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Beispiele gefällig? Mit Gerd Bernhart (Schweigen), Andreas Porzelt (Klingenmünster), Frank Meyer (früher Klingenmünster, heute Gleiszellen), Theo Minges (Flemlingen), Volker Gies (Birkweiler) oder Friedrich Becker (Schweigen) tauchen einige der besten Winzer der Südpfalz in der gut sortierten Weinkarte auf. Die Auswahl an offenen Weinen ist beachtlich, die an Flaschenweinen beeindruckend. Und das zu wirklich fair kalkulierten Preisen. Wer da nichts findet, gehört eigentlich auch nicht in eine Weinstube. Und unter dem Motto „Winzer beim Holzappel“ stellen alle paar Wochen Betriebe aus der Region ihre Weine vor. Mit dem passenden Essen aus Reuters Küche steht einem kulinarischen Weinabend der besonderen Art nichts mehr im Weg.
An jenem Mittwoch im April hatte ich vorsorglich reserviert und wir wurden von der Servicechefin Ulrike Reuter sehr freundlich in Empfang genommen. Gerne dachte ich an meinen letzten Besuch im Sommer vor knapp zwei Jahren zurück, wo ich im rebenberankten Innenhof einen lauen Pfälzer Juliabend genoss. Leider war es dafür noch zu kalt, also nichts wie rein in die gute Stube, die schon beim Eintritt ganz viel Charme versprüht. Freigelegtes Sandsteingemäuer, eine antike Chaiselongue als Blickfang im Eingangsbereich, stimmungsvolle Beleuchtung aus den unterschiedlichsten Deckenlampen, geschmackvoll ausgewählte Kunst an den Wänden, bunt zusammengewürfeltes Sitzmobiliar sowie grobe Holztische und Wandbänke stellen die wesentlichen Raumelemente dar. Kurzum: das liebevoll restaurierte Fachwerkhaus aus dem Jahre 1742 (!!!) lädt zum sofortigen Wohlfühlen ein. Mühelos wird hier die Schwelle zum Ankommen und Daheimfühlen überschritten. Von Akklimatisierungsproblemen keine Spur.
Zum Studium der Speisen- und Weinkarte wird ein kleiner Küchengruß, fein abgeschmeckter Kräuterquark mit ein paar Scheiben Brot, gereicht. Sowohl für den ersten Hunger, als auch als Grundlage für den Wein eine willkommene, gern angenommene Geste. Die erste Seite der übersichtlich strukturierten Speisenkarte ist sicherlich interessanteste. Darauf stehen nämlich Reuters Tagesempfehlungen geschrieben. Jeweils ein halbes Dutzend Vorspeisen und Hauptgerichte sind hier vertreten. Kreative Kombinationen, wie beispielsweise Jakobsmuscheln mit milder Currysauce, Kaiserschoten und schwarzem Reis (15 Euro), warmes Kalbsbäckchen auf dreierlei Linsen (13,50 Euro) oder Verschiedenes von der Gänseleber mit Walnußbrioche (16 Euro) suggerieren kulinarische Weltoffenheit. Hier beweist Reuter, dass er ein sicheres Händchen für harmonische Aromen besitzt. Die aus seiner fränkischen Heimat stammenden „Sauren Zipfel“ (zwei Stück für 6,50 Euro) oder die Bärlauch-Suppe mit Safran-Zanderklößchen (6,50 Euro) zeigen am Gaumen deutlich mehr Lokalkolorit, der sich auch bei den Hauptspeisen wiederfindet.
Hier konkurrieren Pfälzer Reh und Lamm mit Stubenküken und Rib-Eye Steak um die Gunst der Genießer. Eigentlich bräuchte ich gar nicht weiterblättern, fällt mir doch auch so schon die Entscheidung äußerst schwer. Wer den Empfehlungen entsagt, hat jedoch immer noch die Chance bei den „Holzappel-Klassikern“, den dauerhaft in der Karte vertretenen Leckereien, fündig zu werden. Da fehlt weder das argentinische Rumpsteak (mit Meerrettich, Kräuterbutter oder Pfefferrahmsauce, für 18 Euro mit Brot als Beilage), noch das Schweinefiletpfännchen mit Champignonrahmsoße (15,80 Euro) zum gutbürgerlichen Glück. Aber auch deftige Schmankerl aus der Pfälzer Regionalküche, wie z.B. die mit Blut- und Leberwurst vermischten Bratkartoffeln („Winzers Nachtmahl“ für 11,50 Euro) oder die mit Leberwurst gefüllten Kartoffelknödel auf Sauerkraut und Rieslingsoße (9 Euro), haben hier ihren angestammten Platz und schmecken zu einem guten Tropfen Pfalzwein hervorragend.
