als souveräner, kompetenter und freundlicher Begleiter durch den kulinarischen Abend zur Seite stand. Immer angenehm - übrigens in allen Berufen - auf Menschen zu treffen, die ihre Aufgabe engagiert und professionell erledigen und mit denen man sich entspannt darüber unterhalten kann. Chapeau!
Die Weinkarte hält eine Handvoll deutscher Gewächse bereit: 12 Weiße, 4 Rote, allesamt bekannte Namen aus den wesentlichen Anbaugebieten. Aber der Schwerpunkt liegt natürlich auf Frankreich, 80 Positionen Stillwein, 20 Champagner und Crémants, dazu Aperitife und Dessertweine, damit kommt man fürs erste über die Runden. Der Lage entsprechend heftig kalkuliert, aber immerhin bei 25€ startend und bis auf die Crus classés nur selten im dreistelligen Bereich. Leider, leider war der Meursault 1er Cru ausgetrunken, was M. Laurent sichtlich bedauerte (und mir später noch sehr zum Vorteil gereichte...), so dass ich meine Speisenwahl umstellte und mal wieder einen (zu) leichten Fleurie-Beaujolais (49€) wählte. Einer der reichlich angeboten Spätburgunder wäre die bessere Begleitung gewesen.
Bei einem Gläschen Crémant rosé (7,5€) wählte ich aus der Karte voller Klassiker:
Rindertatar, 150g (mit Salat 15,9€, für 1,6€ mehr gibt es auch Pommes „Pont Neuf“),
gratinierte Zwiebelsuppe (12,9€) und
Coq au vin (17,5€).
Nicht wirklich günstig, aber auch nicht zu arg überteuert.
Das vorab gereichte Weißbrot war leider weit entfernt von einem handwerklich gefertigten Baguette, aber leidlich kross. An einen Quark o.ä. kann ich mich nicht mal erinnern.
Das gewolfte Rindfleisch kam dann mit einem Eigelb und einer ganzen Parade klassischer Zutaten.
Ich durfte ganz nach Geschmack wählen und der Ober richtete mit viel Geduld und Akribie perfekt an.
Alte Schule, sehr angenehm.
Versehentlich wurden doch die dicken Pommes serviert, die schön dunkel, aber etwas nachlässig entfettet waren.
Ich bin kein großer Freund dieser deutlich „kartoffeligeren“ Variante (Ihr wisst schon); ich mag es lieber dünn und knusprig. Berechnet wurde aber nur die preiswertere Version mit Salat, der natürlich auch nachträglich angeboten worden war.
An der folgenden, heißen Zwiebelsuppe überzeugte schon mal die tolle Emmentaler-Kruste.
Die Croûtons darunter waren angeröstet worden, das merkte man noch. Die Brühe selbst hat mich geschmacklich nicht weggehauen und die Zwiebeln für meinen Geschmack viel zu weich gekocht, null Biss. Muss das so?
Das in Burgunder geschmorte Hähnchen kam nicht in Stücken, sondern als eine Hälfte mit Haut aber ohne Schenkel und Flügel und war - wenn auch nur teilweise - etwas trocken.
Auch hier kein Totalausfall, aber auch keine übermäßige Begeisterung meinerseits.
Tatsächlich zogen die Beilagen (ein sehr helles Kartoffelpüree, Austernseitlinge in - aufgemerkt! - verschiedenen Texturen und dito Frühlingszwiebel) den Teller ebenso nach oben wie eine durchaus kräftige Burgundersauce. Spätestens jetzt wäre der Pinot sehr willkommen gewesen...
Ja, und so hätte ein, ich sag wie es ist, kulinarisch mittelmäßiger Abend enden können. Denn nach dem bisher Verkosteten traute ich der Käseauswahl keine besondere Klasse zu und die mich von der umfangreichen Dessert-Karte allein reizenden Crêpes suzettes gibt es nicht für Einzelgäste. Aufgrund des Aufwands bei der Zubereitung ist das nachvollziehbar und wurde auf meine vorsichtige Nachfrage auch von Monsieur Laurent bedauernd bestätigt. Der nach einer kurzen Verständigung mit der Restaurantleiterin zurück an den Tisch kam und lächelnd verkündete, dass ich ob des fehlenden Meursault so traurig geschaut habe, dass er mich nicht noch ein zweites Mal am Abend enttäuschen könne. Hurra! Wer sagt, dass Männer keine Gefühle zeigen sollen? Und so wurde das Trumm von Elektroherd heran gerollt
lange genug vorgeheizt und los ging die Show mit allen Schikanen von Schmelzen, Karamellisieren, Ablöschen, Einkochen, Flambieren, Abziehen, Erwärmen, Übergießen und Anrichten, dass es nur so eine Freude war. (Über 5 Minuten ungeschnittenes Live-Video verfügbar:-))
Zuletzt noch eine Kugel Vanille-Eis und mit dem tadellosen Ergebnis waren beide glücklich, der Garçon und der Gast von der Weser.
