"Gelungene Italien-Balkan Liaison im sympathischen kleinen Familienbetrieb"
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Geschrieben am 12.12.2021 2021-12-12 | Aktualisiert am 13.12.2021
Hausgemachte Cevapcici und Pljeskavica auf einer Karte neben Pizza und Pasta? Eine große Pizza Salami kostet geschlagene 12 Euro?
Viele Fragezeichen taten sich bei diesem kleinen Lokal vorab auf, als ich die Website erstmalig besuchte. Zumal ich bei vermeintlichen „Jack of all trades, master of none-Läden“ immer extrem misstrauisch bin, die gefühlte 400 Gerichte aus aller Herren Länder anbieten und selbst wenn es gut läuft, mit Glück gerade so eine Länderküche halbwegs beherrschen, war ich hier bei der, vor einem... mehr lesen
Grill Pizzeria Roma
Grill Pizzeria Roma
€-€€€
Restaurant, Lieferdienst, Pizzeria
021224926807
Eiland 13, 42651 Solingen
4.5
stars -
"Gelungene Italien-Balkan Liaison im sympathischen kleinen Familienbetrieb"
Shaneymac
Hausgemachte Cevapcici und Pljeskavica auf einer Karte neben Pizza und Pasta? Eine große Pizza Salami kostet geschlagene 12 Euro?
Viele Fragezeichen taten sich bei diesem kleinen Lokal vorab auf, als ich die Website erstmalig besuchte. Zumal ich bei vermeintlichen „Jack of all trades, master of none-Läden“ immer extrem misstrauisch bin, die gefühlte 400 Gerichte aus aller Herren Länder anbieten und selbst wenn es gut läuft, mit Glück gerade so eine Länderküche halbwegs beherrschen, war ich hier bei der, vor einem
"Alle Jahre wieder lockt die Gans – über winterliche Behaglichkeit, herzliche Gastlichkeit und ansprechendes Küchenhandwerk"
Verifiziert
5
Geschrieben am 29.11.2021 2021-11-29 | Aktualisiert am 04.12.2021
Besucht am 27.11.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 120 EUR
Während nicht nur die Gastronomie besorgt die Nachrichtenlage verfolgt und der nächste Lockdown schon ruchbar zu werden scheint, war es für mich vorgestern an der Zeit, ein Vorhaben aus der Episode meiner „Lockdown Chronicles“ endlich in die Tat umzusetzen.
Eines der menschlich und auch kulinarisch erfreulichsten Erlebnisse hierbei hatte ich zweifellos mit dem mir bereits in Vor-Corona-Zeiten vielfach empfohlenen „Basti’s Restaurant“ in Solingen Gräfrath.
Für mich stand aber fest, dass eine Lieferservice-Bewertung, so positiv sie auch gewesen sein mag, sicher nicht dazu taugt, einen Abend vor Ort zu ersetzen, was die Aussagekraft einer Erstbewertung angeht, ein Besuch im Restaurant stand somit fortan recht weit oben auf meiner diesbezüglichen To-Do-Liste.
Zu Hintergrund und Werdegang des sympathischen Kochs und Gastronomen Bastian Beyer und seiner nicht minder zugewandten Frau Sarah, die den Service leitet, habe ich mich in meinem Lieferservice-Roman im April schon geäußert, wer möchte kann dort gerne nachschauen.
Auch wenn das Vorhaben schon lange geplant war, reifte der Entschluss essen gehen zu wollen doch recht spontan am Freitagnachmittag, ich rief an, der Chef selbst war dran und wie zu erwarten war an diesem Abend so kurzfristig nichts zu machen, aber der Samstag sähe – dank unsäglicher Last-Minute-Absagen mehrerer Tische, selbst am Samstag sollten noch welche folgen – schon besser aus.
Zudem würde es dann auch die neue Winterkarte geben, der leidenschaftliche Koch begann einige Positionen aufzuzählen und auch wenn das Thema „modern“, das man im eigenen Versprechen an den Gast, nämlich „Moderne – regionale Küche.“ zumindest den reinen Titeln der Gerichte nach etwas ins Hintertreffen geraten schien, klang das alles sehr saisonal stimmig, verlockend und alles andere als banal oder anspruchslos.
Aber schließlich sind Namen Schall und Rauch und Speisekarten in manch junger, betont zeitgeistiger Gastronomie, textlich nicht selten eher Worthülsen-lastige Selbstvermarktung. Es entscheidet die Umsetzung über eine zeitgemäße Stilistik, nicht das Wording und da bliebe auch die Frage, ob überflüssige Zugeständnisse an den kulinarischen Zeitgeist, was immer das je nach Auffassung gerade sein mag, immer notwendig sind.
Wenn ich eine köstliche Gänsekeule verspeise, mit einer ehrlichen, meisterlichen Sauce und entsprechenden Beilagen ist es mir furchtbar egal, ob Tellerfoto und Machart auch von 1964 stammen könnten. Vielleicht wäre es mir sogar deutlich lieber, bevor man Zeitloses krampfhaft neu interpretiert, was der Gast in wohliger, alljährlicher Teller-Nostalgie schwelgend, je nach Ausrichtung des Hauses, eigentlich gar nicht modernisiert sehen möchte, völlig unabhängig von der momentanen Retro-Manie.
So war denn auch meine ständige Begleitung im siebten Vorfreude-Himmel, als Basti Beyer mir am Telefon versicherte, es gäbe natürlich auch Gänsekeule oder –brust mit den klassischen Beigaben und auch ich freute mich auf den Folgetag, allzu gerne änderten wir unsere Freitagspläne und reservierten für den frühen Samstagabend.
Kurz nach 18 Uhr und Dank einer für Solingen sehr, sehr untypischen „grünen Welle“ auf weiten Teilen der Anfahrt mit dem Taxi kamen wir recht zügig am anderen Ende der Stadt an, der Eingangsbereich des altehrwürdigen, Schiefer-vertäfelten, Gebäudes war weihnachtlich dekoriert und angesichts der frostigen Witterung strahlte dieser Anblick sogleich Wärme und Behaglichkeit aus.
Wir traten ein und die gelernte Hotelfachfrau Sarah Beyer zeigte, wie man eine herzliche Begrüßung – inklusive gewissenhafter Prüfung der Impfzertifikate - auch mit fachlichem Niveau begleiten kann: „Möchten sie die Mäntel mit zum Tisch nehmen oder darf ich ihnen die abnehmen oder ihnen die Garderobe zeigen?“ - kleine, vielerorts verlorengegangene Gesten, selbst wenn dort mitunter die Preise die diesbezügliche Erwartungshaltung im Vorfeld deutlich befeuert haben sollten.
Sie zeigte uns unseren gemütlichen Ecktisch im überschaubaren, hin zur Straße liegenden Haupt-Gastraum zur Rechten des Eingangs und damit exakt den Tisch, den ich mir bei freier Auswahl gewünscht hätte.
Vorher schaute ein gut gelaunter Basti Beyer noch kurz aus der Küche, auch er begrüßte uns aufs Herzlichste und wir plauderten ein wenig, in jeder Beziehung schien sich ein schöner Abend anzubahnen.
Das qualitativ hochwertige Mobiliar hatte man in weiten Teilen vom Vorgänger-Pächter „Mare e monti“ übernommen, mir gefällt die Mischung aus dunklem Leder und den weißen, offenen Balken, auch wenn jene rein statisch betrachtet nur Deko sein dürften.
Jenes trifft auch auf den – täuschend echten – lodernden Kamin zu, dennoch vermittelte er Behaglichkeit, alles war bestens in Schuss, hysterisch sauber und trotz so mancher Dekoration völlig staubfrei.
Insofern fühlte ich mich sehr wohl in meinem bequemen Eckchen der das Kopfende des Raumes umsäumenden, kommod gepolsterten Bank, es lud Dank der gepolsterten Lehne an der Wand zu meiner Rechten zum entspannten, leicht „diagonalen“ Rumlümmeln zwischen den Gängen ein.
Die Küche setzt seit Beginn an auf eine löblich kleine Auswahl frisch gekochter Gerichte, auch wenn man das vielstrapazierte Credo „saisonal und regional“ nicht propagiert, ist es hier gelebtes Konzept, das beidseitig bedruckte, laminierte A4-Blatt, dass hier die Karte darstellt, kündet jedenfalls größtenteils davon.
Die adrett gekleidete, souveräne Service-Chefin erfragte erste Wünsche, wir besprachen mögliche Aperitifs und wurden fündig, die Speisen wurden gleich mitbestellt, vier Gänge für mich, drei für Madame, Sarah Beyer deckte sogleich das Besteck für alle Gänge versiert ein, mögen die Spiele beginnen…
| Vorweg |
Borgo Molino Motivo Prosecco Rosé Spumante Extra Dry – 0,1l zu 4,50 €
Hugo, klassisch – 5,50 €
Hurra, ich musste nicht fahren, ich war in Champagner-Laune, den habe ich hier aber als offenen Apero nicht erwartet, einen Cremant gab es leider auch nicht aber einen „schönen Prosecco“, sogar in Rosé, habe man im Angebot.
Bei dem Stichwort „schöner Prosecco“ werde ich aus Erfahrung immer misstrauisch und fragte zumindest vorab, ob Flaschengärung oder schnöder Frizzante und erfuhr, ersteres sei der Fall.
Und ich sollte positiv überrascht werden, ein eleganter, mehr als erträglicher Vertreter seiner Art, das „Extra Dry“ trug er nicht umsonst, angenehme, feine Perlage, frisch mit nicht zu blumiger, gar parfümierter Frucht, gefiel mir gut.
Borgo Molino Motivo Prosecco Rosé Spumante Extra Dry
Auch der Hugo, nach wie vor ein Liebling meiner Madame, gefiel gut, zufrieden schlürften wir vor uns hin und stießen vorab auf ein hoffentlich schönes Essen und den Abend an.
Hugo, klassisch
Basti Beyer servierte derweil als kleinen Appetithappen sein hausgebackenes Landbrot, warm und leicht grilliert, mit einer kräftig tomatisierten, kühlen aber wunderbar streichfähigen Butter.
hausgebackenes Landbrot, grilliert, Tomatenbutter
Das sollte gut schmecken und in dieser Ausführung war es mir im Vergleich zu der von mir vielgescholtenen, geschmacksneutralen Quark-Weißbrot Kombination, die man vielerorts seit unzähligen Jahren für das ultimative Vorab-Häppchen in Ermangelung eines Amuse hält, gar eine kleine Freude.
Da mein Prosecco schneller verschwand als mein erster Gang auftauchte, bestellte ich kurzentschlossen einen zweiten, schaffte ihn allerdings nur zur Hälfte bis serviert wurde. Das Glas trat ich an meine Begleitung ab, die nur sehr selten Alkohol trinkt und auch sie war recht angetan.
Zum Ganzen wurde übrigens noch eine Flasche Stiftsquelle bestellt, das gut gekühlte Wasser mit passenden Gläsern kam prompt und es wurde leider vergessen es zu berechnen, wie ich heute feststellte.
| 1. Gang |
Bouillabaisse, Rouille, Pain grillé – 10,50 €
2017 Hattenheim Hassel, Riesling, VDP Großes Gewächs, Wein- und Sektgut Barth, Hattenheim, Rheingau – eigene Flasche gegen Korkgeld
Zur Bouillabaisse muss man wissen, dass diese, im Gegensatz zu der bis Freitag gültigen, auf der neuen Winterkarte eigentlich nicht mehr stand. Als wir aber am Vortag telefonierten und ich leicht bedauernd sagte, dass ich mich sehr auf diese gefreut habe, versprach er spontan, dass sei überhaupt kein Problem.
Denn er habe sie in letzter Zeit ohnehin immer à la minute zubereitet, frischen Fisch habe er wegen eines „Edelfischtellers“ auf der neuen Karte ohnehin da, hausgemachten Fond sowieso.
Das ich vielleicht ein paar Abstriche machen müsste, war mir aber klar, eine gute Bouillabaisse ist kein guter à la minute Kandidat, aber ich hatte mich darauf gefreut und der „spanische Fischtopf“ aus dem Lieferservice des Restaurants war mir noch in bester Erinnerung.
"schnelle" Bouillabaisse, Rouille, Pain grillé
Die Abstriche sollten sich aber im Rahmen der Möglichkeit in engen Grenzen halten, selbst wenn es angesichts der an der Oberfläche relativ klar anmutenden Brühe sicher einige geben wird, die hier aus der Ferne eine schwachbrüstige Angelegenheit diagnostizieren und auch ich war zunächst misstrauisch, aber nicht immer sagen Bilder mehr als tausend Worte. Schließlich strotzt ja auch so manche klare Tomaten-Consommé mit weitaus mehr Intensität als eine lieblose Tomaten-Lumumpe aus der Dose.
Zum einen gefiel mir die Fisch-Palette gut. Nun sind Drachenkopf, Dorade, Seeteufel, Rotbarbe, Meeraal, Knurrhahn, Wolfsbarsch oder Petersfisch ja gemeinhin die mediterranen Fisch-Klassiker in einer Bouillabaisse, dazu noch Muscheln und Garnelen, je nach Gusto und Verfügbarkeit.
Aber wir sind nicht im Hafen von Marseille und die preiswert angebotene Suppe war der Wunsch eines einzelnen Gastes, somit war ich mit der hiesigen Auswahl von Seehecht, Lachs, Seeteufel, Garnelen, Venus- und Miesmuscheln zufrieden.
Geschmacklich auch, neben einem hinreichend kräftigen Fond-Fundament eine spürbare aber nie dominante Safran- und Fenchel-Note, das besaß durchaus Tiefe, die al dente Lauchzwiebel hätte ich nicht gebraucht, etwas Noilly Prat meine ich noch vernommen zu haben, vielleicht auch Wunschdenken im Aromenspiel – und, Halleluja: jemand versteht den Zweck von Salz nicht als rein dekorativen solchen, sehr schön.
Als Beiwerk gab es erneut das schöne gegrillte Landbrot und eine mit echtem Safran (Fäden, auf die Ware ist der Koch zu Recht stolz wie er erzählte) aromatisierte Rouille mit ausreichender Knoblauchschärfe.
Unter dem Strich wäre vielleicht „Fischsuppe nach Art einer Bouillabaisse“ treffender gewesen, denn Hardcore Fans der südfranzösischen Küche hätten sicher Haare in der Suppe gefunden, ich jedoch war mit Fug und Recht zufrieden mit dem gebotenen wie ich meine.
Zum Wein: Wir waren einige Wochen nicht mehr gepflegt essen und ich entschloss den Advent mit ein wenig Selbstbelohnung einzuläuten, man ist kein BYO Restaurant aber einen eigenen schönen Wein gegen Korkgeld – das man später nicht berechnen wollte, aber da bestand ich drauf und gab 20 Euro - durfte ich auf vorherige Nachfrage nur allzu gerne mitbringen. Wein ist nicht unbedingt das Hauptaugenmerk des Hauses, auch wenn man gar einen eigenen alltagstauglichen Grauburgunder mit eigenem Etikett aufgelegt hat und durchaus ansprechendes offenes in kleiner Auswahl bietet, das möchte ich betonen. Aber heute wollte ich mir einfach etwas gönnen.
2017 Hattenheim Hassel, Riesling GG - mitgebracht gegen Korkgeld
Eigentlich hätte dieser 2017er Ausnahme-Lagen-Riesling von Barth noch mindestens fünf Jahre im Keller liegen müssen aber man attestiert ihm schon jetzt großes, hochklassiges Trinkvergnügen und ich opferte ihn gerne.
Tief, komplex, mit ausgeprägter Mineralik und eher dezenter Frucht bei hauchzart leichter Fruchtsüße, die Säure Reben-typisch präsent und gleichsam rund und nicht im Ansatz ruppig. Ein großer, versatiler Wein, der sich wie erwartet hervorragend mit all meinen Gerichten verstehen sollte, und ganz besonders mit den Wildnoten in Gang 2 und 3.
Derweil strömte köstlicher Gänsebraten-Duft durch den Gastraum, der Tisch am anderen Ende des Gastraumes mit einer kleinen Familiengesellschaft freute sich gerade über das Servieren ihrer Gänsegerichte und meine Begleitung starb spontan vor Hunger, weil sie sich entschieden hatte, erst bei meinem zweiten Gang mit ihrer Suppe einzusteigen.
Augen auf bei der Menüplanung sage ich nur, ich musste sogar mein Brot und die Rouille aufmerksam bewachen, leider mit mäßigem Erfolg….
| 2. Gang |
Wildterrine – 10,50 € (reduzierter Menüpreis als kleine Portion, regulärer à la carte Preis 12,50 €)
Morchel-Samtsüppchen – 10,50 €
Als ich wegen der vier Gänge um angepasste Portionen bat war ich froh, dass dies möglich war, eigentlich ist man ein reines à la carte Restaurant, die Preise passte man dennoch stimmig und fair an.
Meine Wildterrine kam mit Preiselbeergelee, Wildkräutersalat und geröstetem Brioche, wobei mich letzteres optisch schon beim Servieren enttäuschte, was später in einer ausgiebigen, konstruktiv-freundlichen Brioche-Fachsimpelei mit dem Koch enden sollte.
Wildterrine
Dies sei der erste Tag der neuen Karte, da sei noch Feintuning nötig und ein Versuch mit Brioche-Muffins sei – Dank viel zu festem Backergebnis - etwas in die Hose gegangen, daher setzte er kurzentschlossen auf eine Kastenform, werde das aber noch mal in Ruhe überdenken – zufrieden schien er auch nicht wirklich.
Geschmacklich war das aber mit etwas Nachsicht durchaus ansprechend, nur die Toast-Optik, nicht nur wegen der Schnitt- und Anrichte-Weise, empfand ich als etwas traurig.
Die aromatische, fein abgeschmeckte Terrine selbst – ich tippte zunächst auf Reh - kam vom Hirsch mit etwas Wildschweinleber und schmeckte hervorragend, dazu kleine Würfel vom Preiselbeergelee, klassischer geht es kaum.
Nicht nur optisch bereicherten kleine Tupfen einer leichten Emulsion mit leichten Noten von Tomate und geräucherte Paprika.
Optisch etwas blass der Wildkräutersalat. Statt ihn leicht anzumachen und vollflächig zu benetzen gab es Tropfen von recht brauchbarem Balsamico – ich hätte einen nicht zu süßen Fruchtessig passender empfunden. Die halbierte Kirschtomate, sowie zwei grobe Gurkenstifte, habe ich im Kontext des Gerichtes nicht wirklich verstanden, blieben somit auch liegen, derweil sich Madame über die Radieschen freute.
Um es vorwegzunehmen: Eigentlich streng genommen der schwächste Gang, aber ein Schluck vom Wein nach einem Happen Brioche und Terrine ließ mich dann doch noch mit leichter Gänsehaut die Augen schließen.
Das Samtsüppchen von der Morchel mit Champagner zubereitet und karamellisierten Maronen als Einlage wurde parallel von meiner ausgehungerten Begleitung mit Freude, Appetit und Zufriedenheit verspeist, was ich nach einem Probierlöffel auch nachvollziehen konnte.
Morchel-Samtsüppchen
| 3. Gang |
Hirschrahmbraten – 15,50 € (reduzierter Menüpreis als kleine Portion, regulärer à la carte Preis 19,50 €)
Gänsebrust – 28,50 €
Die Hauptgerichte kamen und das erste was Sarah Beyer anmerkte war, dass extra Soße oder ein Beilagen-Nachschlag auf Wunsch eine Selbstverständlichkeit sei.
Ich bin zwar kein Geschirr-Fetischist, aber der geschmackvolle, hellblaue Teller unter meinem Hirschrahmbraten, der sich so ideal in das Ambiente einfügte, gefiel mir ausnehmend gut.
Hirschrahmbraten
Dazu gab es Kirschrotkohl und leicht mit feinen Nusssplittern panierte Haselnuss-Spätzle, sowie eine pochierte, zweifarbige, gefüllte Rotweinbirne.
Das aus einer Solinger Jagd (Revier 13, Oberburg) stammende Fleisch (wobei ich mich nachträglich über Rotwild in Oberburg wunderte, vielleicht war es Rehbock?) wurde tadellos auf den Punkt geschmort, es zerfiel nicht beim Hinschauen und dennoch brauchte man Zähne eigentlich nicht wirklich, man konnte es mit der Gabel teilen, wenn man denn wollte.
Die sämige Soße schmeckte grundehrlich, ein guter Fond, etwas Süße durch Preiselbeeren o.ä. und durch Rahm oder Creme fraiche (und ggf. einen Schuss Essig) auch ein idealer Touch Säure, ich mag es nicht, wenn solche Soßen rahmig-süßlich einseitig geraten.
Fruchtige Süße hätte ich beim Kirsch-Rotkohl vielleicht etwas mehr erwartet, hier stach Nelke für meine Begriffe etwas zu deutlich heraus, aber auch hier überzeuge man unter dem Strich nicht zuletzt mit einer sehr ansprechenden Konsistenz, denn übergart oder allzu bissfest ist er mir meist ein Graus: ein sehr brauchbarer, leicht adventlicher Rotkohl.
Die Nuss-Spätzle hatte ich mit ihrer leichten Panierung so noch nicht gegessen, passten aber erwartungsgemäß hervorragend und auch hier gaben Geschmack und Textur keinen Grund zur Klage.
Der kleine Gartenzwerg auf dem Teller ist übrigens die „bi-color“ Rotweinbirne. Man pochiert Birnen in Rotwein und Gewürzen, andere mit Weißwein, halbiert sie, höhlt die untere Hälfte der weißen Variante aus und füllt sie mit einer Art Preiselbeerkonfitüre, obenauf dann der rote Hut.
Köstlich! Nur habe ich mich später gefragt, wie man das handhabt, ist es reiner Zufall, ob ich einen weißen oder roten Hut habe? Ich kann mir kaum vorstellen, dass man immer auf einem roten „Hut“ besteht und somit die Hälfte der pochierten Birnen entsorgt oder zweitverwertet. Die großen Fragen des Lebens eben…. :-)))
Die Gänsebrust von Gegenüber stammte zwar nicht aus klingenstädtischen Gefilden, aber aus einer artgerechten Freilandzucht in der Eifel, was auch den Preis relativiert. Gutes Gänsefleisch ist teuer, sofern man nicht meint, eine polnische Hafermastgans vom Discounter aus unsäglichen Haltungsbedingungen sei in irgendeiner Weise akzeptabel.
Gänsebrust
Hierzu gab es den gleichen Kirschrotkohl wie beim Hirsch, einen Kartoffelkloß, einen veritablen, mit Marzipan gefüllten Bratapfel sowie eine handwerklich perfekte, unerwartet elegante Orangensauce, statt der oft recht schweren Bratentunke.
Nachdem ich, ob der ausgeprägt „phallischen“ Anrichteweise des Gerichtes, pflichtschuldig ordinären, spätpubertären Pennäler-Humor zum Besten gab und prompt böse Blicke von Gegenüber erntete (Mission accomplished!) durfte ich probieren und war ebenfalls angetan.
Zartes, saftiges Fleisch, knusprige Haut, eine gut balancierte Sauce, die unterstützte und den Geschmack der Gans hob und nicht erschlug, trotz aller Zufriedenheit mit meinem Hirsch war ich ein klein wenig neidisch.
Puh, jetzt war eine kleine Pause angesagt, dennoch war ein Dessert angesichts des Angebotes unvermeidbar…
| Dessert |
Wintertiramisu – 9,50 €
Stollenparfait – 10,50 €
Schon beim Servieren war Weihnachten ganz nah, der von beiden Tellern wabernde Geruch war einfach eine Freude.
Mein Wintertiramisu hatte seinen Namen wahrlich verdient, bis auf die Optik waren adventliche Aromen hier prominent vertreten, statt Biskuits wurden Spekulatius verarbeitet, in der unteren Mascarpone-Schicht fanden sich noch leicht zimtig vorschmeckende Kirschen im Ganzen.
Wintertiramisu
Begleitet wurde es von lauwarmen Gewürzkirschen, die wohl mit etwas Spekulatiusgewürz o.ä. leicht eingekocht bzw. abgebunden wurden, so wie man es grundsätzlich von den heißen Kirschen zur Waffel kennt.
Dazu noch etwas nett auf dem Teller drapierte, gesteigert köstliche Sauce, die an eine zimtige Vanillesauce oder Tonkabohne erinnerte, die in der Karte vermerkte Zimt-Mascarpone bezog sich wohl eher auf die Masse im Kuchen, ich denke es war die Lebkuchen-Vanillesauce, die auch das Stollenparfait begleitete.
Das Stollenparfait meiner Freundin (bitte mal Szenenapplaus für diese völlig wertfreie Bezeichnung) wurde von Himbeersauce und der erwähnten Lebkuchen-Vanillesauce begleitet, sowie von einem sehnsüchtig erwarteten, ofenfrischen Pflaumen-Crumble.
Stollenparfait
Das Parfait war eine Ansage in der Kategorie Alltags-Patisserie, handwerklich perfekt, herrlich cremig und nicht im Ansatz kristallin, es war nicht übersüßt und trug klar die geschmacklichen Insignien eines Stollens durch Dinge wie Kardamon, Rosinen, Korinthen oder Orangeat.
Madame war begeistert und ließ mich probieren, auch der Pflaumen Crumble wusste zu gefallen und wurde ebenfalls mit großer Zufriedenheit – ich sollte in ihrem ausgeprägt süßzahnigen Fall vielleicht eher „Glückseligkeit“ schreiben – verspeist, vom Parfait schwärmt sie noch heute, zwei Tage später.
Nun ging nicht mehr viel, die aufmerksame Chefin vom Dienst bot noch Kaffee oder ein Digestif an, ich entschied mich für einen Ron Botucal, die 4cl zu fairen 5,50 €, vielleicht nicht mein liebster Rum aber ein zu Recht sehr beliebter und nach diesem Dessert passte er wirklich hervorragend.
Ron Botucal
Die Zeit war wie im Fluge vergangen, wir waren gegen 22 Uhr die letzten Gäste und unterhielten uns noch eine ganze Weile mit dem sympathischen, jungen Betreiber-Ehepaar, ich gab ungefragt leicht angeduselt „wertvolle“ Tipps zum perfekten Brioche und erzählte Unsinn, Madame und Sarah Beyer erörterten Haustier-Anekdoten, ein schöner Abend bei und mit netten Menschen und passendem Essen ging zu Ende als das Taxi kam.
Fazit
Hier stehen bodenständiges, mit Herz und Hand umgesetztes Handwerk und gute Produkte im Vordergrund.
Wer die große Kunst auf dem Teller sucht ist hier genauso falsch wie Pfennigfuchser, für die eine Gänsekeule mit Beilagen nicht mehr als 12 Euro und das Fritteusen-Schnitzel – am besten am Schnitzel-Aktions-Tag – mit Pommes möglichst unter 10 Euro kosten darf.
Für den solide umgesetzten Claim des Hauses „Einfach gut essen.“ (muss gut ankommen, wurde schon kopiert in Solingen…) möchte ich in Sachen Küchenleistung inklusive erwähnter Detailkritik doch noch 4,5 Sterne für das Gebotene auf diesem Preislevel vergeben.
Der Service ließ keine Wünsche offen. Auch wenn es an diesem Tag einfach war, weil es recht leer war durch diverse Absagen, fühlten wir uns durch Sarah Beyer ständig umsorgt und nach der Zufriedenheit zu fragen, schien sie als unaufdringliche Selbstverständlichkeit zu verstehen, fünf Sterne hierfür.
Das Ambiente gefiel mir gut, ich mag solche Läden und man setzt auf dezent dekorierte Gemütlichkeit anstatt auf urbane Hipster-Klischees. Auch die bequeme „Sitz-Situation“ trug zum Wohlfühlen merklich bei, gute vier Sterne hierfür.
Die Sauberkeit makellos, die tagesaktuellen (…) NRW Corona Regeln wurden gewissenhaft umgesetzt, fünf Sterne.
Bei Preis-Leistung komme ich auf fast perfekte 4,5 Sterne, man wird nicht beschenkt aber bekommt viel geboten für sein Geld und die Kalkulation ist immer fair. Ob der ein oder andere hier eher eine drei sieht, oder eine fünf, hängt sicher immer auch mit der eigenen Perspektive zusammen aber das ist ja in jeder Bewertungs-Kategorie so.
Teile ich die Sterne für die für mich in einer Gastronomie mit dieser Ausrichtung maßgeblichsten Disziplinen Küche, Service und PLV durch drei, so komme ich auf aufgerundete 4,7 und daher gibt es auch in der Gesamtwertung 4,5 Sterne, weil hier auf GastroGuide halbe Sterne möglich sind.
In jedem anderen Portal, wie auf TripAdvsior, wo ich Auszüge ebenfalls posten werde, natürlich glasklare 5 Sterne ohne Wenn und Aber.
Da die Karte ständig saisonal wechselt, werden wir in Zukunft ganz sicher öfter hier zu Gast sein, aber das man hier nicht enttäuscht wird, war mir nach dem Lieferservice-Einstand im April eigentlich fast klar; ich freue mich auf den nächsten Besuch!
P.S.
Liebe GastroGuide Freunde, ich habe noch einiges nachzuholen was das Lesen in den letzten drei Wochen angeht, es passte in letzter Zeit zeitlich am Wochenende nicht so gut, Asche auf mein Haupt, wird noch gemacht, ich schaue mir jeden Beitrag noch an, verspochen!
Eines der menschlich und auch kulinarisch erfreulichsten Erlebnisse hierbei hatte ich zweifellos mit dem mir bereits in Vor-Corona-Zeiten vielfach empfohlenen „Basti’s Restaurant“ in Solingen Gräfrath.
Für mich stand aber fest, dass eine Lieferservice-Bewertung, so positiv sie auch gewesen sein mag, sicher nicht dazu taugt, einen Abend vor Ort zu ersetzen, was die Aussagekraft einer Erstbewertung angeht, ein Besuch im Restaurant stand somit fortan recht weit oben auf meiner diesbezüglichen To-Do-Liste.
Zu Hintergrund und Werdegang des sympathischen Kochs und Gastronomen Bastian Beyer und seiner nicht minder zugewandten Frau Sarah, die den Service leitet, habe ich mich in meinem Lieferservice-Roman im April schon geäußert, wer möchte kann dort gerne nachschauen.
Auch wenn das Vorhaben schon lange geplant war, reifte der Entschluss essen gehen zu wollen doch recht spontan am Freitagnachmittag, ich rief an, der Chef selbst war dran und wie zu erwarten war an diesem Abend so kurzfristig nichts zu machen, aber der Samstag sähe – dank unsäglicher Last-Minute-Absagen mehrerer Tische, selbst am Samstag sollten noch welche folgen – schon besser aus.
Zudem würde es dann auch die neue Winterkarte geben, der leidenschaftliche Koch begann einige Positionen aufzuzählen und auch wenn das Thema „modern“, das man im eigenen Versprechen an den Gast, nämlich „Moderne – regionale Küche.“ zumindest den reinen Titeln der Gerichte nach etwas ins Hintertreffen geraten schien, klang das alles sehr saisonal stimmig, verlockend und alles andere als banal oder anspruchslos.
Aber schließlich sind Namen Schall und Rauch und Speisekarten in manch junger, betont zeitgeistiger Gastronomie, textlich nicht selten eher Worthülsen-lastige Selbstvermarktung. Es entscheidet die Umsetzung über eine zeitgemäße Stilistik, nicht das Wording und da bliebe auch die Frage, ob überflüssige Zugeständnisse an den kulinarischen Zeitgeist, was immer das je nach Auffassung gerade sein mag, immer notwendig sind.
Wenn ich eine köstliche Gänsekeule verspeise, mit einer ehrlichen, meisterlichen Sauce und entsprechenden Beilagen ist es mir furchtbar egal, ob Tellerfoto und Machart auch von 1964 stammen könnten. Vielleicht wäre es mir sogar deutlich lieber, bevor man Zeitloses krampfhaft neu interpretiert, was der Gast in wohliger, alljährlicher Teller-Nostalgie schwelgend, je nach Ausrichtung des Hauses, eigentlich gar nicht modernisiert sehen möchte, völlig unabhängig von der momentanen Retro-Manie.
So war denn auch meine ständige Begleitung im siebten Vorfreude-Himmel, als Basti Beyer mir am Telefon versicherte, es gäbe natürlich auch Gänsekeule oder –brust mit den klassischen Beigaben und auch ich freute mich auf den Folgetag, allzu gerne änderten wir unsere Freitagspläne und reservierten für den frühen Samstagabend.
Kurz nach 18 Uhr und Dank einer für Solingen sehr, sehr untypischen „grünen Welle“ auf weiten Teilen der Anfahrt mit dem Taxi kamen wir recht zügig am anderen Ende der Stadt an, der Eingangsbereich des altehrwürdigen, Schiefer-vertäfelten, Gebäudes war weihnachtlich dekoriert und angesichts der frostigen Witterung strahlte dieser Anblick sogleich Wärme und Behaglichkeit aus.
Wir traten ein und die gelernte Hotelfachfrau Sarah Beyer zeigte, wie man eine herzliche Begrüßung – inklusive gewissenhafter Prüfung der Impfzertifikate - auch mit fachlichem Niveau begleiten kann: „Möchten sie die Mäntel mit zum Tisch nehmen oder darf ich ihnen die abnehmen oder ihnen die Garderobe zeigen?“ - kleine, vielerorts verlorengegangene Gesten, selbst wenn dort mitunter die Preise die diesbezügliche Erwartungshaltung im Vorfeld deutlich befeuert haben sollten.
Sie zeigte uns unseren gemütlichen Ecktisch im überschaubaren, hin zur Straße liegenden Haupt-Gastraum zur Rechten des Eingangs und damit exakt den Tisch, den ich mir bei freier Auswahl gewünscht hätte.
Vorher schaute ein gut gelaunter Basti Beyer noch kurz aus der Küche, auch er begrüßte uns aufs Herzlichste und wir plauderten ein wenig, in jeder Beziehung schien sich ein schöner Abend anzubahnen.
Das qualitativ hochwertige Mobiliar hatte man in weiten Teilen vom Vorgänger-Pächter „Mare e monti“ übernommen, mir gefällt die Mischung aus dunklem Leder und den weißen, offenen Balken, auch wenn jene rein statisch betrachtet nur Deko sein dürften.
Jenes trifft auch auf den – täuschend echten – lodernden Kamin zu, dennoch vermittelte er Behaglichkeit, alles war bestens in Schuss, hysterisch sauber und trotz so mancher Dekoration völlig staubfrei.
Insofern fühlte ich mich sehr wohl in meinem bequemen Eckchen der das Kopfende des Raumes umsäumenden, kommod gepolsterten Bank, es lud Dank der gepolsterten Lehne an der Wand zu meiner Rechten zum entspannten, leicht „diagonalen“ Rumlümmeln zwischen den Gängen ein.
Die Küche setzt seit Beginn an auf eine löblich kleine Auswahl frisch gekochter Gerichte, auch wenn man das vielstrapazierte Credo „saisonal und regional“ nicht propagiert, ist es hier gelebtes Konzept, das beidseitig bedruckte, laminierte A4-Blatt, dass hier die Karte darstellt, kündet jedenfalls größtenteils davon.
Die adrett gekleidete, souveräne Service-Chefin erfragte erste Wünsche, wir besprachen mögliche Aperitifs und wurden fündig, die Speisen wurden gleich mitbestellt, vier Gänge für mich, drei für Madame, Sarah Beyer deckte sogleich das Besteck für alle Gänge versiert ein, mögen die Spiele beginnen…
| Vorweg |
Borgo Molino Motivo Prosecco Rosé Spumante Extra Dry – 0,1l zu 4,50 €
Hugo, klassisch – 5,50 €
Hurra, ich musste nicht fahren, ich war in Champagner-Laune, den habe ich hier aber als offenen Apero nicht erwartet, einen Cremant gab es leider auch nicht aber einen „schönen Prosecco“, sogar in Rosé, habe man im Angebot.
Bei dem Stichwort „schöner Prosecco“ werde ich aus Erfahrung immer misstrauisch und fragte zumindest vorab, ob Flaschengärung oder schnöder Frizzante und erfuhr, ersteres sei der Fall.
Und ich sollte positiv überrascht werden, ein eleganter, mehr als erträglicher Vertreter seiner Art, das „Extra Dry“ trug er nicht umsonst, angenehme, feine Perlage, frisch mit nicht zu blumiger, gar parfümierter Frucht, gefiel mir gut.
Borgo Molino Motivo Prosecco Rosé Spumante Extra Dry
Auch der Hugo, nach wie vor ein Liebling meiner Madame, gefiel gut, zufrieden schlürften wir vor uns hin und stießen vorab auf ein hoffentlich schönes Essen und den Abend an.
Hugo, klassisch
Basti Beyer servierte derweil als kleinen Appetithappen sein hausgebackenes Landbrot, warm und leicht grilliert, mit einer kräftig tomatisierten, kühlen aber wunderbar streichfähigen Butter.
hausgebackenes Landbrot, grilliert, Tomatenbutter
Das sollte gut schmecken und in dieser Ausführung war es mir im Vergleich zu der von mir vielgescholtenen, geschmacksneutralen Quark-Weißbrot Kombination, die man vielerorts seit unzähligen Jahren für das ultimative Vorab-Häppchen in Ermangelung eines Amuse hält, gar eine kleine Freude.
Da mein Prosecco schneller verschwand als mein erster Gang auftauchte, bestellte ich kurzentschlossen einen zweiten, schaffte ihn allerdings nur zur Hälfte bis serviert wurde. Das Glas trat ich an meine Begleitung ab, die nur sehr selten Alkohol trinkt und auch sie war recht angetan.
Zum Ganzen wurde übrigens noch eine Flasche Stiftsquelle bestellt, das gut gekühlte Wasser mit passenden Gläsern kam prompt und es wurde leider vergessen es zu berechnen, wie ich heute feststellte.
| 1. Gang |
Bouillabaisse, Rouille, Pain grillé – 10,50 €
2017 Hattenheim Hassel, Riesling, VDP Großes Gewächs, Wein- und Sektgut Barth, Hattenheim, Rheingau – eigene Flasche gegen Korkgeld
Zur Bouillabaisse muss man wissen, dass diese, im Gegensatz zu der bis Freitag gültigen, auf der neuen Winterkarte eigentlich nicht mehr stand. Als wir aber am Vortag telefonierten und ich leicht bedauernd sagte, dass ich mich sehr auf diese gefreut habe, versprach er spontan, dass sei überhaupt kein Problem.
Denn er habe sie in letzter Zeit ohnehin immer à la minute zubereitet, frischen Fisch habe er wegen eines „Edelfischtellers“ auf der neuen Karte ohnehin da, hausgemachten Fond sowieso.
Das ich vielleicht ein paar Abstriche machen müsste, war mir aber klar, eine gute Bouillabaisse ist kein guter à la minute Kandidat, aber ich hatte mich darauf gefreut und der „spanische Fischtopf“ aus dem Lieferservice des Restaurants war mir noch in bester Erinnerung.
"schnelle" Bouillabaisse, Rouille, Pain grillé
Die Abstriche sollten sich aber im Rahmen der Möglichkeit in engen Grenzen halten, selbst wenn es angesichts der an der Oberfläche relativ klar anmutenden Brühe sicher einige geben wird, die hier aus der Ferne eine schwachbrüstige Angelegenheit diagnostizieren und auch ich war zunächst misstrauisch, aber nicht immer sagen Bilder mehr als tausend Worte. Schließlich strotzt ja auch so manche klare Tomaten-Consommé mit weitaus mehr Intensität als eine lieblose Tomaten-Lumumpe aus der Dose.
Zum einen gefiel mir die Fisch-Palette gut. Nun sind Drachenkopf, Dorade, Seeteufel, Rotbarbe, Meeraal, Knurrhahn, Wolfsbarsch oder Petersfisch ja gemeinhin die mediterranen Fisch-Klassiker in einer Bouillabaisse, dazu noch Muscheln und Garnelen, je nach Gusto und Verfügbarkeit.
Aber wir sind nicht im Hafen von Marseille und die preiswert angebotene Suppe war der Wunsch eines einzelnen Gastes, somit war ich mit der hiesigen Auswahl von Seehecht, Lachs, Seeteufel, Garnelen, Venus- und Miesmuscheln zufrieden.
Geschmacklich auch, neben einem hinreichend kräftigen Fond-Fundament eine spürbare aber nie dominante Safran- und Fenchel-Note, das besaß durchaus Tiefe, die al dente Lauchzwiebel hätte ich nicht gebraucht, etwas Noilly Prat meine ich noch vernommen zu haben, vielleicht auch Wunschdenken im Aromenspiel – und, Halleluja: jemand versteht den Zweck von Salz nicht als rein dekorativen solchen, sehr schön.
Als Beiwerk gab es erneut das schöne gegrillte Landbrot und eine mit echtem Safran (Fäden, auf die Ware ist der Koch zu Recht stolz wie er erzählte) aromatisierte Rouille mit ausreichender Knoblauchschärfe.
Unter dem Strich wäre vielleicht „Fischsuppe nach Art einer Bouillabaisse“ treffender gewesen, denn Hardcore Fans der südfranzösischen Küche hätten sicher Haare in der Suppe gefunden, ich jedoch war mit Fug und Recht zufrieden mit dem gebotenen wie ich meine.
Zum Wein: Wir waren einige Wochen nicht mehr gepflegt essen und ich entschloss den Advent mit ein wenig Selbstbelohnung einzuläuten, man ist kein BYO Restaurant aber einen eigenen schönen Wein gegen Korkgeld – das man später nicht berechnen wollte, aber da bestand ich drauf und gab 20 Euro - durfte ich auf vorherige Nachfrage nur allzu gerne mitbringen. Wein ist nicht unbedingt das Hauptaugenmerk des Hauses, auch wenn man gar einen eigenen alltagstauglichen Grauburgunder mit eigenem Etikett aufgelegt hat und durchaus ansprechendes offenes in kleiner Auswahl bietet, das möchte ich betonen. Aber heute wollte ich mir einfach etwas gönnen.
2017 Hattenheim Hassel, Riesling GG - mitgebracht gegen Korkgeld
Eigentlich hätte dieser 2017er Ausnahme-Lagen-Riesling von Barth noch mindestens fünf Jahre im Keller liegen müssen aber man attestiert ihm schon jetzt großes, hochklassiges Trinkvergnügen und ich opferte ihn gerne.
Tief, komplex, mit ausgeprägter Mineralik und eher dezenter Frucht bei hauchzart leichter Fruchtsüße, die Säure Reben-typisch präsent und gleichsam rund und nicht im Ansatz ruppig. Ein großer, versatiler Wein, der sich wie erwartet hervorragend mit all meinen Gerichten verstehen sollte, und ganz besonders mit den Wildnoten in Gang 2 und 3.
Derweil strömte köstlicher Gänsebraten-Duft durch den Gastraum, der Tisch am anderen Ende des Gastraumes mit einer kleinen Familiengesellschaft freute sich gerade über das Servieren ihrer Gänsegerichte und meine Begleitung starb spontan vor Hunger, weil sie sich entschieden hatte, erst bei meinem zweiten Gang mit ihrer Suppe einzusteigen.
Augen auf bei der Menüplanung sage ich nur, ich musste sogar mein Brot und die Rouille aufmerksam bewachen, leider mit mäßigem Erfolg….
| 2. Gang |
Wildterrine – 10,50 € (reduzierter Menüpreis als kleine Portion, regulärer à la carte Preis 12,50 €)
Morchel-Samtsüppchen – 10,50 €
Als ich wegen der vier Gänge um angepasste Portionen bat war ich froh, dass dies möglich war, eigentlich ist man ein reines à la carte Restaurant, die Preise passte man dennoch stimmig und fair an.
Meine Wildterrine kam mit Preiselbeergelee, Wildkräutersalat und geröstetem Brioche, wobei mich letzteres optisch schon beim Servieren enttäuschte, was später in einer ausgiebigen, konstruktiv-freundlichen Brioche-Fachsimpelei mit dem Koch enden sollte.
Wildterrine
Dies sei der erste Tag der neuen Karte, da sei noch Feintuning nötig und ein Versuch mit Brioche-Muffins sei – Dank viel zu festem Backergebnis - etwas in die Hose gegangen, daher setzte er kurzentschlossen auf eine Kastenform, werde das aber noch mal in Ruhe überdenken – zufrieden schien er auch nicht wirklich.
Geschmacklich war das aber mit etwas Nachsicht durchaus ansprechend, nur die Toast-Optik, nicht nur wegen der Schnitt- und Anrichte-Weise, empfand ich als etwas traurig.
Die aromatische, fein abgeschmeckte Terrine selbst – ich tippte zunächst auf Reh - kam vom Hirsch mit etwas Wildschweinleber und schmeckte hervorragend, dazu kleine Würfel vom Preiselbeergelee, klassischer geht es kaum.
Nicht nur optisch bereicherten kleine Tupfen einer leichten Emulsion mit leichten Noten von Tomate und geräucherte Paprika.
Optisch etwas blass der Wildkräutersalat. Statt ihn leicht anzumachen und vollflächig zu benetzen gab es Tropfen von recht brauchbarem Balsamico – ich hätte einen nicht zu süßen Fruchtessig passender empfunden. Die halbierte Kirschtomate, sowie zwei grobe Gurkenstifte, habe ich im Kontext des Gerichtes nicht wirklich verstanden, blieben somit auch liegen, derweil sich Madame über die Radieschen freute.
Um es vorwegzunehmen: Eigentlich streng genommen der schwächste Gang, aber ein Schluck vom Wein nach einem Happen Brioche und Terrine ließ mich dann doch noch mit leichter Gänsehaut die Augen schließen.
Das Samtsüppchen von der Morchel mit Champagner zubereitet und karamellisierten Maronen als Einlage wurde parallel von meiner ausgehungerten Begleitung mit Freude, Appetit und Zufriedenheit verspeist, was ich nach einem Probierlöffel auch nachvollziehen konnte.
Morchel-Samtsüppchen
| 3. Gang |
Hirschrahmbraten – 15,50 € (reduzierter Menüpreis als kleine Portion, regulärer à la carte Preis 19,50 €)
Gänsebrust – 28,50 €
Die Hauptgerichte kamen und das erste was Sarah Beyer anmerkte war, dass extra Soße oder ein Beilagen-Nachschlag auf Wunsch eine Selbstverständlichkeit sei.
Ich bin zwar kein Geschirr-Fetischist, aber der geschmackvolle, hellblaue Teller unter meinem Hirschrahmbraten, der sich so ideal in das Ambiente einfügte, gefiel mir ausnehmend gut.
Hirschrahmbraten
Dazu gab es Kirschrotkohl und leicht mit feinen Nusssplittern panierte Haselnuss-Spätzle, sowie eine pochierte, zweifarbige, gefüllte Rotweinbirne.
Das aus einer Solinger Jagd (Revier 13, Oberburg) stammende Fleisch (wobei ich mich nachträglich über Rotwild in Oberburg wunderte, vielleicht war es Rehbock?) wurde tadellos auf den Punkt geschmort, es zerfiel nicht beim Hinschauen und dennoch brauchte man Zähne eigentlich nicht wirklich, man konnte es mit der Gabel teilen, wenn man denn wollte.
Die sämige Soße schmeckte grundehrlich, ein guter Fond, etwas Süße durch Preiselbeeren o.ä. und durch Rahm oder Creme fraiche (und ggf. einen Schuss Essig) auch ein idealer Touch Säure, ich mag es nicht, wenn solche Soßen rahmig-süßlich einseitig geraten.
Fruchtige Süße hätte ich beim Kirsch-Rotkohl vielleicht etwas mehr erwartet, hier stach Nelke für meine Begriffe etwas zu deutlich heraus, aber auch hier überzeuge man unter dem Strich nicht zuletzt mit einer sehr ansprechenden Konsistenz, denn übergart oder allzu bissfest ist er mir meist ein Graus: ein sehr brauchbarer, leicht adventlicher Rotkohl.
Die Nuss-Spätzle hatte ich mit ihrer leichten Panierung so noch nicht gegessen, passten aber erwartungsgemäß hervorragend und auch hier gaben Geschmack und Textur keinen Grund zur Klage.
Der kleine Gartenzwerg auf dem Teller ist übrigens die „bi-color“ Rotweinbirne. Man pochiert Birnen in Rotwein und Gewürzen, andere mit Weißwein, halbiert sie, höhlt die untere Hälfte der weißen Variante aus und füllt sie mit einer Art Preiselbeerkonfitüre, obenauf dann der rote Hut.
Köstlich! Nur habe ich mich später gefragt, wie man das handhabt, ist es reiner Zufall, ob ich einen weißen oder roten Hut habe? Ich kann mir kaum vorstellen, dass man immer auf einem roten „Hut“ besteht und somit die Hälfte der pochierten Birnen entsorgt oder zweitverwertet. Die großen Fragen des Lebens eben…. :-)))
Die Gänsebrust von Gegenüber stammte zwar nicht aus klingenstädtischen Gefilden, aber aus einer artgerechten Freilandzucht in der Eifel, was auch den Preis relativiert. Gutes Gänsefleisch ist teuer, sofern man nicht meint, eine polnische Hafermastgans vom Discounter aus unsäglichen Haltungsbedingungen sei in irgendeiner Weise akzeptabel.
Gänsebrust
Hierzu gab es den gleichen Kirschrotkohl wie beim Hirsch, einen Kartoffelkloß, einen veritablen, mit Marzipan gefüllten Bratapfel sowie eine handwerklich perfekte, unerwartet elegante Orangensauce, statt der oft recht schweren Bratentunke.
Nachdem ich, ob der ausgeprägt „phallischen“ Anrichteweise des Gerichtes, pflichtschuldig ordinären, spätpubertären Pennäler-Humor zum Besten gab und prompt böse Blicke von Gegenüber erntete (Mission accomplished!) durfte ich probieren und war ebenfalls angetan.
Zartes, saftiges Fleisch, knusprige Haut, eine gut balancierte Sauce, die unterstützte und den Geschmack der Gans hob und nicht erschlug, trotz aller Zufriedenheit mit meinem Hirsch war ich ein klein wenig neidisch.
Puh, jetzt war eine kleine Pause angesagt, dennoch war ein Dessert angesichts des Angebotes unvermeidbar…
| Dessert |
Wintertiramisu – 9,50 €
Stollenparfait – 10,50 €
Schon beim Servieren war Weihnachten ganz nah, der von beiden Tellern wabernde Geruch war einfach eine Freude.
Mein Wintertiramisu hatte seinen Namen wahrlich verdient, bis auf die Optik waren adventliche Aromen hier prominent vertreten, statt Biskuits wurden Spekulatius verarbeitet, in der unteren Mascarpone-Schicht fanden sich noch leicht zimtig vorschmeckende Kirschen im Ganzen.
Wintertiramisu
Begleitet wurde es von lauwarmen Gewürzkirschen, die wohl mit etwas Spekulatiusgewürz o.ä. leicht eingekocht bzw. abgebunden wurden, so wie man es grundsätzlich von den heißen Kirschen zur Waffel kennt.
Dazu noch etwas nett auf dem Teller drapierte, gesteigert köstliche Sauce, die an eine zimtige Vanillesauce oder Tonkabohne erinnerte, die in der Karte vermerkte Zimt-Mascarpone bezog sich wohl eher auf die Masse im Kuchen, ich denke es war die Lebkuchen-Vanillesauce, die auch das Stollenparfait begleitete.
Das Stollenparfait meiner Freundin (bitte mal Szenenapplaus für diese völlig wertfreie Bezeichnung) wurde von Himbeersauce und der erwähnten Lebkuchen-Vanillesauce begleitet, sowie von einem sehnsüchtig erwarteten, ofenfrischen Pflaumen-Crumble.
Stollenparfait
Das Parfait war eine Ansage in der Kategorie Alltags-Patisserie, handwerklich perfekt, herrlich cremig und nicht im Ansatz kristallin, es war nicht übersüßt und trug klar die geschmacklichen Insignien eines Stollens durch Dinge wie Kardamon, Rosinen, Korinthen oder Orangeat.
Madame war begeistert und ließ mich probieren, auch der Pflaumen Crumble wusste zu gefallen und wurde ebenfalls mit großer Zufriedenheit – ich sollte in ihrem ausgeprägt süßzahnigen Fall vielleicht eher „Glückseligkeit“ schreiben – verspeist, vom Parfait schwärmt sie noch heute, zwei Tage später.
Nun ging nicht mehr viel, die aufmerksame Chefin vom Dienst bot noch Kaffee oder ein Digestif an, ich entschied mich für einen Ron Botucal, die 4cl zu fairen 5,50 €, vielleicht nicht mein liebster Rum aber ein zu Recht sehr beliebter und nach diesem Dessert passte er wirklich hervorragend.
Ron Botucal
Die Zeit war wie im Fluge vergangen, wir waren gegen 22 Uhr die letzten Gäste und unterhielten uns noch eine ganze Weile mit dem sympathischen, jungen Betreiber-Ehepaar, ich gab ungefragt leicht angeduselt „wertvolle“ Tipps zum perfekten Brioche und erzählte Unsinn, Madame und Sarah Beyer erörterten Haustier-Anekdoten, ein schöner Abend bei und mit netten Menschen und passendem Essen ging zu Ende als das Taxi kam.
Fazit
Hier stehen bodenständiges, mit Herz und Hand umgesetztes Handwerk und gute Produkte im Vordergrund.
Wer die große Kunst auf dem Teller sucht ist hier genauso falsch wie Pfennigfuchser, für die eine Gänsekeule mit Beilagen nicht mehr als 12 Euro und das Fritteusen-Schnitzel – am besten am Schnitzel-Aktions-Tag – mit Pommes möglichst unter 10 Euro kosten darf.
Für den solide umgesetzten Claim des Hauses „Einfach gut essen.“ (muss gut ankommen, wurde schon kopiert in Solingen…) möchte ich in Sachen Küchenleistung inklusive erwähnter Detailkritik doch noch 4,5 Sterne für das Gebotene auf diesem Preislevel vergeben.
Der Service ließ keine Wünsche offen. Auch wenn es an diesem Tag einfach war, weil es recht leer war durch diverse Absagen, fühlten wir uns durch Sarah Beyer ständig umsorgt und nach der Zufriedenheit zu fragen, schien sie als unaufdringliche Selbstverständlichkeit zu verstehen, fünf Sterne hierfür.
Das Ambiente gefiel mir gut, ich mag solche Läden und man setzt auf dezent dekorierte Gemütlichkeit anstatt auf urbane Hipster-Klischees. Auch die bequeme „Sitz-Situation“ trug zum Wohlfühlen merklich bei, gute vier Sterne hierfür.
Die Sauberkeit makellos, die tagesaktuellen (…) NRW Corona Regeln wurden gewissenhaft umgesetzt, fünf Sterne.
Bei Preis-Leistung komme ich auf fast perfekte 4,5 Sterne, man wird nicht beschenkt aber bekommt viel geboten für sein Geld und die Kalkulation ist immer fair. Ob der ein oder andere hier eher eine drei sieht, oder eine fünf, hängt sicher immer auch mit der eigenen Perspektive zusammen aber das ist ja in jeder Bewertungs-Kategorie so.
Teile ich die Sterne für die für mich in einer Gastronomie mit dieser Ausrichtung maßgeblichsten Disziplinen Küche, Service und PLV durch drei, so komme ich auf aufgerundete 4,7 und daher gibt es auch in der Gesamtwertung 4,5 Sterne, weil hier auf GastroGuide halbe Sterne möglich sind.
In jedem anderen Portal, wie auf TripAdvsior, wo ich Auszüge ebenfalls posten werde, natürlich glasklare 5 Sterne ohne Wenn und Aber.
Da die Karte ständig saisonal wechselt, werden wir in Zukunft ganz sicher öfter hier zu Gast sein, aber das man hier nicht enttäuscht wird, war mir nach dem Lieferservice-Einstand im April eigentlich fast klar; ich freue mich auf den nächsten Besuch!
P.S.
Liebe GastroGuide Freunde, ich habe noch einiges nachzuholen was das Lesen in den letzten drei Wochen angeht, es passte in letzter Zeit zeitlich am Wochenende nicht so gut, Asche auf mein Haupt, wird noch gemacht, ich schaue mir jeden Beitrag noch an, verspochen!
Während nicht nur die Gastronomie besorgt die Nachrichtenlage verfolgt und der nächste Lockdown schon ruchbar zu werden scheint, war es für mich vorgestern an der Zeit, ein Vorhaben aus der Episode meiner „Lockdown Chronicles“ endlich in die Tat umzusetzen.
Eines der menschlich und auch kulinarisch erfreulichsten Erlebnisse hierbei hatte ich zweifellos mit dem mir bereits in Vor-Corona-Zeiten vielfach empfohlenen „Basti’s Restaurant“ in Solingen Gräfrath.
Für mich stand aber fest, dass eine Lieferservice-Bewertung, so positiv sie auch gewesen sein mag, sicher... mehr lesen
Basti's Restaurant
Basti's Restaurant
€-€€€
Restaurant, Catering, Biergarten
021264234199
Wuppertaler Str. 195, 42653 Solingen
4.5
stars -
"Alle Jahre wieder lockt die Gans – über winterliche Behaglichkeit, herzliche Gastlichkeit und ansprechendes Küchenhandwerk"
Shaneymac
Während nicht nur die Gastronomie besorgt die Nachrichtenlage verfolgt und der nächste Lockdown schon ruchbar zu werden scheint, war es für mich vorgestern an der Zeit, ein Vorhaben aus der Episode meiner „Lockdown Chronicles“ endlich in die Tat umzusetzen.
Eines der menschlich und auch kulinarisch erfreulichsten Erlebnisse hierbei hatte ich zweifellos mit dem mir bereits in Vor-Corona-Zeiten vielfach empfohlenen „Basti’s Restaurant“ in Solingen Gräfrath.
Für mich stand aber fest, dass eine Lieferservice-Bewertung, so positiv sie auch gewesen sein mag, sicher
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Tapas – für Menschen mit Geduld, finanzieller Leidensfähigkeit und nicht allzu hohen Ansprüchen im Detail"
Verifiziert
3
Geschrieben am 25.07.2021 2021-07-25 | Aktualisiert am 25.07.2021
Besucht am 23.07.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 95 EUR
| der kleine persönliche Prolog - zur eigentlichen Kritik bitte einfach etwas nach unten scrollen |
Ja, ich gebe es zu, eigentlich wollte ich hier heute erstmalig seit Anfang November eine kleine Pause einlegen, obwohl ich am letzten Wochenende noch fest entschlossen war, dieses neue Ohligser Restaurant zum Wochenausklang unter die Lupe zu nehmen; schließlich liebe ich Tapas und artverwandte „Häppchen“-Konzepte über alles.
Am Dienstag musste ich jedoch eine kleine, unvorhergesehene ambulante OP über mich ergehen lassen, die Sitzen bis Freitag eher unangenehm gestaltete, stundenlanges Hocken im Restaurant klang ergo nicht unbedingt wie der famoseste Plan.
Auch automobiles Ungemach hatte sich im Doppelpack angebahnt, beides in der Abteilung „Motorkühlung“, gottlob aber mit gutem Ausgang: der erst im März eingebaute neue Kühler in meinem CJ7 leckte, wobei ich eine komplette Erstattung inklusive Lohnkosten erwirkt habe und nun einen wesentlich besseren Ersatz mit Messingkorpus erhalte, gut so!
Weniger gut hingegen die Qualität der elektrischen Motor-Lüftereinheit meines knapp 40 Jahre jüngeren „Alltags-Jeeps“: hier muss – da mal wieder in Europa nicht verfügbar, hoch lebe Fiat-Chrysler – das Teil aus den USA eingeflogen werden und inklusive der Reparaturkosten komme ich auf eine Summe, für die sich mancher ungesponserte Stundent einen halbwegs brauchbaren Kleinwagen leisten würde – aber unseren sehnsüchtig erwarteten, baldigen Urlaub in Garmisch konnte ich natürlich nicht gefährden und eine Wahl hatte ich ohnehin nicht.
Die Laune war zwar deswegen mitnichten im Keller, auch weil sich in Sachen Nachwehen der kleinen OP schon am Donnerstagabend wesentliche Besserung einstellte, aber ich wollte einfach nur meine Ruhe, einen großen Wein opfern und etwas transportsicheres beim Italiener bestellen.
Jedoch überschlugen sich in dieser Woche die hiesigen Inzidenzwerte – ich könnte mich mittlerweile übergeben wenn ich das Wort nur schreiben muss – und da die Politik sich trotz vollmundiger Ankündigungen immer noch nicht dazu durchgerungen hat, die Lage nicht nur aufgrund der eindimensionalen, holzschnittartigen, existenzvernichtenden Betrachtung dieses Wertes zu beurteilen – in Solingen gerade zwei Fälle stationär in Behandlung – muss ab Montag dem 26.7. die Innengastronomie erneut komplett schließen - auch für Geimpfte und Getestete wohlgemerkt, unfassbar.
Da sich dies schon am Freitag abzeichnete warf ich alle Sofa-Pläne kurzerhand über den Haufen und versuchte ab dem Mittag noch einen Tisch im „El Toro“ zu ergattern, wohlwissend, dass man am Standort neben den Räumen im Keller – dazu gleich mehr - auch eine kleine Außenfläche anbietet.
Leider erreichte ich erst gegen 16 Uhr jemand persönlich, ich hatte zwar am Mittag schon eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen und um Rückruf gebeten, aber die freundliche junge Dame mit herzerwärmenden spanischen Akzent klang so, als sei sie gerade erst angekommen, man öffnet offiziell um 17:30 Uhr.
Eine leichte Sprachbarriere und eine schlechte Verbindung verhinderte zwar ein flüssiges Gespräch, das eher an eine Konversation via Funkgerät erinnern sollte, dennoch gelang es mir für 18:30 Uhr einen Tisch zu reservieren, die kleine Außenfläche unweit der Fußgängerzone war wie erwartet aufgrund des guten Wetters und der Corona-Aussichten ausgebucht und ich freute mich dennoch sehr, einen im Inneren des kleinen Lokals bekommen zu haben.
Und so ging es dann gegen 18 Uhr guter Dinge frisch geduscht mit einem der Seat Ersatzwagen des Autohauses Richtung Ohligs, wo ich das Vehikel entspannt auf der Talstraße abstellte, wo ab 17 Uhr -- wie im ganzen Viertel - die Parkgebühren entfallen.
| Kritik |
Der Standort an der Forststraße, nur einen Steinwurf entfernt von der Ohligser Fußgängerzone, ist seit vielen Jahren thematisch in spanischer Hand. Vormals gab es hier für gut 18 Monate das „La Gamba“, der Betreiber warf allerdings corona-bedingt im letzten Jahr das Handtuch, davor wiederum gab es einige Jahre das „Los Amigos“, in dem ich vor Urzeiten mal recht semi-zufrieden mittags einkehrte.
An diesem lauen Freitagabend war der kleine Außenbereich nicht zuletzt aus den im Vorwort angesprochenen Gründen komplett ausgebucht und gut besucht.
Das eigentliche Restaurant befindet sich im Kellergeschoss eines gepflegten Wohn und Geschäftsgebäudes und ist von außen betrachtet das sprichwörtliche „Loch in der Wand“, viel mehr als den Eingang und die Werbetafeln über diesem sieht man eigentlich nicht.
Außenansicht (Hochformat, bitte anklicken um alles zu sehen)
Dennoch machte man etwas aus diesem begrenzten Platz, viel frische Blumen, ein kleiner Stehtisch mit schwarzer Husse neben dem Eingang, darauf Visitenkarten, der Blick ins Innere erhascht rustikal verputzte Wände, einen gepflegten roten Teppich und das ein oder andere güldene Beiwerk – ein wenig kitschig plüschig aber es geht ja schließlich zunächst nur treppab in den eigentlichen Gastraum im Untergeschoss.
Mein Gram, keinen Platz mehr im Außenbereich erhalten zu haben, hielt sich zugegeben sehr bald in denkbar engen Grenzen, auch wenn ich zunächst versucht hatte, dort zu reservieren. Zum einen war es nicht wirklich heiß und der Keller dennoch angenehm kühl, zum anderen gab es draußen wieder nur das fürchterliche klassische, nackte, maximal unbequeme Bistro-Gestühl mit winzigen Tischen bei den Zwei-Personen-Exemplaren.
Außengastro vor der Türe
Unter diesen Umständen war auch der dortige, wenig atmosphärische Ausblick auf ein Stück der Ohligser Fußgängerzone mit begleitendem Soundtrack von den gerne über die Emdenstraße cruisenden jungen Herren im getunten Bauern-Porsche des Vertrauens sehr entbehrlich und wir waren kurz darauf froh über die entspannte Ruhe an unserem Kellertisch mit genügend Platz und gepolsterten, bequemen Stühlen.
Bevor wir dort ankamen, begrüßte uns am Eingang ein junger Mann mit spanisch-kubanischer Ausstrahlung aufs Freundlichste, checkte auf seinem iPad unsere Reservierung, führte uns nach unten und ließ uns weitgehend freie Auswahl, noch waren wir hier bis auf drei Personen unweit der Bar die einzigen Gäste.
Er sollte später den Tresen stemmen und wurde von zwei jungen Damen – die eine schon etwas reifer – und einem sportlichen Herrn gleichen Alters im Service unterstützt, alle im gleichen, adretten schwarz-roten Outfit, machte einen guten Eindruck.
Ich habe diese Räume sehr dunkel in Erinnerung, heute waren aber nicht nur die dezenten Wandlampen im Einsatz, sondern auch die m.E. viel zu hellen Deckenleuchten. In Kombination mit fehlender Musikuntermalung ergab sich so ein eher ungemütliches Gesamtbild, auch wenn man die Räume als solches nett, wenn auch zugegeben etwas stereotyp-kitschig renoviert hatte. Hier wäre also mit Leichtigkeit Abhilfe der Sorte „kleiner Handgriff – große Wirkung“ zu schaffen.
Die Karten wurden gereicht, Tapas sind sicher als das Herzstück der Karte zu bezeichnen, dazu noch obligatorische Paella, eine Handvoll Hauptgerichte und Desserts, vermisst habe ich Fischgerichte abseits der Tapas:
https://www.eltoro-sg.de/
Ich hatte mich aber schon vorher dazu entschieden, einen reinen Tapas-Abend feiern zu wollen, anstatt nur wenige von diesen zu probieren und dafür ein üppiges Tellergericht wie den „Brocheta de carne „El bandido“ zu vertilgen, obwohl der „Riesenfleischspieß – der Bandit“ natürlich gut zum infantilen Gemüt des hier gerade so eifrig tippenden Kauzes gepasst hätte.
Ich ließ die freundliche Dame im Service wissen, dass wir zwei Runden Tapas bestellen würden, zunächst eher leichtere Dinge, dann später noch etwas Fleischlastiges und zum Abschluss Dessert.
Erste Getränke wurden geordert, eine große Flasche Wasser, ein Glas Wein, sowie eine Kirsch-Schorle - es gab keine Rhabarber-Variante, Madame war den Tränen nahe……
Nun ist es ja an dieser Stelle eine meiner Standardfloskeln, zu erwähnen, dass diese „gut gekühlt und prompt den Weg auf den Tisch fanden“, was hier leider nicht der Fall war.
Als erstes wurde Brot mit Aioli geliefert, das ich zunächst nicht anrührte weil ich Durst hatte, dann passierte längere Zeit nichts, bevor der Service-Kollege unvermittelt ein Glas Wasser – mit Eis und Zitrone, prima – und die Schorle auf den Tisch stellte.
Ich sagte ihm, dass ich eine Flasche bestellt habe, diese wiederum brachte nach einiger Zeit unter Entschuldigungen die Dame, die ursprünglich die Bestellung entgegengenommen hatte, von meinem Wein noch immer keine Spur – erste Service-Menetekel, die sich zuspitzen sollten.
Das Wasser, 0,75l Haaner Classic kostete mehr als grenzwertige 6,90 € und die schmale 0,2l Schorle 3,40 € - und so sollte es weitergehen, zum Wein gleich mehr.
| Tapas / 1. Runde |
Pan con Aioli casero – 3,50 €
Pan con tomate – 3,50 €
Pimientos de Padrón – 6,90 €
Ensalada variada – 5,50 €
Croquetas rellenas con Jamón & Pollo (dos y dos) – 6,50 €
Gambas al Ajillo picantes – 12,50 €
2019 Radio Boka, Verdejo, D.O. Castilla la Mancha, Hammeken Cellars, Spanien – 0,2l zu 6,90 €
Das Brot mit Aioli sollte grundsätzlich gut gefallen, die Aioli war authentisch und schmeckte, auch wenn mehr scharfer spanischer Knoblauch mir persönlich besser gefallen hätte, es war aber auch keine Placebo Version. Das Brot mehr als akzeptabel, auch wenn sich für das Lokal ein Blick in die Nachbarschaft lohnen würde, mit der Qualität der mediterranen Brotsorten der Bäckerei Schüren konnte sich das Hausbrot leider nicht messen. Dennoch fernab jedes Industrie-Baguette Horrors!
Pan con Aioli casero
Einige Zeit später dann paralleler Auftritt aller weiteren Tapas bis auf meine Gambas, von meinem Wein weiterhin keine Spur, ich fragte also nochmals nach. Als sich dann daraufhin immer noch nichts tat, ging ich zum ersten Mal persönlich zur Bar – es sollte nicht das letzte Mal bleiben…. – und fragte freundlich nach dem Verbleib, mittlerweile hektisches Chaos im Service, man rannte teilweise mit einzelnen Getränken in der Hand fast panisch die Treppe rauf, da ging es hoch her.
Mein Wein wurde anscheinend bereits zwei Mal versehentlich auf die Terrasse gebracht, wo er anscheinend prompt dankbare Abnehmer in ähnlicher Lage wie meiner gefunden hatte, ich erhielt ihn – unter erneuten Entschuldigungen - erst, nachdem ich schon einige der nun folgenden Dinge probiert hatte.
Pa amb tomàquet, hier Pan con tomate, die berühmte iberische Tomaten-Stulle, in gut gemacht mal wieder mediterrane Kulinarik-Quintessenz: brutal einfach und von der Qualität der Zutaten lebend.
Pan con tomate
Das bereits bekannte Brot wurde hier geröstet und mit Kräuteröl bepinselt es wurde nicht mit Tomate und Knoblauch abgerieben bzw. die Tomaten auf ihm zerrieben, sondern mittig vom Teller wurde eine entsprechende Tunke à part serviert, was ein Aufweichen verhindern und eigenes Dosieren ermöglichen sollte.
Die aromatischen passierten Tomaten relativ mild gewürzt, gefiel mir aber grundsätzlich gut, aber auch hier habe ich u.a. deutlich Ajillo vermisst, da geht doch mehr Spanien auf dem Gaumen und Spanien definiere ich nicht nur über Unmengen von Knoblauch.
Die Pimientos de Padrón gehören sicher mit zu den ikonischsten Vertretern der Tapas Zunft und waren hier auch recht gelungen, ich mag sie gerne in etwas größer als die „Bratpaprika“, die man ja seit einigen Jahren auch hier in den Supermärkten findet. Ich hätte mir ein aromatischeres Öl und etwas mehr grobes Meersalz gewünscht, auf den Tischen leider nur Menagen mit Rieselpfeffer und –salz. Der Preis von 6,90 € für diese kleine Portion jedoch komplett lächerlich an der Grenze zu Nepp, auch wenn es geschmacklich gut war.
Pimientos de Padrón
„Os pementos de Padrón, uns pican e outros non!“ sagt der galicische Volksmund, ich habe hierzulande aber noch nie eine Scharfe dabei gehabt, auch hier nicht, schade eigentlich.
Beim sehr überschaubaren, gemischten Beilagensalat sah es in dieser Hinsicht nicht viel besser aus, man hat die Wahl zwischen Essig/Öl, Orange/Honig/Senf, Vinaigrette und einem Basilikum Dressing. Für geschlagene 5,50 € servierte man eine Handvoll fertigen Gastro-Mischsalat aus der Tüte, eine hellrote wenig aromatische, halbierte Tomatenscheibe, zwei Gurkenscheiben und ein paar Paprika-Stückchen; Wareneinsatz gefühlte 70 Cent.
Ensalada variada
Geschmacklich ging das aber inklusive des erbetenen Essig-Öl-Dressings in Ordnung, für den Gegenwert von Pimientos und Salat in Summe hätte man in Ohligs beim Wettbewerb schon das ein oder andere brauchbare Tellergericht erhalten, unglaublich.
Die Croquetas gehen preislich weiter in diese Richtung. Für 6,50 € servierte man ganze vier kleine Exemplare, und obwohl zwei „Pollo“ und zwei „Jamon“ beinhalten sollten, habe ich in keiner Variante auch nur einen Fetzen Schinken erspäht. Mir zu wenig aromatisch, eher mild mehlig und etwas fettig aber dennoch gut essbar, vor allem wenn man sie in die Tomatentunke vom Teller nebenan dippte. Kann man so machen für 2,50 € im Imbiss, aber nicht für 6,50 € in einem spanischen Restaurant.
Croquetas rellenas con Jamón & Pollo (dos y dos)
Als ich vor einigen Jahren mal mit meinem befreundeten Ohligser Wein und Feinkost-Mogul die Anuga besuchte und wir in der Spanien Halle bei einem ausgesprochen hochklassigen Gastro-Convenience Produzenten einige Croquetas verkostet haben, konnte ich es nicht glauben, die Steinpilz Variante erinnere ich bis heute.
Will sagen: wenn diese Dinger tatsächlich hausgemacht waren, wie mir auf Nachfrage verdächtig zögerlich gesagt wurde, sollte man vielleicht erwägen ins gute Convenience Regal zu greifen und ich muss gestehen, dass ich ernste Zweifel daran habe, ob man diese zeitlich recht aufwändige Geschichte hier nicht auch aus der TK bezieht.
An meine Gambas al Ajillo musste ich dann auch wieder erinnern, die kamen dann aber nach nur wenigen Sekunden, hatten sie unter dem Salamander auf mich gewartet? Man weiß es nicht, sah fast so aus, auch weil der Knoblauch an einer Seite auf dem Boden schon etwas angebrannt war und die Meeresfrüchte teilweise einen Hauch trocken waren aber geschmacklich dabei alles noch völlig ok.
Gambas al Ajillo picantes
Da ich auf diesem hochmodernen Portal in 2021 u.v.a. weder Emojis nutzen noch kurze Videos hochladen kann, habe ich das Spektakel des Servierens durch meine Social Media Agentur in dieses YouTube hochladen lassen, von dem immer alle reden, sizzling-garlicky-goodness at its best:
https://youtu.be/R74E5oZ9Hqo
Ja, großartig, so gehören sie auf den Tisch und nicht anders. Tonnen von fein gewürfeltem Knoblauch in tosenden, glühend-heißen Öl-Fluten, dazu eine schöne Chili Schärfe, ganz wunderbar!
Ich dippte zufrieden mit Brot, passte auf mich nicht zu verbrennen und schlürfte meinen wohltemperierten, einfachen Verdejo, das passte.
Was aber wiederum gar nicht passte, war der Preis von 12,50 € für eine kleine Cazuela mit 9 murmelgroßen Gambas, etwas Öl und Knoblauch – es sei denn die Energiekosten liegen in Ohligs so hoch, dass das Erwärmen schon 5 Euro verschlang, mehr gibt es hierzu nicht sagen.
Und so geht es weiter beim Wein: Radio Boka (vormals Boca), ein im industriellen Maßstab produzierter Verdejo (es gibt unter dem Label auch einen Rosé und Tinto) mit dem klaren Ziel, ein zugänglicher Schoppenwein zu sein, der in der Gastronomie den Umsatz eher ankurbelt als erschwert.
2019 Radio Boka (Hochformat)
Ich kenne diesen Wein gut, nicht aus dem eigenen Keller sondern was den Handel angeht, der Gastro-Nettopreis für eine Flasche liegt in etwa bei 3,50 € - je nach Abnahme plus minus.
Bei den anderen, einfachen Weinen auf der Karte sieht es ähnlich aus, weil ich aber gerne Verdejo wollte, wählte ich notgedrungen diesen, eine gesonderte Weinkarte mit Flaschenweinen hat man nicht im Angebot.
Vor diesem Hintergrund verdient auch der Preis von 6,90 € für das nicht unbedingt großzügig eingeschenkte Glas das zarte Prädikat Nepp, gerade weil vielen Gästen hier der Durchblick fehlt.
Das schien aber zumindest sicher einige der Anwesenden nicht zu interessieren, die ich bei einer kleinen Zigarettenpause im Außenbereich erblickte, aber hier waren ganz sicher nicht nur augenscheinliche Vertreter der lokalen Vanity-Fair-Fraktion zu sehen, sondern auch betont bodenständige Damen und Herren, zumindest der Garderobe nach zu urteilen.
Ob man letztere mit so einer Preisgestaltung bei der Stange hält ist fraglich, aber ich möchte dem Fazit nicht vorweggreifen, weiter geht es also mit der zweiten Runde Tapas….
| Tapas / 2. Runde |
Entrecote andaluza „al Toro“ – 9,90 €
Costillas en salsa barbacoa – 7,90 €
Albondigas es salsa de tomate – 5,90 €
Pan con Aioli casero – 3,50 €
Bis ich diese bestellen konnte, vergingen wiederum fast 15 Minuten, bis ich leicht genervt abermals zur Theke ging, man hatte uns bei dem Betrieb und der Hektik trotz dreier Servicekräfte in unserer Ecke schlicht meist vergessen. Allerdings wenn sich jemand zu uns verirrte, war jede Begegnung unglaublich herzlich und freundlich, der Wille und Herz waren vorhanden und irgendwie taten sie mir fast schon ein wenig leid, hier muss sich einfach noch viel einspielen, was man auch freimütig bei der Verabschiedung gestand, als ich mit vorsichtigem Nachdruck gefragt wurde, ob es mir gefallen hätte.
Diese Tapas sollten alle heiß und gleichzeitig serviert werden, und das Entrecote war eine sehr positive Überraschung. Zwar fehlte die Chimichurri, die man mir anpries, als ich fragte, was das Fleisch denn zu „al Toro“ machen würde, aber was sich auf dem Schiefer fein tranchiert räkelte war außerordentlich köstlich.
Entrecote andaluza „al Toro“ (sorry, leicht unscharf)
Trotz anfänglich optisch enttäuschender äußerlicher Blässe herrlich rauchige Grillnoten, auf den Punkt medium an der Grenze zu medium rare, saftig, ein schöner grober Pfeffermix obenauf, am Rand der Platte etwas Fingersalz in das man Tranchen stippen konnte, am Rand eine kleine Salat-Garnitur mit gelungenem Orangen-Senf-Dressing.
Fleisch Detail (umso schärfer)
Sehr zur Nachahmung empfohlen, auch den Preis-Genuss-Faktor fand ich hier wesentlich stimmiger als bei einer Handvoll milder grüner Paprikaschoten aus der Pfanne.
Auch die Albondigas, neben den Pimientos sicher auch ein Griff in die Allzeit Hall-of-Tapas-Fame, konnten überzeugen. Gut gewürztes, nicht zu feines Hack mit viel frischer Petersilie, eine nicht zu flache Tomatensoße, leicht stückig mit dezenzer Schärfe, sehr schön.
Albondigas es salsa de tomate
Da wir von diesen und den folgenden Ribs noch etwas mitnahmen, gratinierte ich die spanischen Köttbullar am nächsten Abend mit mittelaltem Manchego, möchte mich nicht selber loben aber das war eine sehr gute Idee bei der Wiederauflage des Freitags mit einer schönen Flasche Vinho Verde.
Costillas en salsa barbacoa, Wahnsinn, klingt doch viel besser als Spareribs mit BBQ Sauce oder?
Und so hatte ich inständig gehofft, das sei eine spanische Soße, mit Pimentón de la Vera, Sherry etc. etc. Aber nein, das war eine zutiefst amerikanische Soße mit Hickory Noten, sowie man wie sie aus dem Steakhaus und Co. kennt, sehr süßlich aber immerhin mit leichter Schärfe im Abgang.
Costillas en salsa barbacoa
Diese Sauce war wie ein Fremdkörper an diesem spanischen Tapas-Abend, wie ein Big Mac als Zwischengang in einem Sushi Menü, für sich genommen und betrachtet allerdings durchaus gelungen, das Fleisch war zart und konnte sogar recht mühelos mit der Gabel vom Knochen getrennt werden, ich hatte ausnahmsweise keine Lust, mir Gesicht und Hände zu versauen.
Auch ist die Bezeichung „Iberico Ribs“ auf der Karte nicht nachvollziehbar, die recht mageren Schälrippen waren eher das, was der Amerikaner als Baby Back Ribs kennt, im klassischen BBQ also eher eine Vorspeise, was aber natürlich völlig ok ist im Kontext eines Tapas Angebotes.
Aber ich glaube trotzdem nicht, dass es sich hier um echtes Iberico Fleisch handelte, ich hatte schon des Öfteren das Vergnügen echter Iberico Ribs und ich kann nur sagen, was sich dort tut, braucht keine BBQ Tunke und man ist nach einem halben Strang satt, soviel Geschmack und gesundes Fett findet man dann an den Knochen.
Sehr ambivalentes Gericht, als Appetizer im unweiten Lokal New Orleans würde es mehr Sinn machen, bei einer Tapas Variante hätte ich mir jedoch Spanien auf der Zunge gewünscht und nicht Oklahoma aber nochmals: das konnte für sich genommen guten Gewissens mit Appetit verspeist werden!
Das wurde auch die zweite Portion Brot mit Aioli, die Madame sich gönnte, erwähnte ich, dass ich die kleinen Löwentopf-Terrinen nett fand, kleine Cazuelas aber dann doch etwas passender und "dipfreundlicher" fände?
| Dessert |
Crema catalana caramelizada – 5,90 €
Cheesecake con banana y manzana caramelizada – 6,50 €
Die Dessert-Bestellung platzierte ich geistesgegenwärtig bereits beim Abräumen der letzten Tapas Überbleibsel, einen weiteren Gang zur Theke wollte ich mir ersparen.
Die katalanische Schwester der Crème brûlée kam bei meiner Begleitung sehr gut an, die Kruste bestand den Löffel-Klopftest mit Bravour, optisch erinnerte mich die Creme zwar an ein Convenience Produkt aber mein Gegenüber bestritt dies.
Unstrittig dagegen: wer Sprühsahne verwendet muss damit keine halbe Schieferplatte vollsprühen, auch wenn ich das mit den krönenden frischen Blaubeeren recht nett fand.
Crema catalana caramelizada
Ich bin ja kein Dessert-Freund aber wollte kein Spielverderber sein, der Käsekuchen mit Bananen und karamellisierten Äpfeln klang dann doch ganz nett.
Cheesecake con banana y manzana caramelizada
Zur in Sachen Konsistenz ätherischen Sahne kann man hier sicher das gleiche sagen, aber das Auge isst ja schließlich mit, fernab jeglicher Convenience dann dieser grandiose Kuchen.
Das war pure, beglückende Sünde, eine relative feste Masse mit Bananenstücken und auch schmeckbar karamellisierten Stücken eines relativ säurearmen aber sehr aromatischen Apfels. Dazu obenauf noch etwas Karamellsoße, herrlich auch der buttrig-vorschmeckende Boden, der weder ein krümeliges trockenes Elend, noch durchgesiffte Matsche darstellte.
Für 6,50 € sicher kein günstiges Stück Kuchen, das Foto täuscht allerdings sehr, das war ein absoluter Trumm von Portion das man sicher auch gut teilen könnte, ich hatte große Mühen, das Ganze noch in meinem Dessert-Magen zu verstauen.
Ein durchaus versöhnlicher vorläufiger Schlusspunkt hinter einem Abend, der trotz aller angesprochenen kleineren oder größeren Kritikpunkte auch kulinarisch kein Reinfall war. Nach einer freundlichen Verabschiedung und der wie erwähnt sehr interessierten Nachfrage, ob ich mit dem Erlebten zufrieden gewesen sein, ging es zurück nach Höhscheid und meine Madame erwähnte mehrfach, wie gut es ihr grundsätzlich gefallen habe und wie nett alle gewesen seien.
Schenke Frau ein Lächeln und stopfe sie mit Crema Catalana voll, das Geheimnis gut gehender Gastronomie, muss ich mir merken für mein zweites Berufsleben…. :-))
Fazit
Blendet man Preis-Leistung mal aus, gab es bei allem Licht und Schatten trotz allem leicht positive Eindrücke, die sich - nicht nur aber doch spürbar - durch die trotz BBQ Fauxpas grundsätzlich gelungenen Fleisch-Tapas erklären, das Entrecote war eine Klasse für sich. Trotz meiner Angewohnheit, die Küche auch immer am Preis-Niveau zu messen, heute mit Welpenbonus denkbar knappe 3,3 - ergo auf 3,5 aufzurundende Sterne.
Ohne mein gelungenes Dessert wäre ich auf drei gelandet, ohne das Entrecote vielleicht noch etwas darunter.
Das aber auch nur, weil es keine schwerwiegenden handwerklichen Mängel gab, zu Themen wie Spühsahne, Croquetas mit Convenience Verdacht und anderen Dingen ist mit dieser Bewertung sicher genug gesagt für den Moment.
Der Service rettet sich mit seiner Freundlichkeit trotz der chaotischen hektischen Abläufe und dem Erlebten auf haarscharfe drei Sterne. Es ist ein junges Restaurant, hier muss sich noch viel einspielen, das kann man berücksichtigen, auch, dass Interesse an Feedback da war. „Egal“ war man hier nicht, wir wurden aber dann doch viel zu oft und lange vergessen, dass möchte ich weder unter- noch überbewerten und bin mir sicher, dass man sich hier noch wesentlich verbessert.
Das Ambiente sehe ich heute bei entsprechend aufzurundenden 2,7 – mit ein wenig mehr Gemütlichkeit in der Lichtstimmung und etwas dezenter Musik kann der Keller wesentlich ansprechender wirken, aufgrund des guten Außenauftritts und weiterer Details aber überzeugte 3 Sterne.
Die Sauberkeit wie so oft makellos, der gesamte Gastraum war staubfrei, die Tische sauber und gepflegt, Corona nahm man sehr ernst, 5 Sterne.
Bei Preis-Leistung sehe ich ein ambivalentes Bild, es gibt Dinge, wie den Wein oder die Pimientos oder die Croquetas, die würde ich gerne mit 1,5 Sternen bewerten, andere kratzen an der vier Sterne Marke, in Summe komme ich aber trotzdem nur auf 2,5 Sterne. Für etwas über 95 Euro für zwei Personen habe ich doch in meinem Leben schon zu oft wesentlich mehr erhalten, und damit meine ich ganz sicher nicht die Mengen auf dem Teller…
Somit komme ich auch in der Gesamtnote nur auf drei Sterne, was allerdings keinesfalls einen Verriss darstellt sondern den Querschnitt dessen, was ich ins Kalkül gezogen habe, und das ist nie wenig.
Meta-Fazit: Für Solinger Tapas Freunde sicher einen Blick wert!
….und wenn ich ehrlich bin, sieht es insbesondere bei Preis-Leistung beim Solingen-Gräfrather Platzhirsch in Sachen Spanien auch nicht viel besser aus, ein dortiges Geschäftsessen mit einem meiner damaligen Teammitglieder habe ich weiland gar „aus Gründen“ komplett verschwiegen, wir haben es leider nicht leicht mit iberischer Kulinarik in der Klingenstadt….
Ja, ich gebe es zu, eigentlich wollte ich hier heute erstmalig seit Anfang November eine kleine Pause einlegen, obwohl ich am letzten Wochenende noch fest entschlossen war, dieses neue Ohligser Restaurant zum Wochenausklang unter die Lupe zu nehmen; schließlich liebe ich Tapas und artverwandte „Häppchen“-Konzepte über alles.
Am Dienstag musste ich jedoch eine kleine, unvorhergesehene ambulante OP über mich ergehen lassen, die Sitzen bis Freitag eher unangenehm gestaltete, stundenlanges Hocken im Restaurant klang ergo nicht unbedingt wie der famoseste Plan.
Auch automobiles Ungemach hatte sich im Doppelpack angebahnt, beides in der Abteilung „Motorkühlung“, gottlob aber mit gutem Ausgang: der erst im März eingebaute neue Kühler in meinem CJ7 leckte, wobei ich eine komplette Erstattung inklusive Lohnkosten erwirkt habe und nun einen wesentlich besseren Ersatz mit Messingkorpus erhalte, gut so!
Weniger gut hingegen die Qualität der elektrischen Motor-Lüftereinheit meines knapp 40 Jahre jüngeren „Alltags-Jeeps“: hier muss – da mal wieder in Europa nicht verfügbar, hoch lebe Fiat-Chrysler – das Teil aus den USA eingeflogen werden und inklusive der Reparaturkosten komme ich auf eine Summe, für die sich mancher ungesponserte Stundent einen halbwegs brauchbaren Kleinwagen leisten würde – aber unseren sehnsüchtig erwarteten, baldigen Urlaub in Garmisch konnte ich natürlich nicht gefährden und eine Wahl hatte ich ohnehin nicht.
Die Laune war zwar deswegen mitnichten im Keller, auch weil sich in Sachen Nachwehen der kleinen OP schon am Donnerstagabend wesentliche Besserung einstellte, aber ich wollte einfach nur meine Ruhe, einen großen Wein opfern und etwas transportsicheres beim Italiener bestellen.
Jedoch überschlugen sich in dieser Woche die hiesigen Inzidenzwerte – ich könnte mich mittlerweile übergeben wenn ich das Wort nur schreiben muss – und da die Politik sich trotz vollmundiger Ankündigungen immer noch nicht dazu durchgerungen hat, die Lage nicht nur aufgrund der eindimensionalen, holzschnittartigen, existenzvernichtenden Betrachtung dieses Wertes zu beurteilen – in Solingen gerade zwei Fälle stationär in Behandlung – muss ab Montag dem 26.7. die Innengastronomie erneut komplett schließen - auch für Geimpfte und Getestete wohlgemerkt, unfassbar.
Da sich dies schon am Freitag abzeichnete warf ich alle Sofa-Pläne kurzerhand über den Haufen und versuchte ab dem Mittag noch einen Tisch im „El Toro“ zu ergattern, wohlwissend, dass man am Standort neben den Räumen im Keller – dazu gleich mehr - auch eine kleine Außenfläche anbietet.
Leider erreichte ich erst gegen 16 Uhr jemand persönlich, ich hatte zwar am Mittag schon eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen und um Rückruf gebeten, aber die freundliche junge Dame mit herzerwärmenden spanischen Akzent klang so, als sei sie gerade erst angekommen, man öffnet offiziell um 17:30 Uhr.
Eine leichte Sprachbarriere und eine schlechte Verbindung verhinderte zwar ein flüssiges Gespräch, das eher an eine Konversation via Funkgerät erinnern sollte, dennoch gelang es mir für 18:30 Uhr einen Tisch zu reservieren, die kleine Außenfläche unweit der Fußgängerzone war wie erwartet aufgrund des guten Wetters und der Corona-Aussichten ausgebucht und ich freute mich dennoch sehr, einen im Inneren des kleinen Lokals bekommen zu haben.
Und so ging es dann gegen 18 Uhr guter Dinge frisch geduscht mit einem der Seat Ersatzwagen des Autohauses Richtung Ohligs, wo ich das Vehikel entspannt auf der Talstraße abstellte, wo ab 17 Uhr -- wie im ganzen Viertel - die Parkgebühren entfallen.
| Kritik |
Der Standort an der Forststraße, nur einen Steinwurf entfernt von der Ohligser Fußgängerzone, ist seit vielen Jahren thematisch in spanischer Hand. Vormals gab es hier für gut 18 Monate das „La Gamba“, der Betreiber warf allerdings corona-bedingt im letzten Jahr das Handtuch, davor wiederum gab es einige Jahre das „Los Amigos“, in dem ich vor Urzeiten mal recht semi-zufrieden mittags einkehrte.
An diesem lauen Freitagabend war der kleine Außenbereich nicht zuletzt aus den im Vorwort angesprochenen Gründen komplett ausgebucht und gut besucht.
Das eigentliche Restaurant befindet sich im Kellergeschoss eines gepflegten Wohn und Geschäftsgebäudes und ist von außen betrachtet das sprichwörtliche „Loch in der Wand“, viel mehr als den Eingang und die Werbetafeln über diesem sieht man eigentlich nicht.
Außenansicht (Hochformat, bitte anklicken um alles zu sehen)
Dennoch machte man etwas aus diesem begrenzten Platz, viel frische Blumen, ein kleiner Stehtisch mit schwarzer Husse neben dem Eingang, darauf Visitenkarten, der Blick ins Innere erhascht rustikal verputzte Wände, einen gepflegten roten Teppich und das ein oder andere güldene Beiwerk – ein wenig kitschig plüschig aber es geht ja schließlich zunächst nur treppab in den eigentlichen Gastraum im Untergeschoss.
Mein Gram, keinen Platz mehr im Außenbereich erhalten zu haben, hielt sich zugegeben sehr bald in denkbar engen Grenzen, auch wenn ich zunächst versucht hatte, dort zu reservieren. Zum einen war es nicht wirklich heiß und der Keller dennoch angenehm kühl, zum anderen gab es draußen wieder nur das fürchterliche klassische, nackte, maximal unbequeme Bistro-Gestühl mit winzigen Tischen bei den Zwei-Personen-Exemplaren.
Außengastro vor der Türe
Unter diesen Umständen war auch der dortige, wenig atmosphärische Ausblick auf ein Stück der Ohligser Fußgängerzone mit begleitendem Soundtrack von den gerne über die Emdenstraße cruisenden jungen Herren im getunten Bauern-Porsche des Vertrauens sehr entbehrlich und wir waren kurz darauf froh über die entspannte Ruhe an unserem Kellertisch mit genügend Platz und gepolsterten, bequemen Stühlen.
Bevor wir dort ankamen, begrüßte uns am Eingang ein junger Mann mit spanisch-kubanischer Ausstrahlung aufs Freundlichste, checkte auf seinem iPad unsere Reservierung, führte uns nach unten und ließ uns weitgehend freie Auswahl, noch waren wir hier bis auf drei Personen unweit der Bar die einzigen Gäste.
Er sollte später den Tresen stemmen und wurde von zwei jungen Damen – die eine schon etwas reifer – und einem sportlichen Herrn gleichen Alters im Service unterstützt, alle im gleichen, adretten schwarz-roten Outfit, machte einen guten Eindruck.
Ich habe diese Räume sehr dunkel in Erinnerung, heute waren aber nicht nur die dezenten Wandlampen im Einsatz, sondern auch die m.E. viel zu hellen Deckenleuchten. In Kombination mit fehlender Musikuntermalung ergab sich so ein eher ungemütliches Gesamtbild, auch wenn man die Räume als solches nett, wenn auch zugegeben etwas stereotyp-kitschig renoviert hatte. Hier wäre also mit Leichtigkeit Abhilfe der Sorte „kleiner Handgriff – große Wirkung“ zu schaffen.
Die Karten wurden gereicht, Tapas sind sicher als das Herzstück der Karte zu bezeichnen, dazu noch obligatorische Paella, eine Handvoll Hauptgerichte und Desserts, vermisst habe ich Fischgerichte abseits der Tapas:
https://www.eltoro-sg.de/
Ich hatte mich aber schon vorher dazu entschieden, einen reinen Tapas-Abend feiern zu wollen, anstatt nur wenige von diesen zu probieren und dafür ein üppiges Tellergericht wie den „Brocheta de carne „El bandido“ zu vertilgen, obwohl der „Riesenfleischspieß – der Bandit“ natürlich gut zum infantilen Gemüt des hier gerade so eifrig tippenden Kauzes gepasst hätte.
Ich ließ die freundliche Dame im Service wissen, dass wir zwei Runden Tapas bestellen würden, zunächst eher leichtere Dinge, dann später noch etwas Fleischlastiges und zum Abschluss Dessert.
Erste Getränke wurden geordert, eine große Flasche Wasser, ein Glas Wein, sowie eine Kirsch-Schorle - es gab keine Rhabarber-Variante, Madame war den Tränen nahe……
Nun ist es ja an dieser Stelle eine meiner Standardfloskeln, zu erwähnen, dass diese „gut gekühlt und prompt den Weg auf den Tisch fanden“, was hier leider nicht der Fall war.
Als erstes wurde Brot mit Aioli geliefert, das ich zunächst nicht anrührte weil ich Durst hatte, dann passierte längere Zeit nichts, bevor der Service-Kollege unvermittelt ein Glas Wasser – mit Eis und Zitrone, prima – und die Schorle auf den Tisch stellte.
Ich sagte ihm, dass ich eine Flasche bestellt habe, diese wiederum brachte nach einiger Zeit unter Entschuldigungen die Dame, die ursprünglich die Bestellung entgegengenommen hatte, von meinem Wein noch immer keine Spur – erste Service-Menetekel, die sich zuspitzen sollten.
Das Wasser, 0,75l Haaner Classic kostete mehr als grenzwertige 6,90 € und die schmale 0,2l Schorle 3,40 € - und so sollte es weitergehen, zum Wein gleich mehr.
| Tapas / 1. Runde |
Pan con Aioli casero – 3,50 €
Pan con tomate – 3,50 €
Pimientos de Padrón – 6,90 €
Ensalada variada – 5,50 €
Croquetas rellenas con Jamón & Pollo (dos y dos) – 6,50 €
Gambas al Ajillo picantes – 12,50 €
2019 Radio Boka, Verdejo, D.O. Castilla la Mancha, Hammeken Cellars, Spanien – 0,2l zu 6,90 €
Das Brot mit Aioli sollte grundsätzlich gut gefallen, die Aioli war authentisch und schmeckte, auch wenn mehr scharfer spanischer Knoblauch mir persönlich besser gefallen hätte, es war aber auch keine Placebo Version. Das Brot mehr als akzeptabel, auch wenn sich für das Lokal ein Blick in die Nachbarschaft lohnen würde, mit der Qualität der mediterranen Brotsorten der Bäckerei Schüren konnte sich das Hausbrot leider nicht messen. Dennoch fernab jedes Industrie-Baguette Horrors!
Pan con Aioli casero
Einige Zeit später dann paralleler Auftritt aller weiteren Tapas bis auf meine Gambas, von meinem Wein weiterhin keine Spur, ich fragte also nochmals nach. Als sich dann daraufhin immer noch nichts tat, ging ich zum ersten Mal persönlich zur Bar – es sollte nicht das letzte Mal bleiben…. – und fragte freundlich nach dem Verbleib, mittlerweile hektisches Chaos im Service, man rannte teilweise mit einzelnen Getränken in der Hand fast panisch die Treppe rauf, da ging es hoch her.
Mein Wein wurde anscheinend bereits zwei Mal versehentlich auf die Terrasse gebracht, wo er anscheinend prompt dankbare Abnehmer in ähnlicher Lage wie meiner gefunden hatte, ich erhielt ihn – unter erneuten Entschuldigungen - erst, nachdem ich schon einige der nun folgenden Dinge probiert hatte.
Pa amb tomàquet, hier Pan con tomate, die berühmte iberische Tomaten-Stulle, in gut gemacht mal wieder mediterrane Kulinarik-Quintessenz: brutal einfach und von der Qualität der Zutaten lebend.
Pan con tomate
Das bereits bekannte Brot wurde hier geröstet und mit Kräuteröl bepinselt es wurde nicht mit Tomate und Knoblauch abgerieben bzw. die Tomaten auf ihm zerrieben, sondern mittig vom Teller wurde eine entsprechende Tunke à part serviert, was ein Aufweichen verhindern und eigenes Dosieren ermöglichen sollte.
Die aromatischen passierten Tomaten relativ mild gewürzt, gefiel mir aber grundsätzlich gut, aber auch hier habe ich u.a. deutlich Ajillo vermisst, da geht doch mehr Spanien auf dem Gaumen und Spanien definiere ich nicht nur über Unmengen von Knoblauch.
