Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 275 Bewertungen 333333x gelesen 9845x "Hilfreich" 8834x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 05.12.2021 2021-12-05| Aktualisiert am
05.12.2021
Besucht am 06.10.2021Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 76 EUR
An einem Mittwoch seit längerem mal wieder ohne häusliche Versorgung stellte sich die Frage nach einem angenehmen Mittagessen. Nun, „Testen“ ist ja gerade in aller ... (Warte! Warte! Warte! Gleich kommt‘s!) ... Nasen!!! und so radelte ich zur Überprüfung des sehr guten ersten Eindrucks frohgemut in Richtung Topaz, das nach wie vor nur der Wochenmitte auch den kleinen Hunger zur Mittagszeit stillt. Reserviert hatte ich nicht, aber Chefin Nina war freundlich gestimmt und bot mir nach obligatorischem Impfstatus-Check wieder einen Tisch im schönen Wintergarten an. Man gut, dass ich Punkt 12 Uhr das Lokal enterte, in der nächsten halben Stunde füllte sich das Restaurant bis auf den letzten verordnungsgerechten Platz. Der Innenraum ist inzwischen neu möbliert und auch die Bar schimmert durchaus einladend.
Als mittlerweile Trendsetter des väterlichen Solo-Essens wählte ich des besseren Überblicks wegen drei Vorspeisen und die Tagessuppe. Soviel vorweg: Alles war überlegt, handwerklich top und kreativ - käme jederzeit wieder in meine Auswahl.
Was sich trotzdem so in meinem Kopf während eines Essens abspielt, habe ich nachfolgend mehr als Gedankenprotokoll denn ausgeschriebene Kritik wiedergegeben. Ich hoffe, es gefällt trotzdem. Und eine Entschuldigung an alle, denen dieser Stil nicht zusagt. Es soll nicht zur Gewohnheit werden; ich hatte halt mal Lust es zu beschreiben.
Tatar von der gedämpften Garnele, Mayonaise, Amalfi-Zitrone, Kopfsalat, Cognac, Mandarine, Erdnuss
Gute Entwicklung der Texturen. Auch, nachdem die Erdnuss durch ist, verhindert der Salat, dass es zu matschig wird. (War das Kopfsalat? Fühlte sich eher wie Eisberg an, was hier aus den o.g. Gründen ausnahmsweise Sinn macht.)
Die Mayo verbindet gut, bleibt aber angenehm leicht.
Geschmacklich grundsätzlich ein gute Kombination. Süße/Säure/Salzigkeit. Die Bitternote des Cognacs ist genial!
Leider knockt die an sich geile Amalfi-Zitrone in der dicken Gel-Matte die Garnele völlig aus. Die Säure dominiert viel zu lange das Geschmacksbild, so dass erst nach sehr langem Kauen überhaupt Garnele - immerhin der Hauptdarsteller - erkennbar wird. Unerwünschter Nebeneffekt dabei: Am Ende wird es langweilig, weil es an einer pikanten Komponente fehlt.
Dabei wäre die Säure in dieser Menge gar nicht notwendig: Schmeckt man das Gericht ohne das Gel - frappierend, wie präsent die Garnele sofort ist.
Also weniger/dünnere Matte des Gels oder in wenigen Stücken (damit Säure nur in Spitzen) oder andere Zitrusfrucht (Yuzu?).
Blumenkohl, Trüffel, vegane Rucolacrème, Dukkah, Rote-Bete-Chip
„Kannste so schicken!“ Alle Teile geil und in Summe noch geiler.
Nur ein paar offene Fragen:
Tut dieser Trüffel wirklich was für das Gericht?
Könnte Dukkah etwas prononcierter eingesetzt werden? Die Süße und Süffigkeit des Tellers verträgt meines Erachtens nach kräftigere Würzung.
Sollte da keine kräftigere Textur sein, außer dem Chip (eher Papier), dessen Knusper ja sehr schnell durch ist? Könnte der Blumenkohl in zwei, unterschiedlich festen Texturen präsentiert werden?
Geräucherte Entenbrust,Asiatischer Gurkensalat, Miso, Sesam, Traube
Texturen o.k. Das feste Fleisch hat lange Zeit Mitspieler. Der Knack der diversen und unterschiedlich behandelten Gemüse ist „frisch“.
Erneut wird mit deutlicher Säure (im Salat und zusätzlich in den Tupfen) gearbeitet, die durch die Struktur und mangels deutlich süßer Komponente lange am Gaumen bleibt. Die geräucherte Ente verträgt das aber deutlich besser und ist schnell da und ist gekommen um zu bleiben. Also grundsätzlich ok. Kleines „Problem“: Verjus in Tupfen verteilt die Säure hier sehr unterschiedlich. (Bei der Garnele wär das o.k. gewesen, weil die flächendeckende Säure too much war, hier nicht.) Frage: Ginge ein dünner Strahl aus der Quetschflasche, um alle Stücke gleichmäßig dezent zu benetzen?
Dem Gericht fehlt - für meinen Geschmack - eindeutig eine leichte Schärfe! Das kalte Fett der Ente braucht am Ende Frische, wenn die Säure weg ist.
Hier fragt der Gast: Müssen die Gurkenstücke so grob geschnitten sein? Entweder muss man Ente und Gurke und Beihau auf der Gabel erst balancieren, dann scheitern, dann entnervt alles aufspießen. „All-in“ kann für Gäste mit einem kleineren Mund(werk) schwierig sein, auch wenn es ein „maskulines“ Gericht ist. Aber wenn man versucht zu schneiden, endet es bei der Entenbrust mit kalter Haut in einem unschönen Schlachtfeld auf dem Teller.
Ramen (ohne Foto)
Nichts zu meckern. War, was es sein sollte.
Die Weizennudeln tadellos.
Brühe gut für eine Miso (Ich fahr mehr auf Tonkotsu ab).
Seidentofu ist zwar hochwertig, aber etwas „verschenkt“. Eine gröbere Qualität, vielleicht sogar geräuchert, hätte auch gut gepasst (für mich).
Ansonsten mag ich es mehr, wenn Limette und Kräuter (und Chili) nicht schon in der Suppe schwimmen, sondern à part serviert werden. Aber das ist vielleicht zu Streetfood-style.
Endlich war Schärfe da! Dann allerdings mit drei nicht zerkleinerten Chili-Ringen schon heftig für manche. Für mich hat es gepasst.
Im Glas:
Presidential White Port, Côte du Rhône Blanc von Guigal, Störtebecker Freibier, Bad Pyrmonter
An einem Mittwoch seit längerem mal wieder ohne häusliche Versorgung stellte sich die Frage nach einem angenehmen Mittagessen. Nun, „Testen“ ist ja gerade in aller ... (Warte! Warte! Warte! Gleich kommt‘s!) ... Nasen!!! und so radelte ich zur Überprüfung des sehr guten ersten Eindrucks frohgemut in Richtung Topaz, das nach wie vor nur der Wochenmitte auch den kleinen Hunger zur Mittagszeit stillt. Reserviert hatte ich nicht, aber Chefin Nina war freundlich gestimmt und bot mir nach obligatorischem Impfstatus-Check wieder einen... mehr lesen
Restaurant Topaz
Restaurant Topaz€-€€€Restaurant042177625Horner Straße 90, 28203 Bremen
4.5 stars -
"Testergebnis: Alles bestens!" DerBorgfelderAn einem Mittwoch seit längerem mal wieder ohne häusliche Versorgung stellte sich die Frage nach einem angenehmen Mittagessen. Nun, „Testen“ ist ja gerade in aller ... (Warte! Warte! Warte! Gleich kommt‘s!) ... Nasen!!! und so radelte ich zur Überprüfung des sehr guten ersten Eindrucks frohgemut in Richtung Topaz, das nach wie vor nur der Wochenmitte auch den kleinen Hunger zur Mittagszeit stillt. Reserviert hatte ich nicht, aber Chefin Nina war freundlich gestimmt und bot mir nach obligatorischem Impfstatus-Check wieder einen
Geschrieben am 13.02.2022 2022-02-13| Aktualisiert am
14.04.2022
Besucht am 29.09.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 277 EUR
Die letzte Station unseres Kurzurlaubs war das schöne Weimar. Nach einer geballten Ladung Stadtgeschichte, natürlich mit Schwerpunkt Klassik (Bauhaus kommt dann wieder beim nächsten Besuch dran), wollten wir die Reise mit einem schönen Abendessen beschließen. Man gönnt sich ja sonst auch was, sag ich immer...
Das Clara war noch immer auf der Suche nach einem Chefkoch und die eigentlich favorisierte, sehr zu empfehlende Weinbar (Über 100! offene Weine und eine kleines, aber feines Menü.) hatte noch nicht wieder geöffnet. Deshalb ging es ins historisch höchst interessante Hotel Elephant, das bis vor wenigen Jahren mit dem AnnaAmalia noch ein besterntes Restaurant beheimatete. Dann entschied man sich auch am Weimarer Marktplatz, einen Gang zurück zu schalten, Chefkoch Mario Fabbri wechselte in die oben erwähnte Weinbar. Im auch namentlich entschlackten AnnA setzt man nun hauptsächlich auf ein gehobenes regionales à-la-carte-Angebot und ergänzt dies durch ein kreativeres Abendmenue, das mit 94€ für sechs Gänge aber recht selbstbewusst bepreist ist.
Bei Wasser (nur 5,1€), White Port (6,0€)
und Campari-O (9,5€, aber mit frisch gepresstem Saft) bestellten wir etwas querbeet, was auch kein Problem war. Überhaupt agierten alle Kräfte sehr kundenorientiert, gut gelaunt, mit Respekt, aber auch Selbstbewusstsein, wenn ein Gast mal etwas zu Unrecht kritisierte (Datenschutz verhindert hier nähere Angaben!). Hat richtig Spaß gemacht! Wozu aber auch das nach meinem Geschmack einfach wunderschöne, elegante, aber nicht steife Ambiente beiträgt. Schon der Gang durch die Lobby-Bar des Elephant beschwingt mich und auch der langgezogene Gastraum mit Blick in den Garten hat ebenso Stil wie ausreichend Platz, die Tische angenehm zu platzieren, so dass wir uns weder einsam, noch von einer kleinen Business-Gesellschaft gestört fühlten.
Frau Kühn im Service nahm meine Erinnerung an die Sterne-Zeit bedauernd zur Kenntnis und machte uns erst einmal mit dem aktuellen Motto vertraut: „Wir wollen einfach leckere Speisen anbieten.“ Ein Amuse gehört dazu nicht mehr, ebensowenig wie Mignardises zum Abschluss. Aber immerhin zweierlei gutes Brot begleitet von einer Linsencrème, Olivenöl, Butter und Fleur de Sel.
Der aus der Weinbegleitung heraus empfohlene Grauburgunder vom Saale-Weingut Zahn überzeugte uns nicht (genug), aber aus guten alten Zeiten fand sich noch ein feines Mosel-Gewächs, das geschmacklich voll einschlug. Zudem mit 60€ ein echtes Schnäppchen, denn im Netz werden derzeit 38€ aufgerufen. Und für genau diese Summe wurde uns sogar noch ein zweites Fläschchen für den heimischen Keller verkauft. Da das etwas länger dauerte, vermute ich mal, dass der Service auch erst im Netz nach einem Preis suchen musste;-)
Für Spaß im Glas war also gesorgt, während ich alleine mit Thüringer Wild(schwein)schinken (18€) startete, der mit Steckrübe, präsentem Basilikum und Kümmelvariationen stimmig kombiniert wurde. Die seit dem Winter 1916/17 hierzulande oft geschmähte Rübe konnte sich gut gegen die recht salzige Schweinerei behaupten, besonders durch die knackige Textur der süß-sauer eingelegten Variante. Das Kümmel-Karamell blieb entgegen meiner Besorgnis angenehm im Hintergrund und setzte sich erst gegen Ende eines Happens in Szene. Eine „irgendwie“ bekannte, rustikale Geschmackswelt, aber verfeinert und mit dem Basilikum gelungen erweitert.
Beide genossen wir dann das bei 62 Grad knapp über Läufigkeit gegarte Landei (18€), zu dem wohl gepökelter Wels in einem salzig-kühlen Kontrast stand. Natürlich begleitet von feinem Kartoffelschaum und statt Spinat hob würzig-kräuterige Petersilie das Ganze aus zu viel Molligkeit. Das und eine gute Prise Chilipulver!
Bei der Thüringer Sauerkrautsuppe mit Senfsaat (14€) wäre ich wieder solo gewesen, aber der Service hatte etwas „dagegen“. So bekam auch meine Liebste einen Teller der samtenen, vermutlich durchs Sieb gestrichenen Suppe, denn kein Fetzchen Kohl trübte die Freunde über die erfrischende Säure, die mittels der Sahne gut eingebunden war. Auf der Zunge zerplatzten die kleinen Senfkörner, vermutlich nicht die einzigen Scharfmacher. Für etwas zum Knabbern war der nicht weltbewegende, aber mit Sesam und Käse schon leckere Vollkorn-Blätterteigzopf zuständig. Nur die in der Karte angekündigte Petersilie glänzte am Gaumen durch Abwesenheit, hier wäre neben der Winzigkeit von Chiffonade ein Öl sicher nicht verkehrt gewesen. Trotzdem: Dieser Ausflug fort vom Menü geriet überraschend elegant, nicht das, was ich mir unter einem Sauerkraut-Gang vorgestellt hatte. Wie angenehm.
Vor dem Fleisch konnte ich natürlich nicht umhin, um ein Sorbet (4€) zu bitten. Die Wahl fiel auf erfrischende Passionsfrucht und die Küche präsentierte stilvoll.
Ganz gut, dass die Erfrischung kam, denn die Küche ließ sich viel Zeit mit dem nächsten Teller.
Der Hauptgang (39€) stellte dann eine Premiere dar, denn Mufflon hatte ich zuvor noch nicht probieren dürfen. In der Tat seinem zahmen Verwandten aromatisch nicht unähnlich, hatte ich spontan eine Assoziation zu Bison-Fleisch. Das perfekt medium gebratene Rückenstück war auch fester als das übliche Lamm, aber überhaupt nicht zäh. Wilder, halt. Sehr gut gelungen die Beilagen, sei es die intensiv reduzierte Sauce, der in Textur und Geschmack perfekt gelungene Haselnussbutter-Crumble, schön heiße Waldpilze oder der Kopfsalat, der in der Pfanne Röstaromen bis an die Grenze zur Bitterkeit bekommen hatte. Was auch Sinn machte, um dem kräftigen Fleisch Paroli zu bieten.
