Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 294 Bewertungen 393089x gelesen 10398x "Hilfreich" 9335x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 29.06.2023 2023-06-29| Aktualisiert am
30.06.2023
Besucht am 21.02.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 136 EUR
Die Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber und seiner wie stets zurückhaltend agierenden vietnamesische Angestellten. Keine Beschwerden meinerseits, auch selten.
Obwohl aus den kleinen Fenstern heimeliges Licht auf die Straße fiel, war der Eingang gar nicht leicht zu finden, denn auf dem verschlossenen wirkenden Tor gab es keinen Hinweis auf den in der Durchfahrt zum Hof befindlichen Einlass. Wenn man es weiß, wirkt es aber angenehm altertümlich, wie so vieles in der schönen Waidfärber-Stadt.
Einmal in der Cantina angekommen, betritt man einen kleinen Zwischenraum, der Servicestation, Garderobe und Weinregal enthält.
Links ein schöner Raum mit rustikalen Hochtischen, der mit Blick in die Küche geradezu für ein zwangloses Tapas-Vergnügen gedacht scheint. War er auch, aber die Behörde sieht ein Abluftproblem, das den Einbau einer größeren Abzugshaube verlange. Was der Wirt unter Verweis auf Sonderregelungen für kleine Lokale vehement bestreitet. Fortsetzung folgt…
Konsequenz ist, dass nur im Vorderraum serviert werden kann, der einen gänzlich anderen Charakter hat: Kahl, nämlich. Drei weiß getünchte Wände ohne jeden Schmuck. Eine Seite immerhin moosgrün gestrichen, vor dem der weiße Flachheizkörper irritierend fehlplatziert wirkt. Immerhin gefällt mir die aus dem Estima bekannte Lampe in Form einer goldfarbenen Rundscheibe, die indirekt beleuchtet ist. Trotzdem eine äußerst kühle Atmosphäre, so dass mir beim Eintritt spontan ein „Recht ruhig hier!“ entfuhr. Ein einzelner junger Gast verzog keine Miene; er war zum Vorstellungsgespräch für den Service erschienen. Ein Paar lächelte gequält und unterhielt sich weiter im Flüsterton. Keine Musik lenkte von der kontemplativen Atmosphäre ab. Ich erwog, auf dem Absatz kehrtzumachen. Hatte allerdings beim Gang durch die Stadt zwei angedachte Alternativen geschlossen oder völlig überfüllt vorgefunden. Was für ein Gegensatz. Ich setze mich zögerlich direkt an den Eingang, falls mich der Fluchtreflex überwältigen sollte. Nun setzte auch akustische Untermalung ein. Wenige Töne der einzelnen, vermutlich maurisch klagenden Klarinette genügten, um den Eindruck einer protestantischen Trauerfeier übermächtig werden zu lassen. Ich verbündete mich mit dem Paar und forderte einen Wechsel der deprimierenden Musik. Die folgende melancholische Gitarrenmusik erinnerte zwar mehr an Portugal als Katalonien, war aber der erste kleine Lichtblick.
Die Weinkarte ähnelt dem Estima und setzt eher auf einfachere Gewächse, was ich hier völlig okay finde. Ich wählte vom oberen Ende der weißen Fraktion einen Godello von Palacios, der durch Treixadura Körper bekam und mich später wacker durch den Abend begleitete. Bei 46€ unterstelle ich eine Kalkulation mit Faktor 3. Den unbenannt gebliebenen Cava würde ich für 8,8€ nicht erneut bestellen. Die Karaffe Leitungswasser steht mit 4,5€ in der Karte; dazu wurde auch hier schon alles Wesentliche gesagt. Muss man ja nicht bestellen.
Inzwischen war ich mit Gastgeber Feldner allein, der mir erklärte, dass das inzwischen entschwundene Paar das Konzept der Cantina nicht verstanden habe: Man sei gerade keine Tapas-Bar, in der man Oliven, Pimientos oder Dátiles zu Bier, Wein oder Sherry knabbere. Sondern ein richtiges Tapas-Restaurant, wie sie in Katalonien und dem Baskenland seit einiger Zeit schwer angesagt seien. Ich nickte verständig, knabberte an meinen Oliven, nippte am Wein und dachte an Küchenphilosoph Andrià „Ferran“ Möller: „Bilbao oder Barcelona, Hauptsache Thüringen!“
Aber ich schweife ab.
Auf der Karte in der Tat Klassiker der spanischen Kleinigkeiten, aber eben modern interpretiert, verfremdet oder weiter entwickelt. Die Oliven der Sorten Arbequina, Manzanilla und Lucques waren allerdings noch „original“ und ausgezeichnet! (Zu „Oliven“ anderer Art siehe hier: https://www.gastroguide.de/restaurant/263465/estima-by-catalana/erfurt/bewertung/41179/ ).
Mit 6,9€ alles andere als billig, aber von einem kleinen Laib wunderbar knusprigen Weißbrotes begleitet. Und wenn man bedenkt, was da sonst so für harte, teils gefärbte Geschmacklosigkeiten ins Schälchen kommen…
Auf die „2-erlei Aioli - unser beliebter ‚Catalana‘ Top-Klassiker“ verzichtete ich im Interesse meiner Gesprächspartner am nächsten Morgen.
Und bestellte von der einschließlich Snacks und Desserts erfreulicherweise nur 15 Positionen enthaltenden Speisekarte stattdessen:
Espinacas Catalan - katalanischer Spinat
Tàrtar de Tonyina - vom Balfego Thunfisch - ohne Reue genießen
Carpaccio Llagostí - Carpaccio vom Kaisergranat
Ous „sobrassada“ mallorquise
Tortilla - dekonstruierte Tortilla
Conill amb Trinxat - typisch katalanisch (Gruß geht raus an Señora Guzman!)
An dieser Stelle ein Hinweis:
Der festangestellte Koch hatte Urlaub und die Zweitbesetzung war kurzfristig erkrankt. Es kochte daher ein neuer Mitarbeiter, der zuvor ganze zwei Tage hospitiert hatte. Klar, dass da einiges holpert. Einen Teller musste ich zurückgehen lassen; er wurde anstandslos neu und besser ersetzt. Kurz kam mir der Gedanke, die Küchenleistung ausnahmsweise gar nicht zu bewerten, aber ich hab ja auch voll bezahlt. Daher aber diese Erläuterung.
Der katalanische Spinat zu Beginn war toll: Warm serviert und mit Rosinen und Pinienkernen, süß, nussig und mit einer feinen Bitternote. Speck-Krusteln steuerten Textur und etwas Salzigkeit bei. Das ausgelassene Fett verlieh den Blättern, die in der Pfanne nur kurz angezogen hatten, eine unerhörte Süffigkeit. (Gut angelegte 8,9€)
Auch gut das Thunfisch-Tatar von Balfegó(!), das von einer Tomatenmarmelade und Pinienkernen - jedoch auch in Form einer hübschen Crème - ebenfalls ansprechend begleitet wurde. Die Wiederholung von nussig und fruchtig-süß ist nicht etwa der Einfallslosigkeit der Küche, sondern meiner Auswahl geschuldet. Die Zutaten waren alle in der Karte aufgeführt. (Durch das Produkt noch einigermaßen erträgliche 17,9€)
Weiter ging es mit dem Carpaccio vom Kaisergranat. Herr Feldner musste einräumen, dass dieses an sich tolle Produkt nach dem Plattieren eingefroren wurde, weil es sonst zu schnell verderbe. Das merkte man leider an einer Wässrigkeit, die den ohnehin feinen Geschmack endgültig killte. Neben Zitronensaft und Olivenöl sollte Pancetta - ausgebraten und wiederum als Crème - die Idee eines „Mar y Montaña“ umsetzen. (¡Stolze 17,9€!)
Für das Auge etwas gewöhnungsbedürftig die Erfurter Variante der mallorquinischen Sobrassada:
Ein typisch kräftig gewürztes Wurstbrät, aber vegan auf der Basis von Sonnenblumenkernen wurde mit Süßkartoffelbrei und einem krümeligen tomatisierten Ei (lt. Karte gebacken, an diesem Abend eher aus der Pfanne?) kombiniert. Am Gaumen funktionierte das aber sehr ordentlich. (Lecker, aber mit 13,9€ teuer und mit einem Euro mehr als angekündigt bezahlt.)
Die erst dekonstruierte und dann neu zusammengesetzte Tortilla überraschte im zweiten Versuch als eine luftige Omelette-Tasche, die zumindest nicht „unübliche Verdächtige“ präsentierte, indes im kreativen, neuen Gewand: Weiche, süße Röstzwiebeln versteckten sich in einem mächtig fetten, aber geschmacklich deutlichen Kartoffel-Espuma. Statt des leider zähen statt knusprigen Kartoffelstrohs hätte ich mir eine Gemüsekomponente gewünscht. Eine spannend konstruierte, aber mir zu schwere Variante für angemessene 10,9€; mit - von mir verschmähten - Gamberones 3 Euro mehr.
Nach diesem Toda-España-Klassiker ging es wieder zurück in den Nordosten. Die Kombination von Fleisch und Schokolade ist eine Herzensangelegenheit der katalanischen Küche und für das zarte, saftige Kaninchenragout hätten selbst kritische Saartaucher die Strapse abgelegt! Herrlich rustikal und kräftig genug dazu eine Spitzkohlpraline (à part gereicht und prompt beim Fotografieren vergessen) und leicht angebratener Kartoffelstampf. (Sehr gern gezahlte 14,9€.)
Angesichts der an Raciones heranreichenden Portionen war ich gut gesättigt. Aber Herr Feldner wollte unbedingt, dass ich eine weitere Schoko-Spezialität aus Barcelona koste: Pa amb Xocolata ist eigentlich eine geröstete Weißbrotscheibe, die man während des Bürgerkrieges mangels Wurst oder Käse mit Schokolade belegte. Hier wieder dekonstruiert als krosse Krümel und cremige Mousse, aber deutlich auf der Dessert-Seite, trotz Olivenöl und Salz. (Ohne Einladung wären 7,9€ fällig gewesen.)
Bleibt ein schwieriges Fazit: Der Cantina waren die Anlaufschwierigkeiten gleich in mehrfacher Hinsicht anzumerken. Was mir nicht nur für die Gäste leid tut, sondern auch für einen Gastgeber, der sich erneut getraut hat, ein ungewohntes Konzept nach Erfurt zu bringen. Als Einzelgast würde ich hier nur wieder einkehren, wenn der hintere Raum ein ungezwungeneres Tapas-Vergnügen ermöglicht. Ansonsten nur in einer Gruppe, die selbst für Stimmung sorgt.
Die Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber... mehr lesen
La Cantina by Catalana
La Cantina by Catalana€-€€€Restaurant0361 5506335Allerheiligenstraße 19, 99084 Erfurt
3.0 stars -
"Ein Tapas-Restaurant ist keine Bar, klagt die Klarinette!" DerBorgfelderDie Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber
Geschrieben am 11.03.2023 2023-03-11| Aktualisiert am
11.03.2023
Besucht am 18.02.2023Besuchszeit: Abendessen
Auf subtil geäußerten Wunsch hin also noch ein paar Worte zum GG-Abendmahl an der Nahe. Im Zweifel gilt: Schon alles gesagt, aber noch nicht von mir!
Zum Service hat Nolux klare, trotzdem wertschätzende Worte gefunden, wie ich finde. Dass der Chef den Abend über anwesend war, aber sich keinen Deut um das Chaos scherte (oder gar an den Tisch kam), zeigt wieder mal, von welcher Seite der „Fisch“ müffelt…
Über die lieben Menschen, mit denen wir schöne Stunden im Denkmal(z) verbringen durften, wurde ebenso berichtet und auch zum Ambiente ist das Meiste schon geschrieben. Was mir zum äußeren Rahmen noch aufgefallen ist: Ein nur teilweise eingedeckter, den ganzen Abend frei gebliebener 6er-Tisch wies eine ungewöhnliche, geschwungene Form auf. Entweder Teil einer Riesen-Carrerabahn oder vielleicht der Platz, an dem Trauungen vollzogen werden, denn in der vorzüglich renovierten Kapelle kann man auch standesamtlich heiraten?