Fazit:
Vielleicht hatte ich einfach nur Glück. Der Abend hat mich unterhalten, sehr gut sogar. Mag sein, zu anderer Zeit, mit anderem Service wird es nur halb so nett, denn das Essen ist solide, guter Durchschnitt. Aber bis dahin - siehe Überschrift.
An der Brasserie Ganymed war ich schon häufiger vorbei gelaufen, wenn ich vom S-Bahnhof zu meinem derzeitigen Lieblings-Hotel an der Friedrichstraße lief. (Dabei besticht die Unterkunft weder durch besonders freundliches Personal, noch beeindruckende Zimmer. Aber bedingt durch die Terrassen-Architektur ergeben sich in den Eckzimmern große Außenflächen in meinem Fall nach Nordwesten und Nordosten. Ich liebe es, bei einer späten Anreise zu beobachten, wie die Sonne hinter der Charité untergeht, die Lichter der Stadt zu funkeln beginnen und auf der gigantischen... mehr lesen
Ganymed
Ganymed€-€€€Bar, Brasserie03028599046Schiffbauerdamm 5, 10117 Berlin
3.5 stars -
"Theater, Theater... wenn es sich wieder ergibt" DerBorgfelderAn der Brasserie Ganymed war ich schon häufiger vorbei gelaufen, wenn ich vom S-Bahnhof zu meinem derzeitigen Lieblings-Hotel an der Friedrichstraße lief. (Dabei besticht die Unterkunft weder durch besonders freundliches Personal, noch beeindruckende Zimmer. Aber bedingt durch die Terrassen-Architektur ergeben sich in den Eckzimmern große Außenflächen in meinem Fall nach Nordwesten und Nordosten. Ich liebe es, bei einer späten Anreise zu beobachten, wie die Sonne hinter der Charité untergeht, die Lichter der Stadt zu funkeln beginnen und auf der gigantischen
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Ok, manchmal lernt selbst ein alter Borgfelder noch neue Tricks bzw. den Umgang mit dem Reservierungssystem.
Beim Eintreten (eine niedrige Stufe) durch den schweren, windabhaltenden Vorhang ist die vergangene Nutzung noch deutlich zu erkennen. Die linke Seite des Raums beherbergt in zwei Zeilen die offene Küche, und wo jetzt Chef Saul mit einem Kollegen seine Sterneküche anrichtet
wurden sicher früher die Teigfladen „mit allem“ gefüllt. Im Gastraum mittig eine kleine Reihe von Zweier-Tischen mit harter Bistromöblierung, rechts davon auf einer Mini-Empore eine gepolsterte Wandbank, die in kleinen Ecken mündet. Auf der großen Tafel darüber werden die bis zu acht Gänge des Abends für die internationalen Gästeschar auch in englisch mitgeteilt.
Gut für das etwas exaltierte Pärchen in der Ecke, das sich nicht nur intensiv über die Speisen austauschte, sondern auch fotografierte und sogar Notizen machte. Sachen gibt’s...
Von unserem Tisch hatten wir einen guten Blick durch den ganzen Raum und konnten so die ungewöhnliche Ausstattung entdecken und bewundern, die aus dem abgerissenen Palast der untergegangenen Republik stammt und auch ganz ohne Ostalgie für Technik- wie Designfreaks einige Schmankerl bereit hält. Dazu spielte unerwartet melancholischer Rhythm’n’Blues. Das ebenso ausgefallene wie stimmige (weil eben gar nicht aufgesetzt „konzeptlastige“) Gesamtpaket hat mich trotz oder auch wegen einer gewissen Geschäftigkeit in den engen Gängen völlig überzeugt, ja begeistert. Beim nächstenmal würde ich allerdings lieber auf der hoffentlich weicheren Bank sitzen.