Schön, dass das AnnA einen veritablen Käsegang (16€) anbietet: Variationen von altem Gouda, Birne und Johannisbeere. Das gab schöne Kombinationsmöglichkeiten von süß, sauer, umami und salzig, dazu die vielen Konsistenzen. Nichts Weltbewegendes, aber interessant und lecker. Den von mir gewünschten Banyuls wollte der Service nur ungern bringen, da zu mächtig. Aber Hey! am Ende entscheidet der persönliche Geschmack und der Käse konnte schon was. Außerdem macht Bertrand guten Stoff, gleich nach Gebrüdern Parcé. Für mich passte das schon. Kam der süße Pyrenäe vielleicht deshalb nicht auf die Rechnung, weil er gegen den Rat des Service bestellt wurde? Nein, sicher nicht, zu kundenorientiert agiert hier das Team!
An diesem schönen Abend wollte ich den Süßen Fan nicht allein beim Dessert lassen! Zu lecker klangen Rosmarin, Cheesecake und Weinbergpfirsich (14€). Und: Endlich mal hat mich ein süßer Gang glücklich gemacht. Wie ein lockerer Flan die Quarkcreme mit den knusprigen Krümeln, kühles Rosmarineis, saftig-süßes Pfirsichragout, nicht zur Unkenntlichkeit verkocht, ein kleiner würziger Knusper durch geröstete Rosmarin-Nadeln, gegen die Süße frischer Sauerrahm. Passte alles wunderbar - Schleck, Suchtgefahr!
Auch hier spendierte das Haus etwas Süßes - Moscato d‘Asti hat in den letzten zwei, drei Jahren ein unglaubliches Comeback hingelegt. Zu Recht, wie dieses Pairing zeigte.
Und so endete ein Besuch, der auch ohne Gaumenschmeichler und Kleingebäck rundum überzeugte. „Wir wollen einfach leckere Speisen anbieten.“ Das ist dem Team des AnnA umfassend geglückt. Sollten beim nächsten Weimar-Besuch die Alternativen erneut geschlossen sein, werde ich mit Freuden wieder am Marktplatz einkehren!
Die letzte Station unseres Kurzurlaubs war das schöne Weimar. Nach einer geballten Ladung Stadtgeschichte, natürlich mit Schwerpunkt Klassik (Bauhaus kommt dann wieder beim nächsten Besuch dran), wollten wir die Reise mit einem schönen Abendessen beschließen. Man gönnt sich ja sonst auch was, sag ich immer...
Das Clara war noch immer auf der Suche nach einem Chefkoch und die eigentlich favorisierte, sehr zu empfehlende Weinbar (Über 100! offene Weine und eine kleines, aber feines Menü.) hatte noch nicht wieder geöffnet. Deshalb ging... mehr lesen
Restaurant AnnA im Hotel Elephant
Restaurant AnnA im Hotel Elephant€-€€€Restaurant, Sternerestaurant, Gourmet036438028020Markt 19, 99423 Weimar
4.5 stars -
"Vom Lob des Einfacheren" DerBorgfelderDie letzte Station unseres Kurzurlaubs war das schöne Weimar. Nach einer geballten Ladung Stadtgeschichte, natürlich mit Schwerpunkt Klassik (Bauhaus kommt dann wieder beim nächsten Besuch dran), wollten wir die Reise mit einem schönen Abendessen beschließen. Man gönnt sich ja sonst auch was, sag ich immer...
Das Clara war noch immer auf der Suche nach einem Chefkoch und die eigentlich favorisierte, sehr zu empfehlende Weinbar (Über 100! offene Weine und eine kleines, aber feines Menü.) hatte noch nicht wieder geöffnet. Deshalb ging
Geschrieben am 12.01.2022 2022-01-12| Aktualisiert am
12.01.2022
Besucht am 25.09.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 272 EUR
Auf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn schon länger wollte ich das jüngste Sternerestaurant Dresdens in Augenschein und Gaumengeschmack nehmen.
An- und Abreise erfolgten entspannt, kostengünstig und weinfreundlich mit der Straßenbahn; die Haltestelle liegt nur über die Kreuzung. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch die Waldschlösschen-Brücke zu bestaunen, die ganz in der Nähe das ob ihres Baus bekanntlich nicht mehr zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Dresdner Elbtal überspannt. Ich fand die Bogenkonstruktion recht apart, aber ob hübsch oder häßlich, verkehrstechnisch notwendig oder Steuergrab muss ja nicht mehr diskutiert werden. Wir wendeten ihr den Rücken zu, sahen zur Linken den Fluss in der schönsten Mittagssonne glitzern, in der Ferne das Canaletto-Panorama und zur Rechten die eindrucksvolle Kaiserzeit-Villa, in deren Souterrain die Geschwister Marcus und Nicole Blonkowski laut Eigeneinschätzung „Kreative Küche vom Feinsten!“ anbieten wollen.
Vom Haupteingang führen etliche Stufen ins Restaurant hinunter. Eine Tür zum Garten könnte auf einen ebenerdigen Zugang hindeuten; leider habe ich vergessen, es mir anzuschauen.
Im Kellergewölbe angekommen, haben wir uns sofort wohl gefühlt. Die warmen Sandsteinwände, Ziegeldecken, etwas Tageslicht von schräg oben, das durch viele Lampen unterstützt wird und besonders die Durchbrüche zwischen den Räumen schaffen Gemütlichkeit, ohne dass es irgendwie „beengt“ wirkt. Dem arbeitet auch die klare Möblierung, der satte Fliederton der gemütlichen Clubsessel und moderne Kunst entgegen.
Unsere Gastgeberin agierte im Service professionell und höflich, auf unsere Wünsche wurde eingegangen, auch im eigentlich tischweise erbetenen Menü waren Wechsel in Anzahl und Zusammenstellung unproblematisch möglich. Ein unterstützender junger Mann war schon auf dem Weg zu gutem Service und gegen Ende lernten wir noch einen weiteren Herrn kennen, der uns mit freundlicher Souveränität beeindruckte. Alle Kräfte beziehe ich in die Bewertung ein.
Wir wählten beide aus den zwei Mittagsmenüs 5 Gänge für sehr günstige 64€ (!) und hatten nach dieser verantwortungsvollen Entscheidung etwas Erfrischung „verdient“. Im Genuss Atelier wird Ruinart rosé glasweise ausgeschenkt. Das ist nicht gerade die billigste Flaschengärung aus französischen Landen, aber 25€ (!) pro Glas sind in Deutschland schon eine Ansage für einen Non-vintage. Faktor 3 oder mehr dürfte die Kalkulation als Deckungsbeitrag hergeben. Mittags halt „Mischkalkulation“. Zur Ehrenrettung der Inhaber sei zudem darauf hingewiesen, dass ansonsten in der etwas speziellen Weinkarte durchweg „bezahlbare“ Preise aufrufen werden. Dazu gleich mehr.
Vorab gilt es der Vollständig- wie Wahrhaftigkeit halber ein echtes Ärgernis zu berichten, auch wenn ich dafür vermutlich wieder aufgezogen werde. Aber uns wurde ein Schaumwein serviert, der wie eingeschlafene Füße schmeckte. Annähernd keine Perlage mehr. Konnte man schmecken und sogar auf den ersten Blick sehen. Und wir waren am Sonnabend um 12.00 Uhr mit der Öffnung quasi die ersten Gäste. Was kann ich anderes annehmen, als dass die Flasche schon am Vorabend geöffnet und dann noch nicht mal optimal gelagert wurde? Klar tut es wirtschaftlich weh, eine fast volle Flasche Ruinart abschreiben zu müssen. Aber entweder sollte das in der üppigen Kalkulation drin sein oder man behilft sich am Abend mit einer kleinen Notlüge, bevor man gegen Ende etwas Neues entkorkt. Aber den Gästen am nächsten Mittag einfach mal probeweise das abgestandene Zeug andrehen? Das ist niveaulos und passte so gar nicht zu diesem ansonsten überzeugenden Sterne-Restaurant.
Frischen Ersatz gab es nach unauffällig mitgeteilter Kritik zwar ohne Murren, aber auch ohne Einsicht. Das empörte selbst den Süßen Fan, ansonsten ja die Mutter Teresa der Restaurantkritik. Damit ist die Bewertung für die ansonsten sehr gute Leistung im Service erläutert.
Thema abgehakt. Zurück zur extrem eingedampften Weinkarte, deren gerade mal 12 Positionen (plus eine Reihe offener) fast komplett auf sächsische Erzeugnisse setzt, dazu etwas Saale-Unstrut. Zumindest für mich fast nur unbekannte Namen. Das ist ein mutiges Konzept regionaler Unterstützung, dem man Respekt zollen muss. Natürlich wird so auch nicht elend viel Kapital in den Keller gelegt. Ob das der Grund für die freundlichen Preise ist, mag bezweifelt werden. Vielleicht eher eine zusätzliche Promotion der hiesigen Winzer und ihrer schönen Tropfen? So oder so, bei Aufrufen von ca. 30€ bis unter 50€ spricht einiges für eine zweite Flasche. Wir begnügten uns zur recht frühen Tagesstunde dagegen mit einem Weißburgunder aus der Steillage vom Meißener Weingut Mariaberg (38€). Ausgebaut wird der Wein übrigens von Stefan Bönsch aus Dresden-Langebrück, dessen eigene edelsüße, aber überraschend komplexe Scheurebe -S- uns auf Empfehlung von Frau Wirtin glasweise zu Dessert und Käse überzeugte. Die Flasche selbstverständlich sächsisches Mineralwasser wurde am Ende des Sommers mit 5,9€ boniert, inzwischen 50 Cent more.
Auf den blanken Tischen war übersichtlich eingedeckt. Besteck Fehlanzeige, aber eine flache Schublade im Tisch war gut sortiert…
Die Küchengrüße setzten auf Herbstliches: Unter einem Korallenchip von roter Bete versteckte sich ein süffiger Brie-Schaum mit knackigen Artischockenstückchen und deutlich akzentuiertem Liebstöckel. Kein Eukalyptus zwar, aber immerhin...
Zum anderen ein Würfel von Waldpilz und Trüffel-Sülze, die fein statt penetrant wirkte. Beides unbedingt gelungen.
Auch der lockere Oliven-Rosmarin-Muffin gefiel
und leitete mit der begleitenden Tomatenbutter zum ersten Teller über, der dem Liebesapfel in Texturen und Temperaturen nachspürte. Mit Mozzarella-Eis und verschiedenen, gut wahrnehmbaren Kräutern spielte Marcus Blonkowski mit dem Thema Caprese, dem er noch Olive hinzufügte.
Es folgte eine intensive Essenz vom Rind, klasse im Fleischgeschmack, die der Service am Tisch angoss. So hatte die Einlage, eigentlich eine Zweilage, ihren Solo-Auftritt: Ein großer Cannelono in Zopf- oder vielleicht Blattoptik, gefüllt mit Geschmortem aus der Rose. Und eine Gel-Rolle von weißem Port, die Gemüse-Brunoise und Crème von rotem Port enthielt.
Die Alkohol- und Fruchtnoten zur Fleisch-Brühe waren erneut eine handwerklich interessante Abwandlung bekannter Geschmacksmuster. Auch dieser Gang sehr schön!
Als Zwischengang hatte ich in der vegetarischen Abteilung gewildert, um mich an geschmacklich starken, leider etwas sandigen Pfifferlingen (nebst deren handwerklichen „Deklinationen“) und knackig-frischem Spargel auf einer dicken Scheibe lockeren Serviettenknödels zu laben.
Und natürlich am Pilzsößchen! Und natürlich am Schaum aus buttrigen Semmelbröseln! Beides später angegossen und aufgetropft (von Pallhuber&Söhne?). Das Gesamtwerk damit zwar auf der würzig-salzigen Seite, aber natürlich hat der gute Tischnotizen auch für solche Teller den Begriff „mollig“ geprägt.
Beim Hauptgang hatte ich geschwankt, ob ich wie meine Frau den gebratenen Adlerfisch mit Auberginen-Millefeuille nehmen sollte. Es wäre absolut kein Fehler gewesen!
Aber steht Taube auf der Karte, kann ich selten widerstehen. Hier landete eine Tranche von der Brust nebst Keule auf dem Teller und zwar genauer auf einem Ragout vom Dattelkürbis, das mit einer guten Balance aus süßen, säuerlichen und durch Ingwer auch zupackend scharfen Noten dem kräftigen Fleisch Paroli bot. Auch die weiteren Variationen alle gut; mir blieb das Gelee angenehm in Erinnerung. Beim Fleisch viel Licht und etwas Schatten: Die Keule war heiß, und sie war saftig, worin ihr das Bruststück in keiner Weise nachstand. Nur mit der Temperatur haperte es dort sehr, lauwarm wäre noch übertrieben gewesen. Erst murrte der Service etwas, aber letztlich wurde ein neues Stück gebraten und das Ergebnis war dann eben auch ein Hochgenuss. Heiß, saftig, zart, mit knisternder Haut und dem typisch metallischen Geschmack!
Ja, es ist nicht immer schön zu meckern, aber ein tolles Produkt hochklassig zubereitet ist schon den einen oder anderen genervten Blick wert. Kann man ja gerne anders sehen und für sich halten.
Der Süße Fan vertilgte (sehr elegant) mit Hochgenuss ein Dessert, das nicht in der Karte auftauchte, sah wie cremiges Buttermilcheis, saftiger Mandelcrumble und sündhafte Karamellwaffel aus. Aber wer weiß, ich musste mich schließlich auf andere Freuden konzentrieren, leistet sich das Genuss Atelier zugunsten der Gäste eine respektable Käseauswahl, bei der erfreulicherweise das Saxonia-first-Konzept nicht mehr streng durchgehalten wird: So kam unter dem Motto Deutschland - Frankreich - Spanien bei der großen Variante neben Bergkäse und Camembert aus heimischer Kuhmilch iberischer Manchego sowie ein dortiger Trüffelkäse auf den Teller. Die gastronomische Mutter aller Käseliebhaber steuerte Brie, Reblochon, eine Ziegenrolle in Asche und Fourme d‘Ambert bei.
Alle wohltemperiert und nicht zu jung. „Natürlich“ eher die üblichen Verdächtigen als exotische Neuentdeckungen, aber ich war damit glücklich. Zumal das selbstgebackene Kürbiskernbrot erwärmt worden war und neben dem erwartbaren Feigensenf ein mild-fruchtiges Tomaten-Senf-Chutney schleck-lecker war.
Versöhnlicher Abschluss eines kulinarisch rundum überzeugenden Mittagsbesuches. So geht für mich moderne Küche auf ambitionierten Niveau. Weg von tollen Tellerbildern mit einer überbordenden Vielzahl von Komponenten. Auf die Produkte konzentriert, natürlich saisonal und regional ohne den manchmal anstrengenden „Konzeptismus“, dabei zugänglich, aber doch mit eigener Handschrift. Und einen müden Tag haben wir doch alle mal...