Die Pimientos de Padrón gehören sicher mit zu den ikonischsten Vertretern der Tapas Zunft und waren hier auch recht gelungen, ich mag sie gerne in etwas größer als die „Bratpaprika“, die man ja seit einigen Jahren auch hier in den Supermärkten findet. Ich hätte mir ein aromatischeres Öl und etwas mehr grobes Meersalz gewünscht, auf den Tischen leider nur Menagen mit Rieselpfeffer und –salz. Der Preis von 6,90 € für diese kleine Portion jedoch komplett lächerlich an der Grenze zu Nepp, auch wenn es geschmacklich gut war.
Pimientos de Padrón
„Os pementos de Padrón, uns pican e outros non!“ sagt der galicische Volksmund, ich habe hierzulande aber noch nie eine Scharfe dabei gehabt, auch hier nicht, schade eigentlich.
Beim sehr überschaubaren, gemischten Beilagensalat sah es in dieser Hinsicht nicht viel besser aus, man hat die Wahl zwischen Essig/Öl, Orange/Honig/Senf, Vinaigrette und einem Basilikum Dressing. Für geschlagene 5,50 € servierte man eine Handvoll fertigen Gastro-Mischsalat aus der Tüte, eine hellrote wenig aromatische, halbierte Tomatenscheibe, zwei Gurkenscheiben und ein paar Paprika-Stückchen; Wareneinsatz gefühlte 70 Cent.
Ensalada variada
Geschmacklich ging das aber inklusive des erbetenen Essig-Öl-Dressings in Ordnung, für den Gegenwert von Pimientos und Salat in Summe hätte man in Ohligs beim Wettbewerb schon das ein oder andere brauchbare Tellergericht erhalten, unglaublich.
Die Croquetas gehen preislich weiter in diese Richtung. Für 6,50 € servierte man ganze vier kleine Exemplare, und obwohl zwei „Pollo“ und zwei „Jamon“ beinhalten sollten, habe ich in keiner Variante auch nur einen Fetzen Schinken erspäht. Mir zu wenig aromatisch, eher mild mehlig und etwas fettig aber dennoch gut essbar, vor allem wenn man sie in die Tomatentunke vom Teller nebenan dippte. Kann man so machen für 2,50 € im Imbiss, aber nicht für 6,50 € in einem spanischen Restaurant.
Croquetas rellenas con Jamón & Pollo (dos y dos)
Als ich vor einigen Jahren mal mit meinem befreundeten Ohligser Wein und Feinkost-Mogul die Anuga besuchte und wir in der Spanien Halle bei einem ausgesprochen hochklassigen Gastro-Convenience Produzenten einige Croquetas verkostet haben, konnte ich es nicht glauben, die Steinpilz Variante erinnere ich bis heute.
Will sagen: wenn diese Dinger tatsächlich hausgemacht waren, wie mir auf Nachfrage verdächtig zögerlich gesagt wurde, sollte man vielleicht erwägen ins gute Convenience Regal zu greifen und ich muss gestehen, dass ich ernste Zweifel daran habe, ob man diese zeitlich recht aufwändige Geschichte hier nicht auch aus der TK bezieht.
An meine Gambas al Ajillo musste ich dann auch wieder erinnern, die kamen dann aber nach nur wenigen Sekunden, hatten sie unter dem Salamander auf mich gewartet? Man weiß es nicht, sah fast so aus, auch weil der Knoblauch an einer Seite auf dem Boden schon etwas angebrannt war und die Meeresfrüchte teilweise einen Hauch trocken waren aber geschmacklich dabei alles noch völlig ok.
Gambas al Ajillo picantes
Da ich auf diesem hochmodernen Portal in 2021 u.v.a. weder Emojis nutzen noch kurze Videos hochladen kann, habe ich das Spektakel des Servierens durch meine Social Media Agentur in dieses YouTube hochladen lassen, von dem immer alle reden, sizzling-garlicky-goodness at its best:
https://youtu.be/R74E5oZ9Hqo
Ja, großartig, so gehören sie auf den Tisch und nicht anders. Tonnen von fein gewürfeltem Knoblauch in tosenden, glühend-heißen Öl-Fluten, dazu eine schöne Chili Schärfe, ganz wunderbar!
Ich dippte zufrieden mit Brot, passte auf mich nicht zu verbrennen und schlürfte meinen wohltemperierten, einfachen Verdejo, das passte.
Was aber wiederum gar nicht passte, war der Preis von 12,50 € für eine kleine Cazuela mit 9 murmelgroßen Gambas, etwas Öl und Knoblauch – es sei denn die Energiekosten liegen in Ohligs so hoch, dass das Erwärmen schon 5 Euro verschlang, mehr gibt es hierzu nicht sagen.
Und so geht es weiter beim Wein: Radio Boka (vormals Boca), ein im industriellen Maßstab produzierter Verdejo (es gibt unter dem Label auch einen Rosé und Tinto) mit dem klaren Ziel, ein zugänglicher Schoppenwein zu sein, der in der Gastronomie den Umsatz eher ankurbelt als erschwert.
2019 Radio Boka (Hochformat)
Ich kenne diesen Wein gut, nicht aus dem eigenen Keller sondern was den Handel angeht, der Gastro-Nettopreis für eine Flasche liegt in etwa bei 3,50 € - je nach Abnahme plus minus.
Bei den anderen, einfachen Weinen auf der Karte sieht es ähnlich aus, weil ich aber gerne Verdejo wollte, wählte ich notgedrungen diesen, eine gesonderte Weinkarte mit Flaschenweinen hat man nicht im Angebot.
Vor diesem Hintergrund verdient auch der Preis von 6,90 € für das nicht unbedingt großzügig eingeschenkte Glas das zarte Prädikat Nepp, gerade weil vielen Gästen hier der Durchblick fehlt.
Das schien aber zumindest sicher einige der Anwesenden nicht zu interessieren, die ich bei einer kleinen Zigarettenpause im Außenbereich erblickte, aber hier waren ganz sicher nicht nur augenscheinliche Vertreter der lokalen Vanity-Fair-Fraktion zu sehen, sondern auch betont bodenständige Damen und Herren, zumindest der Garderobe nach zu urteilen.
Ob man letztere mit so einer Preisgestaltung bei der Stange hält ist fraglich, aber ich möchte dem Fazit nicht vorweggreifen, weiter geht es also mit der zweiten Runde Tapas….
| Tapas / 2. Runde |
Entrecote andaluza „al Toro“ – 9,90 €
Costillas en salsa barbacoa – 7,90 €
Albondigas es salsa de tomate – 5,90 €
Pan con Aioli casero – 3,50 €
Bis ich diese bestellen konnte, vergingen wiederum fast 15 Minuten, bis ich leicht genervt abermals zur Theke ging, man hatte uns bei dem Betrieb und der Hektik trotz dreier Servicekräfte in unserer Ecke schlicht meist vergessen. Allerdings wenn sich jemand zu uns verirrte, war jede Begegnung unglaublich herzlich und freundlich, der Wille und Herz waren vorhanden und irgendwie taten sie mir fast schon ein wenig leid, hier muss sich einfach noch viel einspielen, was man auch freimütig bei der Verabschiedung gestand, als ich mit vorsichtigem Nachdruck gefragt wurde, ob es mir gefallen hätte.
Diese Tapas sollten alle heiß und gleichzeitig serviert werden, und das Entrecote war eine sehr positive Überraschung. Zwar fehlte die Chimichurri, die man mir anpries, als ich fragte, was das Fleisch denn zu „al Toro“ machen würde, aber was sich auf dem Schiefer fein tranchiert räkelte war außerordentlich köstlich.
Entrecote andaluza „al Toro“ (sorry, leicht unscharf)
Trotz anfänglich optisch enttäuschender äußerlicher Blässe herrlich rauchige Grillnoten, auf den Punkt medium an der Grenze zu medium rare, saftig, ein schöner grober Pfeffermix obenauf, am Rand der Platte etwas Fingersalz in das man Tranchen stippen konnte, am Rand eine kleine Salat-Garnitur mit gelungenem Orangen-Senf-Dressing.
Fleisch Detail (umso schärfer)
Sehr zur Nachahmung empfohlen, auch den Preis-Genuss-Faktor fand ich hier wesentlich stimmiger als bei einer Handvoll milder grüner Paprikaschoten aus der Pfanne.
Auch die Albondigas, neben den Pimientos sicher auch ein Griff in die Allzeit Hall-of-Tapas-Fame, konnten überzeugen. Gut gewürztes, nicht zu feines Hack mit viel frischer Petersilie, eine nicht zu flache Tomatensoße, leicht stückig mit dezenzer Schärfe, sehr schön.
Albondigas es salsa de tomate
Da wir von diesen und den folgenden Ribs noch etwas mitnahmen, gratinierte ich die spanischen Köttbullar am nächsten Abend mit mittelaltem Manchego, möchte mich nicht selber loben aber das war eine sehr gute Idee bei der Wiederauflage des Freitags mit einer schönen Flasche Vinho Verde.
Costillas en salsa barbacoa, Wahnsinn, klingt doch viel besser als Spareribs mit BBQ Sauce oder?
Und so hatte ich inständig gehofft, das sei eine spanische Soße, mit Pimentón de la Vera, Sherry etc. etc. Aber nein, das war eine zutiefst amerikanische Soße mit Hickory Noten, sowie man wie sie aus dem Steakhaus und Co. kennt, sehr süßlich aber immerhin mit leichter Schärfe im Abgang.
Costillas en salsa barbacoa
Diese Sauce war wie ein Fremdkörper an diesem spanischen Tapas-Abend, wie ein Big Mac als Zwischengang in einem Sushi Menü, für sich genommen und betrachtet allerdings durchaus gelungen, das Fleisch war zart und konnte sogar recht mühelos mit der Gabel vom Knochen getrennt werden, ich hatte ausnahmsweise keine Lust, mir Gesicht und Hände zu versauen.
Auch ist die Bezeichung „Iberico Ribs“ auf der Karte nicht nachvollziehbar, die recht mageren Schälrippen waren eher das, was der Amerikaner als Baby Back Ribs kennt, im klassischen BBQ also eher eine Vorspeise, was aber natürlich völlig ok ist im Kontext eines Tapas Angebotes.
Aber ich glaube trotzdem nicht, dass es sich hier um echtes Iberico Fleisch handelte, ich hatte schon des Öfteren das Vergnügen echter Iberico Ribs und ich kann nur sagen, was sich dort tut, braucht keine BBQ Tunke und man ist nach einem halben Strang satt, soviel Geschmack und gesundes Fett findet man dann an den Knochen.
Sehr ambivalentes Gericht, als Appetizer im unweiten Lokal New Orleans würde es mehr Sinn machen, bei einer Tapas Variante hätte ich mir jedoch Spanien auf der Zunge gewünscht und nicht Oklahoma aber nochmals: das konnte für sich genommen guten Gewissens mit Appetit verspeist werden!
Das wurde auch die zweite Portion Brot mit Aioli, die Madame sich gönnte, erwähnte ich, dass ich die kleinen Löwentopf-Terrinen nett fand, kleine Cazuelas aber dann doch etwas passender und "dipfreundlicher" fände?
| Dessert |
Crema catalana caramelizada – 5,90 €
Cheesecake con banana y manzana caramelizada – 6,50 €
Die Dessert-Bestellung platzierte ich geistesgegenwärtig bereits beim Abräumen der letzten Tapas Überbleibsel, einen weiteren Gang zur Theke wollte ich mir ersparen.
Die katalanische Schwester der Crème brûlée kam bei meiner Begleitung sehr gut an, die Kruste bestand den Löffel-Klopftest mit Bravour, optisch erinnerte mich die Creme zwar an ein Convenience Produkt aber mein Gegenüber bestritt dies.
Unstrittig dagegen: wer Sprühsahne verwendet muss damit keine halbe Schieferplatte vollsprühen, auch wenn ich das mit den krönenden frischen Blaubeeren recht nett fand.
Crema catalana caramelizada
Ich bin ja kein Dessert-Freund aber wollte kein Spielverderber sein, der Käsekuchen mit Bananen und karamellisierten Äpfeln klang dann doch ganz nett.
Cheesecake con banana y manzana caramelizada
Zur in Sachen Konsistenz ätherischen Sahne kann man hier sicher das gleiche sagen, aber das Auge isst ja schließlich mit, fernab jeglicher Convenience dann dieser grandiose Kuchen.
Das war pure, beglückende Sünde, eine relative feste Masse mit Bananenstücken und auch schmeckbar karamellisierten Stücken eines relativ säurearmen aber sehr aromatischen Apfels. Dazu obenauf noch etwas Karamellsoße, herrlich auch der buttrig-vorschmeckende Boden, der weder ein krümeliges trockenes Elend, noch durchgesiffte Matsche darstellte.
Für 6,50 € sicher kein günstiges Stück Kuchen, das Foto täuscht allerdings sehr, das war ein absoluter Trumm von Portion das man sicher auch gut teilen könnte, ich hatte große Mühen, das Ganze noch in meinem Dessert-Magen zu verstauen.
Ein durchaus versöhnlicher vorläufiger Schlusspunkt hinter einem Abend, der trotz aller angesprochenen kleineren oder größeren Kritikpunkte auch kulinarisch kein Reinfall war. Nach einer freundlichen Verabschiedung und der wie erwähnt sehr interessierten Nachfrage, ob ich mit dem Erlebten zufrieden gewesen sein, ging es zurück nach Höhscheid und meine Madame erwähnte mehrfach, wie gut es ihr grundsätzlich gefallen habe und wie nett alle gewesen seien.
Schenke Frau ein Lächeln und stopfe sie mit Crema Catalana voll, das Geheimnis gut gehender Gastronomie, muss ich mir merken für mein zweites Berufsleben…. :-))
Fazit
Blendet man Preis-Leistung mal aus, gab es bei allem Licht und Schatten trotz allem leicht positive Eindrücke, die sich - nicht nur aber doch spürbar - durch die trotz BBQ Fauxpas grundsätzlich gelungenen Fleisch-Tapas erklären, das Entrecote war eine Klasse für sich. Trotz meiner Angewohnheit, die Küche auch immer am Preis-Niveau zu messen, heute mit Welpenbonus denkbar knappe 3,3 - ergo auf 3,5 aufzurundende Sterne.
Ohne mein gelungenes Dessert wäre ich auf drei gelandet, ohne das Entrecote vielleicht noch etwas darunter.
Das aber auch nur, weil es keine schwerwiegenden handwerklichen Mängel gab, zu Themen wie Spühsahne, Croquetas mit Convenience Verdacht und anderen Dingen ist mit dieser Bewertung sicher genug gesagt für den Moment.
Der Service rettet sich mit seiner Freundlichkeit trotz der chaotischen hektischen Abläufe und dem Erlebten auf haarscharfe drei Sterne. Es ist ein junges Restaurant, hier muss sich noch viel einspielen, das kann man berücksichtigen, auch, dass Interesse an Feedback da war. „Egal“ war man hier nicht, wir wurden aber dann doch viel zu oft und lange vergessen, dass möchte ich weder unter- noch überbewerten und bin mir sicher, dass man sich hier noch wesentlich verbessert.
Das Ambiente sehe ich heute bei entsprechend aufzurundenden 2,7 – mit ein wenig mehr Gemütlichkeit in der Lichtstimmung und etwas dezenter Musik kann der Keller wesentlich ansprechender wirken, aufgrund des guten Außenauftritts und weiterer Details aber überzeugte 3 Sterne.
Die Sauberkeit wie so oft makellos, der gesamte Gastraum war staubfrei, die Tische sauber und gepflegt, Corona nahm man sehr ernst, 5 Sterne.
Bei Preis-Leistung sehe ich ein ambivalentes Bild, es gibt Dinge, wie den Wein oder die Pimientos oder die Croquetas, die würde ich gerne mit 1,5 Sternen bewerten, andere kratzen an der vier Sterne Marke, in Summe komme ich aber trotzdem nur auf 2,5 Sterne. Für etwas über 95 Euro für zwei Personen habe ich doch in meinem Leben schon zu oft wesentlich mehr erhalten, und damit meine ich ganz sicher nicht die Mengen auf dem Teller…
Somit komme ich auch in der Gesamtnote nur auf drei Sterne, was allerdings keinesfalls einen Verriss darstellt sondern den Querschnitt dessen, was ich ins Kalkül gezogen habe, und das ist nie wenig.
Meta-Fazit: Für Solinger Tapas Freunde sicher einen Blick wert!
….und wenn ich ehrlich bin, sieht es insbesondere bei Preis-Leistung beim Solingen-Gräfrather Platzhirsch in Sachen Spanien auch nicht viel besser aus, ein dortiges Geschäftsessen mit einem meiner damaligen Teammitglieder habe ich weiland gar „aus Gründen“ komplett verschwiegen, wir haben es leider nicht leicht mit iberischer Kulinarik in der Klingenstadt….
| der kleine persönliche Prolog - zur eigentlichen Kritik bitte einfach etwas nach unten scrollen |
Ja, ich gebe es zu, eigentlich wollte ich hier heute erstmalig seit Anfang November eine kleine Pause einlegen, obwohl ich am letzten Wochenende noch fest entschlossen war, dieses neue Ohligser Restaurant zum Wochenausklang unter die Lupe zu nehmen; schließlich liebe ich Tapas und artverwandte „Häppchen“-Konzepte über alles.
Am Dienstag musste ich jedoch eine kleine, unvorhergesehene ambulante OP über mich ergehen lassen, die Sitzen bis Freitag... mehr lesen
El Toro
El Toro
€-€€€
Restaurant
021224925565
Düsseldorfer Straße 42, 42697 Solingen
3.0
stars -
"Tapas – für Menschen mit Geduld, finanzieller Leidensfähigkeit und nicht allzu hohen Ansprüchen im Detail"
Shaneymac
| der kleine persönliche Prolog - zur eigentlichen Kritik bitte einfach etwas nach unten scrollen |
Ja, ich gebe es zu, eigentlich wollte ich hier heute erstmalig seit Anfang November eine kleine Pause einlegen, obwohl ich am letzten Wochenende noch fest entschlossen war, dieses neue Ohligser Restaurant zum Wochenausklang unter die Lupe zu nehmen; schließlich liebe ich Tapas und artverwandte „Häppchen“-Konzepte über alles.
Am Dienstag musste ich jedoch eine kleine, unvorhergesehene ambulante OP über mich ergehen lassen, die Sitzen bis Freitag
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Warum in die Ferne schweifen? Über gepflegte, nachbarschaftliche Gutbürgerlichkeit in erfreulicher Tagesform…"
Verifiziert
5
Geschrieben am 18.07.2021 2021-07-18 | Aktualisiert am 12.02.2022
Besucht am 16.07.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 57 EUR
| ein kleines "Flut-Vorwort" (zur Kritik bitte etwas weiter nach unten scrollen) |
Eine aufregende Woche geht zu Ende, eine Woche, die sich wohl so tief in das kollektive Erinnern und die Solinger Stadtgeschichte graben dürfte, wie das Wasser, das in den Tallagen der Stadt vielerorts dafür verantwortlich war.
Im Stadtteil Unterburg, der es Dank des Eschbachs und der Wupper dieser Tage vielfach in die Medien schaffen sollte, habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verlebt, meine Eltern leben bis heute dort, mein Elternhaus steht unweit der Wupper: ein Ort, naturgemäß verbunden mit unzähligen Erinnerungen.
Als ich am Mittwochnachmittag, alarmiert durch Berichte aus Unterburg, mit meinen Eltern telefonierte stand zwar schon etwas Grundwasser im Keller, in der Nachbarschaft liefen die Pumpen an, die Situation schien aber noch beherrschbar, obwohl der historische Ortskern schon teilweise unter Wasser stand, die Polizei hatte den Ort daher schon am frühen Abend komplett abgeriegelt.
Wenn man dann allerdings am späten Abend erfährt, dass es Bedenken hinsichtlich der umliegenden Talsperren gäbe, hinsichtlich Standfestigkeit, notwendiger Notablässe und befürchteter folgender Flutwellen (der WDR warnte sehr konkret davor), dass auch die elterliche Nachbarschaft innerhalb von Minuten knietief unter Wasser stand, der Katastrophenschutz hier noch wesentlich höhere Pegel in kürzester Zeit befürchtete und man den gesamten Stadtteil not-evakuierte, dann ist das alles andere als eine schöne Situation, zumal meine Eltern auch nicht mehr die Jüngsten sind, wie man sich vorstellen kann.
Hunderte Menschen konnten nur die nötigsten Papiere einpacken, als sie von jetzt auf gleich von Rettungskräften mit Nachdruck aus ihren Häusern beordert wurden, mit den Haustieren unter dem Arm durch knietiefes Wasser waten mussten und mit Bussen in Notunterkünfte gebracht wurden, bangten die ganze Nacht um ihr Zuhause, ihr Hab und Gut.
Deren Angehörige in anderen Stadtteilen verlebten eine Nacht der Ungewissheit, da unweit von uns u.a. alle Hilfskräfte aus dem Raum Köln in Richtung Burg vorbeifuhren, war der Horror-Soundtrack der gesamten Nacht ein ständiges Auf- und Abschwellen unzähliger Martinshörner von THW und Feuerwehr, die ruppigen Nebenwirkungen meiner Erstimpfung von Dienstag waren in diesen bewegten Stunden nur noch eine wehleidige, lächerliche persönliche Randnotiz.
Auch in Unterburg stehen nun Existenzen auf dem Spiel, allerdings blieben die befürchteten weiteren Flutwellen in der Nacht aus, was zu katastrophalen Szenarien wie in rückblickend weitaus schwerer betroffenen Orten in der Eifel hätte führen können.
Und so kam die Nachbarschaft meiner Kindheit größtenteils mit gefluteten Kellern davon, was sicherlich auch nicht etwas ist, was man sich sehnlich herbeiwünscht.
Aber ich glaube, ein sichtlich erschöpfter Nachbar, mit dem ich mich gestern vor Ort unterhielt, sieht seine persönliche Lage recht realistisch, er hatte Dank des mehr als zweitägigen Stromausfalls und der unermüdlichen Aufräumarbeiten, erst am Samstag die Bilder aus Orten wie Schuld oder Erftstadt gesehen und war völlig schockiert.
„Wir haben hier sehr viel Glück gehabt, auch wenn es sich Mittwochnacht anders anfühlte und wir dachten, die Häuser sind verloren, war das gottseidank rückblickend ein halber Kindergeburtstag.“
Das mag mancher direkter Anwohner der Eschbachstraße noch etwas anders sehen, hier stand das Wasser bis zum ersten Stockwerk, für die Fraktion „abgesoffener Keller“ aber trifft es sicher zu.
Gottlob kam niemand zu Tode und der nachfolgende Zusammenhalt der Burger war beispiellos, es bleibt zu hoffen, dass dies tatsächlich das „Jahrtausendereignis“ bleibt, von dem jetzt immer die Rede ist, ich habe aber das beklemmende Gefühl, das sich solche und „Jahrhundertfluten“ etc. inflationär mehren.
Am Freitag hatten sich die Pegel weiter normalisiert, das Sirenengeheul der letzten 36 Stunden verstummte allmählich, dem Schock folgte tatkräftiges Aufräumen und auch Abertausende besorgter Angehöriger und Freunde konnten aufatmen, weiterhin Hilfe anbieten wo es nur ging und diesen Angeboten auch Taten folgen lassen.
Eigentlich hatte ich für diesem Freitag Anfang der Woche vorsichtig geplant, ein neues spanisches Restaurant in Ohligs auszuprobieren, denn wenn ich irgendetwas liebe, dann sind es richtig gute Tapas und die fehlen in Solingen nach wie vor, aber dieses Schicksal ist abseits der Metropolen nicht nur ein Problem der Klingenstadt.
Aber nach der emotionalen Achterbahnfahrt dieser Woche und beruflichen Terminen bis in den frühen Abend war mir weder nach Taxifahrten noch danach, auf eigener Achse nach Ohligs zu tuckern und ich entschied, endlich den überfälligen „Nach-Lockdown-Besuch“ in meiner unmittelbaren Nachbarschaft anzutreten.
| Kritik |
Über das Windhövel und die Übernahme des traditionsreichen Lokals durch das Haaner Gastronomenpaar Agnes und Henry Hartmann hatte ich in meiner Erstkritik im Herbst 2019 schon erschöpfend berichtet, damals schrieb ich über drei Besuche an „Strohwitwerabenden“, an denen ich mich sehr über die solide gutbürgerliche Nahversorgung freute.
Man bietet handfeste Gerichte mit einem deutlichen Hauch von Brauhaus-Küche, die gerne auch regionalen Charakter besitzen, es ist daher naturgemäß nicht unbedingt Kulinarik für hochsommerliche Temperaturen, zumindest was die Stammkarte angeht, aber von diesen waren wir an diesem milden Freitag auch noch weit entfernt.
https://www.hartmannsimwindhövel.de/speisekarte
Meine kurzfristige telefonische Reservierung am Nachmittag ergab, dass wir wohl nur noch einen der kleinen Tische an der umlaufenden Bank im vorderen Bereich bekommen würden, wie auch bereits von Beginn an und vor dem Dauerlockdown erfreut sich das Lokal größter Beliebtheit und auch die Wassermassen der letzten Tage haben den Solingern den Appetit nicht verdorben, soviel stand da schon fest.
Sieht man von einer erfrischenden schnellen Dusche ab, ging es für mich und meine ständige Begleitung um 18 Uhr quasi direkt vom Laptop und Videokonferenz in das benachbarte Bergische Schieferhaus wo uns Frau Hartmann in ihrer stets fröhlichen Art herzlich begrüßte und uns freudige mitteilte, dass wir, bedingt durch eine kurzfristige Absage, einen schönen Vierertisch im mittleren Bereich der Räume bekommen würden, prima!
Wie in 2019 schon berichtet, ist nach der Ära Schlüss viel passiert, die Räume sehen jetzt wesentlich „cleaner“ aus, blieben aber sehr behaglich, wobei ich gestehe, dass ich diesen Puppenstuben-Charme vergangener Tage, mit hunderten historischer Fotos an den Wänden eigentlich sehr mochte und ich bin nach wie vor froh, ein gutes Dutzend davon erstanden zu haben, als Bernd Schlüss damals an einem Sonntag dazu einlud.
Täglich erinnern mich jene seither an diese Tage, man muss sich vorstellen, dass die Wände im hinteren Bereich quasi gepflastert waren mit kleinen lokalhistorischen Schätzen wie diesen - der GastroGuide und Exil-Solinger Huck kennt diese Ansichten sicher noch aus seiner Jugend...:-))))
Wer sagt da noch Solingen habe keine Boybands hervorgebracht
die Zwillingswerke um 1900
die im Krieg zerstörte Altstadt
Agnes Hartmann wurde heute von einem neuen Gesicht im Service unterstützt, ein adrett gekleideter, gut aufgelegter Zeitgenosse um die Dreißig der seine Sache sehr gut machen sollte, Ehemann Henry ist der Herr über Töpfe und Pfanne und trat wie üblich nur akustisch, nämlich beim beherzten à la minute Klopfen von Schnitzeln in Erscheinung.
Für leichte Verwirrung sorgt momentan noch die Lage bei den Speisekarten, es kursieren ganze drei Versionen mit leichten Abweichungen. Auf der Webseite und im Kartenkasten am Gebäude gibt es parallel die Standard- und Lockdown-Take-Away Karte und auf den Tischen lag noch eine dritte Variante in Form von bedruckten Papier-Platzsets.
Letztere sorgte für eine kleine Überraschung, meine geliebte Knoblauch-Cremesuppe war dort nicht mehr zu finden, eine kurze Nachfrage bei der Chefin ergab jedoch Entwarnung, natürlich sei diese noch zu bekommen, vielleicht ein Druckfehler inhaltlicher Art, ich frage nicht näher nach sondern freute mich einfach.
Erste Getränke, eine gut gekühlte Flasche Vio Rhabarberschorle, 0,3l zu 3,80 €, sowie ein König Ludwig Weizen, der halbe Liter zu 4,90 € fanden prompt den Weg auf den Tisch, ich hatte Durst und nach ein paar kräftigen Schlucken des bajuwarischen Traditionsbieres setzte nach dieser turbulenten Woche so etwas wie Ruhe und Entspannung ein.
| Vorspeise |
Knoblauchcremesuppe – 4,90 €
Dass diese schöne Suppe hier genauso viel kostet, wie ein Weizen vom Fass, spricht entweder für die Suppenpreispolitik oder gegen jene in Sachen Hefeweizen im Hause, die Perspektive darf sich jeder selber aussuchen.
Knoblauchcremesuppe
Für mich gehört sie seit Jahr und Tag zu einem Besuch im Windhövel, wie das Amen in der Kirche, sie ist eine Freude für Knoblauchfreunde mit Angst vor Vampiren, die auch schon in der Ära Schlüss zu leichten Tagesformen neigte, die jedoch nie enttäuschten.
Heute hätte ich mir einen Hauch weniger Säure gewünscht und war froh, beim Bier geblieben zu sein und keinen Weißwein aus der gepflegten Auswahl der offenen Weine gewählt zu haben.
Schon zur Vorspeise wurden makellos saubere Acrylglas-Mühlen gereicht, die Pfeffermühle mit einem Mix aus grünem, weißem und schwarzem Pfeffer dabei fast 30cm groß.
Diese ehrliche Suppe glänzt mit allem, was man von einer Knoblauchcremesuppe erwarte kann, „ein kräftiges Fundament einer ehrlichen Brühe, ein Schuss Wein und Unmengen frischer Knoblauch, eher zurückhaltend im Salz, angenehm cremige Konsistenz“ faselte ich Ende 2019, wie auch schon sinngemäß in meiner Erstkritik aus 2012, schön, wenn Stammrezepte in einem solchen Haus auch nach einem Betreiberwechsel überdauern.
Dazu gab es einen kleinen Brotkorb mit angegrilltem Weißbrot, meine Madame war heute nicht besonders hungrig aber ich trat gerne ein Drittel meiner Portion an sie ab, als handfeste Cremesuppe besitzt sie schon einiges Sättigungspotential und meine Begleitung war dann doch froh über einen kleinen Appetithappen vorab.
Frau Hartmann und ihre männliche Unterstützung agierten wie gewohnt aufmerksam und mit verbindlicher Freundlichkeit, nach der Zufriedenheit zu fragen ist ebenfalls so selbstverständlich, wie ein sympathisches „Sehr gern!“, wenn man sich für die ein oder andere Nettigkeit bedankte, wie bspw. eine prompt gereichte Getränkekarte. Das gibt dem Haus ein Gesicht, dass perfekt zur Küche und in seiner Mischung aus Zuvorkommenheit, Routine am Gast und Ungezwungenheit sehr gut im Bergischen ankommt, der Zuspruch der Gäste liegt sicher auch hierin begründet.
Das Haus sollte sich rasch füllen, ein Pärchen Mitte Fünfzig, die Dame freute sich über die gepflegten Weine und startete zunächst mit einem Glas Sekt in das Wochenende, in etwa die gleiche Szene am Nebentisch, wo es sich zwei offenkundige Arbeitskolleginnen gut gehen ließen.
Im hinteren Bereich fanden sich ausnehmend gut gekleidete Seniorenpärchen ein was ich äußerst bedauerlich fand, wie gerne lästere ich doch über den Bergischen Rentner mit kurzärmeligem Karohemd, Bundfaltenhose und Socken in offenen Sandalen, ich glaube, ich muss dringend mal wieder nach Rüden, wenn sich die Lage dort wieder normalisiert hat….
Trotz des nun gestiegenen Gästepegels sollten die Hauptgerichte in angenehmen Abstand serviert werden, was Henry Hartmann hier für eine Schlagzahl an den Tag legt, ist bemerkenswert, meines Wissens ist er alleine in der Küche.
Dies auch, weil uns seine Frau nach dem Essen verriet, dass beide vor zwei Tagen ihre Zweitimpfung erhalten hatten und nur dank massivem Ibu-Einsatz überhaupt auf dem Posten sein konnten und der arme Kerl am Vortag nach Küchenschluss so am Ende war, dass er sich erstmalig direkt nach oben – sie wohnen über dem Lokal, wie auch vormals das Ehepaar Schlüss – schleppte um sich hinzulegen.
Ich habe einen Heidenrespekt aber auch etwas Mitleid für diese Leistung, jeder normale Arbeitnehmer hätte sich wohl krank gemeldet angesichts dieser Symptome, und dass die Hartmanns auch wirklich hart im Nehmen und alles andere als Jammerlappen sind, das habe ich in den letzten zwei Jahren erleben dürfen.
| Hauptgerichte |
Landhaus Salat – 12,90 €
Zwiebelrostbraten Bergische Art - 21,90 €
Bergisches Landbier – 0,3l zu 2,90 €
Der Landhaus Salat war die Wahl meiner Begleitung, sie liebt Salate mit warmen Beigaben und ist wohl die Kernzielgruppe des vielerorts obligatorischen „Salat mit Streifen von der Hähnchen / Putenbrust“, welchen diese Variante hier mit zusätzlichen, sautierten geviertelten Champignons aufwerten sollte.
Landhaus Salat
Die Investition in neues Geschirr sollte sich bezahlt machen, neben einer ohnehin netten Garnitur auf dem Teller macht alles nun einen optisch wesentlich schöneren Eindruck.
Bei aller Optik bleibt dies natürlich im Kern Brauhausküche aber als solche eine sehr gute, gelobt wurden die Vielfalt des frischen Salates, die mundgerechte Verarbeitung der Gemüse, das Fehlen von roher Zwiebel sowie ein sehr leckeres Honig-Senf-Dressing. Jenes hatte ich auch bei meinem Beilagensalat und sehe es als deutliche Verbesserung im Gegensatz zum geschmacklich vergleichsweise leicht blassen, optisch eher klaren Hausdressing aus 2019.
Nochmals Stichwort Optik: aus der Ferne betrachtet befand ich die Pilze und das Fleisch etwas blass, was mein Gegenüber aber empört bestritt, alles hätte prima Röstaromen und das Huhn sei saftig ohne zu stauben, der Teller wurde inklusive der Erdbeere – die Kombi lobte sie noch am nächsten Tag - in der Garnitur ratzfatz leergeputzt.
Bei meinem Zwiebelrostbraten Bergische Art hatte ich vorsichtshalber vorab nachgefragt, weil die hiesige Gastronomie unter dem Motto „Mach’s Bergisch!“ gerne ohne jede kombinatorische Rücksichtnahme mit Kottenwurst, Senf und rohen Zwiebeln hantiert, so als ob die gute alte Kottenbutter (ein belegtes Schwarzbrot, Solinger Urtradition) die einzige Insignie lokaler Kulinarik sei; größte Vorsicht ist also geboten, wenn einem ein „Cordon Bleu auf Bergische Art“ etc. pp. auf Karten begegnet.
Zwiebelrostbraten Bergische Art
Gottseidank beschränkt man sicher aber auf ein Bergisches Landbier in der aus dem Bratensatz gezogenen Soße, weshalb ich mich auch für ein solches als Getränkebegleitung entschied, was dann auch perfekt harmonieren sollte.
Ein wahres Trumm von Rumpsteak, dazu appetitlich anzuschauende in der Pfanne geschmorte Zwiebeln und auch wenn einige der Bratkartoffeln auf dem Foto ihre blasse Seite zeigen, waren diese eine Freude in Sachen Röstung.
Auch hier wieder eine nette Garnitur, das macht viel aus finde ich und das Fehlen einer solchen hatte ich 2019 noch bemängelt, klare Verbesserung der Sorte kleine Geste große Wirkung.
Das sicher fast an die 400 Gramm reichende Steak war perfekt gebraten, schöne Röstung, perfekt medium und dabei zart und saftig.
Die Zwiebeln aber fast der heimliche Star, süßlich aromatisch noch mit leichtem Biss, sie hatten nichts mit den manchmal breiigen Schmorzwiebeln zu tun, die man hier in den heißen Theken der örtlichen Metzger auf sein Spießbratenbrötchen bekommt.
Die à la minute Bratkartoffeln kamen mit Speck und Zwiebeln, die nicht im Ansatz verbrannt waren, und waren denkbar wenig fettig, ganz solides Handwerk, bravo!
Ich habe bei so großen Portionen zwei Erleben: entweder ich weiß nach zwei Bissen, dass ich das nicht schaffen werde weil es mich nicht begeistert oder ich freue mich – entschieden seltener der Fall – über die Üppigkeit auf dem Teller.
Hier ging es in letztere Richtung, das einzige, was ich bemängeln könnte ist, dass es relativ wenig von der malzigen, stimmig abgeschmeckten Biersoße gab, trotzdem sollte hier nichts trocken werden, das meiste befand sich unter dem Steak und lief in Richtung der Kartoffeln.
Dazu gab es einen kleinen, hübsch anzusehenden Beilagensalat, der in idealer Weise mit Dressing angemacht und nicht lieblos mit Litern Eimersoße überschüttet wird, das ist Liebe zum Detail und nicht 08/15.
Beilagensalat
Ich lobe ja immer die süddeutschen Gasthäuser und schrieb kürzlich zum WMTV Restaurant „Turnhalle“ von Torsten Tückmantel: „Wie angedeutet, hatte ich das in meiner Region seltene Gefühl, in einer von A bis Z mit Leidenschaft und beruflichem Ethos kochenden gutbürgerlichen Gaststätte zu sitzen, ein Gefühl, das ich das letzte Mal im letzten September in Oberbayern hatte, und das ist ein großes Lob angesichts dessen, was man dort in guten Häusern auf den Tisch bringt.“
Und exakt dieses Gefühl beschlich mich heute wieder, hätte ich dieses Gericht in einem gepflegten bayerischen Traditionshaus so erhalten, wäre ich sehr glücklich gewesen.
Als Frau Hartmann fragte, ob alles recht sei, fragte ich, ob der Rostbraten immer so üppig ausfällt und sie erinnerte sich prompt an meinen letzten Besuch vor fast zwei Jahren, als ich das recht überschaubare Rumpsteak vor Ort lakonisch augenzwinkernd kommentierte: „Eigentlich schon, und das letzte Mal hatten sie ja schließlich Carpaccio wenn ich mich richtig erinnere.“ Diesmal zwinkerte sie mir zu, touché liebe Frau Hartmann. :-)
| Dessert |
Kaiserschmarren – 5,90 €
Wer jetzt denkt, dass der Schmarren auf dem Foto etwas mickrig aussieht wird vielleicht gnädig gestimmt, wenn er erfährt, dass dies nur die Hälfte der Portion ist, das Bild zeigt also quasi 2,95 € wenn man so will.
Kaiserschmarren (Hälfte derPortion, es gab zwei solcher Teller für den Gesamtpreis von 5,90€)
Wir waren beide so satt, dass wir uns die Portion teilen wollten, auch wenn der Preis schon andeutete, dass es nicht einer der familientauglichen Monsterteller werden würde, die einem im Alpenraum begegnen.
Für dieses Geld jedem einen Teller zu richten, mit einer Kugel von gutem Vanilleeis, leicht stückigem Apfelmus das einen hausgemachten Eindruck machte - auch wenn ich das niemals glaube - und etwas frischer, vollreifer Erdbeere, das ist aller Ehren wert.
Und dies auch, wenn es eher eine „quick & dirty“ Variante eines Kaiserschmarren war, dem die Luftigkeit und Muße eines originalen solchen etwas fehlte, verfehlte sie mit ihrer leichten Zimtnote und angerösteten Mandelblättchen die Wirkung eines beglückenden warmen, teigigen Desserts, das ich so liebe, in keiner Weise.
Madame merkte derweil an, wie froh sie sei, dass wir hier hin seien, auch weil wir so nah wohnen, sie würde gerne öfter hier hin, ihre Vorlieben wurden völlig bedient, sie mag diese Küche und die ungezwungene und doch gepflegte Atmosphäre im Windhövel sehr.
Na denn, happy wife happy life, ich bat um die Rechnung, weil ich noch die 20:15 Sondersendung zur Flut schauen wollte und unser netter Kellner brachte noch zwei Alte Kirschen von Prinz aufs Haus.
Prinz Alte Kirsche
Das 2cl von diesem hocharomatischen Qualitäts-Brand eigentlich für 3,90 € auf der Karte stehen und nach einem solchen, nicht gerade hochpreisigen Essen „aufs Haus“ gehen finde ich bemerkenswert, das ist Gastlichkeit in Reinform und hat mit dem Desinfektionsmittel, das bei den meisten Griechen vor und nach dem Essen „aufs Haus“ geht wenig zu tun - gleiches gilt für die Abteilung Balkan-Grill, die sich auch meist auf vergleichbarem Preisniveau wie die Küche im Windhövel bewegt.
Auch wenn das EC Gerät in seinen Abmessungen den Eindruck macht, im Inneren sei entweder eine komplette Typenrad-Schreibmaschine oder ein kleiner Japaner mit High-Speed Kalligraphie Skills am Werke, konnte die Kartenzahlung problemlos am Tisch erledigt werden.
Ich plauderte mit dem neuen Gesicht im Service noch etwas über die Umweltsünde Thermopapier und Bonpflicht bevor es die wenigen Schritte zurück zum heimischen Sofa und motzenden Katzen ging und mich die Bilder im Fernsehen und die Todeszahlen wieder gedanklich zurück zur Einleitung bringen, bei allem Schaden und Leid im Einzelfall: Solingen, bzw. Unterburg hat auch Glück gehabt, vielleicht mehr als uns bewusst ist.
Fazit
Verglichen mit in Sachen Küchenstil vergleichbaren Häusern (ich bewerte immer innerhalb eines Genres und vergleiche mit den Sternen niemals Äpfel und Birnen) wie dem WMTV Restaurant oder dem Schaberger Bahnhof komme ich auch hier auf verdiente 4,5 Sterne für die Küche.
Auch wegen der Detailverbesserungen, wie nicht mehr fettige Bratkartoffeln oder durchweg netter Garnitur, mündet das in einem halben Stern mehr als in 2019, mehr als verdient wie ich meine.
Der Service dem Setting entsprechend perfekt, man ist immer präsent, ausnehmend freundlich, es unterlaufen keine Fehler beim Servieren, kein „wer war noch mal die Leber?“ o.ä. und Frau Hartmann konnte auf Nachfrage am Nebentisch auch etwas zu den Weinen sagen. 5 Sterne für diese Leistung, ich weiß beim besten Willen nicht, was man hier mehr erwarten kann.
Das Ambiente gepflegt rustikal bergisch mit modernen, eher zeitlosen Details oder so mancher liebevoller Deko und es gibt u.a. immer frische Blumen im Außenbereich, gute vier Sterne hierfür.
Die Sauberkeit makellos, alleine wer die gepflegten Acrylglas-Mühlen für Salz und Pfeffer sieht, die nach jedem Gebrauch an der Servicestation am Tresen desinfiziert wurden und ohne jeden Fingerabdruck den Tisch erreichten, wird hier keine Sorgen in dieser Disziplin haben.
Bei Preis-Leistung bin ich nach wie vor bei guten vier Sternen das Essen hat hier die Nase spürbar vorne aber die Getränke sorgen in Relation doch sehr spürbar für gelungene Deckungsbeiträge, was in Summe aber mehr als in Ordnung geht.
Und damit verbessert sich das Windhövel auch in der Gesamtwertung um einen halben Stern auf sehr gute und verdiente 4,5 Sterne, darüber habe ich mich gefreut und hoffe, es dauert nicht wieder 20 Monate bis zum Folgebesuch, aber da ich bin ich guter Dinge…
Eine aufregende Woche geht zu Ende, eine Woche, die sich wohl so tief in das kollektive Erinnern und die Solinger Stadtgeschichte graben dürfte, wie das Wasser, das in den Tallagen der Stadt vielerorts dafür verantwortlich war.
Im Stadtteil Unterburg, der es Dank des Eschbachs und der Wupper dieser Tage vielfach in die Medien schaffen sollte, habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verlebt, meine Eltern leben bis heute dort, mein Elternhaus steht unweit der Wupper: ein Ort, naturgemäß verbunden mit unzähligen Erinnerungen.
Als ich am Mittwochnachmittag, alarmiert durch Berichte aus Unterburg, mit meinen Eltern telefonierte stand zwar schon etwas Grundwasser im Keller, in der Nachbarschaft liefen die Pumpen an, die Situation schien aber noch beherrschbar, obwohl der historische Ortskern schon teilweise unter Wasser stand, die Polizei hatte den Ort daher schon am frühen Abend komplett abgeriegelt.
Wenn man dann allerdings am späten Abend erfährt, dass es Bedenken hinsichtlich der umliegenden Talsperren gäbe, hinsichtlich Standfestigkeit, notwendiger Notablässe und befürchteter folgender Flutwellen (der WDR warnte sehr konkret davor), dass auch die elterliche Nachbarschaft innerhalb von Minuten knietief unter Wasser stand, der Katastrophenschutz hier noch wesentlich höhere Pegel in kürzester Zeit befürchtete und man den gesamten Stadtteil not-evakuierte, dann ist das alles andere als eine schöne Situation, zumal meine Eltern auch nicht mehr die Jüngsten sind, wie man sich vorstellen kann.
Hunderte Menschen konnten nur die nötigsten Papiere einpacken, als sie von jetzt auf gleich von Rettungskräften mit Nachdruck aus ihren Häusern beordert wurden, mit den Haustieren unter dem Arm durch knietiefes Wasser waten mussten und mit Bussen in Notunterkünfte gebracht wurden, bangten die ganze Nacht um ihr Zuhause, ihr Hab und Gut.
Deren Angehörige in anderen Stadtteilen verlebten eine Nacht der Ungewissheit, da unweit von uns u.a. alle Hilfskräfte aus dem Raum Köln in Richtung Burg vorbeifuhren, war der Horror-Soundtrack der gesamten Nacht ein ständiges Auf- und Abschwellen unzähliger Martinshörner von THW und Feuerwehr, die ruppigen Nebenwirkungen meiner Erstimpfung von Dienstag waren in diesen bewegten Stunden nur noch eine wehleidige, lächerliche persönliche Randnotiz.
Auch in Unterburg stehen nun Existenzen auf dem Spiel, allerdings blieben die befürchteten weiteren Flutwellen in der Nacht aus, was zu katastrophalen Szenarien wie in rückblickend weitaus schwerer betroffenen Orten in der Eifel hätte führen können.
Und so kam die Nachbarschaft meiner Kindheit größtenteils mit gefluteten Kellern davon, was sicherlich auch nicht etwas ist, was man sich sehnlich herbeiwünscht.
Aber ich glaube, ein sichtlich erschöpfter Nachbar, mit dem ich mich gestern vor Ort unterhielt, sieht seine persönliche Lage recht realistisch, er hatte Dank des mehr als zweitägigen Stromausfalls und der unermüdlichen Aufräumarbeiten, erst am Samstag die Bilder aus Orten wie Schuld oder Erftstadt gesehen und war völlig schockiert.
„Wir haben hier sehr viel Glück gehabt, auch wenn es sich Mittwochnacht anders anfühlte und wir dachten, die Häuser sind verloren, war das gottseidank rückblickend ein halber Kindergeburtstag.“
Das mag mancher direkter Anwohner der Eschbachstraße noch etwas anders sehen, hier stand das Wasser bis zum ersten Stockwerk, für die Fraktion „abgesoffener Keller“ aber trifft es sicher zu.
Gottlob kam niemand zu Tode und der nachfolgende Zusammenhalt der Burger war beispiellos, es bleibt zu hoffen, dass dies tatsächlich das „Jahrtausendereignis“ bleibt, von dem jetzt immer die Rede ist, ich habe aber das beklemmende Gefühl, das sich solche und „Jahrhundertfluten“ etc. inflationär mehren.
Am Freitag hatten sich die Pegel weiter normalisiert, das Sirenengeheul der letzten 36 Stunden verstummte allmählich, dem Schock folgte tatkräftiges Aufräumen und auch Abertausende besorgter Angehöriger und Freunde konnten aufatmen, weiterhin Hilfe anbieten wo es nur ging und diesen Angeboten auch Taten folgen lassen.
Eigentlich hatte ich für diesem Freitag Anfang der Woche vorsichtig geplant, ein neues spanisches Restaurant in Ohligs auszuprobieren, denn wenn ich irgendetwas liebe, dann sind es richtig gute Tapas und die fehlen in Solingen nach wie vor, aber dieses Schicksal ist abseits der Metropolen nicht nur ein Problem der Klingenstadt.
Aber nach der emotionalen Achterbahnfahrt dieser Woche und beruflichen Terminen bis in den frühen Abend war mir weder nach Taxifahrten noch danach, auf eigener Achse nach Ohligs zu tuckern und ich entschied, endlich den überfälligen „Nach-Lockdown-Besuch“ in meiner unmittelbaren Nachbarschaft anzutreten.
| Kritik |
Über das Windhövel und die Übernahme des traditionsreichen Lokals durch das Haaner Gastronomenpaar Agnes und Henry Hartmann hatte ich in meiner Erstkritik im Herbst 2019 schon erschöpfend berichtet, damals schrieb ich über drei Besuche an „Strohwitwerabenden“, an denen ich mich sehr über die solide gutbürgerliche Nahversorgung freute.
Man bietet handfeste Gerichte mit einem deutlichen Hauch von Brauhaus-Küche, die gerne auch regionalen Charakter besitzen, es ist daher naturgemäß nicht unbedingt Kulinarik für hochsommerliche Temperaturen, zumindest was die Stammkarte angeht, aber von diesen waren wir an diesem milden Freitag auch noch weit entfernt.
https://www.hartmannsimwindhövel.de/speisekarte
Meine kurzfristige telefonische Reservierung am Nachmittag ergab, dass wir wohl nur noch einen der kleinen Tische an der umlaufenden Bank im vorderen Bereich bekommen würden, wie auch bereits von Beginn an und vor dem Dauerlockdown erfreut sich das Lokal größter Beliebtheit und auch die Wassermassen der letzten Tage haben den Solingern den Appetit nicht verdorben, soviel stand da schon fest.
Sieht man von einer erfrischenden schnellen Dusche ab, ging es für mich und meine ständige Begleitung um 18 Uhr quasi direkt vom Laptop und Videokonferenz in das benachbarte Bergische Schieferhaus wo uns Frau Hartmann in ihrer stets fröhlichen Art herzlich begrüßte und uns freudige mitteilte, dass wir, bedingt durch eine kurzfristige Absage, einen schönen Vierertisch im mittleren Bereich der Räume bekommen würden, prima!
Wie in 2019 schon berichtet, ist nach der Ära Schlüss viel passiert, die Räume sehen jetzt wesentlich „cleaner“ aus, blieben aber sehr behaglich, wobei ich gestehe, dass ich diesen Puppenstuben-Charme vergangener Tage, mit hunderten historischer Fotos an den Wänden eigentlich sehr mochte und ich bin nach wie vor froh, ein gutes Dutzend davon erstanden zu haben, als Bernd Schlüss damals an einem Sonntag dazu einlud.
Täglich erinnern mich jene seither an diese Tage, man muss sich vorstellen, dass die Wände im hinteren Bereich quasi gepflastert waren mit kleinen lokalhistorischen Schätzen wie diesen - der GastroGuide und Exil-Solinger Huck kennt diese Ansichten sicher noch aus seiner Jugend...:-))))
Wer sagt da noch Solingen habe keine Boybands hervorgebracht
die Zwillingswerke um 1900
die im Krieg zerstörte Altstadt
Agnes Hartmann wurde heute von einem neuen Gesicht im Service unterstützt, ein adrett gekleideter, gut aufgelegter Zeitgenosse um die Dreißig der seine Sache sehr gut machen sollte, Ehemann Henry ist der Herr über Töpfe und Pfanne und trat wie üblich nur akustisch, nämlich beim beherzten à la minute Klopfen von Schnitzeln in Erscheinung.
Für leichte Verwirrung sorgt momentan noch die Lage bei den Speisekarten, es kursieren ganze drei Versionen mit leichten Abweichungen. Auf der Webseite und im Kartenkasten am Gebäude gibt es parallel die Standard- und Lockdown-Take-Away Karte und auf den Tischen lag noch eine dritte Variante in Form von bedruckten Papier-Platzsets.
Letztere sorgte für eine kleine Überraschung, meine geliebte Knoblauch-Cremesuppe war dort nicht mehr zu finden, eine kurze Nachfrage bei der Chefin ergab jedoch Entwarnung, natürlich sei diese noch zu bekommen, vielleicht ein Druckfehler inhaltlicher Art, ich frage nicht näher nach sondern freute mich einfach.
Erste Getränke, eine gut gekühlte Flasche Vio Rhabarberschorle, 0,3l zu 3,80 €, sowie ein König Ludwig Weizen, der halbe Liter zu 4,90 € fanden prompt den Weg auf den Tisch, ich hatte Durst und nach ein paar kräftigen Schlucken des bajuwarischen Traditionsbieres setzte nach dieser turbulenten Woche so etwas wie Ruhe und Entspannung ein.
| Vorspeise |
Knoblauchcremesuppe – 4,90 €
Dass diese schöne Suppe hier genauso viel kostet, wie ein Weizen vom Fass, spricht entweder für die Suppenpreispolitik oder gegen jene in Sachen Hefeweizen im Hause, die Perspektive darf sich jeder selber aussuchen.
Knoblauchcremesuppe
Für mich gehört sie seit Jahr und Tag zu einem Besuch im Windhövel, wie das Amen in der Kirche, sie ist eine Freude für Knoblauchfreunde mit Angst vor Vampiren, die auch schon in der Ära Schlüss zu leichten Tagesformen neigte, die jedoch nie enttäuschten.
Heute hätte ich mir einen Hauch weniger Säure gewünscht und war froh, beim Bier geblieben zu sein und keinen Weißwein aus der gepflegten Auswahl der offenen Weine gewählt zu haben.
Schon zur Vorspeise wurden makellos saubere Acrylglas-Mühlen gereicht, die Pfeffermühle mit einem Mix aus grünem, weißem und schwarzem Pfeffer dabei fast 30cm groß.
Diese ehrliche Suppe glänzt mit allem, was man von einer Knoblauchcremesuppe erwarte kann, „ein kräftiges Fundament einer ehrlichen Brühe, ein Schuss Wein und Unmengen frischer Knoblauch, eher zurückhaltend im Salz, angenehm cremige Konsistenz“ faselte ich Ende 2019, wie auch schon sinngemäß in meiner Erstkritik aus 2012, schön, wenn Stammrezepte in einem solchen Haus auch nach einem Betreiberwechsel überdauern.
Dazu gab es einen kleinen Brotkorb mit angegrilltem Weißbrot, meine Madame war heute nicht besonders hungrig aber ich trat gerne ein Drittel meiner Portion an sie ab, als handfeste Cremesuppe besitzt sie schon einiges Sättigungspotential und meine Begleitung war dann doch froh über einen kleinen Appetithappen vorab.
Frau Hartmann und ihre männliche Unterstützung agierten wie gewohnt aufmerksam und mit verbindlicher Freundlichkeit, nach der Zufriedenheit zu fragen ist ebenfalls so selbstverständlich, wie ein sympathisches „Sehr gern!“, wenn man sich für die ein oder andere Nettigkeit bedankte, wie bspw. eine prompt gereichte Getränkekarte. Das gibt dem Haus ein Gesicht, dass perfekt zur Küche und in seiner Mischung aus Zuvorkommenheit, Routine am Gast und Ungezwungenheit sehr gut im Bergischen ankommt, der Zuspruch der Gäste liegt sicher auch hierin begründet.
Das Haus sollte sich rasch füllen, ein Pärchen Mitte Fünfzig, die Dame freute sich über die gepflegten Weine und startete zunächst mit einem Glas Sekt in das Wochenende, in etwa die gleiche Szene am Nebentisch, wo es sich zwei offenkundige Arbeitskolleginnen gut gehen ließen.
Im hinteren Bereich fanden sich ausnehmend gut gekleidete Seniorenpärchen ein was ich äußerst bedauerlich fand, wie gerne lästere ich doch über den Bergischen Rentner mit kurzärmeligem Karohemd, Bundfaltenhose und Socken in offenen Sandalen, ich glaube, ich muss dringend mal wieder nach Rüden, wenn sich die Lage dort wieder normalisiert hat….
Trotz des nun gestiegenen Gästepegels sollten die Hauptgerichte in angenehmen Abstand serviert werden, was Henry Hartmann hier für eine Schlagzahl an den Tag legt, ist bemerkenswert, meines Wissens ist er alleine in der Küche.
Dies auch, weil uns seine Frau nach dem Essen verriet, dass beide vor zwei Tagen ihre Zweitimpfung erhalten hatten und nur dank massivem Ibu-Einsatz überhaupt auf dem Posten sein konnten und der arme Kerl am Vortag nach Küchenschluss so am Ende war, dass er sich erstmalig direkt nach oben – sie wohnen über dem Lokal, wie auch vormals das Ehepaar Schlüss – schleppte um sich hinzulegen.
Ich habe einen Heidenrespekt aber auch etwas Mitleid für diese Leistung, jeder normale Arbeitnehmer hätte sich wohl krank gemeldet angesichts dieser Symptome, und dass die Hartmanns auch wirklich hart im Nehmen und alles andere als Jammerlappen sind, das habe ich in den letzten zwei Jahren erleben dürfen.
| Hauptgerichte |
Landhaus Salat – 12,90 €
Zwiebelrostbraten Bergische Art - 21,90 €
Bergisches Landbier – 0,3l zu 2,90 €
Der Landhaus Salat war die Wahl meiner Begleitung, sie liebt Salate mit warmen Beigaben und ist wohl die Kernzielgruppe des vielerorts obligatorischen „Salat mit Streifen von der Hähnchen / Putenbrust“, welchen diese Variante hier mit zusätzlichen, sautierten geviertelten Champignons aufwerten sollte.
Landhaus Salat
Die Investition in neues Geschirr sollte sich bezahlt machen, neben einer ohnehin netten Garnitur auf dem Teller macht alles nun einen optisch wesentlich schöneren Eindruck.
Bei aller Optik bleibt dies natürlich im Kern Brauhausküche aber als solche eine sehr gute, gelobt wurden die Vielfalt des frischen Salates, die mundgerechte Verarbeitung der Gemüse, das Fehlen von roher Zwiebel sowie ein sehr leckeres Honig-Senf-Dressing. Jenes hatte ich auch bei meinem Beilagensalat und sehe es als deutliche Verbesserung im Gegensatz zum geschmacklich vergleichsweise leicht blassen, optisch eher klaren Hausdressing aus 2019.
Nochmals Stichwort Optik: aus der Ferne betrachtet befand ich die Pilze und das Fleisch etwas blass, was mein Gegenüber aber empört bestritt, alles hätte prima Röstaromen und das Huhn sei saftig ohne zu stauben, der Teller wurde inklusive der Erdbeere – die Kombi lobte sie noch am nächsten Tag - in der Garnitur ratzfatz leergeputzt.
Bei meinem Zwiebelrostbraten Bergische Art hatte ich vorsichtshalber vorab nachgefragt, weil die hiesige Gastronomie unter dem Motto „Mach’s Bergisch!“ gerne ohne jede kombinatorische Rücksichtnahme mit Kottenwurst, Senf und rohen Zwiebeln hantiert, so als ob die gute alte Kottenbutter (ein belegtes Schwarzbrot, Solinger Urtradition) die einzige Insignie lokaler Kulinarik sei; größte Vorsicht ist also geboten, wenn einem ein „Cordon Bleu auf Bergische Art“ etc. pp. auf Karten begegnet.
Zwiebelrostbraten Bergische Art
Gottseidank beschränkt man sicher aber auf ein Bergisches Landbier in der aus dem Bratensatz gezogenen Soße, weshalb ich mich auch für ein solches als Getränkebegleitung entschied, was dann auch perfekt harmonieren sollte.
Ein wahres Trumm von Rumpsteak, dazu appetitlich anzuschauende in der Pfanne geschmorte Zwiebeln und auch wenn einige der Bratkartoffeln auf dem Foto ihre blasse Seite zeigen, waren diese eine Freude in Sachen Röstung.
Auch hier wieder eine nette Garnitur, das macht viel aus finde ich und das Fehlen einer solchen hatte ich 2019 noch bemängelt, klare Verbesserung der Sorte kleine Geste große Wirkung.
Das sicher fast an die 400 Gramm reichende Steak war perfekt gebraten, schöne Röstung, perfekt medium und dabei zart und saftig.
Die Zwiebeln aber fast der heimliche Star, süßlich aromatisch noch mit leichtem Biss, sie hatten nichts mit den manchmal breiigen Schmorzwiebeln zu tun, die man hier in den heißen Theken der örtlichen Metzger auf sein Spießbratenbrötchen bekommt.
Die à la minute Bratkartoffeln kamen mit Speck und Zwiebeln, die nicht im Ansatz verbrannt waren, und waren denkbar wenig fettig, ganz solides Handwerk, bravo!
Ich habe bei so großen Portionen zwei Erleben: entweder ich weiß nach zwei Bissen, dass ich das nicht schaffen werde weil es mich nicht begeistert oder ich freue mich – entschieden seltener der Fall – über die Üppigkeit auf dem Teller.
Hier ging es in letztere Richtung, das einzige, was ich bemängeln könnte ist, dass es relativ wenig von der malzigen, stimmig abgeschmeckten Biersoße gab, trotzdem sollte hier nichts trocken werden, das meiste befand sich unter dem Steak und lief in Richtung der Kartoffeln.
Dazu gab es einen kleinen, hübsch anzusehenden Beilagensalat, der in idealer Weise mit Dressing angemacht und nicht lieblos mit Litern Eimersoße überschüttet wird, das ist Liebe zum Detail und nicht 08/15.
Beilagensalat
Ich lobe ja immer die süddeutschen Gasthäuser und schrieb kürzlich zum WMTV Restaurant „Turnhalle“ von Torsten Tückmantel: „Wie angedeutet, hatte ich das in meiner Region seltene Gefühl, in einer von A bis Z mit Leidenschaft und beruflichem Ethos kochenden gutbürgerlichen Gaststätte zu sitzen, ein Gefühl, das ich das letzte Mal im letzten September in Oberbayern hatte, und das ist ein großes Lob angesichts dessen, was man dort in guten Häusern auf den Tisch bringt.“
Und exakt dieses Gefühl beschlich mich heute wieder, hätte ich dieses Gericht in einem gepflegten bayerischen Traditionshaus so erhalten, wäre ich sehr glücklich gewesen.
Als Frau Hartmann fragte, ob alles recht sei, fragte ich, ob der Rostbraten immer so üppig ausfällt und sie erinnerte sich prompt an meinen letzten Besuch vor fast zwei Jahren, als ich das recht überschaubare Rumpsteak vor Ort lakonisch augenzwinkernd kommentierte: „Eigentlich schon, und das letzte Mal hatten sie ja schließlich Carpaccio wenn ich mich richtig erinnere.“ Diesmal zwinkerte sie mir zu, touché liebe Frau Hartmann. :-)
| Dessert |
Kaiserschmarren – 5,90 €
Wer jetzt denkt, dass der Schmarren auf dem Foto etwas mickrig aussieht wird vielleicht gnädig gestimmt, wenn er erfährt, dass dies nur die Hälfte der Portion ist, das Bild zeigt also quasi 2,95 € wenn man so will.
Kaiserschmarren (Hälfte derPortion, es gab zwei solcher Teller für den Gesamtpreis von 5,90€)
Wir waren beide so satt, dass wir uns die Portion teilen wollten, auch wenn der Preis schon andeutete, dass es nicht einer der familientauglichen Monsterteller werden würde, die einem im Alpenraum begegnen.
Für dieses Geld jedem einen Teller zu richten, mit einer Kugel von gutem Vanilleeis, leicht stückigem Apfelmus das einen hausgemachten Eindruck machte - auch wenn ich das niemals glaube - und etwas frischer, vollreifer Erdbeere, das ist aller Ehren wert.
Und dies auch, wenn es eher eine „quick & dirty“ Variante eines Kaiserschmarren war, dem die Luftigkeit und Muße eines originalen solchen etwas fehlte, verfehlte sie mit ihrer leichten Zimtnote und angerösteten Mandelblättchen die Wirkung eines beglückenden warmen, teigigen Desserts, das ich so liebe, in keiner Weise.
Madame merkte derweil an, wie froh sie sei, dass wir hier hin seien, auch weil wir so nah wohnen, sie würde gerne öfter hier hin, ihre Vorlieben wurden völlig bedient, sie mag diese Küche und die ungezwungene und doch gepflegte Atmosphäre im Windhövel sehr.
Na denn, happy wife happy life, ich bat um die Rechnung, weil ich noch die 20:15 Sondersendung zur Flut schauen wollte und unser netter Kellner brachte noch zwei Alte Kirschen von Prinz aufs Haus.
Prinz Alte Kirsche
Das 2cl von diesem hocharomatischen Qualitäts-Brand eigentlich für 3,90 € auf der Karte stehen und nach einem solchen, nicht gerade hochpreisigen Essen „aufs Haus“ gehen finde ich bemerkenswert, das ist Gastlichkeit in Reinform und hat mit dem Desinfektionsmittel, das bei den meisten Griechen vor und nach dem Essen „aufs Haus“ geht wenig zu tun - gleiches gilt für die Abteilung Balkan-Grill, die sich auch meist auf vergleichbarem Preisniveau wie die Küche im Windhövel bewegt.
Auch wenn das EC Gerät in seinen Abmessungen den Eindruck macht, im Inneren sei entweder eine komplette Typenrad-Schreibmaschine oder ein kleiner Japaner mit High-Speed Kalligraphie Skills am Werke, konnte die Kartenzahlung problemlos am Tisch erledigt werden.
Ich plauderte mit dem neuen Gesicht im Service noch etwas über die Umweltsünde Thermopapier und Bonpflicht bevor es die wenigen Schritte zurück zum heimischen Sofa und motzenden Katzen ging und mich die Bilder im Fernsehen und die Todeszahlen wieder gedanklich zurück zur Einleitung bringen, bei allem Schaden und Leid im Einzelfall: Solingen, bzw. Unterburg hat auch Glück gehabt, vielleicht mehr als uns bewusst ist.
Fazit
Verglichen mit in Sachen Küchenstil vergleichbaren Häusern (ich bewerte immer innerhalb eines Genres und vergleiche mit den Sternen niemals Äpfel und Birnen) wie dem WMTV Restaurant oder dem Schaberger Bahnhof komme ich auch hier auf verdiente 4,5 Sterne für die Küche.
Auch wegen der Detailverbesserungen, wie nicht mehr fettige Bratkartoffeln oder durchweg netter Garnitur, mündet das in einem halben Stern mehr als in 2019, mehr als verdient wie ich meine.
Der Service dem Setting entsprechend perfekt, man ist immer präsent, ausnehmend freundlich, es unterlaufen keine Fehler beim Servieren, kein „wer war noch mal die Leber?“ o.ä. und Frau Hartmann konnte auf Nachfrage am Nebentisch auch etwas zu den Weinen sagen. 5 Sterne für diese Leistung, ich weiß beim besten Willen nicht, was man hier mehr erwarten kann.
Das Ambiente gepflegt rustikal bergisch mit modernen, eher zeitlosen Details oder so mancher liebevoller Deko und es gibt u.a. immer frische Blumen im Außenbereich, gute vier Sterne hierfür.
Die Sauberkeit makellos, alleine wer die gepflegten Acrylglas-Mühlen für Salz und Pfeffer sieht, die nach jedem Gebrauch an der Servicestation am Tresen desinfiziert wurden und ohne jeden Fingerabdruck den Tisch erreichten, wird hier keine Sorgen in dieser Disziplin haben.
Bei Preis-Leistung bin ich nach wie vor bei guten vier Sternen das Essen hat hier die Nase spürbar vorne aber die Getränke sorgen in Relation doch sehr spürbar für gelungene Deckungsbeiträge, was in Summe aber mehr als in Ordnung geht.
Und damit verbessert sich das Windhövel auch in der Gesamtwertung um einen halben Stern auf sehr gute und verdiente 4,5 Sterne, darüber habe ich mich gefreut und hoffe, es dauert nicht wieder 20 Monate bis zum Folgebesuch, aber da ich bin ich guter Dinge…
| ein kleines "Flut-Vorwort" (zur Kritik bitte etwas weiter nach unten scrollen) |
Eine aufregende Woche geht zu Ende, eine Woche, die sich wohl so tief in das kollektive Erinnern und die Solinger Stadtgeschichte graben dürfte, wie das Wasser, das in den Tallagen der Stadt vielerorts dafür verantwortlich war.
Im Stadtteil Unterburg, der es Dank des Eschbachs und der Wupper dieser Tage vielfach in die Medien schaffen sollte, habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verlebt, meine Eltern leben bis... mehr lesen
Hartmanns im Windhövel
Hartmanns im Windhövel
€-€€€
Restaurant, Gaststätte
0212800797
Neuenhofer Str. 2, 42657 Solingen
4.5
stars -
"Warum in die Ferne schweifen? Über gepflegte, nachbarschaftliche Gutbürgerlichkeit in erfreulicher Tagesform…"
Shaneymac
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Eine aufregende Woche geht zu Ende, eine Woche, die sich wohl so tief in das kollektive Erinnern und die Solinger Stadtgeschichte graben dürfte, wie das Wasser, das in den Tallagen der Stadt vielerorts dafür verantwortlich war.
Im Stadtteil Unterburg, der es Dank des Eschbachs und der Wupper dieser Tage vielfach in die Medien schaffen sollte, habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verlebt, meine Eltern leben bis
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Zeitgeistige, „aufgeweckte“ Frischeküche am Ohligser Markt– heute mit „Post-Lockdown“-Anlaufschwierigkeiten"
Verifiziert
4
Geschrieben am 11.07.2021 2021-07-11 | Aktualisiert am 31.12.2023
Besucht am 09.07.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Mit Blick auf meine Heimatstadt galt für mich schon immer die Devise „Wenn die Welt ein Dorf ist, ist Solingen darin die Lindenstraße.“ – will heißen: Über eine oder zwei Ecken kennt jeder jeden und stets bewahrheitet sich, dass man sich auf dieser Straße selten nur einmal im Leben begegnet.
Wir erinnern uns an mein kürzlich verfasstes Cordon Bleu Epos, in dem ich in der Einleitung verlässlich übertreibend augenzwinkernd vom mitteilungsfreudigen Koch berichtete, den ich 2018 anlässlich meines Sabbatical-Minijobs in einem alteingesessenen Ohligser Wein- und Feinkosthaus flüchtig kennengelernt hatte.
Auch das in Solingen mitnichten unbeschriebene Blatt Gerd König, der Koch und Gastronom hinter dem heute thematisierten Restaurant Esszimmer am Ohligser Markt, war dort regelmäßiger Kunde und deckte sich mit Nachschub für das Angebot offener Weine auf seiner Karte bzw. sein Catering ein.
Im Gegensatz zu den dort seinerzeit verkehrenden, gesteigert kommunikativen Vertretern ihrer Art wie bspw. Radio Tückmantel & Droß :-)) blieb der sympathische Mittvierziger mir eher als stiller, introvertierter Zeitgenosse in Erinnerung, der nie dampfplaudernd sondern ruhig und bedacht von seinen Plänen berichtete, als es für ihn damals daran ging, nach dem Ende seiner Zeit im Al B'Andy neue solche zu schmieden.
Nach 18 Monaten des reinen Catering-Geschäftes schien sich seine Berufung für die Gastronomie dann doch wieder ihre Bahn zu brechen, am Ohligser Markt, trotz absoluter Bestlage entschied sich das dort langjährig ansässige Balkan-Restaurant „Croatia“ im letzten Jahr dazu, nicht mehr weiter zu machen und Gerd König nutzte prompt die Gunst der Stunde.
Eigentlich hatte ich – und damit bin ich wieder beim ersten Absatz…. – an diesem Freitag endlich einmal im erwähnten Al B'Andy essen wollen, bekam aber kurzfristig keinen Tisch mehr und freute mich kurz darauf über den „königlichen“ Geistesblitz, denn ins „Esszimmer“ wollte ich schon seit Monaten mindestens genauso gerne, wenn nicht sogar noch etwas mehr, dank mehrerer persönlicher Empfehlungen.
Und nicht zuletzt auch wegen einer lobenswert kleinen, häufig wechselnden Karte, die ich stets im Blick hatte, auch wenn mir das auf der Website stolz verkündete, in der Gastronomie denkbar omnipräsente, sprachlich ausgetretene Credo „saisonal & regional“ in Verbindung mit dem dortigen Hipster-Flair ein wenig ein innerliches genervtes Augenrollen abverlangte.
Was wohl aber sicher auch damit zusammenhängt, dass ich dank meines Hobbys u.v.a. sehr viele Webseiten von Restaurants besuche und die gängigen „Trending Topics“ schnell ins Auge fallen, noch bevor sie extremen viralen Charakter besitzen wie „regional & saisonal“, der normale Gast freut sich hier abseits der Gastro-Nerd B-Note über eine konsequent reduzierte Karte, die davon kündet, dass dieses Motto hier mehr ist als eine ausgelatschte Worthülse:
https://www.esszimmer-solingen.de/gaumenfreuden
Meine telefonische Reservierung am Donnerstagabend hinterließ einen guten Eindruck, eine fröhliche junge Dame begrüßte mich und ich dachte eigentlich nicht im Traum daran, in dem kleinen Lokal so kurzfristig noch einen Tisch zu bekommen und stieg direkt mit dieser Annahme pessimistisch in das Gespräch ein, hörte aber zu meiner größten Freude „Nein morgen sieht es noch gut aus, 18 Uhr für zwei Personen, ist notiert, wir freuen uns, bis morgen dann!“ und blickte fortan vorfreudig auf den nächsten Abend.
An jenem entschied ich mich für das Taxi, die Wetterlage war mir zu unsicher für meinen offenen Veteranen-Jeep, auch wenn dieser sicher gut zum Vintage-Flair des Restaurants gepasst hätte, auf meinen Alltags-Wagen hatte ich keine Lust und schließlich wollte ich ehrlicherweise einen schönen Abend verbringen, ohne an den Führerschein denken zu müssen.
Ich war schon einige Zeit nicht mehr in der Ohligser Fußgängerzone und ließ uns am Bahnhof absetzen, um bei dem – noch… - schönen Wetter diese in Richtung Esszimmer entlang zu schlendern und uns vor dem Essen noch ein wenig die Beine zu vertreten.
Im Gegensatz zur weitgehend toten Fußgängerzone in der Innenstadt, deren traurige Leerstände den alten Solingern regelrecht das Herz brechen (wann immer in der rührigen, nostalgischen FB-Gruppe „Us Solig“ alte Fotos oder Postkarten aus den 70ern gepostet werden, die eine bunte, belebte Innenstadt zeigen, rollen in den Kommentaren verständliche Tränen des Wehmuts) ist in Ohligs die dortige Welt noch halbwegs in Ordnung.
Inhabergeführte Geschäfte erfreuen sich hier treuer Kunden, die Außengastronomien diverser Cafés waren an diesem lauen Abend gut besucht, lebendiges, gut gelauntes Treiben im beschaulich-urbanen Umfeld.
Am Markt dann entsprechendes Flair, das „Bayerische Wirtshaus“ hatte draußen gut zu tun, die Italiener nebenan im „Any Paradise Café“ schienen Dank König Fußball in Bestlaune zu sein und auch ums Eck auf der Lennestraße, in der „Trattoria Mediterranea“, konnte man sich dem Anschein nach nicht gerade wegen zu wenig Zuspruch beklagen.
Das „Esszimmer“ liegt hier, wie erwähnt, direkt am Markt und gibt sich im Außenauftritt angenehm dezent:
Aufgrund der Witterung überlegten wir kurz, ob wir auch draußen Platz nehmen sollten, entschieden uns aber wegen des winzigen Bistro-Gestühls dagegen, was sich kurze Zeit später als die beste Entscheidung des Abends herausstellen sollte.
Wir traten ein und ich war überrascht, obwohl ich schon Fotos gesehen hatte: die dunkle Cevapcici-Höhle wurde kernsaniert, altbackener Gelsenkirchener-Ajvar-Barock wich – zugegeben leicht stereotyp-„Hipster-esque“ wie auch die Gestaltung der Website – modernem, hellen Vintage-Chic, wenn man die Räume vorher kannte staunt man über das, was sich getan hat.
Bar, vorderer Bereich
Drei adrette junge Damen wuselten herum, wir wurden freundlich begrüßt, Duzen ist hier anscheinend Teil des Konzeptes, was ich allerdings nicht schlimm finde, sofern es kein „Plastik-Duzen“ Düsseldorfer Gastronomie-Prägung ist, was hier nicht im Ansatz so rüberkommt, auch wenn Ohligs in mancher Beziehung sicher ein Hauch von den dortigen Klischees innewohnt.
Den zunächst angebotenen Hochtisch neben der Bar lehnte ich höflich ab, ich mag Hochtische und –stühle nicht, wenn ich für ein mehrgängiges Essen ein bequemes Plätzchen suche, man nahm kurzerhand einen 8er Tisch auseinander und wir konnten uns an einem offenen Fenster niederlassen, ein sehr freundlicher und zuvorkommender Start in den Abend.
Gastraum
Die Karten wurden gereicht, lose, makellose Blätter von wertigem Papier auf einem hölzernen Clipboard, die nostalgische Serifen-Schriftart passte wunderbar zum Ambiente, das gefiel mir ausnehmend gut, zwei Tageangebote komplettierten auf einer Tafel an der Wand.
Karte (Hochformat)
Erste Getränkewünsche wurden erfragt, bei den Aperos ist man leider sehr mainstreamig, hier findet man Hugo, Aperol, Prosecco (finde ich immer doof, wenn wie hier zu Sekt und Co. keine näheren Angaben auf der Aperitif-Karte stehen, „Prosecco“ kann schließlich vom Premium-Spumante bis zum Schädelspalter-Frizzante auf Tankstellen-Niveau alles bedeuten….) und den auch nicht mehr wirklich taufrischen Lillet Wild Berry.
Lillet Wild Berry
Letzteren hatte ich schon zig Jahre nicht mehr getrunken, Madame liebt ihn und somit fanden bald zwei von diesen (je 5,50 €) und ein halber Liter Mineralwasser (4,00 €) in der Karaffe auf den Tisch, ungefragt mit Eis und Zitrone, gefiel mir gut!
Wasserkaraffe (Hochformat)
Parallel bestellte sich meine Begleitung noch ihre geliebte Rhabarberschorle (0,2l zu 3,00 €), diese sollte sich leider als weitgehend geschmacksneutral herausstellen, der Lillet war grundsätzlich prima, mir aber zu süß, was schon immer so war, ich aber wohl verdrängt hatte und somit freute sich Madame über meine Spende von zwei Dritteln meines Aperos an ihre Adresse.
Auch das Wasser blieb unbezeichnet, finde ich auch unglücklich wenn man bedenkt, dass es in Solingen italienische Restaurants wie das Russo gibt, die eine große Flasche Pellegrino für um die drei Euro an den Gast bringen. Das soll kein flammendes Plädoyer für Dumpingpreise oder das italienische Blubberwasser sein, aber die Relation zu einer Ware, die auch dem SodaStream entsprungen sein könnte finde ich mit Blick auf Deckungsbeiträge zumindest erwähnenswert.
Die Vorspeisen sollten nach nur wenigen Minuten serviert werden, die Küche hatte um kurz nach 18 Uhr noch nicht wirklich viel zu tun, was sich später deutlich ändern sollte.
| Vorspeisen |
Gambas in Hummerrahm - 9,50 €
Marinierte Oliven & Tomaten mit Brot & Pesto (vegan) – 5,00 €
2019 Signature (Cuvée Colombard, Gros Manseng, Ugni Blanc), Domaine Saint-Lannes, Lagraulet-du-Gers, Gascogne, Frankreich – 0,2l zu 6,00 €
Auf meine Garnelen hatte ich mich seit Donnerstag gefreut, als ich sie auf der Karte entdeckt hatte und ich möchte einfach mal alle bitten, kurz in sich zu gehen und sich vorzustellen, an was man denkt, wenn man “Gambas in Hummerrahm” liest.
Ich dachte an einen schönen Teller mit breiter Fahne, in der Mitte Garnelen in einem sämigen Rahm mit den Noten eines schönen Hummerfonds, dazu die in der Karte erwähnten Merkmale von Chili und frischem Koriander, klang gut.
Insofern war ich schon über das zeitgeistige Weckglas erstaunt, das es nicht einfacher machte, die im Schmetterlings-Schnitt aufgeschnittenen Garnelen in Kombination mit der üppigen Gemüseeinlage in dem tiefen Gefäß problemlos herauszufischen geschweige denn zerteilen zu können.
Gambas in Hummerrahm
Die Einlage war vielfältig, u.a. Paprika, Zuckerschoten, hauchdünne Zucchini, dünner grüner Spargel, Karotte und sogar Pfifferling war hier zu finden, die Verarbeitung reichte von rustikal….
…hin zu cartoonhaft anmutenden Gemüseformaten, die Bugs Bunny sicher Glücksmomente verschafft hätten….
Bugs Bunny would approve...
Von Hummerrahm dabei keine Spur, das war eher ein recht öliger Sud, der geschmacklich trotz allem grundsätzlich in Ordnung ging, wenn es auch eher in Richtung einer hausfraulichen Minestrone als in die auf der Karte beschriebene Angelegenheit ging, von Koriander und Chili dabei auch kaum etwas zu vernehmen.
Sud Detail
Schade, sicher kein Totalausfall sondern einfach ein Problem hinsichtlich dessen, was man in der Karte formuliert und dann auf den Tisch bringt, „Gambas in mediterranem Sud“ wäre passender gewesen und hätte auch keine Fragen aufgeworfen.
Die parallel servierte Dip-Auswahl war da schon stimmiger, man sieht ein klassisches Pesto, ein Rote Bete Hummus und einen Feta-Dip sowie je zwei Scheiben dreier Brotsorten.
Marinierte Oliven & Tomaten mit Brot & Pesto (vegan)
Das beste Brot war mit Abstand dieser farbenfrohe Vertreter mit eingebackenem Gemüse, herrlich knusprig-locker und bestens geeignet als Dip-Werkzeug:
Die anderen beiden Körner-Brote eher kompakt in der Krume und recht dick geschnitten, sofern man keine belegten Stullen schmieren wollte etwas schwierig zu handhaben, man musste kleine Bröckchen abreißen und mit kleinen Buttermessern mit den Dips bestreichen, an ein „Dippen“ war nicht zu denken.
Das grüne Pesto überzeugte mit Frische, blieb aber als vegane Variante auf der „grasigen“ Seite des Geschmacks und das ist kein plumper Veganer-Witz sondern der frische Rucola brachte tatsächlich Noten von frisch gemähtem Rasen mit sich.
Da hier der Parmesan fehlte und auch die Pinienkerne nicht so üppig verwendet wurden fehlte mir Bindung und der typische runde Geschmack eines guten Pesto Genovese.
Das Rote Bete Hummus war leider äußerst flach, „Hummus“ habe ich geschmacklich gar nicht vernommen und auch die Rote Beete spielte sich weitestgehend nur optisch ab.
Am besten gefiel mir der dankenswert knoblauchlastige Feta-Dip, mir fehlten aber die salzigen Noten von echtem, guten, Feta, aber ja, seufz, es ist schließlich eine vegane Vorspeise.
Dazu noch ein kleines Glas mit entkernten schwarzen Oliven und sehr schmackhaften, eingelegten halbgetrockneten Tomaten.
Finde ich zu dem Preis völlig ok als kleiner Appetithappen, in gehobenen Häusern sicher in der Form auch ein nettes veganes Amuse, geschmacklich hätte es mir in gut gemacht als nicht vegane Variante aber wesentlich besser gefallen.
Der gut gekühlte Wein passte gut und ist mir nicht unbekannt, ein unkomplizierter Sommerwein aus der Gascogne, wer den Wein googelt und alleine den Einzelhandelspreis sieht wird mir aber zustimmen, dass Wein hier nicht unbedingt zurückhaltend kalkuliert wird.
Der Service machte seine Sache derweil mehr als gut, man fragte aufmerksam und interessiert nach der Zufriedenheit, war immer zur Stelle, auch als es voll wurde war immer ein ehrliches Lächeln für die Gäste da. Die offensichtliche Service-Leiterin, die ich aufgrund ihrer jugendlichen Ausstrahlung zunächst viel jünger und unerfahrener eingeschätzt und auch nicht direkt als Chefin vom Dienst erkannt hatte - mea culpa - machte ihren Job hinter der Theke und am Gast mehr als gut, eine fachlich souveräne und dabei immer umgänglich-liebenswürdige Vorstellung, den ganzen Abend über, die zudem von langjähriger Gastro-Erfahrung zeugte.
Zeit etwas frische Luft zu schnappen, ein Hauch von Savoir-vivre hing über dem Ohligser Markt und sogar die Persil-Uhrensäule passte zum Vintage-Erleben im Gastraum:
ein schöner Moment (Hochformat, bitte anklicken)
| Hauptspeisen |
Kräuter-Lammrücken mit Kartoffeln, Gemüse & Jus – 19,90 €
Gefüllte Pasta – 12,50€
2017 Lopez de Haro, Cuvée (Garciano, Garnacha, Tempranillo), Bodega Classica, San Vicente de la Sonsierra, Rioja, Spanien – 0,2l zu 6,50 €
Mein Lammrücken konnte optisch punkten, ein schönes Tellerbild, thronend auf bunter Gemüseauswahl, Kartöffelchen in Schale und ansehnlich arrangierter Lamm-Jus.
Kräuter-Lammrücken mit Kartoffeln, Gemüse & Jus
Das Gemüse fand ich sehr gelungen, bissfester grüner Spargel, wilder Brokkoli, Lauchzwiebel, Karotte, auch die großzügig vorhandenen Kartoffeln waren auf den Punkt gegart.
Für mich ist die Seele eines solchen Gerichtes aber die Jus in Kombination mit dem Fleisch. Handwerklich war die ehrliche Sauce gut gemacht aber ihr fehlte fast jede geschmackliche Tiefe, das waren diffuse Noten des Fleisches aber leider sehr eindimensional.
Das Fleisch sieht auf dem Teller sicher sehr gelungen aus, es war aber leider doch übergart und recht trocken, es neigt sicher sehr zum Nachziehen, ich habe aber zwei Stücke wenige Minuten nach dem Servieren fotografiert, das Foto ist in der Galerie, ich wollte es nicht in den Text einbauen aber es illustriert sicher gut was ich meine.
Die eher dezente Kräuterkruste mochte ich sehr, alles in allem ein Gericht mit viel Potential, das heute aber trotz Detailkritik grundsätzlich schmecken sollte, ein paar Stellschrauben noch und hier stünde Hochgenuss auf dem Tisch.
Hochgenuss hatte ich von dem begleitenden Rioja, ein guter Bekannter aus dem angesprochenen Ohligser Weinhandel, nicht in den höchsten Tönen erwartet, wenn er auch ein solider, samtiger Vertreter seiner Art ist und mit 18 Monaten im Holz sicher eine gute Wahl zum Gericht darstellte.
Wenn man diese recht schweren Weine bei so einer Witterung aber nicht leicht kühlt, sind sie für mich fast untrinkbar, bei 23 Grad plus im Glas wirken selbst die für viele spanische Verhältnisse „leichten“ 13,5% beim ersten Schluck wie Kopfschmerzgarantie vom Feinsten, geschmacklich tendieren sie dann ins leicht „Fuselige“, was ich in Ultra-Kurzform auch den Service wissen ließ; man bedauerte und wollte es gerne weiter geben. Zum Preis verweise ich grundsätzlich auf meine Aussage zum Weißwein.
Die Gefüllte Pasta von Gegenüber war eines der beiden Tagesangebote, gefüllt wurden die recht großen Teigtaschen mit Wildschwein-Ragout.
Mit Wildschwein Ragout gefüllte Pasta
Das Tellerbild leider nicht so hübsch wie bei mir, aber form follows function sage ich ja immer, die angeschmelzten Kirschtomaten brachten zumindest Farbe ins Spiel.
Es scheint als wurde die Pasta zwecks gemeinsamen Servieren zu früh aus dem Wasser gefischt, der recht dicke Teig war an den Rändern noch nicht genügend gegart und dort auch recht hart, das war nicht wirklich gelungen, zumal ihm auch jeglicher schöne Schmelz fehlte, der gute Ravioli und Co. so köstlich macht.
ABER, zur Ehrenrettung sei gesagt, dass wir fast das gesamte Gericht einpacken ließen – man gab uns ein Weckglas, prima, bringen wir zurück - und Frau Shaneymac diese am nächsten Tage für sich behutsam in der Pfanne mit gutem Olivenöl erwärmte und siehe da, der Teig war auf den Punkt und wesentlich gelungener, auch wenn der Schmelz nach wie vor fehlte, am Vortag war er schlicht untergart.
Ich hätte den Teller sicher zurückgehen lassen aber Madame ist da sehr zögerlich und ich probierte auch viel zu spät, um ihr dazu raten zu können, aber Schwamm drüber, kann passieren.
Lobend erwähnen kann man das Ragù di cinghiale, das Wildschwein-Ragout in der Füllung, das ich mir am nächsten Abend genau anschaute, weil ich einen Raviolo abstaubte.
Das war keine Hackfleisch-Sauce sondern das Fleisch wurde geschmort und dann fein zerkleinert. Faserig gerupft bzw. gepulled wie in der Bolognese Variante von Tim Mälzer war es nicht, es ging aber in diese Richtung, fein abgeschmeckt war es aber leider passte das Verhältnis von recht spärlicher Füllung und Teig ob der Dicke des Letzteren nicht wirklich, trotzdem großes Lob für dieses Ragout.
Derweil wunderte ich mich vor Ort über Leute, die teilweise mit Tellern in der Hand das Lokal stürmten und siehe da, draußen ein veritabler Wolkenbruch vom Allerfeinsten, Sturzbäche auf Straßen und Wegen, flüchtende Gäste und rennende Passanten; aufgepasst, so sehen 10% Regenwahrscheinlichkeit im Bergischen aus:
Mit entsprechend gesteigerter Lautstärke im Gastraum sollte sich der Abend fortsetzen, das Publikum dabei eine bunte Mischung mit leichtem Hang zur lokalen Hautevolee, da wird stolz das ein oder andere modische Accessoire der Warengruppe „Schlechter Geschmack muss nicht billig sein!“ präsentiert, sicher gibt es hier eine große Schnittmenge mit den Hitze-Frei-Kunden, der Behelfs-Sansibar des Stadtteils.
| Dessert |
Gefrorener Griechischer Joghurt mit Rhabarberkompott, Kokos & Thymian – 7,00 €
Mango-Minz-Salat mit Himbeerschnitte & Pistazie – 8,00 €
Bei meinem gefrorenen griechischen Joghurt hatte ich das vegan überlesen und kann daher gerne zugeben, dass mich das Ersatzprodukt geschmacklich überrascht hat, es wäre schwierig gewesen dies in einer Blindverkostung herauszuschmecken. Er schmeckte cremig mit leichter Süße von Honig der wiederum mit dem Thymian hervorragend funktionierte, köstliche Kombi.
Gefrorener Griechischer Joghurt mit Rhabarberkompott, Kokos & Thymian
Weniger köstlich jedoch mein Rhabarberkompott (Detailbild siehe Galerie). Ich finde es gut, wenn ein Kompott neu interpretiert wird und es nicht tauglich für die Schnabeltasse ist. Wenn jedoch die Hälfte der Stücke, nämlich die größeren, noch fast roh ist sollte man das Rezept in der Ausführung noch einmal überdenken, dessen Grundanlage fand ich jedenfalls gelungen.
Der natürlich ebenfalls komplett vegane „Mango-Minz-Salat“ von Gegenüber warf Fragen auf. Zwei Stücke von der Frucht, die aussahen als kämen sie aus der Dose (war aber laut Aussage vom Chef und Service frische Ware), wo war da Salat, wo die Minze?
Mango-Minz-Salat mit Himbeerschnitte & Pistazie
Auf einer trennenden Blätterteigschicht darauf dann eine recht kompakte, in Sachen Frucht denkbar wenig aromatische Himbeer-Mousse, die doch sehr unterzuckert daherkam und etwas grob gehackte Pistazie.
Ob das acht Euro wert ist möge jeder selber beurteilen, ich sage nein, auch wenn ich für ein schönes Dessert gerne auch das Dreifache ausgeben würde, wenn es mich denn begeistert; meine Begleitung war übrigens denkbar wenig begeistert obwohl sie im Gegensatz zu mir aus Sicht der Gastronomie meist ein sehr dankbarer Gast ist.
Bevor ich nach der Rechnung fragen konnte baute sich ein bekanntes Gesicht neben dem Tisch auf „Guten Abend, König mein Name, ich habe gehört es gab Grund zur Klage?“ hörte ich, der Chef kam aus der Küche um sich zu erkundigen.
Nun muss man dazu wissen, dass ich wie fast immer in solchen Fällen mit jugendlichen Servicekräften in einem solchen ungezwungenen Setting, den Service niemals mit Details zu meinen – sofern vorhandenen - Kritikpunkten volltexte, lediglich den Pastateig und den viel zu warmen Rotwein sprach ich beiläufig an und erntete wie üblich selbst dafür prompt giftige Blicke von Madame, trotzdem hatte ihn das erreicht.
So wie er das vortrug und dreinschaute, kam es mir fast vor, als habe man ihm gesagt, ich hätte alles furchtbar gefunden, was mir leid tat und sicher nicht dem entsprach, was ich angemerkt hatte.
Daher war ich etwas zögerlich und bemüht, ihm die Dinge, die ich auch in diesem Text angesprochen habe schonend beizubringen und zu betonen, dass es auch viel Gutes gab und es sich eher um Details handelte, die sich aufsummiert hatten.
Ich glaube, es ist auch bei ihm angekommen, dass ich nicht essen gehe, um mit der Lupe das Haar in der Suppe zu suchen sondern sofern ich Dinge überhaupt vor Ort anspreche, dann als ehrliches Feedback im Sinne des Restaurants.
Daher nahm er die Kritik für mein Verständnis auch an, bot ein freies Heißgetränk an, was ich nett fand aber dankend ablehnte, Koffein um diese Zeit meide ich und wir waren auch schon in Aufbruchstimmung.
Aber die Haltung dahinter, sich direkt beim Gast zu erkundigen und Rückmeldungen ernst zu nehmen verdient Applaus, leider erlebt man auch hier oft Gleichgültigkeit in solchen Situationen.
„Wir haben erst seit zwei Wochen wieder auf, ich hoffe doch sehr, dass sich in den nächsten beiden wieder alles eingespielt hat und solche Dinge nicht mehr passieren.“ ließ er mich wissen und schob ein sympathisch-humorvoll-augenzwinkerndes „So, ich geh dann mal in Küche, kurz ein wenig Rumschreien!“ nach bevor er sich verabschiedete und einen schönen Abend wünschte.
Dort blieb es aber natürlich ruhig, schließlich ist Gerd König zumindest dem Anschein nach kein Küchen-Choleriker sondern ein solider Koch, der sein Handwerk und seine Rolle als Gastgeber ernst nimmt.
Der Regen hatte endlich ein Ende und wir entschieden, anstatt ein Taxi zum Restaurant kommen zu lassen, wieder zurück zum Hauptbahnhof zu gehen, ein paar Schritte nach dem Essen machen Sinn, die Luft war klar und die Schwüle war merklich zurück gegangen und wenig später waren wir zurück in Höhscheid, wo uns zwei schimpfende Katzen erwarteten.
Zweieinhalb Stunden ohne Kraulen und Leckerlis, skandalös, da muss geschimpft und eine schlechte Bewertung auf Catbook erwogen werden, wo ich seit Jahren andauernd von den pelzigen Untermietern wegen kleinster Verfehlungen angeprangert werde….
Fazit
Nun bin ich kein Kater mit imaginärem Smartphone aber das Anprangern kleinster Verfehlungen ist mir trotzdem fremd. Angesichts eines Rechnungsbetrages von über 90 Euro gab es heute aber einfach in Summe zu viele mehr oder weniger kleinere Dinge, die hier sicher nicht immer passieren, davon bin ich überzeugt.
Aber solche Kritiken sind IMMER Momentaufnahmen, und als solche gebe ich heute 3 Sterne für das, was von der Küche geboten wurde zu eben diesem Preis. Das mag die treuen Stammgäste schockieren und so mancher Ortsfremder wird hingegen aus der Ferne urteilen: Das ist aber SEHR nett! Recht machen kann man es nie allen, wichtig ist mir, dass sich solch ein Urteil fair anfühlt, und das tut es für mich.
Den Service kann ich so wie erlebt gerne mit der vollen Punktzahl bewerten, auch wenn vielleicht kein gelerntes Fach, aber was man hier mit Freundlichkeit, Charme und Routine bietet kann sich mehr als sehen lassen und muss sich auch fachlich ganz sicher nicht hinter so manchen Häusern verstecken, die bei "gelerntem Fach" in erster Linie an steifen, unpersönlichen Plastiklächel-Service denken - hier kommt man sich willkommen vor und man behandelt die Gäste wie Freunde. Und das gilt ausdrücklich für die Service-Leitung, als auch für ihre nicht minder nette Kollegin Kathrin, die uns hauptsächlich am Tisch bedienen sollte, die Jüngste der drei bediente zumeist draußen und war daher nicht bei uns, machte jedoch ebenfalls einen sehr engagierten und sympathischen Eindruck.
Das durchaus gemütliche Ambiente sehe ich grundsätzlich bei vier Sternen, wobei sich das etwas relativiert wenn es in dem kleinen Gastraum voll und laut wird, aber das ist in jedem kleinen Lokal so.
Die Sauberkeit ohne Tadel, daher fünf Sterne in dieser Kategorie, auch in Sachen Corona hielt man sich, wie auch bei allen vorangegangenen Besuchen in den letzten Wochen in anderen Betrieben, vorbildlich an alle Auflagen.
Bei Preis-Leistung bin ich bei 3,5 Sternen, einiges war angemessen und fair, anderes etwas fragwürdig, in Summe aber noch völlig im Rahmen.
Bei der Gesamtwertung schrammt das Esszimmer bei diesem Erstbesuch an vier Sternen knapp vorbei, ich habe lange überlegt aber der nette Service rettet heute keinen ganzen Stern sondern ich lande bei etwa 3,7 die somit in 3,5 Sternen münden, was im hiesigen Wertekanon immerhin noch als "alles ok" deklariert ist in der Bewertungsmaske.
Ich werde hier definitiv am Ball bleiben und weiß, dass dies hier Tagesform war, man hier wesentlich verlässlicher abliefert und die Erklärung von Gerd König macht sicher auch Sinn.
Insofern ist es ohne weiteres möglich, dass ich hier im Herbst begeisterte fünf Sterne für die Küche vergebe, das Potential und das Handwerk ist da, aber ich bewerte Momente und keine Grundlagen.
Als Empfehlung möchte ich diesen Text dennoch definitiv verstanden wissen, nicht zuletzt für alle, die eine reduzierte Karte mit frisch gekochten Gerichten und vegane Optionen schätzen, ein Reinfall war der letzte Freitag unter dem Strich nämlich sicher nicht, selbst Ausprobieren lohnt hier jederzeit.
Wir erinnern uns an mein kürzlich verfasstes Cordon Bleu Epos, in dem ich in der Einleitung verlässlich übertreibend augenzwinkernd vom mitteilungsfreudigen Koch berichtete, den ich 2018 anlässlich meines Sabbatical-Minijobs in einem alteingesessenen Ohligser Wein- und Feinkosthaus flüchtig kennengelernt hatte.
Auch das in Solingen mitnichten unbeschriebene Blatt Gerd König, der Koch und Gastronom hinter dem heute thematisierten Restaurant Esszimmer am Ohligser Markt, war dort regelmäßiger Kunde und deckte sich mit Nachschub für das Angebot offener Weine auf seiner Karte bzw. sein Catering ein.
Im Gegensatz zu den dort seinerzeit verkehrenden, gesteigert kommunikativen Vertretern ihrer Art wie bspw. Radio Tückmantel & Droß :-)) blieb der sympathische Mittvierziger mir eher als stiller, introvertierter Zeitgenosse in Erinnerung, der nie dampfplaudernd sondern ruhig und bedacht von seinen Plänen berichtete, als es für ihn damals daran ging, nach dem Ende seiner Zeit im Al B'Andy neue solche zu schmieden.
