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Ziel unseres kulinarischen Abstechers über den Rhein war das direkt an der Eggensteiner Hauptstraße gelegene Restaurant „garbo im Löwen“, das seit Februar 2017 von Küchenchef Marcel Kazda geführt wird. Der gebürtige Karlsruher Kazda erkochte sich zusammen mit seinem Team im Jahr 2023 den begehrten Michelin-Stern, den er bis heute hält.
Bei ihm trifft klassisches Handwerk auf hochwertige Produkte, die auch gerne aus der näheren Umgebung kommen dürfen. Seine badischen Wurzeln leugnet er dabei nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil: er liebt die traditionellen Gerichte seiner Heimat genauso wie die französisch, mediterran, asiatisch oder orientalisch inspirierten Teller.
Dementsprechend breitgefächert liest sich das Speisenprogramm. Neben einer kleinen À-la-Carte-Auswahl sind es die beiden Menüs, wegen denen sowohl nostalgisch veranlagte Genießer als auch kulinarisch aufgeschlossene Feingaumen im traditionsreichen „Löwen“ gerne einkehren.
Das renommierte Haus blickt auf eine lange gastronomische Tradition zurück. Bereits in den 90er Jahren zählte es unter der Ägide von Pasteten- und Terrinengott Lothar Buck zur Spitze der Karlsruher Gastroszene. Und genau da ist es auch heute wieder.
Marcel Kazda, der im Laufe seiner Kochkarriere in mehreren angesehenen Häusern (z.B. Restaurant Imperial im Schlosshotel Bühlerhöhe zu Wolfgang Müllers Zeiten oder als Souschef an der Seite von Marco Müller im Restaurant Harlekin, Grandhotel Esplanade, Berlin) tätig war, hat dem Eggensteiner „Löwen“ wieder zu neuem Glanz verholfen.
Mit Philipp Spielmann konnte er einen erfahrenen Sommelier als Restaurantleiter gewinnen. Der sympathische Spielmann, der das betreute Trinken in Perfektion „dirigiert“, war zudem ein ganz hervorragender Gastgeber, der uns das Ankommen so angenehm wie möglich machte.
Von blasiertem Sommeliergehabe und übertriebener „Etikettenreaktion“ keine Spur. Stattdessen glänzte er mit witzigen Anekdoten und profundem Wein- und Winzerwissen. Ein rundum cooler Suffmeister, der uns stets das Gefühl gab, genau das richtige im Glas zu haben (auch wenn es kein Rebensaft war…) und der zudem mit einer gesunden Portion Humor ausgestattet war. Seine Performance an diesem Donnerstagabend war wirklich ganz großes Servicekino. Kann man vielleicht anders, aber wohl kaum besser hinkriegen.
Dass er uns vorab einen Blick auf das vorbildlich marmorierte Rindersteak im Rohzustand werfen ließ und damit unsere Lust auf den Fleischgang noch potenzierte, war ein herrlich durchtriebener Schachzug.
Der Mann wusste also auch, wie man gestandene Karnivoren bei Laune hielt.
Von außen eher unscheinbar, zählen im „garbo“ eher die inneren Werte. Wir durften in der holzvertäfelten Stube, unweit des alten Kachelofens Platz nehmen und fühlten uns gleich sehr gut aufgehoben. Dem hier vorherrschenden Wirtshauscharme aus der guten, alten Zeit kann man sich gar nicht entziehen.
Auf dem mit weißem Leinen überzogenen Tisch erwarteten uns bereits auf Hochglanz polierte Wasser- und Weingläser, Silberbesteck, Brottellerchen und hübsch gefaltete Stoffservietten.
Gediegene badische Tafelkultur in nostalgisch-gemütlichem Rahmen. Einfach schön, wenn Klasse nicht auf Kosten der Gemütlichkeit geht. Statt einer langatmigen Schilderung der einzelnen Einrichtungsdetails, lasse ich an dieser Stelle lieber die Bilder sprechen.
Uns hatte man zeitnah mit einer Flasche Peterstaler Mineralwasser „medium“ (8,90 Euro) den ersten Durst genommen und mit der aufklappbaren Speisenkarte versorgt. Zum Aperitif gönnte sich mein Kollege ein Gläschen Haussekt, einem „Dosage Zero“ (0,1l für 12 Euro) vom Weingut Eugen Wambsganss aus Landau-Nussdorf (Pfalz), der schön „brut“ prickelte.
Ich machte da lieber den Südfranzosen und süffelte mich an einem aromatischen, mit Eiswasser verdünnten Pastis (9 Euro) in Verzehrlaune.