(Derzeit kein echtes Außer-Haus-Geschäft. Allerdings wird ein „Weinpakt“ angeboten:
5 ausgesuchte Wein-Entdeckungen zzgl. einem Liter Garnelenfrikassée oder Wildschweinragout aus der Sterneküche für 200€ deutschlandweit frei Haus)
Der Blick in die noch nicht allzu lange von Gastgeber Alexander Seiser verantwortete Weinkarte lässt für meine Vorlieben wenig Wünsche offen, Frankreich und Riesling satt, da vergeht schon mal ein Viertelstündchen mit der Auswahl. Wie gut, dass man digital vorab ja nicht nur Unverträglichkeiten mitteilen kann, sondern auch Vorlieben. Und so atmete kurz nach der Begrüßung ein feiner Chardonnay auf
und ich den (erwartbaren) Preis-Schock weg... Was übertrieben ist, denn die Weinkalkulation scheint mir angesichts der durchweg hohen Qualität sehr fair zu sein, allemal bei den Flaschen.
Erfreulicherweise leistete mir ein Kollege kurzfristig Gesellschaft, der auf die Frage nach dem Wein meist „Rot, Cuvée“ antwortet. Da bot sich ein Chateauneuf-du-Pape an. Champagne und Elsass (Vin de Voile!) besuchten wir bei unserer flüssigen Frankreich-Reise glasweise, nur Madeira fiel aus dem geografischen Rahmen.
Nicht nur als Sommelier machte Herr Seiser eine gute Figur. Stets aufmerksam, flott, zugänglich und bereit für einige informative Worten wuppte er den Service unter nur gelegentlicher Hilfe der Küche sehr souverän und schuf eine schöne, gastfreundliche Atmosphäre. Meine Vermutung, dass kleinere Sternerestaurants die Reservierung von Einzelessern aus wirtschaftlichen Gründen beschränken müssten, wollte er nicht bestätigen. Erst recht nicht den auch schon gehörten Vorwurf, dass einzelne Gäste für müde Stimmung sorgten. Im Gegenteil hätten im Bandol durch geschickte Platzierung schon spontane Gruppen zusammen gefunden. Kann ich mir gut vorstellen. Am Service gab es nullkommanichts auszusetzen, daher auch mal von mir die seltenen 5 Sterne.
Die bestellten sechs Gänge waren mit 109€ angesichts von Produkten und Mengen durchschnittlich kalkuliert. Die Karte versprach einige Abwechslung:
Vorweg
- Pilz, Estragon, Kaviar & Schwarzwurzel, XO, Liebstöckel
- Rote Bete, Pflaume, Knochenmark
- Makrele, Kapuzinerwurzel, grüne Erdbeeren
- Ziege, Teltower Rübchen, Grünkohl
- Fermentierter Rotkohl, Rote Bete, Austernvelouté
- Havelzander, Roggen, Waldpilztee
- Taube, Lauch, Rettich
- (eingelegte Kirschen, Topinambur, schwarzer Knoblauch - ohne Bestellung)
- Cassis, Stilton, Rosmarin
Hier nimmt jemand Region und Saison ernst, ohne daraus eine anstrengende Weltanschauung zu machen.
Als Tagesangebot Gänseleber, Umami-Sauce & Holzkohleapfel für zusätzliche 24€.
Auch die notgedrungen spontane Bitte meines Begleiters nach möglichst glutenfreien Speisen wurde ohne Gemaule von der Küche gut umgesetzt. Man scheint darauf vorbereitet zu sein, Respekt.
Mit einer cremigen karamellisierten Butter (Suchtgefahr!) gab es ein Kartoffel(misch)brot mit toller Kruste.
Der Teig war deutlich kartoffelig, aber recht schwer und für mich etwas zu salzarm. Als glutenfreie Variante wurden Chips von Garnele, Sellerie und Kartoffel gereicht.
Den Aufschlag machte ein Champignon-Chip mit frischen Blättern und sehr präsentem Estragonstaub, etwas Kaviar steuerte eine Spur Salz bei.
Mutige Kräuter und Crunch, schon knuspere ich dahin...
Deutlich anders angelegt ein vermutlich sehr lange im Ofen bis zu einer weingummiartigen Konsistenz gegarter Streifen Schwarzwurzel mit einer Crème aus XO-Sauce, dazu getrockneter Ingwer und Liebstöckel.
Irgendwo kam Säure her. Mutig, sehr eindeutig, der Chef hat mehrere Jahre im Rutz bei Marco Müller gekocht.
Die zweite Runde war erneut ein Fingerhappen, aber deutlich komplexer:
Tartelette von Sonnenblumenkernen, darauf eine Schicht Rote Bete, darüber ein Marshmallow eindeutig mit dem Geschmack von Rindermark. Bestrichen mit einem Hauch von Bierbalsam, der an alten Essig erinnerte. Schließlich Tupfen von Pflaume, die würzige Süße mitbrachten. Sehr, sehr süffig. Alter Falter, da weiß jemand, was er tut.
