"Perfekter Abend im Lieblingsrestaurant"
Geschrieben am 14.12.2025 2025-12-14 | Aktualisiert am 14.12.2025
Restaurant Topaz
€-€€€
Restaurant
042177625
Horner Straße 90, 28203 Bremen
"Sehr gerne wieder , auch ohne Schlemmerblock"
Geschrieben am 14.12.2025 2025-12-14
Restaurant Frau Li
€-€€€
Restaurant, Bar, Cafe
08950073298
Franziska-Bilek-Weg 1, 80339 München
"Einfacher Italiener, nichts besonderes, passte"
Geschrieben am 14.12.2025 2025-12-14
Trattoria Tiberio
€-€€€
Restaurant
089424005
Kreillerstr. 216, 81825 München
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Ich bezog wie schon häufig, wenn ich alleine unterwegs bin, einen Platz an der Bar, auch um ein Schwätzchen mit Ibo Aly zu halten, der heute mit einer jungen Kollegin Service und Theke übernahm.
Fast alle kreativ klingenden Gerichte auf der Herbstkarte klangen verlockend (vielleicht mit Ausnahme des Sellerie) und so ließ ich Küchenchef Fynn Fabian freie Hand, wenn möglich bei etwas verkleinerten Portionen. Es wurden schließlich sieben, teilweise gar nicht so kleine Gänge, bis ich schließlich abwinken musste…
Zuvor aber ein Negroni Sbagliatto (12€), eine große Flasche Bad Pyrmonter Mineralwasser (7,5€) und mit größter Selbstdisziplin nur wenig vom guten Bäckerweißbrot mit knuspriger Kruste, zu dem ein selbst gemachtes, leicht pikantes Schnittlauch-Öl gereicht wird. Das scheint übrigens so beliebt zu sein, dass sich sein Außer-Haus-Verkauf lohnt. Überhaupt wird hier so gut wie alles selbst gemacht, was die gehobenen Preise völlig relativiert.
Dann überraschte mich der Chef mit etwas, das es im Topaz bislang nicht gab: Ein Amuse!
Mizuna Oxalys-Knolle, gepufftes Quinoa, geröstete Kürbiskerne. Salat, Kapuzinerkresse. Frisch und knackig, aber gleichzeitig Röstnoten gaben einen Wink, wohin sich die Küche entwickelt. Asiaitische Einflüsse sind deutlich, und es wird zunehmend auf überzeugende vegetarische Alternativen geachtet.
Erster Teller „Geiler Eisberg“: Knackige Abschnitte, benetzt mit einer Honig-Senf-Sauce. Dazu Kartoffelstroh und eingelegte Balsamico-Schalotten. Als Upgrade hatte ich mit den Graved Lax bestellt, der eine gute Honig-Senf-Note mitbrachte.
Der Crunch der frittierten Kartoffeln wurde vom frischen Salat abgelöst, genauso wie die Säure des weißen Essigs durch die Süße des Dressings. Die Kräuter-Würzigkeit des gebeizten Fisches brauchte ein paar Momente länger, blieb dann aber lange mit dezentem Dill-Aroma am Gaumen präsent. Auch das schon gelobte Schnittlauch-Öl wirkte leise, verband aber die frischeren Komponenten gut miteinander und steuerte eben den kleinen Kick Schärfe bei, den ich am Ende der Geschmacksentwicklung immer toll finde.
Weiter ging es mit einem ganz speziellen Hot „Dog“: Heiß geräucherter Wels in einem Milchbrötchen nach Art einer Brioche, dem Schwarzkümmel-Samen zusammen mit Pfeffermajonäse „Wumms“ verlieh. Wieder Schärfe, sehr gut. Vorher überzeugte das ausgewogene Aromenspiel zwischen der Rauchnote des angewärmten Fisches, Säure von eingelegten Gurken und der Süße von Ahornsirup. Texturell verschwand der Biss der Gurken recht schnell, aber das ist ja beim Original nicht anders. Was blieb: Ein Maul von Wohlgeschmack!
Gleiches verhieß auch das slow cooked Eisbein! Serviert in der gepufften Schwarte hielten sich das schiere, gezupfte Fleisch und der süß-saure Spitzkohl-Birnen-Salat schön die Waage. Der Kohl sorgte auch für Textur, als der Crunch von Schwarte und knusprigen Zwiebeln vergangen war. Fleisch, Kraut und Zwiebeln: Was fehlt noch zum klassischen Eisbein? Senf, natürlich. Den hatte Fynn Fabian (sparsam) in eine Mayo eingearbeitet, die zusammen mit Soja-Sauce das ganze etwas süffiger machte.
Ein typischer Topaz-Teller, kreative Weiterentwicklung klassischer Geschmacksbilder, aber auf den Punkt, ohne geschmackliche oder gar optische Spielereien. Vielleicht ist letzteres ein Grund dafür, dass die Küche immer noch unterschätzt wird.
Eigentlich war ich recht sicher, dass die Chef‘s Choice mit dem inzwischen schon ikonischen Kartoffel-Pecorino-Krapfen an Lauch-Rahm weitergehen würde, der immer mit erfreulich viel geraspeltem Trüffel daher kommt.