Nach 18 Monaten des reinen Catering-Geschäftes schien sich seine Berufung für die Gastronomie dann doch wieder ihre Bahn zu brechen, am Ohligser Markt, trotz absoluter Bestlage entschied sich das dort langjährig ansässige Balkan-Restaurant „Croatia“ im letzten Jahr dazu, nicht mehr weiter zu machen und Gerd König nutzte prompt die Gunst der Stunde.
Eigentlich hatte ich – und damit bin ich wieder beim ersten Absatz…. – an diesem Freitag endlich einmal im erwähnten Al B'Andy essen wollen, bekam aber kurzfristig keinen Tisch mehr und freute mich kurz darauf über den „königlichen“ Geistesblitz, denn ins „Esszimmer“ wollte ich schon seit Monaten mindestens genauso gerne, wenn nicht sogar noch etwas mehr, dank mehrerer persönlicher Empfehlungen.
Und nicht zuletzt auch wegen einer lobenswert kleinen, häufig wechselnden Karte, die ich stets im Blick hatte, auch wenn mir das auf der Website stolz verkündete, in der Gastronomie denkbar omnipräsente, sprachlich ausgetretene Credo „saisonal & regional“ in Verbindung mit dem dortigen Hipster-Flair ein wenig ein innerliches genervtes Augenrollen abverlangte.
Was wohl aber sicher auch damit zusammenhängt, dass ich dank meines Hobbys u.v.a. sehr viele Webseiten von Restaurants besuche und die gängigen „Trending Topics“ schnell ins Auge fallen, noch bevor sie extremen viralen Charakter besitzen wie „regional & saisonal“, der normale Gast freut sich hier abseits der Gastro-Nerd B-Note über eine konsequent reduzierte Karte, die davon kündet, dass dieses Motto hier mehr ist als eine ausgelatschte Worthülse:
https://www.esszimmer-solingen.de/gaumenfreuden
Meine telefonische Reservierung am Donnerstagabend hinterließ einen guten Eindruck, eine fröhliche junge Dame begrüßte mich und ich dachte eigentlich nicht im Traum daran, in dem kleinen Lokal so kurzfristig noch einen Tisch zu bekommen und stieg direkt mit dieser Annahme pessimistisch in das Gespräch ein, hörte aber zu meiner größten Freude „Nein morgen sieht es noch gut aus, 18 Uhr für zwei Personen, ist notiert, wir freuen uns, bis morgen dann!“ und blickte fortan vorfreudig auf den nächsten Abend.
An jenem entschied ich mich für das Taxi, die Wetterlage war mir zu unsicher für meinen offenen Veteranen-Jeep, auch wenn dieser sicher gut zum Vintage-Flair des Restaurants gepasst hätte, auf meinen Alltags-Wagen hatte ich keine Lust und schließlich wollte ich ehrlicherweise einen schönen Abend verbringen, ohne an den Führerschein denken zu müssen.
Ich war schon einige Zeit nicht mehr in der Ohligser Fußgängerzone und ließ uns am Bahnhof absetzen, um bei dem – noch… - schönen Wetter diese in Richtung Esszimmer entlang zu schlendern und uns vor dem Essen noch ein wenig die Beine zu vertreten.
Im Gegensatz zur weitgehend toten Fußgängerzone in der Innenstadt, deren traurige Leerstände den alten Solingern regelrecht das Herz brechen (wann immer in der rührigen, nostalgischen FB-Gruppe „Us Solig“ alte Fotos oder Postkarten aus den 70ern gepostet werden, die eine bunte, belebte Innenstadt zeigen, rollen in den Kommentaren verständliche Tränen des Wehmuts) ist in Ohligs die dortige Welt noch halbwegs in Ordnung.
Inhabergeführte Geschäfte erfreuen sich hier treuer Kunden, die Außengastronomien diverser Cafés waren an diesem lauen Abend gut besucht, lebendiges, gut gelauntes Treiben im beschaulich-urbanen Umfeld.
Am Markt dann entsprechendes Flair, das „Bayerische Wirtshaus“ hatte draußen gut zu tun, die Italiener nebenan im „Any Paradise Café“ schienen Dank König Fußball in Bestlaune zu sein und auch ums Eck auf der Lennestraße, in der „Trattoria Mediterranea“, konnte man sich dem Anschein nach nicht gerade wegen zu wenig Zuspruch beklagen.
Das „Esszimmer“ liegt hier, wie erwähnt, direkt am Markt und gibt sich im Außenauftritt angenehm dezent:
Aufgrund der Witterung überlegten wir kurz, ob wir auch draußen Platz nehmen sollten, entschieden uns aber wegen des winzigen Bistro-Gestühls dagegen, was sich kurze Zeit später als die beste Entscheidung des Abends herausstellen sollte.
Wir traten ein und ich war überrascht, obwohl ich schon Fotos gesehen hatte: die dunkle Cevapcici-Höhle wurde kernsaniert, altbackener Gelsenkirchener-Ajvar-Barock wich – zugegeben leicht stereotyp-„Hipster-esque“ wie auch die Gestaltung der Website – modernem, hellen Vintage-Chic, wenn man die Räume vorher kannte staunt man über das, was sich getan hat.
Bar, vorderer Bereich
Drei adrette junge Damen wuselten herum, wir wurden freundlich begrüßt, Duzen ist hier anscheinend Teil des Konzeptes, was ich allerdings nicht schlimm finde, sofern es kein „Plastik-Duzen“ Düsseldorfer Gastronomie-Prägung ist, was hier nicht im Ansatz so rüberkommt, auch wenn Ohligs in mancher Beziehung sicher ein Hauch von den dortigen Klischees innewohnt.
Den zunächst angebotenen Hochtisch neben der Bar lehnte ich höflich ab, ich mag Hochtische und –stühle nicht, wenn ich für ein mehrgängiges Essen ein bequemes Plätzchen suche, man nahm kurzerhand einen 8er Tisch auseinander und wir konnten uns an einem offenen Fenster niederlassen, ein sehr freundlicher und zuvorkommender Start in den Abend.
Gastraum
Die Karten wurden gereicht, lose, makellose Blätter von wertigem Papier auf einem hölzernen Clipboard, die nostalgische Serifen-Schriftart passte wunderbar zum Ambiente, das gefiel mir ausnehmend gut, zwei Tageangebote komplettierten auf einer Tafel an der Wand.
Karte (Hochformat)
Erste Getränkewünsche wurden erfragt, bei den Aperos ist man leider sehr mainstreamig, hier findet man Hugo, Aperol, Prosecco (finde ich immer doof, wenn wie hier zu Sekt und Co. keine näheren Angaben auf der Aperitif-Karte stehen, „Prosecco“ kann schließlich vom Premium-Spumante bis zum Schädelspalter-Frizzante auf Tankstellen-Niveau alles bedeuten….) und den auch nicht mehr wirklich taufrischen Lillet Wild Berry.
Lillet Wild Berry
Letzteren hatte ich schon zig Jahre nicht mehr getrunken, Madame liebt ihn und somit fanden bald zwei von diesen (je 5,50 €) und ein halber Liter Mineralwasser (4,00 €) in der Karaffe auf den Tisch, ungefragt mit Eis und Zitrone, gefiel mir gut!
Wasserkaraffe (Hochformat)
Parallel bestellte sich meine Begleitung noch ihre geliebte Rhabarberschorle (0,2l zu 3,00 €), diese sollte sich leider als weitgehend geschmacksneutral herausstellen, der Lillet war grundsätzlich prima, mir aber zu süß, was schon immer so war, ich aber wohl verdrängt hatte und somit freute sich Madame über meine Spende von zwei Dritteln meines Aperos an ihre Adresse.
Auch das Wasser blieb unbezeichnet, finde ich auch unglücklich wenn man bedenkt, dass es in Solingen italienische Restaurants wie das Russo gibt, die eine große Flasche Pellegrino für um die drei Euro an den Gast bringen. Das soll kein flammendes Plädoyer für Dumpingpreise oder das italienische Blubberwasser sein, aber die Relation zu einer Ware, die auch dem SodaStream entsprungen sein könnte finde ich mit Blick auf Deckungsbeiträge zumindest erwähnenswert.
Die Vorspeisen sollten nach nur wenigen Minuten serviert werden, die Küche hatte um kurz nach 18 Uhr noch nicht wirklich viel zu tun, was sich später deutlich ändern sollte.
| Vorspeisen |
Gambas in Hummerrahm - 9,50 €
Marinierte Oliven & Tomaten mit Brot & Pesto (vegan) – 5,00 €
2019 Signature (Cuvée Colombard, Gros Manseng, Ugni Blanc), Domaine Saint-Lannes, Lagraulet-du-Gers, Gascogne, Frankreich – 0,2l zu 6,00 €
Auf meine Garnelen hatte ich mich seit Donnerstag gefreut, als ich sie auf der Karte entdeckt hatte und ich möchte einfach mal alle bitten, kurz in sich zu gehen und sich vorzustellen, an was man denkt, wenn man “Gambas in Hummerrahm” liest.
Ich dachte an einen schönen Teller mit breiter Fahne, in der Mitte Garnelen in einem sämigen Rahm mit den Noten eines schönen Hummerfonds, dazu die in der Karte erwähnten Merkmale von Chili und frischem Koriander, klang gut.
Insofern war ich schon über das zeitgeistige Weckglas erstaunt, das es nicht einfacher machte, die im Schmetterlings-Schnitt aufgeschnittenen Garnelen in Kombination mit der üppigen Gemüseeinlage in dem tiefen Gefäß problemlos herauszufischen geschweige denn zerteilen zu können.
Gambas in Hummerrahm
Die Einlage war vielfältig, u.a. Paprika, Zuckerschoten, hauchdünne Zucchini, dünner grüner Spargel, Karotte und sogar Pfifferling war hier zu finden, die Verarbeitung reichte von rustikal….
…hin zu cartoonhaft anmutenden Gemüseformaten, die Bugs Bunny sicher Glücksmomente verschafft hätten….
Bugs Bunny would approve...
Von Hummerrahm dabei keine Spur, das war eher ein recht öliger Sud, der geschmacklich trotz allem grundsätzlich in Ordnung ging, wenn es auch eher in Richtung einer hausfraulichen Minestrone als in die auf der Karte beschriebene Angelegenheit ging, von Koriander und Chili dabei auch kaum etwas zu vernehmen.
Sud Detail
Schade, sicher kein Totalausfall sondern einfach ein Problem hinsichtlich dessen, was man in der Karte formuliert und dann auf den Tisch bringt, „Gambas in mediterranem Sud“ wäre passender gewesen und hätte auch keine Fragen aufgeworfen.
Die parallel servierte Dip-Auswahl war da schon stimmiger, man sieht ein klassisches Pesto, ein Rote Bete Hummus und einen Feta-Dip sowie je zwei Scheiben dreier Brotsorten.
Marinierte Oliven & Tomaten mit Brot & Pesto (vegan)
Das beste Brot war mit Abstand dieser farbenfrohe Vertreter mit eingebackenem Gemüse, herrlich knusprig-locker und bestens geeignet als Dip-Werkzeug:
Die anderen beiden Körner-Brote eher kompakt in der Krume und recht dick geschnitten, sofern man keine belegten Stullen schmieren wollte etwas schwierig zu handhaben, man musste kleine Bröckchen abreißen und mit kleinen Buttermessern mit den Dips bestreichen, an ein „Dippen“ war nicht zu denken.
Das grüne Pesto überzeugte mit Frische, blieb aber als vegane Variante auf der „grasigen“ Seite des Geschmacks und das ist kein plumper Veganer-Witz sondern der frische Rucola brachte tatsächlich Noten von frisch gemähtem Rasen mit sich.
Da hier der Parmesan fehlte und auch die Pinienkerne nicht so üppig verwendet wurden fehlte mir Bindung und der typische runde Geschmack eines guten Pesto Genovese.
Das Rote Bete Hummus war leider äußerst flach, „Hummus“ habe ich geschmacklich gar nicht vernommen und auch die Rote Beete spielte sich weitestgehend nur optisch ab.
Am besten gefiel mir der dankenswert knoblauchlastige Feta-Dip, mir fehlten aber die salzigen Noten von echtem, guten, Feta, aber ja, seufz, es ist schließlich eine vegane Vorspeise.
Dazu noch ein kleines Glas mit entkernten schwarzen Oliven und sehr schmackhaften, eingelegten halbgetrockneten Tomaten.
Finde ich zu dem Preis völlig ok als kleiner Appetithappen, in gehobenen Häusern sicher in der Form auch ein nettes veganes Amuse, geschmacklich hätte es mir in gut gemacht als nicht vegane Variante aber wesentlich besser gefallen.
Der gut gekühlte Wein passte gut und ist mir nicht unbekannt, ein unkomplizierter Sommerwein aus der Gascogne, wer den Wein googelt und alleine den Einzelhandelspreis sieht wird mir aber zustimmen, dass Wein hier nicht unbedingt zurückhaltend kalkuliert wird.
Der Service machte seine Sache derweil mehr als gut, man fragte aufmerksam und interessiert nach der Zufriedenheit, war immer zur Stelle, auch als es voll wurde war immer ein ehrliches Lächeln für die Gäste da. Die offensichtliche Service-Leiterin, die ich aufgrund ihrer jugendlichen Ausstrahlung zunächst viel jünger und unerfahrener eingeschätzt und auch nicht direkt als Chefin vom Dienst erkannt hatte - mea culpa - machte ihren Job hinter der Theke und am Gast mehr als gut, eine fachlich souveräne und dabei immer umgänglich-liebenswürdige Vorstellung, den ganzen Abend über, die zudem von langjähriger Gastro-Erfahrung zeugte.
Zeit etwas frische Luft zu schnappen, ein Hauch von Savoir-vivre hing über dem Ohligser Markt und sogar die Persil-Uhrensäule passte zum Vintage-Erleben im Gastraum:
ein schöner Moment (Hochformat, bitte anklicken)
| Hauptspeisen |
Kräuter-Lammrücken mit Kartoffeln, Gemüse & Jus – 19,90 €
Gefüllte Pasta – 12,50€
2017 Lopez de Haro, Cuvée (Garciano, Garnacha, Tempranillo), Bodega Classica, San Vicente de la Sonsierra, Rioja, Spanien – 0,2l zu 6,50 €
Mein Lammrücken konnte optisch punkten, ein schönes Tellerbild, thronend auf bunter Gemüseauswahl, Kartöffelchen in Schale und ansehnlich arrangierter Lamm-Jus.
Kräuter-Lammrücken mit Kartoffeln, Gemüse & Jus
Das Gemüse fand ich sehr gelungen, bissfester grüner Spargel, wilder Brokkoli, Lauchzwiebel, Karotte, auch die großzügig vorhandenen Kartoffeln waren auf den Punkt gegart.
Für mich ist die Seele eines solchen Gerichtes aber die Jus in Kombination mit dem Fleisch. Handwerklich war die ehrliche Sauce gut gemacht aber ihr fehlte fast jede geschmackliche Tiefe, das waren diffuse Noten des Fleisches aber leider sehr eindimensional.
Das Fleisch sieht auf dem Teller sicher sehr gelungen aus, es war aber leider doch übergart und recht trocken, es neigt sicher sehr zum Nachziehen, ich habe aber zwei Stücke wenige Minuten nach dem Servieren fotografiert, das Foto ist in der Galerie, ich wollte es nicht in den Text einbauen aber es illustriert sicher gut was ich meine.
Die eher dezente Kräuterkruste mochte ich sehr, alles in allem ein Gericht mit viel Potential, das heute aber trotz Detailkritik grundsätzlich schmecken sollte, ein paar Stellschrauben noch und hier stünde Hochgenuss auf dem Tisch.
Hochgenuss hatte ich von dem begleitenden Rioja, ein guter Bekannter aus dem angesprochenen Ohligser Weinhandel, nicht in den höchsten Tönen erwartet, wenn er auch ein solider, samtiger Vertreter seiner Art ist und mit 18 Monaten im Holz sicher eine gute Wahl zum Gericht darstellte.
Wenn man diese recht schweren Weine bei so einer Witterung aber nicht leicht kühlt, sind sie für mich fast untrinkbar, bei 23 Grad plus im Glas wirken selbst die für viele spanische Verhältnisse „leichten“ 13,5% beim ersten Schluck wie Kopfschmerzgarantie vom Feinsten, geschmacklich tendieren sie dann ins leicht „Fuselige“, was ich in Ultra-Kurzform auch den Service wissen ließ; man bedauerte und wollte es gerne weiter geben. Zum Preis verweise ich grundsätzlich auf meine Aussage zum Weißwein.
Die Gefüllte Pasta von Gegenüber war eines der beiden Tagesangebote, gefüllt wurden die recht großen Teigtaschen mit Wildschwein-Ragout.
Mit Wildschwein Ragout gefüllte Pasta
Das Tellerbild leider nicht so hübsch wie bei mir, aber form follows function sage ich ja immer, die angeschmelzten Kirschtomaten brachten zumindest Farbe ins Spiel.
Es scheint als wurde die Pasta zwecks gemeinsamen Servieren zu früh aus dem Wasser gefischt, der recht dicke Teig war an den Rändern noch nicht genügend gegart und dort auch recht hart, das war nicht wirklich gelungen, zumal ihm auch jeglicher schöne Schmelz fehlte, der gute Ravioli und Co. so köstlich macht.
ABER, zur Ehrenrettung sei gesagt, dass wir fast das gesamte Gericht einpacken ließen – man gab uns ein Weckglas, prima, bringen wir zurück - und Frau Shaneymac diese am nächsten Tage für sich behutsam in der Pfanne mit gutem Olivenöl erwärmte und siehe da, der Teig war auf den Punkt und wesentlich gelungener, auch wenn der Schmelz nach wie vor fehlte, am Vortag war er schlicht untergart.
Ich hätte den Teller sicher zurückgehen lassen aber Madame ist da sehr zögerlich und ich probierte auch viel zu spät, um ihr dazu raten zu können, aber Schwamm drüber, kann passieren.
Lobend erwähnen kann man das Ragù di cinghiale, das Wildschwein-Ragout in der Füllung, das ich mir am nächsten Abend genau anschaute, weil ich einen Raviolo abstaubte.
Das war keine Hackfleisch-Sauce sondern das Fleisch wurde geschmort und dann fein zerkleinert. Faserig gerupft bzw. gepulled wie in der Bolognese Variante von Tim Mälzer war es nicht, es ging aber in diese Richtung, fein abgeschmeckt war es aber leider passte das Verhältnis von recht spärlicher Füllung und Teig ob der Dicke des Letzteren nicht wirklich, trotzdem großes Lob für dieses Ragout.
Derweil wunderte ich mich vor Ort über Leute, die teilweise mit Tellern in der Hand das Lokal stürmten und siehe da, draußen ein veritabler Wolkenbruch vom Allerfeinsten, Sturzbäche auf Straßen und Wegen, flüchtende Gäste und rennende Passanten; aufgepasst, so sehen 10% Regenwahrscheinlichkeit im Bergischen aus:
Mit entsprechend gesteigerter Lautstärke im Gastraum sollte sich der Abend fortsetzen, das Publikum dabei eine bunte Mischung mit leichtem Hang zur lokalen Hautevolee, da wird stolz das ein oder andere modische Accessoire der Warengruppe „Schlechter Geschmack muss nicht billig sein!“ präsentiert, sicher gibt es hier eine große Schnittmenge mit den Hitze-Frei-Kunden, der Behelfs-Sansibar des Stadtteils.
| Dessert |
Gefrorener Griechischer Joghurt mit Rhabarberkompott, Kokos & Thymian – 7,00 €
Mango-Minz-Salat mit Himbeerschnitte & Pistazie – 8,00 €
Bei meinem gefrorenen griechischen Joghurt hatte ich das vegan überlesen und kann daher gerne zugeben, dass mich das Ersatzprodukt geschmacklich überrascht hat, es wäre schwierig gewesen dies in einer Blindverkostung herauszuschmecken. Er schmeckte cremig mit leichter Süße von Honig der wiederum mit dem Thymian hervorragend funktionierte, köstliche Kombi.
Gefrorener Griechischer Joghurt mit Rhabarberkompott, Kokos & Thymian
Weniger köstlich jedoch mein Rhabarberkompott (Detailbild siehe Galerie). Ich finde es gut, wenn ein Kompott neu interpretiert wird und es nicht tauglich für die Schnabeltasse ist. Wenn jedoch die Hälfte der Stücke, nämlich die größeren, noch fast roh ist sollte man das Rezept in der Ausführung noch einmal überdenken, dessen Grundanlage fand ich jedenfalls gelungen.
Der natürlich ebenfalls komplett vegane „Mango-Minz-Salat“ von Gegenüber warf Fragen auf. Zwei Stücke von der Frucht, die aussahen als kämen sie aus der Dose (war aber laut Aussage vom Chef und Service frische Ware), wo war da Salat, wo die Minze?
Mango-Minz-Salat mit Himbeerschnitte & Pistazie
Auf einer trennenden Blätterteigschicht darauf dann eine recht kompakte, in Sachen Frucht denkbar wenig aromatische Himbeer-Mousse, die doch sehr unterzuckert daherkam und etwas grob gehackte Pistazie.
Ob das acht Euro wert ist möge jeder selber beurteilen, ich sage nein, auch wenn ich für ein schönes Dessert gerne auch das Dreifache ausgeben würde, wenn es mich denn begeistert; meine Begleitung war übrigens denkbar wenig begeistert obwohl sie im Gegensatz zu mir aus Sicht der Gastronomie meist ein sehr dankbarer Gast ist.
Bevor ich nach der Rechnung fragen konnte baute sich ein bekanntes Gesicht neben dem Tisch auf „Guten Abend, König mein Name, ich habe gehört es gab Grund zur Klage?“ hörte ich, der Chef kam aus der Küche um sich zu erkundigen.
Nun muss man dazu wissen, dass ich wie fast immer in solchen Fällen mit jugendlichen Servicekräften in einem solchen ungezwungenen Setting, den Service niemals mit Details zu meinen – sofern vorhandenen - Kritikpunkten volltexte, lediglich den Pastateig und den viel zu warmen Rotwein sprach ich beiläufig an und erntete wie üblich selbst dafür prompt giftige Blicke von Madame, trotzdem hatte ihn das erreicht.
So wie er das vortrug und dreinschaute, kam es mir fast vor, als habe man ihm gesagt, ich hätte alles furchtbar gefunden, was mir leid tat und sicher nicht dem entsprach, was ich angemerkt hatte.
Daher war ich etwas zögerlich und bemüht, ihm die Dinge, die ich auch in diesem Text angesprochen habe schonend beizubringen und zu betonen, dass es auch viel Gutes gab und es sich eher um Details handelte, die sich aufsummiert hatten.
Ich glaube, es ist auch bei ihm angekommen, dass ich nicht essen gehe, um mit der Lupe das Haar in der Suppe zu suchen sondern sofern ich Dinge überhaupt vor Ort anspreche, dann als ehrliches Feedback im Sinne des Restaurants.
Daher nahm er die Kritik für mein Verständnis auch an, bot ein freies Heißgetränk an, was ich nett fand aber dankend ablehnte, Koffein um diese Zeit meide ich und wir waren auch schon in Aufbruchstimmung.
Aber die Haltung dahinter, sich direkt beim Gast zu erkundigen und Rückmeldungen ernst zu nehmen verdient Applaus, leider erlebt man auch hier oft Gleichgültigkeit in solchen Situationen.
„Wir haben erst seit zwei Wochen wieder auf, ich hoffe doch sehr, dass sich in den nächsten beiden wieder alles eingespielt hat und solche Dinge nicht mehr passieren.“ ließ er mich wissen und schob ein sympathisch-humorvoll-augenzwinkerndes „So, ich geh dann mal in Küche, kurz ein wenig Rumschreien!“ nach bevor er sich verabschiedete und einen schönen Abend wünschte.
Dort blieb es aber natürlich ruhig, schließlich ist Gerd König zumindest dem Anschein nach kein Küchen-Choleriker sondern ein solider Koch, der sein Handwerk und seine Rolle als Gastgeber ernst nimmt.
Der Regen hatte endlich ein Ende und wir entschieden, anstatt ein Taxi zum Restaurant kommen zu lassen, wieder zurück zum Hauptbahnhof zu gehen, ein paar Schritte nach dem Essen machen Sinn, die Luft war klar und die Schwüle war merklich zurück gegangen und wenig später waren wir zurück in Höhscheid, wo uns zwei schimpfende Katzen erwarteten.
Zweieinhalb Stunden ohne Kraulen und Leckerlis, skandalös, da muss geschimpft und eine schlechte Bewertung auf Catbook erwogen werden, wo ich seit Jahren andauernd von den pelzigen Untermietern wegen kleinster Verfehlungen angeprangert werde….
Fazit
Nun bin ich kein Kater mit imaginärem Smartphone aber das Anprangern kleinster Verfehlungen ist mir trotzdem fremd. Angesichts eines Rechnungsbetrages von über 90 Euro gab es heute aber einfach in Summe zu viele mehr oder weniger kleinere Dinge, die hier sicher nicht immer passieren, davon bin ich überzeugt.
Aber solche Kritiken sind IMMER Momentaufnahmen, und als solche gebe ich heute 3 Sterne für das, was von der Küche geboten wurde zu eben diesem Preis. Das mag die treuen Stammgäste schockieren und so mancher Ortsfremder wird hingegen aus der Ferne urteilen: Das ist aber SEHR nett! Recht machen kann man es nie allen, wichtig ist mir, dass sich solch ein Urteil fair anfühlt, und das tut es für mich.
Den Service kann ich so wie erlebt gerne mit der vollen Punktzahl bewerten, auch wenn vielleicht kein gelerntes Fach, aber was man hier mit Freundlichkeit, Charme und Routine bietet kann sich mehr als sehen lassen und muss sich auch fachlich ganz sicher nicht hinter so manchen Häusern verstecken, die bei "gelerntem Fach" in erster Linie an steifen, unpersönlichen Plastiklächel-Service denken - hier kommt man sich willkommen vor und man behandelt die Gäste wie Freunde. Und das gilt ausdrücklich für die Service-Leitung, als auch für ihre nicht minder nette Kollegin Kathrin, die uns hauptsächlich am Tisch bedienen sollte, die Jüngste der drei bediente zumeist draußen und war daher nicht bei uns, machte jedoch ebenfalls einen sehr engagierten und sympathischen Eindruck.
Das durchaus gemütliche Ambiente sehe ich grundsätzlich bei vier Sternen, wobei sich das etwas relativiert wenn es in dem kleinen Gastraum voll und laut wird, aber das ist in jedem kleinen Lokal so.
Die Sauberkeit ohne Tadel, daher fünf Sterne in dieser Kategorie, auch in Sachen Corona hielt man sich, wie auch bei allen vorangegangenen Besuchen in den letzten Wochen in anderen Betrieben, vorbildlich an alle Auflagen.
Bei Preis-Leistung bin ich bei 3,5 Sternen, einiges war angemessen und fair, anderes etwas fragwürdig, in Summe aber noch völlig im Rahmen.
Bei der Gesamtwertung schrammt das Esszimmer bei diesem Erstbesuch an vier Sternen knapp vorbei, ich habe lange überlegt aber der nette Service rettet heute keinen ganzen Stern sondern ich lande bei etwa 3,7 die somit in 3,5 Sternen münden, was im hiesigen Wertekanon immerhin noch als "alles ok" deklariert ist in der Bewertungsmaske.
Ich werde hier definitiv am Ball bleiben und weiß, dass dies hier Tagesform war, man hier wesentlich verlässlicher abliefert und die Erklärung von Gerd König macht sicher auch Sinn.
Insofern ist es ohne weiteres möglich, dass ich hier im Herbst begeisterte fünf Sterne für die Küche vergebe, das Potential und das Handwerk ist da, aber ich bewerte Momente und keine Grundlagen.
Als Empfehlung möchte ich diesen Text dennoch definitiv verstanden wissen, nicht zuletzt für alle, die eine reduzierte Karte mit frisch gekochten Gerichten und vegane Optionen schätzen, ein Reinfall war der letzte Freitag unter dem Strich nämlich sicher nicht, selbst Ausprobieren lohnt hier jederzeit.
Mit Blick auf meine Heimatstadt galt für mich schon immer die Devise „Wenn die Welt ein Dorf ist, ist Solingen darin die Lindenstraße.“ – will heißen: Über eine oder zwei Ecken kennt jeder jeden und stets bewahrheitet sich, dass man sich auf dieser Straße selten nur einmal im Leben begegnet.
Wir erinnern uns an mein kürzlich verfasstes Cordon Bleu Epos, in dem ich in der Einleitung verlässlich übertreibend augenzwinkernd vom mitteilungsfreudigen Koch berichtete, den ich 2018 anlässlich meines Sabbatical-Minijobs in... mehr lesen
Esszimmer
Esszimmer
€-€€€
Restaurant
021212853443
Aachener Str. 25, 42697 Solingen
3.5
stars -
"Zeitgeistige, „aufgeweckte“ Frischeküche am Ohligser Markt– heute mit „Post-Lockdown“-Anlaufschwierigkeiten"
Shaneymac
Mit Blick auf meine Heimatstadt galt für mich schon immer die Devise „Wenn die Welt ein Dorf ist, ist Solingen darin die Lindenstraße.“ – will heißen: Über eine oder zwei Ecken kennt jeder jeden und stets bewahrheitet sich, dass man sich auf dieser Straße selten nur einmal im Leben begegnet.
Wir erinnern uns an mein kürzlich verfasstes Cordon Bleu Epos, in dem ich in der Einleitung verlässlich übertreibend augenzwinkernd vom mitteilungsfreudigen Koch berichtete, den ich 2018 anlässlich meines Sabbatical-Minijobs in
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Se bastasse una bella „calzone“ – zu Gast in einer meiner kulinarischen Kinderstuben…."
Verifiziert
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Geschrieben am 04.07.2021 2021-07-04 | Aktualisiert am 05.07.2021
Besucht am 20.06.2021
Besuchszeit: Mittagessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 30 EUR
Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Eros Ramazzotti Fans für die blasphemische Überschrift entschuldigen. :-)
Während des Lockdowns gab es das ein oder andere Solinger Restaurant, das ich nur zu gerne mit regelmäßigen Lieferdienst-Bestellungen unterstützt hätte, einen solchen jedoch nie im Angebot hatte und ich somit im Einzelfall regelrecht sehnsüchtig das Ende der dunklen Zeit herbeiwünschte.
Das Ristorante Pizzeria Bellanova ist eines dieser Lokale, seit nunmehr 35 Jahren hocke ich mindestens drei bis vier Mal pro Jahr in diesen vertrauten Räumen an der Kleine Straße 1 und werde dabei immer leicht nostalgisch, viele Erinnerungen werden hier immer verlässlich wach und diese sind stets positiv.
Heute kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es zu den beliebtesten Solinger Restaurants zählt, hier habe ich als schon immer kulinarisch interessierter Zeitgenosse im zarten Alter von 11 oder 12 Jahren mein erstes Risotto verspeist und wunderte mich bereits damals, warum die halbe Welt dieses Gericht als die ultimative italienische Gaumenfreude handelte.
In diesen Kindertagen, wenn es mit meinen Eltern regelmäßig hier hin ging, war ich stets glücklich mit meiner so geliebten Calzone oder einer Pizza Pirata (beide mit Bolognese-Soße), die ich stets mit gekochtem Schinken bestellte, vorher immer ein paar frische Pizzabrötchen mit Kräuterbutter, denn die köstlichen kleinen Bruschette, die es schon damals immer vom Haus vorab gab, mochte der kleine Shaneymac-Pimpf weiland gar nicht.
Ich würde das nur allzu gerne so verkaufen, dass ich schon damals als ein extrem frühreifer, kulinarisch-sensibler Vertreter der „Tomaten nur in der Saison!!!“-Hardcore-Fraktion angehörte, die Wahrheit war allerdings so traurig, wie bei vielen „Blagen“: Ich mochte u.a. schlicht keine frischen rohen Tomaten.
Das sollte sich aber sehr schnell ändern, in den Jahren der Pubertät und der Zeit auf dem Gymnasium kam ich auch kulinarisch immer weiter herum und schon bald war ein sonntägliches Mittagessen bei Bellanova gerne mal bestimmt von einer kleinen Primo Piatto Portion Spaghetti AOP, gefolgt von Lachsfilet al pepe verde mit Blattspinat und Kartoffeln aus dem Ofen und der Tag war mein Freund.
Und so war es auch das Ristorante Pizzeria Bellanova, das Gegenstand meiner allerersten „Kritik“ auf restaurant-kritik.de war, in verlässlich schwülstigem Pathos schwärmte ich im Frühsommer 2007 in wenigen Zeilen unter anderem über meine bis heute heiß geliebte Pizza Scampi, Fotos hochzuladen war damals fast noch Science Fiction, die große Zeit der Handykameras sollte noch etwas auf sich warten lassen.
Die jahrzehntelange Beliebtheit des Lokals erklärt sich sicher auch durch die in den Jahren stets mehr als fair gebliebenen Preise, in der Zeit von Kommunion und Konfirmation kann man immer davon ausgehen, dass an einem Sonntagmittag hier ein entsprechendes großes Familienessen stattfindet, die Küche ist bodenständig-solide, das Preis-Leistungsverhältnis mehr als überzeugend, der Service liebenswürdig und die Atmosphäre gepflegt ungezwungen.
Bis heute, wenn der Jahresurlaub ansteht oder ich an einem normalen Sonntagmittag in Stimmung bin, ist es für mich nach wie vor eine, mich an diverse schöne Zeiten erinnernde, gelegentliche Freude, hier spontan einzukehren, die vertrauen Gesichter von Giuseppe Bellanova und seiner charmanten Frau zu erblicken und eine unbeschwerte Stunde oder zwei zu verleben.
Auch wenn mein Jahresurlaub noch ein paar Wochen auf sich warten lässt, vor zwei Wochen sollte ich am Sonntag in maximaler Bellanova Stimmung sein, schon am Morgen verkündete ich vorfreudig von meinen spontanen Gelüsten und auch Madame war nicht abgeneigt, das Wetter war prächtig und somit stand der Tag schon da unter einem guten Stern.
Wir waren mit kurz vor 14 Uhr relativ spät vor Ort, ich fand somit einen Parkplatz direkt vor dem Lokal, durch die große Supermarkt-Parkfläche gegenüber ist das Thema „Auto unterbringen“ hier jedoch grundsätzlich ein sehr entspanntes, zumindest am Sonntag.
Außenansicht
Ich schaute kurz rein und wurde sofort aufs Herzlichste von Angela, der Dame des Hauses begrüßt und ich fragte, da man nur bis 15 Uhr geöffnet hat, ob wir noch etwas essen könnten, zumal nur noch drei Tische besetzt waren.
„Aber natürlich, gerne, wird sind ohnehin hier, kein Problem, darf auch gerne länger dauern, lasst euch Zeit bitte.“ hörte ich wie aus der Pistole geschossen, das kam von Herzen, die resolute Dame ist nicht auf den Mund gefallen und trägt ihr Herz sympathischer Weise gerne mal auf der Zunge.
Ich versprach dennoch, dass wir uns beeilen würden und wir fanden ein nettes Plätzchen am Fenster, die mindestens 15 Jahre überfällige Renovierung vor einiger Zeit hat dem Gastraum mehr als gut getan.
Vorderer Gastraum
Die mintgrüne 80er Jahre Höhle ist passé, wobei auch diese stets teilweise skurrile Erinnerungen weckte an die frühen Jahre im Bellanova, in der jahrelang – kein Witz – in der Stereoanlage (ja die guten alten zeitgenössischen Stereotürme mit dem Plattenspieler in der obersten Etage…) auf dem Regal, auf dem heute ein Fernseher thront, IMMER die gleiche Mix-CD mit Eros Ramazotti Tophits und Co. lief: Se bastasse una bella „calzone“, der Bellanova Soundtrack für die Ewigkeit.
Heute sind die Farben im Gastraum zeitloser und erinnern nicht mehr frappierend an LP-Cover von Rondò Veneziano, an den Wänden stellt eine lokale Künstlerin ihre hier erwerbbaren Werke aus, die dezente Musik ist zeitgenössisch italienisch und abwechslungsreich, die Räume sind klimatisiert; hier kann man es auf dem bequemen Gestühl durchaus länger aushalten.
Da wir eigentlich schon vorher wussten, was wir bestellen würden, ging die Auswahl recht schnell vonstatten, die Karte bietet eine große Bandbreite in den naheliegenden italienischen Disziplinen, wer hier nicht bei Pizza, Pasta, Fisch und Fleisch fündig wird hat wohl so ziemlich in jedem Lokal ein Problem, auch ein Grund für die Beliebtheit des Bellanova für Feste und Gesellschaften: hier wird einfach jeder etwas finden.
Zunächst fanden jedoch eine Flasche San Pellegrino zu moderaten 5 Euro, sowie die obligatorische Rhabarberschorle (4,00€) meiner Begleitung auf den Tisch, beides gut gekühlt wie immer.
Nur wenige Momente später dann der so lange vermisste kleine „Gruß aus der Küche“, dessen Geschmack sich seit über 30 Jahre nicht geändert hat, ein kleiner Teller für zwei mit ofenfrischem, belegtem Pizzabrot, klassische Bruschetta im Miniformat mit aromatischen Tomaten, etwas Rucola und einem selbst für mich hinreichenden „Aglio-Pegel“.
der kleine „Gruß aus der Küche“
Ich muss immer aufpassen bei den Dingern, ich hätte keine Probleme zwei dieser Teller alleine zu verschlingen, hätte dann aber kaum noch Platz für andere schöne Dinge, und die sollten auch heute noch folgen.
Die perfekte Bruschetta ist das für mich nicht, dazu hatte ich schon zu viele gesteigert köstliche Varianten, gerade auch mit schön angegrilltem Sauerteigbrot und noch etwas mehr Knoblauch und ein feineres Öl.
Aber erstens ist das hier kein Gourmet-Tempel, zweitens ist dies ein kostenloser Appetitmacher vom Haus, und drittens muss sich das kleine Bellanova Amuse in Zeiten, in denen selbst die belanglosestem Bruschette in der hiesigen Gastronomie mit 5 bis 7 Euro angeboten werden, vor den meisten von diesen in Sachen Genuss nicht verstecken, ganz im Gegenteil sogar.
Dann sollte die meiner Meinung nach verblüffendste Vorspeisenkombination folgen, die man auf grün-weiß-roten Solinger Speisekarten findet….
| Vorspeisen |
Gemischte Vorspeisen für eine (!) Person – 11,00€
Nein die 11 Euro sind kein Tippfehler, all das, was auf diesem Foto zu sehen ist, erhält man zu diesem angesichts des servierten geradezu lächerlichen Betrag:
Gemischte Vorspeisen für eine (!) Person
Unten links im Uhrzeigersinn beginnend sieht man Frutti di mare, Parmaschinken und Caprese, frisch gebratene Champignons, Melanzane al forno, ofenfrisches Pizzabrot und einen kleinen Teller Carpaccio.
Der Preis hat sich in den Jahren kaum verändert, es ist mir völlig unverständlich, angesichts dessen, dass es sich auch mitnichten um Ramschware handelt, wie man das kalkulatorisch darstellen kann.
Wenn man sich alleine die Marmorierung des Schinkens anschaut, wird man wohl beipflichten, dass es sich hier kaum um Billigware handelt, was der Geschmack auch bestätigt und das Foto täuscht, das war fast eine ganze Lage hauchdünn aufgeschnittener Prosciutto.
Parmaschinken | Caprese
Wenn man bedenkt, was hier alles auf dem Tisch kommt, ist der einzige Wermutstropfen, nämlich dass bei der Caprese ein milder Schnittmozzarella verwendet wird statt frischem vom Büffel, sicher sehr leicht zu verschmerzen, zumal es geschmacklich gut gefiel.
Die bei größter Hitze sautierten Pilze mit frischer Petersilie und einer gehörigen Portion Knoblauch sind so wie serviert perfekt, da vermisst man keinen Dip oder Beiwerk, ich vielleicht ein passendes Glas Wein, aber das ich mittags fast nie Alkohol trinke, dürfte ja mittlerweile bekannt sein.
sautierte Pilze frisch aus der Pfanne
Mit nicht minder gelungener italienischer Hausmannskost geht es weiter, die Melanzane al forno werden à la minute in den Ofen geschoben, geizen weder mit Käse noch mit aromatischem Sugo, alleine dies eine Portion zum Sattwerden.
Melanzane al forno
Die zugegeben gut getarnte Portion Carpaccio war einst sogar noch etwas größer, aber nochmals: dies hier ist eine Vorspeisenkombination für EINE Person und somit auch diese Menge mehr als ausreichend, das Fleisch zart und makellos, ein paar Fäden von Olivenöl darauf, passend mit Salz und Pfeffer gewürzt und bei weitem nicht so fade, wie oft erlebt.
Carpaccio
Heute in eher rustikaler optischer Tagesform dann die Frutti di Mare, der tadellos weich gegarte Pulpo und auch das Gemüse sind ansonsten etwas feiner gearbeitet, aber der Geschmack und die Vielfalt – ich liebe es wenn darin mit viel Muscheln gearbeitet wird – konnten auch hier wieder überzeugen, hier war mehr zu schmecken als die oft triste Kombination aus Staudensellerie, diffuser Zwiebel und neutralem Gummi-Pulpo, das misslungene Versionen dieses Gerichtes leider oft ausmacht.
Frutti di mare
Dazu schmeckte das erwähnte, beim Servieren noch glühend heiße Pizzabrot, ich richtete mir einen kleinen Teller her und freute mich nach Kräften über den so lange herbeigesehnten ersten „Post-Lockdown“ Besuch in einer meiner kulinarischen Kinderstuben:
Let the good times roll...
Es blieben noch diverse Reste übrig, die das Abendessen bereichern sollten, und trotzdem schafften wir die folgenden Pizzen nicht, auch wenn ich mich wiederhole ist es mir ein Rätsel, wie man Speisen in dieser überzeugenden Güte zu diesem Preis in dieser Menge auf den Tisch bringen kann.
Wer hier isst, sollte sich das nicht entgehen lassen und wenn immer ich hier Leute hin empfohlen habe, kam ungläubiges Feedback zurück ob dieser Vorspeisenkombination, davon kündet übrigens auch die Vorkritik aus dem Januar 2015 eines hier vermissten ehemaligen Users, kleiner Lesetipp in dieser Sache.
Aber auch in 2021 hält das Staunen, an. Als ich das Foto der Vorspeisen-Totale in unserer GastroGuide WhatsApp Gruppe teilte und fragte, was man glaube, was dieses kleine Teller-Ensemble denn kosten würde, kamen erwartbare Antworten jenseits der 25 Euro, Bad Herrenalb tippte auf 30 und als ich den Preis verriet, folgte aus Bremen ein ungläubiges „Nein!!“ – wer könnte es den lieben Mitstreitern verdenken.
| Hauptspeisen |
Pizza Scampi klein – 7,00€
Pizza klein, nur mit der Sauce der Scampi Variante – 3,50€
Was in der Kindheit hier meine geliebte Calzone und Pizza Pirata war, wurde in den folgenden Jahren sehr schnell die Pizza Scampi.
Pizza Scampi - klein
Zum Thema „Scampi“ in der Deklaration ist hier glaube ich schon alles gesagt worden und die einst aufgeregte Diskussion kürzlich in Kommentaren auch erfrischend unemotional und harmonisch begraben worden, was den Sprachgebrauch abseits der gehobenen Gastronomie angeht, wo die Preise echte Scampi erwarten lassen.
Der Teigfladen-Aficionado könnte optisch bemängeln, dass die Pizza in einer Form gebacken wird und der Rand daher nicht das leicht archaische besitzt, was die im Steinofen direkt auf Schamott gebackene hat.
Auch ist mir der Teig vielleicht einen Hauch zu dick, aber das sind Nuancen, der Teig hatte Ruhe zum Gehen, hat Charakter, genügend Salz (für mich mit das Wichtigste neben Konsistenz) und ist nicht unangenehm sättigend sondern eher luftig.
Dass die Pizzaiola gut schmeckte, der cremige Käse ebenfalls und zudem in idealer Dosierung auf den verehrten Teigfladen kam ist das eine, was diese Pizza aber so besonders und bei den Gästen derart beliebt macht, dass gleich mehrere Solinger Betriebe wie bspw. das Mille Gusti oder Bei Pina diese mit eigenen Versionen mit der Zeit auch in ihre Karten aufnahmen, ist die Sauce.
Die Garnelen werden separat gebraten und erst nach dem Backen zusammen mit einer hocharomatischen Tomaten-Sahne-Knoblauch-Sauce übergossen, bevor diese köstlich duftende Herrlichkeit vor den hungrigen Gast kommt.
Diese Sauce hat aber erfreulich mehr Tiefe, als man es ihr auf den ersten Blick ansieht bzw. was ihre namentliche Beschreibung vermuten lässt. Thymian, Lorbeer, ein Hauch von Krustentierfond und Provence vielleicht, ich habe es nie komplett dechiffriert bekommen, aber so what, das Ergebnis zählt und das hat zu Recht sehr viele Freunde in Solig.
Auch meine Madame liebt die Sauce sehr und hat diese Pizza in der Vergangenheit hauptsächlich wegen dieser bestellt, wobei ich dann immer den Großteil der Gambas abgestaubt habe, weil sie die eigentlich gar nicht gerne mag, die Textur ist dabei ihr Problem.
Diesmal fragte sie erstmalig, ob sie ihre Pizza auch ohne die Garnelen bekommen könnte, was Signora Bellanova natürlich gerne möglich machte. Das Ablichten dieser Version habe ich mir gespart, was ich allerdings bemerkenswert fand, war auch hier wieder der Preis, den ich erst heute auf dem Bon wahrgenommen habe.
„Dreifuffzig“ für eine gut belegte Pizza, dazu eine ordentliche Ladung dieser anständigen, frisch gekochten Sauce??? Das kosten woanders beinahe schon die Pizzabrötchen, einfach unglaublich das PLV.
Wir schafften auch hier nur jeder die Hälfte, nahmen den Rest mit und warfen kurzerhand die Pläne für das Abendessen über den Haufen, hatten die Reste vom Mittag, dazu noch einen frischen Salat und einen guten Wein, herrlich, zumal die Pizza das Aufwärmen fast klaglos überstehen sollte.
An ein Dessert war nicht zu denken, zum Abschied konnten wir auch endlich Giuseppe Bellanova „Hallo sagen“, der hatte vorher in der Küche gewerkelt - er ist nicht der Koch! - und freute sich sichtlich uns zu sehen, die Freude war jedoch auch ganz unsererseits.
Wann immer ich das Bellanova an einem sonnigen Sonntagmittag wie heute, nach einer wie immer herzlichen Verabschiedung verlasse, schwebe ich auf einer „Ommmhh“-Wolke der Zufriedenheit mit dem Moment.
Der verwöhnte Gourmet-Shaney hat dann Pause, obwohl er weiß, daß man für weitaus mehr Geld besser italienisch essen kann, der Peter Pan Shaney freut sich über die schönen Erinnerungen an diesen Ort und der pragmatische Vernunfts-Shaney weiß, dass es zu diesem Geld nicht nur in der Klingenstadt SEHR einfach ist, unendlich viel weniger zu erhalten, sei es geschmacklich, und nicht zuletzt quali- wie quantitativ.
Daher nun der Versuch eines subjektiven Fazits, abseits aller Nostalgie und Sympathie….
Fazit
Das Bellanova ist weit mehr als rührselige Kindheitserinnerungen, auch wenn man hier keine gehobene Küche erwarten kann, was zu diesen Preisen auch nur leicht umnachtete Gäste tun dürften.
Ich möchte angesichts der zahlreichen neuen Solinger Leser nochmal erklären, wie ich bewerte: nämlich immer in Relation zum Gastro-Genre, dem Anspruch des Restaurants und der gelieferten Leistung.
D.h. fünf Sterne für das Bellanova bedeuten nicht, dass die Küche absolut betrachtet besser ist, als die eines Michelin-besternten Edel-Italieners, der für sein 200 Euro Essen nur vier Sterne erhalten hat, sondern dass hier die Gesamtleistung in Relation zu den im letzten Absatz angesprochenen Aspekten perfekt gepasst hat.
Hätte ich hier 60 Euro für das Essen bezahlt, wüsste ich, was ich ansprechen müsste und könnte, angesichts eines Rechnungsbetrages von 30 Euro verbietet sich mir aber jede Haarspalterei, wer so etwas zu diesem Preis liefert, hat somit fünf Sterne für die Küche redlich verdient und wer mir trotz allem dabei einen halben Sympathiepunkt unterstellen möchte, kann dies gerne tun und mich dabei verständnisvoll aber maximal unberührt Lächeln sehen.
Der Service den ich in den Jahren erleben durfte, steht dem in Nichts nach, immer präsent, höflich, gut aufgelegt und den Gästen wird so ziemlich jeder Wunsch erfüllt, auch hier fünf Sterne.
Das Ambiente hat sich gemacht nach der Renovierung, früher war ich hier bei sehr wohlwollenden drei Sternen, heute bei überzeugten vier Sternen.
Die Sauberkeit, egal ob im Gastraum oder auf den Toiletten, stets makellos, wie immer fünf Sterne wenn ich keinen noch so kleinen Grund zur Beanstandung habe.
Bei Thema Preis-Leistung reichen fünf Sterne eigentlich kaum für das Erlebte, man denke sich gerne noch zwei hinzu.
Und so komme ich auch in der Gesamtwertung auf knappe fünf Sterne und hoffe, hier noch viele Jahre die Familie Bellanova erleben zu dürfen, mir würde auf so mancher Ebene viel fehlen, sollten sich hier einmal die Türen schließen.
È stato bello come sempre, torneremo presto!
Während des Lockdowns gab es das ein oder andere Solinger Restaurant, das ich nur zu gerne mit regelmäßigen Lieferdienst-Bestellungen unterstützt hätte, einen solchen jedoch nie im Angebot hatte und ich somit im Einzelfall regelrecht sehnsüchtig das Ende der dunklen Zeit herbeiwünschte.
Das Ristorante Pizzeria Bellanova ist eines dieser Lokale, seit nunmehr 35 Jahren hocke ich mindestens drei bis vier Mal pro Jahr in diesen vertrauten Räumen an der Kleine Straße 1 und werde dabei immer leicht nostalgisch, viele Erinnerungen werden hier immer verlässlich wach und diese sind stets positiv.
Heute kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es zu den beliebtesten Solinger Restaurants zählt, hier habe ich als schon immer kulinarisch interessierter Zeitgenosse im zarten Alter von 11 oder 12 Jahren mein erstes Risotto verspeist und wunderte mich bereits damals, warum die halbe Welt dieses Gericht als die ultimative italienische Gaumenfreude handelte.
In diesen Kindertagen, wenn es mit meinen Eltern regelmäßig hier hin ging, war ich stets glücklich mit meiner so geliebten Calzone oder einer Pizza Pirata (beide mit Bolognese-Soße), die ich stets mit gekochtem Schinken bestellte, vorher immer ein paar frische Pizzabrötchen mit Kräuterbutter, denn die köstlichen kleinen Bruschette, die es schon damals immer vom Haus vorab gab, mochte der kleine Shaneymac-Pimpf weiland gar nicht.
Ich würde das nur allzu gerne so verkaufen, dass ich schon damals als ein extrem frühreifer, kulinarisch-sensibler Vertreter der „Tomaten nur in der Saison!!!“-Hardcore-Fraktion angehörte, die Wahrheit war allerdings so traurig, wie bei vielen „Blagen“: Ich mochte u.a. schlicht keine frischen rohen Tomaten.
Das sollte sich aber sehr schnell ändern, in den Jahren der Pubertät und der Zeit auf dem Gymnasium kam ich auch kulinarisch immer weiter herum und schon bald war ein sonntägliches Mittagessen bei Bellanova gerne mal bestimmt von einer kleinen Primo Piatto Portion Spaghetti AOP, gefolgt von Lachsfilet al pepe verde mit Blattspinat und Kartoffeln aus dem Ofen und der Tag war mein Freund.
Und so war es auch das Ristorante Pizzeria Bellanova, das Gegenstand meiner allerersten „Kritik“ auf restaurant-kritik.de war, in verlässlich schwülstigem Pathos schwärmte ich im Frühsommer 2007 in wenigen Zeilen unter anderem über meine bis heute heiß geliebte Pizza Scampi, Fotos hochzuladen war damals fast noch Science Fiction, die große Zeit der Handykameras sollte noch etwas auf sich warten lassen.
Die jahrzehntelange Beliebtheit des Lokals erklärt sich sicher auch durch die in den Jahren stets mehr als fair gebliebenen Preise, in der Zeit von Kommunion und Konfirmation kann man immer davon ausgehen, dass an einem Sonntagmittag hier ein entsprechendes großes Familienessen stattfindet, die Küche ist bodenständig-solide, das Preis-Leistungsverhältnis mehr als überzeugend, der Service liebenswürdig und die Atmosphäre gepflegt ungezwungen.
Bis heute, wenn der Jahresurlaub ansteht oder ich an einem normalen Sonntagmittag in Stimmung bin, ist es für mich nach wie vor eine, mich an diverse schöne Zeiten erinnernde, gelegentliche Freude, hier spontan einzukehren, die vertrauen Gesichter von Giuseppe Bellanova und seiner charmanten Frau zu erblicken und eine unbeschwerte Stunde oder zwei zu verleben.
Auch wenn mein Jahresurlaub noch ein paar Wochen auf sich warten lässt, vor zwei Wochen sollte ich am Sonntag in maximaler Bellanova Stimmung sein, schon am Morgen verkündete ich vorfreudig von meinen spontanen Gelüsten und auch Madame war nicht abgeneigt, das Wetter war prächtig und somit stand der Tag schon da unter einem guten Stern.
Wir waren mit kurz vor 14 Uhr relativ spät vor Ort, ich fand somit einen Parkplatz direkt vor dem Lokal, durch die große Supermarkt-Parkfläche gegenüber ist das Thema „Auto unterbringen“ hier jedoch grundsätzlich ein sehr entspanntes, zumindest am Sonntag.
Außenansicht
Ich schaute kurz rein und wurde sofort aufs Herzlichste von Angela, der Dame des Hauses begrüßt und ich fragte, da man nur bis 15 Uhr geöffnet hat, ob wir noch etwas essen könnten, zumal nur noch drei Tische besetzt waren.
„Aber natürlich, gerne, wird sind ohnehin hier, kein Problem, darf auch gerne länger dauern, lasst euch Zeit bitte.“ hörte ich wie aus der Pistole geschossen, das kam von Herzen, die resolute Dame ist nicht auf den Mund gefallen und trägt ihr Herz sympathischer Weise gerne mal auf der Zunge.
Ich versprach dennoch, dass wir uns beeilen würden und wir fanden ein nettes Plätzchen am Fenster, die mindestens 15 Jahre überfällige Renovierung vor einiger Zeit hat dem Gastraum mehr als gut getan.
Vorderer Gastraum
Die mintgrüne 80er Jahre Höhle ist passé, wobei auch diese stets teilweise skurrile Erinnerungen weckte an die frühen Jahre im Bellanova, in der jahrelang – kein Witz – in der Stereoanlage (ja die guten alten zeitgenössischen Stereotürme mit dem Plattenspieler in der obersten Etage…) auf dem Regal, auf dem heute ein Fernseher thront, IMMER die gleiche Mix-CD mit Eros Ramazotti Tophits und Co. lief: Se bastasse una bella „calzone“, der Bellanova Soundtrack für die Ewigkeit.
Heute sind die Farben im Gastraum zeitloser und erinnern nicht mehr frappierend an LP-Cover von Rondò Veneziano, an den Wänden stellt eine lokale Künstlerin ihre hier erwerbbaren Werke aus, die dezente Musik ist zeitgenössisch italienisch und abwechslungsreich, die Räume sind klimatisiert; hier kann man es auf dem bequemen Gestühl durchaus länger aushalten.
Da wir eigentlich schon vorher wussten, was wir bestellen würden, ging die Auswahl recht schnell vonstatten, die Karte bietet eine große Bandbreite in den naheliegenden italienischen Disziplinen, wer hier nicht bei Pizza, Pasta, Fisch und Fleisch fündig wird hat wohl so ziemlich in jedem Lokal ein Problem, auch ein Grund für die Beliebtheit des Bellanova für Feste und Gesellschaften: hier wird einfach jeder etwas finden.
Zunächst fanden jedoch eine Flasche San Pellegrino zu moderaten 5 Euro, sowie die obligatorische Rhabarberschorle (4,00€) meiner Begleitung auf den Tisch, beides gut gekühlt wie immer.
Nur wenige Momente später dann der so lange vermisste kleine „Gruß aus der Küche“, dessen Geschmack sich seit über 30 Jahre nicht geändert hat, ein kleiner Teller für zwei mit ofenfrischem, belegtem Pizzabrot, klassische Bruschetta im Miniformat mit aromatischen Tomaten, etwas Rucola und einem selbst für mich hinreichenden „Aglio-Pegel“.
der kleine „Gruß aus der Küche“
Ich muss immer aufpassen bei den Dingern, ich hätte keine Probleme zwei dieser Teller alleine zu verschlingen, hätte dann aber kaum noch Platz für andere schöne Dinge, und die sollten auch heute noch folgen.
Die perfekte Bruschetta ist das für mich nicht, dazu hatte ich schon zu viele gesteigert köstliche Varianten, gerade auch mit schön angegrilltem Sauerteigbrot und noch etwas mehr Knoblauch und ein feineres Öl.
Aber erstens ist das hier kein Gourmet-Tempel, zweitens ist dies ein kostenloser Appetitmacher vom Haus, und drittens muss sich das kleine Bellanova Amuse in Zeiten, in denen selbst die belanglosestem Bruschette in der hiesigen Gastronomie mit 5 bis 7 Euro angeboten werden, vor den meisten von diesen in Sachen Genuss nicht verstecken, ganz im Gegenteil sogar.
Dann sollte die meiner Meinung nach verblüffendste Vorspeisenkombination folgen, die man auf grün-weiß-roten Solinger Speisekarten findet….
| Vorspeisen |
Gemischte Vorspeisen für eine (!) Person – 11,00€
Nein die 11 Euro sind kein Tippfehler, all das, was auf diesem Foto zu sehen ist, erhält man zu diesem angesichts des servierten geradezu lächerlichen Betrag:
Gemischte Vorspeisen für eine (!) Person
Unten links im Uhrzeigersinn beginnend sieht man Frutti di mare, Parmaschinken und Caprese, frisch gebratene Champignons, Melanzane al forno, ofenfrisches Pizzabrot und einen kleinen Teller Carpaccio.
Der Preis hat sich in den Jahren kaum verändert, es ist mir völlig unverständlich, angesichts dessen, dass es sich auch mitnichten um Ramschware handelt, wie man das kalkulatorisch darstellen kann.
Wenn man sich alleine die Marmorierung des Schinkens anschaut, wird man wohl beipflichten, dass es sich hier kaum um Billigware handelt, was der Geschmack auch bestätigt und das Foto täuscht, das war fast eine ganze Lage hauchdünn aufgeschnittener Prosciutto.
Parmaschinken | Caprese
Wenn man bedenkt, was hier alles auf dem Tisch kommt, ist der einzige Wermutstropfen, nämlich dass bei der Caprese ein milder Schnittmozzarella verwendet wird statt frischem vom Büffel, sicher sehr leicht zu verschmerzen, zumal es geschmacklich gut gefiel.
Die bei größter Hitze sautierten Pilze mit frischer Petersilie und einer gehörigen Portion Knoblauch sind so wie serviert perfekt, da vermisst man keinen Dip oder Beiwerk, ich vielleicht ein passendes Glas Wein, aber das ich mittags fast nie Alkohol trinke, dürfte ja mittlerweile bekannt sein.
sautierte Pilze frisch aus der Pfanne
Mit nicht minder gelungener italienischer Hausmannskost geht es weiter, die Melanzane al forno werden à la minute in den Ofen geschoben, geizen weder mit Käse noch mit aromatischem Sugo, alleine dies eine Portion zum Sattwerden.
Melanzane al forno
Die zugegeben gut getarnte Portion Carpaccio war einst sogar noch etwas größer, aber nochmals: dies hier ist eine Vorspeisenkombination für EINE Person und somit auch diese Menge mehr als ausreichend, das Fleisch zart und makellos, ein paar Fäden von Olivenöl darauf, passend mit Salz und Pfeffer gewürzt und bei weitem nicht so fade, wie oft erlebt.
Carpaccio
Heute in eher rustikaler optischer Tagesform dann die Frutti di Mare, der tadellos weich gegarte Pulpo und auch das Gemüse sind ansonsten etwas feiner gearbeitet, aber der Geschmack und die Vielfalt – ich liebe es wenn darin mit viel Muscheln gearbeitet wird – konnten auch hier wieder überzeugen, hier war mehr zu schmecken als die oft triste Kombination aus Staudensellerie, diffuser Zwiebel und neutralem Gummi-Pulpo, das misslungene Versionen dieses Gerichtes leider oft ausmacht.
Frutti di mare
Dazu schmeckte das erwähnte, beim Servieren noch glühend heiße Pizzabrot, ich richtete mir einen kleinen Teller her und freute mich nach Kräften über den so lange herbeigesehnten ersten „Post-Lockdown“ Besuch in einer meiner kulinarischen Kinderstuben:
Let the good times roll...
Es blieben noch diverse Reste übrig, die das Abendessen bereichern sollten, und trotzdem schafften wir die folgenden Pizzen nicht, auch wenn ich mich wiederhole ist es mir ein Rätsel, wie man Speisen in dieser überzeugenden Güte zu diesem Preis in dieser Menge auf den Tisch bringen kann.
Wer hier isst, sollte sich das nicht entgehen lassen und wenn immer ich hier Leute hin empfohlen habe, kam ungläubiges Feedback zurück ob dieser Vorspeisenkombination, davon kündet übrigens auch die Vorkritik aus dem Januar 2015 eines hier vermissten ehemaligen Users, kleiner Lesetipp in dieser Sache.
Aber auch in 2021 hält das Staunen, an. Als ich das Foto der Vorspeisen-Totale in unserer GastroGuide WhatsApp Gruppe teilte und fragte, was man glaube, was dieses kleine Teller-Ensemble denn kosten würde, kamen erwartbare Antworten jenseits der 25 Euro, Bad Herrenalb tippte auf 30 und als ich den Preis verriet, folgte aus Bremen ein ungläubiges „Nein!!“ – wer könnte es den lieben Mitstreitern verdenken.
| Hauptspeisen |
Pizza Scampi klein – 7,00€
Pizza klein, nur mit der Sauce der Scampi Variante – 3,50€
Was in der Kindheit hier meine geliebte Calzone und Pizza Pirata war, wurde in den folgenden Jahren sehr schnell die Pizza Scampi.
Pizza Scampi - klein
Zum Thema „Scampi“ in der Deklaration ist hier glaube ich schon alles gesagt worden und die einst aufgeregte Diskussion kürzlich in Kommentaren auch erfrischend unemotional und harmonisch begraben worden, was den Sprachgebrauch abseits der gehobenen Gastronomie angeht, wo die Preise echte Scampi erwarten lassen.
Der Teigfladen-Aficionado könnte optisch bemängeln, dass die Pizza in einer Form gebacken wird und der Rand daher nicht das leicht archaische besitzt, was die im Steinofen direkt auf Schamott gebackene hat.
Auch ist mir der Teig vielleicht einen Hauch zu dick, aber das sind Nuancen, der Teig hatte Ruhe zum Gehen, hat Charakter, genügend Salz (für mich mit das Wichtigste neben Konsistenz) und ist nicht unangenehm sättigend sondern eher luftig.
Dass die Pizzaiola gut schmeckte, der cremige Käse ebenfalls und zudem in idealer Dosierung auf den verehrten Teigfladen kam ist das eine, was diese Pizza aber so besonders und bei den Gästen derart beliebt macht, dass gleich mehrere Solinger Betriebe wie bspw. das Mille Gusti oder Bei Pina diese mit eigenen Versionen mit der Zeit auch in ihre Karten aufnahmen, ist die Sauce.
Die Garnelen werden separat gebraten und erst nach dem Backen zusammen mit einer hocharomatischen Tomaten-Sahne-Knoblauch-Sauce übergossen, bevor diese köstlich duftende Herrlichkeit vor den hungrigen Gast kommt.
Diese Sauce hat aber erfreulich mehr Tiefe, als man es ihr auf den ersten Blick ansieht bzw. was ihre namentliche Beschreibung vermuten lässt. Thymian, Lorbeer, ein Hauch von Krustentierfond und Provence vielleicht, ich habe es nie komplett dechiffriert bekommen, aber so what, das Ergebnis zählt und das hat zu Recht sehr viele Freunde in Solig.
Auch meine Madame liebt die Sauce sehr und hat diese Pizza in der Vergangenheit hauptsächlich wegen dieser bestellt, wobei ich dann immer den Großteil der Gambas abgestaubt habe, weil sie die eigentlich gar nicht gerne mag, die Textur ist dabei ihr Problem.
Diesmal fragte sie erstmalig, ob sie ihre Pizza auch ohne die Garnelen bekommen könnte, was Signora Bellanova natürlich gerne möglich machte. Das Ablichten dieser Version habe ich mir gespart, was ich allerdings bemerkenswert fand, war auch hier wieder der Preis, den ich erst heute auf dem Bon wahrgenommen habe.
„Dreifuffzig“ für eine gut belegte Pizza, dazu eine ordentliche Ladung dieser anständigen, frisch gekochten Sauce??? Das kosten woanders beinahe schon die Pizzabrötchen, einfach unglaublich das PLV.
Wir schafften auch hier nur jeder die Hälfte, nahmen den Rest mit und warfen kurzerhand die Pläne für das Abendessen über den Haufen, hatten die Reste vom Mittag, dazu noch einen frischen Salat und einen guten Wein, herrlich, zumal die Pizza das Aufwärmen fast klaglos überstehen sollte.
An ein Dessert war nicht zu denken, zum Abschied konnten wir auch endlich Giuseppe Bellanova „Hallo sagen“, der hatte vorher in der Küche gewerkelt - er ist nicht der Koch! - und freute sich sichtlich uns zu sehen, die Freude war jedoch auch ganz unsererseits.
Wann immer ich das Bellanova an einem sonnigen Sonntagmittag wie heute, nach einer wie immer herzlichen Verabschiedung verlasse, schwebe ich auf einer „Ommmhh“-Wolke der Zufriedenheit mit dem Moment.
Der verwöhnte Gourmet-Shaney hat dann Pause, obwohl er weiß, daß man für weitaus mehr Geld besser italienisch essen kann, der Peter Pan Shaney freut sich über die schönen Erinnerungen an diesen Ort und der pragmatische Vernunfts-Shaney weiß, dass es zu diesem Geld nicht nur in der Klingenstadt SEHR einfach ist, unendlich viel weniger zu erhalten, sei es geschmacklich, und nicht zuletzt quali- wie quantitativ.
Daher nun der Versuch eines subjektiven Fazits, abseits aller Nostalgie und Sympathie….
Fazit
Das Bellanova ist weit mehr als rührselige Kindheitserinnerungen, auch wenn man hier keine gehobene Küche erwarten kann, was zu diesen Preisen auch nur leicht umnachtete Gäste tun dürften.
Ich möchte angesichts der zahlreichen neuen Solinger Leser nochmal erklären, wie ich bewerte: nämlich immer in Relation zum Gastro-Genre, dem Anspruch des Restaurants und der gelieferten Leistung.
D.h. fünf Sterne für das Bellanova bedeuten nicht, dass die Küche absolut betrachtet besser ist, als die eines Michelin-besternten Edel-Italieners, der für sein 200 Euro Essen nur vier Sterne erhalten hat, sondern dass hier die Gesamtleistung in Relation zu den im letzten Absatz angesprochenen Aspekten perfekt gepasst hat.
Hätte ich hier 60 Euro für das Essen bezahlt, wüsste ich, was ich ansprechen müsste und könnte, angesichts eines Rechnungsbetrages von 30 Euro verbietet sich mir aber jede Haarspalterei, wer so etwas zu diesem Preis liefert, hat somit fünf Sterne für die Küche redlich verdient und wer mir trotz allem dabei einen halben Sympathiepunkt unterstellen möchte, kann dies gerne tun und mich dabei verständnisvoll aber maximal unberührt Lächeln sehen.
Der Service den ich in den Jahren erleben durfte, steht dem in Nichts nach, immer präsent, höflich, gut aufgelegt und den Gästen wird so ziemlich jeder Wunsch erfüllt, auch hier fünf Sterne.
Das Ambiente hat sich gemacht nach der Renovierung, früher war ich hier bei sehr wohlwollenden drei Sternen, heute bei überzeugten vier Sternen.
Die Sauberkeit, egal ob im Gastraum oder auf den Toiletten, stets makellos, wie immer fünf Sterne wenn ich keinen noch so kleinen Grund zur Beanstandung habe.
Bei Thema Preis-Leistung reichen fünf Sterne eigentlich kaum für das Erlebte, man denke sich gerne noch zwei hinzu.
Und so komme ich auch in der Gesamtwertung auf knappe fünf Sterne und hoffe, hier noch viele Jahre die Familie Bellanova erleben zu dürfen, mir würde auf so mancher Ebene viel fehlen, sollten sich hier einmal die Türen schließen.
È stato bello come sempre, torneremo presto!
Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Eros Ramazzotti Fans für die blasphemische Überschrift entschuldigen. :-)
Während des Lockdowns gab es das ein oder andere Solinger Restaurant, das ich nur zu gerne mit regelmäßigen Lieferdienst-Bestellungen unterstützt hätte, einen solchen jedoch nie im Angebot hatte und ich somit im Einzelfall regelrecht sehnsüchtig das Ende der dunklen Zeit herbeiwünschte.
Das Ristorante Pizzeria Bellanova ist eines dieser Lokale, seit nunmehr 35 Jahren hocke ich mindestens drei bis vier Mal pro Jahr in diesen vertrauten... mehr lesen
Pizzeria Bellanova
Pizzeria Bellanova
€-€€€
Restaurant
0212549324
Kleine Straße 1, 42653 Solingen
5.0
stars -
"Se bastasse una bella „calzone“ – zu Gast in einer meiner kulinarischen Kinderstuben…."
Shaneymac
Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Eros Ramazzotti Fans für die blasphemische Überschrift entschuldigen. :-)
Während des Lockdowns gab es das ein oder andere Solinger Restaurant, das ich nur zu gerne mit regelmäßigen Lieferdienst-Bestellungen unterstützt hätte, einen solchen jedoch nie im Angebot hatte und ich somit im Einzelfall regelrecht sehnsüchtig das Ende der dunklen Zeit herbeiwünschte.
Das Ristorante Pizzeria Bellanova ist eines dieser Lokale, seit nunmehr 35 Jahren hocke ich mindestens drei bis vier Mal pro Jahr in diesen vertrauten
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Allez les Cordon Bleu! Über selten gewordenes, gutbürgerliches Küchenhandwerk mit Leib und Seele"
Verifiziert
5
Geschrieben am 27.06.2021 2021-06-27 | Aktualisiert am 10.07.2021
Besucht am 25.06.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 75 EUR
Viele nette Menschen habe ich während meiner skandalös unterbezahlten, aufopferungsvollen Frondienste im Wein- und Feinkosthaus meines Vertrauens in meinem 2018er Sabbatical kennenlernen dürfen, darunter auch den ein oder anderen mir bis dato persönlich nicht bekannten Vertreter der örtlichen Gastronomie, auch wenn jene nicht unbedingt die Kernzielgruppe des Geschäftes war und ist.
Einer davon blieb mir besonders lebhaft in Erinnerung, nicht nur wegen seiner Vorliebe für immer neue Entdeckungen in Sachen Gin, sondern in erster Linie wegen des Herzblutes, das immer mitschwang, wenn er von seiner Küche oder saisonalen Angeboten in seinem Lokal sprach:
Torsten Tückmantel, gelernter Koch aus einer Gastronomen-Familie – schon sein Onkel betrieb in Solingen Gaststätten, u.a. den Jägerhof in SG Wald – sowie Pächter und Betreiber des WMTV Restaurants, dem Vereinslokal des Wald-Merscheider Turnvereins 1861 e.V., einem nicht gerade unbedeutenden Solinger Sportverein.
Da schien jemand zu leben, was er liebt, das Handwerk hoch zu halten und als er mir einst in seiner mitunter drolligen Art einen höchst erbaulichen, 10-minütigen Vortrag über die diversen Vorzüge seines Beilagensalates hielt und warum auch vermeintlich nebensächliche Positionen mit Passion zubereitet und auf den Teller gebracht werden sollten, hatte ich ihn spontan ins Herz geschlossen und fortan in der Schublade „Solche Männer braucht das Land!“ abgelegt.
Auch das von ihm in dieser Zeit initiierte „Re-Branding“ seines Restaurants, das seitdem als „Restaurant Turnhalle“ firmiert, zeugte von Geschmack und Liebe zum Detail und in meiner Interpretation auch vom Wunsch, sich mit dem Namen ein wenig vom offenkundigen „Vereinsheimlokal“ zu emanzipieren.
Denn ich glaube, dass er dieses Wort gar nicht mag, denn auch wenn es unter diesen natürlich prächtige Perlen gibt, ist das landläufige Vereinsheimlokal als solches viel zu oft für Fritteusen-Schnitzel, mittelprächtige Balkan-Grills, Pizzerien und Co. und schamlose Convenience Küche bekannt - ein Nimbus, der ihm sicher nicht gerecht wird und den er verständlicherweise gerne loswerden würde.
Die Visitenkarten, die er danach – wie auch andere - auf dem Tresen des besagten Weinhandels als kleine Werbung hinterließ, künden mit einem zeitgenössischen Foto von WMTV Veteranen von der charmanten, nostalgischen Leitlinie der Selbstdarstellung, die sich auch im Restaurant mit entsprechenden Wandbildern fortsetzt.
Visitenkarten
Auch die stets aktuelle, gepflegte Website kann sich gestalterisch sehen lassen, das alles macht in Summe einen sehr ansprechenden Eindruck, hier macht jemand etwas aus seinen Möglichkeiten:
https://restaurant-turnhalle-solingen.de/
Ich hatte daher schon seit geraumer Zeit vor, hier essen zu gehen, nicht zuletzt, weil sich das Haus im Herbst und in der „Gänsezeit“ mit entsprechenden saisonalen Angeboten hervortat, die von den Gästen stets in den höchsten Tönen gelobt wurden.
Leider machte Corona diese Pläne zunichte, als ich mich im letzten Herbst schon gedanklich darauf eingeschossen hatte, hier vor Weihnachten endlich essen zu wollen und einen Lieferdienst bot man während des Lockdowns leider nicht an, ansonsten hätten mit Sicherheit mindestens einmal Gänsekeulen, Knödel, Kraut und Soße an einem Freitagabend ihren Weg von Wald nach Höhscheid gefunden.
Aber diese dunkle Zeit ist ja nun vorbei und voller Vorfreude reservierte ich kurzentschlossen am Freitag einen Tisch im historischen Turn-Gemäuer auf dem traditionsreichen Gelände des WMTV, nachdem ich gelesen hatte, dass ab diesem Tag wieder eine normale Karte im Angebot sei, in den letzten Wochen gab es anscheinend nur eine kleine Behelfskarte um den Betrieb wieder langsam unter Dampf zu bringen.
Dass ich keinen Tisch mehr auf der Terrasse erhielt fand ich zunächst schade aber auch denkbar wenig überraschend angesichts des prächtigen Wetters und meiner kurzfristigen Reservierung, aber dieser Umstand sollte sich später noch als Segen erweisen.
Gegen 17:30 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Adolf-Clarenbach-Straße, mein treues, wenig dezentes Sommerwägelchen fand auf dem oberen Parkplatz vor der Turnhalle ein sicheres Plätzchen, aufgrund der beengten, schlauchartigen Verhältnisse im unteren Bereich an der Längsseite auch meine klare Empfehlung für alle, die entspannt parken und nicht unbedingt vor und nach dem Essen Präzisionsübungen hinter dem Volant absolvieren möchten.
Hier oben blickt man auf die Stirnseite des unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg vollendeten Gebäudes, das schon jetzt ein wenig den Geist vergangener Turn-Zeiten versprüht.
Portal Ansicht Halle
Eine Treppe führt zur unteren Ebene, von dort blickt man auf einen Rasenplatz und eine gepflegte kleine Tennisanlage, auf der reges Treiben herrschte, eine gelöste, fröhliche Grundstimmung, alle schienen die neue Normalität und das gute Wetter nach Kräften zu genießen.
Es ist von hier aus allerdings unmöglich, das gesamte Ensemble so abzulichten, dass man es als Ortsfremder begreift, hierzu hätte ich einen Hochsitz auf einem der Tennisplätze benötigt.
Da es sicher Fragen aufgeworfen hätte, wenn ich begonnen hätte einen solchen spontan in MacGyver Manier auf dem WMTV Center Court zu errichten, bin ich froh heute ein wunderbares Foto auf der Homepage des Vereines entdeckt zu haben, das den Ort gut in Szene setzt; ich finde es mutet fast schon einen Hauch britisch an aus dieser Perspektive, was wohl die Architektur der Halle ausmacht.
Ich hoffe der Verein verzeiht mir das Ausleihen, aber dies hier ist schließlich zu Recht ein positiver Bericht und insofern sicher auch im Sinne des WMTV, wenn er ansprechend bebildert ist:
© WMTV Solingen
Der Eingang zum Restaurant befindet sich an der Längsseite, d.h. in der unteren Etage residiert die Gastronomie, in der oberen befindet sich der Turnsaal, in dem es auch schon bewirtete Veranstaltungen gab, wie Torsten Tückmantel nach dem Essen berichtete.
Eingang, Seitenansicht
Wir traten ein, rechts von uns der Tresen und der Pass, zwei Damen im Service, die ältere von beiden begrüßte uns herzlich, fragte nach der Reservierung und bat uns wie alle Gäste, den Handdesinfektionsspender zu nutzen.
Wir hatten die Wahl, entweder im vorderen, mit herrlichen historischen Aufnahmen von WMTV Turnern geschmückten, Bereich unterzukommen, oder im „kleinen Saal“ dahinter, von dem es durch großzügig dimensionierte Türen auch auf die Terrasse geht.
vorderer Gastraum
Der Saal war wesentlich luftiger, insofern entschieden wir uns für diesen und taten gut daran, denn hier war man trotz anfänglicher Anwesenheit einer kleinen Familie und zweier Damen beim freundschaftlichen Schnitzelessen für sich.
kleiner Saal
Denn als die Terrasse sich später bis auf den letzten Platz füllte – mit entsprechenden Abständen trotzdem weit weniger als möglich – war es dort doch etwas trubelig, was dadurch verstärkt wurde, dass im angrenzenden Fitness-Studio – Fenster alle geöffnet wegen des Wetters - gerade eine von treibender Musik begleitete Zumba Session stattfand, die von einer stimmgewaltigen, resoluten jungen Dame angeleitet wurde, die als Ausbildungsoffizierin in „Full Metal Jacket“ oder einem Hardcore-Bootcamp für jugendliche Intensiv-Straftäter tadellos durchgehen würde.
Zumindest war man schon beim Zuhören innerlich bereit, aus Angst vor Bestrafung auf die Terrasse zu hechten und demonstrativ zum Takt der Musik sportlich herumzuhampeln, was sicherlich für die anwesenden, eher konservativ anmutenden Best-Ager ein unvergessliches Ereignis gewesen wäre.
Terrasse
Apropos konservativ: Ich mochte das leicht biedere Interieur, das Gebäude bietet eine historische Klammer die mit den Wandbildern dezent aufgenommen wird, im Saal dann ein wenig Solinger Wahrzeichen, alles wirkt gepflegt und bestens in Schuss.
Ich denke, wenn man die altbackenen Tischgarnituren mit neutralen dunklen Tischen und passenden Hochlehnern ersetzen würde, hätte das Ganze sogar einen Hauch Chic, wohlgefühlt haben wir uns natürlich trotzdem, eingedeckt wurde mit hellgrünen Tischläufern, einem Windlicht und kleinen Kakteen, das gepflegte Besteck kommt von Picard & Wielpütz.
Die freundliche Dame reichte die Karten, präsentierte eine kleine Tafel mit drei Tagesageboten und erfragte erste Getränkewünsche, eine große Flasche Haaner Cool Blue zu vertretbaren 5,50€ sowie eine Rhabarberschorle, die 0,4 Liter zu 3,80€ fanden prompt auf den Tisch, das Wasser ungefragt im Tischkühler, prima.
Die Karten wurde gerade neu gestaltet ließ mich der Chef später wissen, auch hier zieht er das Turnhallen-Thema charmant durch, die Fotos entstehen alle hier vor Ort und werden von einer ihm bekannten Fotografin gemacht, die auch für die sehr ansprechenden Food-Fotos verantwortlich zeichnet, die er gelegentlich auf Facebook postet.
die neuen Karten
Das aktuelle Angebot findet man unter
https://restaurant-turnhalle-solingen.de/Speisenkarte/
und ja, natürlich muss er auch dem Geschmack seiner Stammkunden gerecht werden, hier findet sich viel Rustikales, Bergisches, Regionales, das u.a. nach dem Sport mit Freunden in geselliger Runde bei einem Bierchen oder zwei einfach gut funktioniert und sich dank seiner ehrlichen Küche nicht nur im WMTV selbst großer Beliebtheit erfreut.
Das „Signature Dish“ :-) des Hauses dürfte wohl ein Gericht sein, das schon sein erwähnter Onkel weiland auf der Karte hatte, den kryptisch betitelten „Stillen Genießer“, seines Zeichens ein Schnitzel mit geschmorten Zwiebeln, Speck und Spiegelei, Bratkartoffeln und Salat – ätherisch leichte Sommerküche halt. :-)
Aber es gibt auch ansprechende Salate, vereinzelte vegetarische Optionen wie Gnocchi nach Art des Hauses mit Pesto und Kirschtomaten bspw. aber die eher deftige DNA der Karte lässt sich sicher nicht leugnen, und das muss man sie ganz sicher auch nicht.
Wir gaben nach kurzem Überlegen unsere Bestellung auf, obwohl die offenen Weißweine – bemerkenswerte zehn an der Zahl! – nur als 0,25 Liter Karaffe in der Karte stehen, seien auf Wunsch natürlich auch 0,1 oder 0,2 Liter Gläser möglich, was mich als Fahrer natürlich freute. An dieser Stelle sei auch die große Auswahl an gepflegtem Gin und Rum erwähnt, auch das sehr außergewöhnlich für das, was man gemeinhin in einem gutbürgerlichen Vereinsheim erwarten dürfte.
Man bedankte sich und nach angemessener Wartezeit wurden die Vorspeisen serviert, nachdem das ein oder andere an mir vorbeigetragene, appetitliche duftende Gericht meinen Hunger bereits empfindlich gesteigert hatte….
| Vorspeisen |
Tomatencremesuppe – 3,70€
Gebratene Riesengarnelen – 15,50€
2019 Luna Lunera, Sauvignon Blanc, Bodegas Dehesa de Luna, Kastilien, Spanien – 0,1l zu 3,50€
Meine ständige Begleitung hatte sich für die Tomatencremesuppe entschieden, da ich gedankenverloren zunächst meine Garnelen knipsen musste, ist das kleine Sahnehäubchen leider unschön verlaufen, mea culpa.
Tomatencremesuppe (das verlaufene Häubchen ist meine Schuld, siehe Kritik....)
„Mhhh, die ist aber lecker!“ tönte es von der anderen Tischseite und ich wurde wie üblich genötigt, zu probieren. Und ja, das kann ich durchaus unterschreiben, auch wenn mir die Konsistenz vielleicht etwas zu dick war (von pappig oder breiig aber keine Spur!!!) war das eine ehrliche Suppe mit einem ebensolchen Gemüsefond, das kräftige Tomatenaroma wurde u.a. mit einem Hauch Lorbeer und Knoblauch ummantelt, sehr schön.
Für den üppigen Teller war der Preis mehr als günstig zu nennen, wie auch zu meinen Gambas gab dazu es ein wenig durchaus brauchbares Baguette, das aber – vielleicht auch witterungsbedingt durch leichte Schwüle – in der Kruste nicht so knusprig war, wie man es gemeinhin schätzt, aber das ist ein läppisches Detail.
Meine gebratenen Riesengarnelen mit Frühlingszwiebeln, Ingwer und Knoblauch kamen wie erwähnt mit Brot und hausgemachter Aioli; auf meinen Wunsch gab es noch etwas heimtückischen geschroteten Chili in das Gericht.
Gebratene Riesengarnelen
Das Foto wird dem Teller nicht gerecht, was vielleicht für 15,50€ etwas mickrig aussieht, waren ganze acht sauber entdarmte Riesengarnelen guter Qualität und üppiger Sortierung, ich habe jede in der Mitte durchschneiden müssen, für einen Happen waren sie zu groß.
Im Prinzip waren die perfekt auf den Punkt sautierten Garnelen eine Version von Gambas al ajillo nach Art des Hauses und als solche auch sehr gelungen, auch wenn ich persönlich das Öl oder generell bei solchen Zubereitungen etwas mehr „auf die Zwölf“ schätze. Was andere als überwürzt empfinden finde ich genau richtig, aber deshalb etwas abzuwerten, was dem eigenen Gusto nicht zu 100% entspricht, kann wohl kaum Sinn der Bewertung einer gastronomischen Leistung sein, auch wenn man es täglich anders erlebt.
Das gute Olivenöl war durch Knoblauch und Chili hinreichend aromatisiert, der Ingwer eher dezent im Hintergrund und auch die von mir misstrauisch beäugten Frühlingszwiebeln fügten sich gut ein, zufrieden tunkte ich Brot und musste aufpassen, mir nicht mit dem ständig am Messer herunterlaufenden Öl das Hemd zu versauen, was mir wie durch ein Wunder auch gelang!
Brot / Aioli
Die Aioli in der Textur vielleicht einen Hauch „mayonnaisig“ und die Petersilie darin habe ich nicht verstanden, weh tat sie aber auch nicht und der Knoblauch-Pegel war erfreulich hoch, das schmeckte ebenfalls sehr gut, und kleine Sauereien wie ein „Double Dipp“ von Brot in Öl und Aioli machten mit dem gut gekühlten frischen Sauvignon Blanc gleich doppelt so viel Freude, eine schöne Vorspeise!
| Hauptgerichte |
Schafskäse im Bacon-Mantel auf Wildkräutersalat – 12,50€
Cordon Bleu vom Kalb – 21,50€
2020er Forster Schnepfenflug Riesling Kabinett, Forster Winzerverein, Forst, Pfalz – 0,1l zu 3,00€
Das Cordon Bleu war die Tagesempfehlung, auch ein Wiener Schnitzel vom Kalb war im Angebot. Eigentlich hatte ich mit einem Steak geliebäugelt, das nach einer maritimen Vorspeise eigentlich mein liebster Hauptgang ist, aber ein gutes Cordon Bleu ist mal wieder eine kulinarische Kindheitserinnerung der positiven Art, und da kann ich selten nein sagen.
Cordon Bleu vom Kalb
Das in viel gutem Butterschmalz gebratene, gefüllte Schnitzel aus der Oberschale sollte dann auch sehr überzeugen, der eher milde Gouda war üppig aber nicht in Unmengen vorhanden, auch hier wurde wieder auf den Punkt gebraten, das Fleisch war zart und saftig.
Seufz....
Das ist einfach gute Küche und ich ärgerte mich sehr darüber, in völliger geistiger Umnachtung nicht die Pommes Frites mit Bratkartoffeln ersetzt zu haben, denn die werden hier frisch portionsweise gebraten wie mir der der Koch nachher verriet - ja, super Info, danke nochmal fürs Extra-Reinreiben… :-) Die Gewürzmischung auf den Pommes hätte ich nicht gebraucht, sie harmonierte mit den zum Fleisch gereichten Preiselbeeren nicht wirklich und hätte zu einem der deftigen Schnitzelgerichte besser gepasst, aber für sich genommen war sie sehr lecker und auf Nachfrage auch im Haus angemischt.
Ich hatte noch eine auf der Karte bei einem gebratenen Rotbarsch entdeckte hausgemachte Remoulade dazu bestellt, die zwar nicht wirklich passte aber ich wollte sie einfach probieren.
Und ich möchte zu dieser nur sagen: Wenn ich, obwohl schon gut gesättigt, beim Probieren dieser spontanen Heißhunger auf Backfisch bekam, sagt das schon viel aus, eine feine gurkensäuerliche, leicht stückige Angelegenheit, fürwahr ein kleiner Hochgenuss.
Der Beilagensalat war dann wirklich den Vortrag wert, den es einst zu ihm gab, hier passierte viel auf dem Teller und als Extra-Position wäre er mindestens seine vier Euro wert.
des Chefs Diplomarbeit ;-))
Der tadellos frische Pflücksalat wurde mit einem Sahne-Sauerrahm Dressing angemacht und nicht mit einem halben Liter Fertigdressing überschüttet, im Dressing Noten eines guten weißen Balsamicos und gut ausbalanciertes Säure-Süße-Spiel, köstlich.
Dazu noch hauchdünne halbierte Gurkenscheiben, feine Möhrenstreifen, milde rote Zwiebeln in hauchfeinen Ringen und ebensolche geviertelte Radieschen-Scheiben.
Ein Highlight darin der hausgemachte Krautsalat, der hier bei der Zubereitung blanchiert wird, das war ein Geschmack, den ich sonst nur aus von mir oft so hochgelobten, guten süddeutschen Traditionshäusern kenne, alte allerbeste Schule!
Ich war hochzufrieden, nippte meinen einfachen Kabinett Riesling aus der Pfalz, der mir Säure-Junkie natürlich zu brav war, allerdings gut passte und meiner guten Laune nicht im Wege stand.
Der Wildkräutersalat mit Feta im Baconmantel von Madame gefiel auch gut, der Feta war cremig und von guter Qualität, der Bacon knusprig und natürlich eine bewährte wie verlässlich leckere Kombination, der Salat vielfältig und frisch, das Balsamico Dressing perfekt abgeschmeckt.
Wildkräutersalat mit Feta im Baconmantel
Ein schönes Gericht, nicht nur im Sommer, aber an so einem lauen Abend schmeckte es meiner Begleitung nochmal so gut, kam sehr gut an und würde so auch jederzeit wieder bestellt werden.
| Dessert |
Mousse au Chocolat für zwei – 6,00€
Bei den Desserts gibt es eine kleine Auswahl von Eisbechern, Apfelstrudel und einem lauwarmen Schokoküchlein auf Fruchtspiegel, alles im Detail ansprechend klingend.
Mousse au Chocolat für zwei , kleine Portion
Da ich aber auf Nummer Sicher gehen wollte, fragte ich, was definitiv hausgemacht, nicht zu üppig und zu empfehlen sei. Die Dame im Service antwortete prompt, der Chef habe heute Nachmittag ein Catering vorbereitet und ganz frische Mousse au Chocolat im Angebot, das klang doch wie ein Plan.
So improvisierte der Chef einen kleinen Teller für zwei, nett ausgarniert mit weißen Schokosplittern und frischer Erdbeere, die Sahne kam übrigens nicht aus der Convenience Sprühflasche sondern aus dem Sahne-Syphon (diese iSi Gourmet Whip Teile nehme ich an…) und war ebenso wenig übersüßt, wie die lobenswert lockere, herrlich aromatische Mousse.
Madame verkündete derweil, dass sie die Mousse zwar gerne etwas fester habe, dann aber immer sofort pappsatt sei, daher freute auch sie sich nach den üppigen Portionen vorab über die Kombination von Lockerheit und geschmacklich runder Schoko-Intensität.
Danach ging dann wirklich gar nichts mehr und ich war froh um das robuste Blattfeder-Konstrukt unter meinem Veteranen Jeep, ich fühlte mich doch sehr „rund“ nach diesem Essen, aber auch sehr glücklich.
Ich bat um die Rechnung, die prompt kam, zahlte in bar, und wir machten uns in leichtem Pudding-Koma auf den Heimweg.
Als wir zum Parkplatz schlenderten, kam Meister Tückmantel noch kurz aus der Küche und wir plauderten draußen noch ein wenig. Ich lobte das Essen, was ihn sichtlich freute und ich versprach, sicher nicht zum letzten Mal hier gewesen zu sein – ein schöner, harmonischer Abend mit einem entsprechendem Schlusspunkt…
Fazit
Wie angedeutet, hatte ich das in meiner Region seltene Gefühl, in einer von A bis Z mit Leidenschaft und beruflichem Ethos kochenden gutbürgerlichen Gaststätte zu sitzen, ein Gefühl, dass ich das letzte Mal im letzten September in Oberbayern hatte, und das ist ein großes Lob angesichts dessen, was man dort in guten Häusern auf den Tisch bringt. Ich gebe überzeugte 4,5 Sterne für eine erfreuliche Küchenleistung in einem Gastro-Genre, in dem man tendenziell sehr viel öfter auf die Nase fällt als einen genussreichen Abend wie den hier beschriebenen erlebt.
Den bislang kaum erwähnten Service kann ich nur in den höchsten Tönen loben, die beiden Damen waren flink, immer präsent und eingespielt bei der Sache. Die Zufriedenheit wurde fast schon etwas zu oft erfragt, weil es ihnen beiden ein Anliegen zu sein schien, aber besser so als Desinteresse. Fünf Sterne für einen vorbildlichen Service im gutbürgerlichen Gewand.
Das Ambiente besser als erwartet, gepflegt und gut in Schuss, mir gefällt das Retro-Thema sehr gut, auch wenn die Tisch und Stühle für mich einen Hauch altbacken wirken gebe ich gute vier Sterne, nicht zuletzt weil ich Orte mit Historie liebe.
Die Sauberkeit tadellos, auch als ich einen kurzen Blick in die Küche werfen konnte, als Meister Tückmantel in deren Außentüre parlierte sah ich aufgeräumte, saubere Verhältnisse, fünf Sterne hierfür.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch bei 4,5 Sternen: Handwerk, Produkte, Menge - das war alles mehr als in Ordnung und hat ein Lob verdient.
So komme ich in der Gesamtwertung ebenfalls auf hervorragende, mehr als verdiente 4,5 Sterne und kann das Restaurant Turnhalle allen empfehlen, die gutbürgerliche regionale Küche „in gut“ schätzen und denen es eben nicht egal ist, ob das Dressing aus dem großen Eimer stammt und das Convenience-Schnitzel aus der Fritteuse.
Zu denen zähle ich gottlob nicht, und Torsten Tückmantel erst recht nicht, und das ist mehr als gut so, nicht nur für den WMTV….
Einer davon blieb mir besonders lebhaft in Erinnerung, nicht nur wegen seiner Vorliebe für immer neue Entdeckungen in Sachen Gin, sondern in erster Linie wegen des Herzblutes, das immer mitschwang, wenn er von seiner Küche oder saisonalen Angeboten in seinem Lokal sprach:
Torsten Tückmantel, gelernter Koch aus einer Gastronomen-Familie – schon sein Onkel betrieb in Solingen Gaststätten, u.a. den Jägerhof in SG Wald – sowie Pächter und Betreiber des WMTV Restaurants, dem Vereinslokal des Wald-Merscheider Turnvereins 1861 e.V., einem nicht gerade unbedeutenden Solinger Sportverein.
Da schien jemand zu leben, was er liebt, das Handwerk hoch zu halten und als er mir einst in seiner mitunter drolligen Art einen höchst erbaulichen, 10-minütigen Vortrag über die diversen Vorzüge seines Beilagensalates hielt und warum auch vermeintlich nebensächliche Positionen mit Passion zubereitet und auf den Teller gebracht werden sollten, hatte ich ihn spontan ins Herz geschlossen und fortan in der Schublade „Solche Männer braucht das Land!“ abgelegt.
Auch das von ihm in dieser Zeit initiierte „Re-Branding“ seines Restaurants, das seitdem als „Restaurant Turnhalle“ firmiert, zeugte von Geschmack und Liebe zum Detail und in meiner Interpretation auch vom Wunsch, sich mit dem Namen ein wenig vom offenkundigen „Vereinsheimlokal“ zu emanzipieren.
Denn ich glaube, dass er dieses Wort gar nicht mag, denn auch wenn es unter diesen natürlich prächtige Perlen gibt, ist das landläufige Vereinsheimlokal als solches viel zu oft für Fritteusen-Schnitzel, mittelprächtige Balkan-Grills, Pizzerien und Co. und schamlose Convenience Küche bekannt - ein Nimbus, der ihm sicher nicht gerecht wird und den er verständlicherweise gerne loswerden würde.
Die Visitenkarten, die er danach – wie auch andere - auf dem Tresen des besagten Weinhandels als kleine Werbung hinterließ, künden mit einem zeitgenössischen Foto von WMTV Veteranen von der charmanten, nostalgischen Leitlinie der Selbstdarstellung, die sich auch im Restaurant mit entsprechenden Wandbildern fortsetzt.
Visitenkarten
Auch die stets aktuelle, gepflegte Website kann sich gestalterisch sehen lassen, das alles macht in Summe einen sehr ansprechenden Eindruck, hier macht jemand etwas aus seinen Möglichkeiten:
https://restaurant-turnhalle-solingen.de/
Ich hatte daher schon seit geraumer Zeit vor, hier essen zu gehen, nicht zuletzt, weil sich das Haus im Herbst und in der „Gänsezeit“ mit entsprechenden saisonalen Angeboten hervortat, die von den Gästen stets in den höchsten Tönen gelobt wurden.
Leider machte Corona diese Pläne zunichte, als ich mich im letzten Herbst schon gedanklich darauf eingeschossen hatte, hier vor Weihnachten endlich essen zu wollen und einen Lieferdienst bot man während des Lockdowns leider nicht an, ansonsten hätten mit Sicherheit mindestens einmal Gänsekeulen, Knödel, Kraut und Soße an einem Freitagabend ihren Weg von Wald nach Höhscheid gefunden.
Aber diese dunkle Zeit ist ja nun vorbei und voller Vorfreude reservierte ich kurzentschlossen am Freitag einen Tisch im historischen Turn-Gemäuer auf dem traditionsreichen Gelände des WMTV, nachdem ich gelesen hatte, dass ab diesem Tag wieder eine normale Karte im Angebot sei, in den letzten Wochen gab es anscheinend nur eine kleine Behelfskarte um den Betrieb wieder langsam unter Dampf zu bringen.
Dass ich keinen Tisch mehr auf der Terrasse erhielt fand ich zunächst schade aber auch denkbar wenig überraschend angesichts des prächtigen Wetters und meiner kurzfristigen Reservierung, aber dieser Umstand sollte sich später noch als Segen erweisen.
Gegen 17:30 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Adolf-Clarenbach-Straße, mein treues, wenig dezentes Sommerwägelchen fand auf dem oberen Parkplatz vor der Turnhalle ein sicheres Plätzchen, aufgrund der beengten, schlauchartigen Verhältnisse im unteren Bereich an der Längsseite auch meine klare Empfehlung für alle, die entspannt parken und nicht unbedingt vor und nach dem Essen Präzisionsübungen hinter dem Volant absolvieren möchten.
Hier oben blickt man auf die Stirnseite des unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg vollendeten Gebäudes, das schon jetzt ein wenig den Geist vergangener Turn-Zeiten versprüht.
Portal Ansicht Halle
Eine Treppe führt zur unteren Ebene, von dort blickt man auf einen Rasenplatz und eine gepflegte kleine Tennisanlage, auf der reges Treiben herrschte, eine gelöste, fröhliche Grundstimmung, alle schienen die neue Normalität und das gute Wetter nach Kräften zu genießen.
Es ist von hier aus allerdings unmöglich, das gesamte Ensemble so abzulichten, dass man es als Ortsfremder begreift, hierzu hätte ich einen Hochsitz auf einem der Tennisplätze benötigt.