Auf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn... mehr lesen
Restaurant Genuss-Atelier
Restaurant Genuss-Atelier€-€€€Sternerestaurant035125028337Bautzner Straße 149, 01099 Dresden
4.5 stars -
"Moderner Genuss mit Straßenbahnanschluss" DerBorgfelderAuf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn
Geschrieben am 29.09.2021 2021-09-29| Aktualisiert am
01.10.2021
Besucht am 16.09.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 462 EUR
„Bin gespannt, wie Dir das Handwerk gefallen wird!“ So verabschiedete mich Kritikerfreund Carsten1972 am Ende unseres gemeinsamen Hannover-Wochenendes. Jetzt, nach meinem Besuch im kleinen Sternerestaurant in der Südstadt kann ich versichern: Es ist toll!
Für einen an sich kurzen beruflichen Anlass fand sich einfach kein Zeitfenster für eine gleichtägige Hin- und Rückfahrt von und nach Braunschweig oder Bremen. Aus dieser Not eine auch kulinarische Tugend machend, einigten wir uns auf ein abendliches Treffen in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Ein Ziel war schnell gefunden, denn nicht nur die Kritiken von Tischnotizen ließen eine kreativ-moderne, aber noch zugängliche Sterneküche erwarten - natürlich mit handwerklichem Können und in entspannter Umgebung.
„Und wir wurden nicht enttäuscht!“
Bereits im Vorfeld gestaltete sich die Kommunikation per E-Mail einfach und zwanglos: Auf zwei Anfragen per Mail antwortete Geschäftsführerin Tanja Funke fast umgehend, freundlich und unkompliziert. Dass man hier sogleich geduzt wird, hatte ich eigentlich fast erwartet; ich sag mal: Besser per Du als perdu...
Der Sommer hatte selbst dem Norden noch zwei südlichere Tage gegeben und so war mir doch recht warm, als ich nach meinem Fußmarsch vom Bahnhof an der unscheinbaren Ladenzeile aus den 50ern eintraf. Dafür hatte ich tout Hannover am Maschsee-Ufer bestaunen dürfen, auch schön. Insgeheim hatte ich darauf gehofft, dass wir auf der kleinen Terrasse genießen würden, was aber daran scheiterte, dass nach den nassen Tagen zuvor die Holzmöbel gut eingeölt im Keller vom nächsten Frühling träumten.
Macht nichts, die verkehrsreiche Straße ist zwar etwas entfernt, aber sonderlich hübsch sitzt man nun auch nicht. Außerdem wollte ich das reife Pärchen mit Hund nicht stören, das zufrieden am Schaumwein nippte und heitere Ruhe ausstrahlte.
So trat ich über die barrierefreie Schwelle ein, aber es wurde mitnichten still, denn Gastgeberin Ann-Kristin Wohlfeld empfing mich so freundlich, dass mir gleich warm ums Herz wurde. Wer ihr auf dem Kassenbon gedrucktes Kürzel AKW mit Energie und einem Strahlen verbindet, liegt sicher nicht falsch. Souverän, professionell, ehrlich interessiert und dabei von ungekünstelter Freundlichkeit kam sie auch mit dem meinungsstarken Gast klar, der extra 30 Minuten vor der Reservierung erschien, um auch ja genug Zeit für die Weinauswahl zu haben. Denn nicht nur beiden oben erwähnten Weinzähne hatten vor einem gewissen Hang der Mit-Inhaberin zu experimentellen Rebensäften „gewarnt“. Geht manchmal, aber dieser Abend sollte einfach dem Ankommen, Fallenlassen und Genießen gehören. Und das gelang auch deshalb, weil nicht nur die Chefin, sondern auch ihr Serviceteam - die junge Frau gerade ausgelernt, ihr Kollege vielleicht noch in der Ausbildung, aber nur anfangs etwas unsicher - mir einfach alle Wünsche erfüllten. Hier regiert ein freundliches „Klar!“ statt des inflationären „Sehr gerne!“
Zum Wohlgefühl trug auch das grundsätzlich klare Design in den beiden kleinen Gasträumen bei, das durch kräftig farbige Kunst an den Wänden Power erhielt. Den ganzen Abend über wurde nicht zu laut Musik meiner Jugendzeit gespielt, auch sowas sorgt halt für beschwingte Stimmung.
Das und ein oder zwei Gläschen:
Mein Begleiter hatte sich gleichfalls gesputet, denn Durst ist bekanntlich schlimmer als Heimweh.
Für die äußerliche Erfrischung sorgten feuchte Frotteetücher mit einem wunderbaren Duft von Zitronengras-Öl. Innerlich gab es zunächst ein alkoholfreies Bier, denn die Tee-Sparklings aus dem Hause von Nahmen, die statt der Prickler von Jörg Geiger angeboten wurden, werde ich beim nächsten Mal probieren.
Danach ein weißer Vermouth, der von einem Zweiglein Schafgarbe statt Zitronenschale begleitet war. Sah hübsch aus auf dem großen Eisball. Aber konnte zumindest geschmacklich dem doch ziemlich süßen Likörwein zu wenig Paroli bieten. Das Angebot wieder auf den üblichen Twist auszuweichen, hatten wir selbstbestimmt abgelehnt. Selbst schuld. (Foto in der Galerie)
Wie geplant blieb unsere Weinauswahl zunächst mit Sancerre und Mâcon-Village in ruhigen Bahnen. Im weiteren Verlauf wechselten wir mutig zum Champagner und beim Dessert „jubelte“ uns die Gastgeberin einen süßen spanischen Naturwein unter, den wir gleichwohl sehr genossen haben.
Da lag schon ein Großteil des allein angebotenen, in der Regel bis zu 6-gängigen Menüs hinter uns, das wir gerne um den angebotenen Extra-Gang erweitertet hatten.
Die Küche grüßte zunächst mit einer Schnitte fester Fjordforelle, die in einem nicht zu brachialen Sellerieschaum badete. Getrocknete braune Butter sorgte für eine elegante Verbindung, etwas Textur und einen verführerischen Duft. Amuse:Fjordforelle
Wenige, aber klare Aromen, stimmig kombiniert und abwechslungsreich präsentiert, kündigten bei den drei Einstimmungen den Kurs von Chef Thomas Wohlfeld an, der persönlich den Abend bei seinen von Carsten1972 angekündigten Nachwuchs verbrachte. Der Leistung in der kleinen, offenen Küche hat das überhaupt nicht geschadet.
Beim Rotkohl-Macaron mit Birnencrème gefielen gut balanciertes Süße-Säure-Spiel und die Texturen.
Auch das Tartelette hatte feinen Knusper. Der Klecks grob geschnittenes Tatar bekam durch Radieschen Frische und eine leichte Zwiebelnote. Erinnerte mich an ein sehr elegantes Mettbrötchen. (Fotos in Galerie) Rindfleisch sollte uns später noch in anderer Form begegnen.
Den anregenden Reigen schloss eine Kombi aus Erdnuss, die mit Shiso und Cranberry sowohl scharfe als auch fruchtig-saure Spitzen mitbrachte. (Foto in der Galerie) Rotkohl-Macaron mit Birnencrème
Wenig später durften wir uns am selbst gebackenen Sauerteigbrot freuen, das eine tolle, nicht zu feine Kruste hatte und uns im Inneren neben Fenchelsamen und Kümmel mit einer pfeffrigen Schärfe überraschte. Serviert mit aufgeschlagener Butter nebst Olivensand war das sehr gutes Handwerk, in der Tat!
Das eigentliche Menü startete mit einer frischen Kombi aus Gurke, Molke und Heidelbeere. Manche mögen Gurke nicht; ich habe sie zu schätzen gelernt, da die Sorten - befreit vom wässrigen Kerngehäuse - interessante Nuancen von säuerlich über süßlich bis nussig haben können. Gurken-Eis mag ich fast so wie Basilikum- oder Paprika-Eis, so bei diesem Teller, der auch mit eingelegten, aber noch knackigen Stücken aufwartete. Neben den leckeren Sommerbeeren, die ebenfalls als Gel verarbeitet waren, sorgte Dillöl dafür, dass der Teller nicht zu sehr ins Anstrengende abglitt. Ein Chip, vielleicht Buchweizen mit Dill, steuerte ein weiteres Mundgefühl bei. Mir fiel eine kräftige Salzigkeit auf, die mein Genussgenosse vehement bestritt. Gurke, Molke, Heidelbeere
Beim nächsten Teller waren wir uns einig. Der Dreiklang aus saftigem weißem Heilbutt, knackigem Kohlrabi und später angegossener, intensiver Krustentierbisque hatte eine tolle Entwicklung von Texturen, Temperaturen und Geschmack. Auch hier meldete sich ab und an ein Kräuteröl „zu Wort“, doch die Hauptdarsteller hatten immer ihren gebührenden Platz. Bestens abgestimmte 3-Komponenten-Küche. Weißer Heilbutt mit Kohlrabi… …und Krustentier-Bisque
Nach dem Fischgang wurde es noch einmal vegetarisch.
Unter „Vierländer Platte“ hatte ich einen Gemüsereigen aus dem Süden Hamburgs erwartet und kommentierte sogleich ironisch die fremdländische Herkunft von Melone und Belper Knolle. Tja, um mal sprachlich in Hamburg zu bleiben: „Min leeven Udel, du smiets een Pudel!“ Denn der kleine Genuss-Polizist in mir hatte halt keine Ahnung gehabt, dass es sich um eine wohlschmeckende alte Tomatensorte handelt, die ihren Namen der etwas flachen Form verdankt.
Verschiedene Variationen des schönen Nachtschattengewächses wurden dekliniert, zuoberst ein toller Baiser-Taler aus dem Tomatenwasser. Melone sorgte für zusätzliche Süße und der geraspelte Schweizer Rohmilchkäse sollte schmelzende Würzigkeit einbringen. Das war mir allerdings zu verhalten, um die süßen Anteile im Zaum zu halten. Nun, ein schneller Sprung in Richtung Küche, eine Phrase bezüglich des persönlichen Geschmacks und schon war mit ein paar Flocken Fleur de Sel Abhilfe geschaffen. Vierländer Platte Belper Knolle schmilzt auf Elbtomate
Der Gang durch die Fleischabteilung startete mit einer rohen Roulade. Für diesen Extra-Teller füllte die Küche einen kleinen Streifen festes Galloway-Fleisch aus Friesoythe mit mild säuerlicher Senfsaat und garnierte sowohl mit gepoppter Schweinhaut als auch schonend ausmassiertem Rhön-Kaviar. An diesem Abend hatte ich oder die Küche ein kleines Salzproblem; hier war es mir wieder zu viel des Guten. Obwohl die Beurre Blanc mit Sake natürlich schon etwas ausglich. Kurz und gut, mich holte das nicht so ab, während mein Gegenüber sicht- und hörbar schwelgte. Rohe Roulade mit Rhön-Kaviar
Aber wir blieben nicht lange entzweit, denn der nächste Teller war pures Soulfood für Fleischliebhaber. Nach dem mageren Rindfleisch spielte der krosse Schweinebauch natürlich in einer anderen Fettklasse. Chawanmushi bildete die Unterlage, Tempura-Perlen mit Barbecue-Aroma den Höhepunkt dieser Umami-Bombe. Allein Erbsen - trotz des einsamen Rufers aus der hannöverschen Wüste auch hier zu Gel und Öl verarbeitet - sorgten für nicht nur optisch „grüne“ Akzente. Yummy! Schweinebauch, Chawanmushi, Erbse
Nach soviel Süffigkeit hatten wir eine Erfrischung verdient. Die wird im Handwerk gar nicht altmodisch, sondern unangestrengt modern präsentiert. Eine dezent pikante Crème von Roter Shiso und ein Grapefruitsorbet-Lolli weckten die Papillen aus ihrer wohligen Molligkeit. Erfrischung, bitte anklicken
Und das zu Recht, denn es ging weiter mit Weidehuhn, natürlich von Odefey & Töchtern: Das Bruststück saftig und voller Geflügelgeschmack, nur nach meinem persönlichem Gusto einen Tick zu durch. Dafür mit einer knusprigen Haut gesegnet. Wo diese sich etwas gelöst hatte, war das Fleisch leider durch knallige Hitze ausgetrocknet. Aber das betraf ja nur Quadratmillimeter und tat der Freude am Geschmack kaum Abbruch.
Mit grünen Erdbeeren und deren Gel war das Ganze sehr puristisch angerichtet und schien damit doch aus dem Rahmen des bisherigen Küchenstils zu fallen. Aber eben nur bis à part ein Ragout aus Pfifferlingen mit Hühner-Leber und -Herzen gereicht wurde. Dazu etwas Kräuteriges, vielleicht Liebstöckel. So süffig, so gut! Und ebenso gut der krosse Hautchip mit Kimizu-Mayonaise und erneut Erdbeere. Das war sooo lecker! Weidehuhn von Odefey&Töchter Pfifferlinge, Hühnerherzen und -Leber, Hautchip mit grüner Erdbeere und Kimizu
Das Pre-Dessert aus Sauerrahm, Petersilie und einem Honigtrüffel war frisch, mit einer angenehmen Bitter-Note, nicht zu süß und hätte absolut ein Foto verdient, welches sich leider nicht finden lässt.
Den Abschluss des Menüs bildete eine Kombination von überraschend süßer roter Bete, Schokoladeneis (70% Original Beans) und Apfel in Form von Schaum und Perlen. Insgesamt süß; der Granny Smith setzte nur gelegentlich Spitzen. Ich hätte mehr erdige Noten erwartet und mir auch gewünscht. Aber ich bin ja auch mehr Fan vom Süßen Fan als von Süßem. Rote Bete, Original Beans, Apfel
Leider leistet sich das kleine Handwerk kein Käseangebot. Ich kann das aus wirtschaftlichen Überlegungen verstehen, bedauere es aber natürlich.
Aber noch hatte AKW nicht nur ein, sondern gleich zwei Asse im Ärmel!
Denn als kleine Rausschmeißer oder vielmehr Tröster, dass so ein herrlicher Abend zu Ende ging, wurden zunächst Pralinen aus einer Olivenöl-Ganache angeboten, natürlich mit dem guten Zeug vom Solinger Händler Jordan. Eine erfreuliche Durchbrechung erwartbar süßer Leckereien zum Abschluss. Olivenöl-Ganache
Und dann gab es da noch eine offensichtlich selbstgemachte Schokowaffel. Dachte ich und der erste, krachende Bissen schien mir Recht zu geben. Aber nein, unter der dunklen Kuvertüre, die mit getrockneten fruchtigen Erdbeeren getoppt war, entwickelten sich plötzlich salzige und umami Aromen, wie wunderbar! Tatsächlich war es nochmals krosse Schweinehaut, die diesen kleinen Geniestreich ausmachte! Bravo! Chapeau! Und natürlich: Toll, toll, toll! Surprise! Surprise!