Von unserem Platz im „Chor“ schweifte mein Blick immer wieder in die Höhe, wie das die gotischen Baumeister ja beabsichtigt hatten. Dabei irritierten die Aussparungen in den Pfeilern und im Mauerwerk auf halber Höhe, die ich erst für Figurnischen hielt, die aber von den hölzernen Zwischendecken stammen, die während der Nutzung als Lagerraum nach der Reformation eingezogen wurden. Schön, dass solche „Wunden“ nicht zugedeckt werden; eben ein echtes Denk mal!
In aller Bescheidenheit hat der gute Nolux versäumt, die von ihm höchstpersönlich ausgesuchten Weine - prickelnd wie still - hinreichend zu loben. Feiner Nahe-Stoff mal ganz ohne VDP-Siegel - kein Wunder, dass es zwei seiner Lieblingswinzer sind (und vielleicht ja in Bremen werden?).
Meinen White Port Tonic hatte ich übrigens bestellt, weil mich nach dem anstrengenden Marsch dürstete und ich beim Sekt nicht durch ein unangemessenes „Herunter-Pulschen“ auffallen wollte (Eine etwas beleidigende Wortschöpfung zur Beschreibung meines mitunter gierigen Trinkverhaltens durch eine Dessertliebhaberin…).
Und damit auch schon zu den Speisen.
Zu Sesamsticks und dem leckeren Treberbrot erhielten wir neben der Butter einen nicht minder gut schmeckenden, pikanten Wasabi-Frischkäse.
Bei der in der Tat sehr mild gebeizten dick geschnittenen Saiblings-Tranche des ersten Gangs lobte der Nahe-Botschafter unserer Herzen die gute Schärfe des Passionsfrucht-Gels. Die konnte ich zwar nicht wahrnehmen, aber eine sehr deutliche Säure, die mir etwas zu aggressiv war. Davon abgesehen klappte das Zusammenspiel mit den weiteren Komponenten Bete und Schmand sehr gut. Ein Geschmacksbild, das ich als Norddeutscher eher mit Hering verbunden hätte. Der Wakamesalat war ohne Zweifel zugekauft. Warum auch nicht, IMHO. Guter Auftakt.
Noch besser das Hauptgericht, das der Mann von PetraIO und ich aufgrund des falsch bonierten Menüs schon deutlich vor den Damen erhielten: Zwei dicke Doradenfilets machten sich auf einem Bett von gut abgeschmecktem Kartoffelpüree (für „Stampf“ war es mir zu wenig stückig) und noch knackigem Lauchgemüse gemütlich. Leicht mehliert war der Fisch knusprig gebraten worden, zart und saftig. Einfach lecker, erst recht mit der Zitronenbutter! Frittierter Grünkohl sorgte für etwas Knusper. Kräftig gewürzt wird auch im Denkmalz.
Statt Dessert entschied ich mich mal wieder für Käse. Der noch recht junge Comté wurde mit einer Balsamico-Reduktion serviert, von den weiteren Beilagen gefiel das saftigen Früchtebrot. Die schwarzen Walnüsse waren gefällig, aber längst nicht so gut, wie die Preziosen aus dem Hause P. in Idar-Oberstein! Solide.
Die Küche hat an diesem Abend deutlich über dem Service agiert und tadelloses Handwerk bei guten Qualitäten abgeliefert. An den Kleinigkeiten erkannte man den Anspruch. Die kreativen Highlights der ersten Zeit konnte ja nur Nolux vermissen, und wer weiß schon, welche (Unter-)Besetzung an diesem Abend herrschte. Ich für meinen Teil war mit dem Essen jedenfalls rundum zufrieden und das soll schon was heißen;-).
Danke an alle Beteiligen für diesen schönen Faschingsabend!
Auf subtil geäußerten Wunsch hin also noch ein paar Worte zum GG-Abendmahl an der Nahe. Im Zweifel gilt: Schon alles gesagt, aber noch nicht von mir!
Zum Service hat Nolux klare, trotzdem wertschätzende Worte gefunden, wie ich finde. Dass der Chef den Abend über anwesend war, aber sich keinen Deut um das Chaos scherte (oder gar an den Tisch kam), zeigt wieder mal, von welcher Seite der „Fisch“ müffelt…
Über die lieben Menschen, mit denen wir schöne Stunden im Denkmal(z) verbringen durften, wurde... mehr lesen
DENKMALZ - Die Kapellenküche
DENKMALZ - Die Kapellenküche€-€€€Restaurant, Hausbrauerei067518577080Kapellenstraße 5, 55566 Bad Sobernheim
3.5 stars -
"And here are the results of the Bremer Jury" DerBorgfelderAuf subtil geäußerten Wunsch hin also noch ein paar Worte zum GG-Abendmahl an der Nahe. Im Zweifel gilt: Schon alles gesagt, aber noch nicht von mir!
Zum Service hat Nolux klare, trotzdem wertschätzende Worte gefunden, wie ich finde. Dass der Chef den Abend über anwesend war, aber sich keinen Deut um das Chaos scherte (oder gar an den Tisch kam), zeigt wieder mal, von welcher Seite der „Fisch“ müffelt…
Über die lieben Menschen, mit denen wir schöne Stunden im Denkmal(z) verbringen durften, wurde
Geschrieben am 20.02.2023 2023-02-20| Aktualisiert am
20.02.2023
Besucht am 09.02.2023Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hatte ich das große Glück, dass Inhaber Falk Heinrich für zwei Kollegen (Stammgäste) und mich sein Chemnitzer Restaurant exklusiv an einem Abend unter der Woche öffnete. Denn der sympathische Sachse konzentriert sich von Dienstag bis Donnerstag auf Catering und Events sowie das in der Pandemie eingeführte Mittags- und Abholgeschäft. Letzteres so erfolgreich, dass inzwischen eine Begrenzung erfolgen muss, um die Kapazitäten - organisatorisch und besonders personell! - am feinen Kapellenberg nicht zu überlasten. Umso schöner, dass Auszubildende Luisa erneut ihren Lehrmeister unterstützte und sich trotz herannahender Prüfung für uns zumindest die späten Abendstunden um die Ohren schlug. Es gibt immer noch junge Menschen, die für die Gastronomie brennen - wie überaus erfreulich!
Während die ehemalige Fabrikantenvilla die Architektur-Interessierten speziell Fans von Henry van der Velde anlockt, werden in der im Garten gelegenen, mustergültig renovierten ehemaligen Remise eher die Anhänger einer stimmig modernisierten Gourmetküche auf klassischer Grundlage glücklich. Und wenn die Begeisterung des Chefs für weiße Burgunder sogar noch die des Gastes übertrifft, darf man wohl von einem „Match made in Borgfeld“ sprechen.
Brot und aufgeschlagene Butter nahm ich in Erinnerung an die erste Sause nur in homöopathischen Dosen zu mir, um die angekündigten 10 Teller auch alle genießen zu können (Es irrt der Mensch, solang‘ er strebt…)
Etwas ungewöhnlich starte das Menü warm mit dem ersten von zwei Geflügel-Gängen. Die fast durchgebratene Tranche vom Huhn (Bresse-Ware über Rungis Express) war sehr saftig und von vollmundigem Geschmack. Die Kombi Geflügel mit Frucht führte in der gutbürgerlichen Küche meiner Jugend geradewegs in die Libbys-Fruchtcocktail-Hölle (Wer bekommt die Kirsche?). Die Erinnerung könnte nicht weiter entfernt sein von Falk Heinrichs mutiger Interpretation mit eingekochter Kumquat und Thymian. Nur, dass die vorzüglich gebräunte Haut durch das Napieren viel von ihrer Knusprigkeit eingebüßt hatte, betrübte mich ebenso wie den Chef; das war so nicht gewollt.
Beim zweiten Streich badete ein auf der Haut vorsichtig gebratener, schneeweißer, natürlich saftiger Seeteufel in einer samtigen Safransauce, die durch Ingwer und Chili eine wahrnehmbare, aber nicht anstrengende Schärfe erhalten hatte. Eine echte Entdeckung für mich. Ein kleiner Salat von Erbsenschoten war für den Knack zuständig; ein grobes Püree für etwas Süße. Exzellente Produktküche!
Genauso begeistert waren die drei Carnivoren am Tisch über die Schweinerippchen auf fermentierten Spitzkohl in Gang 3. Das über Stunden im Smoker butterzart gewordene Fleisch hatte an kleinen Spießen noch einmal kurz Grillhitze bekommen, was ihr eine Knusper-Haut bescherte, die auch die unverschämt süffige Sauce nicht erweichen konnte. Entdeckung des Abends war der Voatsiperifery Bourbon-Pfeffer aus Madagaskar, mit dem eine unglaublich interessante zitrusfruchtige(!) Schärfe ins Gericht kam. Vom prickelnden Effekt entfernt dem Szechuan-„Pfeffer“ ähnlich. Diese gar nicht mal so kleinen Soulfood-Happen haben wir andächtig schmatzend weggelutscht. Bourbonen-Pfeffer aus Madagaskar
Knusper? Hat da jemand Knusper gesagt? Was das angeht, sagt ein Bild mehr als 1000 Worte:
Der zweite Teil des Bresse-Huhns konkurrierte mit einer bewusst nur leicht abgezogenen Morchel-Zwiebelsauce um unsere Aufmerksamkeit. Wir lobten beides sehr. Dass in der Villa nur sehr gute Qualität und ausgezeichnetes Handwerk die Teller schmückt, bedarf an dieser Stelle keiner besonderen Betonung mehr.
Eher, dass der Reigen der Gaumengenüsse immer wieder von angeregten Gesprächen über Weine, Gerichte und die Gastronomie allgemein unterbrochen wurden, untereinander und immer wieder mit unserem Gastgeber. Die eigene Menü-Geschwindigkeit mit diesem ebenso engagierten wie fachkundigen Koch abstimmen zu dürfen, war ein großes, zusätzliches Geschenk!
In der Mitte des Menüs kehrten wir noch einmal kurz ans Meer zurück: Unser Gastgeber kombinierte untadeligen Kaisergranat mutig mit Ananas und selbst eingelegtem Kimchi, der zurückhaltend genug geschärft war, um auch dem edlen Krustentier Raum zu lassen. Frisch und knackig und im Reigen der Winteraromen eine willkommene Erfrischung.
Aber natürlich wurde es dann auch wieder jahreszeitlich passend. Die Portwein-Trüffelsauce zum Hinknien umschmeichelte eine halbe gebackene Taube, die mit ihrer wunderbaren Leber kredenzt wurde. Zum Aufnehmen auch des letzten Tröpfchens diente ein perfekt lockerer Semmelknödel.
Man beachte bitte die Portionsgröße an dieser Stelle.
Und kann sich vielleicht mein „Entsetzen“ vorstellen, als die beiden Küchen-Musketiere den folgenden Teller brachten:
„Ganz ohne Beilagen!“, wie Falk Heinrich betonte, kam als (zugegeben) dünn geschnittenes Minuten-Steak ein medium gebratenes Entrecôte an den Tisch. Abgezogen mit einer Emulsion von Rinderfett mit Bergamotte und Granatapfel hatte das perfekte Fleisch beides: Süffigkeit und Frische! Extrem aromatisches Fleisch, wie meist viel besser als Filet.
Aber trotzdem: Gnade! Nach 7/8 machte mein Magen buchstäblich zu und ich hätte „ums Verre…“ keinen weiteren Bissen geschafft.
So musste ich - auch fotografisch - beim folgenden Rehrücken mit Schwarzwurzel und Wildpreiselbeeren passen. Zumal auch hier eine zwei Finger dicke Tranche mit kräftig gebräuntem Äußeren und zartrosa inneren Werten lockte. Interessanterweise gingen bei den beiden verbliebenen Essern die Meinung über die geschmackliche Intensität auseinander. Ich war derweil damit beschäftigt nicht zu platzen.
Als Pre-Dessert schickte der gebürtige Chemnitzer Heinrich ein Kürbis-Sorbet mit Aprikosenessig, dessen prononcierte Säure ich mir vor dem Steak gewünscht hätte.
Trotzdem nahm ich vom Dessert, einem Kaffee-Tiramisu, der Höflichkeit wegen und aus Neugier zwei Löffel. Denn Falk Heinrich hatte schon eingangs des Abends berichtet, dass eine eigene Kraft für die Patisserie sich nicht trage und Desserts seine Sache nicht seien. Jedenfalls nicht auf dem Niveau der sonstigen Küche. Deshalb habe er sich entschieden, auf Klassiker zu setzen. Die aber in sehr guter Produktqualität. Genauso war es. Ein Tiramisu mit klarer Kaffeenote und ohne Schnickschnack. Aber halt ausgewogener, frischer und fluffiger als bei 90% der hiesigen Italo-Restaurants.