Da es sicher Fragen aufgeworfen hätte, wenn ich begonnen hätte einen solchen spontan in MacGyver Manier auf dem WMTV Center Court zu errichten, bin ich froh heute ein wunderbares Foto auf der Homepage des Vereines entdeckt zu haben, das den Ort gut in Szene setzt; ich finde es mutet fast schon einen Hauch britisch an aus dieser Perspektive, was wohl die Architektur der Halle ausmacht.
Ich hoffe der Verein verzeiht mir das Ausleihen, aber dies hier ist schließlich zu Recht ein positiver Bericht und insofern sicher auch im Sinne des WMTV, wenn er ansprechend bebildert ist:
© WMTV Solingen
Der Eingang zum Restaurant befindet sich an der Längsseite, d.h. in der unteren Etage residiert die Gastronomie, in der oberen befindet sich der Turnsaal, in dem es auch schon bewirtete Veranstaltungen gab, wie Torsten Tückmantel nach dem Essen berichtete.
Eingang, Seitenansicht
Wir traten ein, rechts von uns der Tresen und der Pass, zwei Damen im Service, die ältere von beiden begrüßte uns herzlich, fragte nach der Reservierung und bat uns wie alle Gäste, den Handdesinfektionsspender zu nutzen.
Wir hatten die Wahl, entweder im vorderen, mit herrlichen historischen Aufnahmen von WMTV Turnern geschmückten, Bereich unterzukommen, oder im „kleinen Saal“ dahinter, von dem es durch großzügig dimensionierte Türen auch auf die Terrasse geht.
vorderer Gastraum
Der Saal war wesentlich luftiger, insofern entschieden wir uns für diesen und taten gut daran, denn hier war man trotz anfänglicher Anwesenheit einer kleinen Familie und zweier Damen beim freundschaftlichen Schnitzelessen für sich.
kleiner Saal
Denn als die Terrasse sich später bis auf den letzten Platz füllte – mit entsprechenden Abständen trotzdem weit weniger als möglich – war es dort doch etwas trubelig, was dadurch verstärkt wurde, dass im angrenzenden Fitness-Studio – Fenster alle geöffnet wegen des Wetters - gerade eine von treibender Musik begleitete Zumba Session stattfand, die von einer stimmgewaltigen, resoluten jungen Dame angeleitet wurde, die als Ausbildungsoffizierin in „Full Metal Jacket“ oder einem Hardcore-Bootcamp für jugendliche Intensiv-Straftäter tadellos durchgehen würde.
Zumindest war man schon beim Zuhören innerlich bereit, aus Angst vor Bestrafung auf die Terrasse zu hechten und demonstrativ zum Takt der Musik sportlich herumzuhampeln, was sicherlich für die anwesenden, eher konservativ anmutenden Best-Ager ein unvergessliches Ereignis gewesen wäre.
Terrasse
Apropos konservativ: Ich mochte das leicht biedere Interieur, das Gebäude bietet eine historische Klammer die mit den Wandbildern dezent aufgenommen wird, im Saal dann ein wenig Solinger Wahrzeichen, alles wirkt gepflegt und bestens in Schuss.
Ich denke, wenn man die altbackenen Tischgarnituren mit neutralen dunklen Tischen und passenden Hochlehnern ersetzen würde, hätte das Ganze sogar einen Hauch Chic, wohlgefühlt haben wir uns natürlich trotzdem, eingedeckt wurde mit hellgrünen Tischläufern, einem Windlicht und kleinen Kakteen, das gepflegte Besteck kommt von Picard & Wielpütz.
Die freundliche Dame reichte die Karten, präsentierte eine kleine Tafel mit drei Tagesageboten und erfragte erste Getränkewünsche, eine große Flasche Haaner Cool Blue zu vertretbaren 5,50€ sowie eine Rhabarberschorle, die 0,4 Liter zu 3,80€ fanden prompt auf den Tisch, das Wasser ungefragt im Tischkühler, prima.
Die Karten wurde gerade neu gestaltet ließ mich der Chef später wissen, auch hier zieht er das Turnhallen-Thema charmant durch, die Fotos entstehen alle hier vor Ort und werden von einer ihm bekannten Fotografin gemacht, die auch für die sehr ansprechenden Food-Fotos verantwortlich zeichnet, die er gelegentlich auf Facebook postet.
die neuen Karten
Das aktuelle Angebot findet man unter
https://restaurant-turnhalle-solingen.de/Speisenkarte/
und ja, natürlich muss er auch dem Geschmack seiner Stammkunden gerecht werden, hier findet sich viel Rustikales, Bergisches, Regionales, das u.a. nach dem Sport mit Freunden in geselliger Runde bei einem Bierchen oder zwei einfach gut funktioniert und sich dank seiner ehrlichen Küche nicht nur im WMTV selbst großer Beliebtheit erfreut.
Das „Signature Dish“ :-) des Hauses dürfte wohl ein Gericht sein, das schon sein erwähnter Onkel weiland auf der Karte hatte, den kryptisch betitelten „Stillen Genießer“, seines Zeichens ein Schnitzel mit geschmorten Zwiebeln, Speck und Spiegelei, Bratkartoffeln und Salat – ätherisch leichte Sommerküche halt. :-)
Aber es gibt auch ansprechende Salate, vereinzelte vegetarische Optionen wie Gnocchi nach Art des Hauses mit Pesto und Kirschtomaten bspw. aber die eher deftige DNA der Karte lässt sich sicher nicht leugnen, und das muss man sie ganz sicher auch nicht.
Wir gaben nach kurzem Überlegen unsere Bestellung auf, obwohl die offenen Weißweine – bemerkenswerte zehn an der Zahl! – nur als 0,25 Liter Karaffe in der Karte stehen, seien auf Wunsch natürlich auch 0,1 oder 0,2 Liter Gläser möglich, was mich als Fahrer natürlich freute. An dieser Stelle sei auch die große Auswahl an gepflegtem Gin und Rum erwähnt, auch das sehr außergewöhnlich für das, was man gemeinhin in einem gutbürgerlichen Vereinsheim erwarten dürfte.
Man bedankte sich und nach angemessener Wartezeit wurden die Vorspeisen serviert, nachdem das ein oder andere an mir vorbeigetragene, appetitliche duftende Gericht meinen Hunger bereits empfindlich gesteigert hatte….
| Vorspeisen |
Tomatencremesuppe – 3,70€
Gebratene Riesengarnelen – 15,50€
2019 Luna Lunera, Sauvignon Blanc, Bodegas Dehesa de Luna, Kastilien, Spanien – 0,1l zu 3,50€
Meine ständige Begleitung hatte sich für die Tomatencremesuppe entschieden, da ich gedankenverloren zunächst meine Garnelen knipsen musste, ist das kleine Sahnehäubchen leider unschön verlaufen, mea culpa.
Tomatencremesuppe (das verlaufene Häubchen ist meine Schuld, siehe Kritik....)
„Mhhh, die ist aber lecker!“ tönte es von der anderen Tischseite und ich wurde wie üblich genötigt, zu probieren. Und ja, das kann ich durchaus unterschreiben, auch wenn mir die Konsistenz vielleicht etwas zu dick war (von pappig oder breiig aber keine Spur!!!) war das eine ehrliche Suppe mit einem ebensolchen Gemüsefond, das kräftige Tomatenaroma wurde u.a. mit einem Hauch Lorbeer und Knoblauch ummantelt, sehr schön.
Für den üppigen Teller war der Preis mehr als günstig zu nennen, wie auch zu meinen Gambas gab dazu es ein wenig durchaus brauchbares Baguette, das aber – vielleicht auch witterungsbedingt durch leichte Schwüle – in der Kruste nicht so knusprig war, wie man es gemeinhin schätzt, aber das ist ein läppisches Detail.
Meine gebratenen Riesengarnelen mit Frühlingszwiebeln, Ingwer und Knoblauch kamen wie erwähnt mit Brot und hausgemachter Aioli; auf meinen Wunsch gab es noch etwas heimtückischen geschroteten Chili in das Gericht.
Gebratene Riesengarnelen
Das Foto wird dem Teller nicht gerecht, was vielleicht für 15,50€ etwas mickrig aussieht, waren ganze acht sauber entdarmte Riesengarnelen guter Qualität und üppiger Sortierung, ich habe jede in der Mitte durchschneiden müssen, für einen Happen waren sie zu groß.
Im Prinzip waren die perfekt auf den Punkt sautierten Garnelen eine Version von Gambas al ajillo nach Art des Hauses und als solche auch sehr gelungen, auch wenn ich persönlich das Öl oder generell bei solchen Zubereitungen etwas mehr „auf die Zwölf“ schätze. Was andere als überwürzt empfinden finde ich genau richtig, aber deshalb etwas abzuwerten, was dem eigenen Gusto nicht zu 100% entspricht, kann wohl kaum Sinn der Bewertung einer gastronomischen Leistung sein, auch wenn man es täglich anders erlebt.
Das gute Olivenöl war durch Knoblauch und Chili hinreichend aromatisiert, der Ingwer eher dezent im Hintergrund und auch die von mir misstrauisch beäugten Frühlingszwiebeln fügten sich gut ein, zufrieden tunkte ich Brot und musste aufpassen, mir nicht mit dem ständig am Messer herunterlaufenden Öl das Hemd zu versauen, was mir wie durch ein Wunder auch gelang!
Brot / Aioli
Die Aioli in der Textur vielleicht einen Hauch „mayonnaisig“ und die Petersilie darin habe ich nicht verstanden, weh tat sie aber auch nicht und der Knoblauch-Pegel war erfreulich hoch, das schmeckte ebenfalls sehr gut, und kleine Sauereien wie ein „Double Dipp“ von Brot in Öl und Aioli machten mit dem gut gekühlten frischen Sauvignon Blanc gleich doppelt so viel Freude, eine schöne Vorspeise!
| Hauptgerichte |
Schafskäse im Bacon-Mantel auf Wildkräutersalat – 12,50€
Cordon Bleu vom Kalb – 21,50€
2020er Forster Schnepfenflug Riesling Kabinett, Forster Winzerverein, Forst, Pfalz – 0,1l zu 3,00€
Das Cordon Bleu war die Tagesempfehlung, auch ein Wiener Schnitzel vom Kalb war im Angebot. Eigentlich hatte ich mit einem Steak geliebäugelt, das nach einer maritimen Vorspeise eigentlich mein liebster Hauptgang ist, aber ein gutes Cordon Bleu ist mal wieder eine kulinarische Kindheitserinnerung der positiven Art, und da kann ich selten nein sagen.
Cordon Bleu vom Kalb
Das in viel gutem Butterschmalz gebratene, gefüllte Schnitzel aus der Oberschale sollte dann auch sehr überzeugen, der eher milde Gouda war üppig aber nicht in Unmengen vorhanden, auch hier wurde wieder auf den Punkt gebraten, das Fleisch war zart und saftig.
Seufz....
Das ist einfach gute Küche und ich ärgerte mich sehr darüber, in völliger geistiger Umnachtung nicht die Pommes Frites mit Bratkartoffeln ersetzt zu haben, denn die werden hier frisch portionsweise gebraten wie mir der der Koch nachher verriet - ja, super Info, danke nochmal fürs Extra-Reinreiben… :-) Die Gewürzmischung auf den Pommes hätte ich nicht gebraucht, sie harmonierte mit den zum Fleisch gereichten Preiselbeeren nicht wirklich und hätte zu einem der deftigen Schnitzelgerichte besser gepasst, aber für sich genommen war sie sehr lecker und auf Nachfrage auch im Haus angemischt.
Ich hatte noch eine auf der Karte bei einem gebratenen Rotbarsch entdeckte hausgemachte Remoulade dazu bestellt, die zwar nicht wirklich passte aber ich wollte sie einfach probieren.
Und ich möchte zu dieser nur sagen: Wenn ich, obwohl schon gut gesättigt, beim Probieren dieser spontanen Heißhunger auf Backfisch bekam, sagt das schon viel aus, eine feine gurkensäuerliche, leicht stückige Angelegenheit, fürwahr ein kleiner Hochgenuss.
Der Beilagensalat war dann wirklich den Vortrag wert, den es einst zu ihm gab, hier passierte viel auf dem Teller und als Extra-Position wäre er mindestens seine vier Euro wert.
des Chefs Diplomarbeit ;-))
Der tadellos frische Pflücksalat wurde mit einem Sahne-Sauerrahm Dressing angemacht und nicht mit einem halben Liter Fertigdressing überschüttet, im Dressing Noten eines guten weißen Balsamicos und gut ausbalanciertes Säure-Süße-Spiel, köstlich.
Dazu noch hauchdünne halbierte Gurkenscheiben, feine Möhrenstreifen, milde rote Zwiebeln in hauchfeinen Ringen und ebensolche geviertelte Radieschen-Scheiben.
Ein Highlight darin der hausgemachte Krautsalat, der hier bei der Zubereitung blanchiert wird, das war ein Geschmack, den ich sonst nur aus von mir oft so hochgelobten, guten süddeutschen Traditionshäusern kenne, alte allerbeste Schule!
Ich war hochzufrieden, nippte meinen einfachen Kabinett Riesling aus der Pfalz, der mir Säure-Junkie natürlich zu brav war, allerdings gut passte und meiner guten Laune nicht im Wege stand.
Der Wildkräutersalat mit Feta im Baconmantel von Madame gefiel auch gut, der Feta war cremig und von guter Qualität, der Bacon knusprig und natürlich eine bewährte wie verlässlich leckere Kombination, der Salat vielfältig und frisch, das Balsamico Dressing perfekt abgeschmeckt.
Wildkräutersalat mit Feta im Baconmantel
Ein schönes Gericht, nicht nur im Sommer, aber an so einem lauen Abend schmeckte es meiner Begleitung nochmal so gut, kam sehr gut an und würde so auch jederzeit wieder bestellt werden.
| Dessert |
Mousse au Chocolat für zwei – 6,00€
Bei den Desserts gibt es eine kleine Auswahl von Eisbechern, Apfelstrudel und einem lauwarmen Schokoküchlein auf Fruchtspiegel, alles im Detail ansprechend klingend.
Mousse au Chocolat für zwei , kleine Portion
Da ich aber auf Nummer Sicher gehen wollte, fragte ich, was definitiv hausgemacht, nicht zu üppig und zu empfehlen sei. Die Dame im Service antwortete prompt, der Chef habe heute Nachmittag ein Catering vorbereitet und ganz frische Mousse au Chocolat im Angebot, das klang doch wie ein Plan.
So improvisierte der Chef einen kleinen Teller für zwei, nett ausgarniert mit weißen Schokosplittern und frischer Erdbeere, die Sahne kam übrigens nicht aus der Convenience Sprühflasche sondern aus dem Sahne-Syphon (diese iSi Gourmet Whip Teile nehme ich an…) und war ebenso wenig übersüßt, wie die lobenswert lockere, herrlich aromatische Mousse.
Madame verkündete derweil, dass sie die Mousse zwar gerne etwas fester habe, dann aber immer sofort pappsatt sei, daher freute auch sie sich nach den üppigen Portionen vorab über die Kombination von Lockerheit und geschmacklich runder Schoko-Intensität.
Danach ging dann wirklich gar nichts mehr und ich war froh um das robuste Blattfeder-Konstrukt unter meinem Veteranen Jeep, ich fühlte mich doch sehr „rund“ nach diesem Essen, aber auch sehr glücklich.
Ich bat um die Rechnung, die prompt kam, zahlte in bar, und wir machten uns in leichtem Pudding-Koma auf den Heimweg.
Als wir zum Parkplatz schlenderten, kam Meister Tückmantel noch kurz aus der Küche und wir plauderten draußen noch ein wenig. Ich lobte das Essen, was ihn sichtlich freute und ich versprach, sicher nicht zum letzten Mal hier gewesen zu sein – ein schöner, harmonischer Abend mit einem entsprechendem Schlusspunkt…
Fazit
Wie angedeutet, hatte ich das in meiner Region seltene Gefühl, in einer von A bis Z mit Leidenschaft und beruflichem Ethos kochenden gutbürgerlichen Gaststätte zu sitzen, ein Gefühl, dass ich das letzte Mal im letzten September in Oberbayern hatte, und das ist ein großes Lob angesichts dessen, was man dort in guten Häusern auf den Tisch bringt. Ich gebe überzeugte 4,5 Sterne für eine erfreuliche Küchenleistung in einem Gastro-Genre, in dem man tendenziell sehr viel öfter auf die Nase fällt als einen genussreichen Abend wie den hier beschriebenen erlebt.
Den bislang kaum erwähnten Service kann ich nur in den höchsten Tönen loben, die beiden Damen waren flink, immer präsent und eingespielt bei der Sache. Die Zufriedenheit wurde fast schon etwas zu oft erfragt, weil es ihnen beiden ein Anliegen zu sein schien, aber besser so als Desinteresse. Fünf Sterne für einen vorbildlichen Service im gutbürgerlichen Gewand.
Das Ambiente besser als erwartet, gepflegt und gut in Schuss, mir gefällt das Retro-Thema sehr gut, auch wenn die Tisch und Stühle für mich einen Hauch altbacken wirken gebe ich gute vier Sterne, nicht zuletzt weil ich Orte mit Historie liebe.
Die Sauberkeit tadellos, auch als ich einen kurzen Blick in die Küche werfen konnte, als Meister Tückmantel in deren Außentüre parlierte sah ich aufgeräumte, saubere Verhältnisse, fünf Sterne hierfür.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch bei 4,5 Sternen: Handwerk, Produkte, Menge - das war alles mehr als in Ordnung und hat ein Lob verdient.
So komme ich in der Gesamtwertung ebenfalls auf hervorragende, mehr als verdiente 4,5 Sterne und kann das Restaurant Turnhalle allen empfehlen, die gutbürgerliche regionale Küche „in gut“ schätzen und denen es eben nicht egal ist, ob das Dressing aus dem großen Eimer stammt und das Convenience-Schnitzel aus der Fritteuse.
Zu denen zähle ich gottlob nicht, und Torsten Tückmantel erst recht nicht, und das ist mehr als gut so, nicht nur für den WMTV….
Viele nette Menschen habe ich während meiner skandalös unterbezahlten, aufopferungsvollen Frondienste im Wein- und Feinkosthaus meines Vertrauens in meinem 2018er Sabbatical kennenlernen dürfen, darunter auch den ein oder anderen mir bis dato persönlich nicht bekannten Vertreter der örtlichen Gastronomie, auch wenn jene nicht unbedingt die Kernzielgruppe des Geschäftes war und ist.
Einer davon blieb mir besonders lebhaft in Erinnerung, nicht nur wegen seiner Vorliebe für immer neue Entdeckungen in Sachen Gin, sondern in erster Linie wegen des Herzblutes, das immer... mehr lesen
Restaurant Turnhalle
Restaurant Turnhalle
€-€€€
Restaurant, Gaststätte
0212310746
Adolf-Clarenbach-Str. 41, 42719 Solingen
4.5
stars -
"Allez les Cordon Bleu! Über selten gewordenes, gutbürgerliches Küchenhandwerk mit Leib und Seele"
Shaneymac
Viele nette Menschen habe ich während meiner skandalös unterbezahlten, aufopferungsvollen Frondienste im Wein- und Feinkosthaus meines Vertrauens in meinem 2018er Sabbatical kennenlernen dürfen, darunter auch den ein oder anderen mir bis dato persönlich nicht bekannten Vertreter der örtlichen Gastronomie, auch wenn jene nicht unbedingt die Kernzielgruppe des Geschäftes war und ist.
Einer davon blieb mir besonders lebhaft in Erinnerung, nicht nur wegen seiner Vorliebe für immer neue Entdeckungen in Sachen Gin, sondern in erster Linie wegen des Herzblutes, das immer
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
Shaneymac hat Jordan's Genuss-Truck by Gerberding in 42697 Solingen bewertet.
vor 3 Jahren (20.06.2021 17:09)
"Glücklichsein kann so einfach sein, wenn man sich auf den Moment einlässt: Pizza Night am Jordan Foodtruck"
5
Geschrieben am 20.06.2021 2021-06-20 | Aktualisiert am 20.06.2021
Um es gleich vorwegzunehmen: dass die Pizza von Teilzeit Pizzaiolo Dominic Gerberding beim „Pizza Special“ am letzten Freitag mehr als gelungen war, ist angesichts von 70 Stunden Teigführung, hochklassiger Zutaten sowie Können und Leidenschaft des Kochs keine große Überraschung.
Pizza mit DOP Büffelmozzarella, 18 monatigem Bio-Parmaschinken & Rucola - 13,50€
Jedoch wie wohl man sich dort am Freitag am Jordan Foodtruck in Landwehr fühlen konnte, trotz einfachster Umstände in ihrem kleinen Genussgarten mit den selbst gezimmerten Möbeln, hat zu einem wunderschönen Wochenausklang bei bestem Wetter beigetragen.
heute mit angebautem "Pizza-Flügel" :-)
Ich wollte eigentlich hierzu trotzdem nichts schreiben, aber eine kleine Geste, die zeigte, was diesen Foodtruck so besonders macht und aus welchen gastronomischen Kinderstuben Dominic Gerberding stammt, hat mich spontan umgestimmt:
Denn durch die notwendige Akkord-Produktion schwächelte der kleine Ofen später etwas und wir mussten länger warten, als es dem Chef lieb war. Da zauberte er zur „Entschuldigung“ spontan für jeden von uns ein paar kleine, frisch rausgebratene Garnelen-Küchlein auf thailändische Art mit frischem Koriander und etwas Chili, zusammen mit einem hausgemachten Mango-Chutney, beides zum Niederknien.
à la minute Garnelen-"Buletten" Thai Style - 0,00€
Wenn ein Foodtruck sich solcher Gesten bedient und so liebenswürdig souverän mit seinen Gästen umgeht, zeugt das von einer Haltung, von der sich so mancher bräsige, niedergelassene Platzhirsch nicht nur eine Scheibe abschneiden könnte wie ich finde.
Auch bemerkenswert: der kleine Beilagensalat mit Mango-Dressing.
gemischter Salat - 4,50€
Liebevoll angerichtet in einer Vielfalt und Frische, die man so eher selten findet. Gut, ein paar Edamame und Sesam für’s Auge machen alleine noch keinen Salatsommer, aber spätestens wenn man dann die leicht gepickelten Gurken probiert hatte, das erfrischende Mango-Dressing den grünen Pflücksalat unter den auf dem Foto sichtbaren „Toppings“ umschmeicheln konnte und auf der Zunge seine Arbeit verrichtete, wusste man, dass auch hier im Kleinen wieder viel Hingabe und Handwerk vorherrschte.
Es hat mich schließlich gefreut zu sehen, wie sie selbst fast schon ein wenig überrascht über den großen Zuspruch waren, am Ende leicht abgekämpft aber restlos ausverkauft da standen und so mancher daher nicht mehr in den Genuss aus dem kleinen 800 Grad Ofen kam.
Nach einem langen Tag :-)
Aus der geplanten Stunde Aufenthalt wurden fast zwei und trotz bzw. wegen der ungezwungenen Atmosphäre im leicht anarchisch anmutenden „Genussgarten“ neben der benachbarten Halle des Fliesenhandels waren es zwei Stunden des tiefenentspannten Durchatmens inklusive Vorfreude auf das Wochenende.
Wer solche Momente nicht bewusst genießen kann, ist selber schuld wie ich meine...
Sonst noch was? Ja: Tschlaaaaaaaaaaaaaaaaaaand!!!! Super Spiel gestern...... :-)
Pizza mit DOP Büffelmozzarella, 18 monatigem Bio-Parmaschinken & Rucola - 13,50€
Jedoch wie wohl man sich dort am Freitag am Jordan Foodtruck in Landwehr fühlen konnte, trotz einfachster Umstände in ihrem kleinen Genussgarten mit den selbst gezimmerten Möbeln, hat zu einem wunderschönen Wochenausklang bei bestem Wetter beigetragen.
heute mit angebautem "Pizza-Flügel" :-)
Ich wollte eigentlich hierzu trotzdem nichts schreiben, aber eine kleine Geste, die zeigte, was diesen Foodtruck so besonders macht und aus welchen gastronomischen Kinderstuben Dominic Gerberding stammt, hat mich spontan umgestimmt:
Denn durch die notwendige Akkord-Produktion schwächelte der kleine Ofen später etwas und wir mussten länger warten, als es dem Chef lieb war. Da zauberte er zur „Entschuldigung“ spontan für jeden von uns ein paar kleine, frisch rausgebratene Garnelen-Küchlein auf thailändische Art mit frischem Koriander und etwas Chili, zusammen mit einem hausgemachten Mango-Chutney, beides zum Niederknien.
à la minute Garnelen-"Buletten" Thai Style - 0,00€
Wenn ein Foodtruck sich solcher Gesten bedient und so liebenswürdig souverän mit seinen Gästen umgeht, zeugt das von einer Haltung, von der sich so mancher bräsige, niedergelassene Platzhirsch nicht nur eine Scheibe abschneiden könnte wie ich finde.
Auch bemerkenswert: der kleine Beilagensalat mit Mango-Dressing.
gemischter Salat - 4,50€
Liebevoll angerichtet in einer Vielfalt und Frische, die man so eher selten findet. Gut, ein paar Edamame und Sesam für’s Auge machen alleine noch keinen Salatsommer, aber spätestens wenn man dann die leicht gepickelten Gurken probiert hatte, das erfrischende Mango-Dressing den grünen Pflücksalat unter den auf dem Foto sichtbaren „Toppings“ umschmeicheln konnte und auf der Zunge seine Arbeit verrichtete, wusste man, dass auch hier im Kleinen wieder viel Hingabe und Handwerk vorherrschte.
Es hat mich schließlich gefreut zu sehen, wie sie selbst fast schon ein wenig überrascht über den großen Zuspruch waren, am Ende leicht abgekämpft aber restlos ausverkauft da standen und so mancher daher nicht mehr in den Genuss aus dem kleinen 800 Grad Ofen kam.
Nach einem langen Tag :-)
Aus der geplanten Stunde Aufenthalt wurden fast zwei und trotz bzw. wegen der ungezwungenen Atmosphäre im leicht anarchisch anmutenden „Genussgarten“ neben der benachbarten Halle des Fliesenhandels waren es zwei Stunden des tiefenentspannten Durchatmens inklusive Vorfreude auf das Wochenende.
Wer solche Momente nicht bewusst genießen kann, ist selber schuld wie ich meine...
Sonst noch was? Ja: Tschlaaaaaaaaaaaaaaaaaaand!!!! Super Spiel gestern...... :-)
Um es gleich vorwegzunehmen: dass die Pizza von Teilzeit Pizzaiolo Dominic Gerberding beim „Pizza Special“ am letzten Freitag mehr als gelungen war, ist angesichts von 70 Stunden Teigführung, hochklassiger Zutaten sowie Können und Leidenschaft des Kochs keine große Überraschung.
Jedoch wie wohl man sich dort am Freitag am Jordan Foodtruck in Landwehr fühlen konnte, trotz einfachster Umstände in ihrem kleinen Genussgarten mit den selbst gezimmerten Möbeln, hat zu einem wunderschönen Wochenausklang bei bestem Wetter beigetragen.
Ich wollte eigentlich hierzu trotzdem... mehr lesen
Jordan's Genuss-Truck by Gerberding
Jordan's Genuss-Truck by Gerberding
€-€€€
Catering, Take Away, Foodtruck
01634361240
Landwehr 25, 42697 Solingen
5.0
stars -
"Glücklichsein kann so einfach sein, wenn man sich auf den Moment einlässt: Pizza Night am Jordan Foodtruck"
Shaneymac
Um es gleich vorwegzunehmen: dass die Pizza von Teilzeit Pizzaiolo Dominic Gerberding beim „Pizza Special“ am letzten Freitag mehr als gelungen war, ist angesichts von 70 Stunden Teigführung, hochklassiger Zutaten sowie Können und Leidenschaft des Kochs keine große Überraschung.
Jedoch wie wohl man sich dort am Freitag am Jordan Foodtruck in Landwehr fühlen konnte, trotz einfachster Umstände in ihrem kleinen Genussgarten mit den selbst gezimmerten Möbeln, hat zu einem wunderschönen Wochenausklang bei bestem Wetter beigetragen.
Ich wollte eigentlich hierzu trotzdem
"Heute war die Gleichung simpel: Sonnige Terrasse + gute Küche + fair kalkulierte gepflegte Weine = Freitagabendfreude²"
Verifiziert
4
Geschrieben am 13.06.2021 2021-06-13 | Aktualisiert am 14.06.2021
Besucht am 11.06.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 120 EUR
Auch wenn ich ja schon kürzlich erwähnte, dass mir die wöchentlichen Lieferberichte als solche und das freitägliche Ritual durchaus – sicher nicht zuletzt durch die erfreuliche Solinger Resonanz – Spaß gemacht haben und ich in den sieben Monaten die ein oder andere Überraschung erleben konnte, bin ich nun doch sehr, sehr froh, dass es vorbei ist.
Natürlich in erster Linie mit Blick auf die Branche und uns Gäste, aber auch, weil es zunehmend schwieriger wurde, neue Lokale zu finden ohne in repetitive Kritik-Redundanz abzudriften, auch wenn die Verlockung an so manchem Freitag groß war, Egoismus über Entdeckergeist zu stellen und in der Fraktion „sichere Bank“ zu bestellen.
In dieser Woche waren sich die Wetterfrösche ungewohnt einig und versprachen unisono einen traumhaften Freitag mit einem milden Frühsommerabend. Somit konnte ich bereits am Dienstag beruhigt einen Tisch auf der Terrasse des eigentlich für den Abschluss meiner „Lockdown Chronicles“ vorgesehenen Landhaus Sonneneck reservieren, Betreiber Mario Ciccimarra erledigte dies persönlich und war am Telefon gewohnt freundlich und verbindlich.
Ein sehr entspannendes Gefühl, keine tagelange angestrengte innerliche „Güterabwägung“ mehr hinsichtlich des Freitagabends, sondern nur reine Vorfreude auf den sonnig-entspannten Wochenausklang am Pfaffenberger Weg.
Da sich das Haus auch als Weinbar versteht und ein kleiner Weinhandel mit eigenem Onlineshop Teil des Konzeptes ist, war diesmal ein Taxi unvermeidbar, zumal die Weine hier als gastfreundlich bepreist gelten bei gleichzeitig durchweg ansprechenden Qualitäten.
Zum Hintergrund des Restaurants, Lage und dem Gebäude habe in meiner 2019er Erstkritik schon berichtet, daher geht es jetzt ohne weitere Umschweife dorthin, wo uns ein Wagen der Solinger Taxizentrale mit einem - ob der sich wieder langsam erholenden Umsätze – gut gelaunten Fahrer gegen 18 Uhr ablud.
Ansicht vom Pfaffenberger Weg
Herr Ciccimarra war heute mit zwei Servicekräften insgesamt zu dritt im Einsatz, der ältere von beiden, ein knuffiger Italiener mit einem herrlichen Werbespot-tauglichen Akzent begrüßte uns freundlich und wies uns den Weg zur Terrasse, auf dem uns der Chef begegnete und uns nicht minder sympathisch willkommen hieß.
Terrasse
Es übernahm der jüngste im Dreier-Bunde, ein in gepflegte dunkle Kellnerkluft gekleideter netter Zeitgenosse Anfang dreißig, der uns einen Zweiertisch auf der an den rückwärtigen kleinen Parkplatz angrenzenden Terrasse zuwies.
Ein kleiner Bistrotisch mit dem von mir so verhassten Bistro-Gestühl, das sich entweder Sadisten oder auf schnellen Gäste-Austausch fokussierte, findige Gastronomen an touristischen Hotspots erdacht haben müssen.
Zudem wackelte der Tisch dermaßen, aufgrund der an dieser Stelle ungünstigen „mikro-geographischen“ Eigenschaften des gepflasterten Untergrundes, dass meine Laune da spürbar Schaden nahm. Was sich noch steigern sollte, als unser Kellner mit der umgehend bestellten Flasche Pellegrino – 6,50€ - in einem – erbetenen – größeren Weinkühler an den Tisch kam und leicht verlegen begann, diesen halbwegs sicher - aufgrund Platzmangel auf dem Tischchen - auf einem dritten, beigestellten Stuhl zu platzieren.
Ich machte daraufhin freundlich aber bestimmt klar, dass ich mit der „Gesamtsituation tendenziell unzufrieden“ sei und man versprach sofort zu prüfen, ob wir an den von mir anvisierten ruhigen Vierertisch wenige Meter entfernt wechseln könnten.
Dies erfolgte dann auch, zunächst schlug er mir noch einen Tisch fast unmittelbar am an das Grundstück angrenzenden, momentan durch die Sperrung des Odenthaler Weges vielbefahrenen Balkhauser Weg vor, den ich aufgrund der abendlichen Motorrad-Schwemme – die Strecke ist beliebt und malerisch – aber dankend ablehnte; ich bekam daher gottlob meinen gewünschten Platz.
Unter aufrichtigen Entschuldigungen für den wackeligen Winztisch baute er den Kühler und die in hochwertige Papierservietten eingerollten Bestecke auf dem neuen Tisch auf, fragte wo wir dort sitzen wollen und rückte die Stühle zurecht.
Ich werde nicht gerne hofiert und so kam es auch nicht rüber, das hatte einfach Niveau und kam gelernt und passioniert rüber. Der junge Mann erzählte später auch, er habe zwar früher schon längere Zeit hier gearbeitet, an diesem Abend allerdings als Aushilfe, er hatte vorab in die gehobene Gastronomie in Remscheid gewechselt, was ich angesichts seines überzeugenden Auftretens auch nachvollziehen kann.
Bequeme Stühle, ein bombensicherer Untergrund und genügend Platz, wunderbar, wir atmeten beide durch und nicht ohne Schmunzeln erlebten wir, wie sich dieses Spiel mit anderen Gästen noch zweimal wiederholen sollte, bis der Tisch schließlich später ausgetauscht wurde und ein Exemplar mit Schraubfüßen zur „Niveauregulierung“ herangeschleppt wurde, der auch auf dem lokalen tektonischen Graben sicheren Stand versprach.
Blick vom Tisch
Die „Tischkultur“ dabei eher simpel, die roten Tischdecken aus Kunststoff, eine Pfeffermühle und ein Windlicht pro Tisch, hier ist eher das Credo „Form follows function“ Vater des Gedankens.
Da ich neben den beiden gereichten Karten (schmucklos Corona-konform laminiertes, beidseitig bedrucktes A4 Format) auch nach der Weinkarte fragte und den großen Kühler mit der Ankündigung erbat, eine Flasche Wein bestellen zu wollen, fand ich es etwas schwach, dass man uns nicht nach dem Wunsch nach einem Aperitif fragte, und ich nachfragte, ob ein schöner Franciacorta im Angebot sei, was man umgehend bejahte.
Das sollte allerdings mit das einzige sein, was ich am heutigen Service im Entferntesten zu bemängeln hatte, soviel vorweg; und dies ist auch trotz der leicht gediegenen Selbstdarstellung im Netz kein Laden, in dem jeder Gast mehrgängige Menüs vertilgt. Vielmehr kommen viele auch „nur“ für eine gute Pizza und zwei Getränken, da ist die obligatorische Frage nach Aperos vielleicht auch nicht Teil der hiesigen Service DNA.
Was in dieser Hinsicht vielleicht noch erwähnenswert wäre: Tagesangebote gab es nicht, allerdings wurde ein benachbarter Tisch mit Stammgästen auf Nachfrage mit „Off-Menu“ Lammkoteletts bedacht, das ließ mich etwas rätselnd zurück, hätte aber an meiner Wahl nichts geändert.
| Aperitif & Amuse |
Antinori Montenisa Franciacorta – 0,1l zu 6,50€
Ferrari Rosé Trento DOC – 0,1l zu 7,50€
Die beiden Aperos waren ein gut gekühlter, erfreulicher Auftakt, die hochklassigen Vertreter aus der Abteilung „Spumante“ waren ihr Geld definitiv wert und selbst Madame, die fast nie Alkohol trinkt, nippte glücklich an ihrem „PS-starken“ Rosé aus dem Trentin.
Aperos
Mein Franciacorta aus der gleichnamigen „Champagne“ Italiens in der Lombardei machte auch viel Freude, es stand zwar noch ein nicht näher ausgeführter Champagner auf der Karte, in Sachen Genuss stand er aber vielen davon in Nichts nach, vor allem in der Nase mit dem Duft von Weinberg-Pfirsich, floralen Aromen, einem Hauch von frischem Brioche und feinen reifen Hefenoten, sehr schön.
"mein" Franciacorta
Ein Amuse, das diesen Namen nach meiner Auffassung verdient, gab es nicht, wohl aber ofenfrische Brötchen, von denen eine Sorte Parmesan im Teig hatte und eine sehr mild-elegante Aioli.
Pizzabrötchen & Aioli vorweg
Hier kann man sicher noch etwas nach Besserem streben, auch hier wieder mit Verweis auf die ambitionierte Selbstdarstellung, warum nicht ein kleines Löffelgericht, ein kleiner Happen Parma mit Melone etc. etc.
Brot mit Dips empfinde ich immer als sehr langweilig und auch bei einem Dip kann man kreativer sein als mit einer Placebo Aioli, eine nette Tapenade wäre schon spürbar ansprechender gewesen.
| Vorspeisen |
Gambas mit Couscous und Avocado – 13,90€
Carpaccio Cipriani – 12,90€
2019 Pinot Grigio, Weingut Silvio Jermann, Farra d'Isonzo, Friaul, Italien – die Flasche zu 30€
Hübsch anzusehen waren sie, meine „hintupfungsvoll“ angerichteten Gambas unter einer tomatisierten, kreisrunden Parmesanhippe, dessen Hauptarrangement mit vereinten Servier-Ring-Kräften auf den Teller drapiert wurde, auch wenn der Klecks von hochwertigem Essig etwas unschön verlaufen war.
Gambas mit Couscous und Avocado
Neben kreisrunder Tellermalerei, die sich wohltuend von liebloser Balsamico Malerei abhob noch Tupfen von einer fruchtigen Emulsion, einer Wasabi Variante und einer milden hellen Variante, die ich geschmacklich nicht zuordnen konnte.
Auf Nachfrage ließ mich der Chef wissen, dies sei eine „Supreme“ was mich schmunzeln ließ, schließlich ist der Begriff in der Küche doch anderweitig besetzt und die Escoffier`sche Sauce suprême gar sieht dann doch „etwas“ anders aus als diese milde standfeste Emulsion.
Aber ich wollte kein Spielverderber sein, hob anerkennend die Augenbrauen und hörte mich „Ah Creme Supreme, sehr schön!“ sagen, was ihn erleichtert von Dannen ziehen ließ - vielleicht wollte er mir auch sagen, dies sei die herzhafte Interpretation einer Creme Patisserie, man weiß es nicht.
Der das Fundament bildende Couscous mit frischen Erbsen und die stückige Avocado-Zubereitung, die entfernt an eine milde Guacamole erinnerte gefielen mir gut, die drei Garnelen wurden perfekt auf den Punkt gebraten und besaßen eine zurückhaltende Knoblauchnote.
Die leicht angemachten Wakame-Algen an einer Seite sollten wohl die Brücke zum Wasabi schlagen, der trotz kleiner Menge eine ganze Menge Wucht hatte und gerne alles dominierte, wenn man etwas davon auf der Gabel hatte.
Dazu gesellten sich noch herzhaft gebratener Frühlingslauch und ebenfalls sautierte Knoblauchscheiben, die nicht bitter geraten waren, darüber eine hauchdünn gehobelte, säuerlich marinierte Gurkenscheibe.
Böse Zungen könnten oberflächlich von einem eigenwilligen, effekthaschenden Mischmasch – Italien, Levante, Asien - im hübschen Gewand sprechen, allerdings war der geschmackliche Gesamteindruck durchaus sehr gelungen, mein größtes Problem bleibt, dass ich keinen Wasabi mag.
Würde ich dennoch wieder bestellen und dann darum bitten, diesen wegzulassen und die Schärfe auf andere Weise zu erreichen aufgrund persönlicher Vorlieben.
Der begleitende Pinot aus dem Friaul war eine sehr positive Überraschung, nicht nur angesichts des fairen Preises, zwar ist das Weingut Jermann hochrenommiert aber große Namen sind das eine, ein derart saftiger, klarer und frischer Pinot Grigio ist mir allerdings schon lange nicht mehr untergekommen.
2019 Pinot Grigio, Silvio Jermann (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
Die Flasche hatte ich mir auf der Karte ausgesucht und der in erster Linie weinkundige Chef wollte zwar noch beraten, aber angesichts meiner vom ihm erfragten Speisewahl pflichtete er begeistert bei, der perfekte Wein sei das, na dann, mille grazie für das Lob, war jetzt aber auch keine nischige Großtat.
Unser junger Service-Held zeigte sich derweil von der besten Seite. Die Zufriedenheit wurde höflich während und nach den Gängen erfragt, Gläser aufmerksam nachgefüllt, die Aschenbecher bei den vereinzelten Rauchern ausgetauscht, kaum dass sich diese – die Aschenbecher – auch nur im Ansatz füllten.
Das hinterließ auch im weiteren Verlauf den hervorragenden Eindruck, den man auf seiner Webseite vermitteln möchte, auch der Chef ließ sich des Öfteren blicken und fragte unaufdringlich ob alles recht sei, selbst der Dritte im Bunde mit seinem putzigen Akzent schaute mal vorbei als die Kollegen gerade nicht auf der Terrasse waren: ein höfliches Umsorgen den ganzen Abend lang.
Das Carpaccio Cipriani meiner ständigen Begleitung kam wie erwartet mit der klassischen Senf-Mayonnaise und machte auch sonst keine Experimente.
Carpaccio Cipriani
Hauchdünne Parmesanspäne auf hauchdünnem Fleisch, „zirkulares“ Verzieren scheint ein Fetisch des Kochs zu sein und warum auch nicht, das geht optisch sicher schlechter.
Und mein Gegenüber war dann auch hochzufrieden, eine Probiergabel für mich gefiel mir dann auch gut, auch wenn ich noch mit leichtem Wasabi-Nachhall zu kämpfen hatte in diesem Moment und Schwierigkeiten hatte, die Senfnoten herauszuschmecken.
Keine Portion für ausgehungerte Sumo-Ringer, soviel steht fest, aber Madame war sehr froh über die beherrschbare Menge, schließlich hatte sie fast alle der Brötchen vorab alleine inhaliert.
| Hauptgerichte |
Piccata Milanese mit Spaghetti all Arrabiata – 18,90€
Pizza mit Rucola und Parmaschinken – 11,00€
Ich liebe Piccata Milanese in gut gemacht und die anderen Dinge aus der Abteilung „Carne“ sprachen mich heute nicht an, leider gerät dieser Klassiker nur allzu oft zu einer Version mit panierten Schweineschnitzel an langweiligen Tomatenspaghetti.
Piccata Milanese mit Spaghetti all Arrabiata
Hier aber nicht, in einer göttlich fluffigen Parmesan-Eihülle fanden sich fein parierte, dünne Kalbsschnitzel, die buchstäblich auf der Zunge zergingen, das geht nicht besser.
Etwas enttäuschend wenn auch trotzdem gelungen die Pasta, die löblich dünn im Format war, ich hasse dicke Spaghetti weil sie so schnell sättigen und ich das Mundgefühl der schlankeren Varianten sehr mag, auch wenn es nicht gerade Capellini sein müssen.
Leider nicht mehr wirklich al dente und recht weich, aber noch mehr als erträglich, nur von Arrabiata war wirklich gar nichts zu spüren, das waren fast lupenreine Spaghetti al pomodoro, die aber als solche mit ihrem aromatischem Sugo sehr überzeugten; nur auf etwas Schärfe hatte ich mich sehr gefreut.
Das ließ ich den in diesem Moment nachfragenden Chef wissen, was er mit „Wir machen immer mit mittlerer Schärfe!“ entschuldigte. Ich sage nochmal, dass ich kein Schärfe-Junkie mit Hornhautgaumen bin, aber hier war von Schärfe wirklich keine Spur.
Ich befürchte mittlerweile, wenn ich in Restaurants bin und mehrere Gänge bestelle, die ein oder andere Frage stelle etc. man den Eindruck bekommt „Oh, da sitzt ein kleiner Gerne-Esser, besser vorsichtig sein mit polarisierenden Dingen wie Schärfe!“, anderes kann ich mir diese Serie kaum noch erklären, werde ich zukünftig anders regeln bei der Bestellung.
Die Pizza von Gegenüber gefiel auch, gelobt wurden ein Teig mit Charakter, eine leckere Pizzaiola sowie aromatischer Käse, Schinken und Rucola.
Pizza mit Rucola und Parmaschinken
Ich probierte und ach, eine Pizza frisch aus dem Ofen, da hörte man doch gleich im Hintergrund die Capri-Fischer trällern, fast schon ein emotionaler Moment nach dem halben Jahr gelegentlicher Pappschachtel-Verzweiflungstaten, köstlich in vieler Hinsicht, schön knusprig durch etwas Grana Duro im Teig wie ich meine.
| Dessert |
Tartufo (di Pizzo ) – 7,50€
Barolo Sorbet – 5,90€
Das hausgemachte Tartufo durfte ich großzügiger Weise ebenfalls verkosten und es war ein Beispiel dafür, warum es unsterbliche Klassiker auf italienischen Karten gibt, das war tadellos und unerhört cremig, das Eis köstlich, der Kakao aromatisch und hochwertig, ganz prima.
Tartufo
Schade, dass ich kein Anschnittbild gemacht habe, aber die Dame am Tisch war einfach zu schnell für mich, was ich aber gut verstehen kann.
Mein Barolo Sorbet kannte ich schon von meinem ersten Besuch und ich erinnerte mich daran, dass ich damals, trotz sonstigem strikten Alkoholverzicht bei den Getränken, durchaus einen leichten Dusel verspürte, heute dem örtlichen Taxigewerbe sei Dank natürlich kein Hinderungsgrund, im Gegenteil.
Barolo Sorbet (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
Das ganze wurde mit Cassis angegossen und in Summe war es ebenfalls sehr gelungen, nicht zu süß, der Wein kam gut durch, der Cassis in Kombination eine verlässliche wie köstliche Wahl.
Einzig das ein oder andere Stückchen Eiskristall trübte den Genuss etwas, das gab es in 2019 so nicht, aber hier muss sicher wieder die tägliche Routine her und solche Dinge werden sich sicher bald wieder einspielen.
Nach drei Stunden vor Ort und einer fast im Alleingang geleerten Flasche Pinot Grigio setzte langsam Völle und der Wunsch nach dem heimischen Sofa ein, zumal wir noch das Eröffnungsspiel der EM schauen wollten.
Bezahlen konnte ich problemlos per EC Karte an der Bar, wo ich noch eine Rückfrage zum Spumante klärte und abermals sehr zuvorkommend von Herrn Ciccimarra beraten wurde.
Ein Taxi wollte man mir gerne rufen, am Tisch leerte ich noch mein letztes Glas Wein, der Wagen kam innerhalb weniger Minuten und wir konnten noch die zweite Hälfte der ersten Halbzeit schauen und Italien konnte heute nicht nur grundsätzlich auf den Tellern überzeugen sondern auch auf dem Platz - ben fatto!
Fazit
Schön war es, wie schon in der Villa Zefyros hat es einfach gut getan draußen bei gutem Wetter zu speisen. Aufgrund des leicht gehobenen Preisniveaus und der entsprechenden Selbstdarstellung wie üblich eine Sternewertung vor eben diesem Hintergrund.
Bei der Küche hat sich das Haus im Vergleich zum ersten Besuch spürbar verbessert, diesmal grundsolide vier Sterne und damit eine dick unterstrichene Schulnote zwei.
Ein nettes Amuse, noch ein wenig Feinschliff, eine einheitlichere Handschrift hier und da und mehr Verlässlichkeit in der Ausführung: weitere Steigerungen in der Bewertung sind hier ohne weiteres möglich, die Voraussetzungen sind gegeben.
Der Service war fast tadellos, hervorragende 4,5 Sterne für das Erlebte, hier war man gerne Gast und hat sich in jeder Sekunde willkommen gefühlt.
Das Ambiente gefiel mir gut, für das etwas höhere Verkehrsaufkommen an diesem lauen Sommerabend kann das Restaurant nichts und das war alles noch sehr erträglich, es ist immer noch alles andere als eine Hauptstraße, vier Sterne abermals.
Die Sauberkeit im gepflegten Außenbereich – Tische wurden desinfiziert etc. etc. – tadellos, das Thema Corona wurde in jeder Beziehung routiniert umgesetzt, fünf Sterne.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch unverändert bei vier Sternen, für beide Seiten faire Preise für eine durchaus ansprechende Leistung, da kann man nicht meckern und beim Gedanken an die Flaschenwein-Preise kann man sich gerne auch noch einen halben Stern dazu denken.
Somit schrammt das Landhaus Sonneneck heute in der Gesamtnote knapp an der 4,5 vorbei, verbessert sich aber auf eine starke vier und ich werde mit Freude wiederkommen und schauen, wie es sich hier weiter entwickelt, denn die Karte ist dem Anschein nach ständig in Bewegung.
Klare Empfehlung und zur Nachahmung empfohlen.
Natürlich in erster Linie mit Blick auf die Branche und uns Gäste, aber auch, weil es zunehmend schwieriger wurde, neue Lokale zu finden ohne in repetitive Kritik-Redundanz abzudriften, auch wenn die Verlockung an so manchem Freitag groß war, Egoismus über Entdeckergeist zu stellen und in der Fraktion „sichere Bank“ zu bestellen.
In dieser Woche waren sich die Wetterfrösche ungewohnt einig und versprachen unisono einen traumhaften Freitag mit einem milden Frühsommerabend. Somit konnte ich bereits am Dienstag beruhigt einen Tisch auf der Terrasse des eigentlich für den Abschluss meiner „Lockdown Chronicles“ vorgesehenen Landhaus Sonneneck reservieren, Betreiber Mario Ciccimarra erledigte dies persönlich und war am Telefon gewohnt freundlich und verbindlich.
Ein sehr entspannendes Gefühl, keine tagelange angestrengte innerliche „Güterabwägung“ mehr hinsichtlich des Freitagabends, sondern nur reine Vorfreude auf den sonnig-entspannten Wochenausklang am Pfaffenberger Weg.
Da sich das Haus auch als Weinbar versteht und ein kleiner Weinhandel mit eigenem Onlineshop Teil des Konzeptes ist, war diesmal ein Taxi unvermeidbar, zumal die Weine hier als gastfreundlich bepreist gelten bei gleichzeitig durchweg ansprechenden Qualitäten.
Zum Hintergrund des Restaurants, Lage und dem Gebäude habe in meiner 2019er Erstkritik schon berichtet, daher geht es jetzt ohne weitere Umschweife dorthin, wo uns ein Wagen der Solinger Taxizentrale mit einem - ob der sich wieder langsam erholenden Umsätze – gut gelaunten Fahrer gegen 18 Uhr ablud.
Ansicht vom Pfaffenberger Weg
Herr Ciccimarra war heute mit zwei Servicekräften insgesamt zu dritt im Einsatz, der ältere von beiden, ein knuffiger Italiener mit einem herrlichen Werbespot-tauglichen Akzent begrüßte uns freundlich und wies uns den Weg zur Terrasse, auf dem uns der Chef begegnete und uns nicht minder sympathisch willkommen hieß.
Terrasse
Es übernahm der jüngste im Dreier-Bunde, ein in gepflegte dunkle Kellnerkluft gekleideter netter Zeitgenosse Anfang dreißig, der uns einen Zweiertisch auf der an den rückwärtigen kleinen Parkplatz angrenzenden Terrasse zuwies.
Ein kleiner Bistrotisch mit dem von mir so verhassten Bistro-Gestühl, das sich entweder Sadisten oder auf schnellen Gäste-Austausch fokussierte, findige Gastronomen an touristischen Hotspots erdacht haben müssen.
Zudem wackelte der Tisch dermaßen, aufgrund der an dieser Stelle ungünstigen „mikro-geographischen“ Eigenschaften des gepflasterten Untergrundes, dass meine Laune da spürbar Schaden nahm. Was sich noch steigern sollte, als unser Kellner mit der umgehend bestellten Flasche Pellegrino – 6,50€ - in einem – erbetenen – größeren Weinkühler an den Tisch kam und leicht verlegen begann, diesen halbwegs sicher - aufgrund Platzmangel auf dem Tischchen - auf einem dritten, beigestellten Stuhl zu platzieren.
Ich machte daraufhin freundlich aber bestimmt klar, dass ich mit der „Gesamtsituation tendenziell unzufrieden“ sei und man versprach sofort zu prüfen, ob wir an den von mir anvisierten ruhigen Vierertisch wenige Meter entfernt wechseln könnten.
Dies erfolgte dann auch, zunächst schlug er mir noch einen Tisch fast unmittelbar am an das Grundstück angrenzenden, momentan durch die Sperrung des Odenthaler Weges vielbefahrenen Balkhauser Weg vor, den ich aufgrund der abendlichen Motorrad-Schwemme – die Strecke ist beliebt und malerisch – aber dankend ablehnte; ich bekam daher gottlob meinen gewünschten Platz.
Unter aufrichtigen Entschuldigungen für den wackeligen Winztisch baute er den Kühler und die in hochwertige Papierservietten eingerollten Bestecke auf dem neuen Tisch auf, fragte wo wir dort sitzen wollen und rückte die Stühle zurecht.
Ich werde nicht gerne hofiert und so kam es auch nicht rüber, das hatte einfach Niveau und kam gelernt und passioniert rüber. Der junge Mann erzählte später auch, er habe zwar früher schon längere Zeit hier gearbeitet, an diesem Abend allerdings als Aushilfe, er hatte vorab in die gehobene Gastronomie in Remscheid gewechselt, was ich angesichts seines überzeugenden Auftretens auch nachvollziehen kann.
Bequeme Stühle, ein bombensicherer Untergrund und genügend Platz, wunderbar, wir atmeten beide durch und nicht ohne Schmunzeln erlebten wir, wie sich dieses Spiel mit anderen Gästen noch zweimal wiederholen sollte, bis der Tisch schließlich später ausgetauscht wurde und ein Exemplar mit Schraubfüßen zur „Niveauregulierung“ herangeschleppt wurde, der auch auf dem lokalen tektonischen Graben sicheren Stand versprach.
Blick vom Tisch
Die „Tischkultur“ dabei eher simpel, die roten Tischdecken aus Kunststoff, eine Pfeffermühle und ein Windlicht pro Tisch, hier ist eher das Credo „Form follows function“ Vater des Gedankens.
Da ich neben den beiden gereichten Karten (schmucklos Corona-konform laminiertes, beidseitig bedrucktes A4 Format) auch nach der Weinkarte fragte und den großen Kühler mit der Ankündigung erbat, eine Flasche Wein bestellen zu wollen, fand ich es etwas schwach, dass man uns nicht nach dem Wunsch nach einem Aperitif fragte, und ich nachfragte, ob ein schöner Franciacorta im Angebot sei, was man umgehend bejahte.
Das sollte allerdings mit das einzige sein, was ich am heutigen Service im Entferntesten zu bemängeln hatte, soviel vorweg; und dies ist auch trotz der leicht gediegenen Selbstdarstellung im Netz kein Laden, in dem jeder Gast mehrgängige Menüs vertilgt. Vielmehr kommen viele auch „nur“ für eine gute Pizza und zwei Getränken, da ist die obligatorische Frage nach Aperos vielleicht auch nicht Teil der hiesigen Service DNA.
Was in dieser Hinsicht vielleicht noch erwähnenswert wäre: Tagesangebote gab es nicht, allerdings wurde ein benachbarter Tisch mit Stammgästen auf Nachfrage mit „Off-Menu“ Lammkoteletts bedacht, das ließ mich etwas rätselnd zurück, hätte aber an meiner Wahl nichts geändert.
| Aperitif & Amuse |
Antinori Montenisa Franciacorta – 0,1l zu 6,50€
Ferrari Rosé Trento DOC – 0,1l zu 7,50€
Die beiden Aperos waren ein gut gekühlter, erfreulicher Auftakt, die hochklassigen Vertreter aus der Abteilung „Spumante“ waren ihr Geld definitiv wert und selbst Madame, die fast nie Alkohol trinkt, nippte glücklich an ihrem „PS-starken“ Rosé aus dem Trentin.
Aperos
Mein Franciacorta aus der gleichnamigen „Champagne“ Italiens in der Lombardei machte auch viel Freude, es stand zwar noch ein nicht näher ausgeführter Champagner auf der Karte, in Sachen Genuss stand er aber vielen davon in Nichts nach, vor allem in der Nase mit dem Duft von Weinberg-Pfirsich, floralen Aromen, einem Hauch von frischem Brioche und feinen reifen Hefenoten, sehr schön.
"mein" Franciacorta
Ein Amuse, das diesen Namen nach meiner Auffassung verdient, gab es nicht, wohl aber ofenfrische Brötchen, von denen eine Sorte Parmesan im Teig hatte und eine sehr mild-elegante Aioli.
Pizzabrötchen & Aioli vorweg
Hier kann man sicher noch etwas nach Besserem streben, auch hier wieder mit Verweis auf die ambitionierte Selbstdarstellung, warum nicht ein kleines Löffelgericht, ein kleiner Happen Parma mit Melone etc. etc.
Brot mit Dips empfinde ich immer als sehr langweilig und auch bei einem Dip kann man kreativer sein als mit einer Placebo Aioli, eine nette Tapenade wäre schon spürbar ansprechender gewesen.
| Vorspeisen |
Gambas mit Couscous und Avocado – 13,90€
Carpaccio Cipriani – 12,90€
2019 Pinot Grigio, Weingut Silvio Jermann, Farra d'Isonzo, Friaul, Italien – die Flasche zu 30€
Hübsch anzusehen waren sie, meine „hintupfungsvoll“ angerichteten Gambas unter einer tomatisierten, kreisrunden Parmesanhippe, dessen Hauptarrangement mit vereinten Servier-Ring-Kräften auf den Teller drapiert wurde, auch wenn der Klecks von hochwertigem Essig etwas unschön verlaufen war.
Gambas mit Couscous und Avocado
Neben kreisrunder Tellermalerei, die sich wohltuend von liebloser Balsamico Malerei abhob noch Tupfen von einer fruchtigen Emulsion, einer Wasabi Variante und einer milden hellen Variante, die ich geschmacklich nicht zuordnen konnte.
Auf Nachfrage ließ mich der Chef wissen, dies sei eine „Supreme“ was mich schmunzeln ließ, schließlich ist der Begriff in der Küche doch anderweitig besetzt und die Escoffier`sche Sauce suprême gar sieht dann doch „etwas“ anders aus als diese milde standfeste Emulsion.
Aber ich wollte kein Spielverderber sein, hob anerkennend die Augenbrauen und hörte mich „Ah Creme Supreme, sehr schön!“ sagen, was ihn erleichtert von Dannen ziehen ließ - vielleicht wollte er mir auch sagen, dies sei die herzhafte Interpretation einer Creme Patisserie, man weiß es nicht.
Der das Fundament bildende Couscous mit frischen Erbsen und die stückige Avocado-Zubereitung, die entfernt an eine milde Guacamole erinnerte gefielen mir gut, die drei Garnelen wurden perfekt auf den Punkt gebraten und besaßen eine zurückhaltende Knoblauchnote.
Die leicht angemachten Wakame-Algen an einer Seite sollten wohl die Brücke zum Wasabi schlagen, der trotz kleiner Menge eine ganze Menge Wucht hatte und gerne alles dominierte, wenn man etwas davon auf der Gabel hatte.
Dazu gesellten sich noch herzhaft gebratener Frühlingslauch und ebenfalls sautierte Knoblauchscheiben, die nicht bitter geraten waren, darüber eine hauchdünn gehobelte, säuerlich marinierte Gurkenscheibe.
Böse Zungen könnten oberflächlich von einem eigenwilligen, effekthaschenden Mischmasch – Italien, Levante, Asien - im hübschen Gewand sprechen, allerdings war der geschmackliche Gesamteindruck durchaus sehr gelungen, mein größtes Problem bleibt, dass ich keinen Wasabi mag.
Würde ich dennoch wieder bestellen und dann darum bitten, diesen wegzulassen und die Schärfe auf andere Weise zu erreichen aufgrund persönlicher Vorlieben.
Der begleitende Pinot aus dem Friaul war eine sehr positive Überraschung, nicht nur angesichts des fairen Preises, zwar ist das Weingut Jermann hochrenommiert aber große Namen sind das eine, ein derart saftiger, klarer und frischer Pinot Grigio ist mir allerdings schon lange nicht mehr untergekommen.
2019 Pinot Grigio, Silvio Jermann (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
Die Flasche hatte ich mir auf der Karte ausgesucht und der in erster Linie weinkundige Chef wollte zwar noch beraten, aber angesichts meiner vom ihm erfragten Speisewahl pflichtete er begeistert bei, der perfekte Wein sei das, na dann, mille grazie für das Lob, war jetzt aber auch keine nischige Großtat.
Unser junger Service-Held zeigte sich derweil von der besten Seite. Die Zufriedenheit wurde höflich während und nach den Gängen erfragt, Gläser aufmerksam nachgefüllt, die Aschenbecher bei den vereinzelten Rauchern ausgetauscht, kaum dass sich diese – die Aschenbecher – auch nur im Ansatz füllten.
Das hinterließ auch im weiteren Verlauf den hervorragenden Eindruck, den man auf seiner Webseite vermitteln möchte, auch der Chef ließ sich des Öfteren blicken und fragte unaufdringlich ob alles recht sei, selbst der Dritte im Bunde mit seinem putzigen Akzent schaute mal vorbei als die Kollegen gerade nicht auf der Terrasse waren: ein höfliches Umsorgen den ganzen Abend lang.
Das Carpaccio Cipriani meiner ständigen Begleitung kam wie erwartet mit der klassischen Senf-Mayonnaise und machte auch sonst keine Experimente.
Carpaccio Cipriani
Hauchdünne Parmesanspäne auf hauchdünnem Fleisch, „zirkulares“ Verzieren scheint ein Fetisch des Kochs zu sein und warum auch nicht, das geht optisch sicher schlechter.
Und mein Gegenüber war dann auch hochzufrieden, eine Probiergabel für mich gefiel mir dann auch gut, auch wenn ich noch mit leichtem Wasabi-Nachhall zu kämpfen hatte in diesem Moment und Schwierigkeiten hatte, die Senfnoten herauszuschmecken.
Keine Portion für ausgehungerte Sumo-Ringer, soviel steht fest, aber Madame war sehr froh über die beherrschbare Menge, schließlich hatte sie fast alle der Brötchen vorab alleine inhaliert.
| Hauptgerichte |
Piccata Milanese mit Spaghetti all Arrabiata – 18,90€
Pizza mit Rucola und Parmaschinken – 11,00€
Ich liebe Piccata Milanese in gut gemacht und die anderen Dinge aus der Abteilung „Carne“ sprachen mich heute nicht an, leider gerät dieser Klassiker nur allzu oft zu einer Version mit panierten Schweineschnitzel an langweiligen Tomatenspaghetti.
Piccata Milanese mit Spaghetti all Arrabiata
Hier aber nicht, in einer göttlich fluffigen Parmesan-Eihülle fanden sich fein parierte, dünne Kalbsschnitzel, die buchstäblich auf der Zunge zergingen, das geht nicht besser.
Etwas enttäuschend wenn auch trotzdem gelungen die Pasta, die löblich dünn im Format war, ich hasse dicke Spaghetti weil sie so schnell sättigen und ich das Mundgefühl der schlankeren Varianten sehr mag, auch wenn es nicht gerade Capellini sein müssen.
Leider nicht mehr wirklich al dente und recht weich, aber noch mehr als erträglich, nur von Arrabiata war wirklich gar nichts zu spüren, das waren fast lupenreine Spaghetti al pomodoro, die aber als solche mit ihrem aromatischem Sugo sehr überzeugten; nur auf etwas Schärfe hatte ich mich sehr gefreut.
Das ließ ich den in diesem Moment nachfragenden Chef wissen, was er mit „Wir machen immer mit mittlerer Schärfe!“ entschuldigte. Ich sage nochmal, dass ich kein Schärfe-Junkie mit Hornhautgaumen bin, aber hier war von Schärfe wirklich keine Spur.
Ich befürchte mittlerweile, wenn ich in Restaurants bin und mehrere Gänge bestelle, die ein oder andere Frage stelle etc. man den Eindruck bekommt „Oh, da sitzt ein kleiner Gerne-Esser, besser vorsichtig sein mit polarisierenden Dingen wie Schärfe!“, anderes kann ich mir diese Serie kaum noch erklären, werde ich zukünftig anders regeln bei der Bestellung.
Die Pizza von Gegenüber gefiel auch, gelobt wurden ein Teig mit Charakter, eine leckere Pizzaiola sowie aromatischer Käse, Schinken und Rucola.
Pizza mit Rucola und Parmaschinken
Ich probierte und ach, eine Pizza frisch aus dem Ofen, da hörte man doch gleich im Hintergrund die Capri-Fischer trällern, fast schon ein emotionaler Moment nach dem halben Jahr gelegentlicher Pappschachtel-Verzweiflungstaten, köstlich in vieler Hinsicht, schön knusprig durch etwas Grana Duro im Teig wie ich meine.
| Dessert |
Tartufo (di Pizzo ) – 7,50€
Barolo Sorbet – 5,90€
Das hausgemachte Tartufo durfte ich großzügiger Weise ebenfalls verkosten und es war ein Beispiel dafür, warum es unsterbliche Klassiker auf italienischen Karten gibt, das war tadellos und unerhört cremig, das Eis köstlich, der Kakao aromatisch und hochwertig, ganz prima.
Tartufo
Schade, dass ich kein Anschnittbild gemacht habe, aber die Dame am Tisch war einfach zu schnell für mich, was ich aber gut verstehen kann.
Mein Barolo Sorbet kannte ich schon von meinem ersten Besuch und ich erinnerte mich daran, dass ich damals, trotz sonstigem strikten Alkoholverzicht bei den Getränken, durchaus einen leichten Dusel verspürte, heute dem örtlichen Taxigewerbe sei Dank natürlich kein Hinderungsgrund, im Gegenteil.
Barolo Sorbet (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
Das ganze wurde mit Cassis angegossen und in Summe war es ebenfalls sehr gelungen, nicht zu süß, der Wein kam gut durch, der Cassis in Kombination eine verlässliche wie köstliche Wahl.
Einzig das ein oder andere Stückchen Eiskristall trübte den Genuss etwas, das gab es in 2019 so nicht, aber hier muss sicher wieder die tägliche Routine her und solche Dinge werden sich sicher bald wieder einspielen.
Nach drei Stunden vor Ort und einer fast im Alleingang geleerten Flasche Pinot Grigio setzte langsam Völle und der Wunsch nach dem heimischen Sofa ein, zumal wir noch das Eröffnungsspiel der EM schauen wollten.
Bezahlen konnte ich problemlos per EC Karte an der Bar, wo ich noch eine Rückfrage zum Spumante klärte und abermals sehr zuvorkommend von Herrn Ciccimarra beraten wurde.
Ein Taxi wollte man mir gerne rufen, am Tisch leerte ich noch mein letztes Glas Wein, der Wagen kam innerhalb weniger Minuten und wir konnten noch die zweite Hälfte der ersten Halbzeit schauen und Italien konnte heute nicht nur grundsätzlich auf den Tellern überzeugen sondern auch auf dem Platz - ben fatto!
Fazit
Schön war es, wie schon in der Villa Zefyros hat es einfach gut getan draußen bei gutem Wetter zu speisen. Aufgrund des leicht gehobenen Preisniveaus und der entsprechenden Selbstdarstellung wie üblich eine Sternewertung vor eben diesem Hintergrund.
Bei der Küche hat sich das Haus im Vergleich zum ersten Besuch spürbar verbessert, diesmal grundsolide vier Sterne und damit eine dick unterstrichene Schulnote zwei.
Ein nettes Amuse, noch ein wenig Feinschliff, eine einheitlichere Handschrift hier und da und mehr Verlässlichkeit in der Ausführung: weitere Steigerungen in der Bewertung sind hier ohne weiteres möglich, die Voraussetzungen sind gegeben.
Der Service war fast tadellos, hervorragende 4,5 Sterne für das Erlebte, hier war man gerne Gast und hat sich in jeder Sekunde willkommen gefühlt.
Das Ambiente gefiel mir gut, für das etwas höhere Verkehrsaufkommen an diesem lauen Sommerabend kann das Restaurant nichts und das war alles noch sehr erträglich, es ist immer noch alles andere als eine Hauptstraße, vier Sterne abermals.
Die Sauberkeit im gepflegten Außenbereich – Tische wurden desinfiziert etc. etc. – tadellos, das Thema Corona wurde in jeder Beziehung routiniert umgesetzt, fünf Sterne.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch unverändert bei vier Sternen, für beide Seiten faire Preise für eine durchaus ansprechende Leistung, da kann man nicht meckern und beim Gedanken an die Flaschenwein-Preise kann man sich gerne auch noch einen halben Stern dazu denken.
Somit schrammt das Landhaus Sonneneck heute in der Gesamtnote knapp an der 4,5 vorbei, verbessert sich aber auf eine starke vier und ich werde mit Freude wiederkommen und schauen, wie es sich hier weiter entwickelt, denn die Karte ist dem Anschein nach ständig in Bewegung.
Klare Empfehlung und zur Nachahmung empfohlen.
Auch wenn ich ja schon kürzlich erwähnte, dass mir die wöchentlichen Lieferberichte als solche und das freitägliche Ritual durchaus – sicher nicht zuletzt durch die erfreuliche Solinger Resonanz – Spaß gemacht haben und ich in den sieben Monaten die ein oder andere Überraschung erleben konnte, bin ich nun doch sehr, sehr froh, dass es vorbei ist.
Natürlich in erster Linie mit Blick auf die Branche und uns Gäste, aber auch, weil es zunehmend schwieriger wurde, neue Lokale zu finden ohne... mehr lesen
Landhaus Sonneneck
Landhaus Sonneneck
€-€€€
Restaurant
021244233
Pfaffenberger Weg 112, 42659 Solingen
4.0
stars -
"Heute war die Gleichung simpel: Sonnige Terrasse + gute Küche + fair kalkulierte gepflegte Weine = Freitagabendfreude²"
Shaneymac
Auch wenn ich ja schon kürzlich erwähnte, dass mir die wöchentlichen Lieferberichte als solche und das freitägliche Ritual durchaus – sicher nicht zuletzt durch die erfreuliche Solinger Resonanz – Spaß gemacht haben und ich in den sieben Monaten die ein oder andere Überraschung erleben konnte, bin ich nun doch sehr, sehr froh, dass es vorbei ist.
Natürlich in erster Linie mit Blick auf die Branche und uns Gäste, aber auch, weil es zunehmend schwieriger wurde, neue Lokale zu finden ohne
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles – The Final Episode: Solider Wok-Express für akute Asia-Gelüste"
Verifiziert
4
Geschrieben am 06.06.2021 2021-06-06 | Aktualisiert am 06.06.2021
Besucht am 04.06.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 39 EUR
Leider machte der Freitagabend alle vorsichtig geschmiedeten Pläne für ein Essen in einer Außengastronomie wirkungsvoll zunichte, schon den ganzen Tag schüttete es in gewittrigen Episoden wie aus Eimern und am Abend zogen dann weitere heftige Gewitter durchs Land und das Wochenende sollte nicht besser werden.
Das tat mir leid für die hiesige Gastronomie, Anfang letzter Woche kündeten viele noch freudig von der Wiedereröffnung der Terrassen, am Freitag las ich dann vermehrt, dass einige am Wochenende gar nicht öffnen würden, weil es nur Absagen hagelte.
Aber es gibt mehr als Grund zur Hoffnung, schon ab heute dürfen die Innenräume mit Test & Co. wieder öffnen und dann ab Mittwoch, dank der endlich hinreichend niedrigen Inzidenz, Außen wie Innen ohne Pflichten außer der sicher erträglichen Kontakt-Nachverfolgung via Angabe seiner Daten.
Somit ist heute der Tag, auf den ich mich seit dem Winter freue wie in kleines Kind, der Tag, an dem ich „Final Episode“ in die Überschrift hinter den Pandemie Part setzen kann und ich hoffe sehr, dass dies mehr als nur ein frommer Wunsch sein und bleiben wird.
Da wir auch außerhalb der Pandemie hin und wieder bestellen wird es auch ganz sicher Lieferbewertungen geben wenn es sich anbietet, die allwöchentliche Liefersause allerdings so nicht mehr in dieser Form. Das war mein Beitrag zur Unterstützung der örtlichen Gastronomie und kein Selbstzweck, auch wenn es viel Spaß gemacht hat und ich es vor allem nicht bereut habe, die Berichte durch die erwähnten, sehr aktiven großen Facebookgruppen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben.
Denn die dortige Resonanz hat mich unglaublich positiv überrascht und es hat nach eigenem Bekunden auch so manchem Betrieb nachhaltig geholfen. Denn ob man hier oder auf TripAdvisor innerhalb eines Monats für eine Kritik nur eine Handvoll Leser aus Nah und Fern hat oder innerhalb von 24 Stunden bis zu 800 Solinger, wie im Falle des New Orleans in SG Ohligs, macht natürlich einen eklatanten Unterschied in Sachen lokale Wirkung und das hat motiviert. Daher werde ich das dortige Posten auf vielfachen Wunsch hin auch bei regulären Kritiken fortführen und denke, dass diese Gruppen in Teilen auch nach dem Lockdown noch sehr aktiv genutzt werden um den lokalen Handel und die Gastro zu unterstützen.
Unterstützen wollte ich am Freitag dann endlich auch das nahgelegene „Hartmanns im Windhövel“, das krankheitsbedingt längere Zeit schließen musste und von mir Ende 2019 schon vorgestellt wurde.
Aber die schwül-warme, drückende Gewitterluft erstickte jeden Gedanken an deftige Kost quasi im Keim und aus einer Laune heraus entwickelte sich Lust auf etwas halbwegs Bekömmliches aus dem Wok.
Nun habe ich es ja nicht nur hier allen schon oft vorgejammert: Solingen und Asien sind kulinarisch gesehen nicht unbedingt die fruchtbarste Paarung auf diesem Planeten um es vorsichtig zu sagen.
Natürlich gibt es das ein oder andere All you can eat-Buffet – wobei mir da gerade auch nur noch die Chinesische Mauer am Grünewald einfällt wenn ich ehrlich bin – und diverse preiswerte Lieferdienste, allerdings ist das alles immer nur der brutale „Crispy Chicken meets greasy noodle“-Mainstream, den es überall zu finden gibt.
Der ein oder andere bietet zwar noch sehr klassisches Sushi an, aber im Bereich der warmen Speisen ist das Angebot absolut austauschbar und wenig spannend um es höflich auszudrücken.
Auch meide ich diese Läden eigentlich nicht zuletzt wegen des meist nebulösen Fleisches, dass angesichts des Preiskampfes in diesem günstigen Genre – vor allem bei den Buffets – sicher nicht gerade vom Bauernhof aus Bullerbü stammen dürfte, egal ob beim Lieblings Vietnam Imbiss oder bei Changs 8,90€ AYCE Buffet.
Aber nach über einem dreiviertel Jahr Asia-Abstinenz und in Ermangelung von Alternativen wollte ich auch mal fünfe gerade sein lassen und endlich Solingens best-bewerteten Asia-Lieferservice ausprobieren, zumal dieser auch eine „Japanische Gerichte“-Rubrik in der Karte präsentiert.
Supel, Fleunde lasst die Gasblennel blüllen und die Woks lotielen am Klostelwall!!!
| Bestellung & Lieferung |
Da sich jede Google-Bewertung zum „Asia HG“ – die überfliege ich manchmal wenn ich sonst nichts finde an Meinungen – fast überschlug mit begeisterten Hinweisen auf Lieferungen im Überschalltempo ersparte ich mir das Vorbestellen am Nachmittag. Wir riefen erst kurz vor halb neun im Restaurant am Rande der Innenstadt an, das auch nicht wenige Tische zu bieten hat und von den in der Nähe arbeitenden Angestellten auch gerne in der Mittagspause aufgesucht wird.
„Wir“ will in diesem Falle heißen Madame Shaneymac, und die berichtete von einem freundlichen jungen Mann aus der Fraktion „Habsch gestern voll krasse BMW Ehssechsundreißisch gesehen!!“ der jede Position nochmals wiederholte und zwei kleine Fragen direkt in der Küche klärte, sehr nett.
Um kurz nach neun wurde brüllend heiß und nicht minder freundlich geliefert, an den gebratenen Nudeln habe ich mir fast die Finger verbrannt und sprintete fast mit dem so ungeschickt angefassten Behälter in die Küche wo kaltes Wasser Abhilfe versprach.
Nichts roch nach altem Fett oder triefte von selbigem, die Suppe duftete ebenso verheißungsvoll wie die beiden Hauptgerichte, das hätte schon optisch schlimmer kommen können:
| Vorspeisen |
Tom Kha Gai – 3,50€
Gebackene Garnelen – 4,50€
Gebackene Wan-Tan – 3,00€
Kroepoek – 1,50€
„Pikante“ Sauce – 2,00€
2019 „Tamashi“, Cuvée Riesling & Grauburgunder, Weinhof Dietrich, Großkarlbach, Pfalz
Thailands gefühlte Nationalsuppe, die Tom Kha Gai, sollte eine sehr positive Überraschung darstellen, nicht nur die zu erwartenden Aromen von Kokosmilch, Galgant und Zitronengras waren klar zu vernehmen, sondern die Suppe wurde auch auf einem soliden Fond aufgebaut, Helferlein in dieser Hinsicht waren nirgends zu schmecken, dass man hier mit Glutamat kocht glaube ich dennoch felsenfest.
Tom Kha Gai
Üppige Einlage aus Champignons, etwas Karotte und Bambus sowie zartes mageres Hühnerfleisch, die Brühe mit idealer Schärfe, in Summe eine sehr wohlschmeckende Angelegenheit, zumal zu diesem kleinen Preis, würde ich jederzeit gerne wiederbestellen!
Die gebackenen Garnelen, Ebi Tempura, könnten durch die ungleichmäßige Ausführung durchaus hausgemacht sein, was sich mit der Selbstdarstellung auf der Homepaghe decken würde aber ich gebe zu, dass ich in dieser Gastronomie da stets sehr vorsichtig bin und das nicht glaube. Das ist aber vielleicht auch ein eher gemeines Vorurteil, ich sage nur Stichwort „Hollandaise“ in der ach so ehrlichen germanischen Gastronomie.
"Gebackene Garnelen"
Der Teig ist mir bei dieser Zubereitung eigentlich fast immer zu dick, wobei sich hier die Relation Teig / Garnele noch in stimmigen Dimensionen bewegte. Die Garnelen waren noch saftig und man konnte sie, wie die Wan-Tans problemlos als Fingerfood behandeln, ohne dass man sich nach jedem Exemplar die Hände waschen musste.
Dazu gab es Süß-Sauer-Soße, die nicht nur die übliche Charakteristik besaß, sondern noch eine gewisse Tiefe, die mich etwas an Five-Spice-Powder erinnerte, lecker.
Süß-Sauer-Sauce
Ich dachte eigentlich, die „pikante Soße“ auf der Karte wäre in der Menge ähnlich bemessen, wurde aber für die zwei Euro in einer Menge geliefert, mit der man ein Wokgericht für zwei Personen hätte zubereiten können.
„Pikante“ Sauce
Sie sollte an eine klassische Kun-Bao Soße erinnern, hätte aber mehr Schärfe vertragen können und etwas mehr Raffinesse, da war mir etwas zu viel Asia-Generik im Spiel, aber das ist auch etwas spitzfindig angesichts dieses Preises.
Die frittierten Wan-Tans überzeugten weniger mit ihrer zwar schmackhaften, aber relativ knapp bemessen vegetarischen Farce im Inneren, als mit einem Teig in idealer Dicke und ebensolchem „Garpunkt“.
Gebackene Wan-Tan
Herrlich knusprig, überhaupt nicht fettig und durch den dünnen Teig auch nicht unangenehm sättigend, prima Vorweg-Snack-Dip-Spaß, jedes Exemplar machte Lust auf das nächste.
Ich persönliche hasse Kroepoek aber Madame liebt es abgöttisch und war sehr zufrieden, warum Dinge toll sind, die aussehen wie Verpackungsfüllmaterial und für meinen Gaumen auch so schmecken, ist mir schlicht unbegreiflich. ;-)
Kroepoek
Den begleitenden „Konzept-Wein“ von Dietrich aus der Pfalz, der in Kooperation mit einem bekannten Weinhändler entstand, hatte ich schon länger gebunkert, da ich eigentlich im Lockdown auch mal Sushi bestellen wollte, wozu es jedoch nie kam.
2019 „Tamashi“ (hübsches Etikett, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet wegen Hochformat)
„Der richtige Wein öffnet den Weg zum Genuss des Sushi!“ heißt es auf dem Rücken der Flasche und es hat einen Grund, warum renommierte japanische Häuser wie das Bochumer Takeshi diesen Wein anbieten.
Die fein balancierte Restsüße macht schon fast einen feinherben Eindruck und passte ideal zu den heutigen Saucen, vor allem auch bei meinem folgenden Hauptgericht. „Der Riesling bringt die Frucht, die Klarheit, die Finesse und das Spiel hinein. Der Grauburgunder komplettiert dabei diesen Wein mit viel Schmelz, einer zarten Rundheit sowie einer tollen Länge. Perfekt selektioniert zu Sushi.“ schreibt der kompetente Handel auf weine-feinkost.de über diese gelungene Cuvée, ganz prima zu diesem Preis.
| Hauptgerichte |
Gebratene Udon mit Rindfleisch – 8,50€
Japan Sesam Duck – 9,50€
In der japanischen Sektion der Karte setzt man teilweise auf englische Titel der Gerichte, was ich aber in diesem Asia Kontext erträglich finde, zumindest ist die „healthy Hipster Bowl“ in weiter Ferne.
Meine Knuspel-Ente mit Sesam, Teriyaki-Sauce und gekochtem Reis wurde so zur Japan Sesam Duck aber das sollte meiner grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem Gebotenen keinen Abbruch tun.
"Japan Sesam Duck"
Das Fleisch lag nicht auf oder in der Sauce und war auch nach dem Warmhalten im Ofen noch gesteigert knusprig. Was viele gar nicht realisiert haben ist, dass das Fleisch bei den Asia-Knusper-Enten Gerichten nicht automatisch von der Entenbrust stammt, wenn es nicht so deklariert wird.
In den allermeisten Fällen handelt es sich um entbeintes Keulenfleisch, das sich m.E. teilweise auch besser zum Liefern eignet, da es saftiger bleibt.
Und das tat es, es war nicht im Ansatz trocken, schön zart und wie erwähnt noch mehr als hinreichend knusprig – „duckycrispylicious!“ würde der verehrte Kenji López-Alt vielleicht urteilen.
In der leicht süßlichen, gelungenen Teriyaki befand sich neben einer generösen Menge weißen Sesams, der auch gut durchschmeckte, noch bissfest gegarte Gemüse: Broccoli, Blumenkohl, Champignons, Zwiebeln, Paprika und grüne Bohnen.
Das war im Rahmen eines solchen Angebotes zu diesem Preis völlig OK und ließ sich mit Appetit verspeisen, das geht in diesem Genre doch erheblich schlechter!
Seitdem „gebratene Udon Nudeln“ vor einiger Zeit mal ein von mir entdecktes Tagesrezept auf einer der einschlägigen Rezeptseiten war, liebt meine bessere Hälfte diese Variante sehr.
Gebratene Udon mit Rindfleisch
Wir hatten sie mit frischen Nudeln aus dem Asia Laden (grrrrr…..ich habe mich gerade zum 20. Mal bei Asia vertippt und „Asis“ geschrieben, sollte mir das einmal unentdeckt durchgehen ist es nur Flüchtigkeit und kein flacher Witz….) zubereitet, die noch erheblich dicker sind als die hier abgelichteten.
Die Mitesserin war sehr angetan, das Fleisch war zart, die Sauce und das Gemüse ähnelte sehr meinem Gericht bzw. war exakt deckungsgleich, da es sich natürlich auch um ein Gericht aus der Japan Ecke der Karte handelte.
Würde auch sie jederzeit wieder bestellen wenn es zu einer Wiederholung kommt soll ich ausrichten, dem komme ich hiermit natürlich untertänigst nach.
| Dessert |
Tirami… (kleiner Scherz…)
Gebackene Banane – 3,00€
Gebackene Ananas – 3,00€
Die beiden einzigen Optionen bei den Desserts: die in Tempura ausgebackenen Früchte mit Honig, zumindest ohne erstere wäre kein Asia Buffet komplett möchte man meinen.
Gebackene Banane & Ananas
Rein kulinarisch gesehen sicher Kindergeburtstag vom Feinsten aber der kann ja auch gut gefallen, zumal wenn die Dinge frisch zubereitet werden und nicht schon seit 90 Minuten auf einem Buffet rumlungern.
Natürlich hatten sie etwas gelitten im Ofen, war aber immer noch knusprig und weit entfernt von Pamp, vielleicht auch, weil man es mit dem Honig etwas sparsam meinte.
War aber kein Beinbruch, wir haben immer ein paar schöne Honige da – Deinen, lieber Carsten, wollte ich heute aber nicht opfern bzw. neu anbrechen – und somit verhalf etwas regionaler Bio Waldhonig aus eigenem Bestand zum nötigen Glanz obenauf.
Dass die Ananas nicht unbedingt erlesene Flugware sein konnte dürfte auf der Hand liegen, aber meine Güte, das Ganze schmeckte so wie es sollte, kam aus frischem Fett ohne jeden Fehlton: so infantil, so lecker, Punkt.
Die Vorspeisen und das Dessert schafften wir an diesem Abend, von den Hauptgerichten blieb noch etwas übrig. Ich war angesichts der Witterung zufrieden mit meiner Wahl, denn die eigentlich anvisierte deftige Brauhausküche wäre an diesem Abend etwas für die ganz Hartgesottenen gewesen, die sich auch in den Tropen bei 34 Grad in der Regenzeit Grünkohl mit Mettwurst in den Schädel schaufeln könnten – und dazu gehöre ich leider nicht.
Fazit
Für das, was wir bezahlt haben und angesichts dessen, was ich mit solchen kleinen Asia Restaurants schon erleben musste, war das aller Ehren wert in punkto dessen, was man darstellen will und ich erwartet habe. Grundsolide vier Sterne für die Küche und gelungenes, im Besten Wortsinne „preiswertes“ Essen mit Luft nach oben in Details.
Den Service sehe ich wie immer wenn Freundlichkeit am Telefon und bei der – pünktlichen bzw. in diesem Falle schnellen – Lieferung vorherrscht, sowie die Speisen gut und sicher heiß geliefert werden bei fünf Sternen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich ebenfalls bei guten vier Sternen, das passte alles.
Bei der Gesamtwertung komme ich im Kontext der Solinger Asia Lieferdienste ebenfalls auf gute vier Sterne und damit ist Asia HG für meine Begriffe der beste unter ihnen, denn der Rest hätte teilweise mit zwei Sternen leben müssen, je nachdem wo man was bestellt.
Daher eine Empfehlung, und dennoch bleibt in Sachen Asien immer der neidische Blick nach Köln und Düsseldorf, wenn man denn neugierig ist und weiß, dass der Kontinent weitaus mehr zu bieten hat, als das, was man in Solingen auf den einschlägigen Karten findet…
Das tat mir leid für die hiesige Gastronomie, Anfang letzter Woche kündeten viele noch freudig von der Wiedereröffnung der Terrassen, am Freitag las ich dann vermehrt, dass einige am Wochenende gar nicht öffnen würden, weil es nur Absagen hagelte.
Aber es gibt mehr als Grund zur Hoffnung, schon ab heute dürfen die Innenräume mit Test & Co. wieder öffnen und dann ab Mittwoch, dank der endlich hinreichend niedrigen Inzidenz, Außen wie Innen ohne Pflichten außer der sicher erträglichen Kontakt-Nachverfolgung via Angabe seiner Daten.
Somit ist heute der Tag, auf den ich mich seit dem Winter freue wie in kleines Kind, der Tag, an dem ich „Final Episode“ in die Überschrift hinter den Pandemie Part setzen kann und ich hoffe sehr, dass dies mehr als nur ein frommer Wunsch sein und bleiben wird.
Da wir auch außerhalb der Pandemie hin und wieder bestellen wird es auch ganz sicher Lieferbewertungen geben wenn es sich anbietet, die allwöchentliche Liefersause allerdings so nicht mehr in dieser Form. Das war mein Beitrag zur Unterstützung der örtlichen Gastronomie und kein Selbstzweck, auch wenn es viel Spaß gemacht hat und ich es vor allem nicht bereut habe, die Berichte durch die erwähnten, sehr aktiven großen Facebookgruppen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben.
Denn die dortige Resonanz hat mich unglaublich positiv überrascht und es hat nach eigenem Bekunden auch so manchem Betrieb nachhaltig geholfen. Denn ob man hier oder auf TripAdvisor innerhalb eines Monats für eine Kritik nur eine Handvoll Leser aus Nah und Fern hat oder innerhalb von 24 Stunden bis zu 800 Solinger, wie im Falle des New Orleans in SG Ohligs, macht natürlich einen eklatanten Unterschied in Sachen lokale Wirkung und das hat motiviert. Daher werde ich das dortige Posten auf vielfachen Wunsch hin auch bei regulären Kritiken fortführen und denke, dass diese Gruppen in Teilen auch nach dem Lockdown noch sehr aktiv genutzt werden um den lokalen Handel und die Gastro zu unterstützen.
Unterstützen wollte ich am Freitag dann endlich auch das nahgelegene „Hartmanns im Windhövel“, das krankheitsbedingt längere Zeit schließen musste und von mir Ende 2019 schon vorgestellt wurde.
Aber die schwül-warme, drückende Gewitterluft erstickte jeden Gedanken an deftige Kost quasi im Keim und aus einer Laune heraus entwickelte sich Lust auf etwas halbwegs Bekömmliches aus dem Wok.
Nun habe ich es ja nicht nur hier allen schon oft vorgejammert: Solingen und Asien sind kulinarisch gesehen nicht unbedingt die fruchtbarste Paarung auf diesem Planeten um es vorsichtig zu sagen.
Natürlich gibt es das ein oder andere All you can eat-Buffet – wobei mir da gerade auch nur noch die Chinesische Mauer am Grünewald einfällt wenn ich ehrlich bin – und diverse preiswerte Lieferdienste, allerdings ist das alles immer nur der brutale „Crispy Chicken meets greasy noodle“-Mainstream, den es überall zu finden gibt.
Der ein oder andere bietet zwar noch sehr klassisches Sushi an, aber im Bereich der warmen Speisen ist das Angebot absolut austauschbar und wenig spannend um es höflich auszudrücken.
Auch meide ich diese Läden eigentlich nicht zuletzt wegen des meist nebulösen Fleisches, dass angesichts des Preiskampfes in diesem günstigen Genre – vor allem bei den Buffets – sicher nicht gerade vom Bauernhof aus Bullerbü stammen dürfte, egal ob beim Lieblings Vietnam Imbiss oder bei Changs 8,90€ AYCE Buffet.
Aber nach über einem dreiviertel Jahr Asia-Abstinenz und in Ermangelung von Alternativen wollte ich auch mal fünfe gerade sein lassen und endlich Solingens best-bewerteten Asia-Lieferservice ausprobieren, zumal dieser auch eine „Japanische Gerichte“-Rubrik in der Karte präsentiert.
Supel, Fleunde lasst die Gasblennel blüllen und die Woks lotielen am Klostelwall!!!
| Bestellung & Lieferung |
Da sich jede Google-Bewertung zum „Asia HG“ – die überfliege ich manchmal wenn ich sonst nichts finde an Meinungen – fast überschlug mit begeisterten Hinweisen auf Lieferungen im Überschalltempo ersparte ich mir das Vorbestellen am Nachmittag. Wir riefen erst kurz vor halb neun im Restaurant am Rande der Innenstadt an, das auch nicht wenige Tische zu bieten hat und von den in der Nähe arbeitenden Angestellten auch gerne in der Mittagspause aufgesucht wird.
„Wir“ will in diesem Falle heißen Madame Shaneymac, und die berichtete von einem freundlichen jungen Mann aus der Fraktion „Habsch gestern voll krasse BMW Ehssechsundreißisch gesehen!!“ der jede Position nochmals wiederholte und zwei kleine Fragen direkt in der Küche klärte, sehr nett.
Um kurz nach neun wurde brüllend heiß und nicht minder freundlich geliefert, an den gebratenen Nudeln habe ich mir fast die Finger verbrannt und sprintete fast mit dem so ungeschickt angefassten Behälter in die Küche wo kaltes Wasser Abhilfe versprach.
Nichts roch nach altem Fett oder triefte von selbigem, die Suppe duftete ebenso verheißungsvoll wie die beiden Hauptgerichte, das hätte schon optisch schlimmer kommen können:
| Vorspeisen |
Tom Kha Gai – 3,50€
Gebackene Garnelen – 4,50€
Gebackene Wan-Tan – 3,00€
Kroepoek – 1,50€
„Pikante“ Sauce – 2,00€
2019 „Tamashi“, Cuvée Riesling & Grauburgunder, Weinhof Dietrich, Großkarlbach, Pfalz
Thailands gefühlte Nationalsuppe, die Tom Kha Gai, sollte eine sehr positive Überraschung darstellen, nicht nur die zu erwartenden Aromen von Kokosmilch, Galgant und Zitronengras waren klar zu vernehmen, sondern die Suppe wurde auch auf einem soliden Fond aufgebaut, Helferlein in dieser Hinsicht waren nirgends zu schmecken, dass man hier mit Glutamat kocht glaube ich dennoch felsenfest.
Tom Kha Gai
Üppige Einlage aus Champignons, etwas Karotte und Bambus sowie zartes mageres Hühnerfleisch, die Brühe mit idealer Schärfe, in Summe eine sehr wohlschmeckende Angelegenheit, zumal zu diesem kleinen Preis, würde ich jederzeit gerne wiederbestellen!
Die gebackenen Garnelen, Ebi Tempura, könnten durch die ungleichmäßige Ausführung durchaus hausgemacht sein, was sich mit der Selbstdarstellung auf der Homepaghe decken würde aber ich gebe zu, dass ich in dieser Gastronomie da stets sehr vorsichtig bin und das nicht glaube. Das ist aber vielleicht auch ein eher gemeines Vorurteil, ich sage nur Stichwort „Hollandaise“ in der ach so ehrlichen germanischen Gastronomie.
"Gebackene Garnelen"
Der Teig ist mir bei dieser Zubereitung eigentlich fast immer zu dick, wobei sich hier die Relation Teig / Garnele noch in stimmigen Dimensionen bewegte. Die Garnelen waren noch saftig und man konnte sie, wie die Wan-Tans problemlos als Fingerfood behandeln, ohne dass man sich nach jedem Exemplar die Hände waschen musste.
Dazu gab es Süß-Sauer-Soße, die nicht nur die übliche Charakteristik besaß, sondern noch eine gewisse Tiefe, die mich etwas an Five-Spice-Powder erinnerte, lecker.
Süß-Sauer-Sauce
Ich dachte eigentlich, die „pikante Soße“ auf der Karte wäre in der Menge ähnlich bemessen, wurde aber für die zwei Euro in einer Menge geliefert, mit der man ein Wokgericht für zwei Personen hätte zubereiten können.
„Pikante“ Sauce
Sie sollte an eine klassische Kun-Bao Soße erinnern, hätte aber mehr Schärfe vertragen können und etwas mehr Raffinesse, da war mir etwas zu viel Asia-Generik im Spiel, aber das ist auch etwas spitzfindig angesichts dieses Preises.
Die frittierten Wan-Tans überzeugten weniger mit ihrer zwar schmackhaften, aber relativ knapp bemessen vegetarischen Farce im Inneren, als mit einem Teig in idealer Dicke und ebensolchem „Garpunkt“.
Gebackene Wan-Tan
Herrlich knusprig, überhaupt nicht fettig und durch den dünnen Teig auch nicht unangenehm sättigend, prima Vorweg-Snack-Dip-Spaß, jedes Exemplar machte Lust auf das nächste.
Ich persönliche hasse Kroepoek aber Madame liebt es abgöttisch und war sehr zufrieden, warum Dinge toll sind, die aussehen wie Verpackungsfüllmaterial und für meinen Gaumen auch so schmecken, ist mir schlicht unbegreiflich. ;-)
Kroepoek
Den begleitenden „Konzept-Wein“ von Dietrich aus der Pfalz, der in Kooperation mit einem bekannten Weinhändler entstand, hatte ich schon länger gebunkert, da ich eigentlich im Lockdown auch mal Sushi bestellen wollte, wozu es jedoch nie kam.
2019 „Tamashi“ (hübsches Etikett, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet wegen Hochformat)
„Der richtige Wein öffnet den Weg zum Genuss des Sushi!“ heißt es auf dem Rücken der Flasche und es hat einen Grund, warum renommierte japanische Häuser wie das Bochumer Takeshi diesen Wein anbieten.
Die fein balancierte Restsüße macht schon fast einen feinherben Eindruck und passte ideal zu den heutigen Saucen, vor allem auch bei meinem folgenden Hauptgericht. „Der Riesling bringt die Frucht, die Klarheit, die Finesse und das Spiel hinein. Der Grauburgunder komplettiert dabei diesen Wein mit viel Schmelz, einer zarten Rundheit sowie einer tollen Länge. Perfekt selektioniert zu Sushi.“ schreibt der kompetente Handel auf weine-feinkost.de über diese gelungene Cuvée, ganz prima zu diesem Preis.
| Hauptgerichte |
Gebratene Udon mit Rindfleisch – 8,50€
Japan Sesam Duck – 9,50€
In der japanischen Sektion der Karte setzt man teilweise auf englische Titel der Gerichte, was ich aber in diesem Asia Kontext erträglich finde, zumindest ist die „healthy Hipster Bowl“ in weiter Ferne.
Meine Knuspel-Ente mit Sesam, Teriyaki-Sauce und gekochtem Reis wurde so zur Japan Sesam Duck aber das sollte meiner grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem Gebotenen keinen Abbruch tun.
"Japan Sesam Duck"
Das Fleisch lag nicht auf oder in der Sauce und war auch nach dem Warmhalten im Ofen noch gesteigert knusprig. Was viele gar nicht realisiert haben ist, dass das Fleisch bei den Asia-Knusper-Enten Gerichten nicht automatisch von der Entenbrust stammt, wenn es nicht so deklariert wird.
In den allermeisten Fällen handelt es sich um entbeintes Keulenfleisch, das sich m.E. teilweise auch besser zum Liefern eignet, da es saftiger bleibt.
Und das tat es, es war nicht im Ansatz trocken, schön zart und wie erwähnt noch mehr als hinreichend knusprig – „duckycrispylicious!“ würde der verehrte Kenji López-Alt vielleicht urteilen.
In der leicht süßlichen, gelungenen Teriyaki befand sich neben einer generösen Menge weißen Sesams, der auch gut durchschmeckte, noch bissfest gegarte Gemüse: Broccoli, Blumenkohl, Champignons, Zwiebeln, Paprika und grüne Bohnen.
Das war im Rahmen eines solchen Angebotes zu diesem Preis völlig OK und ließ sich mit Appetit verspeisen, das geht in diesem Genre doch erheblich schlechter!
Seitdem „gebratene Udon Nudeln“ vor einiger Zeit mal ein von mir entdecktes Tagesrezept auf einer der einschlägigen Rezeptseiten war, liebt meine bessere Hälfte diese Variante sehr.
Gebratene Udon mit Rindfleisch
Wir hatten sie mit frischen Nudeln aus dem Asia Laden (grrrrr…..ich habe mich gerade zum 20. Mal bei Asia vertippt und „Asis“ geschrieben, sollte mir das einmal unentdeckt durchgehen ist es nur Flüchtigkeit und kein flacher Witz….) zubereitet, die noch erheblich dicker sind als die hier abgelichteten.
Die Mitesserin war sehr angetan, das Fleisch war zart, die Sauce und das Gemüse ähnelte sehr meinem Gericht bzw. war exakt deckungsgleich, da es sich natürlich auch um ein Gericht aus der Japan Ecke der Karte handelte.