Dann wurde es schwierig. Für welches der beiden Menüs sollte ich mich entscheiden? Da kein tischgebundener Menüzwang herrschte, war theoretisch alles möglich. Mein der rechtsrheinischen Regionalküche zugewandter Tischgenosse hatte sich recht schnell auf den kulinarischen Fußabdruck der badischen Art eingeschossen, während mich auch das Inspirationsmenü von Maître Kazda reizte.
Schnell einig waren wir uns dagegen, dass wir an diesem Abend über die volle 7-gängige Distanz gehen wollten. Die kulinarische Genussreise durch Baden war in der Komplett-Version für faire 119 Euro zu haben. Für einen Fuffi mehr blies der Sternekoch zur deutlich internationaler daherkommenden Gaumeninspiration seines Degustationsmenüs mit gleicher Anzahl von Gängen.
Um meine kulinarischen Vorurteile gegenüber rechtsrheinischer Hausmannskost ein wenig abzubauen, schloss ich mich dem „Gelegenheitsbadenser“ am Tisch an. Wir orderten also beide das Baden-Menü in der All-in-Ausführung. Bei mir jedoch mit einer kleinen Ausnahme.
Ich fragte höflich an, ob man den Rheinzander nicht gegen den auf der Haut gebratenen Ike Jime Wolfsbarsch vom Inspirationsmenü tauschen könne. Gegen einen kleinen Aufpreis (10 Euro) wurde meinem Wunsch sehr gerne entsprochen. So viel Flexibilität gibt es sicher nicht in jeder Sterneküche.
Dann schmökerte ich ein wenig in der umfangreichen Spielmann-Bibel, die ein erkleckliches Flaschenweinangebot listete. Der Löwenkeller musste ganz schön groß sein. Anders konnte ich mir die fast schon enzyklopädischen Ausmaße dieses mit großem Weinverstand zusammengestellten Kompendiums kaum erklären. Eine vinophile Entdeckungstour quer durch den europäischen Kontinent, deren riesige Auswahl uns vor Entscheidungsnöte stellte.
Vielleicht war es die Sehnsucht nach mediterraner Wärme, die mich in dieser kalten Jahreszeit einen nicht allzu schweren Roten von der beliebten Ferieninsel Mallorca auswählen ließ. Die hauptsächlich aus der einheimischen Rebsorte Manto Negro und etwas Syrah bestehende Cuvée aus dem Jahr 2020 nannte sich „Tanuki Bob“ und kam aus biologischem Anbau. Die 52 Euro für die Flasche (Faktor 3!) waren sehr gut investiert und für ein Sternelokal (mit all dem „Drumherum“) absolut fair bepreist.
Das bekannte Garagen- oder besser gesagt „Scheunenweingut“ 4 Kilos aus Felanitx, die auch gerne mal unter „12 Volts“ stehen, steckte hinter diesem angenehm weichen Mallorquiner, dessen zarte 13% für gehörigen Trinkfluss sorgten. Ein wunderbar ausgewogener Rotwein, der Erinnerungen an feuchtfröhliche Finca-Abende zusammen mit guten Freunden weckte. Wie schön, dass es kommenden Herbst endlich wieder soweit ist…
Los ging es mit einer ganzen Reihe von herbstlichen Einstimmungen. Zur abwechslungsreichen Brotauswahl von der Karlsruher Traditionsbäckerei Meier
reichte man eine mit Kürbiskernöl verfeinerte Butter
sowie ein fein abgeschmecktes Hummus von der Roten Beete mit schwarzem Sesam und marinierten Kichererbsen.
Das machte nicht nur farblich einiges her, es schmeckte auch ganz hervorragend.
Weiter ging der bunte Amuse-Reigen mit einem Kürbissüppchen mit Kokos-Curry-Schaum (als Shot serviert)
und einer knusprig salzigen Miniaturdampfnudel, die auch meine Mutti früher nicht besser (aber natürlich größer!) hinbekommen hat. Im Zusammenspiel mit der wunderbar aromatischen Kürbissuppe ein echter „Sehnsuchtsbissen“.
Dem nicht genug, feierte auch noch der Federweiße in Form eines schmackigen Zwiebelkuchenwürfels mit Gel vom neuen Wein sein spätherbstliches Comeback – wenn auch nur als Häppchen mit gepickeltem Radieschen auf dem schicken Amuse-Löffel.
Auch so eine kleine Aromenbombe ohne viel Tralala, die unsere Vorfreude auf die bald folgenden badischen Genüsse noch steigerte.