Während draußen völlig unerwarteter Schneefall den Garten malerisch verzauberte
klang drinnen der Abend aus; wir sinnierten noch etwas über die Weine, die dieses Mal allesamt auf Empfehlung des überaus zugewandten Chemnitzer Küchenkünstlers geöffnet wurden.
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Natürlich ist mir bewusst, dass ein solches private-dining nicht mit dem üblichen Restaurant-Besuch zu vergleichen ist. Aber die Philosophie einer produktorientierten Küche mit zumeist drei Komponenten auf französischer Grundlage wurde hoffentlich erkennbar; meine Begeisterung darüber sicherlich!
Wanderer, kommst du nach Chemnitz, gräme dich nicht: Ein Kleinod wartet auf dich!
Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hatte ich das große Glück, dass Inhaber Falk Heinrich für zwei Kollegen (Stammgäste) und mich sein Chemnitzer Restaurant exklusiv an einem Abend unter der Woche öffnete. Denn der sympathische Sachse konzentriert sich von Dienstag bis Donnerstag auf Catering und Events sowie das in der Pandemie eingeführte Mittags- und Abholgeschäft. Letzteres so erfolgreich, dass inzwischen eine Begrenzung erfolgen muss, um die Kapazitäten - organisatorisch und besonders personell! - am feinen Kapellenberg nicht zu überlasten.... mehr lesen
Villa Esche
Villa Esche€-€€€Restaurant03712361363Parkstraße 58, 09120 Chemnitz
4.5 stars -
"Ein Abend wie ein Geschenk" DerBorgfelderSchon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hatte ich das große Glück, dass Inhaber Falk Heinrich für zwei Kollegen (Stammgäste) und mich sein Chemnitzer Restaurant exklusiv an einem Abend unter der Woche öffnete. Denn der sympathische Sachse konzentriert sich von Dienstag bis Donnerstag auf Catering und Events sowie das in der Pandemie eingeführte Mittags- und Abholgeschäft. Letzteres so erfolgreich, dass inzwischen eine Begrenzung erfolgen muss, um die Kapazitäten - organisatorisch und besonders personell! - am feinen Kapellenberg nicht zu überlasten.
Geschrieben am 16.10.2023 2023-10-16| Aktualisiert am
16.10.2023
Besucht am 26.01.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 140 EUR
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum recht klein. Und das ehemalige Restaurant hatte durch seinen Fliesenboden und die leicht barocke Wandgestaltung auf manche Gäste vielleicht eine etwas zu einschüchternde Atmosphäre.
Jetzt geht es im Hadrys rustikaler zu, hell und freundlich. Der dunkelgraue Fußboden kontrastiert gut mit dem weiß gestrichenen Stahlträger. An den Wänden ebenfalls Holzpaneele mit Lampen, die ein warmes Licht geben.
Nur die Setzteller machen mit ihrem hübschen Muster weiterhin gute Laune.
Statt (gefühlt) steifem fine-dining jetzt Wohlfühlatmosphäre.
Dazu passt die manchmal erfrischende Ansprache von Frau Ebeling (Man kennt sich jetzt schon einige Jahre;-), die von einer ebenso selbstbewussten, aber nie ruppigen Kollegin im Service unterstützt wurde.
Ich starte mit einem für die Jahreszeit ungewöhnlich fruchtig-leichten Aperitif „Testarossa“:
Sekt mit Himbeere und Zitrone und treffe dann eine ungewöhnliche Entscheidung: Weinbegleitung!
Aber die Flaschenweine, die mir gefallen, habe ich hier schon mehrfach getrunken. Also Zeit für neue Erfahrungen! Nicht neu sind die fairen Preise: Das komplette 6-Gang-Menü kostet 65 Euro, die Begleitung im Glas 45 Euro; es wird großzügig eingeschenkt. Aufgesprudeltes Leitungswasser (Pardon: Landhauswasser!) wird immer noch mit 3,8€ berechnet.
Als Appetithappen schickt die Küche zweierlei Landhaus-Brot (frisches Baguette und das dünne Knäckebrot mit Körnern, das ich seit meinem ersten Besuch feiere) dazu Gänseschmalz, in dem Apfel und Röstzwiebeln verarbeitet sind. Köstlich!
Der erste Gang ist gleich ein Paukenschlag: Winter-Caprese!
Sahnige Burrata verbindet Sebastian Hadrys mit in Zimt eingelegter Tomate. Tolles gewürzig-fruchtiges Aroma in den Paradeisern und einem davon gezogenen Schaum. Als grüne Komponente Rucola: Aber nicht nur als Bett für weiß und rot, sondern auch als Sorbet(!) mit Ginger-Ale!
Mutig, kreativ, funktioniert gut! Auch, weil die Ingwer-Limo die sonnenreife Süße der Tomaten übernimmt. Kein Wunder, dass der Gang schneller verspeist als abgelichtet war…
Der Weißburgunder hielt ordentlich mit.
Danach kommt „Unser Linseneintopf": Optisch eher Soljanka, da tomatisiert. Die Linsen haben noch ganz wenig Biss. Aber mutig gewürzt, so dass der geflämmte Atlantik-Lachs trotz minimaler Röstnoten untergeht. Zudem wurde der Tran nicht sauber entfernt; das mag ich nicht.
Der Kerner im Glas dazu recht fett, aber Säure gleicht das aus. Die Restsüße passt jedenfalls.
Nach der Suppe Krustentier: Zwei Garnele gefallen geschmacklich durchaus, haben aber durch eine zu lange Flämmung außen ein ledrige Schicht bekommen. Das ist schade. Der am Tisch angegossene Sud führt durch Ingwer, Chili und Zitronengras in die asiatische Aromenwelt und ist schön scharf. Zwei als Nocke eingelegte Beilagen sind vegetarisch und saisonal-regional:
Rote Bete in zwei Texturen ist überraschend süß und hat eine angenehme, nicht muffige Erdigkeit. Die in Schnittlauch gewälzte Ziegenkäse-Crème brachte eine gewissen Kühle, die wohl die Schärfe des Suds dämpfen sollte. Für mich wäre das gar nicht notwendig gewesen, denn so verlor der Teller Spannung. Geschmeckt hat’s trotzdem.
Nach interessierter Abfrage meiner Rotwein-Vorlieben (Nein.) reichte Frau Ebeling dazu einen sehr fruchtigen neuseeländischen Spätburgunder. War gar nicht schlimm.
Noch war aber nicht Schluss mit Fisch: Der auf der Haut gebratene Winterkabeljau (Was auch sonst…) wurde recht bodenständig auf einer Basis von Kartoffelstampf und einer Schicht Bohnen-Potpourri aufgetürmt. Aber es sind - neben der untadeligen Produktqualität - die „kleinen“ Dinge, die gefallen: Die Fischhaut knusprig (Letztens im Canova das schlabberige Gegenteil!) und zu den Bohnen gesellten sich etwas Speck und Pilze und schon war auch Umami im Spiel. Ein Hummerschaum verband die Komponenten passabel und tat auch dem recht lange gegarten Fisch ganz gut.
Wie häufig nicht ganz das Niveau der Vorspeisen, aber schon ein geradliniges, sehr gutes Winter-Gericht.
Ich hatte mir nochmals Weißburgunder gewünscht und diesmal kam etwas Gereifteres, das mich wieder in meine kleine Weißwein-Blase (That’s for you, folks!) zurück lullte.
Genau mit dem letzten Gang erschien eine langjährige Freundin (Kennengelernt im Türkei-Urlaub - EM 1988 - Rijkaard, das Lama!), die auf meinem Anruf mal eben von der anderen Elbseite gesprintet war. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es viel zu erzählen, so dass der perfekt rosa gebratene Rehrücken mit Pflaume und Sellerie-Texturen etwas in den Hintergrund trat. Ich weiß nur noch, dass das Fleisch wunderbar und eine angebratene Scheibe der Knolle (wie häufig) noch sehr „al dente“ war…
Und, dass der Spätburgunder von der Ahr (Us de Lameng 2019) natürlich prima matchte.
Und dann nur noch etwas Süßes
zum Abschluss dieses rundum erfreulichen Abends im neuen Landhaus! Die Fahrt aus der Innenstadt lohnt.
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum... mehr lesen
Restaurant Landhaus Hadrys
Restaurant Landhaus Hadrys€-€€€Restaurant, Gasthaus03916626680An der Halberstädter Chaussee 1, 39116 Magdeburg
4.0 stars -
"Das neue Landhaus überzeugt" DerBorgfelderNach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum
Geschrieben am 09.10.2023 2023-10-09| Aktualisiert am
11.10.2023
Besucht am 20.01.2023Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 74 EUR
Nach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender Tisch. Ich machte es mir in einem Ledersessel gemütlich und "kam erstmal an". Das Gestühl in weinrot und schwarz stand auf einem recht filigran scheinenden Metallgitter; zu einem gewichtigen Malheur kam es aber nicht. Das Ambiente gefiel mir gut: Einerseits dunkelgrau gestrichener Betonfußboden, andererseits vor den Fenstern zur Fußgängerzone halbhohe weiße Gardinen im Brasserie-Stil wie weiland im Bremer Grashoff. Auf den eng stehenden Tischen schwarze Sets, die schon eingedeckt waren. Anklicken
Es herrscht ein noch angenehmes Stimmengewirr. Für vertrauliche Treffen weniger geeignet, aber man kommt schnell ins Gespräch mit den Nachbarn. Kann ja auch nett sein. Im Eingangsbereich stehen einige Hochtische, vielleicht zum Warten oder für "nur" Weintrinker. Hingucker im hinteren Bereich sicherlich die indirekt beleuchtete, mit "in echt" ausgetrunkenen Flaschen bedeckte Rückwand.
Das sieht gut aus und macht Durst, also erstmal einen leichten Sauvignon-Winzersekt von Oliver Zeter. Stilistisch wie stets viel Frucht in der Nase, wenig am Gaumen. Zum leichten Menü wechselte ich auf einen griechischen Sauvignon, der mir mit seiner Mineralik besser gefiel. Beim Einschenken fällt ein kleiner Sprung im Glas auf, das sofort getauscht wird.
Kein Wunder, denn die deutsch-italienische Bedienung (Chefin?) begleitet mich nicht nur zum Tisch, sondern auch freundlich und aufmerksam durch den Lunch. Absolut professionell, eine Wohltat. Die Dame meint, mich zu kennen, denn zur Begrüßung höre ich, dass mein letzter Besuch schon etwas zurückliege. Ich war schon mal im Gui? Vielleicht doch nicht alles in Ordnung mit dem linearen Raum-Zeit-Kontinuum in Bielefeld...
Während ich über eine Anrichte mit etlichen Flaschen Hochprozentigem interessiert die Küchencrew beobachtete
und dabei den mordsmäßig teuren Molteni-Herd bewunderte, wurde eine Schnittlauchbutter mit deutlichem Aromat gereicht, dazu aufgebackenes Brot vom Bäcker oder jedenfalls in handwerklicher Qualität.
Passt.
Auf der Karte hatte eine Vorspeise meine Neugier geweckt.
Das Sellerie-Törtchen entpuppte sich als eine zurückhaltende Mousse auf einem Mürbeteig, in dem mir die Zugabe von Makadamianuss besonders gut schmeckte.
Der schon etwas eingetrocknete Lachskaviar ergänzte leicht salzige Noten. Für Süffigkeit sorgte Liebstöckel-Hollandaise. Ich hatte auf frisches Aufschlagen gehofft, aber die Sauce kam aus dem Syphon. Somit erklärte sich auch, dass das Gericht insgesamt kalt serviert wurde.
Insgesamt ein trotz Hollandaise frisch schmeckender Auftakt, bei dem Sellerie und Liebstöckel leider zu vorsichtig eingesetzt wurden. Ganz oder gar nicht, ist da meine Meinung. Aber das kann man auch ganz anders sehen. 16€ fand ich für das originelle Gericht nicht zu teuer.