Würde auch sie jederzeit wieder bestellen wenn es zu einer Wiederholung kommt soll ich ausrichten, dem komme ich hiermit natürlich untertänigst nach.
| Dessert |
Tirami… (kleiner Scherz…)
Gebackene Banane – 3,00€
Gebackene Ananas – 3,00€
Die beiden einzigen Optionen bei den Desserts: die in Tempura ausgebackenen Früchte mit Honig, zumindest ohne erstere wäre kein Asia Buffet komplett möchte man meinen.
Gebackene Banane & Ananas
Rein kulinarisch gesehen sicher Kindergeburtstag vom Feinsten aber der kann ja auch gut gefallen, zumal wenn die Dinge frisch zubereitet werden und nicht schon seit 90 Minuten auf einem Buffet rumlungern.
Natürlich hatten sie etwas gelitten im Ofen, war aber immer noch knusprig und weit entfernt von Pamp, vielleicht auch, weil man es mit dem Honig etwas sparsam meinte.
War aber kein Beinbruch, wir haben immer ein paar schöne Honige da – Deinen, lieber Carsten, wollte ich heute aber nicht opfern bzw. neu anbrechen – und somit verhalf etwas regionaler Bio Waldhonig aus eigenem Bestand zum nötigen Glanz obenauf.
Dass die Ananas nicht unbedingt erlesene Flugware sein konnte dürfte auf der Hand liegen, aber meine Güte, das Ganze schmeckte so wie es sollte, kam aus frischem Fett ohne jeden Fehlton: so infantil, so lecker, Punkt.
Die Vorspeisen und das Dessert schafften wir an diesem Abend, von den Hauptgerichten blieb noch etwas übrig. Ich war angesichts der Witterung zufrieden mit meiner Wahl, denn die eigentlich anvisierte deftige Brauhausküche wäre an diesem Abend etwas für die ganz Hartgesottenen gewesen, die sich auch in den Tropen bei 34 Grad in der Regenzeit Grünkohl mit Mettwurst in den Schädel schaufeln könnten – und dazu gehöre ich leider nicht.
Fazit
Für das, was wir bezahlt haben und angesichts dessen, was ich mit solchen kleinen Asia Restaurants schon erleben musste, war das aller Ehren wert in punkto dessen, was man darstellen will und ich erwartet habe. Grundsolide vier Sterne für die Küche und gelungenes, im Besten Wortsinne „preiswertes“ Essen mit Luft nach oben in Details.
Den Service sehe ich wie immer wenn Freundlichkeit am Telefon und bei der – pünktlichen bzw. in diesem Falle schnellen – Lieferung vorherrscht, sowie die Speisen gut und sicher heiß geliefert werden bei fünf Sternen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich ebenfalls bei guten vier Sternen, das passte alles.
Bei der Gesamtwertung komme ich im Kontext der Solinger Asia Lieferdienste ebenfalls auf gute vier Sterne und damit ist Asia HG für meine Begriffe der beste unter ihnen, denn der Rest hätte teilweise mit zwei Sternen leben müssen, je nachdem wo man was bestellt.
Daher eine Empfehlung, und dennoch bleibt in Sachen Asien immer der neidische Blick nach Köln und Düsseldorf, wenn man denn neugierig ist und weiß, dass der Kontinent weitaus mehr zu bieten hat, als das, was man in Solingen auf den einschlägigen Karten findet…
Leider machte der Freitagabend alle vorsichtig geschmiedeten Pläne für ein Essen in einer Außengastronomie wirkungsvoll zunichte, schon den ganzen Tag schüttete es in gewittrigen Episoden wie aus Eimern und am Abend zogen dann weitere heftige Gewitter durchs Land und das Wochenende sollte nicht besser werden.
Das tat mir leid für die hiesige Gastronomie, Anfang letzter Woche kündeten viele noch freudig von der Wiedereröffnung der Terrassen, am Freitag las ich dann vermehrt, dass einige am Wochenende gar nicht öffnen würden, weil... mehr lesen
Asia HG
Asia HG
€-€€€
Restaurant, Lieferdienst, Take Away
021212850305
Klosterwall 1-3, 42651 Solingen
4.0
stars -
"Lockdown Chronicles – The Final Episode: Solider Wok-Express für akute Asia-Gelüste"
Shaneymac
Leider machte der Freitagabend alle vorsichtig geschmiedeten Pläne für ein Essen in einer Außengastronomie wirkungsvoll zunichte, schon den ganzen Tag schüttete es in gewittrigen Episoden wie aus Eimern und am Abend zogen dann weitere heftige Gewitter durchs Land und das Wochenende sollte nicht besser werden.
Das tat mir leid für die hiesige Gastronomie, Anfang letzter Woche kündeten viele noch freudig von der Wiedereröffnung der Terrassen, am Freitag las ich dann vermehrt, dass einige am Wochenende gar nicht öffnen würden, weil
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Über Selbstdarstellungen und Erwartungshaltungen - und die Freude über den ersten Restaurant-Besuch seit sieben Monaten..."
Verifiziert
4
Geschrieben am 03.06.2021 2021-06-03 | Aktualisiert am 04.06.2021
Besucht am 02.06.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 102 EUR
Hurra, auch in der Klingenstadt geht es voran mit stetig sinkenden Inzidenzen, wenn auch leider nicht so schnell wie bspw. im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo schon jetzt die Gastronomie im Außen- und Innenbereich ohne Test-Pflichten ihren Betrieb wieder halbwegs normal führen kann.
Hier entfällt wohl ab Sonntag zumindest die Testpflicht für die Außenflächen und die Innenräume dürfen mit Reservierung und vorherigem Test der Gäste wieder öffnen, allerdings sieht das Wetter bis Anfang der Woche erst einmal gesteigert „durchwachsen“ aus, so daß der Neustart des hiesigen Gastgewerbes insgesamt etwas holpriger verläuft, als von der Branche erhofft – zumal es auch für heute und morgen wetterbedingt zig Absagen hagelte, wie ich gestern gleich von zwei Seiten hörte.
Bis gestern Nacht war die Witterung in den letzten Tagen jedoch ein einziger Sommernachtstraum, Sonne pur bei 23-26 Grad und am Himmel höchstens ein paar malerische Quellwolken, herrlich.
Das weckte mit Blick auf die nette kurze Woche mit dem obligaten „Brückentag“ doch so einige Lebensgeister und wir entschlossen, am Mittwochabend endlich den ersten Restaurantbesuch seit Oktober anzugehen.
Wie viele dachte ich auch zunächst mal an die eigenen Lieblinge, Frau Shaneymac kam wenig überraschend mit ihrem geliebten Pasta Fresca Russo um die Ecke und ich überlegte, wo man nett draußen sitzen und kulinarisches Neuland vereinen könnte.
Da fiel mir ein, dass mir nur zwei Tage vorher abends mal wieder ein netter Zeitgenosse auf Facebook schrieb, der mir nicht nur wortreich mitteilte, dass er meine Bewertungen durch meine Corona-Support-Posts sehr zu schätzen gelernt habe und nicht nur jeden Lockdown Bericht geradezu verschlungen habe – guter Mann!!!1!! :-) - sondern mir auch die Villa Zefyros sehr ans Herz legte für einen Besuch; schließlich seien er und seine Familie seit Jahren begeisterte Stammgäste.
Ich bin immer dankbar für solche Tipps - so brutal subjektiv sie auch meist sind - hatte das Restaurant allerdings schon im Frühsommer 2014 besucht (die Älteren werden sich erinnern, beim wie immer hochengagierten Versuch das Haus ansprechend abzulichten zu wollen wurde ich beinahe von einem O-Bus der Solinger Stadtwerke überrollt) und auf restaurant-kritik.de recht wohlwollend-mittelprächtig bewertete.
Damals leider nur den Mittagstisch, der mit festen Tellergerichten nur wenig von dem abendlichen, Tapas-ähnlichen Konzept transportierte, welches das Haus eigentlich auszeichnet bzw. seine Philosophie darstellt, ein Besuch am Abend war daher schon seit Jahren vorgesehen.
Den lauschigen Garten hatte ich schon aus den Jahren zuvor, als das Restaurant unter den vorherigen Pächtern nur „Villa“ hieß in bester Erinnerung, das alles klang doch wie ein gutes Gesamtpaket für den Saisonauftakt nach dem Lockdown und auch Madame hatte schnell ein paar für sie ansprechende Dinge auf der Karte erblickt.
Ich buchte problemlos online einen zeitnahen – eine Stunde vorher - Schnelltest für die Drive-Thru Teststelle auf dem großen Parkplatz an der Klingenhalle und das sollte alles sehr routiniert vonstattengehen, wenn es auch wie ein bizarr-dystopischer Moment mit einer gewissen Kubrick’schen Dimension anmutete.
In den Genossenschaftshäusern zur Linken lebten meine Großeltern mütterlicherseits, in der Klingenhalle gab es u.v.a. den schulischen Schwimmunterricht, ein paar Meter weiter trainierten wir in jungen Jahren mit dem American Football Verein, ein Areal mit vielen persönlichen Erinnerungen.
Drive-ThruTest-Premiere
Und keine 30 Jahre später sitzt man dort im Auto, ein junger Mann aus dem asiatischen Raum im weißen Schutzanzug stochert wortkarg mit einem Stäbchen in meiner Nase herum und wenig später lädt man sich das ersehnte „Freispruch-PDF“ herunter, nur um Abends im Freien etwas essen zu dürfen. Vielleicht besser, dass meine Großeltern das alles nicht mehr erleben mussten, verstanden hätten sie das alles in ihren letzten Jahren nicht mehr dachte ich, als ich vorab kurz in der Schlange stand.
Das sollte aber am Abend schon fast wieder vergessen sein, als wir am Parkplatz des Restaurants in der sich neben dem LVR Industriemuseum befindlichen, ehemaligen, im historistischem Stil erbauten Unternehmer-Villa der Solinger Gesenkschmiede-Dynastie Hendrichs ankamen.
Angekommen....
Zur besseren Einordnung meiner folgenden Zeilen hier die kurze Selbstdarstellung des Restaurants, das sich recht selbstbewusst gibt:
„Griechische Küche modern interpretiert im exklusiven Ambiente der Villa Zefyros.
Ein besonderes kulinarisches Erlebnis in Solingen!
Alle unsere Gerichte sind typisch griechisch, dennoch verzichten wir auf Gyros und überladene Fleischplatten. Inspiriert von traditionellen Rezepten, versuchen wir unsere Gäste mit neuen Zutaten und besonderen Geschmacksnoten zu begeistern.
Unser Fokus liegt auf der Zusammenstellung authentischer griechischer kalter & warmer Vorspeisen- der "Pikilia". Nach griechischer Art werden diese am Tisch präsentiert und von jedem persönlich nach den eigenen Vorlieben zusammengestellt.“
Straßenbild
Nun, sollte es in Solingen tatsächlich ein Restaurant vom Format des Kölner „phaedra“ von Kostas Tzikas geben, das zeigt, was moderne gehobene griechische Küche abseits der Fleischberg-Pommes Teutonen-Grills zu bieten hat?
Nein, aber das war mir vorab schon klar nach dem Sichten der Karte, aber ich war sehr gespannt, und damit geht es nun without much further ado endlich zum reservierten Tisch, an dem wir nach einer netten Begrüßung durch einen der beiden rüstigen, liebenswürdig agierenden älteren Herrn im Service platziert wurden, das Ambiente hinter dem Haus empfinde ich als gepflegt und ansprechend.
der Garten
Die Karten wurden gereicht, überschaubarer Umfang im A4-Querformat im gepflegten schwarzen Einband, Entspannung und vorfreudiges Aussuchen nahm sich willkommenen Raum.
Eine gute gekühlte Flasche Wasser, Haaner Felsenquelle Medium fand zum fairen Preise von 4,90€ bald ihren Weg auf den Tisch und auf Wunsch nur wenige Momente später ein gepflegter Flaschenkühler aus Plexiglas - meine Tischgenossin labte sich derweil an einer Fassbrause, die 0,33l Gastro-Flasche zu 2,80€.
Bei der Bestellung sagte ich ausdrücklich, dass wir zunächst einige von den kalten Vorspeisen probieren würde, DANACH einige warme und schließlich Hauptgang und Dessert, was leider nur bedingt funktionieren sollte, aber dazu gleich mehr.
Ein kleines Amuse gab es nicht und nur kurze Zeit später sollte tatsächlich – je nachdem welche griechische Gastronomie man im Sinn hat - sehr authentisch am Tisch eine kleine Auswahl von kalten Mezedes präsentiert werden, die man sich für faire drei Euro pro Tellerchen zu Gemüte führen kann; wir suchten uns vier nette aus und das Menü nahm seinen Lauf….
Mezedes Präsentation am Tisch
| kalte Vorspeisen |
Zu je drei Euro:
Tzatziki
Rote-Beete-Salat
Oktopus-Salat
Kichererbsen mit Thunfisch
2018 St. Elias Assyrtiko, Domäne Papaioannou, Peloponnes, Griechenland – 0,2l zu 7,60€
Insgesamt bietet man momentan folgende Auswahl:
· Tzatziki
· Taramas (Fischroggencreme)
· Rote-Bete-Salat
· Meeresfrüchtesalat
· Oliven & Peperoni
· Dicke Bohnen in Tomatensauce
· Eingelegte Sardellen
· Chtipiti (pikante Schafskäsecreme)
· Fava (gelbes Linsenpüree) mit Balsamicozwiebeln
· Kichererbsen mit Thunfisch
· Florines (gegrillte, eingelegte Spitzpaprika)
Ich denke man muss nicht spitzfindig sein, um festzustellen, dass „Griechische Küche modern interpretiert“ doch eher andere Erwartungen weckt als Klassiker wie Taramasalata, Gigandes und Co., auch wenn ich den Rote Bete Salat und das Linsenpüree eher ungewöhnlich fand, was Balsamico mit Griechenland zu tun hat, fragte ich mich schon 2014 und auch heute mehrmals an diesem Abend.
die kleine Auswahl mit Brot
Der die das Tzatziki war mit dem frischen Brot natürlich trotzdem Pflichtprogramm und es sollte mir sehr gut gefallen, viel guter griechischer Joghurt, fest-cremig in der Textur, schmeckte wie gelungen selbst gemacht nur wie fast immer mit weniger Knoblauch als erhofft, dennoch mit der Beste, den ich in Solingen bislang serviert bekam.
Tzatziki
Der Rote-Bete-Salat kam mit angeröstetem weißen Sesam, milden Zwiebeln und einigen Kräutern, ich mag keine Rote-Bete und er war die Wahl von meiner Begleiterin, trotzdem probierte ich und war sehr angetan, dieses erdig-muffige was ich an ihr – der Bete, ausnahmsweise nicht der Begleiterin – nicht mag, war kaum vorhanden; lecker.
Rote-Beete-Salat
Der Oktopus-Salat gefiel mir optisch gut, Sellerie, Zwiebeln und Paprika fein gearbeitet, der Meeresbewohner war bis auf einige größere Stücke durchgehend sehr zart, die Ausnahmen nicht steinhart oder Gummi sondern nur mit spürbar mehr Biss als der Rest. Leider sehr, sehr flach in der Aromatik, was so farbenfroh aussieht übersetzte sich auf dem Gaumen in flach-säuerliche Paprika-Tristesse.
Oktopus-Salat
Wesentlich aromatischer ging da der kleine sommerlich-rustikale Kichererbsen-Thunfischsalat zur Sache, unter anderem eine spürbare Zugabe von frischem Dill machte das Ganze zu einem gelungenen kleinen Sommersalat, für den jede gerne kochende Hausfrau auf einem nachbarschaftlichen Grillfest sicher zu Recht viel Lob verdient hätte (…).
Kichererbsen mit Thunfisch
Für mich eine große Freude dann der begleitende Wein, Assyrtiko wird auch manchmal als der Riesling Griechenlands bezeichnet und gilt als der Archetyp eine der besten weißen Reben des Landes, viel gelbe Frucht, Walnuss, Kräuter und eine erfrischende Säure abseits jeglicher Retsina-Albtraum Welten – griechischer Wein wird immer noch sträflich unterschätzt, nicht zuletzt wegen der ganzen schrecklichen Plörre in den allermeisten Fleischberg-Griechen.
Die Auswahl gepflegter griechischer Weine überzeugt, abseits davon gibt es allerdings keine Optionen, wer hier bspw. seinen geliebten deutschen Grauburgunder zum Fisch oder eine schwere australische Cuvée zum Fleisch sucht wird nicht fündig, was ich für verschmerzbar halte aber im Rahmen der ambitionierten Selbstdarstellung auch etwas dünn.
Die kalten Vorspeisen in Summe gut, der Wein schmeckte überraschend gut und es war ein schöner Moment, nur die „moderne Interpretation“ griechischer Küche habe ich vergebens gesucht.
Nun folgte der wie ich finde gravierendste Patzer des Service. Ohne vorherige Nachfrage wurde, nachdem wir erst etwas über die Hälfte der verschiedenen Portionen gegessen hatten, die warmen Vorspeisen serviert.
Und das obwohl ich ausdrücklich gesagt hatte, erst nach den kalten Mezedes die warmen zu wollen, und das impliziert für mich ein vorheriges Abräumen ersterer und kein Hinzustellen zu noch halb gefüllten Tellerchen. Zumal die Terrasse nur halb gefüllt war, los werden wollte man uns in keiner Weise, es war wohl schlecht mit der Küche abgestimmt, anders kann ich mir da nicht erklären.
Diese herrlich duftenden Dinge zurückgehen zu lassen war natürlich undenkbar, wir räumten mit vereinten Kräften um und schufen Platz, der Abend war einfach zu schön um sich über so etwas wirklich zu ärgern in diesem Moment.
| warme Vorspeisen |
saganaki garides – Gambas in Tomaten-Chilisauce mit Schafskäse (pikant) – 9,90€
gavros – gebratene Sardellen mit Olivenöl und Zitrone – 7,50€
manouri - Gegrillter Käse mit Feigengelee, Honig und Walnüssen – 8,50€
Auch bei den warmen Vorspeisen regierte fast ausschließlich Meze-Klassik, wenn auch in gepflegter Bandbreite mit erfreulich maritimem Schwerpunkt, frischer Fisch wird hier tagesaktuell angeboten, ein Plus.
Die gebratenen mehlierten Sardellen sind für mich ein wenig die Quintessenz eines griechischen Sommerabends in einer Hafen-Taverne, ich gab reichlich Zitronensaft obenauf und genoss die frisch aus der Pfanne gekommenen kleinen Leckereien von ganzem Herzen, „Urlaub auf dem Gaumen“ und damit 10 Floskel-Peitschenhiebe für den Herrn vor dem Keyboard. Ein kleiner Hochgenuss, insbesondere zusammen mit dem herrlichen Tsatsiki.
gebratene Sardellen mit Olivenöl und Zitrone
Nett die Präsentation, die Salat Garnitur und die unsägliche Balsamico Kleckserei eher weniger, aber dieses feine Kräuteröl, das später auch beim Lamm zu finden war, fand ich bemerkenswert.
Nicht minder gelungen meine Garides Saganaki, die Sauce wurde mit einem ordentlichem Schuss Ouzo versehen, der Feta war cremig und eher mild, die vier Garnelen selbst von einer sehr anständigen Qualität und Sortierung, sauber entdarmt, Kopf und Schwanzende noch vorhanden, das mittige Fleisch konnte problemlos mit Besteck vom Rest befreit werden.
Gambas in Tomaten-Chilisauce mit Schafskäse
Die Größe der Garnelen so bemessen, dass man jede ausgelöste Portion nochmals teilen musste, guter, leicht süßlicher Eigengeschmack wenn auch sicher keine Spitzenqualität.
Nur den Chili habe ich fast gänzlich vermisst, „Oh, NOCH schärfer?“ fragte mich der Kellner überrascht, als ich in dies hernach wissen ließ. Ich bin wirklich kein Capsaicin Junkie mit abgestorbenen Geschmacksnerven aber der, für den das „pikant“ war bekommt sicher auch beim Gedanken an Tomatenmark Schweißausbrüche.
Auch hier die Präsentation trotz einiger Saucenkleckser recht nett, frischer grober Pfeffer auf der breiten Tellerfahne, nur die ausgebackenen dünnen Knusperstangen habe ich nicht verstanden, taten aber auch nicht weh.
Würde ich trotzdem jederzeit wieder bestellen, in Summe schön und das Dippen der Sauce und der natürlich noch vorhandene begleitende Wein aus der Peloponnes machten viel Freude.
Manouri ist ein mit dem Ricotta verwandter griechischer Frischkäse lehrt uns das WWW, die Dame am Tisch hat ein Faible für gebackenen Feta mit Honig und Sesam und Co. und das Gericht genau ihr Ding.
Gegrillter Käse mit Feigengelee, Honig und Walnüssen
Feigen als Gelee, Feigen-Frucht und geröstete Walnuss begleiteten das Ganze, dekoriert wurde mit weißem Sesam, roten Beeren und leider auch wieder völlig überflüssigem Balsamico.
Ich finde das in griechischer Küche absolut verzichtbar, hier will ich doch den Käse schmecken, dessen Säure dann mit den süßen Elementen gekontert wird. Wenn man hier glaubt, mit italienischem Essig die hellenische Süße bereichern zu müssen sollte man vielleicht über die Balance im Gericht nachdenken; völlig unnötig: optisch, stilistisch und geschmacklich.
Aber die Käsebestellerin war zufrieden, dazu ist die Grundanlage des Gerichtes einfach zu nah an ihrem Genusszentrum und sie ist da auch sehr pflegeleicht in solchen Fragen.
An dieser Stelle Lob für den Service, es wurde stets höflich und dezent nach der Zufriedenheit gefragt, während und nach den Gängen, was sich noch im Sinne des Lokals auszahlen sollte bei meinem Hauptgericht.
Ich bat ausdrücklich um mindestens 15 Minuten Abstand bis zu jenem, was kein Problem sein sollte, „eher noch etwas mehr weil gerade mehrere Tische bekocht werden“, super, sehr willkommen!
| Hauptgerichte |
paidakia – Lammkoteletts aus der Krone im Tomaten-Kräuterbett mit Kartoffelecken - 19,90€
koto salata – Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen – 12,80€
2017 Atlantis, Mandilaria & Mavrotragano, Estate Argyros, Santorini, Griechenland – 0,1l zu 4€
Auch bei den Hauptgerichten sucht man eher vergebens nach wirklicher Kreativität, auch wenn Dinge wie „kotopoulo – Hähnchenbrustfilet in Honig-Thymiansauce mit feiner Chilinote und Reis (pikant)“
oder mosharisio sikoti – Kalbsleber mit Kräuterjus und hausgemachtem Kartoffelstampf durchaus nach Abwechslung klingen in Hinblick auf die griechische Gastro-Küche in Deutschland.
Aber sind Gerichte wie „biftekakia – Fleischbällchen gefüllt mit Schafskäse auf einer pikanten Tomatensauce und Reis“ oder „piato zefyros – Bifteki, Lammkotelett, Souvlaki, Hähnchenbrustfilet, dazu Kartoffelecken“ wirklich Ausdruck von „Griechische Küche modern interpretiert“?
Meine Lammkoteletts sollten zunächst herrlich nach Grillaromen duften, auch wenn man leider über keinen Holzkohle-Grill verfügt, was in einer denkmalgeschützten Immobilie wie der Villa Hendrichs auch sicher schwierig sein dürfte.
Lammkoteletts aus der Krone im Tomaten-Kräuterbett mit Kartoffelecken
Den Balsamico nahm ich wieder resigniert zur Kenntnis, dekoriert wurde abermals noch mit roten Beeren, dem nett anzuschauenden Kräuteröl (wer braucht da noch Crema di Balsamico???) sowie etwas Olivenöl und recht plump drapierte unbehandelte Kirschtomaten
Die Kartoffelecken waren auf Nachfrage ausdrücklich hausgemacht und hätten etwas mehr Würze nach dem Frittieren vertragen können, ansonsten gelungen wenn auch sehr uninspiriert als Beilagen, Kartoffelecken erinnern mich im Bestfalle immer an Ausflugsgastronomie.
Das Wort „Tomaten-Kräuterbett“ weckte Erwartungen an ein lauwarmes Tomatenragout, das von mediterranen Kräutern und Geschmack nur so strotzt. Die Tomaten musste ich leider ebenso suchen wie geballtes Kräuter-Aromenfeuerwerk, das war ein fein gearbeitetes, vielleicht etwas fades Pfannengemüse in dem Zucchini den Ton angab.
An dieser Stelle wurde das Versprechen der Karte leider nicht gehalten, Formulierungen wecken eben entsprechende Erwartungen!
Mein Wein wurde gebracht, als ich mich gerade an das Fleisch machte und als man mich fragte, ob alles ok sei, musste ich leider gestehen, dass es zwar nicht total staubig aber auch nicht mehr im Ansatz medium war, gefragt hatte man mich auch nicht.
Ich schnitt auch das größte Stück an um es zu demonstrieren und das war dem Herrn im Service – ich glaube es war der Betreiber mittlerweile – doch sichtlich unangenehm, er bot sofort an den kompletten Teller zurückzunehmen.
Nun war es ja nur aufgrund eines überschrittenen Gargrades alles andere als ungenießbar und es widerstrebt mir zutiefst, tierische Produkte wegzuwerfen, dafür habe ich zu viel Respekt vor den Tieren und nein, so etwas geht nicht in meiner Welt.
Er bot daher an, mir noch einen Nachschlag zu geben, ich solle essen was mir schmeckt, aber das wollte er anscheinend auch nicht auf sich sitzen lassen.
So kam ich wenig später zu einem „Pre-Dessert“ auf griechische Art, dickere Koteletts frisch vom Grill, diesmal rosa wie erhofft, eine nette Geste und ich denke für beide Seiten eine gute Lösung.
Darauf bestand man...
...zweiter Aufschlag spot on!
Das Lamm war übrigens ausnehmend köstlich und zart, das Gericht als solches auch sehr schmackhaft, das größte Manko war die tomatige Enttäuschung.
Wenig enttäuschend hingegen die begleitende Cuvée zweiter autochthoner Reben aus Santorini, vollmundige reife rote Früchte, elegante Tannine, überraschend gut aber ich glaube auch, dass die gewisse Urlaubsstimmung und Freude über den Abend beim moderaten Weingenuss auch eine Rolle gespielt haben was meine Zufriedenheit angeht. Ob mir die Weine auch bei 10 Grad und Regen im Wohnzimmer geschmeckt hätten sei dahingestellt.
Der Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen war die „mutige“ Wahl von Madame, die Qualität des Salates war bemerkenswert, unfassbar frisch und dabei vielfältig in der Zusammenstellung, so mancher „Wildkräutersalat“ hat seinen Namen ja kaum verdient wie ich meine.
Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen
Das Dressing eher simpel mit Essig und Öl und das ein Salat das einzige Gericht war, bei dem man optisch auf die geliebte Balsamico-Creme verzichtete rang mir ein kleine Schmunzeln ab.
Was der mittige Maiskolben mit Griechenland zu tun hat weiß ich nicht, aber er sollte der Salat-Vertilgerin ausdrücklich gut schmecken solle ich anmerken, wie auch der Rest des Gerichtes.
Nun ja, es hätte sicherlich interessantere Optionen gegeben und ich denke das Gericht wird mit Absicht so generisch gehalten, ohne Geschlechter-Klischees bemühen zu wollen eine typische Option für die unentschlossene Dame auf der Suche nach einem „leichten“ Hauptgericht.
| Dessert |
semi fredo – Parfait aus original Toblerone-Schokolade mit karamellisierten Mandeln – 5,90€
granita – Prosecco-Zitronensorbet (auf Wunsch alkoholfrei)- 5,90 €
Mein Sorbet wollte ich eigentlich solo ohne italienisches Frizzante-Blubberwasser und hier patzte der Service nochmals, die Küche verstand es so, als ob ich einen Ersatz dafür wollte und mixte aus Bitter Lemon und frischem Zitronensaft einen Ersatz.
Prosecco-Zitronensorbet (auf Wunsch alkoholfrei)
Das sollte zwar sehr gut schmecken, aber ich hatte mich einfach nur auf ein, zwei schöne große Nocken Sorbet gefreut und so komplex war meine Bitte ja nun auch nicht.
Bei den Desserts scheint man seine italophile Seite komplett auszuspielen, das Parfait steht als „semi fredo“ an der Stelle auf der Karte, wo sonst die griechischen Bezeichnungen stehen, das macht sicher der dauernde Umgang mit Balsamico! ;-)
Parfait
Auf der anderen Tischseite schwelgte man in Lob, nur die Himbeeren und Blaubeeren waren nicht mehr ganz taufrisch, das Parfait selbst handwerklich perfekt – ich unterstelle an dieser Stelle mal die hausgemachte Variante – und nicht im Ansatz kristallin. Ich probierte und ja, das kann man sicher so haben, wunderbar sahnig und der Geschmack der ikonischen Schweizer Schoki kam klar durch, sicher kein Meilenstein der Patisserie aber ein durchaus gelungener, stimmiger Schlusspunkt.
So langsam leerte sich der Garten, ich bat um die Rechnung, widmete mich einem verbliebenen Schluck Rotwein und rauchte eine gute Zigarette, dem Zauber des Momentes des ersten Restaurant Besuches seit sieben Monaten konnten die erwähnten Kulinarik-Kritikpunkte nur wenig anhaben.
Wir plauderten noch ein wenig mit dem vermeintlichen Pächter, einem sympathischen Herrn Ende fünfzig, und ich konnte die Rechnung per EC Karte begleichen, Trinkgeld wie immer in bar.
Die Verabschiedung erfolgte freundlich-herzlich, ich war nicht unzufrieden mit dem Abend, auch wenn ein Fazit selten so schwierig war wie heute:
Fazit
Wer sich die Selbstdarstellung des Restaurants anschaut, dies alles wörtlich nimmt und hier die Solinger Ausgabe von Perlen wie dem Kölner „ phaedra“ erwartet und sich nicht vorher ein Bild macht würde sicher erbost auf den erwähnten Kritikpunkten herumreiten und enttäuschte zwei Sterne für die Küche geben, auch und vor allem angesichts des Angebotes.
Diese Erwartungshaltung hatte ich nicht, dennoch würde ich mir hier mehr Mut wünschen, bei allem Verständnis dafür, dass Solingen nicht Köln ist und man schauen muss, wie man sich in der Hochburg des gepflegten Gyros-Tellers behaupten kann.
Aber trotzdem finde ich die eigenen Ansprüche bzw. den Claim „Griechische Küche modern interpretiert“ doch etwas irreführend wenn ich ehrlich bin.
Dennoch bewerte ich das, was ich bekommen habe, ohne mich auf Dinge wie die Balsamico-Manier zu stürzen oder das Lammgericht zu verteufeln, weil etwa das Tomaten-Bett so gar nicht wie in der Karte beschrieben ausfiel.
Unter dem Strich in Teilen sehr gelungene, wenn auch sicher nicht kreative Vorspeisen in kalt und warm, befriedigende Hauptgerichte und ein gutes Dessert, angesichts dessen, dass ich hier über 100 Euro für das Essen gezahlt habe, komme ich in Summe dennoch „nur“ auf gute 3,7 und damit auf leider abzurundende 3,5 für doch eher klassische, wenn auch Gyros-befreite, griechische Kost bzw. die Küche.
Den Service sehe ich so wie erlebt bei guten vier Sternen, die beiden Patzer beim Vorspeisen Timing und dem Sorbet kosten einen Stern, das war ärgerlich, dennoch wie beschrieben höflich, zuvorkommend und hinreichend präsent, zudem vorbildlicher Umgang mit meiner kleinen Reklamation wegen des Lamms.
Das Ambiete mag ich sehr, ein gepflegter Ort mit Geschichte, fünf Sterne für das lauschige Plätzchen im ehemaligen Arkadien der Unternehmer-Villa, ebenso für die makellose Sauberkeit, die ich beim Bezahlen an der Theke erlebte.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich vor allem mit Blick auf die Vorspeisen als gut an, auch die Weine sind fair kalkuliert wie ich heute feststellen konnte, auch hier vier Sterne.
Daher komme ich in Summe auch auf denkbar knappe vier Stern für in der Gesamtwertung, ich werde hier sicher gerne nochmal zu Gast sein im Sommer und mir einfach Vorspeisen zusammenstellen und dann aber, dem Taxigewerbe sei Dank, das ein oder andere Glas Wein mehr trinken und von der Ägäis träumen….
Hier entfällt wohl ab Sonntag zumindest die Testpflicht für die Außenflächen und die Innenräume dürfen mit Reservierung und vorherigem Test der Gäste wieder öffnen, allerdings sieht das Wetter bis Anfang der Woche erst einmal gesteigert „durchwachsen“ aus, so daß der Neustart des hiesigen Gastgewerbes insgesamt etwas holpriger verläuft, als von der Branche erhofft – zumal es auch für heute und morgen wetterbedingt zig Absagen hagelte, wie ich gestern gleich von zwei Seiten hörte.
Bis gestern Nacht war die Witterung in den letzten Tagen jedoch ein einziger Sommernachtstraum, Sonne pur bei 23-26 Grad und am Himmel höchstens ein paar malerische Quellwolken, herrlich.
Das weckte mit Blick auf die nette kurze Woche mit dem obligaten „Brückentag“ doch so einige Lebensgeister und wir entschlossen, am Mittwochabend endlich den ersten Restaurantbesuch seit Oktober anzugehen.
Wie viele dachte ich auch zunächst mal an die eigenen Lieblinge, Frau Shaneymac kam wenig überraschend mit ihrem geliebten Pasta Fresca Russo um die Ecke und ich überlegte, wo man nett draußen sitzen und kulinarisches Neuland vereinen könnte.
Da fiel mir ein, dass mir nur zwei Tage vorher abends mal wieder ein netter Zeitgenosse auf Facebook schrieb, der mir nicht nur wortreich mitteilte, dass er meine Bewertungen durch meine Corona-Support-Posts sehr zu schätzen gelernt habe und nicht nur jeden Lockdown Bericht geradezu verschlungen habe – guter Mann!!!1!! :-) - sondern mir auch die Villa Zefyros sehr ans Herz legte für einen Besuch; schließlich seien er und seine Familie seit Jahren begeisterte Stammgäste.
Ich bin immer dankbar für solche Tipps - so brutal subjektiv sie auch meist sind - hatte das Restaurant allerdings schon im Frühsommer 2014 besucht (die Älteren werden sich erinnern, beim wie immer hochengagierten Versuch das Haus ansprechend abzulichten zu wollen wurde ich beinahe von einem O-Bus der Solinger Stadtwerke überrollt) und auf restaurant-kritik.de recht wohlwollend-mittelprächtig bewertete.
Damals leider nur den Mittagstisch, der mit festen Tellergerichten nur wenig von dem abendlichen, Tapas-ähnlichen Konzept transportierte, welches das Haus eigentlich auszeichnet bzw. seine Philosophie darstellt, ein Besuch am Abend war daher schon seit Jahren vorgesehen.
Den lauschigen Garten hatte ich schon aus den Jahren zuvor, als das Restaurant unter den vorherigen Pächtern nur „Villa“ hieß in bester Erinnerung, das alles klang doch wie ein gutes Gesamtpaket für den Saisonauftakt nach dem Lockdown und auch Madame hatte schnell ein paar für sie ansprechende Dinge auf der Karte erblickt.
Ich buchte problemlos online einen zeitnahen – eine Stunde vorher - Schnelltest für die Drive-Thru Teststelle auf dem großen Parkplatz an der Klingenhalle und das sollte alles sehr routiniert vonstattengehen, wenn es auch wie ein bizarr-dystopischer Moment mit einer gewissen Kubrick’schen Dimension anmutete.
In den Genossenschaftshäusern zur Linken lebten meine Großeltern mütterlicherseits, in der Klingenhalle gab es u.v.a. den schulischen Schwimmunterricht, ein paar Meter weiter trainierten wir in jungen Jahren mit dem American Football Verein, ein Areal mit vielen persönlichen Erinnerungen.
Drive-ThruTest-Premiere
Und keine 30 Jahre später sitzt man dort im Auto, ein junger Mann aus dem asiatischen Raum im weißen Schutzanzug stochert wortkarg mit einem Stäbchen in meiner Nase herum und wenig später lädt man sich das ersehnte „Freispruch-PDF“ herunter, nur um Abends im Freien etwas essen zu dürfen. Vielleicht besser, dass meine Großeltern das alles nicht mehr erleben mussten, verstanden hätten sie das alles in ihren letzten Jahren nicht mehr dachte ich, als ich vorab kurz in der Schlange stand.
Das sollte aber am Abend schon fast wieder vergessen sein, als wir am Parkplatz des Restaurants in der sich neben dem LVR Industriemuseum befindlichen, ehemaligen, im historistischem Stil erbauten Unternehmer-Villa der Solinger Gesenkschmiede-Dynastie Hendrichs ankamen.
Angekommen....
Zur besseren Einordnung meiner folgenden Zeilen hier die kurze Selbstdarstellung des Restaurants, das sich recht selbstbewusst gibt:
„Griechische Küche modern interpretiert im exklusiven Ambiente der Villa Zefyros.
Ein besonderes kulinarisches Erlebnis in Solingen!
Alle unsere Gerichte sind typisch griechisch, dennoch verzichten wir auf Gyros und überladene Fleischplatten. Inspiriert von traditionellen Rezepten, versuchen wir unsere Gäste mit neuen Zutaten und besonderen Geschmacksnoten zu begeistern.
Unser Fokus liegt auf der Zusammenstellung authentischer griechischer kalter & warmer Vorspeisen- der "Pikilia". Nach griechischer Art werden diese am Tisch präsentiert und von jedem persönlich nach den eigenen Vorlieben zusammengestellt.“
Straßenbild
Nun, sollte es in Solingen tatsächlich ein Restaurant vom Format des Kölner „phaedra“ von Kostas Tzikas geben, das zeigt, was moderne gehobene griechische Küche abseits der Fleischberg-Pommes Teutonen-Grills zu bieten hat?
Nein, aber das war mir vorab schon klar nach dem Sichten der Karte, aber ich war sehr gespannt, und damit geht es nun without much further ado endlich zum reservierten Tisch, an dem wir nach einer netten Begrüßung durch einen der beiden rüstigen, liebenswürdig agierenden älteren Herrn im Service platziert wurden, das Ambiente hinter dem Haus empfinde ich als gepflegt und ansprechend.
der Garten
Die Karten wurden gereicht, überschaubarer Umfang im A4-Querformat im gepflegten schwarzen Einband, Entspannung und vorfreudiges Aussuchen nahm sich willkommenen Raum.
Eine gute gekühlte Flasche Wasser, Haaner Felsenquelle Medium fand zum fairen Preise von 4,90€ bald ihren Weg auf den Tisch und auf Wunsch nur wenige Momente später ein gepflegter Flaschenkühler aus Plexiglas - meine Tischgenossin labte sich derweil an einer Fassbrause, die 0,33l Gastro-Flasche zu 2,80€.
Bei der Bestellung sagte ich ausdrücklich, dass wir zunächst einige von den kalten Vorspeisen probieren würde, DANACH einige warme und schließlich Hauptgang und Dessert, was leider nur bedingt funktionieren sollte, aber dazu gleich mehr.
Ein kleines Amuse gab es nicht und nur kurze Zeit später sollte tatsächlich – je nachdem welche griechische Gastronomie man im Sinn hat - sehr authentisch am Tisch eine kleine Auswahl von kalten Mezedes präsentiert werden, die man sich für faire drei Euro pro Tellerchen zu Gemüte führen kann; wir suchten uns vier nette aus und das Menü nahm seinen Lauf….
Mezedes Präsentation am Tisch
| kalte Vorspeisen |
Zu je drei Euro:
Tzatziki
Rote-Beete-Salat
Oktopus-Salat
Kichererbsen mit Thunfisch
2018 St. Elias Assyrtiko, Domäne Papaioannou, Peloponnes, Griechenland – 0,2l zu 7,60€
Insgesamt bietet man momentan folgende Auswahl:
· Tzatziki
· Taramas (Fischroggencreme)
· Rote-Bete-Salat
· Meeresfrüchtesalat
· Oliven & Peperoni
· Dicke Bohnen in Tomatensauce
· Eingelegte Sardellen
· Chtipiti (pikante Schafskäsecreme)
· Fava (gelbes Linsenpüree) mit Balsamicozwiebeln
· Kichererbsen mit Thunfisch
· Florines (gegrillte, eingelegte Spitzpaprika)
Ich denke man muss nicht spitzfindig sein, um festzustellen, dass „Griechische Küche modern interpretiert“ doch eher andere Erwartungen weckt als Klassiker wie Taramasalata, Gigandes und Co., auch wenn ich den Rote Bete Salat und das Linsenpüree eher ungewöhnlich fand, was Balsamico mit Griechenland zu tun hat, fragte ich mich schon 2014 und auch heute mehrmals an diesem Abend.
die kleine Auswahl mit Brot
Der die das Tzatziki war mit dem frischen Brot natürlich trotzdem Pflichtprogramm und es sollte mir sehr gut gefallen, viel guter griechischer Joghurt, fest-cremig in der Textur, schmeckte wie gelungen selbst gemacht nur wie fast immer mit weniger Knoblauch als erhofft, dennoch mit der Beste, den ich in Solingen bislang serviert bekam.
Tzatziki
Der Rote-Bete-Salat kam mit angeröstetem weißen Sesam, milden Zwiebeln und einigen Kräutern, ich mag keine Rote-Bete und er war die Wahl von meiner Begleiterin, trotzdem probierte ich und war sehr angetan, dieses erdig-muffige was ich an ihr – der Bete, ausnahmsweise nicht der Begleiterin – nicht mag, war kaum vorhanden; lecker.
Rote-Beete-Salat
Der Oktopus-Salat gefiel mir optisch gut, Sellerie, Zwiebeln und Paprika fein gearbeitet, der Meeresbewohner war bis auf einige größere Stücke durchgehend sehr zart, die Ausnahmen nicht steinhart oder Gummi sondern nur mit spürbar mehr Biss als der Rest. Leider sehr, sehr flach in der Aromatik, was so farbenfroh aussieht übersetzte sich auf dem Gaumen in flach-säuerliche Paprika-Tristesse.
Oktopus-Salat
Wesentlich aromatischer ging da der kleine sommerlich-rustikale Kichererbsen-Thunfischsalat zur Sache, unter anderem eine spürbare Zugabe von frischem Dill machte das Ganze zu einem gelungenen kleinen Sommersalat, für den jede gerne kochende Hausfrau auf einem nachbarschaftlichen Grillfest sicher zu Recht viel Lob verdient hätte (…).
Kichererbsen mit Thunfisch
Für mich eine große Freude dann der begleitende Wein, Assyrtiko wird auch manchmal als der Riesling Griechenlands bezeichnet und gilt als der Archetyp eine der besten weißen Reben des Landes, viel gelbe Frucht, Walnuss, Kräuter und eine erfrischende Säure abseits jeglicher Retsina-Albtraum Welten – griechischer Wein wird immer noch sträflich unterschätzt, nicht zuletzt wegen der ganzen schrecklichen Plörre in den allermeisten Fleischberg-Griechen.
Die Auswahl gepflegter griechischer Weine überzeugt, abseits davon gibt es allerdings keine Optionen, wer hier bspw. seinen geliebten deutschen Grauburgunder zum Fisch oder eine schwere australische Cuvée zum Fleisch sucht wird nicht fündig, was ich für verschmerzbar halte aber im Rahmen der ambitionierten Selbstdarstellung auch etwas dünn.
Die kalten Vorspeisen in Summe gut, der Wein schmeckte überraschend gut und es war ein schöner Moment, nur die „moderne Interpretation“ griechischer Küche habe ich vergebens gesucht.
Nun folgte der wie ich finde gravierendste Patzer des Service. Ohne vorherige Nachfrage wurde, nachdem wir erst etwas über die Hälfte der verschiedenen Portionen gegessen hatten, die warmen Vorspeisen serviert.
Und das obwohl ich ausdrücklich gesagt hatte, erst nach den kalten Mezedes die warmen zu wollen, und das impliziert für mich ein vorheriges Abräumen ersterer und kein Hinzustellen zu noch halb gefüllten Tellerchen. Zumal die Terrasse nur halb gefüllt war, los werden wollte man uns in keiner Weise, es war wohl schlecht mit der Küche abgestimmt, anders kann ich mir da nicht erklären.
Diese herrlich duftenden Dinge zurückgehen zu lassen war natürlich undenkbar, wir räumten mit vereinten Kräften um und schufen Platz, der Abend war einfach zu schön um sich über so etwas wirklich zu ärgern in diesem Moment.
| warme Vorspeisen |
saganaki garides – Gambas in Tomaten-Chilisauce mit Schafskäse (pikant) – 9,90€
gavros – gebratene Sardellen mit Olivenöl und Zitrone – 7,50€
manouri - Gegrillter Käse mit Feigengelee, Honig und Walnüssen – 8,50€
Auch bei den warmen Vorspeisen regierte fast ausschließlich Meze-Klassik, wenn auch in gepflegter Bandbreite mit erfreulich maritimem Schwerpunkt, frischer Fisch wird hier tagesaktuell angeboten, ein Plus.
Die gebratenen mehlierten Sardellen sind für mich ein wenig die Quintessenz eines griechischen Sommerabends in einer Hafen-Taverne, ich gab reichlich Zitronensaft obenauf und genoss die frisch aus der Pfanne gekommenen kleinen Leckereien von ganzem Herzen, „Urlaub auf dem Gaumen“ und damit 10 Floskel-Peitschenhiebe für den Herrn vor dem Keyboard. Ein kleiner Hochgenuss, insbesondere zusammen mit dem herrlichen Tsatsiki.
gebratene Sardellen mit Olivenöl und Zitrone
Nett die Präsentation, die Salat Garnitur und die unsägliche Balsamico Kleckserei eher weniger, aber dieses feine Kräuteröl, das später auch beim Lamm zu finden war, fand ich bemerkenswert.
Nicht minder gelungen meine Garides Saganaki, die Sauce wurde mit einem ordentlichem Schuss Ouzo versehen, der Feta war cremig und eher mild, die vier Garnelen selbst von einer sehr anständigen Qualität und Sortierung, sauber entdarmt, Kopf und Schwanzende noch vorhanden, das mittige Fleisch konnte problemlos mit Besteck vom Rest befreit werden.
Gambas in Tomaten-Chilisauce mit Schafskäse
Die Größe der Garnelen so bemessen, dass man jede ausgelöste Portion nochmals teilen musste, guter, leicht süßlicher Eigengeschmack wenn auch sicher keine Spitzenqualität.
Nur den Chili habe ich fast gänzlich vermisst, „Oh, NOCH schärfer?“ fragte mich der Kellner überrascht, als ich in dies hernach wissen ließ. Ich bin wirklich kein Capsaicin Junkie mit abgestorbenen Geschmacksnerven aber der, für den das „pikant“ war bekommt sicher auch beim Gedanken an Tomatenmark Schweißausbrüche.
Auch hier die Präsentation trotz einiger Saucenkleckser recht nett, frischer grober Pfeffer auf der breiten Tellerfahne, nur die ausgebackenen dünnen Knusperstangen habe ich nicht verstanden, taten aber auch nicht weh.
Würde ich trotzdem jederzeit wieder bestellen, in Summe schön und das Dippen der Sauce und der natürlich noch vorhandene begleitende Wein aus der Peloponnes machten viel Freude.
Manouri ist ein mit dem Ricotta verwandter griechischer Frischkäse lehrt uns das WWW, die Dame am Tisch hat ein Faible für gebackenen Feta mit Honig und Sesam und Co. und das Gericht genau ihr Ding.
Gegrillter Käse mit Feigengelee, Honig und Walnüssen
Feigen als Gelee, Feigen-Frucht und geröstete Walnuss begleiteten das Ganze, dekoriert wurde mit weißem Sesam, roten Beeren und leider auch wieder völlig überflüssigem Balsamico.
Ich finde das in griechischer Küche absolut verzichtbar, hier will ich doch den Käse schmecken, dessen Säure dann mit den süßen Elementen gekontert wird. Wenn man hier glaubt, mit italienischem Essig die hellenische Süße bereichern zu müssen sollte man vielleicht über die Balance im Gericht nachdenken; völlig unnötig: optisch, stilistisch und geschmacklich.
Aber die Käsebestellerin war zufrieden, dazu ist die Grundanlage des Gerichtes einfach zu nah an ihrem Genusszentrum und sie ist da auch sehr pflegeleicht in solchen Fragen.
An dieser Stelle Lob für den Service, es wurde stets höflich und dezent nach der Zufriedenheit gefragt, während und nach den Gängen, was sich noch im Sinne des Lokals auszahlen sollte bei meinem Hauptgericht.
Ich bat ausdrücklich um mindestens 15 Minuten Abstand bis zu jenem, was kein Problem sein sollte, „eher noch etwas mehr weil gerade mehrere Tische bekocht werden“, super, sehr willkommen!
| Hauptgerichte |
paidakia – Lammkoteletts aus der Krone im Tomaten-Kräuterbett mit Kartoffelecken - 19,90€
koto salata – Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen – 12,80€
2017 Atlantis, Mandilaria & Mavrotragano, Estate Argyros, Santorini, Griechenland – 0,1l zu 4€
Auch bei den Hauptgerichten sucht man eher vergebens nach wirklicher Kreativität, auch wenn Dinge wie „kotopoulo – Hähnchenbrustfilet in Honig-Thymiansauce mit feiner Chilinote und Reis (pikant)“
oder mosharisio sikoti – Kalbsleber mit Kräuterjus und hausgemachtem Kartoffelstampf durchaus nach Abwechslung klingen in Hinblick auf die griechische Gastro-Küche in Deutschland.
Aber sind Gerichte wie „biftekakia – Fleischbällchen gefüllt mit Schafskäse auf einer pikanten Tomatensauce und Reis“ oder „piato zefyros – Bifteki, Lammkotelett, Souvlaki, Hähnchenbrustfilet, dazu Kartoffelecken“ wirklich Ausdruck von „Griechische Küche modern interpretiert“?
Meine Lammkoteletts sollten zunächst herrlich nach Grillaromen duften, auch wenn man leider über keinen Holzkohle-Grill verfügt, was in einer denkmalgeschützten Immobilie wie der Villa Hendrichs auch sicher schwierig sein dürfte.
Lammkoteletts aus der Krone im Tomaten-Kräuterbett mit Kartoffelecken
Den Balsamico nahm ich wieder resigniert zur Kenntnis, dekoriert wurde abermals noch mit roten Beeren, dem nett anzuschauenden Kräuteröl (wer braucht da noch Crema di Balsamico???) sowie etwas Olivenöl und recht plump drapierte unbehandelte Kirschtomaten
Die Kartoffelecken waren auf Nachfrage ausdrücklich hausgemacht und hätten etwas mehr Würze nach dem Frittieren vertragen können, ansonsten gelungen wenn auch sehr uninspiriert als Beilagen, Kartoffelecken erinnern mich im Bestfalle immer an Ausflugsgastronomie.
Das Wort „Tomaten-Kräuterbett“ weckte Erwartungen an ein lauwarmes Tomatenragout, das von mediterranen Kräutern und Geschmack nur so strotzt. Die Tomaten musste ich leider ebenso suchen wie geballtes Kräuter-Aromenfeuerwerk, das war ein fein gearbeitetes, vielleicht etwas fades Pfannengemüse in dem Zucchini den Ton angab.
An dieser Stelle wurde das Versprechen der Karte leider nicht gehalten, Formulierungen wecken eben entsprechende Erwartungen!
Mein Wein wurde gebracht, als ich mich gerade an das Fleisch machte und als man mich fragte, ob alles ok sei, musste ich leider gestehen, dass es zwar nicht total staubig aber auch nicht mehr im Ansatz medium war, gefragt hatte man mich auch nicht.
Ich schnitt auch das größte Stück an um es zu demonstrieren und das war dem Herrn im Service – ich glaube es war der Betreiber mittlerweile – doch sichtlich unangenehm, er bot sofort an den kompletten Teller zurückzunehmen.
Nun war es ja nur aufgrund eines überschrittenen Gargrades alles andere als ungenießbar und es widerstrebt mir zutiefst, tierische Produkte wegzuwerfen, dafür habe ich zu viel Respekt vor den Tieren und nein, so etwas geht nicht in meiner Welt.
Er bot daher an, mir noch einen Nachschlag zu geben, ich solle essen was mir schmeckt, aber das wollte er anscheinend auch nicht auf sich sitzen lassen.
So kam ich wenig später zu einem „Pre-Dessert“ auf griechische Art, dickere Koteletts frisch vom Grill, diesmal rosa wie erhofft, eine nette Geste und ich denke für beide Seiten eine gute Lösung.
Darauf bestand man...
...zweiter Aufschlag spot on!
Das Lamm war übrigens ausnehmend köstlich und zart, das Gericht als solches auch sehr schmackhaft, das größte Manko war die tomatige Enttäuschung.
Wenig enttäuschend hingegen die begleitende Cuvée zweiter autochthoner Reben aus Santorini, vollmundige reife rote Früchte, elegante Tannine, überraschend gut aber ich glaube auch, dass die gewisse Urlaubsstimmung und Freude über den Abend beim moderaten Weingenuss auch eine Rolle gespielt haben was meine Zufriedenheit angeht. Ob mir die Weine auch bei 10 Grad und Regen im Wohnzimmer geschmeckt hätten sei dahingestellt.
Der Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen war die „mutige“ Wahl von Madame, die Qualität des Salates war bemerkenswert, unfassbar frisch und dabei vielfältig in der Zusammenstellung, so mancher „Wildkräutersalat“ hat seinen Namen ja kaum verdient wie ich meine.
Wildkräutersalat mit Hähnchenbruststreifen
Das Dressing eher simpel mit Essig und Öl und das ein Salat das einzige Gericht war, bei dem man optisch auf die geliebte Balsamico-Creme verzichtete rang mir ein kleine Schmunzeln ab.
Was der mittige Maiskolben mit Griechenland zu tun hat weiß ich nicht, aber er sollte der Salat-Vertilgerin ausdrücklich gut schmecken solle ich anmerken, wie auch der Rest des Gerichtes.
Nun ja, es hätte sicherlich interessantere Optionen gegeben und ich denke das Gericht wird mit Absicht so generisch gehalten, ohne Geschlechter-Klischees bemühen zu wollen eine typische Option für die unentschlossene Dame auf der Suche nach einem „leichten“ Hauptgericht.
| Dessert |
semi fredo – Parfait aus original Toblerone-Schokolade mit karamellisierten Mandeln – 5,90€
granita – Prosecco-Zitronensorbet (auf Wunsch alkoholfrei)- 5,90 €
Mein Sorbet wollte ich eigentlich solo ohne italienisches Frizzante-Blubberwasser und hier patzte der Service nochmals, die Küche verstand es so, als ob ich einen Ersatz dafür wollte und mixte aus Bitter Lemon und frischem Zitronensaft einen Ersatz.
Prosecco-Zitronensorbet (auf Wunsch alkoholfrei)
Das sollte zwar sehr gut schmecken, aber ich hatte mich einfach nur auf ein, zwei schöne große Nocken Sorbet gefreut und so komplex war meine Bitte ja nun auch nicht.
Bei den Desserts scheint man seine italophile Seite komplett auszuspielen, das Parfait steht als „semi fredo“ an der Stelle auf der Karte, wo sonst die griechischen Bezeichnungen stehen, das macht sicher der dauernde Umgang mit Balsamico! ;-)
Parfait
Auf der anderen Tischseite schwelgte man in Lob, nur die Himbeeren und Blaubeeren waren nicht mehr ganz taufrisch, das Parfait selbst handwerklich perfekt – ich unterstelle an dieser Stelle mal die hausgemachte Variante – und nicht im Ansatz kristallin. Ich probierte und ja, das kann man sicher so haben, wunderbar sahnig und der Geschmack der ikonischen Schweizer Schoki kam klar durch, sicher kein Meilenstein der Patisserie aber ein durchaus gelungener, stimmiger Schlusspunkt.
So langsam leerte sich der Garten, ich bat um die Rechnung, widmete mich einem verbliebenen Schluck Rotwein und rauchte eine gute Zigarette, dem Zauber des Momentes des ersten Restaurant Besuches seit sieben Monaten konnten die erwähnten Kulinarik-Kritikpunkte nur wenig anhaben.
Wir plauderten noch ein wenig mit dem vermeintlichen Pächter, einem sympathischen Herrn Ende fünfzig, und ich konnte die Rechnung per EC Karte begleichen, Trinkgeld wie immer in bar.
Die Verabschiedung erfolgte freundlich-herzlich, ich war nicht unzufrieden mit dem Abend, auch wenn ein Fazit selten so schwierig war wie heute:
Fazit
Wer sich die Selbstdarstellung des Restaurants anschaut, dies alles wörtlich nimmt und hier die Solinger Ausgabe von Perlen wie dem Kölner „ phaedra“ erwartet und sich nicht vorher ein Bild macht würde sicher erbost auf den erwähnten Kritikpunkten herumreiten und enttäuschte zwei Sterne für die Küche geben, auch und vor allem angesichts des Angebotes.
Diese Erwartungshaltung hatte ich nicht, dennoch würde ich mir hier mehr Mut wünschen, bei allem Verständnis dafür, dass Solingen nicht Köln ist und man schauen muss, wie man sich in der Hochburg des gepflegten Gyros-Tellers behaupten kann.
Aber trotzdem finde ich die eigenen Ansprüche bzw. den Claim „Griechische Küche modern interpretiert“ doch etwas irreführend wenn ich ehrlich bin.
Dennoch bewerte ich das, was ich bekommen habe, ohne mich auf Dinge wie die Balsamico-Manier zu stürzen oder das Lammgericht zu verteufeln, weil etwa das Tomaten-Bett so gar nicht wie in der Karte beschrieben ausfiel.
Unter dem Strich in Teilen sehr gelungene, wenn auch sicher nicht kreative Vorspeisen in kalt und warm, befriedigende Hauptgerichte und ein gutes Dessert, angesichts dessen, dass ich hier über 100 Euro für das Essen gezahlt habe, komme ich in Summe dennoch „nur“ auf gute 3,7 und damit auf leider abzurundende 3,5 für doch eher klassische, wenn auch Gyros-befreite, griechische Kost bzw. die Küche.
Den Service sehe ich so wie erlebt bei guten vier Sternen, die beiden Patzer beim Vorspeisen Timing und dem Sorbet kosten einen Stern, das war ärgerlich, dennoch wie beschrieben höflich, zuvorkommend und hinreichend präsent, zudem vorbildlicher Umgang mit meiner kleinen Reklamation wegen des Lamms.
Das Ambiete mag ich sehr, ein gepflegter Ort mit Geschichte, fünf Sterne für das lauschige Plätzchen im ehemaligen Arkadien der Unternehmer-Villa, ebenso für die makellose Sauberkeit, die ich beim Bezahlen an der Theke erlebte.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich vor allem mit Blick auf die Vorspeisen als gut an, auch die Weine sind fair kalkuliert wie ich heute feststellen konnte, auch hier vier Sterne.
Daher komme ich in Summe auch auf denkbar knappe vier Stern für in der Gesamtwertung, ich werde hier sicher gerne nochmal zu Gast sein im Sommer und mir einfach Vorspeisen zusammenstellen und dann aber, dem Taxigewerbe sei Dank, das ein oder andere Glas Wein mehr trinken und von der Ägäis träumen….
Hurra, auch in der Klingenstadt geht es voran mit stetig sinkenden Inzidenzen, wenn auch leider nicht so schnell wie bspw. im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo schon jetzt die Gastronomie im Außen- und Innenbereich ohne Test-Pflichten ihren Betrieb wieder halbwegs normal führen kann.
Hier entfällt wohl ab Sonntag zumindest die Testpflicht für die Außenflächen und die Innenräume dürfen mit Reservierung und vorherigem Test der Gäste wieder öffnen, allerdings sieht das Wetter bis Anfang der Woche erst einmal gesteigert „durchwachsen“ aus, so daß der... mehr lesen
Restaurant Villa Zefyros
Restaurant Villa Zefyros
€-€€€
Restaurant, Biergarten
021228959196
Merscheider Str. 289, 42699 Solingen
4.0
stars -
"Über Selbstdarstellungen und Erwartungshaltungen - und die Freude über den ersten Restaurant-Besuch seit sieben Monaten..."
Shaneymac
Hurra, auch in der Klingenstadt geht es voran mit stetig sinkenden Inzidenzen, wenn auch leider nicht so schnell wie bspw. im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo schon jetzt die Gastronomie im Außen- und Innenbereich ohne Test-Pflichten ihren Betrieb wieder halbwegs normal führen kann.
Hier entfällt wohl ab Sonntag zumindest die Testpflicht für die Außenflächen und die Innenräume dürfen mit Reservierung und vorherigem Test der Gäste wieder öffnen, allerdings sieht das Wetter bis Anfang der Woche erst einmal gesteigert „durchwachsen“ aus, so daß der
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung
"(Teil-)Lockdown Chronicles: Aus der Not eine Tugend gemacht…."
4
Geschrieben am 30.05.2021 2021-05-30 | Aktualisiert am 30.05.2021
Besucht am 28.05.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 46 EUR
Auch in Solingen herrscht in der Gastronomie vielerorts allerspätestens seit dem Freitagnachmittag hektische Betriebsamkeit, zumindest wenn man denn das Glück hat, über entsprechende rentable Außenflächen zu verfügen.
Grundsätzlich konnte man zwar schon am Donnerstag öffnen, was aber nur sehr wenige taten weil die Witterung alles anderes als dazu einlud, sich bei nasskaltem Aprilwetter irgendwo auf eine Terrasse zu hocken, bei aller Liebe zum hiesigen Gastgewerbe.
Da der Freitagabend zwar grundsätzlich trocken aber später doch empfindlich schnell abkühlen sollte und die nächsten Tage deutlich wärmer und freundlicher werden würden, war ich mit Blick auf den Abend auch sehr entspannt.
Denn nach über einem halben Jahr des Wartens würde es auf ein paar Tage auch nicht mehr ankommen und anstatt auf Teufel komm raus irgendwo abends ein schattiges Plätzchen zu reservieren entschied ich, dass ein gemütlicher Freitagabend mit gutem Wein nach einer beruflich erfreulichen Woche die bessere Option sei.
Zumal ich am späten Mittag einen großartigen Geistesblitz in Sachen abendliches Menü hatte: das Landhaus Sonneneck, das sich gepflegte italienische Kost auf die Fahnen geschrieben hat und von mir hier vor einiger Zeit schon vorgestellt wurde.
Es lockten mich u.a. „Gambas mit Avocados und Cous Cous“, “Carpaccio Cipriani”, “Spargel mit gegrilltem Zander“ sowie frische „Erdbeeren mit Mascarponecreme“.
Die Webseite kündet zwar bis heute noch vom Abhol- und Lieferangebot, aber irgendwie beschlich mich ein Gefühl, dass ich angesichts der geballten Kärcher-Offensive auf den hiesigen Außengastronomie-Flächen vielleicht doch etwas früher anrufen sollte, um die Bestellung zu klären.
Und Tatsache, Signore Ciccimarra ließ mich bedauernd - es sei sehr willkommenes Zusatzgeschäft gewesen - wissen, dass man, obwohl man gerne würde, den Lieferservice in dem kleinen Familienbetrieb aus logistischen Gründen nicht parallel aufrechterhalten kann, was ich natürlich gut nachvollziehen kann.
Jammerschade zwar an diesem Tag für die Kunden, die er abweisen musste (und da war ich nicht der einzige), allerdings ein kleiner Preis dafür, dass wir nun hoffentlich bald wieder in eine Situation kommen, die man mit „Normalität“ umschreiben kann, ohne sich lächerlich zu machen.
Eine Situation, wie sie im letzten Sommer herrschte, mit geöffneten Innenräumen in der Gastronomie mit entsprechenden Hygienekonzepten, ohne Test- und Reservierungspflichten, die auch spontane Besuche ermöglicht, bis denn endlich auch die vielversprochenen Impfungen für alle verfügbar sind, die nicht einer priorisierten Risikogruppe angehören oder über private Kontakte zur Ärzteschaft (ich hörte von zwei Fällen aus meinem erweiterten Umfeld, die mich sehr wütend machten) verfügen.
Und bis dahin wird das Terrassen-Geschäft für die meisten ein fragiler Tropfen auf den heißen Stein bleiben, insofern man überhaupt über Außenplätze verfügt, und folglich wird es auch weiterhin Take-Away und Delivery-Berichte von mir geben, wenn auch nicht mehr ausschließlich.
Nun ja, Solingen liegt nun auch bei unter 50 was die heilige Corona-Zahl angeht, mal schauen was die nächsten Wochen bringen, vielleicht gibt es ja auch bald eine Lage wie in Münster, es wäre zu hoffen.
Hätte ich an diesem Tag schon gewusst, dass das nahe „Hartmanns im Windhövel“ wieder von der reduzierten „Lockdown-Karte“ auf das normale Angebot umgestellt hat, weil auch hier die Terrasse schon auf Vordermann gebracht wurde, ich hätte sicher von Pasta & Co. auf gutbürgerlich regional umgeschwenkt, so aber blieb ich einen Hauch ratlos auf kulinarischem Stiefel-Kurs, mein Appetitskompass war da seit dem Mittag wenig kompromissbereit und Madame freute sich auf eine gute Pizza.
Nun denn, „gute Pizza“ können sie doch bei „Pina“ auf der Lützowstraße, dann wollen wir mal zur Zweitbewertung, diesmal im Außerhaus-Geschäft…
| Bestellung & Lieferung |
Der junge Mann, der am Telefon war, wirkte freundlich aber eine leichte Sprachbarriere verhinderte das Klären meiner Frage, ob die Bruschette nicht total aufweichen und ob man die Tomaten vielleicht separat packen könnte.
Da übernahm ein sehr engagierter, rührend-herzlicher, schon etwas reiferer – in Sachen Lebensjahren - Koch das Ruder, der mir sagte, er werde bei der Bestellung vermerken, dass man die Tomaten extra gut abtropfen lässt, da sonst natürlich die Matsch-Gefahr bestehe, auch wenn man das Brot gut röstet.
Putzig auch seine Reaktion, als ich sagte, den auf der Karte deklarierte Parmesan zu meiner maritimen Pasta nicht zu brauchen: „No no no, ich mache nie Parmesan zu Fisch, das geht nicht, Karte ist Unsinn an diese Stelle!“.
Ja, so sagt es auch das kleine Handbuch für „Italienisch-Gourmet für Dummies“ schon im Vorwort, wobei ich jedoch schon Italiener am Nebentisch hatte, die sich Unmengen Formaggio über ihre Spaghetti mit Meeresfrüchten schütteten, keine Regel ohne Ausnahmen.
Mit nur wenigen Minuten Verspätung sollte es kurz vor neun Uhr klingeln und wie fast jedes Mal überzeugte auch die Lieferung mit Herzlich- und Freundlichkeit und routiniert verpackten Speisen:
Ich schnappte mir den Wein, auf den ich mich schon seit dem Mittag freute, und nachdem die heute etwas schwierig auf den Teller zu bugsierenden Vorspeisen an Ort und Stelle waren, ging es wie immer an diesem Zeitpunkt mit gesundem Appetit zum Esstisch, Anrichten macht hungrig….
| Vorspeisen |
Bruschetta – 6,50€
Caprese Salat – 6,50€
Vitello Tonnato – 9,90€
Bei den Bruschette musste der Purist in mir zunächst tief Luft holen, obwohl das Brot selbst einen sehr guten Eindruck machte. Auf einem Bett von leicht angemachtem Rucola, in der Mitte mit einer generösen Portion von grob geraspeltem Parmesan, kamen ganze vier Scheiben Brot.
Bruschetta
Manchmal ist weniger mehr, ich hätte zu diesem Preise lieber noch mindestens zwei Scheiben mehr gehabt und man hätte auf den Firlefanz verzichten können. Worauf man bei Bruschetta meiner Meinung nach IMMER verzichten sollte: Zwiebeln - non si fa così!!! Wenn ich rohe Zwiebeln möchte esse ich ein Mett- oder Matjesbrötchen, auf Bruschetta gehören nur Tomaten, Basilikum, Knoblauch und Olivenöl, wobei manche das Brot auch nur mit dem Knoblauch einreiben.
Leider steht in vielen Rezepten hierzulande die Zwiebel mit drin, was man allerdings dieser Version hier zugutehalten muss ist, dass man sehr süße rote verwendete, die fast schon an Tropea Zwiebeln erinnern sollten, wären es scharfe weiße gewesen, hätte ich es nicht gegessen, so aber müsste ich lügen, wenn ich behaupten würde, es habe grundsätzlich nicht geschmeckt, von Zwiebelschärfe war nichts zu vernehmen.
Das auch beim Caprese verwendete, recht mild-brave Olivenöl – ich schätze ja eher die toskanischen Öle, die oft zuerst leicht süßlich, dann aber gefolgt von einem angenehmen, bitteren und scharfen Nachgeschmack auf dem Gaumen überzeugen, sind aber meist teuer und geschmacklich nicht massenkompatibel - hinterließ einen brauchbaren Eindruck, den Balsamico hätte ich genauso wenig gebraucht wie die cipolle.
Ein „Mehr“ hätte ich mir in Sachen Knoblauch und Salz gewünscht und ich muss gestehen, dass der leicht angemachte Rucola mit dem Parmesan dazu sehr lecker war, aus Purismus zu leugnen, dass Dinge auch trotz einiger Sünden gut schmecken, fände ich lächerlich peinlich und undenkbar und das gilt für jegliche in dieser Hinsicht gefährdete Küchen – nur verschweigen sollte man die Sünden natürlich nicht.
Den Caprese Salat hätte ich mir persönlich nicht bestellt, aber die werte Lebensgefährtin liebt ihn nun mal sehr, also her mit dem ikonischen Teller in Landesfarben.
Caprese
Zum Öl hatte ich ja schon berichtet und dass man keinen Balsamico verwendete fand ich löblich und nach dem Bruschetta-Erlebnis fast schon überraschend.
Der Mozzarella schien vom Büffel zu sein, die Konsistenz und ein etwas kräftigerer Eigengeschmack deuteten jedenfalls sehr darauf hin. Tomaten und Basilikum frisch und erstere sogar überraschend aromatisch, etwas Pfeffer und Meersalz gab ich noch auf meinem Teller obenauf, am Gericht gab es wenig auszusetzen.
Das Vitello Tonnato sah auf den ersten Blick etwas grau aus, das sehr dünn geschnittene Kalbfleisch war jedoch im Kern noch leicht rosa und zerfiel quasi vor Zartheit.
Die Sauce in der Säure schön ausbalanciert, auch wenn ich etwas mehr Sardelle im Nachgang schätze; die Kapern kamen in einer Größe, in der ich sie am liebsten mag - Kapernäpfel machen zwar optisch mehr her, aber ich mag die Textur nicht so gerne, es sei denn man backt sie aus.
Würde ich wieder bestellen und das Gericht sollte zu dem begleitenden Riesling – den gab es schon jetzt, Details im Hauptgang – eine große Freude sein.
| Hauptgerichte |
Spaghetti „Scampi“ – 11,90€
Pizza Cipolla (+Oliven und frische Tomaten) – 8,90€
2017 Wachenheimer Riesling „R“, VDP.Ortswein, Weingut Dr. Bürklin-Wolf, Wachenheim
Pizza aus dem rotierenden – die Backfläche dreht sich innen -Steinofen mit offener Flamme kann man mit Sicherheit als Fundament der Karte bezeichnen, mit Pizza ist das Geschäft in den 80er Jahren bekannt geworden, als man noch am Wasserturm den kleinen Imbiss bei Auto Flocke betrieb, aus dem man vor einiger Zeit in die nun viel größeren, ansprechenden Räume zog und nun sich als kleines Ristorante mit rund 60 Plätzen plus Terrasse präsentiert.
Pizza Cipolla (+Oliven und frische Tomaten)
Ich bat wie immer darum die Pizza dunkel zu backen, „Ah, „croccante“ natürlich gerne, ich notiere für meine Kollegen heute Abend!“ und das hat wie erwartet gut funktioniert.
Die Pizza-Bestellerin am Tisch war voll des Lobes für Teig und Belag und ich kenne die Pina-Pizza gut, probierte gerne und ja, die Pizza ist hier eine sichere Bank, wenn man von den allgemeinen Liefer-Symptomen absieht, die sich hier aber geschmacklich in engen Grenzen hielten.
Besonders gut gefiel mir, wie dünn die Zwiebeln geschnitten waren, dadurch hatten sie ein sehr ansprechendes Mundgefühl und die Pizza war trotz der frischen Tomatenwürfel nicht aufgeweicht, sehr gelungen das Ganze.
Zu meinen Spaghetti kann man sicher zunächst mal wieder mal eine alte Küchenbinse zitieren, die nichts von ihrer Wahrheit eingebüßt hat: „Der Gast wartet auf die Pasta, nicht die Pasta auf den Gast!“.
Spaghetti „Scampi“
Da man hier auf Pasta aus Bronzeformen setzt und die rauhe Oberfläche für entsprechendes Saugpotential sorgt, haben die Nudeln deutlich mehr gelitten, als es bspw. bei meiner letzten Spaghetti AOP Bestellung der Fall war - dafür kann aber das Restaurant natürlich nichts und von Brei war man hier noch weit entfernt.
Was das Thema „Scampi“ angeht bin ich bei der Deklaration mittlerweile entspannt, aber nur je nachdem wo man sich befindet und welchen Preis man für was zahlt.
Wer sich eine „Pizza Scampi“ für 8 Euro in einem Imbiss bestellt und dann in einer Bewertung vor Empörung fast in Ohnmacht fällt, weil auf dem Teigfladen kein halbes Pfund ausgelöster Kaisergranat thronte sollte sich Hilfe besorgen. Auch wenn es grundsätzlich nicht gut ist, aber es ist hier in meinen Augen mehr der übliche Wortgebrauch und keine absichtliche Täuschung, zumal in den Zielgruppen dieser Gastros die Unterschiede im Detail in dem meisten Fällen gar nicht geläufig sind.
Anders sieht es aber aus, wenn ich mich in Oberkassel zum Bussi-Bussi-Italiener hocke, hier würde ich geradezu ausflippen bei den Themen Scampi, Rotzunge und Co.
Aber auch, wenn ich nichts anderes als Garnelen erwartet habe, hätte man doch lieber weniger in einer größeren Sortierung wählen sollen, als Unmengen – auf dem Foto sind maximal 15-20% der vorhandenen – von relativ geschmacksneutralem billigen Plankton.
Ich hatte mit gesteigerter Schärfe bestellt, was man neben dem frischen Chili auch mit getrocknetem im ganz leicht sämigen – durch das Nudelwasser – Sud löste. Jener war keine reine AOP Ausführung sondern hier wurde mit etwas Krustentierfond oder –paste noch etwas Tiefe in das Gericht gezaubert, das gefiel mir in Summe gut.
Der begleitende, handgelesene, spontan vergorene Pracht-Riesling von Bürklin-Wolf sollte kleinere Kritikpunkte im Essen ebenso spontan vergessen machen, samtige Früchte mit einem Spiel von eleganter Säure, ein Ortswein der Spitzenklasse, den ich Schluck für Schluck nach allen Kräften genoss.
2017 Wachenheimer Riesling „R“ (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
| Dessert |
Tiramisu – 5,50€
Panna Cotta – 5,00€
Leider sind die beiden ausgelutschten Klassiker die einzigen Optionen neben Parfaits, einem Sorbet, sowie einem Schokosoufflé auf der Karte, die sich für eine Lieferung anboten.
Das Tiramisu optisch etwas trostlos, ein schnödes Stück vom Blech ohne jeglichen Versuch einer kleinen Garnitur, ein teures Stück Kuchen wenn man so möchte, bei Da Giuseppe gab es kürzlich die gleiche Variante für knapp die Hälfte, was ich als fair empfand.
Tiramisu
Geschmacklich gut, der Biskuit wunderbar durchtränkt mit spürbaren alkoholischen Noten, definitiv kein Kinderdessert, jedoch auch hier weit entfernt von meiner persönlichen lokalen Referenzklasse von Di Vino, die dortige Mascarpone-Creme ist einfach zu göttlich.
Die Panna Cotta auch guter Durchschnitt mit gelungener Konsistenz, die eben nicht an einen 30 Cent Wackelpudding aus der Tüte erinnerte. Die Fruchtsoßen muteten zugekauft an, ich probierte die rote Variante und meine mich an Himbeere zu erinnern, was Madame bestätigte, die grüne hatte sie mir als „Kiwi“ beschrieben.
Panna Cotta
Kann man beides so machen und haben, Dessert-Liebhaber mit Anspruch werden allerdings nicht unbedingt die Engel singen hören beim Verzehr, aber in Relation zum Rest der Karte passt es sicher.
Das hätte sicher schlimmer kommen können, dennoch blieb ein wenig Wehmut ob der sich so kurzfristig in Luft aufgelösten Pläne für den Abend, aber schon der Ausblick auf den sonnigen Samstag mit der ausgedehnten Einkaufstour mit meinem Sommer-Wägelchen ließ den Abend in einem wohlgestimmten Sofa-Zen-Modus ausklingen; Zeit für ein
Fazit
Man sieht sich mittlerweile als Ristorante und ruft entsprechende Preise auf, hier würde ich mir etwas mehr Liebe zum Detail wünschen, da reicht eine gute Pizza nicht für die höchste Punktzahl, auch wenn diese alleine betrachtet sicher viel Lob verdient. Angesichts der obigen Kritikpunkte komme ich wie auch 2019 auf knappe 3,5 Sterne für die Küche.
Der Service wie erlebt kaum zu verbessern, alleine der liebenswürdige Koch hat mein Herz erobert mit seiner Art, freundlich und pünktlich, alles bestens, 5 Sterne.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis etwas ambivalent heute. Warum? Eigentlich hätten wir mit Trinkgeld fast 60 Euro zahlen müssen, haben aber nur knapp 50 gezahlt wie mir heute auffiel, einen Bon gab es leider nicht. Ich hatte im Bestellsystem auf der Homepage – eigene Lösung, kein Lieferando-Murks – gesehen, dass es 10% „Erstbesteller-Rabatt“ gibt, sowie zumindest am Freitag noch einen 10% Rabatt auf Pasta, das hat man wohl auch bei der telefonischen Bestellung gewährt, anders kann ich mir das nicht erklären.
Aber ich nehme für die Bewertung die normalen Preise als Maßstab und komme somit auf drei Sterne für das Gebotene und damit sogar zu einer leichten Verbesserung im Vergleich zum letzten Mal.
Bei der Gesamtwertung komme ich abermals auf 3,5 Sterne, für eine gute Pizza ist „Bei Pina“ eine sehr solide Option, für andere Herrlichkeiten aus der italienischen Küche gibt es aber für meine Begriffe weitaus bessere Häuser in Solingen.
Grundsätzlich konnte man zwar schon am Donnerstag öffnen, was aber nur sehr wenige taten weil die Witterung alles anderes als dazu einlud, sich bei nasskaltem Aprilwetter irgendwo auf eine Terrasse zu hocken, bei aller Liebe zum hiesigen Gastgewerbe.
Da der Freitagabend zwar grundsätzlich trocken aber später doch empfindlich schnell abkühlen sollte und die nächsten Tage deutlich wärmer und freundlicher werden würden, war ich mit Blick auf den Abend auch sehr entspannt.
Denn nach über einem halben Jahr des Wartens würde es auf ein paar Tage auch nicht mehr ankommen und anstatt auf Teufel komm raus irgendwo abends ein schattiges Plätzchen zu reservieren entschied ich, dass ein gemütlicher Freitagabend mit gutem Wein nach einer beruflich erfreulichen Woche die bessere Option sei.
Zumal ich am späten Mittag einen großartigen Geistesblitz in Sachen abendliches Menü hatte: das Landhaus Sonneneck, das sich gepflegte italienische Kost auf die Fahnen geschrieben hat und von mir hier vor einiger Zeit schon vorgestellt wurde.
Es lockten mich u.a. „Gambas mit Avocados und Cous Cous“, “Carpaccio Cipriani”, “Spargel mit gegrilltem Zander“ sowie frische „Erdbeeren mit Mascarponecreme“.
Die Webseite kündet zwar bis heute noch vom Abhol- und Lieferangebot, aber irgendwie beschlich mich ein Gefühl, dass ich angesichts der geballten Kärcher-Offensive auf den hiesigen Außengastronomie-Flächen vielleicht doch etwas früher anrufen sollte, um die Bestellung zu klären.
Und Tatsache, Signore Ciccimarra ließ mich bedauernd - es sei sehr willkommenes Zusatzgeschäft gewesen - wissen, dass man, obwohl man gerne würde, den Lieferservice in dem kleinen Familienbetrieb aus logistischen Gründen nicht parallel aufrechterhalten kann, was ich natürlich gut nachvollziehen kann.
Jammerschade zwar an diesem Tag für die Kunden, die er abweisen musste (und da war ich nicht der einzige), allerdings ein kleiner Preis dafür, dass wir nun hoffentlich bald wieder in eine Situation kommen, die man mit „Normalität“ umschreiben kann, ohne sich lächerlich zu machen.
Eine Situation, wie sie im letzten Sommer herrschte, mit geöffneten Innenräumen in der Gastronomie mit entsprechenden Hygienekonzepten, ohne Test- und Reservierungspflichten, die auch spontane Besuche ermöglicht, bis denn endlich auch die vielversprochenen Impfungen für alle verfügbar sind, die nicht einer priorisierten Risikogruppe angehören oder über private Kontakte zur Ärzteschaft (ich hörte von zwei Fällen aus meinem erweiterten Umfeld, die mich sehr wütend machten) verfügen.
Und bis dahin wird das Terrassen-Geschäft für die meisten ein fragiler Tropfen auf den heißen Stein bleiben, insofern man überhaupt über Außenplätze verfügt, und folglich wird es auch weiterhin Take-Away und Delivery-Berichte von mir geben, wenn auch nicht mehr ausschließlich.
Nun ja, Solingen liegt nun auch bei unter 50 was die heilige Corona-Zahl angeht, mal schauen was die nächsten Wochen bringen, vielleicht gibt es ja auch bald eine Lage wie in Münster, es wäre zu hoffen.
Hätte ich an diesem Tag schon gewusst, dass das nahe „Hartmanns im Windhövel“ wieder von der reduzierten „Lockdown-Karte“ auf das normale Angebot umgestellt hat, weil auch hier die Terrasse schon auf Vordermann gebracht wurde, ich hätte sicher von Pasta & Co. auf gutbürgerlich regional umgeschwenkt, so aber blieb ich einen Hauch ratlos auf kulinarischem Stiefel-Kurs, mein Appetitskompass war da seit dem Mittag wenig kompromissbereit und Madame freute sich auf eine gute Pizza.
Nun denn, „gute Pizza“ können sie doch bei „Pina“ auf der Lützowstraße, dann wollen wir mal zur Zweitbewertung, diesmal im Außerhaus-Geschäft…
| Bestellung & Lieferung |
Der junge Mann, der am Telefon war, wirkte freundlich aber eine leichte Sprachbarriere verhinderte das Klären meiner Frage, ob die Bruschette nicht total aufweichen und ob man die Tomaten vielleicht separat packen könnte.
Da übernahm ein sehr engagierter, rührend-herzlicher, schon etwas reiferer – in Sachen Lebensjahren - Koch das Ruder, der mir sagte, er werde bei der Bestellung vermerken, dass man die Tomaten extra gut abtropfen lässt, da sonst natürlich die Matsch-Gefahr bestehe, auch wenn man das Brot gut röstet.
Putzig auch seine Reaktion, als ich sagte, den auf der Karte deklarierte Parmesan zu meiner maritimen Pasta nicht zu brauchen: „No no no, ich mache nie Parmesan zu Fisch, das geht nicht, Karte ist Unsinn an diese Stelle!“.
Ja, so sagt es auch das kleine Handbuch für „Italienisch-Gourmet für Dummies“ schon im Vorwort, wobei ich jedoch schon Italiener am Nebentisch hatte, die sich Unmengen Formaggio über ihre Spaghetti mit Meeresfrüchten schütteten, keine Regel ohne Ausnahmen.
Mit nur wenigen Minuten Verspätung sollte es kurz vor neun Uhr klingeln und wie fast jedes Mal überzeugte auch die Lieferung mit Herzlich- und Freundlichkeit und routiniert verpackten Speisen:
Ich schnappte mir den Wein, auf den ich mich schon seit dem Mittag freute, und nachdem die heute etwas schwierig auf den Teller zu bugsierenden Vorspeisen an Ort und Stelle waren, ging es wie immer an diesem Zeitpunkt mit gesundem Appetit zum Esstisch, Anrichten macht hungrig….
| Vorspeisen |
Bruschetta – 6,50€
Caprese Salat – 6,50€
Vitello Tonnato – 9,90€
Bei den Bruschette musste der Purist in mir zunächst tief Luft holen, obwohl das Brot selbst einen sehr guten Eindruck machte. Auf einem Bett von leicht angemachtem Rucola, in der Mitte mit einer generösen Portion von grob geraspeltem Parmesan, kamen ganze vier Scheiben Brot.
Bruschetta
Manchmal ist weniger mehr, ich hätte zu diesem Preise lieber noch mindestens zwei Scheiben mehr gehabt und man hätte auf den Firlefanz verzichten können. Worauf man bei Bruschetta meiner Meinung nach IMMER verzichten sollte: Zwiebeln - non si fa così!!! Wenn ich rohe Zwiebeln möchte esse ich ein Mett- oder Matjesbrötchen, auf Bruschetta gehören nur Tomaten, Basilikum, Knoblauch und Olivenöl, wobei manche das Brot auch nur mit dem Knoblauch einreiben.
Leider steht in vielen Rezepten hierzulande die Zwiebel mit drin, was man allerdings dieser Version hier zugutehalten muss ist, dass man sehr süße rote verwendete, die fast schon an Tropea Zwiebeln erinnern sollten, wären es scharfe weiße gewesen, hätte ich es nicht gegessen, so aber müsste ich lügen, wenn ich behaupten würde, es habe grundsätzlich nicht geschmeckt, von Zwiebelschärfe war nichts zu vernehmen.
Das auch beim Caprese verwendete, recht mild-brave Olivenöl – ich schätze ja eher die toskanischen Öle, die oft zuerst leicht süßlich, dann aber gefolgt von einem angenehmen, bitteren und scharfen Nachgeschmack auf dem Gaumen überzeugen, sind aber meist teuer und geschmacklich nicht massenkompatibel - hinterließ einen brauchbaren Eindruck, den Balsamico hätte ich genauso wenig gebraucht wie die cipolle.
Ein „Mehr“ hätte ich mir in Sachen Knoblauch und Salz gewünscht und ich muss gestehen, dass der leicht angemachte Rucola mit dem Parmesan dazu sehr lecker war, aus Purismus zu leugnen, dass Dinge auch trotz einiger Sünden gut schmecken, fände ich lächerlich peinlich und undenkbar und das gilt für jegliche in dieser Hinsicht gefährdete Küchen – nur verschweigen sollte man die Sünden natürlich nicht.
Den Caprese Salat hätte ich mir persönlich nicht bestellt, aber die werte Lebensgefährtin liebt ihn nun mal sehr, also her mit dem ikonischen Teller in Landesfarben.
Caprese
Zum Öl hatte ich ja schon berichtet und dass man keinen Balsamico verwendete fand ich löblich und nach dem Bruschetta-Erlebnis fast schon überraschend.
Der Mozzarella schien vom Büffel zu sein, die Konsistenz und ein etwas kräftigerer Eigengeschmack deuteten jedenfalls sehr darauf hin. Tomaten und Basilikum frisch und erstere sogar überraschend aromatisch, etwas Pfeffer und Meersalz gab ich noch auf meinem Teller obenauf, am Gericht gab es wenig auszusetzen.
Das Vitello Tonnato sah auf den ersten Blick etwas grau aus, das sehr dünn geschnittene Kalbfleisch war jedoch im Kern noch leicht rosa und zerfiel quasi vor Zartheit.
Die Sauce in der Säure schön ausbalanciert, auch wenn ich etwas mehr Sardelle im Nachgang schätze; die Kapern kamen in einer Größe, in der ich sie am liebsten mag - Kapernäpfel machen zwar optisch mehr her, aber ich mag die Textur nicht so gerne, es sei denn man backt sie aus.
Würde ich wieder bestellen und das Gericht sollte zu dem begleitenden Riesling – den gab es schon jetzt, Details im Hauptgang – eine große Freude sein.
| Hauptgerichte |
Spaghetti „Scampi“ – 11,90€
Pizza Cipolla (+Oliven und frische Tomaten) – 8,90€
2017 Wachenheimer Riesling „R“, VDP.Ortswein, Weingut Dr. Bürklin-Wolf, Wachenheim
Pizza aus dem rotierenden – die Backfläche dreht sich innen -Steinofen mit offener Flamme kann man mit Sicherheit als Fundament der Karte bezeichnen, mit Pizza ist das Geschäft in den 80er Jahren bekannt geworden, als man noch am Wasserturm den kleinen Imbiss bei Auto Flocke betrieb, aus dem man vor einiger Zeit in die nun viel größeren, ansprechenden Räume zog und nun sich als kleines Ristorante mit rund 60 Plätzen plus Terrasse präsentiert.
Pizza Cipolla (+Oliven und frische Tomaten)
Ich bat wie immer darum die Pizza dunkel zu backen, „Ah, „croccante“ natürlich gerne, ich notiere für meine Kollegen heute Abend!“ und das hat wie erwartet gut funktioniert.
Die Pizza-Bestellerin am Tisch war voll des Lobes für Teig und Belag und ich kenne die Pina-Pizza gut, probierte gerne und ja, die Pizza ist hier eine sichere Bank, wenn man von den allgemeinen Liefer-Symptomen absieht, die sich hier aber geschmacklich in engen Grenzen hielten.
Besonders gut gefiel mir, wie dünn die Zwiebeln geschnitten waren, dadurch hatten sie ein sehr ansprechendes Mundgefühl und die Pizza war trotz der frischen Tomatenwürfel nicht aufgeweicht, sehr gelungen das Ganze.
Zu meinen Spaghetti kann man sicher zunächst mal wieder mal eine alte Küchenbinse zitieren, die nichts von ihrer Wahrheit eingebüßt hat: „Der Gast wartet auf die Pasta, nicht die Pasta auf den Gast!“.
Spaghetti „Scampi“
Da man hier auf Pasta aus Bronzeformen setzt und die rauhe Oberfläche für entsprechendes Saugpotential sorgt, haben die Nudeln deutlich mehr gelitten, als es bspw. bei meiner letzten Spaghetti AOP Bestellung der Fall war - dafür kann aber das Restaurant natürlich nichts und von Brei war man hier noch weit entfernt.
Was das Thema „Scampi“ angeht bin ich bei der Deklaration mittlerweile entspannt, aber nur je nachdem wo man sich befindet und welchen Preis man für was zahlt.
Wer sich eine „Pizza Scampi“ für 8 Euro in einem Imbiss bestellt und dann in einer Bewertung vor Empörung fast in Ohnmacht fällt, weil auf dem Teigfladen kein halbes Pfund ausgelöster Kaisergranat thronte sollte sich Hilfe besorgen. Auch wenn es grundsätzlich nicht gut ist, aber es ist hier in meinen Augen mehr der übliche Wortgebrauch und keine absichtliche Täuschung, zumal in den Zielgruppen dieser Gastros die Unterschiede im Detail in dem meisten Fällen gar nicht geläufig sind.
Anders sieht es aber aus, wenn ich mich in Oberkassel zum Bussi-Bussi-Italiener hocke, hier würde ich geradezu ausflippen bei den Themen Scampi, Rotzunge und Co.
Aber auch, wenn ich nichts anderes als Garnelen erwartet habe, hätte man doch lieber weniger in einer größeren Sortierung wählen sollen, als Unmengen – auf dem Foto sind maximal 15-20% der vorhandenen – von relativ geschmacksneutralem billigen Plankton.
Ich hatte mit gesteigerter Schärfe bestellt, was man neben dem frischen Chili auch mit getrocknetem im ganz leicht sämigen – durch das Nudelwasser – Sud löste. Jener war keine reine AOP Ausführung sondern hier wurde mit etwas Krustentierfond oder –paste noch etwas Tiefe in das Gericht gezaubert, das gefiel mir in Summe gut.
Der begleitende, handgelesene, spontan vergorene Pracht-Riesling von Bürklin-Wolf sollte kleinere Kritikpunkte im Essen ebenso spontan vergessen machen, samtige Früchte mit einem Spiel von eleganter Säure, ein Ortswein der Spitzenklasse, den ich Schluck für Schluck nach allen Kräften genoss.
2017 Wachenheimer Riesling „R“ (Hochformat, bitte anklicken sofern auf PC oder Mac betrachtet)
| Dessert |
Tiramisu – 5,50€
Panna Cotta – 5,00€
Leider sind die beiden ausgelutschten Klassiker die einzigen Optionen neben Parfaits, einem Sorbet, sowie einem Schokosoufflé auf der Karte, die sich für eine Lieferung anboten.
Das Tiramisu optisch etwas trostlos, ein schnödes Stück vom Blech ohne jeglichen Versuch einer kleinen Garnitur, ein teures Stück Kuchen wenn man so möchte, bei Da Giuseppe gab es kürzlich die gleiche Variante für knapp die Hälfte, was ich als fair empfand.
Tiramisu
Geschmacklich gut, der Biskuit wunderbar durchtränkt mit spürbaren alkoholischen Noten, definitiv kein Kinderdessert, jedoch auch hier weit entfernt von meiner persönlichen lokalen Referenzklasse von Di Vino, die dortige Mascarpone-Creme ist einfach zu göttlich.
Die Panna Cotta auch guter Durchschnitt mit gelungener Konsistenz, die eben nicht an einen 30 Cent Wackelpudding aus der Tüte erinnerte. Die Fruchtsoßen muteten zugekauft an, ich probierte die rote Variante und meine mich an Himbeere zu erinnern, was Madame bestätigte, die grüne hatte sie mir als „Kiwi“ beschrieben.
Panna Cotta
Kann man beides so machen und haben, Dessert-Liebhaber mit Anspruch werden allerdings nicht unbedingt die Engel singen hören beim Verzehr, aber in Relation zum Rest der Karte passt es sicher.
Das hätte sicher schlimmer kommen können, dennoch blieb ein wenig Wehmut ob der sich so kurzfristig in Luft aufgelösten Pläne für den Abend, aber schon der Ausblick auf den sonnigen Samstag mit der ausgedehnten Einkaufstour mit meinem Sommer-Wägelchen ließ den Abend in einem wohlgestimmten Sofa-Zen-Modus ausklingen; Zeit für ein
Fazit
Man sieht sich mittlerweile als Ristorante und ruft entsprechende Preise auf, hier würde ich mir etwas mehr Liebe zum Detail wünschen, da reicht eine gute Pizza nicht für die höchste Punktzahl, auch wenn diese alleine betrachtet sicher viel Lob verdient. Angesichts der obigen Kritikpunkte komme ich wie auch 2019 auf knappe 3,5 Sterne für die Küche.
Der Service wie erlebt kaum zu verbessern, alleine der liebenswürdige Koch hat mein Herz erobert mit seiner Art, freundlich und pünktlich, alles bestens, 5 Sterne.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis etwas ambivalent heute. Warum? Eigentlich hätten wir mit Trinkgeld fast 60 Euro zahlen müssen, haben aber nur knapp 50 gezahlt wie mir heute auffiel, einen Bon gab es leider nicht. Ich hatte im Bestellsystem auf der Homepage – eigene Lösung, kein Lieferando-Murks – gesehen, dass es 10% „Erstbesteller-Rabatt“ gibt, sowie zumindest am Freitag noch einen 10% Rabatt auf Pasta, das hat man wohl auch bei der telefonischen Bestellung gewährt, anders kann ich mir das nicht erklären.
Aber ich nehme für die Bewertung die normalen Preise als Maßstab und komme somit auf drei Sterne für das Gebotene und damit sogar zu einer leichten Verbesserung im Vergleich zum letzten Mal.
Bei der Gesamtwertung komme ich abermals auf 3,5 Sterne, für eine gute Pizza ist „Bei Pina“ eine sehr solide Option, für andere Herrlichkeiten aus der italienischen Küche gibt es aber für meine Begriffe weitaus bessere Häuser in Solingen.
Auch in Solingen herrscht in der Gastronomie vielerorts allerspätestens seit dem Freitagnachmittag hektische Betriebsamkeit, zumindest wenn man denn das Glück hat, über entsprechende rentable Außenflächen zu verfügen.
Grundsätzlich konnte man zwar schon am Donnerstag öffnen, was aber nur sehr wenige taten weil die Witterung alles anderes als dazu einlud, sich bei nasskaltem Aprilwetter irgendwo auf eine Terrasse zu hocken, bei aller Liebe zum hiesigen Gastgewerbe.
Da der Freitagabend zwar grundsätzlich trocken aber später doch empfindlich schnell abkühlen sollte und die... mehr lesen
Pizzeria Bei Pina
Pizzeria Bei Pina
€-€€€
Pizzeria
021252866
Lützowstraße 30, 42653 Solingen
3.5
stars -
"(Teil-)Lockdown Chronicles: Aus der Not eine Tugend gemacht…."
Shaneymac
Auch in Solingen herrscht in der Gastronomie vielerorts allerspätestens seit dem Freitagnachmittag hektische Betriebsamkeit, zumindest wenn man denn das Glück hat, über entsprechende rentable Außenflächen zu verfügen.
Grundsätzlich konnte man zwar schon am Donnerstag öffnen, was aber nur sehr wenige taten weil die Witterung alles anderes als dazu einlud, sich bei nasskaltem Aprilwetter irgendwo auf eine Terrasse zu hocken, bei aller Liebe zum hiesigen Gastgewerbe.
Da der Freitagabend zwar grundsätzlich trocken aber später doch empfindlich schnell abkühlen sollte und die
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
Shaneymac einen Beitrag zum Landhaus Sonneneck in 42659 Solingen geschrieben.
vor 3 Jahren (29.05.2021 17:17)
"Landhaus Sonneneck beendet den Corona-Lieferservice und öffnet die Terrasse"
Geschrieben am 29.05.2021 2021-05-29 | Aktualisiert am 29.05.2021
Gestern Abend öffnete das gepflegt italienisch kochende Restaurant endlich wieder die Pforten für seine Gäste und Betreiber Mario Ciccimarra war die Vorfreude darauf regelrecht anzumerken, als ich ihn am späten Nachmittag telefonisch erreichte.
Mit Bedauern teilte er mit, dass aus logistischen Gründen - es ist ein kleiner Familienbetrieb - die parallele Aufrechterhaltung des Lieferservices fortan nicht mehr möglich sei. Dieser sei jedoch ein willkommenes Zusatzgeschäft gewesen, die Gäste hätten ihn sehr gut angenommen und es wurden so auch neue Stammgäste generiert.
Ein kleiner Wermutstropfen wenn man bedenkt, dass diese Öffnungen für viele Gastronomen endlich wieder ein Stück Normalität in ihrem beruflichen Dasein bedeuten. Das Landhaus Sonneneck werde ich sicher bald nochmals heimsuchen wenn es das Wetter zulässt, ein Folgebesuch stand ohnehin an.
Mit Bedauern teilte er mit, dass aus logistischen Gründen - es ist ein kleiner Familienbetrieb - die parallele Aufrechterhaltung des Lieferservices fortan nicht mehr möglich sei. Dieser sei jedoch ein willkommenes Zusatzgeschäft gewesen, die Gäste hätten ihn sehr gut angenommen und es wurden so auch neue Stammgäste generiert.
Ein kleiner Wermutstropfen wenn man bedenkt, dass diese Öffnungen für viele Gastronomen endlich wieder ein Stück Normalität in ihrem beruflichen Dasein bedeuten. Das Landhaus Sonneneck werde ich sicher bald nochmals heimsuchen wenn es das Wetter zulässt, ein Folgebesuch stand ohnehin an.