Als ersten Gang servierte uns die freundlich-souverän agierende Servicecrew subtil geräucherten Balik-Lachs in absoluter Spitzenqualität. Dieser lag in kleine Würfel geschnitten auf einem kross gebratenen Kartoffelpuffer, der – so mochte ihn schon Marcel Kazdas Opa am liebsten – mit etwas Speck zu Höchstform auflief. Reschbeggt!
Geräucherte Crème Fraiche unterstützte die vollmundige, auf der Zunge schmelzende Fischspezialität stimmig. Saiblingskaviar und mit Kresse-Öl verfeinerte Molke brachten süffig-salzige Frische ins Spiel.
Heilig’s Lächsle! Was für ein großartiger Aufgalopp durchs Land der knusprigen Reibeküchle. Hochzufrieden brachte er uns in badische Festtagssuppenlaune.
Eine intensive Tafelspitz Consommé duftete doppelt und dreifach (konzentriert) aus dem dekorativen Gläschen. Neben Wurzelgemüsebrunoise, frischem Schnittlauch und kleinen Tafelspitzwürfeln, badeten auch ein paar Flädle, ein Markklößchen sowie ein kleiner Raviolo in der vollmundigen Rindfleischbrühe.
Ihr reiner Fleischgeschmack beeindruckte am Gaumen genauso wie die stimmige Einlagensammlung. Die mürben Markklößchen hätten von ihrer Konsistenz her auch aus der Küche meiner Mutter stammen können. Ja, ist denn heut‘ scho Weihnachten? Glückselig grinsend löffelten bzw. tranken wir den flüssigen Seligmacher bis zum letzten Tropfen aus.
Dann trennten sich beim Fischgang unsere kulinarischen Wege. Während sich mein Kollege sein Zanderfilet aus dem Daxlandener Altrhein in Rieslingssahnesauce mit gehobelten Champignons de Paris schmecken ließ,
erfreute ich mich an dem nach Ike-Jime-Art geschlachteten Wolfsbarsch, von dem ein kross auf der Haut gebratenes Stück das Porzellan zierte.
Ihn umspülte ein schaumiger, orangefarbener Muschelsud, der mit seiner wuchtigen Chorizo-Würze verblüffte. Ein pikantes Meereselixier ganz nach meinem Geschmack! Neben dem unfassbar zarten und supersaftigen Schuppentier thronte ein knusprig-cremiger Pecorinokrapfen auf in feine Streifen geschnittenen Schnippelbohnen.
In der Summe ergab das einen kräftigen Fischteller im allerbesten Sinne, der es mit jeder guten Bouillabaisse hätte aufnehmen können. Ich muss gestehen, dass ich eine solche Aromendichte eher am Vieux Port von Marseille erwartet hätte als in Eggenstein-Leopoldshafen.
Bei Gang Nummer vier, dem Bauch vom Kraichgauer Landschwein, der es sich zwischen einer gebratenen Blutwurstscheibe und einer ebenfalls in der Pfanne geschwenkten Tranche vom Serviettenknödel gemütlich gemacht hatte, waren mein Kollege und ich wieder voll auf Wellenlänge.
Und auf was für einer! Die geradezu sündhaft saftige „Schweinerei“ wurde mit geschmolzenem Lardo, karamellisiertem Apfel, französisch gebuttertem Kartoffelpüree, ein paar Blättern Feldsalat und einer dunklen Jus veredelt und avancierte so zur Highend-Hausmannskost.
Das ergab eine großartige, aromensatte Leib- und Seelenspeise, die wie die Faust aufs Auge zur Falstaff-Figur ihres Erschaffers passte. Und von der man beim besten Willen nicht wusste, ob man sie der Hoch- oder Weinstubenküche zuordnen sollte. Egal, feste Grenzen zwischen Sterne- und Wirtshauskost sind für Chefkoch Kazda anscheinend nur dazu da, um sie mit spielerischer Leichtigkeit aufzuheben.
Da passte dann auch das frisch gezapfte Helle aus dem Hause Hoepfner, das sich mein Kollege zum ultrazarten Schweinebauch schmecken ließ. Ich blieb dagegen lieber beim samtweichen Roten von der Deutschen liebster Urlaubsinsel.
Und ich tat gut daran, denn bald sollte eine „Badische Leibspeise“ par excellence folgen.
Auf einem tiefdunklen Saucenspiegel – allein für diese substantielle Spätburgunderjus hatte sich der Ausflug nach Eggenstein allemal gelohnt – lagen badische Köstlichkeiten von Feld und Wiese akkurat nebeneinander gereiht. Dass dazu auch der Rotwein aus Mallorca eine exzellente Figur machte, wunderte nicht wirklich.