Bester Laune und mit großer Dankbarkeit für diesen gemeinsamen Abend voll mit kulinarischen Genüssen, viel Wein und vor allem vertrauten Gesprächen verabschiedeten wir uns vom Team des Handwerk und vor dem Restaurant auch voneinander, weil ich den letzten Zug erreichen musste.
Dieser Besuch wird für immer eine wundervolle und schmerzliche Erinnerung an meinen Freund Rüdiger bleiben, der wenige Tage nach unserem Treffen tödlich verunglückte.
„Bin gespannt, wie Dir das Handwerk gefallen wird!“ So verabschiedete mich Kritikerfreund Carsten1972 am Ende unseres gemeinsamen Hannover-Wochenendes. Jetzt, nach meinem Besuch im kleinen Sternerestaurant in der Südstadt kann ich versichern: Es ist toll!
Für einen an sich kurzen beruflichen Anlass fand sich einfach kein Zeitfenster für eine gleichtägige Hin- und Rückfahrt von und nach Braunschweig oder Bremen. Aus dieser Not eine auch kulinarische Tugend machend, einigten wir uns auf ein abendliches Treffen in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Ein Ziel war... mehr lesen
Handwerk | Casual Fine Dining
Handwerk | Casual Fine Dining€-€€€Restaurant, Sternerestaurant051126267588Altenbekener Damm 17, 30173 Hannover
4.5 stars -
"Kunst-Handwerk!" DerBorgfelder„Bin gespannt, wie Dir das Handwerk gefallen wird!“ So verabschiedete mich Kritikerfreund Carsten1972 am Ende unseres gemeinsamen Hannover-Wochenendes. Jetzt, nach meinem Besuch im kleinen Sternerestaurant in der Südstadt kann ich versichern: Es ist toll!
Für einen an sich kurzen beruflichen Anlass fand sich einfach kein Zeitfenster für eine gleichtägige Hin- und Rückfahrt von und nach Braunschweig oder Bremen. Aus dieser Not eine auch kulinarische Tugend machend, einigten wir uns auf ein abendliches Treffen in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Ein Ziel war
Geschrieben am 21.05.2022 2022-05-21| Aktualisiert am
02.06.2022
Besucht am 11.09.2021Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 274 EUR
Es ist kein Geheimnis: Ich fremdele mit allzu hip aufgemachten, neuen Gastronomien, bei denen eine meist mediterran-internationale Karte ein meist jüngeres bis jung gebliebenes, in jedem Falle jedoch zahlungskräftiges Publikum anspricht. Mein Vorurteil: Zu viel Zeitgeist, zu wenig Handwerk; zu viel Gäste-Duzen, zu wenig Produkt. Und das ganze zu überzogenen Preisen.
Im Bootshaus, dem Endpunkt unseres diesjährigen kleinen Reservistentreffens, bewahrheiten sich diese Vorurteile überwiegend nicht:
Die Preise waren schon noch angemessen. (Flaschenweine zwar alle mit 3,5 kalkuliert, aber das ist in Norddeutschland inzwischen normal, muss man wohl leider sagen.)
Der Service war professionell und die meiste Zeit auf Zack, nur gegen Ende das Abends verkrümelte man sich doch allzu häufig vor aufdringlichen, will heißen immer noch bestellwilligen Gästen. Auch Reklamationen wurden akzeptiert.
Und das Essen war... überraschend gut. Nicht mehr, aber ganz sicher nicht weniger!
Den Tag über hatten wir uns auf dem Gelände des barocken Wasserschlosses Gödens an der verschobenen Landpartie erfreut - insbesondere an den Gin-Tonics und den sympathisch Verrückten, die ihre Landadel-Attitüde so ungehemmt auslebten. Aber mehr an den Gin-Tonics. Da der Jadebusen nah ist, machten wir einen Abstecher nach Dangast zu Radziwill und Rhabarberkuchen im völlig überlaufenen Kurhaus.
Pünktlich um 18.00 Uhr trafen wir auf der Spitze der langgezogenen Landzunge zwischen Hunte und Küstenkanal ein und fanden am Straßenrand problemlos einen kostenfreien Parkplatz. Auf die notwendige Aufmerksamkeit beim Wenden hat schon der wohl leider untergegangene Kollege ClausVonDerKueste hingewiesen!
Die Corona-Formalitäten wurden gewissenhaft erledigt und wir danach an den - aus meiner Sicht schönsten - Tisch des Lokals geführt. Direkt an der kurzen Seite und den tiefen Fenstern zur Terrasse gelegen, hatten wir das ganze Lokal im Blick, konnten erleben, wie die Binnenschiffe vom Küstenkanal in die Hunte geschleust werden und zudem einen Blick in die offene Küche werfen.
Das Restaurant ist ruhig, aber nicht kühl eingerichtet, seinem Namen entsprechend mit einem nicht zu aufgesetzten Küsten- und Hafen-Ambiente. Wir saßen in dunkelgrau bezogenen, bequem gepolsterten Sesseln. Auf den hölzernen Tischplatten vor uns mal nicht die vermaledeiten Plastiksets, sondern dicke Tischläufer aus geschäumten Kunstleder. Da rutschte nichts und hochwertig sieht es auch aus, finde ich. Diesem Niveau entsprechend Stoffservietten mit dem Logo der Hafenhaus-Gruppe, die in Emden und Oldenburg mehrere Gastronomien betreibt.
Rundum gelungen, wir fühlten uns wohl und stöberten bei schönem Bäckerbrot mit Frischkäse-Ajvar durch die angenehm übersichtliche Karte.
Meine Wahl fiel auf
Roher Thunfisch mit Sesam-Miso-Glasur
Topinamburcrème
Seeteufel und Pulpo
Und, weil der Wein so gut durchlief, später Parmesan-Trüffel-Pommes.
Apropos: Die Weinkarte listete nach meiner bescheidenen Einschätzung eher Tropfen der Kategorie „Kann man machen“ auf. Aber mehr hatte ich auch nicht erwartet und für das Hafenhaus ist das völlig okay. Also, keine Beschwerden.
Der Start war optisch schon mal gelungen:
Auf einem Papaya-Chutney tummelten sich acht gute Schnitte Thun aus dem fleischigen, fettfreien Rücken. In zweierlei Sesam gewälzt und mit Miso-Ponzu-Tupfern besetzt, die für umami und Säure sorgten. Besonderheit des Tellers war allerdings das Wasabi-Eis mit einer mörderischen Schärfe - erst in Kombi mit der Fruchtsüße war es dann doch gelungen. Aber allemal eine Herausforderung! Noch genialer wäre das Eis wegen des größeren Temperaturunterschieds vielleicht mit einem frisch gebratenen Tataki - aber das müsste man dann zeitlich wahnsinnig exakt abstimmen. Sehr guter Auftakt.
Die folgende Topinambur-Suppe hatte einen eher seltenen Aromageber, der zwar erkennbar war, aber durch zu viel Sahne nur „leise“. Schade.
Die Einlage von kleinen Pfifferlingen geschmacklich prima und sauber geputzt, nur hätten es dann doch mehr als die 4 Exemplare sein dürfen. Auch der Crunch durch Haselnüsse zu selten präsent. Und mit den Croûtons war es das alte Lied: Wenn sie nicht in letzter Sekunde dem schon vom Pass abdrehenden Service in die Teller geworfen werden, sind sie verschenkt. Hier waren die Würfel immerhin so groß, dass der Knusper teilweise den „Kopf über Wasser“ halten konnte. Die Schnittlauch-Chiffonade war frisch und reichlich und brachte so etwas Frische und Schärfe ein; das Liebstöckel-Öl seine ganz eigene typische Würze.
Etwas schwächer als der erste Gang, aber man erkannte erneut deutlich den Ansatz jenseits von 08/15.
Auch beim Hauptgang hatte die Küche vieles richtig gemacht.
Der Seeteufel saftig und tatsächlich noch ein wenig glasig - perfekt.
Der Oktopusarm schön rösch, nur einen Tick zu fest.
Die Beilagen mal so, mal so. Zwei Texturen vom Blumenkohl blieben blass - bis auf die etwas Safran geschuldete Farbe vielleicht. Die Kartoffelblini schmeckten nach dem Ausgangsprodukt und eigneten sich natürlich wunderbar zum Aufnehmen der Paprika-Sauce. Nur leider waren sie brutal versalzen. Neben dem Fisch zweiter Star des Tellers war das gegrillte Salatherz.
Heidewitzka - da hat mal jemand keine Angst vor Röstaromen! Ich liebe kräftig gegrillten Salat - verkohlte Schichten werden ggf. entfernt und dann das rauchige und zugleich frische Aroma genossen. Hier zudem mit einer Paprika-Vinaigrette als ebenbürtigem Mitspieler überzogen. Das war so gut, dass ich es später solo anstelle von Dessert bestellte: Ehre, wem Ehre gebührt!
Aber vorher hatten wir uns zum Snacken die Pommes frites bestellt: UND WIR WURDEN NICHT ENTTÄUSCHT!!1!
Dicker, unregelmäßiger Schnitt, aber ich glaube nicht mehr an handgefertigte Ware. Woran ich glaube, ist Crunch. Und davon hatten die eine Menge, zweimal frittiert, dafür das Innere weich und kartoffelig. In grob geriebenem Parmesan gewälzt, etwas Trüffelspäne drüber und dann in die Trüffel-Mayo gestippt: Mit anderen Worten Kohlenhydrate, Fett und umami, da jubiliert alles - Soulfood!
Vielleicht hatte die Küche einen Supertag erwischt, vielleicht fühlte sich der Chef durch ein paar Verbesserungsvorschläge (aka Reklamationen) meinerseits herausgefordert, aber abgeliefert hat das Hafenhaus an diesem Tag. Zudem sind die Gerichte deutlich kreativer als üblich. Hätte ich so nicht erwartet und daher von mir die Empfehlung für einen Besuch. Gern bei gutem Wetter auf der Terrasse.
Es ist kein Geheimnis: Ich fremdele mit allzu hip aufgemachten, neuen Gastronomien, bei denen eine meist mediterran-internationale Karte ein meist jüngeres bis jung gebliebenes, in jedem Falle jedoch zahlungskräftiges Publikum anspricht. Mein Vorurteil: Zu viel Zeitgeist, zu wenig Handwerk; zu viel Gäste-Duzen, zu wenig Produkt. Und das ganze zu überzogenen Preisen.
Im Bootshaus, dem Endpunkt unseres diesjährigen kleinen Reservistentreffens, bewahrheiten sich diese Vorurteile überwiegend nicht:
Die Preise waren schon noch angemessen. (Flaschenweine zwar alle mit 3,5 kalkuliert, aber das ist in Norddeutschland... mehr lesen
4.0 stars -
"Das kann man machen: Moderne, internationale Küche" DerBorgfelderEs ist kein Geheimnis: Ich fremdele mit allzu hip aufgemachten, neuen Gastronomien, bei denen eine meist mediterran-internationale Karte ein meist jüngeres bis jung gebliebenes, in jedem Falle jedoch zahlungskräftiges Publikum anspricht. Mein Vorurteil: Zu viel Zeitgeist, zu wenig Handwerk; zu viel Gäste-Duzen, zu wenig Produkt. Und das ganze zu überzogenen Preisen.
Im Bootshaus, dem Endpunkt unseres diesjährigen kleinen Reservistentreffens, bewahrheiten sich diese Vorurteile überwiegend nicht:
Die Preise waren schon noch angemessen. (Flaschenweine zwar alle mit 3,5 kalkuliert, aber das ist in Norddeutschland
Geschrieben am 07.04.2022 2022-04-07| Aktualisiert am
07.04.2022
Besucht am 28.07.2021Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 83 EUR
Im trügerischen Sommer 2021 nutzte ich wahrlich jede passende Gelegenheit, um mit Freunden oder Kollegen essen und trinken zu gehen. Und wenn es nicht passte, wurde es passend gemacht. In diesem Fall lag Magdeburg passend zwischen Bremen und Berlin und so saßen der Kollege und ich natürlich auf der schönen Terrasse über den Elbgestaden und ließen uns von Rocco Esposito und seinem Team engagierter, gut ausgebildeter junger Damen verwöhnen.
Es gab viel zu bereden, privat und dienstlich, sodass ich meine Chronistenpflicht vernachlässigen musste. Aber ein paar schöne Fotos können doch auch erfreuen!
Indes: Was wird die strenge GG-Community zu solchem Schlendrian nur sagen? Also stürmte ich drei Wochen später erneut ins Culinaria, um Versäumtes nachzuholen. Der Laden brummte, daher war auf der Terrasse zunächst kein Plätzchen frei. Also genoss ich den Rosato-Cocktail noch im ebenfalls recht gut gefüllten Innenraum, aber den Moscato d’Asti zum süßen Abschluss schlürfte ich mit Blick auf den Strom.
Ein Amuse wurde und wird im Culinaria nicht serviert, dafür aber gleich 4(!) Sorten frisches Weißbrot: Schlicht, mit Curry, Mischteig mit Cranberries und schwarz, alle schmackhaft, wenn auch eher weich. Dazu eine mal echt gute, leichte Kräuterquark-Crème mit Schnittlauch, Petersilie und Salbei(!), pikant durch Dijonsenf. Und fantastische grüne und schwarze Biancolilla-Oliven, davon auch ein vorzügliches Öl. An ihren Details sollt Ihr sie erkennen!
Dazu kam ein Viognier ins Glas. Einfach, weil ich Lust drauf hatte. Einer der seltenen Nicht-Italiener auf der Weinkarte.
Schweinebauch (14,5€) kann ich ja nur schwer widerstehen - man is(s)t halt doch mehr Mainstream als man denkt:-).
Schön knusprig allüberall, also wohl nach dem angekündigten Confieren noch frittiert. Dafür allerdings mit zu viel magerem Fleischanteil um die Fettschicht und daher etwas trocken. Gut, dass dazu eine Gorgonzola-Crème klassisch mit Birne matchte. Der Frucht fehlte aber doch etwas Süße. Rocco kündigte für den Spätsommer Vesuvio-Tomaten an. Aber wie sagte schon ein Weiser aus dem Westen: Hic Ohligs, hic salta!
Immerhin, das Ganze begleitet von tollen Balsamico-Linsen, noch mit leichtem Biss und einer elegant-fruchtigen Säure. (Sag Mutti, warum hast du mich früher mit den sauren Linsen so gequält?) Durch das gesunde „Gestrüpp“ musste man sich eben durchkämpfen.
Zu den fruchtigen Noten und weil zu Fett meist Süße passt, gab es einen sommerlichen Merlot-Rosé. Ging mir zu weit in Richtung Frucht-Bowle...