Gestern Abend öffnete das gepflegt italienisch kochende Restaurant endlich wieder die Pforten für seine Gäste und Betreiber Mario Ciccimarra war die Vorfreude darauf regelrecht anzumerken, als ich ihn am späten Nachmittag telefonisch erreichte.
Mit Bedauern teilte er mit, dass aus logistischen Gründen - es ist ein kleiner Familienbetrieb - die parallele Aufrechterhaltung des Lieferservices fortan nicht mehr möglich sei. Dieser sei jedoch ein willkommenes Zusatzgeschäft gewesen, die Gäste hätten ihn sehr gut angenommen und es wurden so auch neue Stammgäste generiert.
Ein kleiner Wermutstropfen wenn man bedenkt, dass diese Öffnungen für viele Gastronomen endlich wieder ein Stück Normalität in ihrem beruflichen Dasein bedeuten. Das Landhaus Sonneneck werde ich sicher bald nochmals heimsuchen wenn es das Wetter zulässt, ein Folgebesuch stand ohnehin an.
Landhaus Sonneneck
Landhaus Sonneneck
€-€€€
Restaurant
021244233
Pfaffenberger Weg 112, 42659 Solingen
stars -
"Landhaus Sonneneck beendet den Corona-Lieferservice und öffnet die Terrasse"
Shaneymac
Gestern Abend öffnete das gepflegt italienisch kochende Restaurant endlich wieder die Pforten für seine Gäste und Betreiber Mario Ciccimarra war die Vorfreude darauf regelrecht anzumerken, als ich ihn am späten Nachmittag telefonisch erreichte.
Mit Bedauern teilte er mit, dass aus logistischen Gründen - es ist ein kleiner Familienbetrieb - die parallele Aufrechterhaltung des Lieferservices fortan nicht mehr möglich sei. Dieser sei jedoch ein willkommenes Zusatzgeschäft gewesen, die Gäste hätten ihn sehr gut angenommen und es wurden so auch neue Stammgäste generiert.
"Lockdown Chronicles: Und mir war, als säße Oma Hedwig mit am Tisch…"
Verifiziert
5
Geschrieben am 23.05.2021 2021-05-23 | Aktualisiert am 23.05.2021
Besucht am 21.05.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
Am Freitag war ich mit Blick auf die abendliche Liefersause doch etwas wankelmütig, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, etwas Neues vorzustellen und der Option, verlässlichen Genuss bei einer der erfreulichen bereits vorgestellten „sicheren Banken“ zu erleben.
Aber letztlich möchte ich ja auch den zahlreichen Solinger Lesern einen gewissen Mehrwert bieten und alle paar Wochen über das Pfaffenberg & Co. zu schreiben ist in dieser Hinsicht sicher wenig zielführend, auch wenn der Freitagabend davon mitunter profitieren würde wenn man sich meine wagemutige Experimentierfreude zu Gemüte führt.
Und unter Wagemut möchte ich auch den vergangenen Freitag verbuchen, denn das Brauhaus Cologne`s ist ein alter Bekannter, bis zum Frühsommer 2014 arbeitete ich in unmittelbarer Nähe des sich am Rathausplatz befindlichen Restaurants und das mittägliche Buffet habe ich mit Kollegen damals ab und an wahrgenommen.
Aus diesen Zeiten ist es mir daher als ziemlich lieblose Convenience-Hölle in Erinnerung geblieben, die Saucen als pappige Tunken auf Basis gekörnter Brühe mit Schnitzeln aus der Fritteuse.
Und auch, wenn es später einen Pächterwechsel gab, hatte das Lokal in meiner Wahrnehmung auf ewig diesen Stempel obwohl ich seitdem nicht mehr dort war, ich denke so etwas kennt jeder aus seiner eigenen Umgebung.
Aber in den letzten 12 Monaten stolperte ich auf Facebook über den ein oder anderen positiven – bebilderten - Beitrag zum Restaurant, neben gut aussehenden Brauhaus-Klassikern und Balkanküche kündeten diese auch von saisonalen Gerichten wie ebenfalls sehr gelungen anzuschauenden klassischen Gänsegerichten im Herbst und Winter.
Das machte durchaus Appetit und ich erinnerte mich am Freitag während meiner mehrstündigen konzentrierten meditativen Auswahlphase spontan daran und ließ Madame Shaneymac stolz von dem erfolgreichen Abschluss jener wissen.
„Was, da willst du bestellen, muss das sein?“ hörte ich da wenig begeistert aus der oberen Etage, Madame arbeitete noch einige Jahre länger in der Nähe des Restaurants und war damit auch nach dem Pächterwechsel noch einige Male mittags mit Kolleginnen zu Gast – oder sagt man heute zu Gästin?
Sie konnte mir zwar nicht mehr sagen, was sie gegessen hatte, aber im Grunde klang das alles ein wenig so, als habe sich wenig geändert, aber ich ließ mich nicht beirren, das was ich auf Facebook an Fotos gesehen hatte konnte sich sehen lassen und ich pries mit blumigen Worten das dort erblickte an was dann auch eine gewisse Wirkung zeigen sollte.
Denn ich wollte gerne hier bestellen, eines der Gerichte wird mich wohl Zeit meines Lebens immer an meine Großmutter – Gott hab sie selig – erinnern. Als ich meinen Führerschein anno 93 endlich in den Händen hielt, ging ich gerne mit ihr essen, für sie war es ein schöner Mittag mit dem Enkel und für mich willkommene Abwechslung im kulinarisch grauen häuslichen Alltag.
Sie mochte – wenn auch nicht ausschließlich - die hiesigen Balkanrestaurants sehr und als mein Opa noch lebte ging es in den 80er Jahren gerne in Lokale wie den Löwenbräukeller in der Turmpassage, der vielen Solingern noch in lebhafter Erinnerung sein dürfte, oder in den Opatja Grill auf der Blumenstraße, in späteren Jahren auch in das Haus Kraft auf der Schützenstraße.
Als junger Erwachsener war das mit Schinken und Käse gefüllte Rumpsteak, das gemeinhin als „lustiger Bosniak“ auf der Karte steht, für mich die Quintessenz von kulinarischem Balkan-Glück auf dem Teller wenn es gut gemacht war und der Balkan-Restaurant-Besuch mit „Omma“ stets ein sehr willkommener Eintrag im Kalender.
Glücklich und satt verließen wir stets die Lokale, ich brachte die Großmutter nach Hause, der Enkel wurde gedrückt und das obligatorische Scheinchen von Omma musste widerstandslos akzeptiert werden.
All diese Eindrücke kamen spontan wieder, als ich das Gericht auf der Karte fand, eine nette Vorspeise war auch gefunden, wohlan, lasset die Nostalgie-Spiele beginnen und wehe der Bosniak ist nicht lustig, her mit dem Telefon….
| Bestellung & Lieferung |
Eine resolut-patente wie freundliche Dame in den besten Jahren nahm die Bestellung auf und die Art und Weise, wie sie zwei kleinere Fragen zu den Gerichten beantwortete zeigte, dass man hier mit Leidenschaft bei der Sache ist, alleine schon wie sie mir die Garnelen beschrieb war sehr vielversprechend.
Auch fragte sie ihren Mann, der hier offenkundig der Koch ist, gerne nach Möglichkeiten für ein nicht auf der Karte zu findendes Dessert, hier hatte man leider außer der Reihe nichts zu bieten aber das hatte ich auch nicht erwartet und die Karte ist mehr als groß genug und bot mal wieder in der Abteilung Pfannkuchen etwas Schönes.
„Wir würde ihnen auch gerne Palatschinke machen aber das geht nicht, die werden ja total kalt beim Liefern weil sie so dünn sind, das geht nicht!“ hörte ich rührend besorgt als sie laut nachdachte, was man denn als Nachtisch spontan zaubern könnte, neben Tartufo nero und bianco übrigens, das allerdings eines der wenigen Angebote ist, bei dem man auf in einem italienischen Geschäft zugekaufte Produkte setzt, wie man auf Nachfrage ohne Umschweife zugab.
An Pfingsten bietet man übrigens eine kleine Sonderkarte, diese enthält einen ausdrücklich hausgemachten Apfelstrudel nach dem ich fragte, vielleicht hatte man ja schon „vorgebacken“ am Freitag.
„Nein das tut mir sehr leid, den backe ich erst morgen, sonst hätte ich ihnen sehr gerne ein schönes Stück geliefert!“ hörte ich mit dem Ausdruck ehrlichen Bedauerns.
Man wünschte mir schöne Pfingsten und einen schönen Abend, ein sehr nettes Gespräch das ein mehr als gutes Licht auf das Lokal warf.
Einziger Wermutstropfen: man liefert nur bis 20 Uhr, das allerdings sollte auf die Minute pünktlich geschehen, ein gut aufgelegter junger Mann brachte ein ganzes Arsenal von bestens warmgehaltenen Schachteln und Schälchen und bekam wie immer ein anständiges Trinkgeld bevor er mit höflichen Worten der Verabschiedung wieder seinem Auto entgegeneilte.
Schon beim Fotografieren in der Küche fiel sogar Madame die köstliche Wolke Grillgeruch auf, die mein Hauptgericht verströmen sollte: „Boa, das riecht aber lecker!“ – oh ja, very lecker indeed!
Das kurze freitägliche Küchen-Ballett nahm seinen Lauf, wieder verbrannte ich mir die Finger an den heißen vorgewärmten Tellern, mit Bärenhunger steuerte ich den Esstisch an, los geht die wilde Fahrt….
| Vorpeisen |
Garnelen in Kräuter-Weinsauce – 12,50€
Gebratene Champignons – 7,50€
2018 Burg Layer Schlossberg Riesling, VDP.Erste Lage, Schlossgut Diel, Rümmelsheim, Deutschland
Bei den Garnelen argwöhnte ich zunächst eine helle Tapetenkleister-Weißwein Sauce, wir kennen ja die dunklen Seiten mancher Balkan-Restauration nur zu gut.
Garnelen in Kräuter-Weinsauce
Aber schon am Telefon war klar, dass sie so kommen sollten wie erhofft, Olivenöl, Wein, etwas Fond und mit viel Knoblauch und auf meinen Wunsch auch mit einer spürbaren Chili-Schärfe.
Und ja, die mit Kopf gebratenen – ich mag es sehr, es gibt Geschmack in den Sud – Garnelen mittlerer Sortierung kamen in einer sehr gelungenen, pikanten Sauce, die in ihrer öligen Rustikalität sehr an ein gelungenes Tapas-Gericht erinnerte, dass ich vor Jahren mal in Spanien verschlingen durfte.
Mediterrane Kräuterwelten, ein ruppiger Wein mit ordentlich Säure darin, ideale Schärfe, ein gutes Öl und maritime Noten von Fond und Schalentier; sehr gelungen!
Allerdings hätte ich mir zu diesem Preise noch mindestens zwei oder drei Garnelen mehr gewünscht, das Gericht passt im örtlichen Vergleich preislich so nicht ganz.
Aber man muss auch bedenken, dass die Pacht in der Lage am Rathaus mit den nicht gerade beengten Räumen nicht vergleichbar ist mit Betrieben, die irgendwo in der Pampa in einem Altbau residieren der ihnen in vielen Fällen auch gehört.
Das Brot zu beiden Vorspeisen war eine Art Ciabatta und grundsätzlich auch eine positive Überraschung, dass es nicht geschnitten war und wir es mit den Händen brachen gefiel mir in Kombination mit meinem rustikalen „dippfreudigen“ Gericht sogar sehr gut.
Brot
Dennoch hinterließ es ein wenig den Eindruck industrieller Fertigung, aber im Vergleich zu dem allseits bekannten Industrie-Baguette, das in so mancher Alltags-Gastronomie gerne zum Einsatz kommt war es geradezu ein Hochgenuss, Jammern auf leicht erhöhtem Niveau an dieser Stelle.
Ein Hochgenuss der vinophilen Sorte dann der begleitende Pracht-Riesling von Diel, das VDP Weingut kann sicher zu den renommiertesten Betrieben an der Nahe gezählt werden und was dieser große Wein zu bieten hatte, sollte das Essen in Sachen Genuss noch einmal auf ein ganz eigenes Niveau heben, ein himmlischer Tropfen.
2018 Burg Layer Schlossberg Riesling (Hochformat, bitte anklicken sofern auf Mac oder PC betrachtet)
In den nächsten Wochen, sofern die Restaurants noch geschlossen bleiben, wird es einige interessante Weine geben, ich habe mir eine schöne Riesling Kiste mit schweren VDP Kalibern zusammengestellt dieser Tage, dabei auch Große Gewächse von Kuhn und Barth, mit denen ich aber nicht sofort starten wollte - aber eine Erste Lage ist sicherlich auch nicht gerade zu verachten um es vorsichtig auszudrücken.
Kürzlich fragte mich in den sozialen Medien jemand, der einen meiner hier beschriebenen Weine gegoogelt hatte weil er ihn spannend beschrieben fand und etwas erschrak, als der den Preis sah, warum ich eine Flasche Wein getrunken habe, die mehr als die Hälfte der Summe des bestellten Essens kostete.
Die Antwort lautet nicht „weil ich kann“ und damit angeben möchte, sondern vielmehr weil ich guten Wein bewusst genieße und diese Bestellaktionen ja auch ein wenig an die Freude gelungener Restaurantbesuche erinnern sollen, und da gehört ein schöner Wein für mich dazu.
Und natürlich trinke ich im Alltag nicht täglich 30 Euro Weine sondern suche mir immer Gelegenheiten, an denen ich mich belohnen und ein wenig dem kulinarischen Hedonismus frönen kann.
Die gebratenen Champignons waren im Vergleich zu der desaströsen Version vom Gasthaus Löhdorf vor einigen Wochen eine große Freude, denn damals gab es sie, die gefürchtete Tapetenkleister-Convenience-Hölle.
Gebratene Champignonköpfe
Hier wurde auf den Punkt brüllend heiß sautiert, dazu aromatisches Olivenöl und fein gehackter Knoblauch und ich meine auch einen spürbaren Schuss Wein, nur den Deko Rucola hätte man sich sparen können, den dieser sah nicht mehr wirklich gut aus natürlich.
Den wollte ich für das Foto gerne entfernen, durfte aber nicht weil „es ist schließlich so gekommen!“ hörte ich von der besseren Hälfte am Tisch, die aber kurz zuvor noch etwas von dem eigentlich nur zu ihrem Hauptgericht gehörenden Sauerrahm mit auf den Teller gab - und wieder war verständnisvolles Schweigen erste Beziehungspflicht…. Räusper…
| Hauptgerichte |
Rumpsteak „Burg“ (aka „Lustiger Bosniak“) – 21,90€
Folienkartoffel mit Hähnchen – 11,90€
Warum man mein gefülltes Rumpsteak nach dem Solinger Stadtteil benannte, in dem ich aufwuchs, nämlich Burg an der Wupper, und nicht so, wie man das Gericht gemeinhin kennt erklärte man mir mit „wir wollten es nicht so nennen wie alle!“. Nun gut, mit der Logik könnte man eine Gulaschsuppe auch „Fleischtopf Höhscheid“ nennen aber sei’s drum, ich wusste ja was mich erwartete.
Rumpsteak „Burg“ (aka „Lustiger Bosniak“)
Und so profan es auch aussehen mag, das war auf seine Art ein absoluter Hochgenuss im Kontext des Balkan-Grill Universums. Die intensiven Grillnoten waren außergewöhnlich, dieser Grill scheint ein Glücksgriff gewesen zu sein und jemand wusste mit ihm umzugehen.
Ich habe mich selbst schon an dem Gericht versucht und den Käse geschmolzen zu haben ohne das Fleisch grau werden zu lassen, ist gar nicht mal so trivial wie man meinten könnte.
Großartig!
Das argentinische Fleisch selbst war makellos, so zart, dass ich das Steakmesser eigentlich nur hineindrücken musste um zu schneiden, dabei von gutem Eigengeschmack.
Den Käse und den Schinken hätte ich mir kräftiger gewünscht, aber gekochter Schinken und milder Käse wie Edamer oder Gouda sind hier in der Balkan-Gastronomie fast immer die Regel und grundsätzlich war dies natürlich kein Malus sondern letzte Details, die für höchste Weihen noch fehlen.
Die Pommes frites hatten etwas gelitten im Ofen, waren aber weit entfernt von labbrigem Unheil und dufteten appetitlich nach frischem Fett.
Der Djuvec Reis war bemerkenswert, Gemüse wie kleine Möhrenstücke oder Erbsen hatten alle noch Biss, er war weder übergart pampig noch eine staubige Angelegenheit, einer der besten seiner Art, die ich jemals gegessen habe und es waren derer Hunderte.
Der Ajvar eher auf der mild-süßlichen Seite, dazu obligatorische rohe Zwiebeln mit angenehmer Schärfe und eine erfreuliche-knoblauchlastige Kräuterbutter, die hausgemacht schien und nett in Form gebracht wurde.
Großartig, mein Plan schien übererfüllt und in einigen Momenten schien meine liebe Oma Hedwig in Gedanken mit uns zu speisen, es ist immer wieder erstaunlich, wie Gerüche und Geschmäcker die Erinnerung beflügeln.
Ich hatte zwar kurz erwogen, auf etwas tendenziell schweres Rotes in Sachen Wein zu wechseln, der Riesling schmeckte allerdings so gut und bot so viel Substanz und Nuancen, dass er sich mit einer Unzahl von Aromen verstand, wie es bei gereiften Lagenrieslingen dieser Liga meist der Fall ist.
Und ja, zum milden Käse, den leicht herben Paprikatönen vom Ajvar und insbesondere zu den Grillnoten: hoch lebe die Nahe sage ich nur.
Zufriedenheit - wenn auch mit weniger persönlich-nostalgischem Hintergrund - derweil auch vor dem Teller mit einer Folienkartoffel in der Größe eines veritablen Kleinwagens, die von meiner Mitbewohnerin leider „etwas“ unelegant auf das Porzellan gewuchtet wurde.
Folienkartoffel mit Hähnchen
Zu diesem Trumm gab es eine generöse Portion von frischem Sauerrahm, mit roter und gelber Paprika gebratene Hähnchenbrust sowie einen gemischten Salat mit einem relativ flachen aber erfrischenden Joghurtdressing.
Ein bodenständiges, handwerklich tadellos ausgeführtes Gericht, das sich stimmig in den Steakhaus / Brauhaus Kontext einfügt, die Kartoffel perfekt gegart, das Fleisch staubte nicht und wurde gut gewürzt, Madame würde es jederzeit wieder bestellen solle ich schreiben und das frau positiv überrascht war, nun denn.
Zeit für eine kurze Pause, bevor es an das nicht gerade „ätherische“ Dessert ging…
| Dessert |
Zwei „kleine“ Apfelpfannkuchen – je 5,00€
Auf der Karte wie gesagt momentan keine Stammdesserts außer Eis, daher liebäugelte ich abermals mit meinen geliebten Pfannkuchen, wenn schon denn schon, wertes inneres Schmackofatz-Kind.
"kleiner" Apfelpfannkuchen
Der Apfelpfannkuchen steht mit 10 Euro auf der Karte und ich fragte, ob ich stattdessen auch zwei kleine Varianten haben könnte, ohne dabei nach dem Preis zu fragen.
Das wollte man gerne erledigen und wir erhielten zwei separat verpackte Exemplare, die beim Öffnen der Schachtel verheißungsvolle Zimtdüfte verströmten.
Die Größe warf jedoch Fragen auf: wenn das ein „kleiner“ sein soll, braten sie die großen Exemplare dann in den Paella Pfannen von Villarriba und Villabajo?
Sehr üppig das Ganze aber leider auch verdammt lecker, die dünnen Apfelscheiben im Teig eingebacken und leicht karamellisiert, der Löffel Preiselbeeren in der Mitte durch die Wärme auseinandergelaufen aber dennoch willkommen und noch ein Plastikschälchen für eine separate Komponente musste es ganz sicher nicht sein.
Der Teig mir etwas zu kompakt angesichts dessen, dass sie auch etwas dicker waren, aber das sind Nuancen. Nur bei der Salz-Zucker-Balance machte der Koch einen etwas verliebten Eindruck, aber auch hier wieder lebhafte Erinnerungen an die Oma, sie meinte es auch immer gut mit der „Prise“ Salz im Pfannkuchenteig, es war sicher kein geschmacklicher Beinbruch, zumal der von uns obenauf gegebene Puderzucker hier Abhilfe schuf.
Muss ich erwähnen, dass der Riesling trotz in Zahlen geringer Restzuckermenge auch zu diesem Dessert wieder als großes Orchester aufspielte? Nein, gut, dann eben doch.
So glücklich wie ich damals diese Lokal stets mit den Großeltern verließ, saß ich bald auf dem Sofa und dachte darüber nach, wie Essen doch auf verschiedenen Ebenen beglücken kann. Manchmal sind es die einfachen Dinge, die das Herz ansprechen, manchmal die anspruchsvollen, die den kulinarischen Intellekt fordern und auf ihre Weise begeistern und alles hat seine Berechtigung zu seiner Zeit – und nicht nur in dieser Hinsicht sollte heute viel stimmen:
Fazit
Die positiven Meinungen zum Restaurant kann ich nach diesem Erlebnis absolut bestätigen. Hier kocht man ehrlich und mit Herz und ich kann nur immer wiederholen, wie ich bewerte: In Relation zu den Restaurants mit ähnlichem Anspruch und Preisgefüge. Das heißt das Cologne`s bekommt heute 4,5 Punkte für bezahlbare und fast perfekt abgelieferte Brauhaus und Balkanküche, was aber überhaupt keine Vergleiche hinsichtlich der Sternewertung mit Restaurants anderer Preisklassen und Küchenstile zulässt. Dies auch als kleiner, wiederholter Hinweis an die teilweise hier fröhlich mitlesende örtliche Gastronomie.
Der Service wie erlebt ist kaum zu verbessern, ob am Telefon oder vor Ort, Freundlichkeit war immer zugegen und man war motiviert bei der Sache, zudem absolut pünktlich und heiß geliefert, ich würde mir aber etwas längere Öffnungszeiten wünschen, trotzdem natürlich 5 Sterne
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich bei mehr als soliden 4 Sternen, wären die Garnelen etwas generöser ausgefallen hätte es sicherlich noch etwas oben drauf gegeben.
Und so lande ich auch in der Gesamtwertung bei knappen 4,5 Sternen, ich würde hier jederzeit wieder bestellen und mich nach dieser Erfahrung auch an Dinge wagen, die ich aufgrund meiner Vorurteile bewusst gemieden habe wie zum Beispiel „Lamm Medaillons in Sauce à la provencale“ – klare Empfehlung, nicht nur um Omma zu channeln. :-))
Aber letztlich möchte ich ja auch den zahlreichen Solinger Lesern einen gewissen Mehrwert bieten und alle paar Wochen über das Pfaffenberg & Co. zu schreiben ist in dieser Hinsicht sicher wenig zielführend, auch wenn der Freitagabend davon mitunter profitieren würde wenn man sich meine wagemutige Experimentierfreude zu Gemüte führt.
Und unter Wagemut möchte ich auch den vergangenen Freitag verbuchen, denn das Brauhaus Cologne`s ist ein alter Bekannter, bis zum Frühsommer 2014 arbeitete ich in unmittelbarer Nähe des sich am Rathausplatz befindlichen Restaurants und das mittägliche Buffet habe ich mit Kollegen damals ab und an wahrgenommen.
Aus diesen Zeiten ist es mir daher als ziemlich lieblose Convenience-Hölle in Erinnerung geblieben, die Saucen als pappige Tunken auf Basis gekörnter Brühe mit Schnitzeln aus der Fritteuse.
Und auch, wenn es später einen Pächterwechsel gab, hatte das Lokal in meiner Wahrnehmung auf ewig diesen Stempel obwohl ich seitdem nicht mehr dort war, ich denke so etwas kennt jeder aus seiner eigenen Umgebung.
Aber in den letzten 12 Monaten stolperte ich auf Facebook über den ein oder anderen positiven – bebilderten - Beitrag zum Restaurant, neben gut aussehenden Brauhaus-Klassikern und Balkanküche kündeten diese auch von saisonalen Gerichten wie ebenfalls sehr gelungen anzuschauenden klassischen Gänsegerichten im Herbst und Winter.
Das machte durchaus Appetit und ich erinnerte mich am Freitag während meiner mehrstündigen konzentrierten meditativen Auswahlphase spontan daran und ließ Madame Shaneymac stolz von dem erfolgreichen Abschluss jener wissen.
„Was, da willst du bestellen, muss das sein?“ hörte ich da wenig begeistert aus der oberen Etage, Madame arbeitete noch einige Jahre länger in der Nähe des Restaurants und war damit auch nach dem Pächterwechsel noch einige Male mittags mit Kolleginnen zu Gast – oder sagt man heute zu Gästin?
Sie konnte mir zwar nicht mehr sagen, was sie gegessen hatte, aber im Grunde klang das alles ein wenig so, als habe sich wenig geändert, aber ich ließ mich nicht beirren, das was ich auf Facebook an Fotos gesehen hatte konnte sich sehen lassen und ich pries mit blumigen Worten das dort erblickte an was dann auch eine gewisse Wirkung zeigen sollte.
Denn ich wollte gerne hier bestellen, eines der Gerichte wird mich wohl Zeit meines Lebens immer an meine Großmutter – Gott hab sie selig – erinnern. Als ich meinen Führerschein anno 93 endlich in den Händen hielt, ging ich gerne mit ihr essen, für sie war es ein schöner Mittag mit dem Enkel und für mich willkommene Abwechslung im kulinarisch grauen häuslichen Alltag.
Sie mochte – wenn auch nicht ausschließlich - die hiesigen Balkanrestaurants sehr und als mein Opa noch lebte ging es in den 80er Jahren gerne in Lokale wie den Löwenbräukeller in der Turmpassage, der vielen Solingern noch in lebhafter Erinnerung sein dürfte, oder in den Opatja Grill auf der Blumenstraße, in späteren Jahren auch in das Haus Kraft auf der Schützenstraße.
Als junger Erwachsener war das mit Schinken und Käse gefüllte Rumpsteak, das gemeinhin als „lustiger Bosniak“ auf der Karte steht, für mich die Quintessenz von kulinarischem Balkan-Glück auf dem Teller wenn es gut gemacht war und der Balkan-Restaurant-Besuch mit „Omma“ stets ein sehr willkommener Eintrag im Kalender.
Glücklich und satt verließen wir stets die Lokale, ich brachte die Großmutter nach Hause, der Enkel wurde gedrückt und das obligatorische Scheinchen von Omma musste widerstandslos akzeptiert werden.
All diese Eindrücke kamen spontan wieder, als ich das Gericht auf der Karte fand, eine nette Vorspeise war auch gefunden, wohlan, lasset die Nostalgie-Spiele beginnen und wehe der Bosniak ist nicht lustig, her mit dem Telefon….
| Bestellung & Lieferung |
Eine resolut-patente wie freundliche Dame in den besten Jahren nahm die Bestellung auf und die Art und Weise, wie sie zwei kleinere Fragen zu den Gerichten beantwortete zeigte, dass man hier mit Leidenschaft bei der Sache ist, alleine schon wie sie mir die Garnelen beschrieb war sehr vielversprechend.
Auch fragte sie ihren Mann, der hier offenkundig der Koch ist, gerne nach Möglichkeiten für ein nicht auf der Karte zu findendes Dessert, hier hatte man leider außer der Reihe nichts zu bieten aber das hatte ich auch nicht erwartet und die Karte ist mehr als groß genug und bot mal wieder in der Abteilung Pfannkuchen etwas Schönes.
„Wir würde ihnen auch gerne Palatschinke machen aber das geht nicht, die werden ja total kalt beim Liefern weil sie so dünn sind, das geht nicht!“ hörte ich rührend besorgt als sie laut nachdachte, was man denn als Nachtisch spontan zaubern könnte, neben Tartufo nero und bianco übrigens, das allerdings eines der wenigen Angebote ist, bei dem man auf in einem italienischen Geschäft zugekaufte Produkte setzt, wie man auf Nachfrage ohne Umschweife zugab.
An Pfingsten bietet man übrigens eine kleine Sonderkarte, diese enthält einen ausdrücklich hausgemachten Apfelstrudel nach dem ich fragte, vielleicht hatte man ja schon „vorgebacken“ am Freitag.
„Nein das tut mir sehr leid, den backe ich erst morgen, sonst hätte ich ihnen sehr gerne ein schönes Stück geliefert!“ hörte ich mit dem Ausdruck ehrlichen Bedauerns.
Man wünschte mir schöne Pfingsten und einen schönen Abend, ein sehr nettes Gespräch das ein mehr als gutes Licht auf das Lokal warf.
Einziger Wermutstropfen: man liefert nur bis 20 Uhr, das allerdings sollte auf die Minute pünktlich geschehen, ein gut aufgelegter junger Mann brachte ein ganzes Arsenal von bestens warmgehaltenen Schachteln und Schälchen und bekam wie immer ein anständiges Trinkgeld bevor er mit höflichen Worten der Verabschiedung wieder seinem Auto entgegeneilte.
Schon beim Fotografieren in der Küche fiel sogar Madame die köstliche Wolke Grillgeruch auf, die mein Hauptgericht verströmen sollte: „Boa, das riecht aber lecker!“ – oh ja, very lecker indeed!
Das kurze freitägliche Küchen-Ballett nahm seinen Lauf, wieder verbrannte ich mir die Finger an den heißen vorgewärmten Tellern, mit Bärenhunger steuerte ich den Esstisch an, los geht die wilde Fahrt….
| Vorpeisen |
Garnelen in Kräuter-Weinsauce – 12,50€
Gebratene Champignons – 7,50€
2018 Burg Layer Schlossberg Riesling, VDP.Erste Lage, Schlossgut Diel, Rümmelsheim, Deutschland
Bei den Garnelen argwöhnte ich zunächst eine helle Tapetenkleister-Weißwein Sauce, wir kennen ja die dunklen Seiten mancher Balkan-Restauration nur zu gut.
Garnelen in Kräuter-Weinsauce
Aber schon am Telefon war klar, dass sie so kommen sollten wie erhofft, Olivenöl, Wein, etwas Fond und mit viel Knoblauch und auf meinen Wunsch auch mit einer spürbaren Chili-Schärfe.
Und ja, die mit Kopf gebratenen – ich mag es sehr, es gibt Geschmack in den Sud – Garnelen mittlerer Sortierung kamen in einer sehr gelungenen, pikanten Sauce, die in ihrer öligen Rustikalität sehr an ein gelungenes Tapas-Gericht erinnerte, dass ich vor Jahren mal in Spanien verschlingen durfte.
Mediterrane Kräuterwelten, ein ruppiger Wein mit ordentlich Säure darin, ideale Schärfe, ein gutes Öl und maritime Noten von Fond und Schalentier; sehr gelungen!
Allerdings hätte ich mir zu diesem Preise noch mindestens zwei oder drei Garnelen mehr gewünscht, das Gericht passt im örtlichen Vergleich preislich so nicht ganz.
Aber man muss auch bedenken, dass die Pacht in der Lage am Rathaus mit den nicht gerade beengten Räumen nicht vergleichbar ist mit Betrieben, die irgendwo in der Pampa in einem Altbau residieren der ihnen in vielen Fällen auch gehört.
Das Brot zu beiden Vorspeisen war eine Art Ciabatta und grundsätzlich auch eine positive Überraschung, dass es nicht geschnitten war und wir es mit den Händen brachen gefiel mir in Kombination mit meinem rustikalen „dippfreudigen“ Gericht sogar sehr gut.
Brot
Dennoch hinterließ es ein wenig den Eindruck industrieller Fertigung, aber im Vergleich zu dem allseits bekannten Industrie-Baguette, das in so mancher Alltags-Gastronomie gerne zum Einsatz kommt war es geradezu ein Hochgenuss, Jammern auf leicht erhöhtem Niveau an dieser Stelle.
Ein Hochgenuss der vinophilen Sorte dann der begleitende Pracht-Riesling von Diel, das VDP Weingut kann sicher zu den renommiertesten Betrieben an der Nahe gezählt werden und was dieser große Wein zu bieten hatte, sollte das Essen in Sachen Genuss noch einmal auf ein ganz eigenes Niveau heben, ein himmlischer Tropfen.
2018 Burg Layer Schlossberg Riesling (Hochformat, bitte anklicken sofern auf Mac oder PC betrachtet)
In den nächsten Wochen, sofern die Restaurants noch geschlossen bleiben, wird es einige interessante Weine geben, ich habe mir eine schöne Riesling Kiste mit schweren VDP Kalibern zusammengestellt dieser Tage, dabei auch Große Gewächse von Kuhn und Barth, mit denen ich aber nicht sofort starten wollte - aber eine Erste Lage ist sicherlich auch nicht gerade zu verachten um es vorsichtig auszudrücken.
Kürzlich fragte mich in den sozialen Medien jemand, der einen meiner hier beschriebenen Weine gegoogelt hatte weil er ihn spannend beschrieben fand und etwas erschrak, als der den Preis sah, warum ich eine Flasche Wein getrunken habe, die mehr als die Hälfte der Summe des bestellten Essens kostete.
Die Antwort lautet nicht „weil ich kann“ und damit angeben möchte, sondern vielmehr weil ich guten Wein bewusst genieße und diese Bestellaktionen ja auch ein wenig an die Freude gelungener Restaurantbesuche erinnern sollen, und da gehört ein schöner Wein für mich dazu.
Und natürlich trinke ich im Alltag nicht täglich 30 Euro Weine sondern suche mir immer Gelegenheiten, an denen ich mich belohnen und ein wenig dem kulinarischen Hedonismus frönen kann.
Die gebratenen Champignons waren im Vergleich zu der desaströsen Version vom Gasthaus Löhdorf vor einigen Wochen eine große Freude, denn damals gab es sie, die gefürchtete Tapetenkleister-Convenience-Hölle.
Gebratene Champignonköpfe
Hier wurde auf den Punkt brüllend heiß sautiert, dazu aromatisches Olivenöl und fein gehackter Knoblauch und ich meine auch einen spürbaren Schuss Wein, nur den Deko Rucola hätte man sich sparen können, den dieser sah nicht mehr wirklich gut aus natürlich.
Den wollte ich für das Foto gerne entfernen, durfte aber nicht weil „es ist schließlich so gekommen!“ hörte ich von der besseren Hälfte am Tisch, die aber kurz zuvor noch etwas von dem eigentlich nur zu ihrem Hauptgericht gehörenden Sauerrahm mit auf den Teller gab - und wieder war verständnisvolles Schweigen erste Beziehungspflicht…. Räusper…
| Hauptgerichte |
Rumpsteak „Burg“ (aka „Lustiger Bosniak“) – 21,90€
Folienkartoffel mit Hähnchen – 11,90€
Warum man mein gefülltes Rumpsteak nach dem Solinger Stadtteil benannte, in dem ich aufwuchs, nämlich Burg an der Wupper, und nicht so, wie man das Gericht gemeinhin kennt erklärte man mir mit „wir wollten es nicht so nennen wie alle!“. Nun gut, mit der Logik könnte man eine Gulaschsuppe auch „Fleischtopf Höhscheid“ nennen aber sei’s drum, ich wusste ja was mich erwartete.
Rumpsteak „Burg“ (aka „Lustiger Bosniak“)
Und so profan es auch aussehen mag, das war auf seine Art ein absoluter Hochgenuss im Kontext des Balkan-Grill Universums. Die intensiven Grillnoten waren außergewöhnlich, dieser Grill scheint ein Glücksgriff gewesen zu sein und jemand wusste mit ihm umzugehen.
Ich habe mich selbst schon an dem Gericht versucht und den Käse geschmolzen zu haben ohne das Fleisch grau werden zu lassen, ist gar nicht mal so trivial wie man meinten könnte.
Großartig!
Das argentinische Fleisch selbst war makellos, so zart, dass ich das Steakmesser eigentlich nur hineindrücken musste um zu schneiden, dabei von gutem Eigengeschmack.
Den Käse und den Schinken hätte ich mir kräftiger gewünscht, aber gekochter Schinken und milder Käse wie Edamer oder Gouda sind hier in der Balkan-Gastronomie fast immer die Regel und grundsätzlich war dies natürlich kein Malus sondern letzte Details, die für höchste Weihen noch fehlen.
Die Pommes frites hatten etwas gelitten im Ofen, waren aber weit entfernt von labbrigem Unheil und dufteten appetitlich nach frischem Fett.
Der Djuvec Reis war bemerkenswert, Gemüse wie kleine Möhrenstücke oder Erbsen hatten alle noch Biss, er war weder übergart pampig noch eine staubige Angelegenheit, einer der besten seiner Art, die ich jemals gegessen habe und es waren derer Hunderte.
Der Ajvar eher auf der mild-süßlichen Seite, dazu obligatorische rohe Zwiebeln mit angenehmer Schärfe und eine erfreuliche-knoblauchlastige Kräuterbutter, die hausgemacht schien und nett in Form gebracht wurde.
Großartig, mein Plan schien übererfüllt und in einigen Momenten schien meine liebe Oma Hedwig in Gedanken mit uns zu speisen, es ist immer wieder erstaunlich, wie Gerüche und Geschmäcker die Erinnerung beflügeln.
Ich hatte zwar kurz erwogen, auf etwas tendenziell schweres Rotes in Sachen Wein zu wechseln, der Riesling schmeckte allerdings so gut und bot so viel Substanz und Nuancen, dass er sich mit einer Unzahl von Aromen verstand, wie es bei gereiften Lagenrieslingen dieser Liga meist der Fall ist.
Und ja, zum milden Käse, den leicht herben Paprikatönen vom Ajvar und insbesondere zu den Grillnoten: hoch lebe die Nahe sage ich nur.
Zufriedenheit - wenn auch mit weniger persönlich-nostalgischem Hintergrund - derweil auch vor dem Teller mit einer Folienkartoffel in der Größe eines veritablen Kleinwagens, die von meiner Mitbewohnerin leider „etwas“ unelegant auf das Porzellan gewuchtet wurde.
Folienkartoffel mit Hähnchen
Zu diesem Trumm gab es eine generöse Portion von frischem Sauerrahm, mit roter und gelber Paprika gebratene Hähnchenbrust sowie einen gemischten Salat mit einem relativ flachen aber erfrischenden Joghurtdressing.
Ein bodenständiges, handwerklich tadellos ausgeführtes Gericht, das sich stimmig in den Steakhaus / Brauhaus Kontext einfügt, die Kartoffel perfekt gegart, das Fleisch staubte nicht und wurde gut gewürzt, Madame würde es jederzeit wieder bestellen solle ich schreiben und das frau positiv überrascht war, nun denn.
Zeit für eine kurze Pause, bevor es an das nicht gerade „ätherische“ Dessert ging…
| Dessert |
Zwei „kleine“ Apfelpfannkuchen – je 5,00€
Auf der Karte wie gesagt momentan keine Stammdesserts außer Eis, daher liebäugelte ich abermals mit meinen geliebten Pfannkuchen, wenn schon denn schon, wertes inneres Schmackofatz-Kind.
"kleiner" Apfelpfannkuchen
Der Apfelpfannkuchen steht mit 10 Euro auf der Karte und ich fragte, ob ich stattdessen auch zwei kleine Varianten haben könnte, ohne dabei nach dem Preis zu fragen.
Das wollte man gerne erledigen und wir erhielten zwei separat verpackte Exemplare, die beim Öffnen der Schachtel verheißungsvolle Zimtdüfte verströmten.
Die Größe warf jedoch Fragen auf: wenn das ein „kleiner“ sein soll, braten sie die großen Exemplare dann in den Paella Pfannen von Villarriba und Villabajo?
Sehr üppig das Ganze aber leider auch verdammt lecker, die dünnen Apfelscheiben im Teig eingebacken und leicht karamellisiert, der Löffel Preiselbeeren in der Mitte durch die Wärme auseinandergelaufen aber dennoch willkommen und noch ein Plastikschälchen für eine separate Komponente musste es ganz sicher nicht sein.
Der Teig mir etwas zu kompakt angesichts dessen, dass sie auch etwas dicker waren, aber das sind Nuancen. Nur bei der Salz-Zucker-Balance machte der Koch einen etwas verliebten Eindruck, aber auch hier wieder lebhafte Erinnerungen an die Oma, sie meinte es auch immer gut mit der „Prise“ Salz im Pfannkuchenteig, es war sicher kein geschmacklicher Beinbruch, zumal der von uns obenauf gegebene Puderzucker hier Abhilfe schuf.
Muss ich erwähnen, dass der Riesling trotz in Zahlen geringer Restzuckermenge auch zu diesem Dessert wieder als großes Orchester aufspielte? Nein, gut, dann eben doch.
So glücklich wie ich damals diese Lokal stets mit den Großeltern verließ, saß ich bald auf dem Sofa und dachte darüber nach, wie Essen doch auf verschiedenen Ebenen beglücken kann. Manchmal sind es die einfachen Dinge, die das Herz ansprechen, manchmal die anspruchsvollen, die den kulinarischen Intellekt fordern und auf ihre Weise begeistern und alles hat seine Berechtigung zu seiner Zeit – und nicht nur in dieser Hinsicht sollte heute viel stimmen:
Fazit
Die positiven Meinungen zum Restaurant kann ich nach diesem Erlebnis absolut bestätigen. Hier kocht man ehrlich und mit Herz und ich kann nur immer wiederholen, wie ich bewerte: In Relation zu den Restaurants mit ähnlichem Anspruch und Preisgefüge. Das heißt das Cologne`s bekommt heute 4,5 Punkte für bezahlbare und fast perfekt abgelieferte Brauhaus und Balkanküche, was aber überhaupt keine Vergleiche hinsichtlich der Sternewertung mit Restaurants anderer Preisklassen und Küchenstile zulässt. Dies auch als kleiner, wiederholter Hinweis an die teilweise hier fröhlich mitlesende örtliche Gastronomie.
Der Service wie erlebt ist kaum zu verbessern, ob am Telefon oder vor Ort, Freundlichkeit war immer zugegen und man war motiviert bei der Sache, zudem absolut pünktlich und heiß geliefert, ich würde mir aber etwas längere Öffnungszeiten wünschen, trotzdem natürlich 5 Sterne
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich bei mehr als soliden 4 Sternen, wären die Garnelen etwas generöser ausgefallen hätte es sicherlich noch etwas oben drauf gegeben.
Und so lande ich auch in der Gesamtwertung bei knappen 4,5 Sternen, ich würde hier jederzeit wieder bestellen und mich nach dieser Erfahrung auch an Dinge wagen, die ich aufgrund meiner Vorurteile bewusst gemieden habe wie zum Beispiel „Lamm Medaillons in Sauce à la provencale“ – klare Empfehlung, nicht nur um Omma zu channeln. :-))
Am Freitag war ich mit Blick auf die abendliche Liefersause doch etwas wankelmütig, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, etwas Neues vorzustellen und der Option, verlässlichen Genuss bei einer der erfreulichen bereits vorgestellten „sicheren Banken“ zu erleben.
Aber letztlich möchte ich ja auch den zahlreichen Solinger Lesern einen gewissen Mehrwert bieten und alle paar Wochen über das Pfaffenberg & Co. zu schreiben ist in dieser Hinsicht sicher wenig zielführend, auch wenn der Freitagabend davon mitunter profitieren würde wenn man... mehr lesen
Restaurant Cologne's
Restaurant Cologne's
€-€€€
Restaurant
02122216202
Rathausplatz 3, 42651 Solingen
4.5
stars -
"Lockdown Chronicles: Und mir war, als säße Oma Hedwig mit am Tisch…"
Shaneymac
Am Freitag war ich mit Blick auf die abendliche Liefersause doch etwas wankelmütig, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, etwas Neues vorzustellen und der Option, verlässlichen Genuss bei einer der erfreulichen bereits vorgestellten „sicheren Banken“ zu erleben.
Aber letztlich möchte ich ja auch den zahlreichen Solinger Lesern einen gewissen Mehrwert bieten und alle paar Wochen über das Pfaffenberg & Co. zu schreiben ist in dieser Hinsicht sicher wenig zielführend, auch wenn der Freitagabend davon mitunter profitieren würde wenn man
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Stückwerk im Stückgut oder das große Tellerglück?"
Verifiziert
4
Geschrieben am 16.05.2021 2021-05-16 | Aktualisiert am 16.05.2021
Besucht am 14.05.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 60 EUR
Manchmal lässt mich meine Lockdown-Lieferservice-Safari auf Läden treffen, die ich zwar Jahre nicht mehr besucht aber schon vor geraumer Zeit bewertet hatte und natürlich liest man dann in solchen Fällen gerne nochmal die „antiken“ Zeilen, um sich auf das Update einzustimmen und zu schauen, was man weiland alles geistreiche oder –arme verlauten ließ; zumindest mir geht es so.
Und ich freue mich wie in diesem Fall stets nachträglich darüber, dass ich einleitend fast immer ein paar Aspekte der jeweiligen Lebensumstände, sei es beruflicher oder allgemeiner Natur, einwebe, die Texte versetzen mich verlässlich in die Stimmung jener Tage, in positiver wie negativer Hinsicht.
Mit leichter Wehmut blickte ich diesmal abermals auf die Namen in der Kommentarspalte aus 2016, was haben wir nur für einen Aderlass an guten Leuten erleben müssen seit 2015, es ist wirklich jammerschade aber nicht zu ändern.
„Heute entschied ich mich für das im Solinger Südpark am ehemaligen Hauptbahnhof gelegene Restaurant „Stückgut“, das in einem ehemaligen Frachtlager der DB untergebracht ist; im Umfeld das Museum Plagiarius, Künstler-Ateliers und schöne Außenanlagen.“ schrieb ich damals über die Lage des Lokals und noch immer befindet es sich in dem hübschen, vor Jahren im Rahmen einer Regionale aufgemöbelten Areal, das vormals einen absoluten Schandfleck darstellte.
Da sich das etablierte wie beliebte Restaurant nur wenige Minuten Fahrt entfernt befindet und ich einige sehr positive Meinungen zum Lieferservice vernommen hatte, bot sich ein überfälliges kleines Update an, zumal ich bei meiner Erstkritik in 2014 und später dann hier in 2016 doch recht spitzfindig zur Sache ging, die Bewertung an sich kann ich jedoch auch heute noch vollends nachvollziehen.
Was mich schon damals immer ein wenig störte und mich auch in der Zwischenzeit von erneuten Besuchen oder einer Lockdown Bestellung abhielt ist, dass die vom Koch und Gastronom Baljindar „Bobbi“ Singh ausgestaltete Karte nie einen wirklichen roten Faden besaß. Aber dies ist auch ein wenig gewollt und der Name des Restaurants bezieht sich nicht nur auf die ehemalige Nutzung der Güterhalle sondern auch auf die Philosophie der Küche und dem Ansatz, keine Convenience-Massenware von der Stange abzuliefern.
Pasta ist immer ein wichtiger Baustein, dazu etwas Mainstreamiges zum Thema Rumpsteak und Huhn, dazu ein Dash Indien, allerdings immer meilenweit entfernt von der jüngst diskutierten Alleskönner-Gastronomie mit 12 Fantastilliarden Positionen auf der Karte, aber seht selbst:
http://www.restaurantstückgut.de/
Man hat zu Recht den Ruf, dass man hier frisch und convenience-befreit kocht und ich denke die überschaubare Auswahl steht dem nicht entgegen, nur die Website als solche braucht dringend einen kleinen Facelift, technisch und ästhetisch wäre sie wahrscheinlich schon vor 15 Jahren angezählt worden, das macht keinen guten Eindruck.
Umso besser dafür der Eindruck, den man am Telefon hinterließ, guter Dinge griff ich am späten Freitagmittag zum Handy, ich hatte frei und war froh über den abendlichen Liefer-Plan, der tags zuvor noch nicht gefunden war….
| Bestellung & Lieferung |
Eine freundliche junge Dame nahm die Bestellung entgegen, beantwortete umgehend zwei kleine Fragen zum Essen und meinen Wunsch, den Vorspeisenteller bitte auf Porzellan anstatt auf Plastik und Co. zu liefern, wollte sie nur allzu gerne erfüllen.
Man weiß ja nie so genau, ob sich hinter den Masken der wackeren Damen und Herren vor der Türe dieselben freundlichen Personen aus den Telefongesprächen verbergen, in diesem Fall schien es aber so zu sein.
Auf die Minute pünktlich um 20:45 Uhr sollte es klingeln, die Speisen wurden bestens verpackt und waren zum Finger-Verbrennen heiß, optisch durchaus ansprechend und vor allem sehr appetitlich duftend, nur ein Teil des Desserts stach leider sehr enttäuschend ins Auge, aber dazu später mehr.
Ofen auf, Teller raus, Essen rein, Ofen zu, Vorspeisen anrichten, Wein schnappen, cabuk cabuk, yallah yallah, auf zum Esstisch….
| Vorspeisen |
Gemischter Vorspeisenteller klein – 10,90€
Chorizo „Bobbi spezial“ – 6,90€
Es scheint so, als ob die stark italienisch angehauchte Antipasti Platte in Solingen im Corona Lieferservice Zeiten genauso ein Must-Have darstellt, wie das unvermeidliche Tiramisu im Dessert.
Allerding war die Auswahl an Vorspeisen recht klein, auf Suppe hatte ich keine Lust und die Chorizo wurde natürlich bestellt, der gemischte Teller war somit eigentlich alternativlos.
Gemischter Vorspeisenteller klein
Und ja, auch wenn die Zusammenstellung kein Feuerwerk der Kreativität war überzeugte das Gebotene mit Frische und Produkten von guter Qualität, besonders die in der Mitte des Teller befindliche, stark an eine Caponata erinnernde Gemüsezubereitung war absolut köstlich.
Eine ebenfalls positive Überraschung: der Schinken! Normalerweise bekommt man ja gerne belanglosen jungen Parma in viel zu dicken Scheiben, dieser Schinken hier war ein frisch hauchdünn aufgeschnittener gereifter Serrano, der geschmacklich schon beinahe in Richtung Jamón ibérico unterwegs war, auch in der Menge sehr fair.
Das Schwächste an diesem Teller war die Tomate des kleinen Caprese Happens auf 10 Uhr, das war im Prinzip gefärbtes Wasser in Sachen Geschmack.
Zum Vergleich hier die Tomaten aus einem parallel verspeisten kleinen Salat aus der eigenen Küche mit Lauchzwiebeln, Jordan-Feta und einer sehr gelungenen Vinaigrette:
Salat aus der heimischen Küche
Die Zutaten hatte ich tags zuvor im SchmidtHaus besorgt, einem Direktvermarkter-Bauernladen in der Nähe, das Gemüse und insbesondere die Salate sind eine Frische-Sensation und die aus Viersen stammenden vollreifen Tomaten waren eine wahre Freude.
Anlass zur Freude gab dann wiederum das schöne Baguette aus dem Stückgut, wunderbarer Duft, Charakter in Kruste und Krume, man meinte es mehr als gut mit der Menge.
Brot & Curry-Mango Mayonnaise
Dazu gab es keine Aioli, wie zunächst von mir vermutet, sondern eine alte Bekannte aus den Vorbesuchen: eine Curry-Mayonnaise mit leicht fruchtiger Mango-Note.
Diese ist für sich genommen zwar sehr lecker, aber wie ich schon vor einem halben Jahrzehnt befand, passt diese sicherlich besser zu Meeresfrüchten oder Fisch aber nicht solo zu Brot oder hier in Kombination mit einer hart-mediterranen Vorspeisenplatte.
Wäre der Mix etwas breiter gefächert mit ein paar Tandoori Prawns oder kleinen Samosas um einen indischen Touch zu bieten hätte ich es eher verstanden, so war die Kombination etwas merkwürdig für meine Begriffe.
Der Chorizo Bobby Spezial wurde am Nachmittag schon die volle Aufmerksamkeit unseres Bremer Mitstreiters zuteil, als ich von meinen noch vagen Lieferplänen berichtete.
Chorizo „Bobbi spezial“
Der Tapas-Klassiker mit Chili und Honig ist aber auch eine herrliche Leckerei und diese Version hier sollte sehr gelungen sein.
Schräg in auffallend dünne Scheiben geschnitten, schöne Balance von Schärfe – eine getrocknete Schote in kleinen Teilen – und Honigsüße, für mich hätte es noch etwas mehr Chili-Hitze sein dürfen, für meine begeisterte Madame – die probierte - war es jedoch perfekt.
Ein schönes wie genussbringendes Rezept, die Chorizo war von guter Qualität, besaß eine ausgewogene Würzung ohne dass geräucherte Paprika alles erschlug, mit Brot im sündigen, öligen Sud zu dippen ist natürlich erste Genießerpflicht, als international erfahrene Brot-Tunk-Fachkraft schaffte ich es routiniert ein Stück Chili mit herauszufischen - Tiere, Menschen, Sensationen.
Masterful! :-)
Als ich 2018 mit viel Freude im Weinladen meines Vertrauen handlangerte, haben wir für den Samstag auch gerne eine ähnliche Variante als kleinen Happen für die Kunden zubereitet: Chorizo in Scheiben schneiden, in eine Cazuela geben, etwas Calvados darüber und im Backofen bei 180 Grad rösten. Dazu etwas frisches Baguette und begeistert wurde zwischen Probierschlucken von Verdejo, Tempranillo und Co. genascht; sehr zur Nachahmung empfohlen wenn man an frische Chorizo kommt.
Die Vorspeisen konnten somit allesamt gefallen und auf der etwas merkwürdigen Curry-Mayo Kombination möchte ich nicht zu sehr herumreiten, dazu ist bereits alles gesagt denke ich.
| Hauptgerichte |
Panzerotti mit Steinpilzrahmsauce – 12,50€
Lachsfilet in Mangochilisauce – 17,90€
2020 Saar Riesling Q.b.A., Weingut Van Volxem, Wiltingen, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Der Steinpilz-Duft der hausgemachten, halbmondförmigen Ravioli Spielart – man kennt Panzerotti gemeinhin auch als Siedegebäck – war geradezu betörend, sie waren die Wahl von Frau S. und wurden mehr als zufrieden verspeist, ein Probierhappen erklärte den Grund.
Panzerotti mit Steinpilzrahmsauce
Die sämige Sauce kündete auf dem Gaumen von einem guten Fond, der schon viel Porcini-Aromen spendete, zusätzlich wurde mit sautierten kleinen Stücken vom Pilz gearbeitet.
In der Füllung ein feines Ragout, eher schon eine Farce von Steinpilz und Kalbsfleisch, alles stimmig, fein aber nicht zu dezent abgeschmeckt.
Ich bin ja kein allzu großer Fan von gefüllter Pasta, aber diesen Teller hätte ich auch problemlos essen können, hier war in der Tat viel Genuss im Spiel und dieses Gericht in dieser Menge und Qualität würde bei einem schicken D’dorfer Italiener spielend die 20 Euro Hürde reißen – sehr überzeugend.
Nicht minder erfreulich - wenn auch nicht ganz so mit schweren Umami-Geschützen wie die Steinpilz-Pasta auffahrend – mein spontan gewählter Lachs; mir war nicht nach Steak oder Huhn und „Mangochilisauce“ sprach mich an und diese sollte grundsätzlich auch nicht enttäuschen.
Lachsfilet in Mangochilisauce
Zunächst aber bleibt festzuhalten, dass Fisch, sofern man ihn auf den Punkt glasig schätzt, im Rahmen eines Lieferdienstes sicher ein undankbarer Kandidat ist.
Denn natürlich hatte er im Ofen etwas gelitten, dennoch war er saftig und weit davon entfernt zu stauben, ich hatte aber natürlich damit gerechnet.
Die Ware an sich überzeugte geschmacklich und es handelte sich um Frischfisch, im begleitenden, ideal bissfest gegarten Gemüsemix fanden sich u.a. Möhren, Pak-Choi und in feine Streifen geschnittene Zuckerschoten.
Der mit Kurkuma gefärbte Reis war ebenfalls auf den Punkt gegart und war in Kombination mit der Sauce natürlich die naheliegendste aller Beilagen-Optionen.
Die Sauce selbst in ihrem Grundansatz weitaus komplexer als das eindimensionale Mango-Curry, das ich vor kurzem hier beschrieben habe. Allerdings hätte ich mir bei der Bezeichnung „Mangochilisauce“ auch hier wieder etwas mehr Schärfe gewünscht, aber das hätte ich ja auch bei der Bestellung anmerken können, trotzdem nimmt man gewisse Bezeichnungen zunächst immer mal für bare Münze in Karten.
In Summe ein sehr schmackhaftes, stimmiges Gericht, das ich jederzeit wieder bestellen würde wenn ich Appetit auf Lachs haben sollte, was nicht häufig der Fall ist.
Apropos stimmig: Einen idealeren Begleiter für ein asiatisch angehauchtes, leicht pikantes Essen als den Gutsriesling von Van Volxem hätte es an diesem Abend kaum geben können, purer, mineralischer Schieferspaß mit knackiger Säure und Körperfülle.
2020 Saar Riesling Q.b.A.
Was Roman Niewodniczanski und Dominik Völk an den Steillagen der Saar produzieren ist schon bemerkenswert, auch wenn das Weingut selbst einen leichten Schicki-Micki Nimbus trägt aber was interessieren mich die Autos auf dem Parkplatz der „Weinmanufaktur“ auf dem Wiltinger Schlossberg, wenn die Weine mich derart überzeugen.
| Dessert |
Erdbeermousse – 5,90€
Tiramisu – 5,90€
Nach diesen doch fast ausnahmslos erfreulichen Eindrücken kommen wir jetzt zunächst zu dem Gericht, dass für den Großteil der nicht gegeben Punkte verantwortlich sein dürfte, einer unglaublich „liebevoll und großzügig“ ausgeführten Erdbeermousse.
Erdbeermousse
Man schaue sich bitte nochmals weiter oben genüsslich an, was da für knapp sechs Euro geliefert wurde: ein kleines, etwas mehr als die Hälfte gefülltes Plastikschüsselchen, der Teller auf diesem Foto ist absichtlich eine Untertasse zur Verdeutlichung der Dimensionen:
Ich schaue normalerweise nicht auf Portionsgrößen wenn ein Gericht ansonsten überzeugt, aber dies hier war ein absoluter Witz von Portion und in der Erdbeerzeit ein solches Dessert nicht wenigstens mit einer kleinen Deko-Garnitur von frischen Erdbeeren und etwas Minze zu versehen ist mir unerklärlich.
Geschmacklich und handwerklich durchaus gut aber zu diesem Preis im Verhältnis zu vielen Erlebnissen der letzten Monate eine Frechheit. Punkt.
Das Tiramisu – die zweite der beiden Dessert-Optionen auf der Karte – war in Sachen Portion dem Preis schon eher angemessen.
Tiramisu
Aber es blieb geschmacklich eher (positiv-)durchschnittlich, da es ja anscheinend ein hiesiges Gastronomie-Gesetz zu sein scheint, Tiramisu anbieten zu müssen, hatte ich ja mannigfaltige Vergleichsmöglichkeiten in letzter Zeit.
Ich mag die schweren, Mascarpone-lastigen Cremes am liebsten, das hier war mir wieder zu luftig-sahnig und es fehlten auch die kräftigen Espresso-Noten, die ich so schätze ein wenig.
Als Schulnote vielleicht eine knappe Drei-Plus, weder Flop noch Top und in der letzten Woche schaffte es eine kleine Trattoria, für lächerliche drei Euro ein Stück Limonen-Tiramisu zu liefern das dem hier in Sachen Genuss in nichts nachstand, im Gegenteil sogar.
Schade, dass man im Dessert etwas patzte, die Mousse war so unnötig wie sonst was, aber ansonsten muss ich sagen, dass mein heutiger Plan mal etwas tendenziell „Leichtes“ am Freitagabend zu verspeisen gut funktionierte, ich schwebte geradezu Richtung Sofas, die Chorizo zählt natürlich nicht mit, Tapas sind immer leicht, *verlegenheitsräusper*.
In Sachen "Bauchvollschlagen" waren meine beiden pelzigen Sofanachbarn jedenfalls an diesem Abend wesentlich talentierter als ihr treusorgender Dosenöffner, wie ich wenig später feststellte:
Siesta....
Fazit
Ich hatte aus einigen Fehlern meiner Anfänge gelernt, niemals mehr wollte ich im Tunnelblick auf den negativen Aspekten eines Menüs rumreiten und dabei die positiven außer Acht lassen.
Und das mache ich heute auch nicht, allerdings für sechs Euro einen besseren Fruchtzwerg mit Schokoraspeln zu liefern kostet mindestens einen halben Stern für die Küchenleistung.
Der Rest in Teilen durchschnittlich oder gar vorsichtig begeisternd wie die Pasta, ich denke mit 3,5 Sternen für die Küche ist hier ein faires Urteil gefunden, ohne den Dessert Faux Pas bin ich bei gefühlten 4,1.
Den Service, so wie am Freitag erlebt, kann man nicht verbessern, freundlich, pünktlich, auf Wunsch auf einem Teller serviert im Fall der Vorspeisen, daher volle 5 Sterne hierfür.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch lediglich aufgrund der Mousse bei nur 3,5 Sternen, ansonsten wäre ich bei soliden 4 Sternen gelandet.
In der Gesamtbetrachtung komme ich dennoch auf – wenn auch denkbar knappe - 4 Sterne und verweise auf den ersten Satz des Fazits, hier gibt es zweifelsohne ehrliche und empfehlenswerte Küche und ich möchte nicht, dass ein Töpfchen Mousse den Gesamteindruck zu sehr verzerrt.
Ich jedenfalls würde hier definitiv wieder bestellen, so viel steht fest, aber es gibt ja noch einiges zu entdecken in der nächsten Zeit, wobei auch der Solinger Inzidenzwert – ach, was liebe ich dieses Wort – steil der holy moly 100er Marke entgegenrast: Hoffnung, Morgenluft und bange Vorfreude auf Berichte, die nicht mit mehr "Lockdown Chronicles" übertitelt sind!
Und ich freue mich wie in diesem Fall stets nachträglich darüber, dass ich einleitend fast immer ein paar Aspekte der jeweiligen Lebensumstände, sei es beruflicher oder allgemeiner Natur, einwebe, die Texte versetzen mich verlässlich in die Stimmung jener Tage, in positiver wie negativer Hinsicht.
Mit leichter Wehmut blickte ich diesmal abermals auf die Namen in der Kommentarspalte aus 2016, was haben wir nur für einen Aderlass an guten Leuten erleben müssen seit 2015, es ist wirklich jammerschade aber nicht zu ändern.
„Heute entschied ich mich für das im Solinger Südpark am ehemaligen Hauptbahnhof gelegene Restaurant „Stückgut“, das in einem ehemaligen Frachtlager der DB untergebracht ist; im Umfeld das Museum Plagiarius, Künstler-Ateliers und schöne Außenanlagen.“ schrieb ich damals über die Lage des Lokals und noch immer befindet es sich in dem hübschen, vor Jahren im Rahmen einer Regionale aufgemöbelten Areal, das vormals einen absoluten Schandfleck darstellte.
Da sich das etablierte wie beliebte Restaurant nur wenige Minuten Fahrt entfernt befindet und ich einige sehr positive Meinungen zum Lieferservice vernommen hatte, bot sich ein überfälliges kleines Update an, zumal ich bei meiner Erstkritik in 2014 und später dann hier in 2016 doch recht spitzfindig zur Sache ging, die Bewertung an sich kann ich jedoch auch heute noch vollends nachvollziehen.
Was mich schon damals immer ein wenig störte und mich auch in der Zwischenzeit von erneuten Besuchen oder einer Lockdown Bestellung abhielt ist, dass die vom Koch und Gastronom Baljindar „Bobbi“ Singh ausgestaltete Karte nie einen wirklichen roten Faden besaß. Aber dies ist auch ein wenig gewollt und der Name des Restaurants bezieht sich nicht nur auf die ehemalige Nutzung der Güterhalle sondern auch auf die Philosophie der Küche und dem Ansatz, keine Convenience-Massenware von der Stange abzuliefern.
Pasta ist immer ein wichtiger Baustein, dazu etwas Mainstreamiges zum Thema Rumpsteak und Huhn, dazu ein Dash Indien, allerdings immer meilenweit entfernt von der jüngst diskutierten Alleskönner-Gastronomie mit 12 Fantastilliarden Positionen auf der Karte, aber seht selbst:
http://www.restaurantstückgut.de/
Man hat zu Recht den Ruf, dass man hier frisch und convenience-befreit kocht und ich denke die überschaubare Auswahl steht dem nicht entgegen, nur die Website als solche braucht dringend einen kleinen Facelift, technisch und ästhetisch wäre sie wahrscheinlich schon vor 15 Jahren angezählt worden, das macht keinen guten Eindruck.
Umso besser dafür der Eindruck, den man am Telefon hinterließ, guter Dinge griff ich am späten Freitagmittag zum Handy, ich hatte frei und war froh über den abendlichen Liefer-Plan, der tags zuvor noch nicht gefunden war….
| Bestellung & Lieferung |
Eine freundliche junge Dame nahm die Bestellung entgegen, beantwortete umgehend zwei kleine Fragen zum Essen und meinen Wunsch, den Vorspeisenteller bitte auf Porzellan anstatt auf Plastik und Co. zu liefern, wollte sie nur allzu gerne erfüllen.
Man weiß ja nie so genau, ob sich hinter den Masken der wackeren Damen und Herren vor der Türe dieselben freundlichen Personen aus den Telefongesprächen verbergen, in diesem Fall schien es aber so zu sein.
Auf die Minute pünktlich um 20:45 Uhr sollte es klingeln, die Speisen wurden bestens verpackt und waren zum Finger-Verbrennen heiß, optisch durchaus ansprechend und vor allem sehr appetitlich duftend, nur ein Teil des Desserts stach leider sehr enttäuschend ins Auge, aber dazu später mehr.
Ofen auf, Teller raus, Essen rein, Ofen zu, Vorspeisen anrichten, Wein schnappen, cabuk cabuk, yallah yallah, auf zum Esstisch….
| Vorspeisen |
Gemischter Vorspeisenteller klein – 10,90€
Chorizo „Bobbi spezial“ – 6,90€
Es scheint so, als ob die stark italienisch angehauchte Antipasti Platte in Solingen im Corona Lieferservice Zeiten genauso ein Must-Have darstellt, wie das unvermeidliche Tiramisu im Dessert.
Allerding war die Auswahl an Vorspeisen recht klein, auf Suppe hatte ich keine Lust und die Chorizo wurde natürlich bestellt, der gemischte Teller war somit eigentlich alternativlos.
Gemischter Vorspeisenteller klein
Und ja, auch wenn die Zusammenstellung kein Feuerwerk der Kreativität war überzeugte das Gebotene mit Frische und Produkten von guter Qualität, besonders die in der Mitte des Teller befindliche, stark an eine Caponata erinnernde Gemüsezubereitung war absolut köstlich.
Eine ebenfalls positive Überraschung: der Schinken! Normalerweise bekommt man ja gerne belanglosen jungen Parma in viel zu dicken Scheiben, dieser Schinken hier war ein frisch hauchdünn aufgeschnittener gereifter Serrano, der geschmacklich schon beinahe in Richtung Jamón ibérico unterwegs war, auch in der Menge sehr fair.
Das Schwächste an diesem Teller war die Tomate des kleinen Caprese Happens auf 10 Uhr, das war im Prinzip gefärbtes Wasser in Sachen Geschmack.
Zum Vergleich hier die Tomaten aus einem parallel verspeisten kleinen Salat aus der eigenen Küche mit Lauchzwiebeln, Jordan-Feta und einer sehr gelungenen Vinaigrette:
Salat aus der heimischen Küche
Die Zutaten hatte ich tags zuvor im SchmidtHaus besorgt, einem Direktvermarkter-Bauernladen in der Nähe, das Gemüse und insbesondere die Salate sind eine Frische-Sensation und die aus Viersen stammenden vollreifen Tomaten waren eine wahre Freude.
Anlass zur Freude gab dann wiederum das schöne Baguette aus dem Stückgut, wunderbarer Duft, Charakter in Kruste und Krume, man meinte es mehr als gut mit der Menge.
Brot & Curry-Mango Mayonnaise
Dazu gab es keine Aioli, wie zunächst von mir vermutet, sondern eine alte Bekannte aus den Vorbesuchen: eine Curry-Mayonnaise mit leicht fruchtiger Mango-Note.
Diese ist für sich genommen zwar sehr lecker, aber wie ich schon vor einem halben Jahrzehnt befand, passt diese sicherlich besser zu Meeresfrüchten oder Fisch aber nicht solo zu Brot oder hier in Kombination mit einer hart-mediterranen Vorspeisenplatte.
Wäre der Mix etwas breiter gefächert mit ein paar Tandoori Prawns oder kleinen Samosas um einen indischen Touch zu bieten hätte ich es eher verstanden, so war die Kombination etwas merkwürdig für meine Begriffe.
Der Chorizo Bobby Spezial wurde am Nachmittag schon die volle Aufmerksamkeit unseres Bremer Mitstreiters zuteil, als ich von meinen noch vagen Lieferplänen berichtete.
Chorizo „Bobbi spezial“
Der Tapas-Klassiker mit Chili und Honig ist aber auch eine herrliche Leckerei und diese Version hier sollte sehr gelungen sein.
Schräg in auffallend dünne Scheiben geschnitten, schöne Balance von Schärfe – eine getrocknete Schote in kleinen Teilen – und Honigsüße, für mich hätte es noch etwas mehr Chili-Hitze sein dürfen, für meine begeisterte Madame – die probierte - war es jedoch perfekt.
Ein schönes wie genussbringendes Rezept, die Chorizo war von guter Qualität, besaß eine ausgewogene Würzung ohne dass geräucherte Paprika alles erschlug, mit Brot im sündigen, öligen Sud zu dippen ist natürlich erste Genießerpflicht, als international erfahrene Brot-Tunk-Fachkraft schaffte ich es routiniert ein Stück Chili mit herauszufischen - Tiere, Menschen, Sensationen.
Masterful! :-)
Als ich 2018 mit viel Freude im Weinladen meines Vertrauen handlangerte, haben wir für den Samstag auch gerne eine ähnliche Variante als kleinen Happen für die Kunden zubereitet: Chorizo in Scheiben schneiden, in eine Cazuela geben, etwas Calvados darüber und im Backofen bei 180 Grad rösten. Dazu etwas frisches Baguette und begeistert wurde zwischen Probierschlucken von Verdejo, Tempranillo und Co. genascht; sehr zur Nachahmung empfohlen wenn man an frische Chorizo kommt.
Die Vorspeisen konnten somit allesamt gefallen und auf der etwas merkwürdigen Curry-Mayo Kombination möchte ich nicht zu sehr herumreiten, dazu ist bereits alles gesagt denke ich.
| Hauptgerichte |
Panzerotti mit Steinpilzrahmsauce – 12,50€
Lachsfilet in Mangochilisauce – 17,90€
2020 Saar Riesling Q.b.A., Weingut Van Volxem, Wiltingen, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Der Steinpilz-Duft der hausgemachten, halbmondförmigen Ravioli Spielart – man kennt Panzerotti gemeinhin auch als Siedegebäck – war geradezu betörend, sie waren die Wahl von Frau S. und wurden mehr als zufrieden verspeist, ein Probierhappen erklärte den Grund.
Panzerotti mit Steinpilzrahmsauce
Die sämige Sauce kündete auf dem Gaumen von einem guten Fond, der schon viel Porcini-Aromen spendete, zusätzlich wurde mit sautierten kleinen Stücken vom Pilz gearbeitet.
In der Füllung ein feines Ragout, eher schon eine Farce von Steinpilz und Kalbsfleisch, alles stimmig, fein aber nicht zu dezent abgeschmeckt.
Ich bin ja kein allzu großer Fan von gefüllter Pasta, aber diesen Teller hätte ich auch problemlos essen können, hier war in der Tat viel Genuss im Spiel und dieses Gericht in dieser Menge und Qualität würde bei einem schicken D’dorfer Italiener spielend die 20 Euro Hürde reißen – sehr überzeugend.
Nicht minder erfreulich - wenn auch nicht ganz so mit schweren Umami-Geschützen wie die Steinpilz-Pasta auffahrend – mein spontan gewählter Lachs; mir war nicht nach Steak oder Huhn und „Mangochilisauce“ sprach mich an und diese sollte grundsätzlich auch nicht enttäuschen.
Lachsfilet in Mangochilisauce
Zunächst aber bleibt festzuhalten, dass Fisch, sofern man ihn auf den Punkt glasig schätzt, im Rahmen eines Lieferdienstes sicher ein undankbarer Kandidat ist.
Denn natürlich hatte er im Ofen etwas gelitten, dennoch war er saftig und weit davon entfernt zu stauben, ich hatte aber natürlich damit gerechnet.
Die Ware an sich überzeugte geschmacklich und es handelte sich um Frischfisch, im begleitenden, ideal bissfest gegarten Gemüsemix fanden sich u.a. Möhren, Pak-Choi und in feine Streifen geschnittene Zuckerschoten.
Der mit Kurkuma gefärbte Reis war ebenfalls auf den Punkt gegart und war in Kombination mit der Sauce natürlich die naheliegendste aller Beilagen-Optionen.
Die Sauce selbst in ihrem Grundansatz weitaus komplexer als das eindimensionale Mango-Curry, das ich vor kurzem hier beschrieben habe. Allerdings hätte ich mir bei der Bezeichnung „Mangochilisauce“ auch hier wieder etwas mehr Schärfe gewünscht, aber das hätte ich ja auch bei der Bestellung anmerken können, trotzdem nimmt man gewisse Bezeichnungen zunächst immer mal für bare Münze in Karten.
In Summe ein sehr schmackhaftes, stimmiges Gericht, das ich jederzeit wieder bestellen würde wenn ich Appetit auf Lachs haben sollte, was nicht häufig der Fall ist.
Apropos stimmig: Einen idealeren Begleiter für ein asiatisch angehauchtes, leicht pikantes Essen als den Gutsriesling von Van Volxem hätte es an diesem Abend kaum geben können, purer, mineralischer Schieferspaß mit knackiger Säure und Körperfülle.
2020 Saar Riesling Q.b.A.
Was Roman Niewodniczanski und Dominik Völk an den Steillagen der Saar produzieren ist schon bemerkenswert, auch wenn das Weingut selbst einen leichten Schicki-Micki Nimbus trägt aber was interessieren mich die Autos auf dem Parkplatz der „Weinmanufaktur“ auf dem Wiltinger Schlossberg, wenn die Weine mich derart überzeugen.
| Dessert |
Erdbeermousse – 5,90€
Tiramisu – 5,90€
Nach diesen doch fast ausnahmslos erfreulichen Eindrücken kommen wir jetzt zunächst zu dem Gericht, dass für den Großteil der nicht gegeben Punkte verantwortlich sein dürfte, einer unglaublich „liebevoll und großzügig“ ausgeführten Erdbeermousse.
Erdbeermousse
Man schaue sich bitte nochmals weiter oben genüsslich an, was da für knapp sechs Euro geliefert wurde: ein kleines, etwas mehr als die Hälfte gefülltes Plastikschüsselchen, der Teller auf diesem Foto ist absichtlich eine Untertasse zur Verdeutlichung der Dimensionen:
Ich schaue normalerweise nicht auf Portionsgrößen wenn ein Gericht ansonsten überzeugt, aber dies hier war ein absoluter Witz von Portion und in der Erdbeerzeit ein solches Dessert nicht wenigstens mit einer kleinen Deko-Garnitur von frischen Erdbeeren und etwas Minze zu versehen ist mir unerklärlich.
Geschmacklich und handwerklich durchaus gut aber zu diesem Preis im Verhältnis zu vielen Erlebnissen der letzten Monate eine Frechheit. Punkt.
Das Tiramisu – die zweite der beiden Dessert-Optionen auf der Karte – war in Sachen Portion dem Preis schon eher angemessen.
Tiramisu
Aber es blieb geschmacklich eher (positiv-)durchschnittlich, da es ja anscheinend ein hiesiges Gastronomie-Gesetz zu sein scheint, Tiramisu anbieten zu müssen, hatte ich ja mannigfaltige Vergleichsmöglichkeiten in letzter Zeit.
Ich mag die schweren, Mascarpone-lastigen Cremes am liebsten, das hier war mir wieder zu luftig-sahnig und es fehlten auch die kräftigen Espresso-Noten, die ich so schätze ein wenig.
Als Schulnote vielleicht eine knappe Drei-Plus, weder Flop noch Top und in der letzten Woche schaffte es eine kleine Trattoria, für lächerliche drei Euro ein Stück Limonen-Tiramisu zu liefern das dem hier in Sachen Genuss in nichts nachstand, im Gegenteil sogar.
Schade, dass man im Dessert etwas patzte, die Mousse war so unnötig wie sonst was, aber ansonsten muss ich sagen, dass mein heutiger Plan mal etwas tendenziell „Leichtes“ am Freitagabend zu verspeisen gut funktionierte, ich schwebte geradezu Richtung Sofas, die Chorizo zählt natürlich nicht mit, Tapas sind immer leicht, *verlegenheitsräusper*.
In Sachen "Bauchvollschlagen" waren meine beiden pelzigen Sofanachbarn jedenfalls an diesem Abend wesentlich talentierter als ihr treusorgender Dosenöffner, wie ich wenig später feststellte:
Siesta....
Fazit
Ich hatte aus einigen Fehlern meiner Anfänge gelernt, niemals mehr wollte ich im Tunnelblick auf den negativen Aspekten eines Menüs rumreiten und dabei die positiven außer Acht lassen.
Und das mache ich heute auch nicht, allerdings für sechs Euro einen besseren Fruchtzwerg mit Schokoraspeln zu liefern kostet mindestens einen halben Stern für die Küchenleistung.
Der Rest in Teilen durchschnittlich oder gar vorsichtig begeisternd wie die Pasta, ich denke mit 3,5 Sternen für die Küche ist hier ein faires Urteil gefunden, ohne den Dessert Faux Pas bin ich bei gefühlten 4,1.
Den Service, so wie am Freitag erlebt, kann man nicht verbessern, freundlich, pünktlich, auf Wunsch auf einem Teller serviert im Fall der Vorspeisen, daher volle 5 Sterne hierfür.
Beim Preis-Leistungs-Verhältnis bin ich auch lediglich aufgrund der Mousse bei nur 3,5 Sternen, ansonsten wäre ich bei soliden 4 Sternen gelandet.
In der Gesamtbetrachtung komme ich dennoch auf – wenn auch denkbar knappe - 4 Sterne und verweise auf den ersten Satz des Fazits, hier gibt es zweifelsohne ehrliche und empfehlenswerte Küche und ich möchte nicht, dass ein Töpfchen Mousse den Gesamteindruck zu sehr verzerrt.
Ich jedenfalls würde hier definitiv wieder bestellen, so viel steht fest, aber es gibt ja noch einiges zu entdecken in der nächsten Zeit, wobei auch der Solinger Inzidenzwert – ach, was liebe ich dieses Wort – steil der holy moly 100er Marke entgegenrast: Hoffnung, Morgenluft und bange Vorfreude auf Berichte, die nicht mit mehr "Lockdown Chronicles" übertitelt sind!
Manchmal lässt mich meine Lockdown-Lieferservice-Safari auf Läden treffen, die ich zwar Jahre nicht mehr besucht aber schon vor geraumer Zeit bewertet hatte und natürlich liest man dann in solchen Fällen gerne nochmal die „antiken“ Zeilen, um sich auf das Update einzustimmen und zu schauen, was man weiland alles geistreiche oder –arme verlauten ließ; zumindest mir geht es so.
Und ich freue mich wie in diesem Fall stets nachträglich darüber, dass ich einleitend fast immer ein paar Aspekte der jeweiligen Lebensumstände,... mehr lesen
Stückgut
Stückgut
€-€€€
Restaurant
02122337209
Alexander-Coppel-Str. 50, 42651 Solingen
4.0
stars -
"Lockdown Chronicles: Stückwerk im Stückgut oder das große Tellerglück?"
Shaneymac
Manchmal lässt mich meine Lockdown-Lieferservice-Safari auf Läden treffen, die ich zwar Jahre nicht mehr besucht aber schon vor geraumer Zeit bewertet hatte und natürlich liest man dann in solchen Fällen gerne nochmal die „antiken“ Zeilen, um sich auf das Update einzustimmen und zu schauen, was man weiland alles geistreiche oder –arme verlauten ließ; zumindest mir geht es so.
Und ich freue mich wie in diesem Fall stets nachträglich darüber, dass ich einleitend fast immer ein paar Aspekte der jeweiligen Lebensumstände,
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Von einem, der anrief, um über seinen Pappschachtelpizzaschatten zu springen…"
4
Geschrieben am 09.05.2021 2021-05-09 | Aktualisiert am 09.05.2021
Besucht am 07.05.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 40 EUR
Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich DEN Lieferdienst-Klassiker schlechthin, die Pizza vom Teigfladen-Dealer des Vertrauens, bislang konsequent ausgespart habe und die Gründe dürften im Pappkart…, pardon, auf der Hand liegen.
Denn auch wenn die Toleranzgrade in dieser Hinsicht von marottenhaft-überspannt bis hin zu maximal-ignorant reichen sind sich ja sicher fast alle in der Hinsicht einig, dass Pizza eigentlich nur frisch aus dem Ofen wirklich gut schmeckt und unter jeder Minute Aufenthalt in einer Pappschachtel leidet, wie kaum ein anderes Gericht.
Da ich auch ohnehin kein absoluter Hardcore-Pizza-Fan bin habe ich somit die letzten Monate auch ohne schwere kulinarische Sinnkrise überstanden, aber nach über einem halben Jahr regte sich dann doch ein wenig der dringende Wunsch nach ein wenig Bella Italia Stimmung in Form einer halbwegs brauchbaren Pizza, die unvermeidlichen Liefer-Kollateralschäden schon vorab mit einkalkulierend.
Nach kurzem Überlegen war dann auch ein vielversprechender weißer Fleck auf der Solinger Pizza & Pasta Landkarte gefunden, das „Da Giuseppe“ auf der seit früher Kindheit so vertrauten Hacketäuerstraße, eine kleine familiäre Trattoria mit ca. 50 Sitzplätzen und betont bodenständiger wie günstiger Küche, die sich im Stadtteil großer Beliebtheit erfreut.
Denn diese Kindheit spielte sich bis ca. 1985 auf der nahen Klingenstraße ab und ich ging in unmittelbarer Nähe zur Grundschule Meigen, ein heimeliges bergisches Schieferhaus, das seit 1883 als Schulgebäude genutzt wird und seit Urzeiten unter Denkmalschutz steht.
In den Räumen des heutigen „Da Giuseppe“ gab es damals eine oft besuchte Filiale der kleinen Supermarktkette „Edelstolz“ (deren Name heutzutage sicher auch jedem Hipstercafé in Berlin Mitte gut zu Gesicht stehen würde) und viele damalige Freunde aus unbeschwerten Kindertagen wohnten ganz in der Nähe; sonnige Erinnerungen an Kinderzimmer voller Bravo-Poster und den C64 am kleinen Farbfernseher in der Ecke ereilen mich immer, wenn ich in diesem Quartier bin.
Und so schwang auch ein zarter Hauch biografischer Nostalgie mit, als ich am späten Freitagnachmittag zum Telefon griff und meine Bestellung loswerden wollte.
„Madame, stell die rot-weiß karierte Decke auf den Tisch und bügel die Tropfkerze in der Chianti-Flasche!“ oder umgekehrt, egal, ich war in Pizza-Betriebstemperatur wie der dazugehörige Ofen, buon divertimento ragazzi…
| Bestellung & Lieferung |
Eine sehr, sehr freundliche junge Frau nahm meine Bestellung für 20:45 Uhr auf, wies mich auf das nicht auf der Karte stehende „Limonen“-Tiramisu hin und wiederholte nochmals beflissen die komplette Bestellung, sympathischer kann man sich kaum verkaufen.
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich meine Pizza gerne – für hiesige Verhältnisse… - etwas dunkler habe und rief wenige Minuten nochmals an und entschuldigte mich für das vermeintliche Gewese was die junge Dame aber völlig anders sah.
„Das ist doch gar kein Problem, sehr gerne machen wir das!“ und freute sich sogar, weil ich der erste Kunde sei, der dies ausdrücklich verlangte und viele unserer Landsleute hingegen reklamieren, sobald vermeintlich „verbrannte“ Stellen zu sehen sind, doppelseufz, das alte Lied.
Um den handfesten italienischen Abend gebührend einzuläuten gönnte ich mir vor der erwarteten Lieferung ein Fläschchen Peroni, das hatte ich seit mehr als 20 Jahren nicht mehr getrunken und es weckte Erinnerungen an den damaligen wunderschönen Italienurlaub mit Freunden kurz nach dem Abitur:
Apero :-)
Man hatte mir zwar schon gesagt, man könne nicht auf die Minute genau liefern was ich natürlich auch nie erwarte, in Sachen Pünktlichkeit allerdings war man mit über 20 Minuten Verspätung bislang seit Beginn meiner Lockdown Berichte einer der schwächsten Kandidaten, zumal wir nur wenige Minuten Fahrt weit weg wohnen, wenn die Ampeln auf dem Weg über Ritter- und Platzhofstraße mitspielen.
Einen Bon gab es leider nicht – er bot aber an, diesen am nächsten Tag zu bringen, was ich dankend ablehnte – und ich denke der ebenfalls ausnehmend freundliche Herr, der bestens verpackte Gerichte ins Haus brachte, war noch bei ein oder zwei weiteren Kunden vorweg, es war jedoch alles noch tadellos warm.
Allerdings habe ich es in den letzten Monaten häufig erlebt, was es für die Temperatur bedeutet, wenn ein Essen ohne Umwege vom Restaurant zu uns findet und dies fehlte hier ein wenig.
Da die Teller aber wie gehabt auch durch die Verspätung mehr als genügend vorgewärmt waren, war dies ein absolut zu vernachlässigender Aspekt der am Tisch überhaupt nicht mehr zu spüren war, ich habe mir schlicht diesmal nicht die Finger verbrannt, nicht mehr und nicht weniger.
Nicht nur die Pasta duftete sehr speichelfördernd, her mit dem Weinkühler also und auf zum Esstisch….
| Vorspeise |
Spaghetti aglio, olio e peperoncino – 6,50€
Insalata di Pomodori klein – 2,50€
Insalata Caprese groß – 7,00€
2017 Villa Antinori Toscana IGT Bianco, Cuvée (50% Trebbiano & Malvasia | 35% Pinot Bianco & Pinot Grigio | 15% Renano), Weingut Marchesi Antinori, Florenz, Toskana, Italien
Die klassische italienische Menüfolge konnte ich diesmal leider nicht zelebrieren, leider gibt es nämlich weder Antipasti noch Vorspeisen in irgendeiner Form und es sind gerade diese, die ich in italienischen Restaurants so liebe. Denn den üblichen Pizza und Pasta-Mainstream gibt es schließlich fast überall, wobei sich natürlich auch in diesem die Spreu vom Weizen trennt denn nicht jeder der „Pasta al pomodori“ auf die Karte schreibt, kocht diese auch automatisch in beglückender Art und Weise und gleiches gilt natürlich auch für Pizza aber ich hoffe man versteht, was ich damit sagen will, auf Dauer wäre mir so ein „Rumpf-Angebot“ zu eintönig.
Aber man denkt sicher auch in diesen Zeiten zweckorientiert und an seine Zielgruppe und somit ergibt es aus Sicht des Restaurants – wie nicht selten in Solingen in dieser Konstellation und Preisklasse zu finden – mehr Sinn, statt auf Vorspeisen-Vielfalt zusätzlich auf Imbiss-Klassiker und Schnitzel zu setzen, wobei auch diese in Teilen italienisch inspiriert sind und der Italien-Part der Karte den Löwenanteil darstellt.
Ich machte wie so oft aus der Not eine Tugend und bestellte mir meine liebste Vorspeisen-Pasta Variante als Hauptspeisen-Portion, und diese sollte unglaubliche Dimensionen besitzen.
Leider habe ich es wieder versäumt, den Behälter zu wiegen, die Spaghetti AOP hätten aber spielend für drei normale Esser als Primo Piatto getaugt, die Portion war absurd groß.
Spaghetti aglio, olio e peperoncino
Auf dem Tellerbild findet sich somit ca. ein Drittel der gelieferten Menge, siehe oben, der Alu-Behälter war zum Bersten gefüllt.
Ich habe die Pasta ordentlich mit dem verheißungsvoll leicht rötlich schimmernden Öl durchmengt bevor sie auf den Teller kam und leider habe ich danach einige Momente zu lange gewartet mit dem Foto, so dass die oberste Schicht bei hastiger Betrachtung vielleicht etwas trocken aussehen könnte, aber wenn man sich das Bild in groß betrachtet, bekommt man einen besseren Eindruck.
Das war eine handfeste positive Überraschung, ganz puristisch ohne unnötiges Beiwerk wie Tomaten, so wie es sein soll, dazu noch trotz Lieferung hinreichend al dente ohne einen Hauch von Matschigkeit.
Das Öl aromatisch und gefällig, der Knoblauch generös in der Menge und nicht in der Pfanne bitter geraten in feinen Scheiben, dazu Peperoncini Flocken die es in sich hatten in idealer Dosierung und fein gehackte frische Petersilie.
Das sollte sehr gut schmecken und ein Teil davon auch noch am nächsten Abend, in der Pfanne gebraten mit einer Handvoll argentinischer Rotgarnelen aus eigenem Bestand, selten war Resteverwertung köstlicher in letzter Zeit:
Restefest
Dazu hatte ich mir einen kleinen Tomaten-Zwiebel-Salat bestellt und auch wenn es auf dem Foto vielleicht nicht so ganz rüberkommt, war auch diese Portion für die geradezu lächerlichen 2,50€ mehr als anständig. Anderenorts bekommt man für dieses Geld eine kleine, unansehnliche Plastikschale die man mit dem Salat vollstopft und keine kleine Schüssel, in der man sogar noch mit etwas Basilikum dekoriert hat.
Insalata di Pomodori klein
ca. ein Drittel der Menge
Natürlich sind das wie üblich schon optisch keine Fine-Dining Salate sondern bäuerliche Küche aber als solche gefiel mir das sehr gut, die Tomaten schmeckten nach weit mehr als Wasser und das Essig-Öl Dressing kam wie erhofft mit einem einfachen, kräftig zupackenden Weinessig, tutto bene.
Der begleitende Wein kann wohl als einer der bekanntesten Weißwein-Exporte Italiens gelten, seit 1932 steht diese erfrischende Cuvée für toskanische Weinkultur und war eine gute Wahl zur Pasta, auch wenn hier etwas mehr Säure in Form eines gereiften Pfalz-Rieslings sicher auch gut gepasst hätte; zum rot-weiß karierten Tropfkerzen Klischee natürlich auch ein Chianti Classico.
2017 Villa Antinori Toscana IGT
Dass der Insalata Caprese von meiner Madame kein klassischer solcher ist war schon klar, weil „grüner Salat“ als Bestandteil mit auf der Karte stand.
Und auch wenn das „etwas“ *hüstel* grobschlächtig wirkt und ich noch witzelte, ob man die Tomaten und den Käse ob der Größe der Stücke mit einer Axt zerteilt hätte erntete ich umgehend finstere Seitenblicke, „dafür gibt es Messer!“ hörte ich gepaart mit dem Ausdruck großer Zufriedenheit.
Insalata Caprese groß
Besonders gelobt wurde das aromatische Öl und die Tatsache, dass es sich um einen frischen Pflücksalat beim grünen „Fundament“ handelte und nicht so oft wie bei einfachen Italienern nur um schnöden Eisbergsalat – naja, form follows function, irgendwie, manchmal.
| Hauptgerichte |
Pizza Inferno groß (30cm) (+Paprika) – 7,50€ (+1€)
Risotto alla Francescana – 8,00€
Eigentlich hätte ich nach der Pasta niemals eine Pizza bestellt, aber da ich hier noch nie gegessen hatte dachte ich, eine Pizza wäre allererste Kritikerpflicht angesichts dessen, dass sie hier von den Stammgästen so hoch gelobt wird.
„Alles so schön grün hier!“ war mein erster Gedanke, als ich meine Pizza Inferno in ihrem Karton erblickte, mit milder grüner Peperoni meinte man es sehr gut, was zusätzlich dadurch unterstützt wurde, dass man die zusätzlich gewünschte Paprika in feinen Streifen in roter und grüner Variante einsetzte.
Pizza Inferno groß
Eigentlich mag ich es lieber, wenn man weniger Peperoni verwendet, dafür eine rote scharfe in dünnen Ringen, auch haben mir die grünen einfach zu viel Kerne so dass ich einige herunterpflückte nachdem ich das Foto gemacht hatte.
Da ich ahnte, dass die Inferno ihren Namen wahrscheinlich wie so oft nicht ganz verdient hat, sorgte ich vor, mit spontan am Nachmittag vorbereitetem Chili-Knoblauch Öl sowie zusätzlich einem absoluten Teufelszeug aus dem Glas, das ich vor einiger Zeit aus Venetien mitgebracht hatte.
Der Löffel für Härtefälle! :-)
Chili-Knoblauch Öl aus der heimischen Küche
Für letzteres bräuchte man eigentlich einen Waffenschein oder eine Gefahrgut-Unterweisung, mich wunderte abermals, dass es sich nicht durch Pizza, Teller und den Tisch geätzt hat, aus dem Placebo-Inferno wurde ein Höllenfeuer, nur gut, dass ich es in weiser Voraussicht sehr sparsam und nur auf einer kleinen Fläche verwendet hatte, aber ein wenig Leid gehört für mich bei einer Inferno dazu, wenn auch wohldosiert.
Der Teig gut gebacken mit Charakter im Geschmack, der Boden hatte natürlich gelitten aber ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie diese Pizza Sekunden nach dem Backen geschmeckt hat und das war sehr erfreulich, was sich auch am nächsten Abend bestätigte, als ich die übrig gebliebene Hälfte beherzt im Ofen erwärmte.
Boden Detail
Der Rand im Anschnitt zeugte von ausreichender Teigführung ohne das er in die neapolitanische, fluffig voluminöse Richtung ging, was ich aber gar nicht so gerne mag, es sättigt einfach zu schnell.
Rand im Detail
Gut gefiel mir auch die etwas dicker geschnittene Salami, schöner, leicht rauchiger Eigengeschmack, ebenfalls mit Charakter, alles in allem eine gute Pizza, die ich bei Wiederholung mit scharfen Chilis in verringerter Menge bestellen würde.
Die klassische Pasta-Auswahl ist für eine kleine, preiswerte Trattoria mehr als ausreichend aber das man Risotti anbietet ist jetzt zwar keine Riesensensation aber auch nicht überall zu finden in diesem Genre.
Das Risotto alla Francescana der Risotto sehr schätzenden Frau am Tische sollte ebenfalls positiv überraschen, ich fand den Versuch zunächst sehr mutig.
Risotto alla Francescana
Aber dieser Mut sollte belohnt werden, ein gelungenes Risotto mit frischen Champignons, Erbsen, gekochtem Schinken, Tomatensugo und einem Schuss Sahne.
Auch wenn auf dem Teller von „all' onda“ nicht mehr viel übrig war: die Konsistenz und Textur waren erfreulich, hinreichend „schlotzig“ mit leichtem Biss, natürliche Aromen ohne jegliche Convenience, bodenständige, einfache Küche ohne Schnörkel, beim Reis glaube ich übrigens an Carnaroli, Arborio ist runder wie ich meine.
Wer jetzt bei 8 Euro nur anhand des Fotos seinen gehobenen Gourmet-Ansprüchen freien Lauf lässt und dies alles furchtbar findet kann dies natürlich gerne tun, ich habe es probiert und fand es gelungen; es schmeckte gut und ich bin eigentlich kein Risotto Fan weil sie oft so laff geraten.
Denn auch hier sagte Madame, die noch großzügig Parmesan obenauf gab, dass dieses zusätzliche Salz erst den letzten Schliff gab. Sie schaffte nur knapp die Hälfte und der Rest blieb für den Samstag übrig und wurde dann nicht minder zufrieden verspeist, ein durchaus gelungener Versuch wenn auch keine Totaloffenbarung.
| Dessert |
Tiramisu klassisch – 3,00€
Limonen Tiramisu – 3,00€
Solide sollte es weitergehen, die ausdrücklich hausgemachten Tiramisu empfand ich als optisch gelungen, auch wenn man sie nicht als Tellerdessert ausgeführt hatte aber was will man bitteschön für drei Euro erwarten?
Und für dieses Geld bot man eine solide Leistung wie ich meine, in beiden Fällen.
Die klassische Variante reichte zwar auch hier nicht an mein persönliches Solinger „Benchmark“ Tiramisu vom Di Vino heran, dazu fehlte mir auch hier u.a. die sündige Mascarpone-Schwere, auch wenn ich glaube, dass man ein wenig davon verwendete.
Tiramisu klassisch
Dennoch hatte sie mit ihrem wunderbar durchtränkten Biskuit und schönen Kaffeenoten viel von dem, was dieses Dessert so beliebt bei Groß und Klein macht, würde ich jederzeit wieder bestellen.
Die Variante von der Zitrusfrucht war dann nochmal eine kleine Steigerung in sich, das schmeckte rundum herrlich, besonders die geschmacklich an nicht zu süßen Limoncello erinnernde Fruchtmasse obenauf wirkte sehr erfrischend in Kombination mit der nur leicht zitrisch-säuerlichen Sahnemasse.
Limonen Tiramisu
Auch hier wieder große Zufriedenheit bei meiner sichtlich erfreuten Mitbewohnerin, als ich probieren wollte wurde ich gar ermahnt, mir ja nicht zu viel einzuverleiben, wo kämen wir da hin?
Ein passender, stimmiger Schlusspunkt hinter einem in vieler Hinsicht gelungenen kleinen Essen, gut gesättigt aber nicht im „rolling stone“ Modus ging es auf die Sofas, Thomas Gottschalk moderierte eine Retro Show im SWR, prima, passte ja hervorragend als nostalgische Klammer mit Blick auf die heutige Einleitung.
Fazit
Eine solide, bodenständige Leistung der Küche, ich habe teilweise weniger erwartet muss ich gestehen. Daher für die Küchenleistung heute, wie immer in Relation zum Preisgefüge, solide 4 Sterne.
Für den Service gebe ich ebenfalls vier Sterne: sehr, sehr freundlich aber fast 25 Minuten Verspätung und den fehlenden Bon fand ich nicht ganz so prima diesmal.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich bei knappen 5 Sternen, man bekommt hier eine ganze Menge für sein Geld und wen man es geschickt anstellt, kann man angesichts der Preise für 20 Euro eine vierköpfige Familie satt und glücklich machen, sicher auch ein Grund für den langjährigen Erfolg der Trattoria.
Bei der Gesamtnote komme ich auch auf grundsolide, maximal positiv konnotierte vier Sterne und damit eine klare Empfehlung für bodenständige italienische Kost zum kleinen Preis.
Wünschenswert wäre neben der ein oder anderen optischen Geschichte (Caprese, Pizza Belag) die man mit etwas mehr Liebe fürs Detail schnell verbessern könnte vor allem ein Angebot Richtung Vorspeisen und Antipasti und etwas mehr Auswahl bei Fleisch oder Fisch. So hätte ich mir nach der Pasta gerne auch ein kleines Bistecca gegönnt.
Dann wären angesichts der Preise zukünftig sicher auch höhere Sterneweihen im Familien-Italiener-Universum möglich...
Denn auch wenn die Toleranzgrade in dieser Hinsicht von marottenhaft-überspannt bis hin zu maximal-ignorant reichen sind sich ja sicher fast alle in der Hinsicht einig, dass Pizza eigentlich nur frisch aus dem Ofen wirklich gut schmeckt und unter jeder Minute Aufenthalt in einer Pappschachtel leidet, wie kaum ein anderes Gericht.