Zum Hauptgang (24,0€) "schwamm" confierter Winter-Kabeljau mit einer Knusper-Haube aus Pankocrumble an meinen Tisch. Natürlich durch, aber trotzdem saftig und voll Geschmack. Würde ich jedem Rotbarsch vorziehen;-)
Die Begleitungen überzeugten: Ein nicht zu feucht gearbeiteter Perlgraupensalat. Halbe Pastinaken-Parisienne hatten wahrnehmbaren Biss und durch das Anbraten leichtes Karamell.
Auch der glasierter Fenchel war tadellos und auch am Strunk weich genug.
Die Krustentierglace blieb leider zurückhaltend. Insgesamt ein gelungener Teller.
Tatsächlich begeistert hat mich der Abschluss meines kleinen Menüs. So einfach, so klasse! Ich habs ja nicht so mit schweren Desserts, lieber frisch und leicht.
Da trafen die sauber gearbeiteten Filets von Zitrusfrüchten (tolle Blutorange) für 12,0€ aber genau meinen Geschmack! Die sauren Früchtchen versteckten sich zusammen mit einem süßen
Mandarinensorbet unter einer sündhaft guten
Zabaglione, die noch lauwarm war! Der Massala kam gut durch und steuerte zu Süße und Säure alkoholische Bitternoten bei.
Dazu noch eine knusprige Hippe in kunstvoller Form.
Wunderbar austariertes Dessert!
Der Besuch im Gui war sehr angenehm und in allen Belangen gelungen. Empfehlung für gute Bistroküche.
Nach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender... mehr lesen
4.0 stars -
"Schade um dieses Bistro, wenn es Bielefeld nicht gäbe" DerBorgfelderNach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender
Geschrieben am 30.01.2023 2023-01-30| Aktualisiert am
30.01.2023
Besucht am 04.11.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 130 EUR
Nachdem ich am ersten Kölner Abend schon Julia Komps Kochkünste abseits der Gourmetküche probiert hatte, traf es sich für den Folgetag doch prächtig, dass ein weiterer Sternekoch wenige Tage zuvor ein Zweitrestaurant eröffnet hatte. In Eric Werners Augustin soll es Brauhausküche 2.0 geben - Kölsche Klassiker veredelt. Eine telefonische Reservierung war erfolgreich.
Ins Restaurant gelangt man durch einen unscheinbaren Eingang, dem sich ein längerer gefliester Hausflur anschließt. Hier atmet alles Kaiserreich. Der Speisesaal des ehemaligen Kolpinghauses für wandernde Handwerksgesellen ist mit seinem hohen Tonnengewölbe für den Brauhaus-Ansatz eine durchaus beeindruckende Bühne. Dunkle Parkettoptik und Holzmobiliar stehen für Rustikalität, in edlem dunkelgrün gestrichenen Wände für Eleganz. Die halbhohe Wandverkleidung aus türkisfarbenen(!), holzeingefassten Fliesen lässt mich etwas wehmütig an den verblichenen Berliner Pauly Saal denken. In der Mitte stehen größere Tische ganz in Brauhausmanier, an den Seiten Bänke, davor und auf einer kleinen Empore zur linken Hand Tische für Pärchen und alleinspeisende Gäste. Die Sitzgelegenheiten sind mit schwarzem Kunstleder bezogen und dick gepolstert. Dafür wird die Rückenlehne mit der Zeit recht hart. Vielleicht hätte ich den Tipp annehmen sollen, meine Garderobe (noch?) mangels anderer Möglichkeiten über den Stuhl zu hängen. Hatte ich offenbar vorschnell abgelehnt, weil ich mit meinem langen Mantel nicht den Boden wischen wollte…
Für gedämpftes Licht im Saale sorgen einerseits in den Säulen eingefügte Leuchtbänder. Hingucker sind aber natürlich die im Netz schon vielfach beschriebenen, ganz unterschiedlichen Kronleuchter; 14 Varianten habe ich ausgemacht. Meine Begeisterung wurde etwas gedämpft, als ich sehe, dass sich das im wesentlich gleiche Ensemble nur etwas anders aufgehängt wiederholt. Vielleicht ein Statement zur Unmöglichkeit von Individualität in unserer Zeit? Egal. Wichtiger ist, dass die vielen Lampen kaum den Lärmpegel dämpfen können, der sich trotz recht manierlich erscheinendem Publikum immer weiter erhöht. (Man kennt das: Weil es laut ist, spricht man selbst lauter und das verstärkt sich immer weiter gegenseitig…) Auch, wenn man zum lauschigen Tète-à-Tète sicherlich nicht das Brauhaus ansteuert: Vor dem letzten Gang bat ich um eine Pause und flüchtete regelrecht in das ruhige Foyer des angrenzenden, Design-Hotels, zu dem keine geschäftliche Verbindung besteht. Eine Wohltat! Im abschließenden Plausch mit der Serviceleitung hieß es dann auch, dass man über Geräuschdämpfung unter der Decke nachdenke. Bitte, unbedingt!
Nicht nur beim Gespräch machte der komplett in schwarz gewandete Service wenige Tage nach der Eröffnung eine gute Figur: Der junge Mann, der mich überwiegend bediente, war zwar anfangs etwas nervös, aber mit zunehmender Zeit freundlich, flott und gewissenhaft. Und er gab, wie sich später herausstellte, meine Reaktionen an die Küche weiter.
Nachdem ich mich - netterweise ungestört - ausführlich umgeschaut hatte, bestellte ich für die prickelnde Abendbegleitung einen rotfruchtigen Rosé Brut vom renommierten Würzburger Juliusspital.
In der gut sortierten Weinkarte finden sich viele große Namen, aber auch viele Entdeckungen, die teilweise sehr fair kalkuliert sind. Galt leider ausgerechnet nicht für den Frankensekt, der im Netz mit 15€ angeboten wird, hier aber 55€ kostet.
Amuse wurde konzeptgerecht nicht gereicht, auch kein Brot etc. Die Karte wird den Ankündigungen gerecht: Für mich sollte et kölsche Verjnöje aus Fisch-Röllchen, Kalbs-Terrine, Himmel un Äd sowie Halve Hahn bestehen.
Natürlich wurde zum Auftakt kein ordinärer Hering gerollt, sondern Seezunge, die ab dem ersten Bissen mit klarer Aromatik punktete (günstige 19€). Das gefiel und konnte sich neben der Füllung aus Cornichons, eingelegtem, mildem Apfel und einer feine Fischfarce gut behaupten. Die Beilagen passten wunderbar dazu: Gepickelte Radieschen, Rotweinschalotten, Senfsaat mit ein paar Blättchen diverser Salate und gesondert ein angenehm zurückhaltender Kartoffel-Dill-Gurken-Salat mit nicht verkochten Erdäpfeln.
Im Ergebnis ganz harmonisch, ohne jedoch langweilig zu sein. Ganz im Gegenteil: Die Erwartungen an das Geschmacksbild wurden voll erfüllt und dabei alle (Säure-, Salz-, Fisch-)Brutalismen vermieden. Und - selten genug - der als add-on angebotene Kaviar (39€/20g) hätte sogar einen kulinarischen Zusatznutzen für den Gast bedeutet und nicht nur für die Kalkulation des Wirtes. Konnte ich ja nicht ahnen. Toller, toller Auftakt!
Mehrere Vorspeisen zu bestellen, ist riskant - Wiederholungen drohen.
Hier nicht, denn die Terrine vom Kalb (18€) zeigte sich erfreulich eigenständig: Alles einen Tick kräftiger, so dass quasi auf einem aromatisch erhöhten Level auch hier wieder eine Harmonie hergestellt wurde: Die geschichtete Terrine enthielt nach meiner Wahrnehmung gebeizte Zunge, geschmortes Bäckchen und gezupfte Maske. Umhüllt von einem knusprigen Teig kam die Scheibe heiß (statt lauwarm lt. Karte) an den Tisch. Das perfekte Unentschieden zwischen Fleischer und Bäcker. Die Blattsalate schufen hier eine willkommene „frische“ Ergänzung.
Als Hauptgericht „natürlich“ der (nicht nur rheinische) Klassiker Himmel un Äd für 24€. Häufig ist es ja so, dass die Hauptgerichte in Sachen Kreativität nicht ganz mit den Entrées mithalten können. Als ich die ordentliche Portion Kartoffelpüree im satten Soßensee erblickte,
schoss mir der Gedanke „Recht konventionell“ in den Kopf - und wohl auch über die Lippen. Denn nach dem Abgang des Obers dauerte es gefühlt drei Sekunden, bis mir ein zorniger junger Mann aus der Küche als erstes entgegen schleuderte, ob ich wisse wer er sei? Nun, ich hatte zwar eine Ahnung, aber solche Fragen verneine ich prinzipiell. Das würzt die Stimmung immer so schön…
Na, jedenfalls „zählte“ der engagierte Küchenkünstler: Die Feinheiten der Küche auf und mich damit aus: Ob ich denn geschmeckt hätte, dass die Soße auf einem doppelten Ansatz beruhe und zudem mit Thymian und Basilikum verfeinert sei. Die Blutwurst sei baskische Ware, im Topping werden nicht nur Schmorzwiebeln, sondern auch ein selbst gemachtes Zwiebelchutney verwendet. Und Herbsttrompeten werde ich in einem „konventionellen“ Brauhaus schwerlich finden. Ich bedankte mich höflich für die Hinweise und entließ den selbstbewussten Herrn, um mich nun endlich nicht nur optisch meinem erkaltenden Gericht zu widmen. Die dichte Soße war in der Tat klasse; ich empfand sie persönlich aber als sehr salzig. Das wurde indes gut von der Fruchtsüße des Jona Gold gedämpft, der hier hier geschmort und als knackig-frische Julienne verarbeitet worden war. Nur die so gelobten Pilze gingen leider geschmacklich in der Soße unter. Bei der Zwiebel kamen nicht nur die verkündeten Varianten, sondern auch frisch Frittiertes. Die Blutwurst erfüllte ihre Aufgabe, dem süß-sauer-erdigen Gericht, einen Umami-Booster verpassen, wunderbar. Ob nun die baskischen Schlachter ihr Geschäft besser als die rheinischen verstehen, mögen berufenere Kritiker entscheiden…
Insgesamt natürlich eine sehr leckere Version, aber insgesamt doch recht schwer. Vielleicht etwas konv…. Ach, lassen wir das.
Gelegentlich gibt es Käse als Vorspeise. Der wird natürlich sofort zum Dessert umfunktioniert, auch dann, wenn Halver Hahn auf der Karte steht.
Die augustinische Version von Gouda mit Senf und Gurke im Röggelchen kam als veritabler Domturm daher: Die Basis bestand aus einer dicken Scheibe sehr stark gerösteten Landbrotes, dessen scharfe Kante den Gaumen des gierigen Schlemmers malträtierten. Die nächste Schicht ein säuerlicher Käsesalat mit frischer Gurke und Paprikapulver, getoppt von einer Nocke Senfsorbet mit deutlicher Schärfe. Auch wenn das Spiel mit der Temperatur bei warmem Röstbrot und kühlem Salat vielleicht nicht unbedingt notwendig war, und ich mir eher noch die weiche, verbindende Textur eines Schaums oder einer Crème gewünscht hätte. Den oberen Abschluss, quasi den Brötchendeckel, bildete schließlich ein Roggenbrot-Chip.
Moderne Ideen in die rustikale Küche übersetzt. Mit 14€ nicht zu teuer.
Küche und Service haben bei meinem Besuch fast durchgehend überzeugt. Das Ambiente ist wie so oft Geschmacksache; in einer fröhlichen Gruppe würde ich das Augustin aber sehr gern erneut besuchen.
Nachdem ich am ersten Kölner Abend schon Julia Komps Kochkünste abseits der Gourmetküche probiert hatte, traf es sich für den Folgetag doch prächtig, dass ein weiterer Sternekoch wenige Tage zuvor ein Zweitrestaurant eröffnet hatte. In Eric Werners Augustin soll es Brauhausküche 2.0 geben - Kölsche Klassiker veredelt. Eine telefonische Reservierung war erfolgreich.