Nach diesem schwereren Gang ist ein leichter Ausgleich bekanntlich wichtig: Bissfeste Zucchiniwürfel!
In diesem Fall begleitet von Safran-Spaghetti Chitarra in Sahnesauce mit nicht zu salziger Fenchel-Salsiccia und reichlich jungem Parmesan (21,5€). Wer das nicht mag...
Weintechnisch ging es zurück an den Stiefel mit einem kräftigen Arneis.
Bevor es Ernst wurde gab es für den Gaumen eine sehr gelungene Erfrischung aus Zitronensorbet und Wodka (5,5). Mit noch mehr Vitaminen durch die „Einlage“.
Inzwischen kam der Patron an den Tisch und zeigte mir mal, dass auch in der Börde nicht nur heimisches Fleckvieh in Pfanne und Grill kommt.
Leider nicht für mich, sondern extra geordert für eine geschlossene Gesellschaft anderntags. Eine kleine Zähre rann über meine Wange...
Ich wollte mich mit dem medium-rare georderten, leider nicht näher spezifizierten Filetsteak (32,5€) trösten. Nur leider, leider stand das exzellent gebräunte Fleisch dann wohl doch zu lange am Pass (ich hörte zweimal die Klingel) und war soweit nachgezogen, dass sogar fast schon medium überschritten war. Ein Jammer! Zurückgeben - wie angeboten - geht bei solchen Lebensmitteln nur, wenn sie ungenießbar wären. Das war hier natürlich mitnichten der Fall, viele Gäste würden ihr Steak vermutlich genau so schätzen. Ich hatte immerhin die Unterstützung einer gut gelungenen Sauce auf der Basis von Kalbsknochen und freute mich über das nicht wirklich sommerliche, aber handwerklich tadellos gegarte Beiwerk von Pastinake, Rote Bete und Spinat. Und gleich noch einmal, als ich sah, dass der Gang (32,5€) komplett von der Rechnung verschwunden war. Das nenne ich Großzügigkeit!
Zum kräftigen Rindfleisch wurde ein Aglianico eingeschenkt.
Zum Abschluss eine italienische Käseplatte (10,9€) mit Taleggio, Gorgonzola und Pecorino mit Pistazien. Optisch beeindruckend schon mal die Begleit-Armada aus Früchten, Feigensenf, Erdbeerchutney, Grissini und geschwärzter Butter. Geschmacklich konnten die Milchprodukten nicht ganz mithalten. Nicht spektakulär, aber auch nicht schlecht. Beim nächsten Mal lieber wieder ein verarbeiteter Käsegang, der im Culinaria fast immer auf Karte steht, wenn auch bei den Vorspeisen.
Das waren zwei schöne, sommerliche Besuche am Elbufer. Beim ersten hat die Küche noch besser performt; ich bilde mal eine Mischnote für den Juli 2021 und hoffe auf eine Wiederholung diesen Sommer.
Im trügerischen Sommer 2021 nutzte ich wahrlich jede passende Gelegenheit, um mit Freunden oder Kollegen essen und trinken zu gehen. Und wenn es nicht passte, wurde es passend gemacht. In diesem Fall lag Magdeburg passend zwischen Bremen und Berlin und so saßen der Kollege und ich natürlich auf der schönen Terrasse über den Elbgestaden und ließen uns von Rocco Esposito und seinem Team engagierter, gut ausgebildeter junger Damen verwöhnen.
Es gab viel zu bereden, privat und dienstlich, sodass ich meine... mehr lesen
Restaurant Das Culinaria
Restaurant Das Culinaria€-€€€Restaurant, Bar, Cafe039155579745Schleinufer 52, 39104 Magdeburg
4.0 stars -
"Sommer über der Elbe" DerBorgfelderIm trügerischen Sommer 2021 nutzte ich wahrlich jede passende Gelegenheit, um mit Freunden oder Kollegen essen und trinken zu gehen. Und wenn es nicht passte, wurde es passend gemacht. In diesem Fall lag Magdeburg passend zwischen Bremen und Berlin und so saßen der Kollege und ich natürlich auf der schönen Terrasse über den Elbgestaden und ließen uns von Rocco Esposito und seinem Team engagierter, gut ausgebildeter junger Damen verwöhnen.
Es gab viel zu bereden, privat und dienstlich, sodass ich meine
Geschrieben am 15.05.2022 2022-05-15| Aktualisiert am
16.05.2022
Besucht am 22.07.2021Besuchszeit: Abendessen Rechnungsbetrag: 335 EUR
Der letzte Besuch des kulinarischen Super-Juli 2021 führte mich nach Dresden ins Caroussel, das seit seiner Wiedereröffnung nach der ersten Pandemie-bedingten Schließzeit mit dem Zusatz Nouvelle firmiert. Neu deswegen, weil auch hier Corona als Beschleuniger für eine bereits begonnene Entwicklung wirkte: In diesem Fall der Verzicht darauf, sich als Hotel der Spitzenklasse ein entsprechendes Restaurant zu leisten. Auch im Bülow-Palais hat daher ein neues Konzept Einzug gehalten, das einige Neuerungen mit sich brachte: Zum einen die Trennung vom schwäbischen Küchenchef Benjamin Biedlingmaier, der seit mehreren Jahren den seit Anfang der 90er Jahre durchgehend verliehenen Michelin-Stern verteidigte und damit von klassisch französisch basierten Gerichten, die auf Luxus, etwas Augenzwinkern und ab und an pronocierte Säure setzten. Die fast schon ehrenrührige Ankündigung, zukünftig werde es auf dem Teller weniger Komponenten, aber größere Portionen geben, ist inzwischen von der Homepage verschwunden. Erläutert wird nach wie vor das neue Konzept, dass für die Gäste keine Trennung mehr zwischen Gourmet- und Bistroküche vorsieht. Beides könne nach Gaumenlust kreuz und quer von der Karte bestellt werden. Dabei werden nach wie vor zwei 5-Gang-Menüs (für jeweils stramme 110€) angeboten und derzeit 12 „einfachere“ Positionen zzgl. der obligatorischen Spargelkarte. Oha. Keine leichte Aufgabe für den bisherigen Sous-Chef Sven Vogel.
Räumlich wird der Grüne Salon gar nicht mehr für das à-la-Carte-Geschäft genutzt und der wunderbare Wintergarten offenbar auch nur bei entsprechender Buchungslage - bei meinen insgesamt drei Besuchen war er geschlossen. Im ehemaligen Bistro sitzt man etwas enger, in einem Design, das auf Gold- und Brauntöne und eine (An-)Sammlung von Kunstwerken setzt.
Anderer Stil, nicht meiner, aber natürlich ein Stil. Ich freute mich trotzdem, zumindest am Beginn des Abends noch ein Plätzchen auf der aufgebockten Terrasse zu bekommen und von dort den Verkehr auf der ruhigen, aber nicht langweiligen Königsstraße beobachten zu können.
Es defilierten viele festlich gekleidete junge Menschen vorbei, Jugendweihe vielleicht?
Nicht geändert hatte sich der engagierte Service durch viele schon oder noch gut ausgebildete junge Menschen, die mit Elan, Freundlichkeit und Professionalität ihre Sache gut machen. Nicht immer wird genau zugehört, aber ich bin ja nun auch ein Gast, der sehr genau weiß, was er will. Die Leitung liegt weiterhin bei der ungekünstelten Jana Schellenberg und bei zwei geführten zwei Telefonaten konnten wir schon die Weinauswahl klären. Es wurde - Surprise! Surprise! - ein weißer Burgunder, der bei meiner Ankunft in den Dekanter kam.
Schön, dass das so gut geklappt hat. Während der Wein an die Luft kam, war im Anfang mal wieder das Letzte Wort (10,5€).
Man sitzt draußen auf solidem Gartenmobiliar aus Holz und hochwertigem Kunststoff, aber die Tische sind fein eingedeckt. Zweierlei gut zugekauftes Brot bekämpfte den Heißhunger, begleitet von schlichter Butter, Olivenöl und Salzflocken.
Mein Menü startete sommerlich mit Pulpo, Lardo, Artischocke und Paprika.
Der Oktopus-Tentakel war festfleischig und teilweise auch knusprig, ohne Tadel, aber das geht noch besser. Unglücklich eine lange Scheibe Lardo, von der Idee her wohl surf‘n‘turf, die sich zu einem zähen Streifen geringelt hatte, der kaum zu schneiden war. Einzelne Stücke wären gastfreundlicher gewesen.
Überzeugend dagegen die Gemüse: Artischocke als süffige Créme und kräftiges Ragout. Paprika war gekocht und dann geräuchert, süß-sauer eingelegt und als gelungener Chip vertreten. Abgesehen von der Texturen-Parade war das vor allem geschmacklich stark.
Unauffällig blieb dagegen die grüne Salsa. Über alles gesehen ein solider Auftakt.
Auf den nächsten Gang war ich gespannt: Kirsch-Gazpacho, grüner Spargel und Kapuzinerkresse ist ja kein alltägliches Gericht!
Die kalte Suppe überraschte mit einer säuerlichen Note von Balsamico, gegen leider, leider wenigen Kirschen überhaupt nicht ankamen. Solo „gelutscht“ war der Kirschgeschmack da, aber das ist ja wohl nicht im Sinne des Erfinders. Der Spargel hatte genügend Biss und konnte sich schon eher behaupten, gegen Ende mit einer durchaus angenehmen Bitterkeit. Auch die klare Senfnote des Kräuter-Öl gefiel mir gut. Mit einem exakteren Säure-Süße-Spiel wäre das ein spannender Teller gewesen.
Eigentümlicherweise gab es keinen Fischgang.
Aber Kalbsbries ist natürlich auch immer eine schöne Alternative.
Die leckeren Innereien waren paniert und leicht knusprig gebraten, tadellos und auch die Jus gelungen. Genauso gut die Pfifferlinge, denn nicht nur die Crème hatte einen eindeutigen Pilz-Geschmack, sondern trotz der Größe auch die gebratenen Exemplare. Diesen vielleicht als „zu schlicht“ empfundenen Komponenten, die das oben beschriebene Motto ja durchaus erfolgreich umgesetzt haben, sollte sich Salzzitrone und Thai-Spargel etwas Finesse eingehaucht werden. Nur leider waren von der Zitrone nur sehr wenige, winzige Stückchen in der Soße verarbeitet worden. Was das das Gemüse dem Teller „bringen“ sollte, habe ich leider nicht verstanden. Vielleicht eine Alternative zu den erwartbaren Erbsen? Aber das ist ja immer eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Auch hier also Licht und Schatten.
Der nächste Gang mit Bresse-Hahn gelang der Küche wieder deutlich besser. Während die Brust noch etwas zu lange gegart war, was die überragende Qualität der Ware weitgehend wettmachen konnte, begeisterte die Roulade vom Keulenfleisch, auch mit einer Füllung aus kräftigem Erbspüree. Die leckeren kleinen Hülsenfrüchte waren auch naturell und mit ihrem Grün vertreten. Letzter geschmacks- und farbstarker Akteur dann Karotte, deren intensiver Saft für mich der Gewinner des Tellers war.
Das passte und war eine schöne Umsetzung eines Drei-Komponenten-Tellers.
Einzig die zusätzliche Yuzu-Majonäse ließ mich rätseln: Ging es um Frische oder um Süffigkeit? Beide Ideen wurden in der Kombi nicht wirklich erfüllt.
Begeisterter war ich vom erfrischenden Apfel-Sorbet, das gegen Dehydrierung vorsorglich mit Wodka aufgegossen wurde (7€).
Statt eines weiteren, dann roten Fleischgangs hatte ich auf das vegetarische Hauptgericht gesetzt:
Gemüse-Mille-feuille, Bohne, Aubergine, Wildkräuter.
Die Schichten bestanden aus Aubergine, Zucchini, Karotte und Kartoffel. Leider nicht sehr fein gearbeitet (müssen ja nicht gleich tausend sein...), kaum gesalzen, weich und sehr kartoffellastig. Mit einem Wort: Langweilig.
Dafür glänzte die Pilzjus ebenso wie die ansehnlichen Toppings: Die gebackenen Auberginenscheiben genau richtig zum Knabbern, die gelben Tomberries mit feiner, frischer Tomatensäure und die Brechbohnen mit Biss und kräftigem Bohnenkraut. Das machte dann wieder Spaß. Die angekündigten Wildkräuter hätten sicher auch noch ätherische und bittere Akzente setzen können. Leider wurden sie von der Küchenmannschaft vergessen. Chef Vogel war im Nachgespräch zerknirscht, dass der Teller unvollständig über den Pass gegangen war, aber die Personalnot sei so dramatisch, dass er zwei Posten abdecken musste.
Wäre mir das vorher bewusst gewesen, hätte ich bestimmt auf meinen spontanen Wunsch nach etwas Käse (12€) verzichtet. So lieferte die Küche nach einer kurzen Wartezeit eine dünne Scheibe Fourme d‘Ambert (der durch Wärme noch gewonnen hätte), nicht nur optisch sehr hübsch begleitet von Aprikosen (getrocknet und als Marmelade), Pistazien, würziger Korianderkresse und vor allem knusprigem Buchweizen - endlich mal Crunch, auch dies war bislang weitgehend Fehlanzeige gewesen. Ein versöhnlicher Abschluss, dem noch ein Pimm‘s Cup für 10,5€ folgte.
Das Caroussel beschreitet neue Wege, aber die ersten Schritte waren doch unsicherer als gedacht. Natürlich hat man in der Dresdner Neustadt das Kochen nicht verlernt, aber ob die vereinfachte Richtung den Gästen gefällt, muss sich noch herausstellen. Der Guide Michelin war jedenfalls nicht überzeugt und entzog den Stern. Schade für das sehr sympathische und engagierte Team.
Der letzte Besuch des kulinarischen Super-Juli 2021 führte mich nach Dresden ins Caroussel, das seit seiner Wiedereröffnung nach der ersten Pandemie-bedingten Schließzeit mit dem Zusatz Nouvelle firmiert. Neu deswegen, weil auch hier Corona als Beschleuniger für eine bereits begonnene Entwicklung wirkte: In diesem Fall der Verzicht darauf, sich als Hotel der Spitzenklasse ein entsprechendes Restaurant zu leisten. Auch im Bülow-Palais hat daher ein neues Konzept Einzug gehalten, das einige Neuerungen mit sich brachte: Zum einen die Trennung vom schwäbischen Küchenchef... mehr lesen
3.5 stars -
"Auf neuen Pfaden..." DerBorgfelderDer letzte Besuch des kulinarischen Super-Juli 2021 führte mich nach Dresden ins Caroussel, das seit seiner Wiedereröffnung nach der ersten Pandemie-bedingten Schließzeit mit dem Zusatz Nouvelle firmiert. Neu deswegen, weil auch hier Corona als Beschleuniger für eine bereits begonnene Entwicklung wirkte: In diesem Fall der Verzicht darauf, sich als Hotel der Spitzenklasse ein entsprechendes Restaurant zu leisten. Auch im Bülow-Palais hat daher ein neues Konzept Einzug gehalten, das einige Neuerungen mit sich brachte: Zum einen die Trennung vom schwäbischen Küchenchef
Geschrieben am 29.03.2022 2022-03-29| Aktualisiert am
29.03.2022
Besucht am 27.06.2021Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 67 EUR
Zwischen zwei Ballenberger-Besuchen stand mir der Sinn einerseits nach Abwechslung und andererseits mal wieder nach deftiger Küche. Die Empfehlungen im Netz und der Internetauftritt ließen meine Wahl auf das Thüringer Restaurant an der Ecke des Wenigemarktes fallen, ein komplett gastronomisch-touristisch genutzter Platz gleich jenseits der Krämerbrücke.