Da ich auch ohnehin kein absoluter Hardcore-Pizza-Fan bin habe ich somit die letzten Monate auch ohne schwere kulinarische Sinnkrise überstanden, aber nach über einem halben Jahr regte sich dann doch ein wenig der dringende Wunsch nach ein wenig Bella Italia Stimmung in Form einer halbwegs brauchbaren Pizza, die unvermeidlichen Liefer-Kollateralschäden schon vorab mit einkalkulierend.
Nach kurzem Überlegen war dann auch ein vielversprechender weißer Fleck auf der Solinger Pizza & Pasta Landkarte gefunden, das „Da Giuseppe“ auf der seit früher Kindheit so vertrauten Hacketäuerstraße, eine kleine familiäre Trattoria mit ca. 50 Sitzplätzen und betont bodenständiger wie günstiger Küche, die sich im Stadtteil großer Beliebtheit erfreut.
Denn diese Kindheit spielte sich bis ca. 1985 auf der nahen Klingenstraße ab und ich ging in unmittelbarer Nähe zur Grundschule Meigen, ein heimeliges bergisches Schieferhaus, das seit 1883 als Schulgebäude genutzt wird und seit Urzeiten unter Denkmalschutz steht.
In den Räumen des heutigen „Da Giuseppe“ gab es damals eine oft besuchte Filiale der kleinen Supermarktkette „Edelstolz“ (deren Name heutzutage sicher auch jedem Hipstercafé in Berlin Mitte gut zu Gesicht stehen würde) und viele damalige Freunde aus unbeschwerten Kindertagen wohnten ganz in der Nähe; sonnige Erinnerungen an Kinderzimmer voller Bravo-Poster und den C64 am kleinen Farbfernseher in der Ecke ereilen mich immer, wenn ich in diesem Quartier bin.
Und so schwang auch ein zarter Hauch biografischer Nostalgie mit, als ich am späten Freitagnachmittag zum Telefon griff und meine Bestellung loswerden wollte.
„Madame, stell die rot-weiß karierte Decke auf den Tisch und bügel die Tropfkerze in der Chianti-Flasche!“ oder umgekehrt, egal, ich war in Pizza-Betriebstemperatur wie der dazugehörige Ofen, buon divertimento ragazzi…
| Bestellung & Lieferung |
Eine sehr, sehr freundliche junge Frau nahm meine Bestellung für 20:45 Uhr auf, wies mich auf das nicht auf der Karte stehende „Limonen“-Tiramisu hin und wiederholte nochmals beflissen die komplette Bestellung, sympathischer kann man sich kaum verkaufen.
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich meine Pizza gerne – für hiesige Verhältnisse… - etwas dunkler habe und rief wenige Minuten nochmals an und entschuldigte mich für das vermeintliche Gewese was die junge Dame aber völlig anders sah.
„Das ist doch gar kein Problem, sehr gerne machen wir das!“ und freute sich sogar, weil ich der erste Kunde sei, der dies ausdrücklich verlangte und viele unserer Landsleute hingegen reklamieren, sobald vermeintlich „verbrannte“ Stellen zu sehen sind, doppelseufz, das alte Lied.
Um den handfesten italienischen Abend gebührend einzuläuten gönnte ich mir vor der erwarteten Lieferung ein Fläschchen Peroni, das hatte ich seit mehr als 20 Jahren nicht mehr getrunken und es weckte Erinnerungen an den damaligen wunderschönen Italienurlaub mit Freunden kurz nach dem Abitur:
Apero :-)
Man hatte mir zwar schon gesagt, man könne nicht auf die Minute genau liefern was ich natürlich auch nie erwarte, in Sachen Pünktlichkeit allerdings war man mit über 20 Minuten Verspätung bislang seit Beginn meiner Lockdown Berichte einer der schwächsten Kandidaten, zumal wir nur wenige Minuten Fahrt weit weg wohnen, wenn die Ampeln auf dem Weg über Ritter- und Platzhofstraße mitspielen.
Einen Bon gab es leider nicht – er bot aber an, diesen am nächsten Tag zu bringen, was ich dankend ablehnte – und ich denke der ebenfalls ausnehmend freundliche Herr, der bestens verpackte Gerichte ins Haus brachte, war noch bei ein oder zwei weiteren Kunden vorweg, es war jedoch alles noch tadellos warm.
Allerdings habe ich es in den letzten Monaten häufig erlebt, was es für die Temperatur bedeutet, wenn ein Essen ohne Umwege vom Restaurant zu uns findet und dies fehlte hier ein wenig.
Da die Teller aber wie gehabt auch durch die Verspätung mehr als genügend vorgewärmt waren, war dies ein absolut zu vernachlässigender Aspekt der am Tisch überhaupt nicht mehr zu spüren war, ich habe mir schlicht diesmal nicht die Finger verbrannt, nicht mehr und nicht weniger.
Nicht nur die Pasta duftete sehr speichelfördernd, her mit dem Weinkühler also und auf zum Esstisch….
| Vorspeise |
Spaghetti aglio, olio e peperoncino – 6,50€
Insalata di Pomodori klein – 2,50€
Insalata Caprese groß – 7,00€
2017 Villa Antinori Toscana IGT Bianco, Cuvée (50% Trebbiano & Malvasia | 35% Pinot Bianco & Pinot Grigio | 15% Renano), Weingut Marchesi Antinori, Florenz, Toskana, Italien
Die klassische italienische Menüfolge konnte ich diesmal leider nicht zelebrieren, leider gibt es nämlich weder Antipasti noch Vorspeisen in irgendeiner Form und es sind gerade diese, die ich in italienischen Restaurants so liebe. Denn den üblichen Pizza und Pasta-Mainstream gibt es schließlich fast überall, wobei sich natürlich auch in diesem die Spreu vom Weizen trennt denn nicht jeder der „Pasta al pomodori“ auf die Karte schreibt, kocht diese auch automatisch in beglückender Art und Weise und gleiches gilt natürlich auch für Pizza aber ich hoffe man versteht, was ich damit sagen will, auf Dauer wäre mir so ein „Rumpf-Angebot“ zu eintönig.
Aber man denkt sicher auch in diesen Zeiten zweckorientiert und an seine Zielgruppe und somit ergibt es aus Sicht des Restaurants – wie nicht selten in Solingen in dieser Konstellation und Preisklasse zu finden – mehr Sinn, statt auf Vorspeisen-Vielfalt zusätzlich auf Imbiss-Klassiker und Schnitzel zu setzen, wobei auch diese in Teilen italienisch inspiriert sind und der Italien-Part der Karte den Löwenanteil darstellt.
Ich machte wie so oft aus der Not eine Tugend und bestellte mir meine liebste Vorspeisen-Pasta Variante als Hauptspeisen-Portion, und diese sollte unglaubliche Dimensionen besitzen.
Leider habe ich es wieder versäumt, den Behälter zu wiegen, die Spaghetti AOP hätten aber spielend für drei normale Esser als Primo Piatto getaugt, die Portion war absurd groß.
Spaghetti aglio, olio e peperoncino
Auf dem Tellerbild findet sich somit ca. ein Drittel der gelieferten Menge, siehe oben, der Alu-Behälter war zum Bersten gefüllt.
Ich habe die Pasta ordentlich mit dem verheißungsvoll leicht rötlich schimmernden Öl durchmengt bevor sie auf den Teller kam und leider habe ich danach einige Momente zu lange gewartet mit dem Foto, so dass die oberste Schicht bei hastiger Betrachtung vielleicht etwas trocken aussehen könnte, aber wenn man sich das Bild in groß betrachtet, bekommt man einen besseren Eindruck.
Das war eine handfeste positive Überraschung, ganz puristisch ohne unnötiges Beiwerk wie Tomaten, so wie es sein soll, dazu noch trotz Lieferung hinreichend al dente ohne einen Hauch von Matschigkeit.
Das Öl aromatisch und gefällig, der Knoblauch generös in der Menge und nicht in der Pfanne bitter geraten in feinen Scheiben, dazu Peperoncini Flocken die es in sich hatten in idealer Dosierung und fein gehackte frische Petersilie.
Das sollte sehr gut schmecken und ein Teil davon auch noch am nächsten Abend, in der Pfanne gebraten mit einer Handvoll argentinischer Rotgarnelen aus eigenem Bestand, selten war Resteverwertung köstlicher in letzter Zeit:
Restefest
Dazu hatte ich mir einen kleinen Tomaten-Zwiebel-Salat bestellt und auch wenn es auf dem Foto vielleicht nicht so ganz rüberkommt, war auch diese Portion für die geradezu lächerlichen 2,50€ mehr als anständig. Anderenorts bekommt man für dieses Geld eine kleine, unansehnliche Plastikschale die man mit dem Salat vollstopft und keine kleine Schüssel, in der man sogar noch mit etwas Basilikum dekoriert hat.
Insalata di Pomodori klein
ca. ein Drittel der Menge
Natürlich sind das wie üblich schon optisch keine Fine-Dining Salate sondern bäuerliche Küche aber als solche gefiel mir das sehr gut, die Tomaten schmeckten nach weit mehr als Wasser und das Essig-Öl Dressing kam wie erhofft mit einem einfachen, kräftig zupackenden Weinessig, tutto bene.
Der begleitende Wein kann wohl als einer der bekanntesten Weißwein-Exporte Italiens gelten, seit 1932 steht diese erfrischende Cuvée für toskanische Weinkultur und war eine gute Wahl zur Pasta, auch wenn hier etwas mehr Säure in Form eines gereiften Pfalz-Rieslings sicher auch gut gepasst hätte; zum rot-weiß karierten Tropfkerzen Klischee natürlich auch ein Chianti Classico.
2017 Villa Antinori Toscana IGT
Dass der Insalata Caprese von meiner Madame kein klassischer solcher ist war schon klar, weil „grüner Salat“ als Bestandteil mit auf der Karte stand.
Und auch wenn das „etwas“ *hüstel* grobschlächtig wirkt und ich noch witzelte, ob man die Tomaten und den Käse ob der Größe der Stücke mit einer Axt zerteilt hätte erntete ich umgehend finstere Seitenblicke, „dafür gibt es Messer!“ hörte ich gepaart mit dem Ausdruck großer Zufriedenheit.
Insalata Caprese groß
Besonders gelobt wurde das aromatische Öl und die Tatsache, dass es sich um einen frischen Pflücksalat beim grünen „Fundament“ handelte und nicht so oft wie bei einfachen Italienern nur um schnöden Eisbergsalat – naja, form follows function, irgendwie, manchmal.
| Hauptgerichte |
Pizza Inferno groß (30cm) (+Paprika) – 7,50€ (+1€)
Risotto alla Francescana – 8,00€
Eigentlich hätte ich nach der Pasta niemals eine Pizza bestellt, aber da ich hier noch nie gegessen hatte dachte ich, eine Pizza wäre allererste Kritikerpflicht angesichts dessen, dass sie hier von den Stammgästen so hoch gelobt wird.
„Alles so schön grün hier!“ war mein erster Gedanke, als ich meine Pizza Inferno in ihrem Karton erblickte, mit milder grüner Peperoni meinte man es sehr gut, was zusätzlich dadurch unterstützt wurde, dass man die zusätzlich gewünschte Paprika in feinen Streifen in roter und grüner Variante einsetzte.
Pizza Inferno groß
Eigentlich mag ich es lieber, wenn man weniger Peperoni verwendet, dafür eine rote scharfe in dünnen Ringen, auch haben mir die grünen einfach zu viel Kerne so dass ich einige herunterpflückte nachdem ich das Foto gemacht hatte.
Da ich ahnte, dass die Inferno ihren Namen wahrscheinlich wie so oft nicht ganz verdient hat, sorgte ich vor, mit spontan am Nachmittag vorbereitetem Chili-Knoblauch Öl sowie zusätzlich einem absoluten Teufelszeug aus dem Glas, das ich vor einiger Zeit aus Venetien mitgebracht hatte.
Der Löffel für Härtefälle! :-)
Chili-Knoblauch Öl aus der heimischen Küche
Für letzteres bräuchte man eigentlich einen Waffenschein oder eine Gefahrgut-Unterweisung, mich wunderte abermals, dass es sich nicht durch Pizza, Teller und den Tisch geätzt hat, aus dem Placebo-Inferno wurde ein Höllenfeuer, nur gut, dass ich es in weiser Voraussicht sehr sparsam und nur auf einer kleinen Fläche verwendet hatte, aber ein wenig Leid gehört für mich bei einer Inferno dazu, wenn auch wohldosiert.
Der Teig gut gebacken mit Charakter im Geschmack, der Boden hatte natürlich gelitten aber ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie diese Pizza Sekunden nach dem Backen geschmeckt hat und das war sehr erfreulich, was sich auch am nächsten Abend bestätigte, als ich die übrig gebliebene Hälfte beherzt im Ofen erwärmte.
Boden Detail
Der Rand im Anschnitt zeugte von ausreichender Teigführung ohne das er in die neapolitanische, fluffig voluminöse Richtung ging, was ich aber gar nicht so gerne mag, es sättigt einfach zu schnell.
Rand im Detail
Gut gefiel mir auch die etwas dicker geschnittene Salami, schöner, leicht rauchiger Eigengeschmack, ebenfalls mit Charakter, alles in allem eine gute Pizza, die ich bei Wiederholung mit scharfen Chilis in verringerter Menge bestellen würde.
Die klassische Pasta-Auswahl ist für eine kleine, preiswerte Trattoria mehr als ausreichend aber das man Risotti anbietet ist jetzt zwar keine Riesensensation aber auch nicht überall zu finden in diesem Genre.
Das Risotto alla Francescana der Risotto sehr schätzenden Frau am Tische sollte ebenfalls positiv überraschen, ich fand den Versuch zunächst sehr mutig.
Risotto alla Francescana
Aber dieser Mut sollte belohnt werden, ein gelungenes Risotto mit frischen Champignons, Erbsen, gekochtem Schinken, Tomatensugo und einem Schuss Sahne.
Auch wenn auf dem Teller von „all' onda“ nicht mehr viel übrig war: die Konsistenz und Textur waren erfreulich, hinreichend „schlotzig“ mit leichtem Biss, natürliche Aromen ohne jegliche Convenience, bodenständige, einfache Küche ohne Schnörkel, beim Reis glaube ich übrigens an Carnaroli, Arborio ist runder wie ich meine.
Wer jetzt bei 8 Euro nur anhand des Fotos seinen gehobenen Gourmet-Ansprüchen freien Lauf lässt und dies alles furchtbar findet kann dies natürlich gerne tun, ich habe es probiert und fand es gelungen; es schmeckte gut und ich bin eigentlich kein Risotto Fan weil sie oft so laff geraten.
Denn auch hier sagte Madame, die noch großzügig Parmesan obenauf gab, dass dieses zusätzliche Salz erst den letzten Schliff gab. Sie schaffte nur knapp die Hälfte und der Rest blieb für den Samstag übrig und wurde dann nicht minder zufrieden verspeist, ein durchaus gelungener Versuch wenn auch keine Totaloffenbarung.
| Dessert |
Tiramisu klassisch – 3,00€
Limonen Tiramisu – 3,00€
Solide sollte es weitergehen, die ausdrücklich hausgemachten Tiramisu empfand ich als optisch gelungen, auch wenn man sie nicht als Tellerdessert ausgeführt hatte aber was will man bitteschön für drei Euro erwarten?
Und für dieses Geld bot man eine solide Leistung wie ich meine, in beiden Fällen.
Die klassische Variante reichte zwar auch hier nicht an mein persönliches Solinger „Benchmark“ Tiramisu vom Di Vino heran, dazu fehlte mir auch hier u.a. die sündige Mascarpone-Schwere, auch wenn ich glaube, dass man ein wenig davon verwendete.
Tiramisu klassisch
Dennoch hatte sie mit ihrem wunderbar durchtränkten Biskuit und schönen Kaffeenoten viel von dem, was dieses Dessert so beliebt bei Groß und Klein macht, würde ich jederzeit wieder bestellen.
Die Variante von der Zitrusfrucht war dann nochmal eine kleine Steigerung in sich, das schmeckte rundum herrlich, besonders die geschmacklich an nicht zu süßen Limoncello erinnernde Fruchtmasse obenauf wirkte sehr erfrischend in Kombination mit der nur leicht zitrisch-säuerlichen Sahnemasse.
Limonen Tiramisu
Auch hier wieder große Zufriedenheit bei meiner sichtlich erfreuten Mitbewohnerin, als ich probieren wollte wurde ich gar ermahnt, mir ja nicht zu viel einzuverleiben, wo kämen wir da hin?
Ein passender, stimmiger Schlusspunkt hinter einem in vieler Hinsicht gelungenen kleinen Essen, gut gesättigt aber nicht im „rolling stone“ Modus ging es auf die Sofas, Thomas Gottschalk moderierte eine Retro Show im SWR, prima, passte ja hervorragend als nostalgische Klammer mit Blick auf die heutige Einleitung.
Fazit
Eine solide, bodenständige Leistung der Küche, ich habe teilweise weniger erwartet muss ich gestehen. Daher für die Küchenleistung heute, wie immer in Relation zum Preisgefüge, solide 4 Sterne.
Für den Service gebe ich ebenfalls vier Sterne: sehr, sehr freundlich aber fast 25 Minuten Verspätung und den fehlenden Bon fand ich nicht ganz so prima diesmal.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich bei knappen 5 Sternen, man bekommt hier eine ganze Menge für sein Geld und wen man es geschickt anstellt, kann man angesichts der Preise für 20 Euro eine vierköpfige Familie satt und glücklich machen, sicher auch ein Grund für den langjährigen Erfolg der Trattoria.
Bei der Gesamtnote komme ich auch auf grundsolide, maximal positiv konnotierte vier Sterne und damit eine klare Empfehlung für bodenständige italienische Kost zum kleinen Preis.
Wünschenswert wäre neben der ein oder anderen optischen Geschichte (Caprese, Pizza Belag) die man mit etwas mehr Liebe fürs Detail schnell verbessern könnte vor allem ein Angebot Richtung Vorspeisen und Antipasti und etwas mehr Auswahl bei Fleisch oder Fisch. So hätte ich mir nach der Pasta gerne auch ein kleines Bistecca gegönnt.
Dann wären angesichts der Preise zukünftig sicher auch höhere Sterneweihen im Familien-Italiener-Universum möglich...
Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich DEN Lieferdienst-Klassiker schlechthin, die Pizza vom Teigfladen-Dealer des Vertrauens, bislang konsequent ausgespart habe und die Gründe dürften im Pappkart…, pardon, auf der Hand liegen.
Denn auch wenn die Toleranzgrade in dieser Hinsicht von marottenhaft-überspannt bis hin zu maximal-ignorant reichen sind sich ja sicher fast alle in der Hinsicht einig, dass Pizza eigentlich nur frisch aus dem Ofen wirklich gut schmeckt und unter jeder Minute Aufenthalt in einer Pappschachtel leidet, wie kaum ein anderes... mehr lesen
Da Giuseppe
Da Giuseppe
€-€€€
Restaurant, Lieferdienst
021238379070
Hacketäuerstraße 102, 42651 Solingen
4.0
stars -
"Lockdown Chronicles: Von einem, der anrief, um über seinen Pappschachtelpizzaschatten zu springen…"
Shaneymac
Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich DEN Lieferdienst-Klassiker schlechthin, die Pizza vom Teigfladen-Dealer des Vertrauens, bislang konsequent ausgespart habe und die Gründe dürften im Pappkart…, pardon, auf der Hand liegen.
Denn auch wenn die Toleranzgrade in dieser Hinsicht von marottenhaft-überspannt bis hin zu maximal-ignorant reichen sind sich ja sicher fast alle in der Hinsicht einig, dass Pizza eigentlich nur frisch aus dem Ofen wirklich gut schmeckt und unter jeder Minute Aufenthalt in einer Pappschachtel leidet, wie kaum ein anderes
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Tristesse Royale Palm - über Segen und Fluch des persönlichen Vergleichshorizontes und das ewige „Jack of all trades“-Paradoxon…"
Verifiziert
4
Geschrieben am 02.05.2021 2021-05-02 | Aktualisiert am 04.05.2021
Besucht am 30.04.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 54 EUR
Namasté die Herrschaften!
Je länger der Dauerlockdown anhält und ich diese kleine Lieferservice-Reihe schreibe, desto mehr fällt auf, dass man es im ob seiner vermeintlichen kulinarischen Provinzialität vielgescholtenen Solingen eigentlich recht gut aushalten kann, wenn man denn weiß, was man wo erwarten kann.
Das sage ich nicht aus Lokalpatriotismus heraus, aber wenn ich hier bei meinen ländlich wohnenden Mitstreitern ab und an lese, dass es sogar bisweilen nicht möglich ist, sich eine Pizza liefern zu lassen geschweige denn grundsätzlich ein Essen, das die eigenen vier Wände in warmen Zustand erreicht, könnte es doch erheblich dünner aussehen was die Bandbreite der Lieferoptionen angeht.
Aber es gibt Gastro-Genres, die mich unfassbar neidisch auf die Metropolen schielen lassen und damit meine ich nicht pauschal die Sternewelt, sondern vielmehr die Küchen des Fernen Ostens.
Es ist in Solingen quasi nicht möglich etwas ansprechendes Asiatisches abseits des „Crispy Duck / Chicken / Whatever auf fettigen Bratnudeln“-Mainstreams zu bekommen, wobei sich das recht renommierte Ohligser Fischrestaurant Schälte seit einiger Zeit gerade an Sushi versucht und die Bilder die ich bislang sah, machten sehr viel Laune (stay tuned!).
Insofern war ich sehr gespannt auf das relativ junge Restaurant Royal Palm in Solingen Mitte, denn hier bietet man neben italienischer auch in erster Linie indische Küche, die ich in den letzten Jahren sehr zu schätzen gelernt habe und die man ansonsten in Solingen eher selten bis gar nicht erhält, sieht man vom „Spicy“ in Gräfrath ab, das aber leider gerade umzieht.
Nun hat Indien mit dem Fernen Osten je nach persönlicher geografischer Definition dieses antiquierten Begriffes auch kulinarisch eher wenig zu tun und ich vermeide diese „Alleskönner-Restaurants“, diese „Jack of all trades“-Läden eigentlich wie der Teufel das Weihwasser, zumal man neben italienisch und indisch auch noch Burger und Schnitzel offeriert.
ABER die positiven Meinungen zu den indischen Gerichten mehrten sich, die Fotos im Netz sahen gar nicht mal so verkehrt aus, die Karte kündet von einem eigenen Tandoor Ofen und bietet eine ansprechende Bandbreite von indischen Klassikern, wie üblich mit der Tendenz zu den fleischlastigen üppigen Currys aus dem Punjab:
https://cdn.website.dish.co/media/7c/90/1735345/Royal-Palm-Restaurant-Menu.pdf
Da ich am Donnerstag bereits ein sehr gelungenes „Thai-Krustentiercurry“ vom bewährten Jordan Foodtruck hatte, freute ich mich diebisch am Freitagabend auf die „Royal Palm Tikka Platte“, eine Zusammenstellung verschiedener Tandoori Leckereien, also marinierter Fleischvarianten, denn schließlich waren einige der köstlichsten Indien-Erlebnisse, die ich weiland in England und Indien machen durfte, Gerichte aus dem Tandoor oder – sofern vorhanden - von den hauseigenen XXL-Holzkohlegrills, den Charcoal-Pits.
Wohlan lovely Papadam-People an der Bergstraße, wärmt schon mal den Tandoor vor, Shaney is in Tikka-Mode… her mit dem Telefon….
| Bestellung & Lieferung |
….“nein tut mir leid, wir machen Tandoori Gerichte nur hier im Restaurant, nicht im momentanen Abhol- oder Lieferservice!“ hörte ich am Freitagnachmittag dann prompt als ich guter Dinge meinen indischen Mixgrill-Traum in Erfüllung bringen wollte, ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.
Nachdem ich daraufhin 20 Minuten leise weinend in der Ecke saß und mich fragte, warum jeder Grieche abends zentnerweise gegrillte Fleischberge durch die Gegend karrt und dies bei indischem Grillgut ein Problem ist, rief ich erneut an als eine Alternative auf der Karte gefunden war.
Der junge Mann war ausnehmend freundlich, zugewandt und sprach perfekt Deutsch, was in diesen Restaurants manchmal etwas schwierig sein kann, wenn Englisch auch keine Option sein sollte.
Auch kannte er sich bestens mit den Gerichten aus, beantwortete eine Frage zum Nachtisch, gab den Tipp eines der Desserts zu erwärmen und bestätigte aufgrund mehrfacher Nachfragen, dass so gut wie alles hausgemacht sei; das machte einen guten Eindruck.
Die Lieferung bot er für 20:40 Uhr an und dies sollte auf die Minute pünktlich geschehen, ich denke es war derselbe freundliche Zeitgenosse, der zu diesem Zeitpunkt tadellos warme und gut verpackte Dinge ins Haus brachte:
Seit dem Besuch des Royal Punjab in Langenfeld Ende Oktober- Kritik hier zu finden – haben wir nicht mehr indisch gegessen, so lange dauert der Gastronomie-Lockdown nun schon, die Gerüche in der Küche machten diesmal daher besonders viel Appetit, mit betont knurrendem Magen ging es zum Esstisch…
| Vorspeisen |
Starter Mix Teller – 11,95€
Chicken Pakora – 4,80€
Eigentlich starte ich in diesen Restaurants gerne bspw. mit etwas fischigem aus dem Tandoor, oder in Kichererbsenteig frittierten Dingen wie Onion Bhaji und Fish Pakora, vorab als kleines Amuse immer Papadams mit einer Reihe von Chutneys und Dips, die auch zu den Vorspeisen immer gut schmecken.
So war ich etwas erstaunt zu hören, dass man momentan nur zwei Dips bietet, nämlich eine Mango-Curry-Variante sowie die überall erhältliche Minz-Joghurt Variante, die mit ihren starken ätherischen Minz und Koriander Noten eine erfrischende Verlässlichkeit insbesondere zu den frittierten Vorspeisen bietet.
Minz und Mango-Curry Dip
Man erklärte mir, als ich vergeblich versuchte, den auf der Standard-Karte gefundenen Chili-Dip und Imli Ki, das sehr bekannte Tamarinden Chutney zu bestellen, dass man letzteres auch selbst gemacht habe und regelmäßig viel wegwerfen musste, weil die Leute den eigenwilligen Geschmack anscheinend nicht mochten.
Schade, aber ich fragte mich da, was die Solinger Kundschaft so von anderen Städten unterscheidet, das habe ich in dieser Form noch nie gehört und eigentlich ist Imli Ki recht gefällig.
In der Abteilung scharf bin ich aber gut gerüstet, ich hechtete zum Kühlschrank und bewaffnete mich mit zwei echten Köstlichkeiten, einmal der leicht asiatisch anmutenden Oliver’s Hot Sauce von Kochbuch Autor und BBQ- und Grill-Legende Oliver Sievers, sowie Maria La Salsa, einer in Köln produzierten Sauce, basierend auf handgepflückten, exklusiven Chilisorten, die an den Hängen der Anden in Ecuador und Peru in schonender Landwirtschaft angebaut werden.
Hot Sauces / eigener Fundus
Der Vorspeisen Mix bestand aus zwei Samosas, den bekannten gefüllten Teigtaschen, Gemüse-Pakoras sowie zwei Aloo Tikkis, sprich Kartoffel-Koriander-„Frikadellen“ und separat bestellten Chicken Pakora, also marinierten und in Kichererbsenteig ausgebackenen Brustfiletstücken.
Starter Mix Teller & Chicken Pakora (rechte Seite)
Der Teigmantel von Hühnchen und Gemüse hatte etwas gelitten durch den Transport und war nach dem Erwärmen im Ofen bei der samstäglichen Restevertilgung doch spürbar knuspriger, was man natürlich nicht dem Restaurant anlasten kann, vielleicht hätten ein paar Löcher im Deckel der Verpackung zwar geholfen, der Temperatur wäre dies allerdings dann auch nicht zuträglich gewesen.
Der Pakora-Teig war allerdings etwas flach geraten, nur ein wenig Cumin war zu vernehmen, dennoch sollten die Gemüsescheiben (Aubergine, Zucchini, Kartoffel) sowie die indische Variante der „Chicken Nuggets“ mit den Dips gut schmecken, wobei die Mango-Curry Version auch eher flach und auf der fruchtigen Seite blieb – ich war froh um meine pikanten Ergänzungen aus heimischen Fundus.
Sehr gut gefielen die Aloo Tikkis, angenehme Textur, Koriander, Garam Masala, Ingwer etc. – hier war geschmacklich schon mehr los. Lecker.
Die beiden Samosa Taschen habe ich in dieser Form noch nie erlebt. Zwar ging die Kartoffel-Erbsen-Füllung geschmacklich in eine ähnlich erfreuliche Richtung wie die veganen Kartoffel-Buletten, allerdings waren die Größe und der Teig ein echtes Problem.
Wenn man „Samosa“ googelt und sich die Bilder anschaut ahnt man es vielleicht schon: diese Version hier hätte einzeln (!) in der Größe für Leute mit kleinem Hunger schon als sparsames Abendessen gereicht, ich habe noch nie einen solchen Trumm von Samosa gesehen, als Vorspeise völlig absurd, warum macht man nicht lieber drei kleine als solche Monster zu produzieren???
Und dann auch bitte mit einem dünnen, knusprigen Teig, der die Füllung hochleben lässt und nicht mit einem viel zu dicken, zähen und schwierig zu schneidenden solchen…
Sicher kein Totalausfall der erste Gang, dennoch etwas holprig, die Hälfte blieb übrig und wurde wie erwähnt am Samstagabend verspeist.
| Hauptgerichte |
Mango Chicken Curry – 9,95€
Madras Lamm Curry – 12,95€
2018 Cloudy Bay Chardonnay, Cloudy Bay Vineyards, Blenheim, Marlborough, Neuseeland
Das Mango Chicken Curry war die Wahl der Dame am Tisch, normalerweise wählt sie immer ihr geliebtes Chicken Chana Masala, eine Variante mit Kichererbsen.
Mango Chicken Curry
Optisch und in Sachen Konsistenz konnte man eigentlich nicht klagen, Currys werden nie Fotoschönheiten, und auch die Portion als solche war mehr als anständig.
Allerdings beklagte auch die in Sachen indischer Küche wesentlich weniger beschlagene Frau Shaneymac eine gewisse mango-fruchtige, durch Kokosflocken noch zusätzlich befeuerte süße Eindimensionalität: „erinnert ein wenig an ein Dessert!“ hörte ich nicht dramatisch unzufrieden aber auch nicht gerade begeistert.
Selbst sie, die nicht gerne scharf isst und ausdrücklich mild bestellt hatte, vermisste zwar keine Schärfe als solche aber doch die Noten einer guten Currymischung, die ja schon alleine für geschmackliche Bandbreite sorgt, zumal wenn man die Gewürze zu Beginn anröstet.
Konnte man natürlich gut essen, allerdings im Vergleich zum Royal Punjab in Leverkusen – und das ist neben der Langenfelder Filiale ihre einzige Vergleichsmöglichkeit – fiel es klar ab, was ich nach einer obligatorischen Probiergabel auch so empfand.
Zum ohnehin schon fruchtigen Curry hatte sie sich einen Mango Lassi bestellt, in diesem Glas sehen wir nur etwas mehr als die Hälfte der Menge.
Mango Lassi (Hochformat, bitte Foto anklicken sofern auf einem PC oder Mac betrachtet)
Leider fehlte hier die Säure eines frischen Lassies, schmeckte wie ein zu süßer Mango-Milchshake und damit hatte er nicht die erfrischende Wirkung, die man sich von einem Lassi wünscht.
Mein Madras Lamm Curry hatte ich in der mittleren von drei möglichen Schärfestufen bestellt, weil ich mich zunächst an das Schärfeverständnis der Küche rantasten wollte.
Madras Lamm Curry
Denn ich werde nie vergessen, wie ich im Sommer 2014 mal in einem Manchester Curry House ein Mutton Vindaloo Curry (mit lediglich drei von fünf Chilischoten auf der Skala in der Karte deklariert) bestellte und schweißnassgebadet am Tisch saß, aussah wie Dieter Hallervorden in einem seiner bekanntesten Sketche und hernach eine spannende Nacht hatte – und ich esse eigentlich gerne scharf.
Es sollte schon etwas mehr Schärfe und gottlob auch Tiefe besitzen als Madame’s Obst-Babybrei, dennoch blieb man auch hier unter seinen Möglichkeiten.
Ein richtig gutes Curry-Gericht ist für mich beim ersten Löffel wie das Aufspielen eines großen Symphonieorchesters auf dem Gaumen, dies hier war eher das kleine Kammerorchester und die Hälfte der Streicher hatte wohl Urlaub. Dumpfe Cumin-lastige Noten und eine eher basslastige Schärfe, die im Abgang durchkam, dominierten die sensorischen Eindrücke.
Das Lamm-Fleisch schien wie üblich aus Keule oder Schulter zu stammen, war zart geschmort und besaß einen teilweise relativ kräftigen Eigengeschmack, den ich sehr wohlschmeckend empfand, aber Zeitgenossen die meinen, Lamm dürfe keinen Eigengeschmack haben, etwas zu viel sein könnte; den sprichwörtlichen, penetranten, viel zitierten „Hammelgeschmack“ meine ich damit aber in keiner Weise.
Auch hier beliebe kein Totalausfall aber ich hatte mehr erhofft und kann meine Erinnerungen an erheblich bessere Currys ja auch nicht einfach ausblenden – das Bessere ist der Feind des Guten, und das Gute der Feind des Mittelmaßes, so ist da nun mal und nicht jeder hatte das Glück, Currys aus der Abteilung "allerbest" probieren zu dürfen.
Einer unserer beiden Stubentiger, Emma, drückte derweil ihren Protest gegenüber dem vor unserem Essen frisch in ihren Napf gekommene Futter, das vor wenigen Tagen noch mit ekstatischem Appetit verschlungen wurde, mit Besetzung der unteren Etage des kleinen Servierwagens neben dem Esstisch und gesteigert vorwurfsvollen Blicken in meine Richtung aus:
Emma was not amused... once again....
Gleiches gilt für die - alternativ gibt es Reis - begleitenden Naan Brote, einmal in der Standardvariante und einmal als „Garlic Naan“ für den Herren mit hier anscheinend mitgebackenen Knoblauch-Splittern, ich kenne es eher so, dass man die Brote nach dem Backen mit einer in der Pfanne leicht gebräunten Koblauch-Butter einpinselt in der man den Knoblauch anröstet.
Naan / Garlic Naan
Die Brote waren mir etwas zu dick und es fehlte diese Leichtigkeit im Teig, die einem Lust auf den nächsten Bissen macht wenn gut gemacht, selten hat der Begriff „Sättigungsbeilage“ mehr Sinn ergeben glaube ich.
Was aber bei all dem erlebten Mittelmaß im Nachhinein viel Sinn ergab, war der Griff in eine der Toplagen des internationalen Weinregals. Cloudy Bay Vineyards, zusammen mit ihrem Sauvignon Blanc wohl eine der Kronjuwelen neuseeländischer Weinkultur.
2018 Cloudy Bay Chardonnay (Hochformat, bitte Foto anklicken sofern auf einem PC oder Mac betrachtet)
Diesen kannte ich schon, den Chardonnay noch nicht, daher überraschte es aber nicht, was sich schon in der Nase abspielte und sich auf dem Gaumen fortsetzte, komplexe Fruchtnoten, gepaart mit viel Schmelz und Vanille - alles mit einer unglaublichen Länge, ich wechselte sehr schnell auf ein Rotweinglas und tat gut daran, welche Opulenz - das erste Glas hatte ich übrigens schon zur Vorspeise
| Dessert |
Gulab Jamun – 4,90€
Tiramisu – 4,00€
Gulab Jamun ist ein indisch-pakistanischer Dessert-Klassiker, frittierte kleine Bällchen die aus eindedickter, bzw. eingekochter Milch bestehen und in einem aromatisiertem Zuckersirup serviert werden, so eine Art warme indische Baklava wenn man so möchte.
Gulab Jamun
Wir erwärmten die Bällchen mit dem Sirup zusammen wie empfohlen in der Mikrowelle und das Ergebnis sollte zumindest mir wirklich sehr gut schmecken, die lockere Textur, und die Kombination mit den eher ungesüßten Bällchen und dem mit Mandeln und Cashews versehen Sirup fand ich sehr gelungen. Und dass, obwohl ich Baklava normalerweise gar nicht mag, zu süß, zu pappig, zu klebrig.
Auch wenn ich den Preis für vier der kleinen Bällchen etwas stramm fand, ich würde es im Restaurant durchaus wieder bestellen wenn ich in Stimmung wäre.
Eigentlich wollte ich als zweites Dessert einen indischen Halwa Carrot Cake bestellen, was ich auch tat, man rief mich aber zurück um mir unter tausend Entschuldigungen mitzuteilen, dass dieser „aus sei“ – manche Formulierungen leben eben in jedem Gastro-Genre, wobei man „Wer is die Wuuurst??“ tendenziell wohl nur in Pommesbuden im Ruhrpott hört, wie der verehrte Frank Goosen kürzlich anmerkte.
So entschied ich mich notgedrungen für ein Tiramisu aus dem italienischen Teil der Karte, das allerdings erst am Samstag verspeist wurde.
Tiramisu
Bedingt durch die Verpackung war es quasi unmöglich den italienischen Schichtklassiker hübsch auf den Teller zu bringen, aber das war auch kein allzu großer Verlust.
Denn genauso mittelmäßig wie die meisten der vorherigen Eindrücke ging es hier weiter, die Sahne luftig und belanglos mit Mascarpone in weiter Ferne, die Kaffeenoten kamen nicht von gutem Espresso sondern waren so dezent, dass sie an verdünnten Filterkaffee erinnerten.
Etwas Alkoholisches noch, etwas Pfiff? Nein, nichts, das war eher reine Zweckerfüllung in Speiseform als wirklicher Genuss. Aber auch wieder gilt: ein Totalausfall war es ganz sicher auch nicht, aber für nahrungstechnische Zweckerfüllung geht man ja nicht gezielt essen.
Und das ist sicherlich auch eine gute Überschrift für ein hoffentlich salomonisches, selten schwieriges
Fazit
„Tristesse Royale Palm“ lautete die Überschrift in Anlehnung an den popkulturellen Bestseller „Tristesse Royale“ von Joachim Bessing und dies sicherlich nicht ganz zu Unrecht aus der Perspektive einiger Erfahrung mit indischer Kulinarik.
Man kocht alles Mögliche, aber nichts was am Freitag kam, konnte richtig begeistern, daher für das Essen 3 Sterne inklusive eines halben Corona-Milde-Sternes.
Wer jetzt stutzt und sagt „jetzt hat er so viel kritisiert und gibt trotzdem drei Sterne?“ möge bitte bedenken, dass es sich um Detailkritik eines Food-Nerds handelt und diese rechtfertigt nicht, dass man dieses Essen mit nur einem oder eineinhalb Sternen herabwürdigt und als misslungenen Fraß hinstellt.
Denn den meisten Gästen dürften diese Dinge einfach nicht auffallen und man hätte die Currys als authentisch und gelungen empfunden, die Nerd Perspektive konnte ich allerdings dann doch nicht ablegen und verweise damit auf den zweiten Teil der Überschrift.
Wer sich jetzt welche Perspektive heraussucht, bleibt jedem selbst überlassen, ich habe bewusst einen Balanceakt zwischen einer für die meisten nachvollziehbaren Bewertung und viel Infos im Text gewählt, wobei letztere für mich immer entscheidender sind als Pixelsterne, wenn ich andere Bewertungen lese.
Der Service war ein Highlight und ist mir volle fünf Sterne wert, liebenswürdig, pünktlich, der nette Rückruf wegen dem ausverkauften Karottenkuchen, alles prima.
Beim Preis-Leistungsverhältnis bin ich bei 3,5 Sternen, im Großen und Ganzen passt es.
Somit rettet der gute Service knappe 3,5 Sterne in der Gesamtwertung.
Ich werde hier wahrscheinlich im Lockdown nicht mehr bestellen, aber wenn der Tandoor einst wieder im Restaurant das köstliche Lied seiner Gluthitze singen darf, stimme ich gerne vor Ort mit ein….
Je länger der Dauerlockdown anhält und ich diese kleine Lieferservice-Reihe schreibe, desto mehr fällt auf, dass man es im ob seiner vermeintlichen kulinarischen Provinzialität vielgescholtenen Solingen eigentlich recht gut aushalten kann, wenn man denn weiß, was man wo erwarten kann.
Das sage ich nicht aus Lokalpatriotismus heraus, aber wenn ich hier bei meinen ländlich wohnenden Mitstreitern ab und an lese, dass es sogar bisweilen nicht möglich ist, sich eine Pizza liefern zu lassen geschweige denn grundsätzlich ein Essen, das die eigenen vier Wände in warmen Zustand erreicht, könnte es doch erheblich dünner aussehen was die Bandbreite der Lieferoptionen angeht.
Aber es gibt Gastro-Genres, die mich unfassbar neidisch auf die Metropolen schielen lassen und damit meine ich nicht pauschal die Sternewelt, sondern vielmehr die Küchen des Fernen Ostens.
Es ist in Solingen quasi nicht möglich etwas ansprechendes Asiatisches abseits des „Crispy Duck / Chicken / Whatever auf fettigen Bratnudeln“-Mainstreams zu bekommen, wobei sich das recht renommierte Ohligser Fischrestaurant Schälte seit einiger Zeit gerade an Sushi versucht und die Bilder die ich bislang sah, machten sehr viel Laune (stay tuned!).
Insofern war ich sehr gespannt auf das relativ junge Restaurant Royal Palm in Solingen Mitte, denn hier bietet man neben italienischer auch in erster Linie indische Küche, die ich in den letzten Jahren sehr zu schätzen gelernt habe und die man ansonsten in Solingen eher selten bis gar nicht erhält, sieht man vom „Spicy“ in Gräfrath ab, das aber leider gerade umzieht.
Nun hat Indien mit dem Fernen Osten je nach persönlicher geografischer Definition dieses antiquierten Begriffes auch kulinarisch eher wenig zu tun und ich vermeide diese „Alleskönner-Restaurants“, diese „Jack of all trades“-Läden eigentlich wie der Teufel das Weihwasser, zumal man neben italienisch und indisch auch noch Burger und Schnitzel offeriert.
ABER die positiven Meinungen zu den indischen Gerichten mehrten sich, die Fotos im Netz sahen gar nicht mal so verkehrt aus, die Karte kündet von einem eigenen Tandoor Ofen und bietet eine ansprechende Bandbreite von indischen Klassikern, wie üblich mit der Tendenz zu den fleischlastigen üppigen Currys aus dem Punjab:
https://cdn.website.dish.co/media/7c/90/1735345/Royal-Palm-Restaurant-Menu.pdf
Da ich am Donnerstag bereits ein sehr gelungenes „Thai-Krustentiercurry“ vom bewährten Jordan Foodtruck hatte, freute ich mich diebisch am Freitagabend auf die „Royal Palm Tikka Platte“, eine Zusammenstellung verschiedener Tandoori Leckereien, also marinierter Fleischvarianten, denn schließlich waren einige der köstlichsten Indien-Erlebnisse, die ich weiland in England und Indien machen durfte, Gerichte aus dem Tandoor oder – sofern vorhanden - von den hauseigenen XXL-Holzkohlegrills, den Charcoal-Pits.
Wohlan lovely Papadam-People an der Bergstraße, wärmt schon mal den Tandoor vor, Shaney is in Tikka-Mode… her mit dem Telefon….
| Bestellung & Lieferung |
….“nein tut mir leid, wir machen Tandoori Gerichte nur hier im Restaurant, nicht im momentanen Abhol- oder Lieferservice!“ hörte ich am Freitagnachmittag dann prompt als ich guter Dinge meinen indischen Mixgrill-Traum in Erfüllung bringen wollte, ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.
Nachdem ich daraufhin 20 Minuten leise weinend in der Ecke saß und mich fragte, warum jeder Grieche abends zentnerweise gegrillte Fleischberge durch die Gegend karrt und dies bei indischem Grillgut ein Problem ist, rief ich erneut an als eine Alternative auf der Karte gefunden war.
Der junge Mann war ausnehmend freundlich, zugewandt und sprach perfekt Deutsch, was in diesen Restaurants manchmal etwas schwierig sein kann, wenn Englisch auch keine Option sein sollte.
Auch kannte er sich bestens mit den Gerichten aus, beantwortete eine Frage zum Nachtisch, gab den Tipp eines der Desserts zu erwärmen und bestätigte aufgrund mehrfacher Nachfragen, dass so gut wie alles hausgemacht sei; das machte einen guten Eindruck.
Die Lieferung bot er für 20:40 Uhr an und dies sollte auf die Minute pünktlich geschehen, ich denke es war derselbe freundliche Zeitgenosse, der zu diesem Zeitpunkt tadellos warme und gut verpackte Dinge ins Haus brachte:
Seit dem Besuch des Royal Punjab in Langenfeld Ende Oktober- Kritik hier zu finden – haben wir nicht mehr indisch gegessen, so lange dauert der Gastronomie-Lockdown nun schon, die Gerüche in der Küche machten diesmal daher besonders viel Appetit, mit betont knurrendem Magen ging es zum Esstisch…
| Vorspeisen |
Starter Mix Teller – 11,95€
Chicken Pakora – 4,80€
Eigentlich starte ich in diesen Restaurants gerne bspw. mit etwas fischigem aus dem Tandoor, oder in Kichererbsenteig frittierten Dingen wie Onion Bhaji und Fish Pakora, vorab als kleines Amuse immer Papadams mit einer Reihe von Chutneys und Dips, die auch zu den Vorspeisen immer gut schmecken.
So war ich etwas erstaunt zu hören, dass man momentan nur zwei Dips bietet, nämlich eine Mango-Curry-Variante sowie die überall erhältliche Minz-Joghurt Variante, die mit ihren starken ätherischen Minz und Koriander Noten eine erfrischende Verlässlichkeit insbesondere zu den frittierten Vorspeisen bietet.
Minz und Mango-Curry Dip
Man erklärte mir, als ich vergeblich versuchte, den auf der Standard-Karte gefundenen Chili-Dip und Imli Ki, das sehr bekannte Tamarinden Chutney zu bestellen, dass man letzteres auch selbst gemacht habe und regelmäßig viel wegwerfen musste, weil die Leute den eigenwilligen Geschmack anscheinend nicht mochten.
Schade, aber ich fragte mich da, was die Solinger Kundschaft so von anderen Städten unterscheidet, das habe ich in dieser Form noch nie gehört und eigentlich ist Imli Ki recht gefällig.
In der Abteilung scharf bin ich aber gut gerüstet, ich hechtete zum Kühlschrank und bewaffnete mich mit zwei echten Köstlichkeiten, einmal der leicht asiatisch anmutenden Oliver’s Hot Sauce von Kochbuch Autor und BBQ- und Grill-Legende Oliver Sievers, sowie Maria La Salsa, einer in Köln produzierten Sauce, basierend auf handgepflückten, exklusiven Chilisorten, die an den Hängen der Anden in Ecuador und Peru in schonender Landwirtschaft angebaut werden.
Hot Sauces / eigener Fundus
Der Vorspeisen Mix bestand aus zwei Samosas, den bekannten gefüllten Teigtaschen, Gemüse-Pakoras sowie zwei Aloo Tikkis, sprich Kartoffel-Koriander-„Frikadellen“ und separat bestellten Chicken Pakora, also marinierten und in Kichererbsenteig ausgebackenen Brustfiletstücken.
Starter Mix Teller & Chicken Pakora (rechte Seite)
Der Teigmantel von Hühnchen und Gemüse hatte etwas gelitten durch den Transport und war nach dem Erwärmen im Ofen bei der samstäglichen Restevertilgung doch spürbar knuspriger, was man natürlich nicht dem Restaurant anlasten kann, vielleicht hätten ein paar Löcher im Deckel der Verpackung zwar geholfen, der Temperatur wäre dies allerdings dann auch nicht zuträglich gewesen.
Der Pakora-Teig war allerdings etwas flach geraten, nur ein wenig Cumin war zu vernehmen, dennoch sollten die Gemüsescheiben (Aubergine, Zucchini, Kartoffel) sowie die indische Variante der „Chicken Nuggets“ mit den Dips gut schmecken, wobei die Mango-Curry Version auch eher flach und auf der fruchtigen Seite blieb – ich war froh um meine pikanten Ergänzungen aus heimischen Fundus.
Sehr gut gefielen die Aloo Tikkis, angenehme Textur, Koriander, Garam Masala, Ingwer etc. – hier war geschmacklich schon mehr los. Lecker.
Die beiden Samosa Taschen habe ich in dieser Form noch nie erlebt. Zwar ging die Kartoffel-Erbsen-Füllung geschmacklich in eine ähnlich erfreuliche Richtung wie die veganen Kartoffel-Buletten, allerdings waren die Größe und der Teig ein echtes Problem.
Wenn man „Samosa“ googelt und sich die Bilder anschaut ahnt man es vielleicht schon: diese Version hier hätte einzeln (!) in der Größe für Leute mit kleinem Hunger schon als sparsames Abendessen gereicht, ich habe noch nie einen solchen Trumm von Samosa gesehen, als Vorspeise völlig absurd, warum macht man nicht lieber drei kleine als solche Monster zu produzieren???
Und dann auch bitte mit einem dünnen, knusprigen Teig, der die Füllung hochleben lässt und nicht mit einem viel zu dicken, zähen und schwierig zu schneidenden solchen…
Sicher kein Totalausfall der erste Gang, dennoch etwas holprig, die Hälfte blieb übrig und wurde wie erwähnt am Samstagabend verspeist.
| Hauptgerichte |
Mango Chicken Curry – 9,95€
Madras Lamm Curry – 12,95€
2018 Cloudy Bay Chardonnay, Cloudy Bay Vineyards, Blenheim, Marlborough, Neuseeland
Das Mango Chicken Curry war die Wahl der Dame am Tisch, normalerweise wählt sie immer ihr geliebtes Chicken Chana Masala, eine Variante mit Kichererbsen.
Mango Chicken Curry
Optisch und in Sachen Konsistenz konnte man eigentlich nicht klagen, Currys werden nie Fotoschönheiten, und auch die Portion als solche war mehr als anständig.
Allerdings beklagte auch die in Sachen indischer Küche wesentlich weniger beschlagene Frau Shaneymac eine gewisse mango-fruchtige, durch Kokosflocken noch zusätzlich befeuerte süße Eindimensionalität: „erinnert ein wenig an ein Dessert!“ hörte ich nicht dramatisch unzufrieden aber auch nicht gerade begeistert.
Selbst sie, die nicht gerne scharf isst und ausdrücklich mild bestellt hatte, vermisste zwar keine Schärfe als solche aber doch die Noten einer guten Currymischung, die ja schon alleine für geschmackliche Bandbreite sorgt, zumal wenn man die Gewürze zu Beginn anröstet.
Konnte man natürlich gut essen, allerdings im Vergleich zum Royal Punjab in Leverkusen – und das ist neben der Langenfelder Filiale ihre einzige Vergleichsmöglichkeit – fiel es klar ab, was ich nach einer obligatorischen Probiergabel auch so empfand.
Zum ohnehin schon fruchtigen Curry hatte sie sich einen Mango Lassi bestellt, in diesem Glas sehen wir nur etwas mehr als die Hälfte der Menge.
Mango Lassi (Hochformat, bitte Foto anklicken sofern auf einem PC oder Mac betrachtet)
Leider fehlte hier die Säure eines frischen Lassies, schmeckte wie ein zu süßer Mango-Milchshake und damit hatte er nicht die erfrischende Wirkung, die man sich von einem Lassi wünscht.
Mein Madras Lamm Curry hatte ich in der mittleren von drei möglichen Schärfestufen bestellt, weil ich mich zunächst an das Schärfeverständnis der Küche rantasten wollte.
Madras Lamm Curry
Denn ich werde nie vergessen, wie ich im Sommer 2014 mal in einem Manchester Curry House ein Mutton Vindaloo Curry (mit lediglich drei von fünf Chilischoten auf der Skala in der Karte deklariert) bestellte und schweißnassgebadet am Tisch saß, aussah wie Dieter Hallervorden in einem seiner bekanntesten Sketche und hernach eine spannende Nacht hatte – und ich esse eigentlich gerne scharf.
Es sollte schon etwas mehr Schärfe und gottlob auch Tiefe besitzen als Madame’s Obst-Babybrei, dennoch blieb man auch hier unter seinen Möglichkeiten.
Ein richtig gutes Curry-Gericht ist für mich beim ersten Löffel wie das Aufspielen eines großen Symphonieorchesters auf dem Gaumen, dies hier war eher das kleine Kammerorchester und die Hälfte der Streicher hatte wohl Urlaub. Dumpfe Cumin-lastige Noten und eine eher basslastige Schärfe, die im Abgang durchkam, dominierten die sensorischen Eindrücke.
Das Lamm-Fleisch schien wie üblich aus Keule oder Schulter zu stammen, war zart geschmort und besaß einen teilweise relativ kräftigen Eigengeschmack, den ich sehr wohlschmeckend empfand, aber Zeitgenossen die meinen, Lamm dürfe keinen Eigengeschmack haben, etwas zu viel sein könnte; den sprichwörtlichen, penetranten, viel zitierten „Hammelgeschmack“ meine ich damit aber in keiner Weise.
Auch hier beliebe kein Totalausfall aber ich hatte mehr erhofft und kann meine Erinnerungen an erheblich bessere Currys ja auch nicht einfach ausblenden – das Bessere ist der Feind des Guten, und das Gute der Feind des Mittelmaßes, so ist da nun mal und nicht jeder hatte das Glück, Currys aus der Abteilung "allerbest" probieren zu dürfen.
Einer unserer beiden Stubentiger, Emma, drückte derweil ihren Protest gegenüber dem vor unserem Essen frisch in ihren Napf gekommene Futter, das vor wenigen Tagen noch mit ekstatischem Appetit verschlungen wurde, mit Besetzung der unteren Etage des kleinen Servierwagens neben dem Esstisch und gesteigert vorwurfsvollen Blicken in meine Richtung aus:
Emma was not amused... once again....
Gleiches gilt für die - alternativ gibt es Reis - begleitenden Naan Brote, einmal in der Standardvariante und einmal als „Garlic Naan“ für den Herren mit hier anscheinend mitgebackenen Knoblauch-Splittern, ich kenne es eher so, dass man die Brote nach dem Backen mit einer in der Pfanne leicht gebräunten Koblauch-Butter einpinselt in der man den Knoblauch anröstet.
Naan / Garlic Naan
Die Brote waren mir etwas zu dick und es fehlte diese Leichtigkeit im Teig, die einem Lust auf den nächsten Bissen macht wenn gut gemacht, selten hat der Begriff „Sättigungsbeilage“ mehr Sinn ergeben glaube ich.
Was aber bei all dem erlebten Mittelmaß im Nachhinein viel Sinn ergab, war der Griff in eine der Toplagen des internationalen Weinregals. Cloudy Bay Vineyards, zusammen mit ihrem Sauvignon Blanc wohl eine der Kronjuwelen neuseeländischer Weinkultur.
2018 Cloudy Bay Chardonnay (Hochformat, bitte Foto anklicken sofern auf einem PC oder Mac betrachtet)
Diesen kannte ich schon, den Chardonnay noch nicht, daher überraschte es aber nicht, was sich schon in der Nase abspielte und sich auf dem Gaumen fortsetzte, komplexe Fruchtnoten, gepaart mit viel Schmelz und Vanille - alles mit einer unglaublichen Länge, ich wechselte sehr schnell auf ein Rotweinglas und tat gut daran, welche Opulenz - das erste Glas hatte ich übrigens schon zur Vorspeise
| Dessert |
Gulab Jamun – 4,90€
Tiramisu – 4,00€
Gulab Jamun ist ein indisch-pakistanischer Dessert-Klassiker, frittierte kleine Bällchen die aus eindedickter, bzw. eingekochter Milch bestehen und in einem aromatisiertem Zuckersirup serviert werden, so eine Art warme indische Baklava wenn man so möchte.
Gulab Jamun
Wir erwärmten die Bällchen mit dem Sirup zusammen wie empfohlen in der Mikrowelle und das Ergebnis sollte zumindest mir wirklich sehr gut schmecken, die lockere Textur, und die Kombination mit den eher ungesüßten Bällchen und dem mit Mandeln und Cashews versehen Sirup fand ich sehr gelungen. Und dass, obwohl ich Baklava normalerweise gar nicht mag, zu süß, zu pappig, zu klebrig.
Auch wenn ich den Preis für vier der kleinen Bällchen etwas stramm fand, ich würde es im Restaurant durchaus wieder bestellen wenn ich in Stimmung wäre.
Eigentlich wollte ich als zweites Dessert einen indischen Halwa Carrot Cake bestellen, was ich auch tat, man rief mich aber zurück um mir unter tausend Entschuldigungen mitzuteilen, dass dieser „aus sei“ – manche Formulierungen leben eben in jedem Gastro-Genre, wobei man „Wer is die Wuuurst??“ tendenziell wohl nur in Pommesbuden im Ruhrpott hört, wie der verehrte Frank Goosen kürzlich anmerkte.
So entschied ich mich notgedrungen für ein Tiramisu aus dem italienischen Teil der Karte, das allerdings erst am Samstag verspeist wurde.
Tiramisu
Bedingt durch die Verpackung war es quasi unmöglich den italienischen Schichtklassiker hübsch auf den Teller zu bringen, aber das war auch kein allzu großer Verlust.
Denn genauso mittelmäßig wie die meisten der vorherigen Eindrücke ging es hier weiter, die Sahne luftig und belanglos mit Mascarpone in weiter Ferne, die Kaffeenoten kamen nicht von gutem Espresso sondern waren so dezent, dass sie an verdünnten Filterkaffee erinnerten.
Etwas Alkoholisches noch, etwas Pfiff? Nein, nichts, das war eher reine Zweckerfüllung in Speiseform als wirklicher Genuss. Aber auch wieder gilt: ein Totalausfall war es ganz sicher auch nicht, aber für nahrungstechnische Zweckerfüllung geht man ja nicht gezielt essen.
Und das ist sicherlich auch eine gute Überschrift für ein hoffentlich salomonisches, selten schwieriges
Fazit
„Tristesse Royale Palm“ lautete die Überschrift in Anlehnung an den popkulturellen Bestseller „Tristesse Royale“ von Joachim Bessing und dies sicherlich nicht ganz zu Unrecht aus der Perspektive einiger Erfahrung mit indischer Kulinarik.
Man kocht alles Mögliche, aber nichts was am Freitag kam, konnte richtig begeistern, daher für das Essen 3 Sterne inklusive eines halben Corona-Milde-Sternes.
Wer jetzt stutzt und sagt „jetzt hat er so viel kritisiert und gibt trotzdem drei Sterne?“ möge bitte bedenken, dass es sich um Detailkritik eines Food-Nerds handelt und diese rechtfertigt nicht, dass man dieses Essen mit nur einem oder eineinhalb Sternen herabwürdigt und als misslungenen Fraß hinstellt.
Denn den meisten Gästen dürften diese Dinge einfach nicht auffallen und man hätte die Currys als authentisch und gelungen empfunden, die Nerd Perspektive konnte ich allerdings dann doch nicht ablegen und verweise damit auf den zweiten Teil der Überschrift.
Wer sich jetzt welche Perspektive heraussucht, bleibt jedem selbst überlassen, ich habe bewusst einen Balanceakt zwischen einer für die meisten nachvollziehbaren Bewertung und viel Infos im Text gewählt, wobei letztere für mich immer entscheidender sind als Pixelsterne, wenn ich andere Bewertungen lese.
Der Service war ein Highlight und ist mir volle fünf Sterne wert, liebenswürdig, pünktlich, der nette Rückruf wegen dem ausverkauften Karottenkuchen, alles prima.
Beim Preis-Leistungsverhältnis bin ich bei 3,5 Sternen, im Großen und Ganzen passt es.
Somit rettet der gute Service knappe 3,5 Sterne in der Gesamtwertung.
Ich werde hier wahrscheinlich im Lockdown nicht mehr bestellen, aber wenn der Tandoor einst wieder im Restaurant das köstliche Lied seiner Gluthitze singen darf, stimme ich gerne vor Ort mit ein….
Namasté die Herrschaften!
Je länger der Dauerlockdown anhält und ich diese kleine Lieferservice-Reihe schreibe, desto mehr fällt auf, dass man es im ob seiner vermeintlichen kulinarischen Provinzialität vielgescholtenen Solingen eigentlich recht gut aushalten kann, wenn man denn weiß, was man wo erwarten kann.
Das sage ich nicht aus Lokalpatriotismus heraus, aber wenn ich hier bei meinen ländlich wohnenden Mitstreitern ab und an lese, dass es sogar bisweilen nicht möglich ist, sich eine Pizza liefern zu lassen geschweige denn grundsätzlich ein Essen,... mehr lesen
Restaurant Royal Palm
Restaurant Royal Palm
€-€€€
Restaurant
021288136233
Bergstraße 34, 42651 Solingen
3.5
stars -
"Lockdown Chronicles: Tristesse Royale Palm - über Segen und Fluch des persönlichen Vergleichshorizontes und das ewige „Jack of all trades“-Paradoxon…"
Shaneymac
Namasté die Herrschaften!
Je länger der Dauerlockdown anhält und ich diese kleine Lieferservice-Reihe schreibe, desto mehr fällt auf, dass man es im ob seiner vermeintlichen kulinarischen Provinzialität vielgescholtenen Solingen eigentlich recht gut aushalten kann, wenn man denn weiß, was man wo erwarten kann.
Das sage ich nicht aus Lokalpatriotismus heraus, aber wenn ich hier bei meinen ländlich wohnenden Mitstreitern ab und an lese, dass es sogar bisweilen nicht möglich ist, sich eine Pizza liefern zu lassen geschweige denn grundsätzlich ein Essen,
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Höchste Eisenbahn für solide gutbürgerliche Individualität* auf dem Teller!"
Verifiziert
5
Geschrieben am 25.04.2021 2021-04-25 | Aktualisiert am 01.05.2021
Besucht am 23.04.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 58 EUR
Am vergangenen Freitagabend sollte sich eine der positivsten Überraschungen der letzten Zeit ergeben, denn dieses Restaurant hat es bislang souverän verstanden, trotz regelmäßiger Updates auf seiner Facebookseite einige der stärksten Argumente für sich erfolgreich unter den Teppich zu kehren, auch eine Kunst für sich.
Aber dazu gleich mehr, zunächst einmal weckte der Name des Lokals bei mir wunderbare Erinnerungen an einen der stimmungsvollsten Genießerabende des vergangenen Jahrzehnts.
Im Frühsommer 2014 sollte dieser stattfinden und die Kritik findet man auch hier noch in der Profilseite des Betriebes, damals stand noch das Ehepaar Wirsel hinter Herd und Tresen und verwöhnten ihre treuen Gäste mit leicht frankophiler, leidenschaftlich auf die Teller gebrachter Kost.
Aus Altersgründen entschied man sich 2016 letztlich dazu, die Lichter auszumachen und ein Pächterwechsel nahm seinen Lauf.
Da der Bahnhof, bedingt durch seine Lage unweit der Müngstener Brücke, an Feiertagen und Wochenende auch ein von Spaziergängern und Ausflüglern gut frequentierter Ort ist, rechnetete ich es den Wirsels stets hoch an, nicht mit der dann naheliegenden „SchniPoSa“-Kulinarik aufzuwarten, was sich nach dem Betreiberwechsel augenscheinlich schlagartig änderte.
Da war sie nun plötzlich, die traute Schnitzelparade und im Vergleich zur bisherigen französisch angehauchten Landküche bieder klingende Hausmannskost, meine Vorurteils-Schublade ging selten so schnell auf um mit frischem Inhalt bestückt zu werden.
Die Jahre vergingen und der Bahnhof geriet bei mir in Vergessenheit, immer wenn ich über das Lokal stolperte, dachte ich leicht wehmütig an den Glanz vergangener Tage zurück, immer gepaart mit einem Hauch Melancholie was das eigene Altern angeht, denn die Wirsels sind die Eltern einer Schulfreundin und das Abitur dann doch schon das ein oder andere Jahr her.
Dies wurde sogar noch bestärkt dadurch, dass in der mehrfach erwähnten Facebook Gruppe zwecks Corona Unterstützung Solinger Geschäfte, fast immer nur Schnitzel-Fotos gepostet wurden wenn es um den Bahnhof ging, auch wenn diese im Vergleich mit anderen Lokalen sehr ordentlich aussahen und die Soßen bspw. stets separat gepackt wurden.
Aber man machte durchaus auch selbst auf sich aufmerksam, ein Post zum auf der Karte befindlichen Hamburger Pannfisch brachte mich vor einigen Wochen fast dazu, den Corona-Lieferservice zu nutzen, entschied mich dann aber doch noch kurzfristig um.
Dies auch aus dem Grund, dass man keinerlei Vorspeisen, Suppen oder Desserts auf der Stammkarte bietet und ich somit immer dachte, ich müsse dann lediglich mit einem heftig-üppigen Hausmannskost-Gericht leben und das war mir dann auch mit Blick auf eine mögliche Bewertung immer etwas zu mager.
Aber es sollte sich zeigen, dass hier einfach nur schlecht kommuniziert wird, ein Post zu einem Spargelgericht weckte mein Interesse, weil in diesem auch von weiteren Angeboten mit des Deutschen liebstes Saisongemüse die Rede war.
*Als ich fragte, ob es eine Spargelkarte gäbe, weil in der Stammkarte nichts Saisonales zu finden sei, schrieb man mir sehr liebenswürdig, man habe keine separate Karte aber ich solle doch anrufen, man gehe auch gerne auf individuelle Wünsche ein.
Das fand ich wiederum so ungewöhnlich, dass ich fest entschlossen war, hier zu bestellen und ich nehme eines vorweg: Frau Pfleger, die sympathische Überzeugungstäterin am Herd nimmt dies sehr ernst. Sofern man keine abstrusen Wünsche äußert und am Freitagmittag gratinierten Durian-Stampf nebst Känguru-Ragout für den Abend vorbestellt, geht sie auf alles ein, was im Kosmos „gepflegter“ – bei dem Nachnamen bietet sich das wohl an – regionaler kulinarischer Gutbürgerlichkeit denkbar ist; etwas, dass sie mir bereits am Telefon geradezu leidenschaftlich erläutern sollte….
| Bestellung & Lieferung |
Bedingt durch einige berufliche Termine am Nachmittag rief ich gegen 19 Uhr untypisch spät an, um wie üblich für 21 Uhr vorzubestellen, was aber überhaupt kein Problem darstellte.
Ich fragte vorsichtig, ob man – wie gesagt steht nichts dergleichen auf der Karte – vielleicht auch Vorspeisen oder Suppen außer der Reihe anbietet, was Frau Pfleger mit großer Selbstverständlichkeit bejahte.
Man habe immer mehre Suppen im Angebot, je nachdem, welche Gemüse gerade Saison haben, selbstverständlich alles hausgemacht ohne Helferlein. Eine Paprikarahmsuppe gibt es sogar in zwei Varianten, neben der ohnehin vegetarischen Variante auch eine vegane, überraschend.
Die Spargelcremesuppe, auf die ich gehofft hatte, sei ja eine Selbstverständlichkeit in der Saison, und Frau Shaneymac fand in den aufgelisteten Optionen auch etwas Schönes.
Bei der von meiner Madame anvisierten Roulade fragte sie mich, in welcher Variante wir diese denn wollten, worauf ich rätselnd erwiderte, dass es doch nur eine solche in der Karte gebe. „Ja aber momentan machen wir diese auch mit Mett oder in einer bergischen Variante mit Pferdewurst statt nur klassisch mit Speck!“
Das gleiche Spiel im Dessert, auch hier Wüste in der Stammkarte, am Telefon hingegen pries die motivierte Chefin Eiscreme mit warmen Früchten und Vanillemousse an und schlug vor, den von mir angepeilten Apfelpfannkuchen – ich dachte ich teile mir diesen mit Madame zum Nachtisch – doch in einer kleineren Dessert-Variante in doppelter Ausführung zu kochen, sehr schön.
Solche Angebote außerhalb der Stammkarte seien ihr sehr wichtig, damit es ihr und den Gästen nicht langweilig wird, wie bereits erwähnt kam sie auch auf das Thema „individuelle Wünsche“ zu sprechen, das ihr eine wahre Herzensangelegenheit zu sein scheint.
Das hat doch so viel Schönes, warum um alles in der Welt erwähnt man dies nicht zumindest ansatzweise in der Karte, ein Satz wie „Wir haben u.a. stets tagesaktuelle Suppen und Desserts im Angebot und gehen gerne auch auf individuelle Wünsche ein, bitte rufen Sie uns an.“ hätte gereicht und ich hätte bereits vor Monaten hier bestellt, was ich ihr auch deutlich sagte, als die Chefin selbst mit einer großen Thermobox um kurz vor neun vor der Türe stand.
Die bestens verpackten Gerichte waren noch so heiß, dass ich mir an einer der Suppen fast die Finger verbrannte, als ich das kleine Aluschälchen aus der Box hob, die weißen Schalen für die Beilagen bestanden aus umweltfreundlichem, kompostierfähigem Material:
Das sah alles sehr appetitlich aus und roch nicht minder ansprechend, mit duftenden Suppen und gut gekühltem Weißwein ging es in Richtung Esstisch….
| Vorspeisen |
Spargelcremesuppe – 4,90€
Kartoffelcremesuppe – 4,90€
2019 Petit Bourgeois, Sauvignon Blanc, Domaine Henri Bourgeois, Sancerre, Loire, Frankreich
Bei der Kartoffelcremesuppe mit üppiger, fein geschnittener Speck- und Kartoffelwürfel-Einlage hatte sich bedingt durch den Transport und die Zeit bis zum Foto oben etwas Fett abgesetzt, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tun sollte.
Kartoffelcremesuppe
Eine kreuzehrliche, fein abgeschmeckte Suppenleistung, oft geraten Cremesuppen etwas fade, was hier absolut nicht der Fall war, ein idealer Salzpegel half etwas Muskat und Lorbeer im Nachgang aufleben zu lassen.
Durch den feinen Schnitt der Einlage ergab sich zudem ein sein ansprechendes Mundgefühl, ich mag es nicht, wenn solche Suppen Gemüsestücke in Spielwürfelgröße beinhalten.
Meine Spargelcremesuppe war nicht minder erfreulich, ich gab noch etwas frischen schwarzen Pfeffer aus der Mühle obenauf und siehe da, auch meine Vorspeise geizte nicht beim Thema Einlage.
Spargelcremesuppe
Gefühlte drei Stangen waren in angenehm kleinen, ideal gegarten Stücken darin enthalten, nur die Köpfe ließ man verständlicher Weise als solche im Ganzen.
Die Suppe als solche ganz klassisch mit viel gutem Fond und Sahne zubereitet und auch hier wieder so gehaltvoll, dass ich vermutete etwas Creme Double sei noch mit im Spiel gewesen, ohne dass die Konsistenz im Ansatz pappig und unangenehm sättigend geriet.
Nein, jeder Löffel machte Lust auf den nächsten, der Spargel stand geschmacklich klar im Vordergrund, auch hier ehrliches Handwerk mit guten Produkten, vielleicht ein Hauch mehr Säure hätte noch gut getan, aber das ist sicher auch Geschmacksache.
Wenn ich am Boden der Suppenschüssel bedauere, diesen so schnell erreicht zu haben, sagt das zumindest mir selbst einiges, wenn ich hier wieder bestelle, wird eine Suppe Pflicht sein, soviel steht fest.
Zur gutbürgerlichen Küche passte der vinophile „Kleinbürger“, der „Petit bourgeois“ aus dem Sancerre von Henri Bourgeois nicht nur im Wortsinne gut.
2019 Petit Bourgeois
Auch wenn ein Sauvignon Blanc sicher mit das Naheliegendste zu Spargelgerichten sein dürfte, zeigte diese klassische Kombination, warum sie eine sichere Bank ist, die frische Mineralität gepaart mit reifen grünen Früchten war eine Freude zur sahnigen Spargelcreme.
| Hauptgerichte |
Rheinischer Pferdesauerbraten – 23,90€
Rinderroulade – 14,90€
2018 Nox, Merlot & Regent, Weingut Dietrich, Großkarlbach, Pfalz, Deutschland
In den rheinisch-bergischen Traditionslokalen wird er noch gepflegt, der originale Sauerbraten aus bestem und zudem gesundem Pferdefleisch. Wer bei Fleisch von Tieren, die allesamt ein gutes Leben abseits von jeglicher Massentierhaltung hatten, pikiert die Nase rümpft nach dem Motto „das isst man doch nicht, pfui, die armen Tiere!“ und stattdessen beim Discounter das Jungbullen-Angebot für ein paar Euro das Kilo kauft, hat so einiges nicht verstanden.
Solingen ist jetzt auch nicht gerade eine absolute Pferdefleisch-Hochburg aber es gibt mit der Metzgerei Heinzmann einen spezialisierten Fachbetrieb und nicht wenige Metzgereien bieten hausgemachtes Pferdegulasch oder Sauerbraten in Dosen und natürlich die berühmte Pferdewurst, die auf Volksfesten gerne auf den Grill kommt, d.h. man kennt es in der Regel schon seit der Kindheit, wenn man hier aufgewachsen ist.
Wenn man die Tradition nicht kennt und hingegen mit Pferden aufwächst, kann ich jegliches Ressentiment natürlich nachvollziehen, was mich jedoch in Reiterkreisen nie daran hindert, mit meinem abgedroschenen „Mit Essen spielt man nicht!“ Eisbrecher-Kalauer zu glänzen, der stets erfrischende Reaktionen hervorruft.
Aus dem Angebot der Beilagen wählte ich Rotkohl und Salzkartoffeln, gerne hätte ich lieber Klöße gehabt aber man kann nicht alles haben, die Bandbreite ist sicher mehr als groß genug.
Rheinischer Pferdesauerbraten
Herrlich dunkel glänzte die sauber passierte Sauce, das Schlimmste was man mir antun kann, sind Schmorgerichte bei denen das Gemüse am Ende schlicht püriert wird und man mit einer Sauce endet, welche die Textur eines Babybreis besitzt.
Das Fleisch war so mürbe, dass man es mit einem Löffel hätte essen können, herrlich, zudem schmeckte man ihm den recht komplexen Sud an, in dem es offenkundig mehr als ausreichend lange eingelegt wurde.
Nur der heimliche Hauptdarsteller, die Sauce, enttäuschte leider etwas, was schade war, da es sich um rein geschmackliche Dinge handelt, die man mit Leichtigkeit beheben könnte.
Eine Sauerbratensauce lebt vom Spiel mit Süße und Säure wie kaum eine zweite, und hier war man eindeutig zu sehr auf der sauren Seite des Seins, was auch zusätzlich geschmackliche Tiefe kosten sollte. Ein wenig Grafschafter Goldsaft, den man im Rezept nach alter Väter Sitte gerne verwendet, hätte wahre Wunder bewirkt und das wäre eine wahre Sensation geworden.
Sie soll dann auch der Grund für den kleinen halben Stern Abzug in der Küche sein, die Suppen waren so tadellos abgeschmeckt, dass ich nicht verstehe, warum dies nicht auffiel, zumal auch dem Rotkohl das Süß-Sauer-Spiel spürbar fehlte.
Aber wie gesagt, das war in vieler Hinsicht ein erfreuliches Gericht, man kann hier viel falsch machen und solange es um etwas geht, das mit etwas Zuckerrübensirup behoben werden kann, gibt es sicher weit mehr zu loben als zu kritisieren!
Der begleitende Rotwein aus der Pfalz hat auch viel Lob verdient. Niedrige Erträge, schonende Pressung und ein dezenter Ausbau in Holzfässern, mit dem extrem trockenen und heißen deutschen Weinjahrgang 2018 ist den Brüdern Arnd und Gerrit Dietrich ein ganz besonderer Rotwein Wurf gelungen.
2018 Dietrich Nox
„In der Farbe dunkel wie die Nacht, im Geschmack fruchtig wie ein Strauß vollreifer, roter Beeren und im Abgang mit sehr viel Kraft und Nachhall.“ urteilt weine-feinkost.de und ja, der Sauerbraten hatte einen fürwahr würdigen Begleiter. Was deutscher Rotwein mittlerweile im Einzelfall zu bieten hat, ist schon bemerkenswert.
Die Roulade der Dame am Tisch wusste grundsätzlich auch zu gefallen und ich habe – ich wurde wieder gezwungen – probiert. Auch hier perfekt mürbes Fleisch mit präsenten Röstnoten, die Füllung ganz klassisch mit mittelscharfem Senf, Gurke, Zwiebel und nicht zu knapp bemessenem, aromatischem Speck. Sehr schön, wie bei – guten – Muttern, wie man so schön sagt, aber auch hier hätte die Sauce aber ein wenig mehr Wucht und Tiefe haben dürfte.
Rinderroulade
Allerdings schmeckte man auch hier, dass hier ehrlich und frisch gekocht wird, keine Helferlein weit und breit und das ist mir unter dem Strich wesentlich wichtiger als geschmackliche Nuancen, die man mit ein paar Handgriffen in das Gewürzregal aus der Welt schaffen kann.
Warum man Penne und Brokkoli zu einer Roulade bestellt muss man meine Madame fragen, aber warum auch nicht, beides erreichte auch dem Warmhalten im Ofen bei 80 Grad noch sehr ansprechend den Tisch, auch wenn der Brokkoli dadurch noch etwas weicher wurde, als er uns ursprünglich erreichte; er war jedoch auch da noch fernab von jeder Schnabeltassentauglichkeit!
Auch wenn wieder einiges übrig blieb um am nächsten Abend das Essen zu bereichern war wie üblich eine kleine Pause nötig, aber schon bald freute ich mich sehr auf das bei der Lieferung so verheißungsvoll duftende
| Dessert |
Kleine Apfelpfannkuchen – 4,50€ (je Portion)
Ich habe ja schon oft erwähnt, dass ich warme, teigige Desserts mit Apfel und Zimt liebe und in Bayern komme ich an den dortigen ausgebackenen Apfelküchlein selten vorbei.
Wie von Frau Pfleger angekündigt, war der Teig ein dicker fluffiger solcher und erinnerte entfernt an die amerikanische Frühstücksvariante:
Kleine Apfelpfannkuchen
Die kleinen, angenehm säuerlichen Apfelstücke waren zum Teil karamellisiert sofern nicht komplett im Teig eingebacken, Zucker und Zimt hatte die Köchin bereits nach dem braten obenauf gegeben, der Puderzucker und die Minze stammen aus der eigenen Küche.
Ich war sehr erstaunt darüber, wie verlustfrei diese kleinen Köstlichkeiten die fast einstündige Wartezeit im Ofen überstanden hatten, der Teig war locker und luftig und hier stimmte wieder alles in der Balance von fruchtiger Säure und nicht übersüßtem Teig.
Selten habe ich ein Dessert schneller verschlungen, zum ganz großen Glück hätte mir nur noch eine Kugel Vanilleeis gefehlt, davon war aber leider gerade nichts in der heimischen Tiefkühlung, trotzdem absolut großartig.
Mit diesem stimmigen Schlusspunkt endete ein in vieler Hinsicht positiv überraschendes kleines Menü, oder um es mit den immer wieder überraschenden witzigen Worten eines hiesigen Mitstreiters zu sagen, der diesen Pfannkuchen via WhatsApp kommentierte: „Ein Ende mit Schlecken!“
Fazit
Ehrliche, gutbürgerliche Küche aus liebenswürdiger, passionierter Hand – heutzutage fast schon eine Seltenheit. Auch wenn es bei den Soßen geschmacklich noch etwas Luft nach oben gibt und ich vor Corona hier sicher etwas strenger gewesen wäre, ist mir das am Freitag geleistete im Lieferservice 4,5 Sterne wert.
Den Service, auch mit Blick auf das Konzept, liebend gerne auf individuelle Wünsche einzugehen möchte ich mit der vollen Sternezahl bewerten, das ist schon bemerkenswert und ich habe dies in dieser Form auch noch nicht erlebt. „Wenn sie z.B. am Freitag eine Gulaschsuppe wünschen, rufen sie mich einfach zwei, drei Tage vorher an und ich mache so etwas möglich.“ hörte ich bei der Bestellung, ich hoffe nur, dass sich so viel Gästeorientierung auch rechnet.
Das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich bei gefühlten 4,3 Sternen, aufgerundet auf sonnige 4,5 – durchaus faire Preise für gute Produkte und üppige Portionen, zumal in einem kostenlosen Lieferservice.
Überraschend gut, hier kann man bedenkenlos zuschlagen möchte ich meinen, ich habe jedenfalls definitiv nicht zum letzten Mal hier bestellt und werde mich bei den nächsten Hausmannskost-Gelüsten gerne daran erinnern, daher solide 4,5 Sterne auch in der Gesamtnote nach dieser Erstbestellung.
Aber dazu gleich mehr, zunächst einmal weckte der Name des Lokals bei mir wunderbare Erinnerungen an einen der stimmungsvollsten Genießerabende des vergangenen Jahrzehnts.
Im Frühsommer 2014 sollte dieser stattfinden und die Kritik findet man auch hier noch in der Profilseite des Betriebes, damals stand noch das Ehepaar Wirsel hinter Herd und Tresen und verwöhnten ihre treuen Gäste mit leicht frankophiler, leidenschaftlich auf die Teller gebrachter Kost.
Aus Altersgründen entschied man sich 2016 letztlich dazu, die Lichter auszumachen und ein Pächterwechsel nahm seinen Lauf.
Da der Bahnhof, bedingt durch seine Lage unweit der Müngstener Brücke, an Feiertagen und Wochenende auch ein von Spaziergängern und Ausflüglern gut frequentierter Ort ist, rechnetete ich es den Wirsels stets hoch an, nicht mit der dann naheliegenden „SchniPoSa“-Kulinarik aufzuwarten, was sich nach dem Betreiberwechsel augenscheinlich schlagartig änderte.
Da war sie nun plötzlich, die traute Schnitzelparade und im Vergleich zur bisherigen französisch angehauchten Landküche bieder klingende Hausmannskost, meine Vorurteils-Schublade ging selten so schnell auf um mit frischem Inhalt bestückt zu werden.
Die Jahre vergingen und der Bahnhof geriet bei mir in Vergessenheit, immer wenn ich über das Lokal stolperte, dachte ich leicht wehmütig an den Glanz vergangener Tage zurück, immer gepaart mit einem Hauch Melancholie was das eigene Altern angeht, denn die Wirsels sind die Eltern einer Schulfreundin und das Abitur dann doch schon das ein oder andere Jahr her.
Dies wurde sogar noch bestärkt dadurch, dass in der mehrfach erwähnten Facebook Gruppe zwecks Corona Unterstützung Solinger Geschäfte, fast immer nur Schnitzel-Fotos gepostet wurden wenn es um den Bahnhof ging, auch wenn diese im Vergleich mit anderen Lokalen sehr ordentlich aussahen und die Soßen bspw. stets separat gepackt wurden.
Aber man machte durchaus auch selbst auf sich aufmerksam, ein Post zum auf der Karte befindlichen Hamburger Pannfisch brachte mich vor einigen Wochen fast dazu, den Corona-Lieferservice zu nutzen, entschied mich dann aber doch noch kurzfristig um.
Dies auch aus dem Grund, dass man keinerlei Vorspeisen, Suppen oder Desserts auf der Stammkarte bietet und ich somit immer dachte, ich müsse dann lediglich mit einem heftig-üppigen Hausmannskost-Gericht leben und das war mir dann auch mit Blick auf eine mögliche Bewertung immer etwas zu mager.
Aber es sollte sich zeigen, dass hier einfach nur schlecht kommuniziert wird, ein Post zu einem Spargelgericht weckte mein Interesse, weil in diesem auch von weiteren Angeboten mit des Deutschen liebstes Saisongemüse die Rede war.
*Als ich fragte, ob es eine Spargelkarte gäbe, weil in der Stammkarte nichts Saisonales zu finden sei, schrieb man mir sehr liebenswürdig, man habe keine separate Karte aber ich solle doch anrufen, man gehe auch gerne auf individuelle Wünsche ein.
Das fand ich wiederum so ungewöhnlich, dass ich fest entschlossen war, hier zu bestellen und ich nehme eines vorweg: Frau Pfleger, die sympathische Überzeugungstäterin am Herd nimmt dies sehr ernst. Sofern man keine abstrusen Wünsche äußert und am Freitagmittag gratinierten Durian-Stampf nebst Känguru-Ragout für den Abend vorbestellt, geht sie auf alles ein, was im Kosmos „gepflegter“ – bei dem Nachnamen bietet sich das wohl an – regionaler kulinarischer Gutbürgerlichkeit denkbar ist; etwas, dass sie mir bereits am Telefon geradezu leidenschaftlich erläutern sollte….
| Bestellung & Lieferung |
Bedingt durch einige berufliche Termine am Nachmittag rief ich gegen 19 Uhr untypisch spät an, um wie üblich für 21 Uhr vorzubestellen, was aber überhaupt kein Problem darstellte.
Ich fragte vorsichtig, ob man – wie gesagt steht nichts dergleichen auf der Karte – vielleicht auch Vorspeisen oder Suppen außer der Reihe anbietet, was Frau Pfleger mit großer Selbstverständlichkeit bejahte.
Man habe immer mehre Suppen im Angebot, je nachdem, welche Gemüse gerade Saison haben, selbstverständlich alles hausgemacht ohne Helferlein. Eine Paprikarahmsuppe gibt es sogar in zwei Varianten, neben der ohnehin vegetarischen Variante auch eine vegane, überraschend.
Die Spargelcremesuppe, auf die ich gehofft hatte, sei ja eine Selbstverständlichkeit in der Saison, und Frau Shaneymac fand in den aufgelisteten Optionen auch etwas Schönes.
Bei der von meiner Madame anvisierten Roulade fragte sie mich, in welcher Variante wir diese denn wollten, worauf ich rätselnd erwiderte, dass es doch nur eine solche in der Karte gebe. „Ja aber momentan machen wir diese auch mit Mett oder in einer bergischen Variante mit Pferdewurst statt nur klassisch mit Speck!“
Das gleiche Spiel im Dessert, auch hier Wüste in der Stammkarte, am Telefon hingegen pries die motivierte Chefin Eiscreme mit warmen Früchten und Vanillemousse an und schlug vor, den von mir angepeilten Apfelpfannkuchen – ich dachte ich teile mir diesen mit Madame zum Nachtisch – doch in einer kleineren Dessert-Variante in doppelter Ausführung zu kochen, sehr schön.
Solche Angebote außerhalb der Stammkarte seien ihr sehr wichtig, damit es ihr und den Gästen nicht langweilig wird, wie bereits erwähnt kam sie auch auf das Thema „individuelle Wünsche“ zu sprechen, das ihr eine wahre Herzensangelegenheit zu sein scheint.
Das hat doch so viel Schönes, warum um alles in der Welt erwähnt man dies nicht zumindest ansatzweise in der Karte, ein Satz wie „Wir haben u.a. stets tagesaktuelle Suppen und Desserts im Angebot und gehen gerne auch auf individuelle Wünsche ein, bitte rufen Sie uns an.“ hätte gereicht und ich hätte bereits vor Monaten hier bestellt, was ich ihr auch deutlich sagte, als die Chefin selbst mit einer großen Thermobox um kurz vor neun vor der Türe stand.
Die bestens verpackten Gerichte waren noch so heiß, dass ich mir an einer der Suppen fast die Finger verbrannte, als ich das kleine Aluschälchen aus der Box hob, die weißen Schalen für die Beilagen bestanden aus umweltfreundlichem, kompostierfähigem Material:
Das sah alles sehr appetitlich aus und roch nicht minder ansprechend, mit duftenden Suppen und gut gekühltem Weißwein ging es in Richtung Esstisch….
| Vorspeisen |
Spargelcremesuppe – 4,90€
Kartoffelcremesuppe – 4,90€
2019 Petit Bourgeois, Sauvignon Blanc, Domaine Henri Bourgeois, Sancerre, Loire, Frankreich
Bei der Kartoffelcremesuppe mit üppiger, fein geschnittener Speck- und Kartoffelwürfel-Einlage hatte sich bedingt durch den Transport und die Zeit bis zum Foto oben etwas Fett abgesetzt, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tun sollte.
Kartoffelcremesuppe
Eine kreuzehrliche, fein abgeschmeckte Suppenleistung, oft geraten Cremesuppen etwas fade, was hier absolut nicht der Fall war, ein idealer Salzpegel half etwas Muskat und Lorbeer im Nachgang aufleben zu lassen.
Durch den feinen Schnitt der Einlage ergab sich zudem ein sein ansprechendes Mundgefühl, ich mag es nicht, wenn solche Suppen Gemüsestücke in Spielwürfelgröße beinhalten.
Meine Spargelcremesuppe war nicht minder erfreulich, ich gab noch etwas frischen schwarzen Pfeffer aus der Mühle obenauf und siehe da, auch meine Vorspeise geizte nicht beim Thema Einlage.
Spargelcremesuppe
Gefühlte drei Stangen waren in angenehm kleinen, ideal gegarten Stücken darin enthalten, nur die Köpfe ließ man verständlicher Weise als solche im Ganzen.
Die Suppe als solche ganz klassisch mit viel gutem Fond und Sahne zubereitet und auch hier wieder so gehaltvoll, dass ich vermutete etwas Creme Double sei noch mit im Spiel gewesen, ohne dass die Konsistenz im Ansatz pappig und unangenehm sättigend geriet.
Nein, jeder Löffel machte Lust auf den nächsten, der Spargel stand geschmacklich klar im Vordergrund, auch hier ehrliches Handwerk mit guten Produkten, vielleicht ein Hauch mehr Säure hätte noch gut getan, aber das ist sicher auch Geschmacksache.
Wenn ich am Boden der Suppenschüssel bedauere, diesen so schnell erreicht zu haben, sagt das zumindest mir selbst einiges, wenn ich hier wieder bestelle, wird eine Suppe Pflicht sein, soviel steht fest.
Zur gutbürgerlichen Küche passte der vinophile „Kleinbürger“, der „Petit bourgeois“ aus dem Sancerre von Henri Bourgeois nicht nur im Wortsinne gut.
2019 Petit Bourgeois
Auch wenn ein Sauvignon Blanc sicher mit das Naheliegendste zu Spargelgerichten sein dürfte, zeigte diese klassische Kombination, warum sie eine sichere Bank ist, die frische Mineralität gepaart mit reifen grünen Früchten war eine Freude zur sahnigen Spargelcreme.
| Hauptgerichte |
Rheinischer Pferdesauerbraten – 23,90€
Rinderroulade – 14,90€
2018 Nox, Merlot & Regent, Weingut Dietrich, Großkarlbach, Pfalz, Deutschland
In den rheinisch-bergischen Traditionslokalen wird er noch gepflegt, der originale Sauerbraten aus bestem und zudem gesundem Pferdefleisch. Wer bei Fleisch von Tieren, die allesamt ein gutes Leben abseits von jeglicher Massentierhaltung hatten, pikiert die Nase rümpft nach dem Motto „das isst man doch nicht, pfui, die armen Tiere!“ und stattdessen beim Discounter das Jungbullen-Angebot für ein paar Euro das Kilo kauft, hat so einiges nicht verstanden.
Solingen ist jetzt auch nicht gerade eine absolute Pferdefleisch-Hochburg aber es gibt mit der Metzgerei Heinzmann einen spezialisierten Fachbetrieb und nicht wenige Metzgereien bieten hausgemachtes Pferdegulasch oder Sauerbraten in Dosen und natürlich die berühmte Pferdewurst, die auf Volksfesten gerne auf den Grill kommt, d.h. man kennt es in der Regel schon seit der Kindheit, wenn man hier aufgewachsen ist.
Wenn man die Tradition nicht kennt und hingegen mit Pferden aufwächst, kann ich jegliches Ressentiment natürlich nachvollziehen, was mich jedoch in Reiterkreisen nie daran hindert, mit meinem abgedroschenen „Mit Essen spielt man nicht!“ Eisbrecher-Kalauer zu glänzen, der stets erfrischende Reaktionen hervorruft.
Aus dem Angebot der Beilagen wählte ich Rotkohl und Salzkartoffeln, gerne hätte ich lieber Klöße gehabt aber man kann nicht alles haben, die Bandbreite ist sicher mehr als groß genug.
Rheinischer Pferdesauerbraten
Herrlich dunkel glänzte die sauber passierte Sauce, das Schlimmste was man mir antun kann, sind Schmorgerichte bei denen das Gemüse am Ende schlicht püriert wird und man mit einer Sauce endet, welche die Textur eines Babybreis besitzt.
Das Fleisch war so mürbe, dass man es mit einem Löffel hätte essen können, herrlich, zudem schmeckte man ihm den recht komplexen Sud an, in dem es offenkundig mehr als ausreichend lange eingelegt wurde.
Nur der heimliche Hauptdarsteller, die Sauce, enttäuschte leider etwas, was schade war, da es sich um rein geschmackliche Dinge handelt, die man mit Leichtigkeit beheben könnte.
Eine Sauerbratensauce lebt vom Spiel mit Süße und Säure wie kaum eine zweite, und hier war man eindeutig zu sehr auf der sauren Seite des Seins, was auch zusätzlich geschmackliche Tiefe kosten sollte. Ein wenig Grafschafter Goldsaft, den man im Rezept nach alter Väter Sitte gerne verwendet, hätte wahre Wunder bewirkt und das wäre eine wahre Sensation geworden.
Sie soll dann auch der Grund für den kleinen halben Stern Abzug in der Küche sein, die Suppen waren so tadellos abgeschmeckt, dass ich nicht verstehe, warum dies nicht auffiel, zumal auch dem Rotkohl das Süß-Sauer-Spiel spürbar fehlte.
Aber wie gesagt, das war in vieler Hinsicht ein erfreuliches Gericht, man kann hier viel falsch machen und solange es um etwas geht, das mit etwas Zuckerrübensirup behoben werden kann, gibt es sicher weit mehr zu loben als zu kritisieren!
Der begleitende Rotwein aus der Pfalz hat auch viel Lob verdient. Niedrige Erträge, schonende Pressung und ein dezenter Ausbau in Holzfässern, mit dem extrem trockenen und heißen deutschen Weinjahrgang 2018 ist den Brüdern Arnd und Gerrit Dietrich ein ganz besonderer Rotwein Wurf gelungen.
2018 Dietrich Nox
„In der Farbe dunkel wie die Nacht, im Geschmack fruchtig wie ein Strauß vollreifer, roter Beeren und im Abgang mit sehr viel Kraft und Nachhall.“ urteilt weine-feinkost.de und ja, der Sauerbraten hatte einen fürwahr würdigen Begleiter. Was deutscher Rotwein mittlerweile im Einzelfall zu bieten hat, ist schon bemerkenswert.
Die Roulade der Dame am Tisch wusste grundsätzlich auch zu gefallen und ich habe – ich wurde wieder gezwungen – probiert. Auch hier perfekt mürbes Fleisch mit präsenten Röstnoten, die Füllung ganz klassisch mit mittelscharfem Senf, Gurke, Zwiebel und nicht zu knapp bemessenem, aromatischem Speck. Sehr schön, wie bei – guten – Muttern, wie man so schön sagt, aber auch hier hätte die Sauce aber ein wenig mehr Wucht und Tiefe haben dürfte.
Rinderroulade
Allerdings schmeckte man auch hier, dass hier ehrlich und frisch gekocht wird, keine Helferlein weit und breit und das ist mir unter dem Strich wesentlich wichtiger als geschmackliche Nuancen, die man mit ein paar Handgriffen in das Gewürzregal aus der Welt schaffen kann.
Warum man Penne und Brokkoli zu einer Roulade bestellt muss man meine Madame fragen, aber warum auch nicht, beides erreichte auch dem Warmhalten im Ofen bei 80 Grad noch sehr ansprechend den Tisch, auch wenn der Brokkoli dadurch noch etwas weicher wurde, als er uns ursprünglich erreichte; er war jedoch auch da noch fernab von jeder Schnabeltassentauglichkeit!
Auch wenn wieder einiges übrig blieb um am nächsten Abend das Essen zu bereichern war wie üblich eine kleine Pause nötig, aber schon bald freute ich mich sehr auf das bei der Lieferung so verheißungsvoll duftende
| Dessert |
Kleine Apfelpfannkuchen – 4,50€ (je Portion)
Ich habe ja schon oft erwähnt, dass ich warme, teigige Desserts mit Apfel und Zimt liebe und in Bayern komme ich an den dortigen ausgebackenen Apfelküchlein selten vorbei.
Wie von Frau Pfleger angekündigt, war der Teig ein dicker fluffiger solcher und erinnerte entfernt an die amerikanische Frühstücksvariante:
Kleine Apfelpfannkuchen
Die kleinen, angenehm säuerlichen Apfelstücke waren zum Teil karamellisiert sofern nicht komplett im Teig eingebacken, Zucker und Zimt hatte die Köchin bereits nach dem braten obenauf gegeben, der Puderzucker und die Minze stammen aus der eigenen Küche.
Ich war sehr erstaunt darüber, wie verlustfrei diese kleinen Köstlichkeiten die fast einstündige Wartezeit im Ofen überstanden hatten, der Teig war locker und luftig und hier stimmte wieder alles in der Balance von fruchtiger Säure und nicht übersüßtem Teig.
Selten habe ich ein Dessert schneller verschlungen, zum ganz großen Glück hätte mir nur noch eine Kugel Vanilleeis gefehlt, davon war aber leider gerade nichts in der heimischen Tiefkühlung, trotzdem absolut großartig.
Mit diesem stimmigen Schlusspunkt endete ein in vieler Hinsicht positiv überraschendes kleines Menü, oder um es mit den immer wieder überraschenden witzigen Worten eines hiesigen Mitstreiters zu sagen, der diesen Pfannkuchen via WhatsApp kommentierte: „Ein Ende mit Schlecken!“
Fazit
Ehrliche, gutbürgerliche Küche aus liebenswürdiger, passionierter Hand – heutzutage fast schon eine Seltenheit. Auch wenn es bei den Soßen geschmacklich noch etwas Luft nach oben gibt und ich vor Corona hier sicher etwas strenger gewesen wäre, ist mir das am Freitag geleistete im Lieferservice 4,5 Sterne wert.
Den Service, auch mit Blick auf das Konzept, liebend gerne auf individuelle Wünsche einzugehen möchte ich mit der vollen Sternezahl bewerten, das ist schon bemerkenswert und ich habe dies in dieser Form auch noch nicht erlebt. „Wenn sie z.B. am Freitag eine Gulaschsuppe wünschen, rufen sie mich einfach zwei, drei Tage vorher an und ich mache so etwas möglich.“ hörte ich bei der Bestellung, ich hoffe nur, dass sich so viel Gästeorientierung auch rechnet.
Das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich bei gefühlten 4,3 Sternen, aufgerundet auf sonnige 4,5 – durchaus faire Preise für gute Produkte und üppige Portionen, zumal in einem kostenlosen Lieferservice.
Überraschend gut, hier kann man bedenkenlos zuschlagen möchte ich meinen, ich habe jedenfalls definitiv nicht zum letzten Mal hier bestellt und werde mich bei den nächsten Hausmannskost-Gelüsten gerne daran erinnern, daher solide 4,5 Sterne auch in der Gesamtnote nach dieser Erstbestellung.
Am vergangenen Freitagabend sollte sich eine der positivsten Überraschungen der letzten Zeit ergeben, denn dieses Restaurant hat es bislang souverän verstanden, trotz regelmäßiger Updates auf seiner Facebookseite einige der stärksten Argumente für sich erfolgreich unter den Teppich zu kehren, auch eine Kunst für sich.
Aber dazu gleich mehr, zunächst einmal weckte der Name des Lokals bei mir wunderbare Erinnerungen an einen der stimmungsvollsten Genießerabende des vergangenen Jahrzehnts.