Für den Durst eine große Flasche Tönissteiner Medium (0,7 l für 3,40 Euro) oder vielleicht doch eine erfrischende Hollerblütenbrause (0,33 l für 3 Euro) von Ralf Latour aus dem benachbarten Ort Gleiszellen. Dieses fruchtig frische, dazu noch alkoholfreie Sommergetränk von einem, der sich seit Jahren der Pflege von Streuobstwiesen verschrieben hat. Erfreulich jedenfalls, dass man hier in der Pfalz noch ganz gut ohne das mittlerweile auf die Geschmacks-/Nerven gehende brutal-regionale Gastrogehabe auskommt.
Als Vorspeise wählte meine Begleitung den kleinen Beilagensalat (3,50 Euro), der schön sauer mit Essig und Öl angemacht war. Bemerkenswert, dass sich jeder Blattsalat im „Holzappel“ auch als halbe Portion bestellen lässt. Wahlweise mit Kartoffeldressing oder Essig und Öl. Dazu noch mit diversen „Salat-Aufwertern“, wie gebratener Entenleber, warmem Schafskäse oder gerösteten Pinienkernen bestückt. Ein durchdachtes Baukastensystem, das sich in Größe und Ausstattung variieren lässt und den Wünschen der Gäste nachkommt. Schon oft entschied ich mich bei früheren Besuchen für die halbe Salatportion mit Speck und Kracherle (6,50 €) vorneweg und wurde nie enttäuscht. Doch diesmal sollte es das Bärlauchsüppchen von der Empfehlungskarte sein. Ich hörte quasi von meinem Platz aus, wie Wolfgang Reuter den Pürierstab einsetzte und freute mich auf meine erste „Waldknoblauchsuppe“ des Jahres. Und sie war – was Geschmack und Frische angeht – schlichtweg sensationell zubereitet. Auch die darin schwimmenden, kleinen Safran-Zander-Nocken fügten sich hervorragend in das dezent kräftige Aromenbild ein. Da weiß einer, wie’s geht.
Bei den Hauptgängen erlagen wir den Verlockungen des Fleisches. Meine Begleitung orderte das Zweierlei vom Pfälzer Lamm auf cremigen Schnippelbohnen und gebratenen Rosmarinplätzchen (22 Euro) und war hellauf begeistert. Das Gericht erinnerte mich irgendwie an die vor Jahren an gleicher Stätte vertilgte Perlhuhnbrust in Sherryrahmsoße (damals wie heute 16,50 Euro), die auf delikaten Vichy-Karotten und mit in Butter angebratenen Schupfnudeln serviert wurden. Doch zurück zur kulinarischen Gegenwart. Die Scheiben vom Lammrücken waren schön rosa, die Tranche vom Lammrollbraten herrlich zart. Dazu ein Bohnengemüse, dessen Sahnesauce sehr fein abgeschmeckt und zusätzlich von einer kräftigen Jus umflossen war. Die aus Kartoffelbreimasse, Muskat und Rosmarin selbst gemachten Plätzchen fielen außen kross und innen weich aus. Da stahl die Beilage dem Lamm fast die Schau. Mein Rib-Eye Steak (19,50 Euro) hatte den typischen, geschmackstragenden Fettanteil und war ebenfalls perfekt gebraten. Auf ihm lag ein Stück Bärlauchbutter, die mir etwas zu intensiv im Geschmack war, weshalb ich sie am Tellerrand „entsorgen“ musste. Wesentlich besser mundeten die dazu gereichten Speckböhnchen sowie die gratinierten Kartoffeln. Auch hier wieder eine fantastisch abgestimmte Beilage, die selbst allerbeste französische Schwiegermütter nicht besser hinbekommen.
Dazu genossen wir die Rotwein-Cuvée „Guillaume“ vom Weingut Friedrich Becker aus Schweigen (das großzügige Viertel für 7,50 Euro) und hätten sicherlich noch so manch andere Weinentdeckung an diesem Abend machen können, was uns leider aufgrund der bevorstehenden Heimfahrt mit dem Auto verwehrt blieb.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Portionen im „Holzappel“ solide bemessen sind, ohne dass man sich an ihnen der Völlerei hingibt. Was ich persönlich sehr befürworte, da ein zu üppig belegter Teller mich von vornherein eher abschreckt und meinen Appetit nicht anregt. Aber da gehen ja die Meinungen und Geschmäcker bekanntlich sehr weit auseinander. Wir waren jedenfalls gut gesättigt und verließen mit einem rundum zufriedenen Bauchgefühl das idyllische Anwesen, aber erst nachdem wir uns mit der Chefin des Hauses über die Gastronomie der Südpfalz lang und breit ausgetauscht hatten (man gibt den Gastronomen ja gerne Tipps zum Essengehen ;-)). Und für den nächsten Besuch habe ich mir fest vorgenommen, das kleine Überraschungsmenü in drei Gängen (32 Euro) einmal zu „riskieren“.