Aber Fynni ließ mich zappeln und kredenzte seine Version eines Waldorfsalats: Sous-vide gegarter Staudensellerie und Brunoise von grünem Apfel, angemacht mit einer Vinaigrette, der u.a. Kalamansi eine angenehm milde Fruchtsäure verlieh. Getoppt wurde das Ganze mit in Honig und weißem Balsamico karamellisieren Walnüssen und - als Spezialität -Scheiben von eingesalzenem Knollensellerie. Dazu etwas vegane Majonäse für die Molligkeit.
Auch hier wurde ein bekanntes Gericht gut modernisiert. Die weichen Abschnitte vom grünen Sellerie schmeckten sensationell, auch die Frische des Apfels passte sehr gut. Mir fehlte allerdings etwas die Süffigkeit, was vor allem an den trocken gebeizten weißen Scheiben lag. Der Chef bestätigte aber, dass genau dieses mürbe Mundgefühl geplant war.
Es bleibt dabei: Knollensellerie gehört nicht zu meinen Favoriten. Dafür mag ich Koriander - und schon ist das kulinarische Universum wieder im Einklang. Wenn man der Küche freie Hand gibt, muss man halt mit Überraschungen leben, wobei der Teller natürlich gut geschmeckt hat, keine Frage.
Ich „tröstete“ mich mit der dann - sicher ist sicher - ausdrücklich bestellten Käse-Kartoffel-Krokette.
Inzwischen ein kleines Signature des Hauses, ist das nicht nur einfach Soulfodd, sondern auch klug durchdacht: Der Lauch für die sahnige Sauce wird zunächst angeröstet und steuert eine „grüne“ Note bei, die den schmackigen Teller mit einer markanten, leicht scharfen Note ergänzt. Der Krapfen, je zur Hälfte aus Kartoffel- und Brandteig ist herrlich fluffig, der geraspelte Pecorino deutlich erkennbar (und besser als Parmesan) stellt ein Umami-Gerüst und der Herbsttrüffel duftet verführerisch.
Nach einer kleinen Pause wollte ich noch unbedingt die Klopse nach Königsberger Art testen. Denn (schwedische) Hecht-Klöße sind hier nicht allzu häufig auf den Speisekarten anzutreffen. Wohl denen die Est de Grand-Est leben…
Der feine Fischgeschmack passte hervorragend, Kalbfleisch wurde nicht vermisst. Die dezent säuerliche Sauce dazu natürlich auch hierselbst aus den Karkassen gezogen. Rote Bete wurde in pink (Himbeer?) Essig eingelegt und war damit mehr fruchtig als erdig. Sie wurde leicht erwärmt mit den klassischen Salzkartoffeln serviert. Damit war die eingelegte Fraktion vertreten, so dass als letzter Stammspieler frittierte Kapernblüten aufliefen.
Die Hauptgerichte fallen ja meist klassischer aus, als die kreativeren Entrées, so auch hier. Und doch: Alles mit dem berühmten Pfiff und auch die Kleinigkeiten - die bei handwerklicher Arbeit so viel Zeit fressen! - haben einen Sinn.
Barchef Ibo ließ mich derweil die neuesten Erwerbungen probieren; Ein südafrikanischer Trauben-Secco - solo angenehm herb - schmeckte gemixt mit Bremer Bratappel-Tee (https://www.tee-handelskontor-bremen.de/original-bremer-bratappel-1705 unbezahlte Werbung;-) als tolle alkoholfreie Alternative mit winterlichen Gewürzen und ausgewogener Süße-Säure-Balance ausgesprochen gut. Der leckere Cocktail erschien nicht einmal auf der Rechnung - Danke!
Eigentlich wäre hier Schluss gewesen, aber die Küche hatte das Short-Rib empfohlen. Und wenn der Koch empfiehlt, hör auf deinen Gaumen, nicht auf deinen Magen!
Die US-Ware war 16 Stunden sanft geschmort, und natürlich war sie voller Geschmack super-zart, aber eben doch noch mit erkennbarer Textur. So muss das! Die Sauce selbstredend intensiv, leicht tomatisiert und mit angebratenen, fruchtig-süßen Trauben ergänzt. Perfekt, um die mit gezupftem Fleisch gefüllten Fazzoletti zu umschmeicheln, deren selbst gemachter Teig wie es sein soll dünn gearbeitet war, aber eben doch noch leichten Biss hatte. Darüber eine „leichte“ Béchamel gezogen und selbst die Blütenblätter sahen nicht nur hübsch aus, sondern sorgten für herb-kräuteriges Glanzpunkte. Einfach geil!
Völlig satt und glücklich strich ich endgültig die Segel. Nur die (ein letztes Mal sei es erwähnt) selbst gefertigte Walnuss-Nougat-Praline in Kakaopulver durfte ich nicht ablehnen. Alles andere wäre ein Affront für die Mannschaft des Topaz gewesen, die an diesem Abend (wieder einmal) eine blitzsaubere Leistung ablieferte. Wer auf kleinteilige Kombinationen und gewagte Aromen verzichten kann, im Herzen bürgerlich-klassische Küche schätzt, aber vor kreativen Weiterentwicklungen nicht zurück schreckt, hat im Topaz das gastronomische Paradies gefunden.