An diesem heißen Sommertag waren fast alle Außenplätze belegt, aber von einer resoluten Servicekraft wurde mir ein wundersam freier Tisch unter der mächtigen Linde angeboten. Etwas misstrauisch nahm ich Platz, nicht ohne zu prüfen, ob noch klebriger Honigtau zu befürchten war. Das zwar nicht, aber ab und an fiel doch etwas aus dem Baum, so dass ich bei erster Gelegenheit an einen kleinen Zweiertisch ganz am Rande des Außenbereichs wechselte.
Der Blick war nicht ganz so prickelnd
(das leerstehende Gebäude an der Ecke Pilse wird inzwischen kernsaniert) und so erfreute mich an der Straßenmusik und den vorbeiziehenden Menschen. Einschließlich eines Fahrrad(!)-Posers und eines Insta-Girls, deren Catwalk der arme Boy gleich viermal (!) filmen musste...
Na, dachte ich so bei mir: Das ist doch eine Inspiration! Und wählte vier Gänge von der natürlich fleischlastigen Karte:
Gekühltes Gurken-Joghurt-Süppchen mit Dill (5,4€)
Carpaccio von der Schweinelende - kaltgeräuchert (10,9€)
Thüringer Wildsülze aus der Region (als Vorspeise 8,9€)
Thüringer Grillvariation W13 - Kotelett vom Duroc, Reh-Medaillon, Wildbratwurst - (26,9€)
Wenn schon, denn schon!
Die vielen Wildgerichte und die regionalen Erzeuger/Lieferanten hatten mich schon im Netz positiv angesprochen.
Zwei Bedienungen mit Berufserfahrung versorgten mich verlässlich mit Getränken und freundlich-burschikosen Ansagen. Die trockenen Sprüche gab’s gratis, für die flüssigen Erfrischungen musste ordentlich berappt werden: Schwarzbier (3,2€ für 0,25l!), Rhabarberschorle (2,6€ für 0,2l) und aufgesprudeltes Tafelwasser für 2,6€ je 0,5l, das hier als Alternative zum Mineralwasser angeboten wird.
Der Service ist den Abend über ordentlich beschäftigt, muss er auch, denn viele Touristen fragen um Platz nach, doch ohne Reservierung braucht es schon etwas Glück, genau im rechten Moment einen freien Tisch zu ergattern. Trotzdem bleibt den Damen noch Zeit für ein Lächeln im Vorübergehen, schön. Da ist es verschmerzbar, dass an eine verloren gegangene Bestellung erinnert werden musste oder die bestellten Gewürzmühlen erst am Nebentisch landeten.
Erfrischend geriet dann auch der Einstieg ins Abendessen mit einem Gurkensüppchen im Glas. Süppchen passt hier, denn übermäßig viel war es nicht.
Aber gut. Kühl, nicht zu kalt. Sämig, nicht zu dick. Prägnanter Geschmack der pürierten Gurke, der Dill nicht zu kräftig. Für einen Sommertag genau der richtige, leichte Start.
Dazu zwei Scheiben Brot, leider schon schlapp, aber das pikante mit Chili und Kurkuma überraschend lecker, gerade zur Gurke. Kein Allerweltsbrot aus dem Supermarkt.
Weiter ging es mit der kaltgeräucherten Schweinelende vom Erfurter Metzger; ein ungewöhnliches Räucherstück, oder? Egal, mal was anderes als das Rindfleisch in „Seidenpapierstärke“ das bei jedem Italiener landauf, landab kredenzt wird (und vermutlich öfter von der Metro stammt, als man denkt...). Hier waren es vermutlich mit der Maschine geschnittene Scheiben ähnlich einem Roastbeef, die vor dem Räuchern gut Salz gesehen hatten. Schmeckte mit der Rauchnote vorzüglich. Gutes Schweinefleisch, halt. Das stückige, eher trockene Pesto war mir insgesamt dann zu viel des Würzigen.
Ein kleiner Salat war zurückhaltend angemacht, aber frisch. Die krause Petersilie herrlich „deutsch“; dafür sollten die winzig kleinen Grana-Padano-Raspeln wohl an das italienische Original erinnern.
Ich freu mich immer, etwas bis dahin Unbekanntes zu probieren und bereute die Wahl nicht.
Ebensowenig bei der Thüringer Wildsülze, von der - obwohl extra als Zwischengangs-Größe bestellt - gleich drei reelle Scheiben auf dem Teller lagen. Dunkles mageres Fleisch von Reh, Wildschwein und Hirsch, des Mannheimers liebste Pilze und Zwiebeln waren üppig in den milden, das Fleisch nicht überdeckenden Aspik eingelegt. Überzogen war das Ganze mit einer leichten Vinaigrette für alle, die es saurer mögen, dazu rote Zwiebeln und Essiggurken-Scheiben. Ein perfektes kaltes Fleischgericht. Alternativ war noch reichlich Remoulade am Start, für die das Motto von Vater Klopfer gilt...
Und damit zur Grillvariation W13, bestehend aus Kotelett vom Thüringer Duroc-Schwein, einem Medaillon vom Thüringer Rehrücken und Wildbratwurst ebenfalls aus der Region. Statt der vorgesehenen mediterranen Rosmarinkartoffeln bestellte ich mir geschwenkte Schmelzklößchen und Rahmwirsing mit Zwiebeln, Speck und Backpflaume für die zusammen moderate 3€ Aufpreis berechnet wurden. When in Thuringia...
Diesmal dachte ich rechtzeitig daran, um medium gebratenes Kotelett zu bitten, kassierte aber eine herbe Abfuhr. Die Köche würden sich weigern, Schweinefleisch anders als durchgebraten heraus zu geben. Da hätten sich schon zu viele Gäste beschwert. Na, das ist eine seltsame Begründung. Schelm, wer Böses dabei denkt... Ich ergab mich wie gewohnt still leidend in mein Schicksal, das mir ein überwiegend gelungenes Stück Schweinefleisch bescherte, das nur außen zur Trockenheit tendierte. Aber schade war’s schon. Zumal das geschmacklich untadelige Stück wieder etwas abgekühlt war, was besonders der einst verlockend kross gebratenen Fettschicht nicht gutgetan hatte. Da konnten die anderen Stücke besser punkten: Klarer Sieger im Fleischdreikampf war das Rehmedaillon, das - eingewickelt in eine schützende Speckscheibe - super saftig daherkam. Gargrad gerade mal so medium, eher weniger. Warum genau geht das beim Wild, aber nicht beim Schwein vom guten Züchter?
Die mittelgrobe Wurst aus Reh und Wildschwein hatte eine deutlich wahrnehmbare Majoran-Note, war aber nicht überwürzt. Passte perfekt zum Wildgeschmack. Apropos: Röstaromen all überall: Freunde, ich sage Euch, ein Fest!
Bei den Beilagen hatte ich bzw. die Küche eine guten Griff getan. Der Wirsing nicht verkocht und nicht in viel schwerer Sahne ertränkt. Die Speckwürfel nicht zu salzig. Und die kleinen Stücke der Pflaume brachten sehr elegante süße Nuancen. Mitteldeutsches Soulfood! Die berühmten Klöße als kleine Ausgabe, ähnlich einer großen Schupfnudel geformt, hatten die richtige Textur zwischen fluffig und elastisch, genau mein Geschmack. Dazu schön in Butter geschwenkt, bis sich auch hier eine wunderbare Färbung einstellte. Hervorragend!
Und da war es auch schon, dieses „ungebetene Sättigungsgefühl“...(Das wird hier ein Klassiker werden!) Wie erfreulich, dass mir mit der Rechnung noch ein Averna aufs Haus ausgegeben wurde, als „Wiedergutmachung“ für das leicht erkaltete Schweinekotelett.
Mein Fazit ist eindeutig: Das Wenigemarkt 13 hat als Gesamtpaket richtig viel Spaß gemacht. Zwar werde ich soviel Fleisch auf einmal nicht so schnell wieder bestellen. Wem aber gut gemachte Thüringer Küche oberhalb des Mainstreams gefällt, ist hier ganz sicher richtig.
Zwischen zwei Ballenberger-Besuchen stand mir der Sinn einerseits nach Abwechslung und andererseits mal wieder nach deftiger Küche. Die Empfehlungen im Netz und der Internetauftritt ließen meine Wahl auf das Thüringer Restaurant an der Ecke des Wenigemarktes fallen, ein komplett gastronomisch-touristisch genutzter Platz gleich jenseits der Krämerbrücke.
An diesem heißen Sommertag waren fast alle Außenplätze belegt, aber von einer resoluten Servicekraft wurde mir ein wundersam freier Tisch unter der mächtigen Linde angeboten. Etwas misstrauisch nahm ich Platz, nicht ohne zu prüfen, ob... mehr lesen
Zum Wenigemarkt 13
Zum Wenigemarkt 13€-€€€Restaurant, Cafe3616422379Wenigemarkt 13, 99084 Erfurt
4.0 stars -
"Wilder Fleischwettkampf" DerBorgfelderZwischen zwei Ballenberger-Besuchen stand mir der Sinn einerseits nach Abwechslung und andererseits mal wieder nach deftiger Küche. Die Empfehlungen im Netz und der Internetauftritt ließen meine Wahl auf das Thüringer Restaurant an der Ecke des Wenigemarktes fallen, ein komplett gastronomisch-touristisch genutzter Platz gleich jenseits der Krämerbrücke.
An diesem heißen Sommertag waren fast alle Außenplätze belegt, aber von einer resoluten Servicekraft wurde mir ein wundersam freier Tisch unter der mächtigen Linde angeboten. Etwas misstrauisch nahm ich Platz, nicht ohne zu prüfen, ob
Geschrieben am 24.10.2021 2021-10-24| Aktualisiert am
02.12.2021
Besucht am 26.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 371 EUR
Jetzt auch mal von mir eine historisch-geografische Einleitung. (Kann natürlich übersprungen werden; dient nur der Erläuterung der Überschrift.)
Also:
Das kleinste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland heißt offiziell Freie Hansestadt Bremen und besteht aus zwei Städten, Bremen und Bremerhaven. Soweit vermutlich bekannt. Als die Bremer 1827 vom Königreich Hannover Land an der Wesermündung kauften und dort in den Folgejahren ihren „Haven“ bauten, war das allerdings keine Premiere. Denn das Problem der Versandung der Unterweser, durch die keine Seeschiffe mehr bis nach Bremen kamen, gab es schon seit Jahrhunderten (und wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts durch die Begradigung und Vertiefung des Flusses mit inzwischen kritisch gesehenen Folgen für Ökologie und Deichschutz gelöst). Daher war schon ab 1618 etwa 25 Kilometer flussabwärts der Innenstadt der erste künstliche Hafen Deutschlands beim Dorf Vegesack angelegt worden. Die Namensherkunft ist nicht völlig geklärt; am hübschesten die Legende, dass sich schnell ansiedelnde Gastwirte mit ihren Angeboten sowie sonstige Dienste, die die Seeleute monatelang vermisst hatten, diesen den (Geld-)Sack wahrlich leer gefegt haben...
Über die Jahrhunderte wuchs die Einwohnerzahl in Vegesack und den benachbarten, teilweise industriell geprägten Stadtteilen auf über 100.000, so dass inzwischen die Schwelle zu einer Großstadt erreicht wäre. Das drückt sich in der Infrastruktur aus, mit eigenen Gymnasien, eigenem Amtsgericht, einer Kfz-Zulassungsstelle (mit für Eingeweihte erkennbarer eigener Kennzeichen-Kombination) und Stadtautobahn. Alles auch Ausdruck und Folge des durchaus vorhandenen Bewusstseins der Eigenständigkeit. Vermutlich gibt es ähnliche Verhältnisse in vielen Städten; von Saarbrücken werden wir sicher lesen;-)
Andererseits ist für die meisten Menschen in Bremen-„Stadt“ das Gebiet nördlich der Lesum (von der Quelle aus gemessen der drittlängste Nebenfluss der Weser) ziemliche terra incognita. Ich gestehe, dass dies bei uns nicht anders ist - Besuche waren in der Vergangenheit selten. Das gilt auch für die Gastronomie; erst recht, seit mit der Strandlust ein beliebtes Ausflugsziel am Fähranleger geschlossen ist. Ist das Angebot in der Stadt schon recht überschaubar, so schienen mir - trotz der wiederholten Berichte von Kritikerkollegen Hanseat1957 - kaum kulinarische Gründe für einen Abstecher in den Norden zu bestehen. Vielleicht mit Ausnahme des Kränholm, nachdem dort scheinbar wieder Kontinuität eingekehrt ist.
Allein das Jan Tabac war mir schon mehrfach bei Instagram durch ambitionierte Küche aufgefallen, die so gar nicht zu dem eher altbackenen Namen passen wollte. Und da wir nach dem Ende der zweiten Restaurantschließung schon die Stammlokale „durch“ hatten, machten wir uns an einem frühen Mittwochabend alkoholverzehrfreundlich per Regionalexpress ins Unbekannte auf!
Hier geht’s los:
Unser Plan war, zunächst einen ausgedehnten Bummel durch die Vegesacker Fußgängerzone und die Weserstraße zu machen. Dort hoch über dem Fluss und dem Stadtgarten und mit einer schönen Aussicht über das gegenüber liegende Oldenburger Land ist nämlich nicht nur das Jan Tabac zuhause, sondern stehen auch etliche denkmalgeschützte Häuser, die sich Reeder, Werftbesitzer und ihre erfolgreichen Kapitäne gebaut haben.
Aber wir reden vom Sommer 2021 und so stiegen wir just aus dem Zug, als es zu regnen anfing. Und auch nicht aufhörte. So mutierte unser Bummel zu einem Sprint von Markise zu Markise, bis wir endlich in einem Bekleidungsfilialist einen Regenschirm ausleihen konnten.