Ins Restaurant gelangt man durch einen unscheinbaren Eingang, dem sich ein längerer gefliester Hausflur anschließt. Hier atmet alles Kaiserreich. Der Speisesaal des ehemaligen Kolpinghauses für wandernde Handwerksgesellen ist mit... mehr lesen
4.0 stars -
"Brauhausküche meets Sternekoch" DerBorgfelderNachdem ich am ersten Kölner Abend schon Julia Komps Kochkünste abseits der Gourmetküche probiert hatte, traf es sich für den Folgetag doch prächtig, dass ein weiterer Sternekoch wenige Tage zuvor ein Zweitrestaurant eröffnet hatte. In Eric Werners Augustin soll es Brauhausküche 2.0 geben - Kölsche Klassiker veredelt. Eine telefonische Reservierung war erfolgreich.
Ins Restaurant gelangt man durch einen unscheinbaren Eingang, dem sich ein längerer gefliester Hausflur anschließt. Hier atmet alles Kaiserreich. Der Speisesaal des ehemaligen Kolpinghauses für wandernde Handwerksgesellen ist mit
Geschrieben am 14.12.2022 2022-12-14| Aktualisiert am
14.12.2022
Besucht am 03.11.2022Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 655 EUR
Also, DAS mal vorweg: So freundlich, offen, interessiert und engagiert bin ich bei einem Erstbesuch, also als unbekannter Gast, sehr, sehr lange (seit meiner Premiere im Tulus Lotrek) nicht mehr begrüßt, bedient und unterhalten worden!
Aber der Fisch duftet hier vom Kopfe, denn auch Julia Komp und Yunus Özananar, die als Paar die zwangslose(re) Schwester des benachbarten Fine-Dining-Restaurants Sahila betreiben, waren mehrfach zum guten Austausch bereit. (Lifehack: Starre den Leuten in die Augen und lächle! Irgendwann denken die, sie würden dich kennen... 1. Ausnahme: Länder, in denen sich auch fremde Menschen anlächeln. Soll es geben. Aber wir sind ja in Deutschland. 2. Ausnahme: Frankreich. Wer einmal versucht hat, die Aufmerksamkeit eines unwilligen Garçon zu erringen, weiß, was ich meine...)
Die räumliche Nähe der beiden Lokale mit getrennten Eingängen sorgt dafür, dass die Mannschaft über den Innenhof - im Sommer bestimmt wunderbar - kurze Wege in die gemeinsame Küche hat (Es werden identische Qualitäten eingekauft.) und z.B. der Sommelier mal hier und mal dort aufschlägt. Schlau für unterschiedliche Auslastungen. Wir haben uns dabei nie vernachlässigt gefühlt, im Gegenteil, s.o.
Der übersichtliche, viereckige Raum ist gegen die herrschende Mode in weiß und sandfarbenen Tönen gehalten, was ich stets mit Wärme assoziiere. (Gut geheizt war noch; meine Bedenken gegen den Fensterplatz unbegründet.) Keine Tischdecken, aber hochwertig eingedeckt bis zum Serviettenring. Viele Details verweisen kulturell auf die hier angebotene Speisen aus der Levante und dem Maghreb, besonders aus Marokko; ein Land, das Julia Komp auf ihrer kulinarischen Weltreise besonders lieb gewonnen hat. Dabei vermeidet die Innenausstattung jeden Kitsch, entweder wird konsequent umgewidmet oder man kann das Augenzwinkern quasi sehen, wie z.B. an den beiden Kamelen im Fenster, die mich eher an Flamingos erinnern. Wir sind ja schließlich in Köln;-)
Die Tische stehen in einem angenehmen Abstand, so dass trotz annähernd voller Belegung ein Gespräch jederzeit möglich war.
Eigentlich zu viert, musste eine meiner Kolleginnen aus persönlichen Gründen leider absagen. Wir bemühten uns zu dritt nach Kräften, dies nicht zum wirtschaftlichen Nachteil von Frau Komp werden zu lassen, die in ihrer Werbung nie vergisst zu erwähnen, dass sie einst jüngste Sterneköchin Deutschlands war. Allerdings hatten wir auch längere Arbeitsphasen, denen das eine oder andere Foto zum Opfer gefallen ist. Service und Köche wussten damit professionell umzugehen. Ich war extra etwas früher gekommen, um schon mal die ebenfalls einheitliche Weinkarte zu sichten, der ich eine Kalkulation mit Faktor 3 unterstelle. Die Flasche Mineralwasser mit 7,5€ auf üblichem Großstadtniveau.
Wir starteten als Aperitif mit einem Fläschchen von J.J. Prüm, ein junger Riesling Kabinett, der mächtig viel Trinkfluss hatte. Zuviel jedenfalls für ein Foto.
Die Küche grüßte derweil in einer silbrigen Spielzeug-Tajine mit einer Backfisch-Spielerei.
Könnte Steinbutt gewesen sein, heiß, knusprig, auch durch die Remoulade süffig. Machste nichts falsch.
Dem Konzept der Mezze-Bar folgend, beinhalten alle drei Menüs im Yu*lia den gleichen Reigen der kleinen Köstlichkeiten, die im gesamten östlichen Mittelmeerraum unabdingbarer Teil eines gemeinsamen Mahls sind.
Dazu werden entweder je Gast zwei der vier angebotenen Zwischengänge (58€) gewählt, alternativ einer der zwei Hauptgänge (56€) oder die große Variante mit zwei Zwischengängen, einem Hauptgericht und einem Dessert (69€). Dazu können weitere Speisen gesondert bestellt werden, bevorzugt natürlich die nicht im ausgewählten Menü enthaltenen. Die kulinarische Reise führt dabei von Marokko bis nach Georgien(!).
Bevor es mit dem Potpourri losgehen sollte, labten wir uns erst noch an Gillardeau-Austern. Für mich wie stets natur; meine Kolleginnen lobten das zurückhaltende Apfel-Sellerie-Dressing, das den schönen Französinnen nicht die Schau stahl. Geografisch hat das mit Mezze zwar wenig zu tun, aber wenn der Deckungsbeitrag (15€ für eine zusätzliche „Löwen-Ration“ neben den zum Menü gewählten drei Stück) so schmackhaft erhöht wird, wollten wir nicht kleinlich sein. Da zwar die Unterhaltung, aber bislang nichts im Glase perlte, gab es Champagner en rosé. Ich denke, es war Ruinart, zwar nicht zu Dresdener Mondpreisen, aber schon stramm kalkuliert. Mir zu fruchtig; die Kolleginnen waren entzückt.
Die auf der großen, leider nicht drehbaren Platte servierten Mezze enthielten viel Bekanntes, aber auch Überraschungen: Scharf gewürzte Kalamata Oliven, Baba Ganoush, dem mehr Rauchnote gut getan hätte, Hummus, Falafel, fein gepickeltes Gemüse, Tabouleh, Cigara Börek, Yogurtlu Pancar Salatasi, gefüllte Zucchini-Röllchen und Pastilla. Letzteres sind kleine Pasteten aus Blätterteig, gefüllt mit Geflügel und einer Mandel-Zimt-Mischung. Der knusprige Teig und die interessante Mischung aus salzig und süß, abgerundet mit den Gewürzen machte die Pastilla für mich zum Favoriten. Aber auch die Joghurt-Zubereitung mit roter Bete war schmackhaft. Eine Kollegin lobte den besonders cremigen Hummus, der ebenfalls kräftig nach einer Gewürzmischung schmeckte, in der Kreuzkümmel führte. Die Falafel waren okay, aber nichts besonderes. Auch gut die mit einer Spinat-Kartoffel-Feta-Mischung gefüllten kleinen Börek, deren sehr heller Teig nur partiell knusperte. Julia Komp bedauerte und berichtete, dass längeres Frittieren zwar eine schönere Farbe, aber auch Trockenheit mit sich bringe. Die Lösung wäre, die Rollen in der Pfanne auszubacken, aber das sei bei der Besetzung in der Küche einfach nicht leistbar. Wir hatten Verständnis und freuten uns an einer geschälten und ausgehöhlten halben Tomate, die mit einem Couscous-Salat gefüllt war. Lecker und etwas Frisches zwischen den eher fettlastigen Kleinigkeiten. Zum Dippen und Aufnehmen der cremigen Speisen gab es reichlich frisches Baguette mit verschiedenen Aromaten.
Als Sonder-Order hatten wir Lust auf Arancini. Die frittierten italienischen Reisbällchen überzeugten auf ganzer Linie. Locker, saftig, vielleicht etwas salzig. Dazu Currymajonäse, eine kalte, überraschend scharfe Spinatzubereitung und gegrilltes Salatherz. Bei letzterem fehlten die entscheidenden Röstnoten. Ein bisschen schade. Wir orderten einfach eine weitere Rutsche (6€) - immerhin ein wenig mehr Grillpower beim Salat.
Insgesamt erfüllten die Mezze ihren Zweck, kleine leckere Happen, die unser angeregtes Gespräch mehr begleiteten als sich durch kulinarische Raffinesse in den Vordergrund zu spielen. Dabei aber natürlich ausgearbeiteter als „beim Syrer ums Eck“. Die Menge fand ich für drei Gäste grenzwertig wenig. Die Präsentation mit am Tisch angegossenem Stickstoff würde Pfälzer Sushi-Kozaren vermutlich gut gefallen. Für mich war das schlicht Effekthascherei ohne kulinarischen Sinn, zudem den warmen Komponenten nicht wirklich förderlich.
Zu den kräftigen Aromen erfreute im Glas ein weißer Burgunder. Natürlich.
Dann war Zeit für eine Suppe. Wir hatten uns alle gegen eine italienische Tomaten-Consommé mit Garnele und für die Mercimek entschieden. Die türkische Linsensuppe mit Teigstreifen ist ein Klassiker, der wirklich an jeder zweiten Ecke zu bekommen ist. Da musst du liefern, um einen Aha-Effekt zu erzeugen. Wir hatten eher den Auweia-Effekt, denn die schon fast zu Brei reduzierte Suppe war mir von Beginn viel zu salzig, was an der anderen Tischseite erst bezweifelt wurde, bevor mit jedem Löffel die Gesichtsmuskeln mehr entgleisten. Da hatte die Dritte im Bunde bereits vor der massiven Schärfe der Chili-Schafskäse-Nocke die weiße Fahne gehisst. Keiner der Teller wurde leer und die Patronin war untröstlich; hätten wir doch rechtzeitig Signal gegeben, dass wir es etwas subtiler mögen - das sei hier sonst nicht so der Mainstream unter den Gästen...
Bei den noch ausstehenden Zwischengängen enttäuschte die trocken gereifte Lachsforelle Italo-Style (Fenchel und knusprige Kartoffeln) mit weitgehender Abwesenheit von Eigengeschmack. Möglicherweise (auch) einem Missverständnis zwischen Küche und Service geschuldet. Denn obwohl die Karte Forelle ankündigte, bestand die schwarze Brigade hartnäckig darauf, Lachs serviert zu haben. Da sind die Gaumen-Erwartungen halt andere...
Auch das seinerseits unauffällige Kalbstatar gab Anlass zu Diskussionen, denn es „nervte“ eine heftige Salzigkeit, vermutlich durch die prononciert eingesetzten Sardellen. Interessant und herausfordernd erneut die Schärfe der Kürbisbeilage. Spätestens hier musste das handgeschnittene Filet vom Blonde d‘Aquitaine vollends kapitulieren.
Inzwischen waren wir auf einen großartigen, deutlich mineralischen Sauvignon von Hannes Sabathi aus der Süd-Steiermark umgestiegen. Für mich Österreich-Novizen die Entdeckung des Abends!
So richtig satt war ich noch nicht und probierte die Hühnerlebern türkische Art, die sauber pariert waren und mir mit ihrer süßlichen Sauce gut gefielen (24€). Mutig schloss sich eine Innereien-Zweiflerin an und fand die Sache „gar nicht übel“. Das ist ein Anfang... Die andere Kollegin hatte auf Rinderbäckchen gesetzt und war auch nicht unzufrieden. „Butterzart“, wie vom Service angekündigt, sei aber etwas anderes...
Man merkt schon, so rechte Begeisterung wollte sich bei allen Fleischgerichten nicht einstellen. „Solide“ trifft es wohl.
Dafür konnte die Küche bei den Desserts wieder punkten. Dem Pflaumenbeignet (9€) hatte das Ölbad eine schöne Farbe verliehen. (Nimm dies, Börek!) Und Soulfood geht ja immer. Erst recht syrische Spezereien mit Nüssen (9€). Unser Favorit waren die Schoko-Variationen (14€), die mit Fenchel und Olivenöl behutsam „modern“ daher kamen. Ich mag bekanntlich Gemüse in meinem Nachtisch.