Hauptdarsteller war natürlich das bereits vorab von Gastgeber Spielmann im Rohzustand geteaserte, traumhaft marmorierte Stück aus dem Rinderrücken („Badisches Wagyu“), das rosa gebraten und lediglich mit ein paar Salzflocken bestreut zwischen einem in Butter gebratenen „Bubenspitzel“ (Schupfnudel) und einem Häuflein Sauerkraut hervorlugte.
Eine halbe hausgemachte Maultasche samt Schmälzzwiebeln komplettierte diesen makellosen Karnivorentraum für Saucensüchtige.
Ein hausmannsköstlicher Fleischteller, auf dem hochwertige Produkte aus der Region – das Nobelrind stammte übrigens, wie fast alles, was im „garbo“ an Fleisch und Wurst auf den Tisch kommt, von der badischen Kultmetzgerei Glasstetter (Völkersbach) – zwar auf bekannte, aber nicht minder geniale Art und Weise miteinander kombiniert wurden und sich zu einem herzhaften Leibgericht voller Lust am unkompliziert guten Geschmack verdichteten. Großes Gaumenkino fürs eingefleischte Gutbürgertum!
Da wir die köstliche Jus mit Hilfe der à part gelieferten „Bubenspitzle“
bis auf den letzten Tropfen wegstippten, schlug nach dem Fleischgang unweigerlich das Sättigungsgefühl zu. Da hatten wir aber die Rechnung ohne den nach angenehmer „Verschnaufpause“ servierten Käsegang gemacht.
Eine mit Bedacht arrangierte Auswahl aus fünf Sorten (von Reifemeister Waltmann aus Erlangen) zierte zusammen mit einer kleinen Scheibe vom hausgemachten Früchtebrot und einer Pfütze Chutney das rechteckige Porzellan.
Im Einzelnen waren das: ein nussig-würziger Comté Réserve aus dem Jura, ein aromatischer Reblochon aus den Hochsavoyen, ein cremig-weicher, nach der kleinen mittelalterlichen Stadt zwischen der Champagne und Burgund benannter Langres fermier, ein leicht süßlicher Taleggio aus Norditalien und ein feinsäuerlich-frischer Brillat-Savarin aus dem Burgund.
Um es kurz zu machen: die wohlaffinierten Molkereierzeugnisse haben alle hervorragend gemundet, aber der fließende Langres und der alte Comté konnten doch aufgrund ihres Charakters am meisten begeistern. Genau wie die himmlisch süße 2003er Gewürztraminer Spätlese „Nussdorfer Herrenberg“ (0,1l für 12 Euro) von Eugen Wambsganss aus der Pfalz, die ich mir dazu gönnte.
Rien ne va plus…Denkste! Das süße Finale stand ja noch aus. Und so delikate Apfelkrapfen gehen auch mit vollem Magen. Man will sich in einem rechtsrheinischen Futtertempel nicht die Blöße geben – zumindest nicht als Pfälzer. Noch dazu, wenn man solche feinen, in Zimt und Zucker gewendeten Apfelbeignets in Kombination mit einem intensiv nach Vanille schmeckende Schaum und einem geschmeidigen Sauerrahmeis aus dem Schwarzwälder Kristallglass genießen darf.
Während drüben im Separee Winzerlegenden aus der Pfalz und Baden (Jülg meets Ziereisen) diverse Flaschen blind verkosteten und dazu die feine Kazda-Küche genossen, kippte mein Kollege noch einen anständigen Grappa (4cl für 12 Euro). Zeitgleich rann auch der letzte Schluck Rotwein meine Kehle hinunter.
Glücklich, gesättigt und hochzufrieden beglichen wir die für das Gebotene absolut angemessene Rechnung. Die abwechslungs- und ideenreich dargebotenen badischen Gerichte überzeugten auf ganzer Linie. Harmonische Geschmacksbilder, die Erinnerungen an früher weckten. Und das alles auf bodenständige, äußerst „symbadische“ Art.
Dass später auch Marcel Kazda an unseren Tisch kam und die Idee seiner kulinarischen Heimatreise durch Baden, die ihm nach dem Besuch einer Rolling Pin Convention kam, genauer erläuterte, passte ins gastfreundliche Bild, das uns das Serviceteam um Philipp Spielmann den Abend über vermittelt hatte.
Wenn Stern, dann bitte so! Bleibt auf dieser Schiene, ihr „garbos“. Ihr macht das echt klasse!