Im Frühsommer 2014 sollte dieser stattfinden und die Kritik findet man auch hier... mehr lesen
Schaberger Bahnhof
Schaberger Bahnhof
€-€€€
Restaurant, Ausflugsziel
021222668135
Schaberg 6, 42659 Solingen
4.5
stars -
"Lockdown Chronicles: Höchste Eisenbahn für solide gutbürgerliche Individualität* auf dem Teller!"
Shaneymac
Am vergangenen Freitagabend sollte sich eine der positivsten Überraschungen der letzten Zeit ergeben, denn dieses Restaurant hat es bislang souverän verstanden, trotz regelmäßiger Updates auf seiner Facebookseite einige der stärksten Argumente für sich erfolgreich unter den Teppich zu kehren, auch eine Kunst für sich.
Aber dazu gleich mehr, zunächst einmal weckte der Name des Lokals bei mir wunderbare Erinnerungen an einen der stimmungsvollsten Genießerabende des vergangenen Jahrzehnts.
Im Frühsommer 2014 sollte dieser stattfinden und die Kritik findet man auch hier
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Jammas! Auf 20 Jahre gute hellenische Nahversorgung – und meinen 100. offziellen GastroGuide Beitrag."
Verifiziert
5
Geschrieben am 18.04.2021 2021-04-18 | Aktualisiert am 14.08.2021
Besucht am 16.04.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 60 EUR
Ich entschuldige mich bei allen mit chronisch wenig Leselust aber heute muss ich vorab etwas weiter ausholen, die Ungeduldigen mögen doch bitte einfach bis zu den Gerichten scrollen:
| Vorwort |
Kinder wie die Zeit vergeht, seit 20 Jahren wohne ich nun schon in Solingen Höhscheid und es fühlt sich insbesondere in der Ära des Dauerlockdowns an, als seien es derer bedeutend weniger.
Schon merkwürdig, wie u.a. die verkümmerten Möglichkeiten in sozialer, kultureller und auch gastronomischer Hinsicht das Zeitgefühl beeinflussen, das letzte Jahr schien rückblickend trotz der chaotischen Umstände wie ein Wimpernschlag vergangen zu sein und so mancher erzählte mir in den letzten Monaten von ähnlichen Empfindungen.
Gerade in dieser Zeit finde ich es immer wieder wohltuend, sich an Konstanten und Rituale aus den guten alten Tagen zu erinnern und diese zu pflegen, sei es in kulinarischer Hinsicht, der schöne Spaziergang auf wohlvertrauten Wegen oder die kleine Ausfahrt ins Oberbergische mit meinem liebevoll gepflegten Freizeit-Vehikel.
Und wenn wir von Konstanten und Ritualen sprechen und dabei auch nur einen Hauch an Restaurants und Take-Away Geschäft denkt, ist die Taverne Mykonos in meinem Fall ganz weit oben in der Liste jener.
Dies hat einen recht profanen Grund, wie schon mehrfach erwähnt wohne ich in unmittelbarer Nähe und das Lokal ist somit mein persönliches Pendant zum Akropolis der Lindenstraße wenn man so will.
Das bedeutet, dass am Freitagabend (der auch schon vor Corona traditionell unser fauler Abend war, an dem der heimische Herd fast immer kalt blieb) in sicher 60% der Fälle bei der Taverne Mykonos abgeholt wurde, ein Fußmarsch von unter einer Minute garantiert nun mal minimalste Abstriche in Sachen „Lieferschäden“, zumal wenn die Speisen so gut verpackt werden, wie in diesem Fall.
Dieses Argument gegen labbrige, lauwarme Pizza im Karton gewann sehr oft gegen alternative Optionen, somit dürften wir mit einer Zahl von sicher mindestens 150 bis 200 Bestellungen in den letzten Jahren zu einigen der treuesten wöchentlichen Bestellern zählen, wobei das Lokal als eines der beliebtesten Solinger Restaurants ohnehin auf eine riesige Stammkundenschar und unbeirrbare Hardcore-Fans zählen kann, die es sich seit 1991 erkocht hat.
Das ist auch mit der Grund, warum ich es hier noch nicht bewertet habe, die wenigen Gelegenheiten, an denen ich an Strohwitwerabenden etwas vor Ort gegessen habe waren mir zu banal, vor dem Lockdown waren Bewertungen von Liefer- oder Take-Away-Services ja mehr oder weniger undenkbar in unserer kleinen hiesigen Foodie-Gemeinde und ich dachte während diesem stets „Ach, die brauchen keine Publicity, der Laden brummt ja auch so fast immer!“.
Außerdem muss ich gestehen, dass ausgerechnet das Mykonos unfreiwilliger Auslöser für meine „Lockdown Chronicles“ war. Nach einem ziemlichen Reinfall Anfang November bestellte ich in der nächsten Woche erstmalig beim „Fasil“, war sehr zufrieden, schrieb eine Kritik, verlinkte sie in einem Facebook Post in der seinerzeit von mir zeitgleich entdeckten Gruppe für den Support lokaler Geschäfte und der Rest ist quasi Geschichte, der Zuspruch der meist neuen Solinger Leser ist bis heute durchweg herzerwärmend positiv.
Und auch am vergangenen Freitag hatte ich eigentlich vor, wieder Neuland zu betreten mit meiner Kritik, ein zwar schon besuchtes aber noch nicht bewertetes griechisches Lokal in SG-Mitte erfreut sich im Lieferdienst großer Beliebtheit, das klang doch wie ein Plan.
Am Nachmittag machte ich mich auf zur nahgelegenen Sparkassen-Filiale, hob etwas Bargeld ab und machte einen kleinen Umweg, um mir die Beine zu vertreten - Home-Office Alltag und Fitness, ein tragisches Thema aber ich bin u.a. erstaunt über meine morgendliche Disziplin in dieser Hinsicht; aber es bringt auch spürbar etwas.
Auf dem Rückweg sollte mir dann schließlich Jannis Topalidis in die Arme laufen, der stets energetische, umtriebige und mit seinen 60 Jahren immer noch jugendlich-frisch wirkende Gastronom ist das Gesicht der Taverne Mykonos und in der Stadt bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund.
Er wohnt mit seiner sympathischen Frau in der Nähe der Taverne, wir sind also mehr oder weniger Nachbarn, man grüßt sich immer freundlich, bekannt sind wir aber privat in keiner Weise.
Diesmal plauderten wir aber ein wenig, ich fragte, ob es auch möglich sei, Gerichte zum Abholen auch auf normalen Tellern zu bekommen seien, was ihn sichtlich freute, denn dass ich seit einem halben Jahr nichts mehr bestellt hatte fiel ihm natürlich auf und ich hatte ihn in der Vergangenheit schon einmal angesprochen, als ich mal deutlichen Grund zur Klage hatte was er damals sehr schätzte.
Auch die aktuelle, für manche immer schlimmer werdende Situation in der Gastro war uns ein Thema, sichtlich angefasst erzählte er von einem ihm bekannten Kölner Betrieb mit drei Filialen und fast 70 Angestellten, der in dieser Woche das Handtuch warf, die Leute stehen nun alle auf der Straße.
Ein Problem, dass viele innerstädtische Lokale haben, teure Mieten, kein etabliertes Abhol- oder Liefergeschäft und gierige, kurzsichtige Vermieter, die nicht mit sich reden lassen.
Bravo, hier wird dann wohl zukünftig nach Corona die nächste seelenlose Systemgastronomie einziehen, wenn überhaupt. Ich machte mir große Sorgen nicht nur um die Innenstädte wenn der Staat weiter so systematisch den Einzelhandel und unsere Restaurants vernichtet - aber wahrscheinlich wird irgendwann offenbar, dass weite Teile der Regierungsfraktionen Großaktionäre von Amazon und Lieferando sind, mit unfassbar skandalösen Maskengeschäften fliegen ja schließlich nur tölpelhafte Anfänger zeitnah auf – man entschuldige meinen Sarkasmus aber mehr bleibt mir mit Blick nach Berlin einfach nicht mehr.
Auch Herr Topalidis hat fast 10.000 Euro in seine Gasträume gesteckt um alle Corona-Auflagen zu erfüllen, alles umsonst wie es scheint und auch wenn er einräumte, dass er froh ist, sich mit seinem langjährig etablierten Take-Away-Geschäft im kleinen Rahmen einigermaßen über Wasser halten zu können, waren auch ihm die Sorgen ins Gesicht geschrieben.
Dies vielleicht auch, weil er sich als engagierter, durchaus patriotischer Gastronom – während der Finanzkrise beschäftigte er u.a. einige perspektivlose junge Griechen aus dem Heimatland im Lokal um sie zu unterstützen – einen Namen gemacht hat und für viele seiner Landsleute Ansprechpartner und Sprachrohr zu sein scheint und er daher täglich mindestens zwei Anrufe von verzweifelten Kollegen erhält, die ihre existenziellen Sorgen mit ihm teilen möchten, wie er erzählte.
Da war mir klar, dass jedes Restaurant Unterstützung verdient hat, auch das vermeintlich so gut laufende Mykonos, kurz entschlossen warf ich meine Pläne über den Haufen und rief um kurz nach 17 Uhr dort an, der Chef persönlich war am Telefon….
| Bestellung & Abholung |
Ein Telefon hätte ich eigentlich fast nicht gebraucht, eine leistungsschwache Flüstertüte hätte ausgereicht und eine Bestellung aus einem Fenster meines Arbeitszimmers wäre dank der Nähe zum Restaurant problemlos möglich gewesen, was aber zugegeben sicherlich für Irritationen in der Nachbarschaft gesorgt hätte. :-)
So aber nahm ein sichtlich erfreuter Jannis Topalidis meine Bestellung auf, meine Bitte die Vorspeisen auf einem Teller anzurichten wolle er allzu gerne erfüllen: „Wir machen den Tsatsiki dann auch auf einen Teller!“ hörte ich motiviert, vielleicht freute man sich einfach mal wieder etwas auf Porzellan oder Steingut anrichten zu können.
Pünktlich um 20:30 Uhr waren wir vor Ort an der vertrauten nahen Straßenecke, friedliche Abendstimmung auf der Regerstraße und an der Taverne:
Höhscheid am Freitagabend im April 21
Kurz vor uns holte noch ein Kunde ab, nach ihm traten wir ein und es war ein schönes Gefühl, nach so langer Zeit mal wieder in dem altvertrauten Gastraum zu stehen und die Atmosphäre und die typischen Gerüche aus der Küche wahrzunehmen, nur der obligatorische musikalische Gyros-Soundtrack mit griechischer Folklore fehlte natürlich, leichte Wehmut setzte ein: wann werden hier wieder Gäste essen dürfen?
Die Speisen warteten bereits auf uns, ein, zwei extreme „à la minute“ Positionen wanderten kurz nach unserem Eintreten über den Pass, wortreich und maximal liebenswürdig wurden die Sachen übergeben, wir hatten extra ein Tablett für die Vorspeisen und den Tsatsiki mitgebracht.
Somit heute ein Extralob für den darauf folgenden Lieferdienst, selten so einen charmanten, wohlgekleideten, gut aussehenden, eloquenten und empathischen jungen Mann in einem solchen erlebt, gut gerochen hat er auch, aber das mag an der Essens-Tüte in seiner rechten Hand gelegen haben:
Super Typ!! Lungert hier öfter in der Gegend rum... :-))
In der Küche angekommen dann das übliche Ritual von Speisen-im-Ofen-Warmhalten, Vorspeisen-anrichten und ein paar schnellen „Lieferfotos“ bevor es an den Esstisch ging, schließlich finde ich es wichtig, wie die Gerichte die eigenen vier Wände erreichen:
| Vorspeisen |
Mese für eine (!) Person – 12,00€
Garides – 9,90€
2019 Deidesheimer Mäushöhle, Riesling, VDP Erste Lage, Weingut von Winning, Deidesheim, Pfalz
Die Mese Variation ist eine solch alte Bekannte, dass ich sie eigentlich heute nicht bestellt hätte, aber meine Mitbewohnerin freute sich darauf und schließlich ist dies hier die erste Bewertung auf diesem Portal und eine Vorstellung der bei vielen Gästen immer beliebten Vorspeise ergibt daher sicher Sinn.
Mese
Leider hat man doch einen verhältnismäßig kleinen Teller gewählt, ich hatte mit einer Platte wie im Restaurant gerechnet, auf der man auf den ersten Blick alle Komponenten sieht, man dachte aber sicher an den Transport und meinte es gut, auch wenn daher alles sehr gedrungen und kompakt wirkt.
Wir sehen – bzw. auch nicht - Taramosalata, Skordalia, kleine Shrimps in Senfsauce, einen Bohnensalat, griechischen Bauernsalat, gegrillte Paprika, gefüllte Weinblätter sowie die obligatorischen, in Teig ausgebackenen Auberginen und Zucchini Scheiben, dazu Brot und Tsatsiki.
Ich erinnere mich an die späten 90er und die ersten Jahr in Höhscheid, damals war die Mese Platte in Solingen mein absolutes Benchmark in dieser Hinsicht.
Mit den Jahren verflog dieser Zauber aber ein wenig, schwer übel genommen habe ich die ersatzlose Streichung der gegrillten Baby-Kalamaris, von denen zwei immer obenauf lagen.
Auch das Skordalia habe ich aus dieser Zeit immer geschmacklich intensiver und feiner in Erinnerung, was man zu Dingen wie dem Bohnensalat auch sagen kann.
Aber so ist das, wenn man ein Lokal 20 Jahre lange regelmäßig besucht, da fallen gewisse Entwicklungen eben auf, die seltenen oder Einmal-Gästen nie ins Auge oder auf den Gaumen fallen würden.
Daher aus meiner subjektiven Perspektive nicht mehr ganz so schön wie einst, aber immer noch eine sehr solide Vorstellung, da mir gewisse Dinge einen Hauch fade erschienen half ich vereinzelt mit Salz und Zitronensaft nach, was wahre Wunder vollbringen sollte.
Der Tsatsiki ist nicht umsonst sehr beliebt, ein altes Familienrezept, das nach wie vor herrlich schmeckt, auch wenn das begleitende Brot im Mykonos immer ein kleiner Wermutstropfen bleiben wird.
Tsatsiki
Wo Mitbewerber mit aromatischem, gerösteten Fladenbrot glänzen bietet man hier immer noch das belanglose „genretypische“ Gummiweißbrot, das in solchen Lokalen landauf landab gerne serviert wird, das ist schade, solche Details werten eben auf oder ab.
Ich würde es begrüßen, wenn man da ein wenig dran arbeitet und auch mal schaut, was die örtliche Konkurrenz mittlerweile bietet und meine diese Anmerkungen – falls meine Nachbarn dies lesen sollten – nicht als negative Motzereien sondern als konstruktive Verbesserungsvorschläge von jemand, der seine Nachbarn genauso schätzt wie griechische Vorspeisen und ein gutes Brot.
Die Menge wäre für drei Personen ausreichend gewesen, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist wie auch bei den Hauptgerichten wirklich mehr als anständig.
Aber so ganz ohne rein maritime Vorspeise geht es bei mir beim Griechen nie, da mussten noch Garides aus der Pfanne her, Garnelen aus der Pfanne in einer herzhaften Tomaten-Knoblauch-Sauce.
Garides
Man hatte sie aus der Schale befreit aber mit dem Kopf gebraten, mag ich, gibt Aroma und sieht nett aus, zumal es eine gute Ware war. Ich mochte das sehr, auch wenn so etwas natürlich nicht die geschmackliche Tiefe besitzt, wie bspw. die von mir so gefeierte Bouillabaisse aus dem Pfaffenberg, aber wer eine solche als Benchmark für eine griechische Mese sieht sollte sich andere Hobbies als dieses hier suchen.
Ich meine mich zwar zu erinnern, dass früher noch etwas Feta mit in der Sauce war und das Ganze ein wenig in Richtung „Garides Saganaki“ ging, aber es sollte auch so sehr gut schmecken.
Glücklich tunkte ich Brot in Sauce, dazu der gut gekühlte, gepflegte von Winning Lagenriesling aus dem Barrique, ach, ein schöner Moment, schon da war ich wieder versöhnt mit "meinem" Eckgriechen.
2019 Deidesheimer Mäushöhle
| Hauptgerichte |
Lammhaxe mit Kritharaki – 14,00€
Gyros mit Souzukakia – 13,00€
2015 Marqués de Cáceres Reserva, Rioja DOCa, Bodega Marqués de Cáceres, Cenicero, Spanien
Die im Ofen geschmorte Lammhaxe ist eines meiner liebsten Gerichte auf der Karte, besonders im Winter, mehr freudespendendes hellenisches Soulfood geht kaum, ein schönes „Giouvetsi“ wie der Grieche wohl sagen würde.
Im Ofen geschmorte Lammhaxe
Da ich Kritharaki, die fälschlicherweise gerne auch als Reisnudeln bezeichnet werden, nicht nur wegen ihres Mundgefühles liebe, bestelle ich sie immer als Beilage, man bekommt die Haxe aber auch mit Blattspinat oder Bohnen wenn man möchte.
Es gibt nicht nur den köstlichen unter dem Fleisch befindlichen Schmorsud sondern man gießt auch immer eine leichte Tomaten-Knoblauchsauce über die Pasta. Ich bat darum, diese separat zu packen, damit diese nicht total matschig wird im Ofen. Daraufhin bedachte man mich mit einer gefühlten Gallone dieser leckeren Tunke, von der ich auch noch wesentlich mehr aß, als ich hier für das Foto verwendete.
Tomaten-Knoblauch-Sauce für die Kritharaki
Man beachte das Lieferfoto der Haxe weiter oben bitte, wie so etwas anatomisch möglich ist, ist mir ein Rätsel, es schien noch ein großer Teil der hinteren Haxe am Knochen zu sein, man meinte es gut mit mir in der Menge. Für das Foto legte ich den Knochen in der Küche frei und gefühlt 40% Prozent Fleisch, Sauce und Beilage blieb im Lieferbehälter um am nächsten Abend noch hervorragend zu schmecken, die Menge hätte abermals für zwei Personen gereicht.
Die Haxe war wie üblich so zart, dass man sie hätte „pullen“ können, der Sud eine geschmacklich runde, griechisch-mediterran gewürzte Sache, der dem Fleisch genug Raum ließ.
Etwas davon auf einem Löffel, dazu einen Happen der sich mit dem Sud vollgesogenen Kritharaki, absoluter Hochgenuss und zur Nachahmung empfohlen, da brauche ich sicher nichts Kurzgebratenes von Lamm.
Aber Wein brauche ich immer: der prestigeträchtige, mächtig-wuchtige Bilderbuch Rioja von Marqués de Cáceres war die perfekte Wahl zu einem geschmorten Lamm, dem Weißwein hatte ich zunächst mit meiner treuen Vakuumpumpe die Luft geklaut und im Kühlschrank verstaut, die Dame im Haushalt trinkt ja bekanntlich keinen Alkohol und eine Flasche Wein zur Vorspeise schaffe ich dann noch nicht ganz.
2015 Marqués de Cáceres Reserva
Jene Dame kämpfte derweil ebenfalls zufrieden mit ihrer auch in diesem Falle brutalen Portion Gyros mit griechischen Frikadellen.
Gyros mit Souzukakia (ca. 30% der Portion)
Man schaue sich bitte auch nochmal kurz das Lieferfoto weiter oben an, dieser amtliche Behälter war bis zum Rand gefüllt mit Essen, auf dem Tellerbild sind nur ca. 30% des Inhaltes abgebildet.
Die hausgemachten Kartoffelchips kamen anscheinend direkt aus der Fritteuse, so heiß waren sie noch und wir haben das Warmhalten auch solch schwieriger Dinge derart perfektioniert, dass sie immer noch gesteigert knusprig waren.
Ich durfte am nächsten Abend auch hier großzügige Reste vertilgen und kenne diese Dinge ja nun seit zwei Jahrzehnten. Beständig gutes Gyros, das heute auch wunderbar knusprig und fein geschnitten wurde, dazu die gegrillten Frikadellen vom Holzkohlengrill, ohnehin einem starken Argument für das Haus, diese rauchigen Noten sind mir wichtig bei griechischem Grillgut.
Alles herrlich mit frischem Zitronensaft obenauf, dazu das schöne Tsatsiki, großartig! Und auch, wenn ich immer über den langweiligen „Fleischberg mit Pommes“-Griechen oder Balkanladen lästere: das hier hat damit wenig zu tun, ist handwerklich gut gemacht und mit Sorgfalt zubereitet worden und damit ebenfalls im Bereich Hochgenuss anzusiedeln, denn den empfinde ich auch und besonders bei den vermeintlich einfachen Dingen.
Die Beilagensalate bestehend aus Krautsalat und Chopped Lettuce, roten Zwiebeln, einer von Madame sehr geliebten Karottenscheibe (…) sowie einer Peperoni, komplettiert mit einer gelungenen, sämigen Vinaigrette waren wie immer ein verlässlicher Frischespender zu den üppigen Fleischgerichte.
Beilagensalat
Puh, auch wenn wie gesagt viel für den Samstag übrig blieb, jetzt war erst einmal eine kleine Pause nötig, aber dann wurde es Zeit für das
| Dessert |
Jaurti - Meli - Karidia (Joghurt - Honig - Nüsse) – 5,00€
Galaktoboureko mit Vanilleeis – 6,00€
Der Joghurt mit Honig dürfte wohl der absolute Klassiker in Sachen Dessert sein, und auch hier verfehlte die bewährte Kombination ihre Wirkung nicht. Der nicht gerade kalorienarme, kühle griechische Joghurt traf auf gehackte und in diesem Fall sogar frisch angeröstete Haselnüsse.
Jaurti - Meli - Karidia (Joghurt - Honig - Nüsse)
Der Honig hatte mediterranen Charakter, ich tippe auf griechischen Thymian Honig, und passte hervorragend, ein sehr beglückendes Dessert in Summe.
Das Galaktoboureko ist ebenfalls ein sehr traditioneller Klassiker, der warme Grießpudding in Blätterteig kommt hier mit einer Kugel Vanille-Eis.
Galaktoboureko
Die sollte dann auch für eine gewisse Irritation am Tisch sorgen, denn eigentlich hatte das Eis den kurzen Transport gut überstanden und wurde von meiner Madame im Kühlschrank verstaut, im Tiefkühlfach wie ich annahm, ich war gerade mit dem Anrichten meiner Garnelen beschäftigt in diesem Moment.
Warum das Eis aber in der Nullgrad-Schublade des Kühlschrankes platziert wurde und es meine Mitbewohnerin bass erstaunte, dass Speise-Eis bei dieser Temperatur schmilzt, wird wohl auf ewig ein Geheimnis der weiblichen Intuition in unserem Haushalt bleiben….
ABER eigentlich war ich hernach fast schon froh darüber, denn durch eine deutliche Zimtnote hatte das knusprige Dessert mit dem cremigen Inhalt ein wenig die Anmutung eines griechischen Apfelstrudels ohne Obst, und da passte eine kühle, sahnige Vanillesauce mir persönlich noch besser.
Vielleicht was das auch ihr Plan, man weiß es nicht, dem Genuss geschadet hat es jedenfalls rückblickend in keiner Weise.
„Puh, das sieht wieder sehr schön aber nach Sofakoma aus!“ tönte es später am Abend per WhatsApp aus dem Schwarzwald, und unser lieber Mitstreiter aus Bad Herrenalb hatte wie so oft Recht mit seiner Ferndiagnose – aber es war ein schönes Koma!
Fazit
Heute sollte ich wieder wissen, warum ich so lange Jahre zufriedener Stammkunde bin, es war ein sehr gelungenes Essen und ganz wichtig: der zwischenzeitliche Eindruck, man habe Glutamat als wichtiges Würzmittel entdeckt hat sich heute nicht bestätigt, die Saucen und Würzungen schmeckten alle ehrlich und solide. Mit Blick auf den Vorspeisenteller und das Brot ein winziger halber Stern Abzug als kleine Motivation hier in Zukunft etwas zu altem Ruhm zurückzufinden: 4,5 Sterne für die Küche und ein mehr als gelungenes kleines griechisches Menü.
Beim Service im Rahmen des Abholgeschäftes und beim PLV bin ich in beiden Fällen bei vollen fünf Sternen, sympathischer, persönlicher und herzlich bemühter kann man sich nicht verkaufen und angesichts der Menge und Qualität der wenn möglich ausschließlich regional bezogenen Zutaten kann man zum PLV auch nicht mehr sagen als anerkennend die volle Punktzahl zu vergeben.
Und auch wenn ich außerhalb von Corona vielleicht etwas strenger sein würde, gebe ich in der Gesamtnote auch überzeugte 5 Sterne, das war aller Ehren wert im Gesamtpaket.
Die Taverne Mykonos ist kein Gyros-befreiter Fine-Dining Grieche, wie man sie in den Metropolen hin und wieder findet, das will sie aber auch nicht sein und so etwas ist in einer Stadt wie Solingen auch nicht tragfähig, selbst wenn die hiesige Villa Zephyros ein wenig in die Richtung geht, wenn auch in bescheidenen Dimensionen.
Nein, die Taverne Mykonos ist ein familiäres Wohlfühl-Restaurant, das sich dennoch wohltuend von den stereotypen „Fleischberg-Pommes-Griechen“ abhebt.
Wünschen würde ich mir aber - neben weiterhin lange Jahre viel Erfolg mit dem Restaurant für unsere Nachbarn - etwas Abwechslung mit saisonalen Angeboten, die Karte ist seit vielen Jahren unverändert, das würde die Stammgäste ganz sicher freuen.
So, und wer jetzt keine Lust auf einen Ouzo hat ist selber schuld, auf die 100. liebe GG Stammbesetzung (auch wenn ich diese ja schon längst hatte, aber das System zählt ja Mehrfachbewertungen ja nur einfach, auch wenn Jahre zwischen den Besuchen lagen):
JAMMAS ihr Lieben! :-)
| Vorwort |
Kinder wie die Zeit vergeht, seit 20 Jahren wohne ich nun schon in Solingen Höhscheid und es fühlt sich insbesondere in der Ära des Dauerlockdowns an, als seien es derer bedeutend weniger.
Schon merkwürdig, wie u.a. die verkümmerten Möglichkeiten in sozialer, kultureller und auch gastronomischer Hinsicht das Zeitgefühl beeinflussen, das letzte Jahr schien rückblickend trotz der chaotischen Umstände wie ein Wimpernschlag vergangen zu sein und so mancher erzählte mir in den letzten Monaten von ähnlichen Empfindungen.
Gerade in dieser Zeit finde ich es immer wieder wohltuend, sich an Konstanten und Rituale aus den guten alten Tagen zu erinnern und diese zu pflegen, sei es in kulinarischer Hinsicht, der schöne Spaziergang auf wohlvertrauten Wegen oder die kleine Ausfahrt ins Oberbergische mit meinem liebevoll gepflegten Freizeit-Vehikel.
Und wenn wir von Konstanten und Ritualen sprechen und dabei auch nur einen Hauch an Restaurants und Take-Away Geschäft denkt, ist die Taverne Mykonos in meinem Fall ganz weit oben in der Liste jener.
Dies hat einen recht profanen Grund, wie schon mehrfach erwähnt wohne ich in unmittelbarer Nähe und das Lokal ist somit mein persönliches Pendant zum Akropolis der Lindenstraße wenn man so will.
Das bedeutet, dass am Freitagabend (der auch schon vor Corona traditionell unser fauler Abend war, an dem der heimische Herd fast immer kalt blieb) in sicher 60% der Fälle bei der Taverne Mykonos abgeholt wurde, ein Fußmarsch von unter einer Minute garantiert nun mal minimalste Abstriche in Sachen „Lieferschäden“, zumal wenn die Speisen so gut verpackt werden, wie in diesem Fall.
Dieses Argument gegen labbrige, lauwarme Pizza im Karton gewann sehr oft gegen alternative Optionen, somit dürften wir mit einer Zahl von sicher mindestens 150 bis 200 Bestellungen in den letzten Jahren zu einigen der treuesten wöchentlichen Bestellern zählen, wobei das Lokal als eines der beliebtesten Solinger Restaurants ohnehin auf eine riesige Stammkundenschar und unbeirrbare Hardcore-Fans zählen kann, die es sich seit 1991 erkocht hat.
Das ist auch mit der Grund, warum ich es hier noch nicht bewertet habe, die wenigen Gelegenheiten, an denen ich an Strohwitwerabenden etwas vor Ort gegessen habe waren mir zu banal, vor dem Lockdown waren Bewertungen von Liefer- oder Take-Away-Services ja mehr oder weniger undenkbar in unserer kleinen hiesigen Foodie-Gemeinde und ich dachte während diesem stets „Ach, die brauchen keine Publicity, der Laden brummt ja auch so fast immer!“.
Außerdem muss ich gestehen, dass ausgerechnet das Mykonos unfreiwilliger Auslöser für meine „Lockdown Chronicles“ war. Nach einem ziemlichen Reinfall Anfang November bestellte ich in der nächsten Woche erstmalig beim „Fasil“, war sehr zufrieden, schrieb eine Kritik, verlinkte sie in einem Facebook Post in der seinerzeit von mir zeitgleich entdeckten Gruppe für den Support lokaler Geschäfte und der Rest ist quasi Geschichte, der Zuspruch der meist neuen Solinger Leser ist bis heute durchweg herzerwärmend positiv.
Und auch am vergangenen Freitag hatte ich eigentlich vor, wieder Neuland zu betreten mit meiner Kritik, ein zwar schon besuchtes aber noch nicht bewertetes griechisches Lokal in SG-Mitte erfreut sich im Lieferdienst großer Beliebtheit, das klang doch wie ein Plan.
Am Nachmittag machte ich mich auf zur nahgelegenen Sparkassen-Filiale, hob etwas Bargeld ab und machte einen kleinen Umweg, um mir die Beine zu vertreten - Home-Office Alltag und Fitness, ein tragisches Thema aber ich bin u.a. erstaunt über meine morgendliche Disziplin in dieser Hinsicht; aber es bringt auch spürbar etwas.
Auf dem Rückweg sollte mir dann schließlich Jannis Topalidis in die Arme laufen, der stets energetische, umtriebige und mit seinen 60 Jahren immer noch jugendlich-frisch wirkende Gastronom ist das Gesicht der Taverne Mykonos und in der Stadt bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund.
Er wohnt mit seiner sympathischen Frau in der Nähe der Taverne, wir sind also mehr oder weniger Nachbarn, man grüßt sich immer freundlich, bekannt sind wir aber privat in keiner Weise.
Diesmal plauderten wir aber ein wenig, ich fragte, ob es auch möglich sei, Gerichte zum Abholen auch auf normalen Tellern zu bekommen seien, was ihn sichtlich freute, denn dass ich seit einem halben Jahr nichts mehr bestellt hatte fiel ihm natürlich auf und ich hatte ihn in der Vergangenheit schon einmal angesprochen, als ich mal deutlichen Grund zur Klage hatte was er damals sehr schätzte.
Auch die aktuelle, für manche immer schlimmer werdende Situation in der Gastro war uns ein Thema, sichtlich angefasst erzählte er von einem ihm bekannten Kölner Betrieb mit drei Filialen und fast 70 Angestellten, der in dieser Woche das Handtuch warf, die Leute stehen nun alle auf der Straße.
Ein Problem, dass viele innerstädtische Lokale haben, teure Mieten, kein etabliertes Abhol- oder Liefergeschäft und gierige, kurzsichtige Vermieter, die nicht mit sich reden lassen.
Bravo, hier wird dann wohl zukünftig nach Corona die nächste seelenlose Systemgastronomie einziehen, wenn überhaupt. Ich machte mir große Sorgen nicht nur um die Innenstädte wenn der Staat weiter so systematisch den Einzelhandel und unsere Restaurants vernichtet - aber wahrscheinlich wird irgendwann offenbar, dass weite Teile der Regierungsfraktionen Großaktionäre von Amazon und Lieferando sind, mit unfassbar skandalösen Maskengeschäften fliegen ja schließlich nur tölpelhafte Anfänger zeitnah auf – man entschuldige meinen Sarkasmus aber mehr bleibt mir mit Blick nach Berlin einfach nicht mehr.
Auch Herr Topalidis hat fast 10.000 Euro in seine Gasträume gesteckt um alle Corona-Auflagen zu erfüllen, alles umsonst wie es scheint und auch wenn er einräumte, dass er froh ist, sich mit seinem langjährig etablierten Take-Away-Geschäft im kleinen Rahmen einigermaßen über Wasser halten zu können, waren auch ihm die Sorgen ins Gesicht geschrieben.
Dies vielleicht auch, weil er sich als engagierter, durchaus patriotischer Gastronom – während der Finanzkrise beschäftigte er u.a. einige perspektivlose junge Griechen aus dem Heimatland im Lokal um sie zu unterstützen – einen Namen gemacht hat und für viele seiner Landsleute Ansprechpartner und Sprachrohr zu sein scheint und er daher täglich mindestens zwei Anrufe von verzweifelten Kollegen erhält, die ihre existenziellen Sorgen mit ihm teilen möchten, wie er erzählte.
Da war mir klar, dass jedes Restaurant Unterstützung verdient hat, auch das vermeintlich so gut laufende Mykonos, kurz entschlossen warf ich meine Pläne über den Haufen und rief um kurz nach 17 Uhr dort an, der Chef persönlich war am Telefon….
| Bestellung & Abholung |
Ein Telefon hätte ich eigentlich fast nicht gebraucht, eine leistungsschwache Flüstertüte hätte ausgereicht und eine Bestellung aus einem Fenster meines Arbeitszimmers wäre dank der Nähe zum Restaurant problemlos möglich gewesen, was aber zugegeben sicherlich für Irritationen in der Nachbarschaft gesorgt hätte. :-)
So aber nahm ein sichtlich erfreuter Jannis Topalidis meine Bestellung auf, meine Bitte die Vorspeisen auf einem Teller anzurichten wolle er allzu gerne erfüllen: „Wir machen den Tsatsiki dann auch auf einen Teller!“ hörte ich motiviert, vielleicht freute man sich einfach mal wieder etwas auf Porzellan oder Steingut anrichten zu können.
Pünktlich um 20:30 Uhr waren wir vor Ort an der vertrauten nahen Straßenecke, friedliche Abendstimmung auf der Regerstraße und an der Taverne:
Höhscheid am Freitagabend im April 21
Kurz vor uns holte noch ein Kunde ab, nach ihm traten wir ein und es war ein schönes Gefühl, nach so langer Zeit mal wieder in dem altvertrauten Gastraum zu stehen und die Atmosphäre und die typischen Gerüche aus der Küche wahrzunehmen, nur der obligatorische musikalische Gyros-Soundtrack mit griechischer Folklore fehlte natürlich, leichte Wehmut setzte ein: wann werden hier wieder Gäste essen dürfen?
Die Speisen warteten bereits auf uns, ein, zwei extreme „à la minute“ Positionen wanderten kurz nach unserem Eintreten über den Pass, wortreich und maximal liebenswürdig wurden die Sachen übergeben, wir hatten extra ein Tablett für die Vorspeisen und den Tsatsiki mitgebracht.
Somit heute ein Extralob für den darauf folgenden Lieferdienst, selten so einen charmanten, wohlgekleideten, gut aussehenden, eloquenten und empathischen jungen Mann in einem solchen erlebt, gut gerochen hat er auch, aber das mag an der Essens-Tüte in seiner rechten Hand gelegen haben:
Super Typ!! Lungert hier öfter in der Gegend rum... :-))
In der Küche angekommen dann das übliche Ritual von Speisen-im-Ofen-Warmhalten, Vorspeisen-anrichten und ein paar schnellen „Lieferfotos“ bevor es an den Esstisch ging, schließlich finde ich es wichtig, wie die Gerichte die eigenen vier Wände erreichen:
| Vorspeisen |
Mese für eine (!) Person – 12,00€
Garides – 9,90€
2019 Deidesheimer Mäushöhle, Riesling, VDP Erste Lage, Weingut von Winning, Deidesheim, Pfalz
Die Mese Variation ist eine solch alte Bekannte, dass ich sie eigentlich heute nicht bestellt hätte, aber meine Mitbewohnerin freute sich darauf und schließlich ist dies hier die erste Bewertung auf diesem Portal und eine Vorstellung der bei vielen Gästen immer beliebten Vorspeise ergibt daher sicher Sinn.
Mese
Leider hat man doch einen verhältnismäßig kleinen Teller gewählt, ich hatte mit einer Platte wie im Restaurant gerechnet, auf der man auf den ersten Blick alle Komponenten sieht, man dachte aber sicher an den Transport und meinte es gut, auch wenn daher alles sehr gedrungen und kompakt wirkt.
Wir sehen – bzw. auch nicht - Taramosalata, Skordalia, kleine Shrimps in Senfsauce, einen Bohnensalat, griechischen Bauernsalat, gegrillte Paprika, gefüllte Weinblätter sowie die obligatorischen, in Teig ausgebackenen Auberginen und Zucchini Scheiben, dazu Brot und Tsatsiki.
Ich erinnere mich an die späten 90er und die ersten Jahr in Höhscheid, damals war die Mese Platte in Solingen mein absolutes Benchmark in dieser Hinsicht.
Mit den Jahren verflog dieser Zauber aber ein wenig, schwer übel genommen habe ich die ersatzlose Streichung der gegrillten Baby-Kalamaris, von denen zwei immer obenauf lagen.
Auch das Skordalia habe ich aus dieser Zeit immer geschmacklich intensiver und feiner in Erinnerung, was man zu Dingen wie dem Bohnensalat auch sagen kann.
Aber so ist das, wenn man ein Lokal 20 Jahre lange regelmäßig besucht, da fallen gewisse Entwicklungen eben auf, die seltenen oder Einmal-Gästen nie ins Auge oder auf den Gaumen fallen würden.
Daher aus meiner subjektiven Perspektive nicht mehr ganz so schön wie einst, aber immer noch eine sehr solide Vorstellung, da mir gewisse Dinge einen Hauch fade erschienen half ich vereinzelt mit Salz und Zitronensaft nach, was wahre Wunder vollbringen sollte.
Der Tsatsiki ist nicht umsonst sehr beliebt, ein altes Familienrezept, das nach wie vor herrlich schmeckt, auch wenn das begleitende Brot im Mykonos immer ein kleiner Wermutstropfen bleiben wird.
Tsatsiki
Wo Mitbewerber mit aromatischem, gerösteten Fladenbrot glänzen bietet man hier immer noch das belanglose „genretypische“ Gummiweißbrot, das in solchen Lokalen landauf landab gerne serviert wird, das ist schade, solche Details werten eben auf oder ab.
Ich würde es begrüßen, wenn man da ein wenig dran arbeitet und auch mal schaut, was die örtliche Konkurrenz mittlerweile bietet und meine diese Anmerkungen – falls meine Nachbarn dies lesen sollten – nicht als negative Motzereien sondern als konstruktive Verbesserungsvorschläge von jemand, der seine Nachbarn genauso schätzt wie griechische Vorspeisen und ein gutes Brot.
Die Menge wäre für drei Personen ausreichend gewesen, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist wie auch bei den Hauptgerichten wirklich mehr als anständig.
Aber so ganz ohne rein maritime Vorspeise geht es bei mir beim Griechen nie, da mussten noch Garides aus der Pfanne her, Garnelen aus der Pfanne in einer herzhaften Tomaten-Knoblauch-Sauce.
Garides
Man hatte sie aus der Schale befreit aber mit dem Kopf gebraten, mag ich, gibt Aroma und sieht nett aus, zumal es eine gute Ware war. Ich mochte das sehr, auch wenn so etwas natürlich nicht die geschmackliche Tiefe besitzt, wie bspw. die von mir so gefeierte Bouillabaisse aus dem Pfaffenberg, aber wer eine solche als Benchmark für eine griechische Mese sieht sollte sich andere Hobbies als dieses hier suchen.
Ich meine mich zwar zu erinnern, dass früher noch etwas Feta mit in der Sauce war und das Ganze ein wenig in Richtung „Garides Saganaki“ ging, aber es sollte auch so sehr gut schmecken.
Glücklich tunkte ich Brot in Sauce, dazu der gut gekühlte, gepflegte von Winning Lagenriesling aus dem Barrique, ach, ein schöner Moment, schon da war ich wieder versöhnt mit "meinem" Eckgriechen.
2019 Deidesheimer Mäushöhle
| Hauptgerichte |
Lammhaxe mit Kritharaki – 14,00€
Gyros mit Souzukakia – 13,00€
2015 Marqués de Cáceres Reserva, Rioja DOCa, Bodega Marqués de Cáceres, Cenicero, Spanien
Die im Ofen geschmorte Lammhaxe ist eines meiner liebsten Gerichte auf der Karte, besonders im Winter, mehr freudespendendes hellenisches Soulfood geht kaum, ein schönes „Giouvetsi“ wie der Grieche wohl sagen würde.
Im Ofen geschmorte Lammhaxe
Da ich Kritharaki, die fälschlicherweise gerne auch als Reisnudeln bezeichnet werden, nicht nur wegen ihres Mundgefühles liebe, bestelle ich sie immer als Beilage, man bekommt die Haxe aber auch mit Blattspinat oder Bohnen wenn man möchte.
Es gibt nicht nur den köstlichen unter dem Fleisch befindlichen Schmorsud sondern man gießt auch immer eine leichte Tomaten-Knoblauchsauce über die Pasta. Ich bat darum, diese separat zu packen, damit diese nicht total matschig wird im Ofen. Daraufhin bedachte man mich mit einer gefühlten Gallone dieser leckeren Tunke, von der ich auch noch wesentlich mehr aß, als ich hier für das Foto verwendete.
Tomaten-Knoblauch-Sauce für die Kritharaki
Man beachte das Lieferfoto der Haxe weiter oben bitte, wie so etwas anatomisch möglich ist, ist mir ein Rätsel, es schien noch ein großer Teil der hinteren Haxe am Knochen zu sein, man meinte es gut mit mir in der Menge. Für das Foto legte ich den Knochen in der Küche frei und gefühlt 40% Prozent Fleisch, Sauce und Beilage blieb im Lieferbehälter um am nächsten Abend noch hervorragend zu schmecken, die Menge hätte abermals für zwei Personen gereicht.
Die Haxe war wie üblich so zart, dass man sie hätte „pullen“ können, der Sud eine geschmacklich runde, griechisch-mediterran gewürzte Sache, der dem Fleisch genug Raum ließ.
Etwas davon auf einem Löffel, dazu einen Happen der sich mit dem Sud vollgesogenen Kritharaki, absoluter Hochgenuss und zur Nachahmung empfohlen, da brauche ich sicher nichts Kurzgebratenes von Lamm.
Aber Wein brauche ich immer: der prestigeträchtige, mächtig-wuchtige Bilderbuch Rioja von Marqués de Cáceres war die perfekte Wahl zu einem geschmorten Lamm, dem Weißwein hatte ich zunächst mit meiner treuen Vakuumpumpe die Luft geklaut und im Kühlschrank verstaut, die Dame im Haushalt trinkt ja bekanntlich keinen Alkohol und eine Flasche Wein zur Vorspeise schaffe ich dann noch nicht ganz.
2015 Marqués de Cáceres Reserva
Jene Dame kämpfte derweil ebenfalls zufrieden mit ihrer auch in diesem Falle brutalen Portion Gyros mit griechischen Frikadellen.
Gyros mit Souzukakia (ca. 30% der Portion)
Man schaue sich bitte auch nochmal kurz das Lieferfoto weiter oben an, dieser amtliche Behälter war bis zum Rand gefüllt mit Essen, auf dem Tellerbild sind nur ca. 30% des Inhaltes abgebildet.
Die hausgemachten Kartoffelchips kamen anscheinend direkt aus der Fritteuse, so heiß waren sie noch und wir haben das Warmhalten auch solch schwieriger Dinge derart perfektioniert, dass sie immer noch gesteigert knusprig waren.
Ich durfte am nächsten Abend auch hier großzügige Reste vertilgen und kenne diese Dinge ja nun seit zwei Jahrzehnten. Beständig gutes Gyros, das heute auch wunderbar knusprig und fein geschnitten wurde, dazu die gegrillten Frikadellen vom Holzkohlengrill, ohnehin einem starken Argument für das Haus, diese rauchigen Noten sind mir wichtig bei griechischem Grillgut.
Alles herrlich mit frischem Zitronensaft obenauf, dazu das schöne Tsatsiki, großartig! Und auch, wenn ich immer über den langweiligen „Fleischberg mit Pommes“-Griechen oder Balkanladen lästere: das hier hat damit wenig zu tun, ist handwerklich gut gemacht und mit Sorgfalt zubereitet worden und damit ebenfalls im Bereich Hochgenuss anzusiedeln, denn den empfinde ich auch und besonders bei den vermeintlich einfachen Dingen.
Die Beilagensalate bestehend aus Krautsalat und Chopped Lettuce, roten Zwiebeln, einer von Madame sehr geliebten Karottenscheibe (…) sowie einer Peperoni, komplettiert mit einer gelungenen, sämigen Vinaigrette waren wie immer ein verlässlicher Frischespender zu den üppigen Fleischgerichte.
Beilagensalat
Puh, auch wenn wie gesagt viel für den Samstag übrig blieb, jetzt war erst einmal eine kleine Pause nötig, aber dann wurde es Zeit für das
| Dessert |
Jaurti - Meli - Karidia (Joghurt - Honig - Nüsse) – 5,00€
Galaktoboureko mit Vanilleeis – 6,00€
Der Joghurt mit Honig dürfte wohl der absolute Klassiker in Sachen Dessert sein, und auch hier verfehlte die bewährte Kombination ihre Wirkung nicht. Der nicht gerade kalorienarme, kühle griechische Joghurt traf auf gehackte und in diesem Fall sogar frisch angeröstete Haselnüsse.
Jaurti - Meli - Karidia (Joghurt - Honig - Nüsse)
Der Honig hatte mediterranen Charakter, ich tippe auf griechischen Thymian Honig, und passte hervorragend, ein sehr beglückendes Dessert in Summe.
Das Galaktoboureko ist ebenfalls ein sehr traditioneller Klassiker, der warme Grießpudding in Blätterteig kommt hier mit einer Kugel Vanille-Eis.
Galaktoboureko
Die sollte dann auch für eine gewisse Irritation am Tisch sorgen, denn eigentlich hatte das Eis den kurzen Transport gut überstanden und wurde von meiner Madame im Kühlschrank verstaut, im Tiefkühlfach wie ich annahm, ich war gerade mit dem Anrichten meiner Garnelen beschäftigt in diesem Moment.
Warum das Eis aber in der Nullgrad-Schublade des Kühlschrankes platziert wurde und es meine Mitbewohnerin bass erstaunte, dass Speise-Eis bei dieser Temperatur schmilzt, wird wohl auf ewig ein Geheimnis der weiblichen Intuition in unserem Haushalt bleiben….
ABER eigentlich war ich hernach fast schon froh darüber, denn durch eine deutliche Zimtnote hatte das knusprige Dessert mit dem cremigen Inhalt ein wenig die Anmutung eines griechischen Apfelstrudels ohne Obst, und da passte eine kühle, sahnige Vanillesauce mir persönlich noch besser.
Vielleicht was das auch ihr Plan, man weiß es nicht, dem Genuss geschadet hat es jedenfalls rückblickend in keiner Weise.
„Puh, das sieht wieder sehr schön aber nach Sofakoma aus!“ tönte es später am Abend per WhatsApp aus dem Schwarzwald, und unser lieber Mitstreiter aus Bad Herrenalb hatte wie so oft Recht mit seiner Ferndiagnose – aber es war ein schönes Koma!
Fazit
Heute sollte ich wieder wissen, warum ich so lange Jahre zufriedener Stammkunde bin, es war ein sehr gelungenes Essen und ganz wichtig: der zwischenzeitliche Eindruck, man habe Glutamat als wichtiges Würzmittel entdeckt hat sich heute nicht bestätigt, die Saucen und Würzungen schmeckten alle ehrlich und solide. Mit Blick auf den Vorspeisenteller und das Brot ein winziger halber Stern Abzug als kleine Motivation hier in Zukunft etwas zu altem Ruhm zurückzufinden: 4,5 Sterne für die Küche und ein mehr als gelungenes kleines griechisches Menü.
Beim Service im Rahmen des Abholgeschäftes und beim PLV bin ich in beiden Fällen bei vollen fünf Sternen, sympathischer, persönlicher und herzlich bemühter kann man sich nicht verkaufen und angesichts der Menge und Qualität der wenn möglich ausschließlich regional bezogenen Zutaten kann man zum PLV auch nicht mehr sagen als anerkennend die volle Punktzahl zu vergeben.
Und auch wenn ich außerhalb von Corona vielleicht etwas strenger sein würde, gebe ich in der Gesamtnote auch überzeugte 5 Sterne, das war aller Ehren wert im Gesamtpaket.
Die Taverne Mykonos ist kein Gyros-befreiter Fine-Dining Grieche, wie man sie in den Metropolen hin und wieder findet, das will sie aber auch nicht sein und so etwas ist in einer Stadt wie Solingen auch nicht tragfähig, selbst wenn die hiesige Villa Zephyros ein wenig in die Richtung geht, wenn auch in bescheidenen Dimensionen.
Nein, die Taverne Mykonos ist ein familiäres Wohlfühl-Restaurant, das sich dennoch wohltuend von den stereotypen „Fleischberg-Pommes-Griechen“ abhebt.
Wünschen würde ich mir aber - neben weiterhin lange Jahre viel Erfolg mit dem Restaurant für unsere Nachbarn - etwas Abwechslung mit saisonalen Angeboten, die Karte ist seit vielen Jahren unverändert, das würde die Stammgäste ganz sicher freuen.
So, und wer jetzt keine Lust auf einen Ouzo hat ist selber schuld, auf die 100. liebe GG Stammbesetzung (auch wenn ich diese ja schon längst hatte, aber das System zählt ja Mehrfachbewertungen ja nur einfach, auch wenn Jahre zwischen den Besuchen lagen):
JAMMAS ihr Lieben! :-)
Ich entschuldige mich bei allen mit chronisch wenig Leselust aber heute muss ich vorab etwas weiter ausholen, die Ungeduldigen mögen doch bitte einfach bis zu den Gerichten scrollen:
| Vorwort |
Kinder wie die Zeit vergeht, seit 20 Jahren wohne ich nun schon in Solingen Höhscheid und es fühlt sich insbesondere in der Ära des Dauerlockdowns an, als seien es derer bedeutend weniger.
Schon merkwürdig, wie u.a. die verkümmerten Möglichkeiten in sozialer, kultureller und auch gastronomischer Hinsicht das Zeitgefühl beeinflussen, das letzte... mehr lesen
Taverne Mykonos
Taverne Mykonos
€-€€€
Restaurant
021287175
Regerstraße 16, 42657 Solingen
5.0
stars -
"Lockdown Chronicles: Jammas! Auf 20 Jahre gute hellenische Nahversorgung – und meinen 100. offziellen GastroGuide Beitrag."
Shaneymac
Ich entschuldige mich bei allen mit chronisch wenig Leselust aber heute muss ich vorab etwas weiter ausholen, die Ungeduldigen mögen doch bitte einfach bis zu den Gerichten scrollen:
| Vorwort |
Kinder wie die Zeit vergeht, seit 20 Jahren wohne ich nun schon in Solingen Höhscheid und es fühlt sich insbesondere in der Ära des Dauerlockdowns an, als seien es derer bedeutend weniger.
Schon merkwürdig, wie u.a. die verkümmerten Möglichkeiten in sozialer, kultureller und auch gastronomischer Hinsicht das Zeitgefühl beeinflussen, das letzte
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
"Lockdown Chronicles: Das Warten hatte ein Ende – und dem Anfang wohnte ein Zauber inne…"
Verifiziert
5
Geschrieben am 11.04.2021 2021-04-11 | Aktualisiert am 12.04.2021
Besucht am 09.04.2021
Besuchszeit: Abendessen
2 Personen
Rechnungsbetrag: 57 EUR
Meine diversen Versuche, bei diesem Restaurant zu bestellen, hatten in letzter Zeit ja beinahe schon Slapstick-Dimensionen erreicht und ich war daher selten derart entschlossen, eine Bestellaktion mit quasi militärischer Präzision so vorzubereiten, dass zumindest auf meiner Seite keine unvorhersehbaren Stolpersteine auftauchen können.
Das begann schon damit, dass ich bereits am Donnerstag vorbestellte, um nicht erneut hören zu müssen, dass man am Freitagabend zur gewünschten Zeit schon „ausgebucht“ sei, was wunderbar funktionierte - von Dreisterne-Aioli-General Shaney lernen, heißt Siegen an der Lieferfront lernen! :-)
Oft ist mir Basti’s Restaurant in den letzten Jahren schon empfohlen worden, und dies auch gerne von Zeitgenossen, denen ich eine gewisse Nähe zu gutem Essen attestieren würde -bitte auch die 2018er Vorkritik eines geschätzten ehemaligen Users beachten - und auch die Karte sprach mich von Beginn an.
Sebastian Beyer, der namensgebende Koch und Gastronom hinter dem Ganzen, ist im kulinarischen Solingen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Nach den Lehrjahren in Lohmanns Romantik Hotel Gravenberg in Landwehr ging es zunächst nach Österreich, worauf eine lange, zehnjährige Station im Casa Pedro, einem beliebten spanischen Restaurant in Gräfrath, sowie eine kurze Etappe in der mittlerweile geschlossenen „DesTill'e“ folgten, bevor er sich Anfang 2018 mit seinem eigenen Betrieb auf der Wuppertaler Straße 195 - in den Räumen des ehemaligen Mare e Monti - selbständig machte.
Momentan bietet man eine kleine, wöchentlich wechselnde Take-Away- und Liefer-Karte, die immer aus vier Gerichten besteht sowie einem allseits beliebten Vorspeisenteller, den man ab zwei Personen aufwärts auf den Tisch bringt, in dieser Woche gibt man sich unter dem Motto „Basti nimmt Euch mit auf Reisen“ als kulinarisches Reisebüro und gleich zwei Gerichte lachten uns sehr an:
Die aktuelle Wochenkarte (Hochformat)
Und damit war der Drops nun hoffentlich endlich gelutscht dachte ich und schnappte mir am Donnerstagnachmittag wie erwähnt das Telefon, der Chef persönlich war am Apparat wie sich alsbald herausstellte….
| Bestellung & Lieferung |
Ich finde es hat oft in kleinen Restaurants etwas sehr charmantes, mit dem Koch selbst zu sprechen, wie auch schon im New Orleans merkte man hier auch die Leidenschaft für sein Tun. Alleine schon wie routiniert und ansprechend er mir die Komponenten der Vorspeisen-Platte beschrieb machte einen guten Eindruck, ohne jegliches worthülsenhaftes Anpreisen versteht sich - dafür gibt es ja dann dampfplaudernde „Fachkräfte“ wie mich, wenn es denn begeistern konnte.
Auch sehr sympathisch, wie er die kleine Karte fast entschuldigend erklärte, aber man koche alles frisch, verzichtet auf jegliche Convenience und bewusster Umgang mit Lebensmitteln sei ihm wichtiger als Überfluss mit eingebautem Weggwerf-Faktor, vorbildlich wie ich meine.
Als ich beiläufig mit angemessenem Humor erwähnte, wie steinig der Weg bis zu dieser Bestellung war erinnerte er sich auch an unser erstes Telefonat vor einigen Wochen und es tat ihm furchtbar leid was mir wiederum total unangenehm war, schließlich waren es einfach nur Pech und Zufälle und nicht seine Schuld, aber das hat ihn wohl in seinem Selbstverständnis als guter Gastgeber angefasst wie sich am nächsten Abend zeigen sollte.
Zwischen 12 und 20 Uhr liefert das Lokal und wie immer in solchen Fällen bat ich um den letztmöglichen Zeitpunkt, da wir normalerweise immer erst gegen 21 Uhr essen.
Das sollte gut funktionieren, inklusive einer daher hochwillkommenen kleinen Verspätung, um kurz nach acht stand ein gut gelaunter Sebastian Beyer mit seiner sympathischen, angetrauten Herzdame – einer gelernten Hotelfachfrau - vor der Türe, mit der er den Betrieb bestreitet.
Wir plauderten ein wenig und es war ihm ein großes Anliegen, sich für die vielen vergeblichen Bestell-Anläufe mit einer Flasche seiner eigenen Grauburgunder-Edition zu entschuldigen, auch gab es als kleine Überraschung ein spontan gezaubertes kleines Dessert, da ich vergeblich nach einem solchen gefragt hatte, denn auf der Liefer-Karte bietet man keines, lediglich am Wochenende backt man diverse Torten und Kuchen zum Abholen.
Eine nette Geste, ein paar Worte zum Wein findet man weiter unten im Text... (Hochformat)
Ich war doch schon etwas gerührt, wir waren ja Erstbesteller und keine liebgewonnen Stammgäste und doch fühlte man sich wie solche behandelt, ohne den Hauch von billiger Anbiederei, es war ihm wie erwähnt schlicht wichtig in seinem Verständnis von seiner Rolle als aufmerksamer guter Gastgeber, was er sehr glaubhaft sympathisch unterstrich.
Die warmen Speisen hatten die etwas weitere Anfahrt nach Höhscheid ohne Schaden überstanden, nach dem Öffnen der Packung des spanischen Fischtopfes waberte eine köstliche Safranwolke durch die Küche, die spontanen Speichelfluss auslöste, auch die anderen Gerichte wurden gut und sicher verpackt.
Das weckte Vorfreude, wie immer wurden die Hauptgerichte bei 65 Grad im Ofen warmgehalten und nicht nur dank der in jeder Hinsicht liebenswürdigen Lieferung ging es diesmal besonders gut gelaunt in Richtung Esstisch…..
| Vorspeise |
Antipasti Platte für zwei Personen – 21,80€ (10, 90 pro Person)
Ein kleines Manko gab es doch bei der Lieferung, die Vorspeisen wurden leider geschichtet in einem Eimer-ähnlichen Trog geliefert, ich verbrachte gefühlt Stunden damit, diese zu separieren und ansprechend passioniert auf den Teller zu bringen:
Antipastiplatte für zwei Personen
Das ist natürlich blanker Unsinn, mein aufmerksamer Therapeut musste gerade abermals einen leichten Klaps auf den Hinterkopf anwenden und bat mich erneut, nicht jede Vorlage für einen flachen Witz dankbar anzunehmen.
Aber der bot sich hier an, daher habe ich auch das Lieferfoto der Platte nicht in den Text eingebaut, ihr findet es aber selbstverständlich in der Bilder-Galerie.
Die Platte kam natürlich, so wie von mir erbeten, bereits so prächtig und liebevoll auf Porzellan angerichtet wie auf dem Foto abgebildet, der einzige Handgriff der vonnöten war, beschränkte sich auf das Entfernen von Frischhaltefolie. Und da war er wieder, der vielbeschworene Hauch des „Restaurant-Feelings“ am eigenen Esstisch, wunderbar.
Zur Platte gehören auch Aioli und Brot und letzteres kann man gar nicht genug loben, wenn man die übliche Weißbrot-Tristesse im Liefergeschäft bedenkt die sich in Solingen bietet.
Aioli & leicht geröstetes hausgemachtes Landbrot
Jede Scheibe des hausgebackenen „Landbrot“ wurde angegrillt und es überzeugte mit einer herrlich charaktervollen Kruste und ehrlichem, frischem Geschmack in der trotz Grillen noch saftigen Krume; ein Brot wie aus einer guten Handwerksbäckerei; außergewöhnlich.
Die Aioli kam in einem hübschen Weckglas und schon in dieser sollte sich die langjährige Tätigkeit des Kochs in einem spanischen Restaurant wiederspiegeln, der Duft war eine Wonne, ein wenig von dem warmen Brot mit etwas spanischer Soulfood-Klassik läutete das Essen ein:
Let the games begin... (Hochformat)
Großes iberisches Knoblauch-Kino! Herrlich frisch – das Wort werde ich heute noch öfters benutzen fürchte ich – mit leichter Säure und einer ordentlichen Portion „Ajo“: diese Aioli würde in jedem spanischen Restaurant dieser Hemisphäre ein „¡Muy sabroso!“ ernten möchte ich behaupten, einfach köstlich und die Menge sollte für zwei Essen reichen.
Die Zusammenstellung der Platte war eher eine kleine Reise durch Südeuropa und im Vergleich zu den manchmal etwas langweiligen rein italienischen Varianten eine positive Überraschung.
La sélection du carcajou Shaneymac
So tummelten sich neben eher italophilen Dingen wie gegrillten Gemüsen, Borretane Zwiebeln, Parmaschinken, einer außergewöhnlich guten Büffel-Burrata, Oliven oder mit Frischkäse gefüllten halbgetrockneten Tomaten auch Dinge, die in Geschmack und Ausführung an den Besuch einer kompetenten Tapas-Bar erinnerten: Gambas al ajillo, kleine, saftige Stücke einer Tortilla mit Blattspinat, leicht süchtig machende Feigen im Speckmantel, Scheiben einer in Honig gebratenen Chorizo sowie hocharomatische Champignones al jerez.
Das alles im Detail zu beschreiben würde den Rahmen sprengen, zumal ich noch zweierlei Ravioli vergessen habe: einmal in einer hellen Variante gefüllt mit Ziegenfrischkäse, dann in einer mit Safran und Tomatenmark im Teig „colorierten“ Spielart mit Ricotta Füllung.
Auch der eher griechisch anmutende Bohnensalat, bestehend aus Gigandes, den großen weißen Bohnen und Flageolets, den grünen Bohnenkernen der dann in einer leichten Tomatensoße auf den Teller kommt, war eine Freude für sich.
Denn auch wenn man hier im Einzelnen die Welt nicht neu erfunden hat – was hier keiner erwartete und intendierte – war nicht nur die Vielfalt ein Quell dieser Freude.
Nein, es war das feine Verständnis für gelungenes Abschmecken vor dem Hintergrund guter Produkte und tadellosem Handwerk, ein Beispiel: die saftige Tortilla war derart frisch, dass ich das Gefühl hatte, sie sei nur kurz vor dem Liefern gekocht worden (auch wenn sie natürlich Raumtemperatur hatte) und im „Abgang“ blieben die Insignien einer guten Version des gar nicht so banalen spanischen Kartoffel-„Omeletts“, nämlich die von hocharomatischen Zutaten die man so salzte, dass es eben nicht zu einem faden Kartoffelklumpen auf dem Gaumen geriet.
Selbst die gegrillten Paprika und Zucchini stachen aus der Masse heraus. Wenn ich bei manchen italienischen Restaurants manchmal das Gefühl habe, diese Gemüse werden im Mise en place einmal pro Woche auf Halde produziert, überzeugten diese mit einem ebenfalls saftigen Biss mit leichtem Al Dente Faktor unter Begleitung eines schön gekräuterten Olivenöles, das schmeckte ebenfalls wie an diesem Nachmittag produziert.
Das einzige, was ich nicht ganz so gelungen fand war der Parmaschinken, er war mir zu jung und etwas zu dick geschnitten, aber das ist angesichts der Opulenz, Vielfalt und sonstigen Argumente für die Großartigkeit dieses Arrangements nur eine lächerliche subjektive Randnotiz, trotzdem würde ich einen gereiften Serrano bevorzugen und mir für das Essen im Restaurant wünschen, sich gegen Aufpreis vielleicht etwas frisch aufgeschnitten Iberico oder sogar echten Bellota bestellen zu können.
Man muss sich ja nicht direkt eine Berkel im Wert eines Mittelklassewagens in den Laden stellen, könnte mir aber vorstellen, dass viele Gäste sich den Genuss und das Ritual gerne gönnen würden.
Wie auch immer, diese Platte kann ich wärmstens empfehlen, farbenfroher Genuss für Auge und Gaumen und zur Beruhigung aller: JA, es blieb eine ganze Menge übrig, sie hätte mindestens für drei gereicht und am nächsten Abend gab es wieder diverse willkommene Reste! ;-)
| Hauptgerichte |
Fischtopf mit kanarischen Kartoffeln und ensalada verde – 17,90€
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln – 14,90€
2018 Inopia blanc (Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier), Weingut Rotem & Mounir Saouma, Côtes du Rhône, Frankreich
Wie schon erwähnt war die Safrannote meines vorfreudig erwarteten spanischen Fischtopfes in Kombination mit der Farbe und Anmutung der Brühe ein Frontalangriff auf mein Appetit-Zentrum und auch die üppigst portionierte Fisch-Einlage sah sehr verheißungsvoll aus - der Fisch war so großzügig bemessen, dass man eigentlich auch von Fisch mit einer Brühen-Einlagen sprechen könnte, aber wer wäre schon so gemein spitzfindig.
Spanischer Fischtopf
Ein erster Löffel der Brühe ließ mich wohlig schaudern vor Glück, intensiv und vielschichtig auch fernab vom Safran, obwohl ich die spanischen und portugiesischen Fischtöpfe meist flacher und dumpfer finde, als ihre südfranzösischen Kollegen.
Den Fisch – Seeteufel, Lachs, Skrei – hatte man vor dem Garziehen in der Brühe leicht angebraten und mit einem hausgemachten, kreuzehrlichen Fischfond mit Krustentier-Noten abgelöscht, zu ihm gesellten sich noch Garnelen einer ansprechenden Sortierung, frische Calamares sowie Venus- und Miesmuscheln.
Besonders erwähnt sei der unglaublich saftige Kabeljau, den konnte man mit dem Löffel essen und er zerfiel auf der Zunge in genussvolle Bestandteile, zusammen mit dem Sud ein absoluter Hochgenuss.
Dazu gab es gelungene Papas arrugadas, die ich in Sachen Portionsgröße an diesem Abend eigentlich nicht mehr gebraucht habe, die aber am nächsten Abend mit der Aioli auch noch hervorragend schmecken sollten.
Papas arrugadas
Der begleitende grüne Salat in seiner Zusammenstellung keine Sensation, aber stimmig und absolut frisch, bemerkenswerter da schon das selbstredend hausgemachte Dressing aus passierten Himbeeren und weißem und dunklem Balsamico. Sehr sehr fein, auch wenn ich mir beim Thema Spanien natürlich auch einen guten Sherry-Essig hätte vorstellen können.
Ensalada verde
Der begleitende Wein aus der Côtes du Rhône war eine Cuvée aus Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier. Der Ausbau erfolgte über ein Jahr auf der Vollhefe im Zementei und in gebrauchten 500 Liter Eichenfässern.
2018 Inopia blanc
Das Ergebnis ist „ein vollmundiges, weisses Traumwässerchen mit Noten von getrockneten Aprikosen, Datteln, Nüssen, Rosinen und ein wenig Rumtopf. Geschmacklich dann erstaunlich frisch, dennoch mundfüllend und lang am Gaumen. Der Wein erinnert an einen sehr guten weissen Châteauneuf-du-Pape, bietet nur mehr Trinkfluss und kommt kühler daher. Komplex und sehr spannend zugleich.“ schreibt Meister Fenske von weine-feinkost.de über diesen schönen Tropfen und wie immer kann ich nur bescheiden nickend beipflichten, bevor ich mit meinen stümperhaften Worten Verwirrung stifte.
Apropos Wein: Am Samstag gab es übrigens das kleine vinophile Mitbringsel vom Restaurant zu den Resten vom Vorabend, nämlich „Bastis i-Tröpfchen“ (Foto siehe oben) und obwohl ich kein Grauburgunder-Fan bin, hat mich dieser Wein sehr positiv überrascht. Ein schönes Säuregerüst, kaum Restzucker, ein zugänglicher Wein mit herrlichen Tropenfrüchten in der Nase und auf der Zunge. Das Etikett hat ein befreundeter Karikaturist angefertigt und der Wein selbst ist in Kooperation mit dem Weinlieferanten des Lokals entstanden und ist den regulären außer Haus Preis von 15 Euro mehr als wert!
Die Dame am Tisch war derweil gesteigert glücklich mit ihrem Tafelspitz mit Meerrettich-Sauce, der zwar unter der „Destination Deutschland“ im Flugplan von Basti’s Airline eingetragen war, mich aber irgendwie doch eher an den Alpenraum bzw. Österreich erinnern sollte.
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln
„Wow, ist das zart!“…. „Gar kein Fett, wie lecker, probier mal!“ ….und während ich mich gerade mit halb geschlossenen Augen Brühe schlürfend in der Sonne Spaniens wähnte wurde mir ein Happen mit Sauce getränkter Tafelspitz reingestopft, Widerstand zwecklos – erwähnte ich, dass ich Meerrettich hasse? Danke Madame, sehr aufmerksam….
Aber abgesehen von persönlichen Vorlieben konnte ich ihre Zufriedenheit verstehen, auch das begleitende Karotten-Lauchgemüse mit angenehmer, leicht schlotziger Konsistenz konnte nicht nur mit dreierlei Möhren (lila, rot und orange) punkten, sondern mit viel Geschmack. Starke Aromen mag der Basti wie es scheint, herrlich, ganz meine Welt.
Die Sauce auch nach dem Aufenthalt im Ofen noch tadellos in jeder Hinsicht, so etwas hatte sie seit Jahren nicht mehr gegessen weil wir das Gericht zu Hause nie kochen und wie gesagt kam es extrem gut an.
Einmal Costa del Sol und daneben Wien und beide Gerichte auf ihre Weise eine Pracht, mehr Beweis für motiviertes Kochhandwerk braucht es wohl kaum.
Jenes zeigte sich dann auch abschließend beim kleinen Überraschungs-
| Dessert |
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas – gratis
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas
Nach diesem zumindest in meinem Falle eher durchgängig mediterranem Menü hätte ich mir bei freier Auswahl sicher etwas anderes bestellt, aber alleine die Geste zählt wie ich meine!
Und es war eine sehr solide Geste, wenn ein guter Koch eine solche Mousse zaubert, entsteht Beglückendes, das gefühlt pro Löffel mit 1200 Kalorien zu Buche schlägt und trotzdem löffelt man zufrieden lächelnd einfach weiter und weiter…
Besonders schön war, dass diese nicht übersüßt war, Oma Seelentröster Likör #1 war in beherzter Menge verwendet worden, die ebenfalls frisch improvisierte Beeren-Grütze spendete konternde Säure; ein gutbürgerliches Dessert das als Abschluss einen Sonntäglichen Drei-Gang-Menüs nach Suppe und Braten bei einem Familienfest sicher sehr viele Freunde finden würde.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für die nette Geste, falls der sympathische Betreiber dies jemals lesen sollte!
Auf dem Sofa angekommen sinnierte ich noch ein wenig über das gerade Erlebte und hatte mit Blick auf jenes ein wenig das von Florian Illies in seinem „Generation Golf“ anfänglich beschriebene Gefühl, exakt am richtigen Ort das Richtige getan zu haben bzw. zu tun, als die Familie gemeinsam am Samstagabend zusammen „Wetten dass?“ sah – ein schönes Gefühl.
| Fazit |
In einer Stadt, in der man mit Blick auf die einschlägigen Facebookgruppen das Gefühl hat, die Menschheit ernährt sich nur noch von Fritteusen-Schnitzeln mit Halbfertigsaucen und Gyrostellern von der Bude, freut es mich besonders, dass auch ehrliche gute Küche noch viele Freunde und das Lokal somit treue Stammgäste hat.
Für die Küche gebe ich gerne verdiente 5 Sterne für das Erlebte, eine solide, aromenstarke, motivierte Vorstellung, bravo!
Zum Service ist glaube ich nicht viel Rechtfertigung für ebenfalls volle 5 Sterne vonnöten…
Wer beim PLV das Dessert und den Wein sowie die ebenfalls vergessene Liefergebühr komplett ausblenden kann hat meinen vollen Respekt, aber da er ja nicht wusste, dass ich eine Kritik schreiben würde, möchte ich das trotzdem mit ins Kalkül ziehen. Was aber eigentlich völlig egal ist, weil ich auch so auf verdiente 5 Sterne gekommen wäre - alleine schon die Menge an hochklassigem Fisch in meinem Hauptgericht war bemerkenswert.
Schön war es, das erste Mal „beim Basti“ und ich verweise gerne auf den Titel: hier habe ich nicht zum letzten Mal bestellt und freue mich schon auf einen Besuch im Lokal, wenn dieser skandalöse, unter dem Strich seit langem offenkundig völlig wirkungslose, Existenzen-vernichtende, totale Gastronomie-Lockdown endlich vorbei ist…
Das begann schon damit, dass ich bereits am Donnerstag vorbestellte, um nicht erneut hören zu müssen, dass man am Freitagabend zur gewünschten Zeit schon „ausgebucht“ sei, was wunderbar funktionierte - von Dreisterne-Aioli-General Shaney lernen, heißt Siegen an der Lieferfront lernen! :-)
Oft ist mir Basti’s Restaurant in den letzten Jahren schon empfohlen worden, und dies auch gerne von Zeitgenossen, denen ich eine gewisse Nähe zu gutem Essen attestieren würde -bitte auch die 2018er Vorkritik eines geschätzten ehemaligen Users beachten - und auch die Karte sprach mich von Beginn an.
Sebastian Beyer, der namensgebende Koch und Gastronom hinter dem Ganzen, ist im kulinarischen Solingen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Nach den Lehrjahren in Lohmanns Romantik Hotel Gravenberg in Landwehr ging es zunächst nach Österreich, worauf eine lange, zehnjährige Station im Casa Pedro, einem beliebten spanischen Restaurant in Gräfrath, sowie eine kurze Etappe in der mittlerweile geschlossenen „DesTill'e“ folgten, bevor er sich Anfang 2018 mit seinem eigenen Betrieb auf der Wuppertaler Straße 195 - in den Räumen des ehemaligen Mare e Monti - selbständig machte.
Momentan bietet man eine kleine, wöchentlich wechselnde Take-Away- und Liefer-Karte, die immer aus vier Gerichten besteht sowie einem allseits beliebten Vorspeisenteller, den man ab zwei Personen aufwärts auf den Tisch bringt, in dieser Woche gibt man sich unter dem Motto „Basti nimmt Euch mit auf Reisen“ als kulinarisches Reisebüro und gleich zwei Gerichte lachten uns sehr an:
Die aktuelle Wochenkarte (Hochformat)
Und damit war der Drops nun hoffentlich endlich gelutscht dachte ich und schnappte mir am Donnerstagnachmittag wie erwähnt das Telefon, der Chef persönlich war am Apparat wie sich alsbald herausstellte….
| Bestellung & Lieferung |
Ich finde es hat oft in kleinen Restaurants etwas sehr charmantes, mit dem Koch selbst zu sprechen, wie auch schon im New Orleans merkte man hier auch die Leidenschaft für sein Tun. Alleine schon wie routiniert und ansprechend er mir die Komponenten der Vorspeisen-Platte beschrieb machte einen guten Eindruck, ohne jegliches worthülsenhaftes Anpreisen versteht sich - dafür gibt es ja dann dampfplaudernde „Fachkräfte“ wie mich, wenn es denn begeistern konnte.
Auch sehr sympathisch, wie er die kleine Karte fast entschuldigend erklärte, aber man koche alles frisch, verzichtet auf jegliche Convenience und bewusster Umgang mit Lebensmitteln sei ihm wichtiger als Überfluss mit eingebautem Weggwerf-Faktor, vorbildlich wie ich meine.
Als ich beiläufig mit angemessenem Humor erwähnte, wie steinig der Weg bis zu dieser Bestellung war erinnerte er sich auch an unser erstes Telefonat vor einigen Wochen und es tat ihm furchtbar leid was mir wiederum total unangenehm war, schließlich waren es einfach nur Pech und Zufälle und nicht seine Schuld, aber das hat ihn wohl in seinem Selbstverständnis als guter Gastgeber angefasst wie sich am nächsten Abend zeigen sollte.
Zwischen 12 und 20 Uhr liefert das Lokal und wie immer in solchen Fällen bat ich um den letztmöglichen Zeitpunkt, da wir normalerweise immer erst gegen 21 Uhr essen.
Das sollte gut funktionieren, inklusive einer daher hochwillkommenen kleinen Verspätung, um kurz nach acht stand ein gut gelaunter Sebastian Beyer mit seiner sympathischen, angetrauten Herzdame – einer gelernten Hotelfachfrau - vor der Türe, mit der er den Betrieb bestreitet.
Wir plauderten ein wenig und es war ihm ein großes Anliegen, sich für die vielen vergeblichen Bestell-Anläufe mit einer Flasche seiner eigenen Grauburgunder-Edition zu entschuldigen, auch gab es als kleine Überraschung ein spontan gezaubertes kleines Dessert, da ich vergeblich nach einem solchen gefragt hatte, denn auf der Liefer-Karte bietet man keines, lediglich am Wochenende backt man diverse Torten und Kuchen zum Abholen.
Eine nette Geste, ein paar Worte zum Wein findet man weiter unten im Text... (Hochformat)
Ich war doch schon etwas gerührt, wir waren ja Erstbesteller und keine liebgewonnen Stammgäste und doch fühlte man sich wie solche behandelt, ohne den Hauch von billiger Anbiederei, es war ihm wie erwähnt schlicht wichtig in seinem Verständnis von seiner Rolle als aufmerksamer guter Gastgeber, was er sehr glaubhaft sympathisch unterstrich.
Die warmen Speisen hatten die etwas weitere Anfahrt nach Höhscheid ohne Schaden überstanden, nach dem Öffnen der Packung des spanischen Fischtopfes waberte eine köstliche Safranwolke durch die Küche, die spontanen Speichelfluss auslöste, auch die anderen Gerichte wurden gut und sicher verpackt.
Das weckte Vorfreude, wie immer wurden die Hauptgerichte bei 65 Grad im Ofen warmgehalten und nicht nur dank der in jeder Hinsicht liebenswürdigen Lieferung ging es diesmal besonders gut gelaunt in Richtung Esstisch…..
| Vorspeise |
Antipasti Platte für zwei Personen – 21,80€ (10, 90 pro Person)
Ein kleines Manko gab es doch bei der Lieferung, die Vorspeisen wurden leider geschichtet in einem Eimer-ähnlichen Trog geliefert, ich verbrachte gefühlt Stunden damit, diese zu separieren und ansprechend passioniert auf den Teller zu bringen:
Antipastiplatte für zwei Personen
Das ist natürlich blanker Unsinn, mein aufmerksamer Therapeut musste gerade abermals einen leichten Klaps auf den Hinterkopf anwenden und bat mich erneut, nicht jede Vorlage für einen flachen Witz dankbar anzunehmen.
Aber der bot sich hier an, daher habe ich auch das Lieferfoto der Platte nicht in den Text eingebaut, ihr findet es aber selbstverständlich in der Bilder-Galerie.
Die Platte kam natürlich, so wie von mir erbeten, bereits so prächtig und liebevoll auf Porzellan angerichtet wie auf dem Foto abgebildet, der einzige Handgriff der vonnöten war, beschränkte sich auf das Entfernen von Frischhaltefolie. Und da war er wieder, der vielbeschworene Hauch des „Restaurant-Feelings“ am eigenen Esstisch, wunderbar.
Zur Platte gehören auch Aioli und Brot und letzteres kann man gar nicht genug loben, wenn man die übliche Weißbrot-Tristesse im Liefergeschäft bedenkt die sich in Solingen bietet.
Aioli & leicht geröstetes hausgemachtes Landbrot
Jede Scheibe des hausgebackenen „Landbrot“ wurde angegrillt und es überzeugte mit einer herrlich charaktervollen Kruste und ehrlichem, frischem Geschmack in der trotz Grillen noch saftigen Krume; ein Brot wie aus einer guten Handwerksbäckerei; außergewöhnlich.
Die Aioli kam in einem hübschen Weckglas und schon in dieser sollte sich die langjährige Tätigkeit des Kochs in einem spanischen Restaurant wiederspiegeln, der Duft war eine Wonne, ein wenig von dem warmen Brot mit etwas spanischer Soulfood-Klassik läutete das Essen ein:
Let the games begin... (Hochformat)
Großes iberisches Knoblauch-Kino! Herrlich frisch – das Wort werde ich heute noch öfters benutzen fürchte ich – mit leichter Säure und einer ordentlichen Portion „Ajo“: diese Aioli würde in jedem spanischen Restaurant dieser Hemisphäre ein „¡Muy sabroso!“ ernten möchte ich behaupten, einfach köstlich und die Menge sollte für zwei Essen reichen.
Die Zusammenstellung der Platte war eher eine kleine Reise durch Südeuropa und im Vergleich zu den manchmal etwas langweiligen rein italienischen Varianten eine positive Überraschung.
La sélection du carcajou Shaneymac
So tummelten sich neben eher italophilen Dingen wie gegrillten Gemüsen, Borretane Zwiebeln, Parmaschinken, einer außergewöhnlich guten Büffel-Burrata, Oliven oder mit Frischkäse gefüllten halbgetrockneten Tomaten auch Dinge, die in Geschmack und Ausführung an den Besuch einer kompetenten Tapas-Bar erinnerten: Gambas al ajillo, kleine, saftige Stücke einer Tortilla mit Blattspinat, leicht süchtig machende Feigen im Speckmantel, Scheiben einer in Honig gebratenen Chorizo sowie hocharomatische Champignones al jerez.
Das alles im Detail zu beschreiben würde den Rahmen sprengen, zumal ich noch zweierlei Ravioli vergessen habe: einmal in einer hellen Variante gefüllt mit Ziegenfrischkäse, dann in einer mit Safran und Tomatenmark im Teig „colorierten“ Spielart mit Ricotta Füllung.
Auch der eher griechisch anmutende Bohnensalat, bestehend aus Gigandes, den großen weißen Bohnen und Flageolets, den grünen Bohnenkernen der dann in einer leichten Tomatensoße auf den Teller kommt, war eine Freude für sich.
Denn auch wenn man hier im Einzelnen die Welt nicht neu erfunden hat – was hier keiner erwartete und intendierte – war nicht nur die Vielfalt ein Quell dieser Freude.
Nein, es war das feine Verständnis für gelungenes Abschmecken vor dem Hintergrund guter Produkte und tadellosem Handwerk, ein Beispiel: die saftige Tortilla war derart frisch, dass ich das Gefühl hatte, sie sei nur kurz vor dem Liefern gekocht worden (auch wenn sie natürlich Raumtemperatur hatte) und im „Abgang“ blieben die Insignien einer guten Version des gar nicht so banalen spanischen Kartoffel-„Omeletts“, nämlich die von hocharomatischen Zutaten die man so salzte, dass es eben nicht zu einem faden Kartoffelklumpen auf dem Gaumen geriet.
Selbst die gegrillten Paprika und Zucchini stachen aus der Masse heraus. Wenn ich bei manchen italienischen Restaurants manchmal das Gefühl habe, diese Gemüse werden im Mise en place einmal pro Woche auf Halde produziert, überzeugten diese mit einem ebenfalls saftigen Biss mit leichtem Al Dente Faktor unter Begleitung eines schön gekräuterten Olivenöles, das schmeckte ebenfalls wie an diesem Nachmittag produziert.
Das einzige, was ich nicht ganz so gelungen fand war der Parmaschinken, er war mir zu jung und etwas zu dick geschnitten, aber das ist angesichts der Opulenz, Vielfalt und sonstigen Argumente für die Großartigkeit dieses Arrangements nur eine lächerliche subjektive Randnotiz, trotzdem würde ich einen gereiften Serrano bevorzugen und mir für das Essen im Restaurant wünschen, sich gegen Aufpreis vielleicht etwas frisch aufgeschnitten Iberico oder sogar echten Bellota bestellen zu können.
Man muss sich ja nicht direkt eine Berkel im Wert eines Mittelklassewagens in den Laden stellen, könnte mir aber vorstellen, dass viele Gäste sich den Genuss und das Ritual gerne gönnen würden.
Wie auch immer, diese Platte kann ich wärmstens empfehlen, farbenfroher Genuss für Auge und Gaumen und zur Beruhigung aller: JA, es blieb eine ganze Menge übrig, sie hätte mindestens für drei gereicht und am nächsten Abend gab es wieder diverse willkommene Reste! ;-)
| Hauptgerichte |
Fischtopf mit kanarischen Kartoffeln und ensalada verde – 17,90€
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln – 14,90€
2018 Inopia blanc (Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier), Weingut Rotem & Mounir Saouma, Côtes du Rhône, Frankreich
Wie schon erwähnt war die Safrannote meines vorfreudig erwarteten spanischen Fischtopfes in Kombination mit der Farbe und Anmutung der Brühe ein Frontalangriff auf mein Appetit-Zentrum und auch die üppigst portionierte Fisch-Einlage sah sehr verheißungsvoll aus - der Fisch war so großzügig bemessen, dass man eigentlich auch von Fisch mit einer Brühen-Einlagen sprechen könnte, aber wer wäre schon so gemein spitzfindig.
Spanischer Fischtopf
Ein erster Löffel der Brühe ließ mich wohlig schaudern vor Glück, intensiv und vielschichtig auch fernab vom Safran, obwohl ich die spanischen und portugiesischen Fischtöpfe meist flacher und dumpfer finde, als ihre südfranzösischen Kollegen.
Den Fisch – Seeteufel, Lachs, Skrei – hatte man vor dem Garziehen in der Brühe leicht angebraten und mit einem hausgemachten, kreuzehrlichen Fischfond mit Krustentier-Noten abgelöscht, zu ihm gesellten sich noch Garnelen einer ansprechenden Sortierung, frische Calamares sowie Venus- und Miesmuscheln.
Besonders erwähnt sei der unglaublich saftige Kabeljau, den konnte man mit dem Löffel essen und er zerfiel auf der Zunge in genussvolle Bestandteile, zusammen mit dem Sud ein absoluter Hochgenuss.
Dazu gab es gelungene Papas arrugadas, die ich in Sachen Portionsgröße an diesem Abend eigentlich nicht mehr gebraucht habe, die aber am nächsten Abend mit der Aioli auch noch hervorragend schmecken sollten.
Papas arrugadas
Der begleitende grüne Salat in seiner Zusammenstellung keine Sensation, aber stimmig und absolut frisch, bemerkenswerter da schon das selbstredend hausgemachte Dressing aus passierten Himbeeren und weißem und dunklem Balsamico. Sehr sehr fein, auch wenn ich mir beim Thema Spanien natürlich auch einen guten Sherry-Essig hätte vorstellen können.
Ensalada verde
Der begleitende Wein aus der Côtes du Rhône war eine Cuvée aus Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier. Der Ausbau erfolgte über ein Jahr auf der Vollhefe im Zementei und in gebrauchten 500 Liter Eichenfässern.
2018 Inopia blanc
Das Ergebnis ist „ein vollmundiges, weisses Traumwässerchen mit Noten von getrockneten Aprikosen, Datteln, Nüssen, Rosinen und ein wenig Rumtopf. Geschmacklich dann erstaunlich frisch, dennoch mundfüllend und lang am Gaumen. Der Wein erinnert an einen sehr guten weissen Châteauneuf-du-Pape, bietet nur mehr Trinkfluss und kommt kühler daher. Komplex und sehr spannend zugleich.“ schreibt Meister Fenske von weine-feinkost.de über diesen schönen Tropfen und wie immer kann ich nur bescheiden nickend beipflichten, bevor ich mit meinen stümperhaften Worten Verwirrung stifte.
Apropos Wein: Am Samstag gab es übrigens das kleine vinophile Mitbringsel vom Restaurant zu den Resten vom Vorabend, nämlich „Bastis i-Tröpfchen“ (Foto siehe oben) und obwohl ich kein Grauburgunder-Fan bin, hat mich dieser Wein sehr positiv überrascht. Ein schönes Säuregerüst, kaum Restzucker, ein zugänglicher Wein mit herrlichen Tropenfrüchten in der Nase und auf der Zunge. Das Etikett hat ein befreundeter Karikaturist angefertigt und der Wein selbst ist in Kooperation mit dem Weinlieferanten des Lokals entstanden und ist den regulären außer Haus Preis von 15 Euro mehr als wert!
Die Dame am Tisch war derweil gesteigert glücklich mit ihrem Tafelspitz mit Meerrettich-Sauce, der zwar unter der „Destination Deutschland“ im Flugplan von Basti’s Airline eingetragen war, mich aber irgendwie doch eher an den Alpenraum bzw. Österreich erinnern sollte.
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln
„Wow, ist das zart!“…. „Gar kein Fett, wie lecker, probier mal!“ ….und während ich mich gerade mit halb geschlossenen Augen Brühe schlürfend in der Sonne Spaniens wähnte wurde mir ein Happen mit Sauce getränkter Tafelspitz reingestopft, Widerstand zwecklos – erwähnte ich, dass ich Meerrettich hasse? Danke Madame, sehr aufmerksam….
Aber abgesehen von persönlichen Vorlieben konnte ich ihre Zufriedenheit verstehen, auch das begleitende Karotten-Lauchgemüse mit angenehmer, leicht schlotziger Konsistenz konnte nicht nur mit dreierlei Möhren (lila, rot und orange) punkten, sondern mit viel Geschmack. Starke Aromen mag der Basti wie es scheint, herrlich, ganz meine Welt.
Die Sauce auch nach dem Aufenthalt im Ofen noch tadellos in jeder Hinsicht, so etwas hatte sie seit Jahren nicht mehr gegessen weil wir das Gericht zu Hause nie kochen und wie gesagt kam es extrem gut an.
Einmal Costa del Sol und daneben Wien und beide Gerichte auf ihre Weise eine Pracht, mehr Beweis für motiviertes Kochhandwerk braucht es wohl kaum.
Jenes zeigte sich dann auch abschließend beim kleinen Überraschungs-
| Dessert |
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas – gratis
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas
Nach diesem zumindest in meinem Falle eher durchgängig mediterranem Menü hätte ich mir bei freier Auswahl sicher etwas anderes bestellt, aber alleine die Geste zählt wie ich meine!
Und es war eine sehr solide Geste, wenn ein guter Koch eine solche Mousse zaubert, entsteht Beglückendes, das gefühlt pro Löffel mit 1200 Kalorien zu Buche schlägt und trotzdem löffelt man zufrieden lächelnd einfach weiter und weiter…
Besonders schön war, dass diese nicht übersüßt war, Oma Seelentröster Likör #1 war in beherzter Menge verwendet worden, die ebenfalls frisch improvisierte Beeren-Grütze spendete konternde Säure; ein gutbürgerliches Dessert das als Abschluss einen Sonntäglichen Drei-Gang-Menüs nach Suppe und Braten bei einem Familienfest sicher sehr viele Freunde finden würde.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für die nette Geste, falls der sympathische Betreiber dies jemals lesen sollte!
Auf dem Sofa angekommen sinnierte ich noch ein wenig über das gerade Erlebte und hatte mit Blick auf jenes ein wenig das von Florian Illies in seinem „Generation Golf“ anfänglich beschriebene Gefühl, exakt am richtigen Ort das Richtige getan zu haben bzw. zu tun, als die Familie gemeinsam am Samstagabend zusammen „Wetten dass?“ sah – ein schönes Gefühl.
| Fazit |
In einer Stadt, in der man mit Blick auf die einschlägigen Facebookgruppen das Gefühl hat, die Menschheit ernährt sich nur noch von Fritteusen-Schnitzeln mit Halbfertigsaucen und Gyrostellern von der Bude, freut es mich besonders, dass auch ehrliche gute Küche noch viele Freunde und das Lokal somit treue Stammgäste hat.
Für die Küche gebe ich gerne verdiente 5 Sterne für das Erlebte, eine solide, aromenstarke, motivierte Vorstellung, bravo!
Zum Service ist glaube ich nicht viel Rechtfertigung für ebenfalls volle 5 Sterne vonnöten…
Wer beim PLV das Dessert und den Wein sowie die ebenfalls vergessene Liefergebühr komplett ausblenden kann hat meinen vollen Respekt, aber da er ja nicht wusste, dass ich eine Kritik schreiben würde, möchte ich das trotzdem mit ins Kalkül ziehen. Was aber eigentlich völlig egal ist, weil ich auch so auf verdiente 5 Sterne gekommen wäre - alleine schon die Menge an hochklassigem Fisch in meinem Hauptgericht war bemerkenswert.
Schön war es, das erste Mal „beim Basti“ und ich verweise gerne auf den Titel: hier habe ich nicht zum letzten Mal bestellt und freue mich schon auf einen Besuch im Lokal, wenn dieser skandalöse, unter dem Strich seit langem offenkundig völlig wirkungslose, Existenzen-vernichtende, totale Gastronomie-Lockdown endlich vorbei ist…
Meine diversen Versuche, bei diesem Restaurant zu bestellen, hatten in letzter Zeit ja beinahe schon Slapstick-Dimensionen erreicht und ich war daher selten derart entschlossen, eine Bestellaktion mit quasi militärischer Präzision so vorzubereiten, dass zumindest auf meiner Seite keine unvorhersehbaren Stolpersteine auftauchen können.
Das begann schon damit, dass ich bereits am Donnerstag vorbestellte, um nicht erneut hören zu müssen, dass man am Freitagabend zur gewünschten Zeit schon „ausgebucht“ sei, was wunderbar funktionierte - von Dreisterne-Aioli-General Shaney lernen, heißt Siegen an der... mehr lesen
Basti's Restaurant
Basti's Restaurant
€-€€€
Restaurant, Catering, Biergarten
021264234199
Wuppertaler Str. 195, 42653 Solingen
5.0
stars -
"Lockdown Chronicles: Das Warten hatte ein Ende – und dem Anfang wohnte ein Zauber inne…"
Shaneymac
Meine diversen Versuche, bei diesem Restaurant zu bestellen, hatten in letzter Zeit ja beinahe schon Slapstick-Dimensionen erreicht und ich war daher selten derart entschlossen, eine Bestellaktion mit quasi militärischer Präzision so vorzubereiten, dass zumindest auf meiner Seite keine unvorhersehbaren Stolpersteine auftauchen können.
Das begann schon damit, dass ich bereits am Donnerstag vorbestellte, um nicht erneut hören zu müssen, dass man am Freitagabend zur gewünschten Zeit schon „ausgebucht“ sei, was wunderbar funktionierte - von Dreisterne-Aioli-General Shaney lernen, heißt Siegen an der
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
keine Wertung
Preis/Leistung
Viele Fragezeichen taten sich bei diesem kleinen Lokal vorab auf, als ich die Website erstmalig besuchte. Zumal ich bei vermeintlichen „Jack of all trades, master of none-Läden“ immer extrem misstrauisch bin, die gefühlte 400 Gerichte aus aller Herren Länder anbieten und selbst wenn es gut läuft, mit Glück gerade so eine Länderküche halbwegs beherrschen, war ich hier bei der, vor einem guten halben Jahr neu eröffneten, Pizzeria Roma am Eiland 13 zunächst eher verhalten begeistert was das Ausprobieren-Wollen angeht; Balkan und Italien klang wie eine zu gewagte Kombi in meinen Ohren.
Zudem warf die Preisgestaltung der Pizzen ohne weitere Infos im eigenen Webshop doch erhebliche Fragen auf: Eine große Thunfisch-Zwiebel Pizza für schlappe 14 Euro kann man in unserer Gegend sicher als „ambitioniert“ bezeichnen. Zumal es sich um ein kleines Lokal mit wenigen Tischen handelt, das sich dem Anschein von Karte und Standort nach in erster Linie mit Abhol- und Lieferservice verdingt und nicht unbedingt für das gepflegte Menü bei Kerzenschein steht, um es nett zu sagen.
Aber ich hatte noch die lobenden, die Cevapcici betreffenden Worte einer ehemaligen Arbeitskollegin - mit familiären Wurzeln auf dem Balkan - im Ohr, als wir hier kürzlich zufällig vorbeikamen und sich spontan ein verspätetes Mittagessen anbot.
Wenn ich, egal ob in der Sternegastronomie oder in der Pommesbude, etwas nicht leiden kann, ist es gespielte Plastik-Freundlichkeit und davor muss man sich hier nicht fürchten, die Eltern stehen mit den Söhnen im Geschäft, ein kleiner Familienbetrieb, die Begrüßung war ausnehmend herzlich und man freute sich aufrichtig über die neuen Gäste.
Meine Frage, wie es zu der kuriosen Balkan-Italien-Connection in der Karte komme, wurde von einem der Söhne ausführlich erklärt: ein Elternteil komme aus Italien, der andere habe mazedonische Wurzeln, die Mutter sei gelernte Köchin und der Bruder passionierter Pizzaiolo – das klang sehr beruhigend und vor Ort sprach man italienisch.
Auch die preisliche Situation bei den Pizzen klärte sich sehr schnell. Was man nämlich online, im Gegensatz zu der Karte vor Ort oder den Flyern, nicht erfährt ist, dass die „kleinen“ Pizzen hier mit 28cm schon die Größe haben, die anderenorts als „groß“ gilt.
Die ausgewachsene Variante misst gar 40(!)cm Durchmesser, ist somit eigentlich für eine Person gar nicht machbar, wenn man nicht unbedingt Joey Chestnut-DNA in sich trägt und bietet sich somit zum Teilen an, was den Preis völlig relativiert.
Die frischen Cevapcici in der Theke sahen wirklich gut aus, ich entschied mich für fünf davon im Brot mit Ajvar (3,50 €) – es gibt milden und scharfen, sehr gut! – und meine ständige Begleitung für eine kleine Margherita (5,00 €), aber bitte dunkel gebacken, croccante e ben cotta, grazie!
Das Brot für mein Hackfleischglück vom Grill kam nicht aus der Tüte, sondern wurde aus Pizzateig, den man hier mindestens 24 Stunden führt wie man mir erzählte, frisch gebacken.
Das Ergebnis zusammen mit den kräftig gewürzten Cevapcici, dem leicht scharfen Ajvar und den frischen Zwiebeln war wirklich mehr als lecker, auch wenn so etwas auf einem Foto immer bescheiden aussieht und aufklappen wollte ich es dafür nicht. Es ist schon ein großer geschmacklicher Unterschied, ob man, wie vielerorts in solchen kleinen Imbiss-Lokalen, fade TK-Cevapcici in die Fritteuse wirft oder, wie hier, frische hausgemachte auf Bestellung grillt.
hausgemachte Cevapcici im Brot
Nicht minder gut gefiel mir die Pizza. Es gibt sie also noch, Pizzen mit für den Appetit beherrschbarem Rand, viel Geschmack und dünnem Boden! Nichts gegen die momentan allgegenwärtige neapolitanische Pizza aber mir ist der dicke Rand und der weiche Boden dabei meist einfach too much.
kleine Margherita
Gut gefiel mir auch, dass man hier Fior di Latte, sprich Kuhmilch-Mozzarella und keinen – nicht nur in Solingen weit verbreitet - Gouda verwendet. Gut, das alleine heißt zwar noch nichts, denn jeder, der Kuhmilch produziert, kann auch Fior di latte-Mozzarella produzieren. Entsprechend groß sind die Qualitätsunterschiede. Die Auswahl reicht von fantastischer Mozzarella aus norditalienischer Bergmilch bis hin zu unterirdischer Industrie-Massenware.
Das ist der Unterschied zum DOP-protegierten Mozzarella di bufala aus Kampanien, selbst wenn auch hier gerne Schindluder getrieben wird.
Um es kurz zu machen: Die Pizza schmeckte wirklich sehr authentisch und während wir zufrieden unser kleines Essen vertilgten, fragte der sympathische Sohn des Hauses ob alles ok sei, setzte sich für einen kleinen Plausch mit uns an den Nebentisch, erklärte uns seine Philosophie und sagte, dass viele auf den ersten Blick Probleme mit der Karte hätten: die Italiener seien irritiert von den Balkan Gerichten, die Leute vom Balkan von Pasta und Co. etc. pp.
Nun, da kann man leicht Abhilfe schaffen denke ich. Wenn man das, was ich heute hier an sympathischen Eindrücken und Informationen zum Hintergrund der Familie erlebt bzw. erhalten habe auch nur ansatzweise über den eher spartanischen eigenen Webshop transportieren würde, hätten sich sicher viele Fragen für kulinarisch neugierige Solinger schon vorab geklärt, von den dort fehlenden Größenangaben der Pizzen ganz zu schweigen.
In der Folge haben wir den Lieferservice in Anspruch genommen, Pasta und Salate können sie auch, die Lieferung kam prompt und mit glühend heißen Speisen.
Fazit
Preiswert, schnörkellos, ehrlich, sympathisch und vor allem eins: sehr lecker – zur Nachahmung für alle ewig Neugierigen sehr empfohlen.