Die Küche entließ uns 1001-Nacht-gerecht mit einem Halbmond.
Damit der Abend auf jeden Fall hochwertig endete, durften wir uns zum Süßkram an einer Flasche Château Rieussec laben, meinem absoluten Lieblings-Sauternes. Auch die erst zögerliche Kollegin wurde bekehrt! Gute Entscheidung, denn an einem Abend unter der Woche in der selbsternannten Weltstadt Köln nach 23.00 Uhr noch eine geöffnete Cocktailbar zu finden, erwies sich als langwierige Aufgabe. Aber wir sind ja hartnäckig... Nicht nur dafür gebührt den Gefährtinnen meines night-flights Dank, sondern auch für die vielen, zu dieser Kritik beigesteuerten Details, die mir nur noch schemenhaft im Gedächtnis waren. Vermutlich noch nicht abgehangen genug, der Bericht. Soll mir nicht wieder passieren…
Jetzt aber zum Fazit: Kulinarisch ist (zu) wenig vom Yu:lia in Erinnerung geblieben. Vielleicht lag das an der netten Gesellschaft. Oder dem entspannten Konzept. (Wogegen die etwas strengen Regeln des Menüs sprechen...) Oder eben an meiner übersteigerten Erwartungshaltung, die bei einem benachbarten Gourmet-Restaurant immer auf ein „Abfärben“ hofft.
Daher für eine Gruppe bestimmt eine gute Location, wenn auch etwas teuer. Als Alleingast bin ich gespannt auf das benachbarte Sahila.
Also, DAS mal vorweg: So freundlich, offen, interessiert und engagiert bin ich bei einem Erstbesuch, also als unbekannter Gast, sehr, sehr lange (seit meiner Premiere im Tulus Lotrek) nicht mehr begrüßt, bedient und unterhalten worden!
Aber der Fisch duftet hier vom Kopfe, denn auch Julia Komp und Yunus Özananar, die als Paar die zwangslose(re) Schwester des benachbarten Fine-Dining-Restaurants Sahila betreiben, waren mehrfach zum guten Austausch bereit. (Lifehack: Starre den Leuten in die Augen und lächle! Irgendwann denken die, sie würden dich... mehr lesen
4.0 stars -
"Tolle Crew - solide Speisen" DerBorgfelderAlso, DAS mal vorweg: So freundlich, offen, interessiert und engagiert bin ich bei einem Erstbesuch, also als unbekannter Gast, sehr, sehr lange (seit meiner Premiere im Tulus Lotrek) nicht mehr begrüßt, bedient und unterhalten worden!
Aber der Fisch duftet hier vom Kopfe, denn auch Julia Komp und Yunus Özananar, die als Paar die zwangslose(re) Schwester des benachbarten Fine-Dining-Restaurants Sahila betreiben, waren mehrfach zum guten Austausch bereit. (Lifehack: Starre den Leuten in die Augen und lächle! Irgendwann denken die, sie würden dich
Geschrieben am 01.03.2023 2023-03-01| Aktualisiert am
01.03.2023
Besucht am 13.09.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Die östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer eröffnete „unhold“ (Ausgesprochen nicht anhoald, sondern Unhold, aber Rechtschreibung ist so lame…) liegt in einer ruhigen Wohngegend an der zwar breiteren, aber inzwischen verkehrsberuhigten Humboldtstraße, schräg gegenüber der neugotischen Friedenskirche. An der Straße steht eine hohe Platane, die das angerostete Klappgestühl fein beschattet.
Ein schönes Ambiente, das ein wenig im Gegensatz zu den Innenräumen steht. Als ich nach zwei hohen Stufen den verwinkelten Eingang zur ehemaligen Eckkneipe erklommen hatte, entfuhr mir ein spontanes „Wie ungemütlich!“, was der junge Mann hinter der Theke eher überrascht als verärgert entgegen nahm. Nun ja, „nacktes“ Holzmobiliar, minimalistische Lampen, weiße Wände und grau gestrichener Estrich wirkten nicht sehr einladend, zumal die durchmischte Gästeschar komplett einen (Spät-)Sommer auf dem Trottoir genoß. Nur die Säulen, die den Gastraum eher ungünstig teilen, waren mit irritierenden Strickmanschetten ummantelt.
Der Herr am Tresen erklärte die recht kahlen Wände mit Kunstausstellungen, die geplant seien. In der Tat hing bei einem späteren Besuch Kunst an den Wänden, im auf den letzten Platz gefüllten Raum herrschte ein recht lautes Stimmengewirr und viele Teelichter spendeten ihr heimeliges Licht (und ließen das Angebot auf der sehr hübschen, handgeschriebenen Speisekarte so im Dunkeln, dass ich kurz in den Eingangsbereich wechselte, um den dortigen Aushang zu studieren..). Anklicken Anklicken Anklicken
Den Service versah ein freundlicher, leicht vergesslicher junger Mann. Sicher nur angelernt, aber engagiert und vor allem nicht so verpeilt, wie das in einer gewissen Art von Gastronomie scheinbar Einstellungsvoraussetzung zu sein scheint…).
Warum auch immer bestellte ich keinen Wein, sondern eine selbst gemachte Zitronenlimonade, die mit angenehm ausgewogenem Süße-Säure-Spiel gefiel. Im Dezember wählten wir aus der Weinkarte, die überwiegend französische Gewächse aus der „Kann-man-mal-machen“-Kategorie enthält.
Der geografische Schwerpunkt der Weine verweist auf die Küchenrichtung. Hier wird à la France profonde gekocht. Erst dachte ich an Brasserie, aber Landhausküche trifft es wohl eher, wobei solche Zuschreibungen ja nirgendwo mehr sklavisch durchgehalten werden, sondern eher eine grundsätzliche Ausrichtung beschreiben.
Um gleich mal einzuordnen, was ich meine: Rognons blancs d‘agneau (Lammhoden) habe ich in Deutschland nur selten bekommen, rustikal in Panko paniert und ausgebacken schon gleich gar nicht. Von festerer Textur als in meiner Erinnerung war das vor allem ein super-knuspriger Genuss, der mich begeistert hat. Dazu erfrischend krachiger Spitzkohl, nur leicht angezogen in Salz und Olivenöl. Selbst gebratene Rosmarinzweige machten als Aromengeber durchaus Sinn. Zum Aufnehmen der zurückhaltenden PortweinJus eignete sich das leider etwas weiche Baguette natürlich perfekt. Nur die Petersilienstreifen hab ich nicht verstanden - War der Estragon etwa aus? Für 12,9€ zudem ein echter Schnäppchenpreis.
Da schienen 7,5€ für einen Tomatensalat schon teurer, aber Kerl! Was war der gut! Zwei Sorten reife, geschmacksvolle Cherries, kombiniert mit Granatapfelkernen(!), Minze(!!) und Salzzitrone(!!!). Alles einzeln schmeckbar, alles fügte sich zu einem frischen, vollmundigen Sommergenuss! Begleitet wurde der Salat von kalten Polenta-Talern. Nun ist der Maisgries nicht mein Favorit, schon zu oft zu trocken bekommen. Aber nicht hier! Locker, mit eingearbeiteten Stückchen roter Paprika und nach längerem Kauen leicht süß werdend, gingen die sattgelben Maisbrei-Knödel eine wunderbare Liaison mit dem tiefroten Granatapfelsaft ein.
Beim Hauptgang galt das Adenauer-Motto „Keine Experimente!“: Schon auf der Tafel mit dem Tagesmenü klangen Lammkoteletts vom Suffolk-Schaf verlockend, erst recht von einem regionalen Erzeuger.
Auch die Belana kamen nicht von Vulkan, sondern von einem nahegelegenen Hof (Also relativ gesehen - wir sind einen Kilometer vom Weserstadion entfernt…) und Kartoffelkrossis klingen für mich Knusper-Junkie höchst verlockend. Auf den Sellerie-Dip war ich ebenfalls gespannt. Da ich Spitzkohl schon in der Vorspeise hatte, fragte ich nach einer anderen Beilage, was kein Problem war. Im Gegenteil: Das mediterrane Grillgemüse mit Biss und eher süß als sauer eingelegt stand dem Lamm bestens zu Gesicht. Apropos Sicht: Als der Teller kam, hatte ich keine Fragen mehr: DAS wird ein Hochgenuss. Und er wurde es!
Zum Hauptdarsteller: Statt zwei kleinen dünnen Koteletts à la Marathon-Platte ein dicker Schnitt, voller Lammgeschmack. Anständig, doch nicht zu dunkel gebräunt, saftig und fest, aber nie zäh. Ein wirklich gutes Stück Fleisch.
Fast ebenso so gut die Knusperkartoffeln: Inder Schale noch fest gekocht, angequetscht, im Ofen gebacken, zuletzt noch einmal durch die Pfanne gezogen und kräftig gewürzt. Dazu der nicht zu Sellerie-lastige Frischkäse-Dip: Ein knuspriges Festmahl, das ich beim zweiten Besuch sofort wieder orderte, mit gleichem, begeisterndem Ergebnis.
Unter dem Grillgemüse versteckte sich sogar noch ein Süßkartoffel-Püree, das ich nicht gebraucht hätte. Aber die Beilage gehörte ja auch nicht zu diesem Teller und geschmeckt hat es tadellos.
Man merkt es deutlich: Ich war begeistert und hab das unhold sogleich einem Kollegen empfohlen. Der war nicht völlig zufrieden, so dass ich etwas sorgenvoll dem Zweitbesuch entgegenblickte. Unnötig! Ein sehr saftiges, angenehm geschärftes Piri-Piri Hähnchen überzeugte völlig. Den Service versah eine erfahrene Dame mit echtem Interesse an unserem Wohlergehen, aufmerksam und trotz ausgebuchtem Laden entspannt. Die Service-Note ist der Mittelwert. Beim Essen gibt es eh kein Vertun: Ich wüsste nicht, was hier einen Abzug von der Höchstnote ernsthaft begründen sollte. Bravo, holdes unhold-Team!
Die östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer... mehr lesen
4.0 stars -
"Rundum überzeugende Neueröffnung" DerBorgfelderDie östliche (Bahnhofs-)Vorstadt ist der Stadtteil Bremens mit der höchsten Anzahl an Gastronomien; da ich bin mir auch ohne statistische Belege recht sicher. Während auf dem über 2 Kilometer langen Straßenzug Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor inzwischen (nicht nur, aber überwiegend) Streetfood, Kneipen, Bistros und einfache Lokale dominieren, sind in den umliegenden Quer- und Parallelstraßen einige schöne Restaurants zu finden. Allerdings fast immer mit einem kleinen „Szene-Touch“, ohne den es bei der hier ansässigen Kundschaft nicht zu gehen scheint.
Das im letzten Sommer
Geschrieben am 08.08.2022 2022-08-08| Aktualisiert am
05.03.2023
Besucht am 08.08.2022Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Alle Achtung und Respekt für Inhaber Lars-Arne Jego-Küster und sein tolles Service-Team Laura und Pia, die nach mehreren Jahren Leerstand das Greta‘s in eine grüne Oase verwandelt haben und dabei dem Zusatz „Funk me food“ mit in der kleinen Küche frisch zubereiteten, gesunden Gerichten echtes Leben eingehaucht haben.
Zunächst muss der Unternehmergeist gelobt werden, denn das Lokal im Erdgeschoss des Eventim-Gebäudes muss mit gleich mehreren Standortnachteilen kämpfen: So architektonisch interessant das spitz zulaufende Bürohaus sein mag, für das Greta‘s bedeutet das eine dreieckige Grundfläche, in die ein Küchen/Tresen/Toiletten-Block eingesetzt wurde. Heißt: Vorne ein schlecht auszunutzender spitzer Winkel, dann ein schmaler Gang und der normalste Raum verbirgt sich dahinter und vor den Toilettentüren. Da müssen die Tische schon intelligent verteilt werden und für vertrauliche Gespräche ist das Greta‘s eher suboptimal. Schon früher hat mich gewundert, dass sich die vielen Beamten und Politiker aus den umgebenden Behörden, die zumindest morgens und mittags das Hauptpublikum ausmachen, davon nicht beeindrucken lassen. Vielleicht soll das eine oder andere Gerücht ja auch bewusst gestreut werden, wer weiß...