Kein Wunder also, dass wir pünktlich zur Öffnung die Gaststube stürmten, der man noch die ursprüngliche Bestimmung als Kneipe ansieht. Der Tresen an der einen Seite des schmalen Raumes wurde um eine offene Küche verlängert. Auf der anderen Seite des Mittelgangs schmiegen sich leicht erhöht mehrere Tische an der Wand entlang. Es dominieren dunkles Holz, rotes, schon reichlich mitgenommenes Leder und kräftig karmesinrote Wände. Rustikal, urig, aber ohne Trutschigkeit, wofür auch neue Lampen sorgen. Besonders schön das Ständerwerk des alten Hauses und die Worpsweder Stühle, deren geflochtene Sitzfläche bequemer war als erwartet.
Im hinteren Teil öffnet sich der Raum, am größten Tisch saß noch ein Küchenmitarbeiter und putzte stöhnend "die kleinsten Pfifferlinge der Welt". Später half ihm der junge Chefkoch, der uns schon beim Ankommen freundlich begrüßt hatte. Es stellte sich heraus, dass er im Canova gelernt hat.
Durch das großes Fenster geht der Blick in das "Prunkstück", den schmalen, langen Garten, der in Richtung Fluss sanft abfällt. Wir hätten auch draußen sitzen können, aber wir trauten dem Wetter nicht so recht, obwohl es aufgehört hatte zu regnen. Gute Entscheidung. Von unserem Tisch neben der Terrassentür konnten wir das Sammeln unter den großen Schirmen gut beobachten, immer wenn der nächste Schauer kam. Nach drinnen konnte niemand ausweichen, denn das Jan Tabac war ausreserviert, was die Leistung der beiden Küchenmatadore noch beeindruckender machte.
Inhaberin Ekaterina „Katja“ Vahlenkamp nahm in einem raffinierten Kleid diese Beschwerlichkeiten stoisch und mit gleichbleibender Freundlichkeit hin. Einen so engagierten, tadellosen, immer an den Wünschen der Gäste orientierten Service hat man auch nicht alle Tage. Vielen Dank! Zumal wir der kundigen Weinberatung eine wunderbare alkoholische Neuentdeckung verdanken. Tokaji Eszencia hat wenig mit dem üblichen weltbekannten ungarischen Süßwein zu tun. Deutlich sind salzig-karamellige Töne, die eher an Manzanilla erinnern. Sehr lecker, sehr teuer. Die 15€ für das großzügig eingeschenkte Gläschen des 2000er Jahrgangs waren angesichts der Flaschenpreise im Netz sogar noch ein Schnäppchen. Gern noch eine zweite Runde! Natürlich stehen solche Exoten nicht auf der kleinen, ganz klar auf Qualität ausgerichteten Weinkarte, von der wir natürlich Wasser und zunächst eine 1/2 Flasche Champagner von Drappier wählten, dann ein Großes Gewächs von Dr. Loosen und zum „Vegesack Dessert Massacre“ das eine oder andere Gläschen flüssigen Süßkram (Mosel Auslese, Sauternes, Tawny Port). Hach, das war ein lustiger Abend, perfekt orchestriert durch die leise „dramatische“ Hintergrundmusik, die zwischen Spanien und Russland, Willliams und Tschaikowsky changierte.
Bei knusprigem Olivenbaguette, Olivenöl und Fleur de Sel freuten wir uns über die Karte des Jan Tabac, die aus der personellen und räumlichen Not eine Tugend macht: 2 Vorspeisen, 2 Zwischengänge, 2 Desserts und - schön, schön - eine Käseauswahl. Als Hauptgang war ganz konsequent Sommergemüse mit Thymiankartoffeln und Pfifferlingsrahm gesetzt, das je nach Gusto solo verzehrt oder mit geräuchertem Tofu bzw. Steinbutt bzw. Rinderfilet kombiniert werden konnte.
Die Preise zwischen 13 und 46 Euro, dafür gab es Portionen für, ich sag mal, „normale“ Esser. Angesichts der sehr guten Qualitäten ist das für mich ein gutes PLV.
Die Gesamtkasse verteilten wir je zur Hälfte auf festen und flüssigen Luxus.
Zu Beginn ließen wir unisono das Rind Tatar sein und starteten ganz sommerlich mit einer mittelcremigen Burrata, die nicht mit der üblichen Tomate, sondern reifer Avocado süffig kombiniert wurde. Ein Brotchip knusperte. Rohe Gurkenstifte und Kräuter, Limette und Pepperoni verstärkten die frische „grüne“ Idee. Mir hätte das prägnanter sein können, um die relative Fettigkeit des Ganges abzupuffern, aber gegenüber wurde heftig widersprochen.
Beim Zwischengericht führte der kulinarische Weg meiner Frau vom Ganges (!) an den Guadalquivir. Ihre Gazpacho war allerdings Nebensache angesichts der wunderbaren Wildfanggarnele mit Tomaten-Basilikum-Crostini.
Für mich ging es mit dem Satee-Spieß vom Kikok-Hahn an den Kapuas - Wer kennt ihn nicht (der Google hat), den längsten Fluss Indonesiens? Die reichliche Erdnusscrème und Cashewbruch passten ebenso gut dazu wie Koriandergrün und -Honig sowie pikant eingelegte, knackige Bambussprösslinge. Hier wetteiferten süße und scharfe Noten ebenso schön miteinander wie die Texturen. Allein das wieder mal sehr durchgebratene und tatsächlich zur Trockenheit tendierende Geflügelfleisch trübte den Genuss ein wenig.
Man ahnt es - vor dem Hautgang konnte ich mir nicht verkneifen, nach einer „Erfrischung“ zu fragen. Allerdings nur, weil die Dessertkarte Sorbets versprach.
Auch diesen Wunsch erfüllte Chef Nico vorbildlich: Holundersorbet und -Schaum von selbst in der Stadt gesammelten Blüten.
Ich hatte mich beim Hauptgang für ein Rinderfilet entschieden, da ich Steinbutt - der meiner Liebsten ausgezeichnet schmeckte - erst wenige Tage vorher hatte.
Ich stimme durchaus zu, dass es hierzulande und nicht nur in Keeken und St. Arnual hervorragende Rindfleisch-Qualitäten gibt. Aber es wird halt das gegessen, was auf den Tisch kommt (oder eben etwas anderes gewählt). In diesem Fall geschmacklich überraschend starke grasgefütterte Weideland-Ware aus Neuseeland, mit kräftiger Kruste, zart im Biss und perfekt medium-rare.
Mit gleichem Niveau überraschten die Sommergemüse Erbsen, Karotten, Blumenkohl, Brokkoli, grüner Spargel und der Mais, der in Körnern und Minikölbchen serviert wurden. Das war mit Kerbel versehen, frisch - wer wollte, konnte einen Spritzer Zitrone zufügen - voll authentischem Geschmack und hatte wenig mit den TK-Mischungen zu tun, die mal besser, mal unterirdisch zubereitet viel zu oft auch im Sommer auf deutsche Teller kommen. Die eben noch am Beginn der Zubereitung gesehenen, in der Tat sehr kleinen Pfifferlinge hatten die Mühe gelohnt. Die Pilze wurden in einer nicht zu schweren Rahmsoße gebadet und hatten ebenfalls viel Geschmack, so dass es der (wie ich finde etwas unschön aufgeklecksten) Nage nicht bedurft hätte. Allerdings konnten so die eher unauffälligen Thymian-Kartoffeln sehr gewinnbringend für Aufwischarbeiten eingesetzt werden.
Ein klassisches Gericht, handwerklich tadellos umgesetzt, mit erstklassigen Produkten. Es ist, auch für mich, nicht immer „kreative Küche“, die dem Gast ein glückseliges Lächeln ins Gesicht zaubert.
Beim Süßen Fan ist man da mit gut gemachten Desserts auf der sicheren Seite. Problem ist meist, dass sich fast alles verlockend liest, im Jan Tabac einerseits Holunder-Variationen mit frischem Yuzu-Sorbet und Zitrone und andererseits fruchtiges Erdbeeren-Rhabarber Sorbet mit angewärmten Cheesecake.
Aber es war halt einer „dieser“ Tage und so wurde einfach beides bestellt!
Während sich gegenüber die „Ahs“ und „Ohs“ abwechselten, um in ein „Hmmmm“ überzugehen, konnte ich der Käseplatte nicht widerstehen. Und, weil an diesem Abend Schlemmen angesagt war, in der großen Ausführung. ... Natürlich;-)
Dabei waren von der Kuh Munster, Fourme d‘Ambert, Chaource, Brillat Savarin, Reblochon, Laguiole, aus Schafsmilch Mathais und Selles sur Cher. Man ahnt schon: Ich fühlte mich wie Borgfelder in Frankreich, was nicht verwunderlich war, denn die Käse werden über Rungis Express bezogen. Perfekte Reife bei allen!
Der krönende Abschluss unseres wirklich phantastischen Ausflugs in die unendlichen Weiten des (Bremer) Nordens!
Jetzt auch mal von mir eine historisch-geografische Einleitung. (Kann natürlich übersprungen werden; dient nur der Erläuterung der Überschrift.)
Also:
Das kleinste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland heißt offiziell Freie Hansestadt Bremen und besteht aus zwei Städten, Bremen und Bremerhaven. Soweit vermutlich bekannt. Als die Bremer 1827 vom Königreich Hannover Land an der Wesermündung kauften und dort in den Folgejahren ihren „Haven“ bauten, war das allerdings keine Premiere. Denn das Problem der Versandung der Unterweser, durch die keine Seeschiffe mehr bis nach Bremen... mehr lesen
Jan Tabac
Jan Tabac€-€€€Restaurant0421 6989-1130Weserstraße 93, 28757 Bremen
4.5 stars -
"Tolle Neuentdeckung - jedenfalls für uns" DerBorgfelderJetzt auch mal von mir eine historisch-geografische Einleitung. (Kann natürlich übersprungen werden; dient nur der Erläuterung der Überschrift.)
Also:
Das kleinste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland heißt offiziell Freie Hansestadt Bremen und besteht aus zwei Städten, Bremen und Bremerhaven. Soweit vermutlich bekannt. Als die Bremer 1827 vom Königreich Hannover Land an der Wesermündung kauften und dort in den Folgejahren ihren „Haven“ bauten, war das allerdings keine Premiere. Denn das Problem der Versandung der Unterweser, durch die keine Seeschiffe mehr bis nach Bremen
Geschrieben am 22.03.2022 2022-03-22| Aktualisiert am
24.03.2022
Besucht am 24.06.2021Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Ja, das Ballenberger. Vorab mal folgendes: Zwei Ecken von Erfurts absolutem Touri-Hotspot Krämerbrücke entfernt, ist das Ballenberger ein Lichtblick, meilenweit entfernt von den - teilweise - an Abzocke heranreichenden Allerweltsangeboten auf dem nahen Wenigemarkt. Wenn man frische Küche mit etwas kreativem Twist mag und eine gewisse Fehlertoleranz mitbringt, ist es eine sichere Bank. Außer vielleicht, man kommt ohne Begleitung und sucht eine freundliche, die Stimmung des Alleinessers aufheiternde Atmosphäre.
Trotzdem haben mich meine häufigen beruflichen Aufenthalte in Thüringens wunderschöner Landeshauptstadt seit dem letzten Sommer fünf- oder sechsmal meist allein in diese recht kleine Mischung aus Brasserie und Restaurant geführt, zum Teil mit nur wenigen Tagen Abstand.
Grund ist ein Alleinstellungsmerkmal in Erfurt und zunehmend in der Republik. Damit meine ich nicht die ansprechend kleine, mit gelegentlichen handwerklichen Holprigkeiten umgesetzte Karte und auch nicht unbedingt den Service, von verschiedenen erfahrenen Damen Typ Herz mit Schnauze erledigt. Wobei das Herz selten überwiegt. Allerdings ist die reine Leistung okay, Weine wurden zum Probieren angeboten, Extrawünsche mit der Küche geklärt und auch das Beschwerdemanagement funktionierte, ein Kaffee aufs Haus oder ein Gläschen eigener Marmelade fanden den Weg zu mir. Nur der Funke wollte meist nicht überspringen. Wobei hier der Fisch vermutlich vom Kopf her zu beschnüffeln wäre, wenn man z. B. Bewertungen auf nebensächlichen Portalen Glauben schenkt. Und auch an dem einzigen meiner Aufenthalte, bei dem die Inhaberin im Lokal weilte, stolzierte sie mit Eisesmiene durch die Tischreihen und schaute die Menschen nicht mit dem Sprichwörtlichen an, nur weil es Gäste waren. Nun ja.
Ein Grund, das Ballenberger häufiger aufzusuchen, wäre eher der Umstand, dass hier schon ab 09.00 Uhr ein vermutlich recht anständiges Frühstück offeriert wird. Die mal als improvisierten Aperó probierten Wurst-, Schinken- und (mit Abstrichen) Käsesorten waren zumindest überdurchschnittlich und nicht mit dem gemeinen Hotelfrühstück vergleichbar. Mittags zumindest ein Dreigang-Menü, ob auch die volle Karte angeboten wird, bleibt auf der Homepage etwas unklar. Von 9 bis 22 Uhr - für die gehobene Küche nicht mehr häufig zu findende Öffnungszeiten.
Nein, es ist viel profaner: Meine Termine sind fast immer am Dienstagmorgen. Und am Montagabend überhaupt ein gutes Restaurants zu finden, wird immer schwieriger - nicht nur in Erfurt. Dort erst recht, wenn man nicht auf die deftige Regionalküche zurückgreifen möchte (so man denn überhaupt weiß, wo sie in ansprechender Qualität angeboten wird).
Nun denn, genug der Vorrede: Hinein ins Ballenberger, wofür eine Stufe zu überwinden ist.
Das Lokal besteht aus zwei Räumen. Der vordere, größere ist eine charmante Mischung aus großblumigen Tapeten, Kronleuchter und voller Parade auf den andererseits einfachen Holzmöbeln und eher sachlicher Kunst. Aber durchaus liebevoll und vor allem mit vielen Blumen.
Dieses Zimmer beherbergt auch Garderobe, Theke, Küchenbuffet, Servicestation und Pass. Dementsprechend geht es wuselig und etwas lauter zu. Wir saßen hier einmal zu dritt und fühlten uns gut platziert. Ob die Abstandsregelungen den jeweils aktuellen Verordnungen entsprachen? Wer weiß das schon. Mir kamen die Abstände arg knapp vor - für vertrauliche Treffen ist das Restaurant sicher nicht geeignet, eher für Pärchen und kommunikative Menschen. Die Kontrolle der Zugangsregelungen erfolgte auf jeden Fall penibel und es stehen zwei Luftfiltergeräte bereit.