Zum Start ins Menü die inzwischen häufig erlebte gebeizte Makrele, deren Fett den Hintergrund bildete für so kräftige Geschmäcker wie salziges Seegras, saure grüne Erdbeeren, eine kräuterig-scharfen Mayo mit Kapuzinerwurzel und einen nachträglich angegossenen Dashi von Hühnerknochen, Muschel und Shitakepilzen.
Herausfordernd, genau mein Ding.
Kaum leiser der folgende Gang, der sich leider als vegetarisch herausstellte. Leider, denn auf Ziegenfleisch war ich sehr gespannt gewesen. So war es dann „nur“ Quark, der die mexikanisch scharf eingelegte Gurke, schön herausgearbeiteten Grünkohl in verschiedenen Texturen und Teltower Rübchen verband, die zu malzig schmeckenden Chips verarbeitet waren. Das hatte zwar viel Biss, aber auch viel Säure, die hier zwar unterschiedlich, aber letztlich ohne interessanten Konterpart inszeniert wurde. Ein Foto ist nicht auffindbar, so sad...
Auch der nächste Teller kam ohne Fleisch aus. (Ich nehme an, dass Vegetarier aus dem Menü die fleischfreien Gänge wählen, die dann von der Portionsgröße angepasst werden.)
Die Küche richtete fermentierten Rotkohl und Rote Bete in verschiedenen Varianten (darunter intensiv dehydriert) zunächst „trocken“ mit Champignonsand und Saiblingskaviar an. Später wurde eine Austern-Velouté angegossen.
War wieder säuerlich, aber durch die weiteren Komponenten nicht mehr so extrem. Gut, aber vegetarisch begeistert mich eben selten.
Nach den jahreszeitlich bedingten Gemüsefermentationen freute ich mich auf ein schönes Stück Fisch. Für diesen Wunsch war der heimische Zander nicht umsonst gestorben.
Saftig, mit einer knusprigen Haut und etwas Roggensand bestreut war das schon solo 1a. Mit dem wiederum am Tisch beigefügten Waldpilztee ging’s aber nochmal eine Stufe höher, zumal ein Gel aus Pflaumensaft der umami-Bombe einen kleinen fruchtig-süßen Twist gab.
Elegant dazu ein kleiner Raviolo mit einer kühlen Roggencrème-Füllung. Schön, dass auch Temperatur eingesetzt wurde. Toller Teller.
Die folgende, kräftig angebratene Foie gras war vorzüglich und wurde durch eine Sauce aus Schweinefüßen noch vollmundiger.
Gut, dass ein knuspriger Kalbskopf-Chip der Cremigkeit ebenso Einhalt gebot, wie die geräucherten Apfel-Parisienne, die natürlich auch die notwendige Säure einbrachten. Ganz anders, aber nicht weniger süffig war ein mit Entenrilette gefüllter Dumpling, der mit heißem Bärlauch-Öl und Panko-Crumble aber überhaupt keine Wünsche offen ließ.
Genialer Begleiter das Gläschen vom Rebensaft aus deutschen Landen,
der auch nach über 40 Jahren mit einem Quäntchen Frische neben aller Süße erfreute. (Was würden Sie auf eine einsame—It’s SCHARZHOFBERGER, stupid!)
Taube polarisiert.
Ich mag den eigentümlichen, leicht metallischen Geschmack. Hier wären vermutlich viele Genießer ausgestiegen, denn es gab auch das Herz und in einer kleinen Galette
wurde die Leber mit Meerettich und Grünkohl gereicht. Die beiden Tranchen auf dem Teller waren sous-vide, aber noch mit Textur gegart und hatten dann das berühmte Röstaroma mitbekommen.
Zum Aufnehmen der vollmundigen Sauce auf der Basis von Schweinefüßen gab’s lockere Buchweizenbrötchen
extra! Mehr geht nicht - perfekter Fleischteller. Der Vollständigkeit halber seien eher geschmacksarmer Lauch und süß-saurer Rettich erwähnt.
Während sich mein Gegenüber die eingelegten Kirschen schmecken ließ, freute ich mich an verarbeitetem Stilton, der durchaus kräftiger hätte sein dürfen, da neben säuerlichem Cassis auch Rosmarin ätherisch hervor schmeckte.
Aber das war keine Unausgewogenheit, sondern betraf lediglich meine persönlichen Vorlieben.
Und die haben die Bandolisten aus der Torstraße wirklich fast perfekt getroffen. Küche, Service und Ambiente - hier hat mal wieder alles gestimmt und sich zu einem wundervollen Abend gefügt. Danke dafür!