Das Restaurant ist ebenerdig gelegen, auch die Toiletten. Aber alles ist eben auch sehr eng.
Dem Betreiber entgegen kam es, dass just zur Öffnung eine Schönwetter-Periode sogar den Norden der Republik erreicht hatte und so die (ausnahmsweise mal dank Covid) stark ausgedehnte Außenbestuhlung unter großen viereckigen Schirmen bestens ausgenutzt wurde, einschließlich der jenseits des Gehwegs aufgestellten Sonnenliegen.
Auch das Ordnungsamt schaute sofort vorbei, denn der stark frequentierte Weg für Rad- und Fußgänger wurde denn doch zu stark eingeschränkt. Dass dabei auch gleich das funky Lieferdreirad seines werbewirksamen Parkplatzes abseits der Engstelle verwiesen wurde, muss wohl als deutsche Gründlichkeit gelten.
Und so könnte der Blick ungestört über die liebliche Parkanlage und das imposante Finanzamt schweifen, wäre da nicht der zweite Standortnachteil, zumindest bei trockenem Wetter. Denn die Bänke hier am Wallgraben haben sich in den letzten Jahre zu einem Treffpunkt der Trinker-Szene entwickelt, was mit lautstarker, wenn auch meist harmloser Belästigung einhergeht. Schlimmer ist der Umstand, dass der hiesige Innensenator im Vor-Wahlkampf einen „Unser-Bahnhof-soll-sauberer-aussehen“-Plan gefasst hat, der dort zwar Drogenhandel und Konsum „erfolgreich“ verdrängt hat, aber erwartbar lediglich in die umliegenden Wohnviertel und damit auch vor das Greta‘s. Mal abwarten, wie sich das so entwickelt; Restaurant-Hund Hazel ist bereits Opfer von Beschaffungskriminalität geworden, selbst Hundedecken werden also geklaut. Hazel - Vor dem Diebstahl Hazel - Nach dem Diebstahl
Morgens gibt es ein Frühstück, das neben allerlei bekanntem Superfood von Avocado über Quinoa bis Chia-Samen mit pochierten Eiern für saarländische Gäste aufwartet. Eine kleine Auswahl frisch belegter Bagel lockt u.a. mit selbstgebeiztem Lachs so, wie auch das Granola in der winzigen Küche hergestellt wird. Das findet sich z.B. auf dem sehr leckeren Schokokuchen, der diese Woche die kleine Dessertkarte anführte. „Hauptspeisen“ sind ohne Frage die große Zahl unterschiedlicher Salat-Bowls, die über die bekannten California, India, Mexico und Arabic-Versionen auch Überraschungen wie eine norddeutsche Variante mit Kartoffeln, Zwiebeln und Speck bereit hält. Überhaupt konnte ich keinen veganen oder vegetarischen Schwerpunkt ausmachen, auch Fisch und Fleisch sind gut vertreten.
Mittags wird die Karte durch ein wöchentliches Angebot ergänzt, das in der Premieren-Ausgabe neben einer anscheinend preisreduzierten Bowl drei, in dieser Feelgood-Küche eher ungewöhnliche Offerten enthielt: Tafelspitz, Bremer Labskaus oder Wolfsbarschfilet hätte man auf der Karte eines gutbürgerlichen Gasthauses erwartet. Aber, nach Visiten in einer Woche kann ich sagen: Lars-Arne Küster versteht sein Handwerk ausgezeichnet und kocht alles andere als langweilig!
In der ersten Woche besuchte ich das Greta‘s einmal am Morgen und mit wechselnder Begleitung an zwei Tagen mittags.
Zum Auftakt gab es einen mit Körnern getoppten Laugen-Bagel, der mit leicht knuspriger Kruste und fluffigen Teig gefiel. Der mild gebeizte Lachs war mit viel cremiger Avocado, recht süßem Mango-Chutney, Salat und Gemüsestreifen kombiniert.
Geschmacklich ein absolut sicheres Match. Leider quoll viel vom Chutney hinten und durch die Mitte heraus, so dass es etwas einseitig erst „lachsig“ und danach süß wurde.
Vielleicht bin ich auch nur sehr ungeschickt. Der Gang zum Händewaschen brachte mich zum Schmunzeln.
Dazu einen starken, aber nicht säuerlichen Espresso einer heimischen Craft-Rösterei. Auch der Macchiato und der Milchkaffee eine Woche später schmeckten ausgewogen.
Beim ersten Mittagsbesuch buchte ich dann den Tafelspitz. Drei reichliche, wunderbar mürbe Scheiben Rindfleisch in einer Meerrettich-Sauce, die auf Andi-isch gesagt „was konnte“.
Kultur-Heidelbeeren sorgten für einen fruchtig-säuerlichen Twist. Die Salzkartoffeln offensichtlich vor Ort geschält und gekocht; das muss ja inzwischen hervorgehoben werden. Sehr gut der Gurken-Radieschen-Salat in einer frischen Buttermilchsauce.
Für 9,90 Euro eine tolle Leistung.
Meiner Frau schmeckte ihr auf der Haut gebratenes Filet vom Wolfsbarsch zum gleichen Preis ebenfalls vorzüglich; die Menge der nicht übergarten Tagliatelle war fast nicht zu bewältigen.
Auch hier waren Blaubeeren und ein kleines Salatbukett mit im Spiel. Allein der Parmesan-Chip war sehr dick geraten und äußerst zäh. Die entsprechende Rückmeldung wurde vom Service freundlich und interessiert aufgenommen.
Am nächsten Tag kehrte ich mit einer Kollegin ein, wegen des Wetterumschwungs zogen wir aber den Innenraum vor.
Als drittes Wochengericht probierte ich diesmal den Klassiker Labskaus, das mit dem gefüllten Rollmops und weiterer Gewürzgurke extra schon mal zwei der üblichen Beilagen an der Seite hatte.
Die rote Bete war in die Mischung aus Rinderbrust und Kartoffeln gegeben worden, was dem Ganzen eine angenehme Farbe gab und auch etwas Stückigkeit ins ansonsten doch recht fein Durchgearbeitete brachte. Insgesamt für meinen Geschmack einen Tick zu sehr auf der sauren Seite, aber trotzdem tadellos, wie auch das gebratene Bio-Spiegelei mit wunderbar verlaufendem Gelb.
Meine Begleiterin war mit ihrer Bowl Oriental offenbar mehr als zufrieden. Als ich heute nachfragte, kam zunächst ein Das war sooo lecker! und danach hörte ich noch Aromenvielfalt von süß über fruchtig-säuerlich und würzig bis salzig, knusprige Falafel, Granatapfelkerne, cremiger Hummus sorgte für ein tolles Mundgefühl und wieder Soooo lecker! Muss ihr wohl geschmeckt haben...
Aber das Highlight war zweifellos das zusätzlich bestellte Naan-Brot aus glutenfreier Hirse, das heiß aus der Pfanne zu uns kam! Knusprig, im Inneren fluffig und mit einem mutigen Rosmarinöl benetzt. Die 1,5€ waren aber sowas von gut angelegt! Chef Küster erzählte mir heute noch, dass der Teig stets schnell verarbeitet werden muss, da er kaum Standzeit verträgt.
Zum Start von Woche 2 gönnte ich mir heute auf dem Weg zur Arbeit dann endlich das Funk me Frühstück, das viele gern gesehene Bekannte der ersten Besuche vereinte: Wildkräutersalat, reife Avocado, Naan-Brot, Heidelbeeren. Aber eben auch ein pochiertes Ei, das beim ersten Versuch zu lange gegart war.
Nach einem kurzen Hinweis stand bald darauf ein deutlich weicheres vor mir, natürlich ohne Berechnung.
Kurz überlegen musste ich beim orangefarbenen Topping, das einen feinen Knusper einbrachte: Frittierte Karottenschalen waren es, denn Zero waste ist das Ziel. Und nicht nur diese ganz praktische Umsetzung hebt das Greta‘s deutlich aus der Masse der vielen Bistros hinaus, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben haben. Aber sympathisch sind solche kleinen Schritte. Und deshalb bekommt jeder Gast noch einen knackigen Apfel mit auf dem Weg! Funk me, Greta‘s!
Alle Achtung und Respekt für Inhaber Lars-Arne Jego-Küster und sein tolles Service-Team Laura und Pia, die nach mehreren Jahren Leerstand das Greta‘s in eine grüne Oase verwandelt haben und dabei dem Zusatz „Funk me food“ mit in der kleinen Küche frisch zubereiteten, gesunden Gerichten echtes Leben eingehaucht haben.
Zunächst muss der Unternehmergeist gelobt werden, denn das Lokal im Erdgeschoss des Eventim-Gebäudes muss mit gleich mehreren Standortnachteilen kämpfen: So architektonisch interessant das spitz zulaufende Bürohaus sein mag, für das Greta‘s bedeutet... mehr lesen
Funk me foods Greta‘s
Funk me foods Greta‘s€-€€€Bistro, Cafe042187853071Contrescarpe 75a, 28195 Bremen
4.5 stars -
"Neues gastronomisches Leben an einer schwierigen Ecke" DerBorgfelderAlle Achtung und Respekt für Inhaber Lars-Arne Jego-Küster und sein tolles Service-Team Laura und Pia, die nach mehreren Jahren Leerstand das Greta‘s in eine grüne Oase verwandelt haben und dabei dem Zusatz „Funk me food“ mit in der kleinen Küche frisch zubereiteten, gesunden Gerichten echtes Leben eingehaucht haben.
Zunächst muss der Unternehmergeist gelobt werden, denn das Lokal im Erdgeschoss des Eventim-Gebäudes muss mit gleich mehreren Standortnachteilen kämpfen: So architektonisch interessant das spitz zulaufende Bürohaus sein mag, für das Greta‘s bedeutet
Geschrieben am 26.09.2022 2022-09-26| Aktualisiert am
26.09.2022
Besucht am 28.06.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Diese kleine Taqueria war mir aufgrund der farbenfrohen mexikanischen Murales aufgefallen, die sich vom Eingang bis in die Toiletten ziehen, viel vom Totenkult berichten und wirklich gute Laune machen. Klingt komisch, ist aber so...
Vor der Tür stehen zwei kleine bunt bemalte Bierzeltgarnituren
im schummrigen Inneren 4 oder 5 Tische, an denen sich bei meinen beiden Besuchen der Chef und die Bedienung ausführlich mit Bekannten unterhielten. Ich glaube, man soll am Tresen bestellen, serviert wird dann. Aber das steht so nirgends und wird auch nicht so ernst genommen. Zumal der Zuspruch am frühen Abend überschaubar war. Ich denke, das „Kernpublikum“, sind junge Menschen, die sich abends in mehr oder weniger großen Grüppchen vor oder zwischen Kneipenbesuchen mit einer Kleinigkeit stärken. Wenn sie Lust hatte, kam die junge Dame nach draußen und verbreitete Fröhlichkeit.
Ich für meinen Teil stärkte mich zunächst mit einer Chileda von der Getränkekarte, die sich als Bier mit Limettensaft und einem Salzrand herausstellte.
Der Genuss litt vielleicht unter den eher kalten norddeutschen Temperaturen, bei 40 Grad und 99% Luftfeuchtigkeit mag es erfrischender sein. Die verschärfte Variante Michelada enthält eine salzig-würzig-scharfe Mischung aus Tomate, Tamarinde und zerstoßenen roten Gewürzen, was sich speziell anhörte.
Ich sag mal so: Vielleicht nicht so furchtbar wie erwartet, aber bestellen würde ich es auch nicht mehr. Eher was für Menschen mit besonderen Vorlieben. Beim zweiten Besuch gab’s Corona mit einem Limetten-Schnitz.
Das Angebot ist überschaubar, es gibt regelmäßig 5 bis 6 verschiedene Tacos von Schwein, Rind und Huhn bis vegan. Dienstags wird ein Special angeboten, bei unserem Besuch Tamales, das ist in einem Bananenblatt gedämpfter und - in diesem Fall - mit Schweinebauch und TK-Gemüse gefüllter Maismehlbrei. Der optisch sehr ansprechende fertige „Kuchen“
war wie maist eine (leicht) trockene Angelegenheit; das Fleisch etwas für Liebhaber von Fett und zähen Schwarten...