War ich allein - und waren die wenigen Metallstühle vor der Tür besetzt, die so schön im Bauchnabel prickeln... Pardon! die so schön an südlichere Städte erinnern - Bitte anklicken
zog es mich sofort in das kleinere „Wohnzimmer“ zur Rechten, wo auch das Weinangebot ausgestellt ist. Hier ist die Stimmung - ich kann es gar nicht anders beschreiben - zauberhaft. Seht selbst:
Beim Premierenbesuch gab es als Aperitif einen Crèmant von Aimery, der auch glasweise zu haben ist, bei späteren Gastspielen Pol Roger oder aktuell Prisecco von Jörg Geiger. Die Weinkarte ist übersichtlich, in der Breite aber der Größe des Hauses angemessen und hält überwiegend Einsteigerqualitäten von durchaus bekannten Weingütern des In- und Auslands bereit. Das ist keine Kritik, sondern nach meinen Erfahrungen bei vielen Besuchen in den unverbrauchten Bundesländern schlicht nachvollziehbar. Einmal habe ich die Weinbegleitung zum Menü gewählt, für die je nach Anzahl der Weine durchschnittlich zwischen etwa 7€ und 5,5€ pro Glas fällig sind. Das ist recht günstig. Für die Auswahl zeichnet die Chefin verantwortlich, leider haben Frau Ballenberger und ich unterschiedliche Geschmäcker. Bemerkenswert fand ich, dass der gewohnt zurückhaltend kritisierte Begleitwein zu einem Gang ein paar Tage später tatsächlich geändert worden war.
Das Ballenberger bietet in realistischer Einschätzung der personellen und räumlichen Möglichkeiten zwei Vorspeisen, zwei Zwischengänge, immerhin vier Hauptgerichte und zwei Desserts sowie eine Käseplatte. An Vegetarier ist gedacht, kein speziell veganes Angebot, soweit ich gesehen habe. Mittags werden für zwei Gänge 34€ fällig, was mir ein Abschreckerpreis zu sein scheint, denn deren drei gibt es für 38€. Abends kostet das Menü mit drei bis fünf Gängen 40€ bis 70€.
Ich probierte natürlich zum Auftakt das volle Programm und bevor es losging gab es als Einstimmung zweierlei selbst gebackenes Brot, das mit Kurkuma und mit Curry aromatisiert war. Hat nicht überzeugt, das eine trocken und das andere geschmacklich fad. Der dazu gereichte Kräuterquark mit Pumpernickel-Bröseln war etwas pappig geraten. Inzwischen ist man vermutlich auf (gut ) zugekaufte Ware umgestiegen, hat mir besser geschmeckt, auch die Dips, z.B. aufgeschlagene Tomatenbutter.
Der Einstieg in das Menü gelang mit einer „geeisten“ Avocado-Buttermilch-Suppe dagegen prächtig, zu der sich Chimichurri und Granatapfel gesellten. Milchprodukt und Frucht dämpften zunächst eine allzu große Schärfe des südamerikanischen Klassikers, die so angenehm im Mund bestehen blieb. Die Cremigkeit der Butterfrucht trug das Ganze mehr, als eigene Akzente zu setzen, was angesichts der prägnanten Mitspieler gar kein Schaden war. Die Temperatur war kalt, aber nicht die Geschmacksknospen betäubend, perfekt!
Als zweiten Gang bekam ich auf einem Couscous, der mit süßen Melonenstückchen versetzt war, zwei überraschend kleine, aber sehr zarte Jakobsmuscheln, die nicht nur mutig gesalzen waren, sondern beim Anbraten auch ordentlich Röstung erhalten hatten. Brauchte es auch, da die Rauchpaprika-Sauce kräftig vorschmeckte, nach dem die Knackigkeit der Gurken durch war. Insgesamt ein üppiges Gericht mit einem „kräftigen“ Geschmacksbild, das salzig ausklang. Der Eigengeschmack der an sich guten Muscheln wurde allerdings verschenkt, so dass ich den Teller als ein interessantes Experiment einordnen würde.
Konventioneller der folgende Seesaibling, der von einem langweiligen Graupenrisotto mit knackigen Lauchstücken, (zu) fester Karotte, Pesto und einer leichten Orangensauce begleitet wurde, deren elegante Fruchtsäure zum perfekt gebratenen Fisch passte. Die knusprige Haut begeisterte mich (insbesondere im Rückblick, weil beim letzten Besuch die abgeflämmte Haut eines Kabeljaus durch das Nappieren mit Fenchelragout „zerstört“ wurde). Seiner angenehmen Fettigkeit hätte aber ein deutlicherer Konter noch besser getan.
Ein Teller, der niemandem weh tat, dem aber auch ein wenig der Mut der ersten Gänge fehlte (Wie man‘s macht, ist halt falsch! Der Gast, das undankbare Wesen...:). Was bleibt, ist das gute Produkt und das tadellose Handwerk. Was auch schon eine ganze Menge ist.
Den dazu empfohlenen (!) fruchtigen und arg lieblichen Weißherbst von Zweigelttrauben tauschte ich nach einem Schluck gegen eine Riesling-Lagencuvée von Korrell.
Bevor es zum Fleisch ging, hatte ich mir „natürlich“ eine Erfrischung gewünscht, was auch kein Problem war. Aber wohl auch nicht so üblich, denn mit der Bestellung einer Kugel Kirschsorbet kam dann das gesamte Dessert. Aber ein Mann muss tun...
Also Kirsche, Schokokuchen-Streusel, frische Kirschen, Kakao-Karamellsauce und ein Blättchen Minze.
Old school, but good school.
Zurück zum Wesentlichen:
Das medium rare gebratene Rinderfilet war ordentlich gebräunt, schön saftig, vermutlich sous vide. Der Geschmack so lala (bei einem anderen Besuch wollte die Küche nichts über die Herkunft von angebotenem Wild sagen); kann man insgesamt aber so stehen lassen.
Sehr gut das Bett aus Auberginencrème, die am Gaumen sehr deutlich das Ausgangsproduktes verriet. Bei den großen Pfifferlingen war ich in Sorge, die Expertinnen und Experten hier, wissen sicher zu sagen, ob kleine tatsächlich besser schmecken. Hier waren die Schwammerl jedenfalls super und auch sauber geputzt. Beim Trüffel galt wieder mal: Riecht toll (Wenn man es mag.), bringt aber beim Essen nicht mehr viel. Noch abwesender der Portwein, der vermutlich in der Trüffelsauce verarbeitet war. Der Service war aber vorbereitet: Schon beim Einsetzen hieß es: Sie werden den Port nicht schmecken. Ja, dann mal gut, dass er in der Karte extra angekündigt wurde...
Wie schon oben geschrieben, wird neben dem Dessert auch eine kleine Käseplatte aus der Frühstücksauswahl angeboten. Auf dem Porzellan fanden sich dünn gehobelter Comté, Frischkäse von dreierlei Milch und Ziegenweichkäse. Nichts, was man nicht auch an der Käsetheke im Supermarkt bekommt. Was für den Markt spricht, nicht unbedingt gegen das Ballenberger. Aber, dass der Brique de Brebis vertrocknet war, schon. Sehr. Bei Käse hört der Spaß auf! Wenigstens hübsch angerichtet und von leckeren Kleinigkeiten begleitet? Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:
Fazit: Trotz des Käse-Fauxpas eine sehr gelungene Einkehr im Ballenberger!
Dieses Niveau konnte leider bei den nachfolgenden Besuchen nicht immer gehalten werden. Aber die Gastro kämpft schon mit genug Problemen, da braucht es nicht noch einer ellenlangen detaillierten, kritischen Nacherzählung weiterer Besuche. )Ein paar Fotos mögen einen Eindruck vermitteln.) Ich habe die gelegentlichen handwerklichen Probleme und den schwankenden Service bei den jeweiligen Sternen berücksichtigt, daher auch die kleine Diskrepanz zu den hier beschriebenen Leistungen. Es bleibt aber bei der schon zu Beginn ausgesprochenen Empfehlung: Ballenberger, kann man machen!
Ja, das Ballenberger. Vorab mal folgendes: Zwei Ecken von Erfurts absolutem Touri-Hotspot Krämerbrücke entfernt, ist das Ballenberger ein Lichtblick, meilenweit entfernt von den - teilweise - an Abzocke heranreichenden Allerweltsangeboten auf dem nahen Wenigemarkt. Wenn man frische Küche mit etwas kreativem Twist mag und eine gewisse Fehlertoleranz mitbringt, ist es eine sichere Bank. Außer vielleicht, man kommt ohne Begleitung und sucht eine freundliche, die Stimmung des Alleinessers aufheiternde Atmosphäre.
Trotzdem haben mich meine häufigen beruflichen Aufenthalte in Thüringens wunderschöner Landeshauptstadt seit... mehr lesen
3.5 stars -
"Empfehlung nahe der Krämerbrücke" DerBorgfelderJa, das Ballenberger. Vorab mal folgendes: Zwei Ecken von Erfurts absolutem Touri-Hotspot Krämerbrücke entfernt, ist das Ballenberger ein Lichtblick, meilenweit entfernt von den - teilweise - an Abzocke heranreichenden Allerweltsangeboten auf dem nahen Wenigemarkt. Wenn man frische Küche mit etwas kreativem Twist mag und eine gewisse Fehlertoleranz mitbringt, ist es eine sichere Bank. Außer vielleicht, man kommt ohne Begleitung und sucht eine freundliche, die Stimmung des Alleinessers aufheiternde Atmosphäre.
Trotzdem haben mich meine häufigen beruflichen Aufenthalte in Thüringens wunderschöner Landeshauptstadt seit
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Als mittlerweile Trendsetter des väterlichen Solo-Essens wählte ich des besseren Überblicks wegen drei Vorspeisen und die Tagessuppe. Soviel vorweg: Alles war überlegt, handwerklich top und kreativ - käme jederzeit wieder in meine Auswahl.
Was sich trotzdem so in meinem Kopf während eines Essens abspielt, habe ich nachfolgend mehr als Gedankenprotokoll denn ausgeschriebene Kritik wiedergegeben. Ich hoffe, es gefällt trotzdem. Und eine Entschuldigung an alle, denen dieser Stil nicht zusagt. Es soll nicht zur Gewohnheit werden; ich hatte halt mal Lust es zu beschreiben.
Tatar von der gedämpften Garnele, Mayonaise, Amalfi-Zitrone, Kopfsalat, Cognac, Mandarine, Erdnuss
Gute Entwicklung der Texturen. Auch, nachdem die Erdnuss durch ist, verhindert der Salat, dass es zu matschig wird. (War das Kopfsalat? Fühlte sich eher wie Eisberg an, was hier aus den o.g. Gründen ausnahmsweise Sinn macht.)
Die Mayo verbindet gut, bleibt aber angenehm leicht.
Geschmacklich grundsätzlich ein gute Kombination. Süße/Säure/Salzigkeit. Die Bitternote des Cognacs ist genial!
Leider knockt die an sich geile Amalfi-Zitrone in der dicken Gel-Matte die Garnele völlig aus. Die Säure dominiert viel zu lange das Geschmacksbild, so dass erst nach sehr langem Kauen überhaupt Garnele - immerhin der Hauptdarsteller - erkennbar wird. Unerwünschter Nebeneffekt dabei: Am Ende wird es langweilig, weil es an einer pikanten Komponente fehlt.
Dabei wäre die Säure in dieser Menge gar nicht notwendig: Schmeckt man das Gericht ohne das Gel - frappierend, wie präsent die Garnele sofort ist.
Also weniger/dünnere Matte des Gels oder in wenigen Stücken (damit Säure nur in Spitzen) oder andere Zitrusfrucht (Yuzu?).
Blumenkohl, Trüffel, vegane Rucolacrème, Dukkah, Rote-Bete-Chip
„Kannste so schicken!“ Alle Teile geil und in Summe noch geiler.
Nur ein paar offene Fragen:
Tut dieser Trüffel wirklich was für das Gericht?
Könnte Dukkah etwas prononcierter eingesetzt werden? Die Süße und Süffigkeit des Tellers verträgt meines Erachtens nach kräftigere Würzung.
Sollte da keine kräftigere Textur sein, außer dem Chip (eher Papier), dessen Knusper ja sehr schnell durch ist? Könnte der Blumenkohl in zwei, unterschiedlich festen Texturen präsentiert werden?
Geräucherte Entenbrust,Asiatischer Gurkensalat, Miso, Sesam, Traube
Texturen o.k. Das feste Fleisch hat lange Zeit Mitspieler. Der Knack der diversen und unterschiedlich behandelten Gemüse ist „frisch“.
Erneut wird mit deutlicher Säure (im Salat und zusätzlich in den Tupfen) gearbeitet, die durch die Struktur und mangels deutlich süßer Komponente lange am Gaumen bleibt. Die geräucherte Ente verträgt das aber deutlich besser und ist schnell da und ist gekommen um zu bleiben. Also grundsätzlich ok. Kleines „Problem“: Verjus in Tupfen verteilt die Säure hier sehr unterschiedlich. (Bei der Garnele wär das o.k. gewesen, weil die flächendeckende Säure too much war, hier nicht.) Frage: Ginge ein dünner Strahl aus der Quetschflasche, um alle Stücke gleichmäßig dezent zu benetzen?
Dem Gericht fehlt - für meinen Geschmack - eindeutig eine leichte Schärfe! Das kalte Fett der Ente braucht am Ende Frische, wenn die Säure weg ist.
Hier fragt der Gast: Müssen die Gurkenstücke so grob geschnitten sein? Entweder muss man Ente und Gurke und Beihau auf der Gabel erst balancieren, dann scheitern, dann entnervt alles aufspießen. „All-in“ kann für Gäste mit einem kleineren Mund(werk) schwierig sein, auch wenn es ein „maskulines“ Gericht ist. Aber wenn man versucht zu schneiden, endet es bei der Entenbrust mit kalter Haut in einem unschönen Schlachtfeld auf dem Teller.
Ramen (ohne Foto)
Nichts zu meckern. War, was es sein sollte.
Die Weizennudeln tadellos.
Brühe gut für eine Miso (Ich fahr mehr auf Tonkotsu ab).
Seidentofu ist zwar hochwertig, aber etwas „verschenkt“. Eine gröbere Qualität, vielleicht sogar geräuchert, hätte auch gut gepasst (für mich).
Ansonsten mag ich es mehr, wenn Limette und Kräuter (und Chili) nicht schon in der Suppe schwimmen, sondern à part serviert werden. Aber das ist vielleicht zu Streetfood-style.
Endlich war Schärfe da! Dann allerdings mit drei nicht zerkleinerten Chili-Ringen schon heftig für manche. Für mich hat es gepasst.
Im Glas:
Presidential White Port, Côte du Rhône Blanc von Guigal, Störtebecker Freibier, Bad Pyrmonter