Vorher hatten wir Tortilla-Chips bestellt,
die a) in großer Menge und b) sicher aus der Industrietüte kamen. Dafür schien mir die recht dünnflüssige Avocadocreme selbst gemacht und war geschmacklich überzeugend. Für meinen Geschmack dagegen störend die reichlich enthaltenen und wirklich sehr essigsauer eingelegten roten Zwiebeln. Allerdings war ordentlich Koriandergrün vorhanden; ich mag das ja.
Die kleinen Tacos selber halt Tacos mit gezupftem, etwas trockenem Fleisch aus der Pfanne, rohen Zwiebeln, Koriander und wieder Avocadocreme.
Schon ganz okay, aber mehr auch nicht. Die vegane Variante hatte mein Kollege; er fand sie scheußlich und aß nicht weiter.
Alles in allem eine Enttäuschung. Höchstens mal wieder für zwei schnelle Tacos auf dem Weg zwischen den Bars des nahen Vergnügungsviertels.
Diese kleine Taqueria war mir aufgrund der farbenfrohen mexikanischen Murales aufgefallen, die sich vom Eingang bis in die Toiletten ziehen, viel vom Totenkult berichten und wirklich gute Laune machen. Klingt komisch, ist aber so...
Vor der Tür stehen zwei kleine bunt bemalte Bierzeltgarnituren
im schummrigen Inneren 4 oder 5 Tische, an denen sich bei meinen beiden Besuchen der Chef und die Bedienung ausführlich mit Bekannten unterhielten. Ich glaube, man soll am Tresen bestellen, serviert wird dann. Aber das steht so nirgends und... mehr lesen
La Cantina
La Cantina€-€€€BistroRembertistraße 56, 28195 Bremen
3.0 stars -
"Mäßiges Essen, Service mit Zeit" DerBorgfelderDiese kleine Taqueria war mir aufgrund der farbenfrohen mexikanischen Murales aufgefallen, die sich vom Eingang bis in die Toiletten ziehen, viel vom Totenkult berichten und wirklich gute Laune machen. Klingt komisch, ist aber so...
Vor der Tür stehen zwei kleine bunt bemalte Bierzeltgarnituren
im schummrigen Inneren 4 oder 5 Tische, an denen sich bei meinen beiden Besuchen der Chef und die Bedienung ausführlich mit Bekannten unterhielten. Ich glaube, man soll am Tresen bestellen, serviert wird dann. Aber das steht so nirgends und
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Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber und seiner wie stets zurückhaltend agierenden vietnamesische Angestellten. Keine Beschwerden meinerseits, auch selten.
Obwohl aus den kleinen Fenstern heimeliges Licht auf die Straße fiel, war der Eingang gar nicht leicht zu finden, denn auf dem verschlossenen wirkenden Tor gab es keinen Hinweis auf den in der Durchfahrt zum Hof befindlichen Einlass. Wenn man es weiß, wirkt es aber angenehm altertümlich, wie so vieles in der schönen Waidfärber-Stadt.
Einmal in der Cantina angekommen, betritt man einen kleinen Zwischenraum, der Servicestation, Garderobe und Weinregal enthält.
Links ein schöner Raum mit rustikalen Hochtischen, der mit Blick in die Küche geradezu für ein zwangloses Tapas-Vergnügen gedacht scheint. War er auch, aber die Behörde sieht ein Abluftproblem, das den Einbau einer größeren Abzugshaube verlange. Was der Wirt unter Verweis auf Sonderregelungen für kleine Lokale vehement bestreitet. Fortsetzung folgt…
Konsequenz ist, dass nur im Vorderraum serviert werden kann, der einen gänzlich anderen Charakter hat: Kahl, nämlich. Drei weiß getünchte Wände ohne jeden Schmuck. Eine Seite immerhin moosgrün gestrichen, vor dem der weiße Flachheizkörper irritierend fehlplatziert wirkt. Immerhin gefällt mir die aus dem Estima bekannte Lampe in Form einer goldfarbenen Rundscheibe, die indirekt beleuchtet ist. Trotzdem eine äußerst kühle Atmosphäre, so dass mir beim Eintritt spontan ein „Recht ruhig hier!“ entfuhr. Ein einzelner junger Gast verzog keine Miene; er war zum Vorstellungsgespräch für den Service erschienen. Ein Paar lächelte gequält und unterhielt sich weiter im Flüsterton. Keine Musik lenkte von der kontemplativen Atmosphäre ab. Ich erwog, auf dem Absatz kehrtzumachen. Hatte allerdings beim Gang durch die Stadt zwei angedachte Alternativen geschlossen oder völlig überfüllt vorgefunden. Was für ein Gegensatz. Ich setze mich zögerlich direkt an den Eingang, falls mich der Fluchtreflex überwältigen sollte. Nun setzte auch akustische Untermalung ein. Wenige Töne der einzelnen, vermutlich maurisch klagenden Klarinette genügten, um den Eindruck einer protestantischen Trauerfeier übermächtig werden zu lassen. Ich verbündete mich mit dem Paar und forderte einen Wechsel der deprimierenden Musik. Die folgende melancholische Gitarrenmusik erinnerte zwar mehr an Portugal als Katalonien, war aber der erste kleine Lichtblick.
Die Weinkarte ähnelt dem Estima und setzt eher auf einfachere Gewächse, was ich hier völlig okay finde. Ich wählte vom oberen Ende der weißen Fraktion einen Godello von Palacios, der durch Treixadura Körper bekam und mich später wacker durch den Abend begleitete. Bei 46€ unterstelle ich eine Kalkulation mit Faktor 3. Den unbenannt gebliebenen Cava würde ich für 8,8€ nicht erneut bestellen. Die Karaffe Leitungswasser steht mit 4,5€ in der Karte; dazu wurde auch hier schon alles Wesentliche gesagt. Muss man ja nicht bestellen.
Inzwischen war ich mit Gastgeber Feldner allein, der mir erklärte, dass das inzwischen entschwundene Paar das Konzept der Cantina nicht verstanden habe: Man sei gerade keine Tapas-Bar, in der man Oliven, Pimientos oder Dátiles zu Bier, Wein oder Sherry knabbere. Sondern ein richtiges Tapas-Restaurant, wie sie in Katalonien und dem Baskenland seit einiger Zeit schwer angesagt seien. Ich nickte verständig, knabberte an meinen Oliven, nippte am Wein und dachte an Küchenphilosoph Andrià „Ferran“ Möller: „Bilbao oder Barcelona, Hauptsache Thüringen!“
Aber ich schweife ab.
Auf der Karte in der Tat Klassiker der spanischen Kleinigkeiten, aber eben modern interpretiert, verfremdet oder weiter entwickelt. Die Oliven der Sorten Arbequina, Manzanilla und Lucques waren allerdings noch „original“ und ausgezeichnet! (Zu „Oliven“ anderer Art siehe hier: https://www.gastroguide.de/restaurant/263465/estima-by-catalana/erfurt/bewertung/41179/ ).
Mit 6,9€ alles andere als billig, aber von einem kleinen Laib wunderbar knusprigen Weißbrotes begleitet. Und wenn man bedenkt, was da sonst so für harte, teils gefärbte Geschmacklosigkeiten ins Schälchen kommen…
Auf die „2-erlei Aioli - unser beliebter ‚Catalana‘ Top-Klassiker“ verzichtete ich im Interesse meiner Gesprächspartner am nächsten Morgen.
Und bestellte von der einschließlich Snacks und Desserts erfreulicherweise nur 15 Positionen enthaltenden Speisekarte stattdessen:
An dieser Stelle ein Hinweis:
Der festangestellte Koch hatte Urlaub und die Zweitbesetzung war kurzfristig erkrankt. Es kochte daher ein neuer Mitarbeiter, der zuvor ganze zwei Tage hospitiert hatte. Klar, dass da einiges holpert. Einen Teller musste ich zurückgehen lassen; er wurde anstandslos neu und besser ersetzt. Kurz kam mir der Gedanke, die Küchenleistung ausnahmsweise gar nicht zu bewerten, aber ich hab ja auch voll bezahlt. Daher aber diese Erläuterung.
Der katalanische Spinat zu Beginn war toll: Warm serviert und mit Rosinen und Pinienkernen, süß, nussig und mit einer feinen Bitternote. Speck-Krusteln steuerten Textur und etwas Salzigkeit bei. Das ausgelassene Fett verlieh den Blättern, die in der Pfanne nur kurz angezogen hatten, eine unerhörte Süffigkeit. (Gut angelegte 8,9€)
Auch gut das Thunfisch-Tatar von Balfegó(!), das von einer Tomatenmarmelade und Pinienkernen - jedoch auch in Form einer hübschen Crème - ebenfalls ansprechend begleitet wurde. Die Wiederholung von nussig und fruchtig-süß ist nicht etwa der Einfallslosigkeit der Küche, sondern meiner Auswahl geschuldet. Die Zutaten waren alle in der Karte aufgeführt. (Durch das Produkt noch einigermaßen erträgliche 17,9€)
Weiter ging es mit dem Carpaccio vom Kaisergranat. Herr Feldner musste einräumen, dass dieses an sich tolle Produkt nach dem Plattieren eingefroren wurde, weil es sonst zu schnell verderbe. Das merkte man leider an einer Wässrigkeit, die den ohnehin feinen Geschmack endgültig killte. Neben Zitronensaft und Olivenöl sollte Pancetta - ausgebraten und wiederum als Crème - die Idee eines „Mar y Montaña“ umsetzen. (¡Stolze 17,9€!)
Für das Auge etwas gewöhnungsbedürftig die Erfurter Variante der mallorquinischen Sobrassada:
Ein typisch kräftig gewürztes Wurstbrät, aber vegan auf der Basis von Sonnenblumenkernen wurde mit Süßkartoffelbrei und einem krümeligen tomatisierten Ei (lt. Karte gebacken, an diesem Abend eher aus der Pfanne?) kombiniert. Am Gaumen funktionierte das aber sehr ordentlich. (Lecker, aber mit 13,9€ teuer und mit einem Euro mehr als angekündigt bezahlt.)
Die erst dekonstruierte und dann neu zusammengesetzte Tortilla überraschte im zweiten Versuch als eine luftige Omelette-Tasche, die zumindest nicht „unübliche Verdächtige“ präsentierte, indes im kreativen, neuen Gewand: Weiche, süße Röstzwiebeln versteckten sich in einem mächtig fetten, aber geschmacklich deutlichen Kartoffel-Espuma. Statt des leider zähen statt knusprigen Kartoffelstrohs hätte ich mir eine Gemüsekomponente gewünscht. Eine spannend konstruierte, aber mir zu schwere Variante für angemessene 10,9€; mit - von mir verschmähten - Gamberones 3 Euro mehr.
Nach diesem Toda-España-Klassiker ging es wieder zurück in den Nordosten. Die Kombination von Fleisch und Schokolade ist eine Herzensangelegenheit der katalanischen Küche und für das zarte, saftige Kaninchenragout hätten selbst kritische Saartaucher die Strapse abgelegt! Herrlich rustikal und kräftig genug dazu eine Spitzkohlpraline (à part gereicht und prompt beim Fotografieren vergessen) und leicht angebratener Kartoffelstampf. (Sehr gern gezahlte 14,9€.)
Angesichts der an Raciones heranreichenden Portionen war ich gut gesättigt. Aber Herr Feldner wollte unbedingt, dass ich eine weitere Schoko-Spezialität aus Barcelona koste: Pa amb Xocolata ist eigentlich eine geröstete Weißbrotscheibe, die man während des Bürgerkrieges mangels Wurst oder Käse mit Schokolade belegte. Hier wieder dekonstruiert als krosse Krümel und cremige Mousse, aber deutlich auf der Dessert-Seite, trotz Olivenöl und Salz. (Ohne Einladung wären 7,9€ fällig gewesen.)
Bleibt ein schwieriges Fazit: Der Cantina waren die Anlaufschwierigkeiten gleich in mehrfacher Hinsicht anzumerken. Was mir nicht nur für die Gäste leid tut, sondern auch für einen Gastgeber, der sich erneut getraut hat, ein ungewohntes Konzept nach Erfurt zu bringen. Als Einzelgast würde ich hier nur wieder einkehren, wenn der hintere Raum ein ungezwungeneres Tapas-Vergnügen ermöglicht. Ansonsten nur in einer Gruppe, die selbst für Stimmung sorgt.